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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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Wut und Verachtung beherrschten ihre Gedanken. Wie hatte man es wagen können, sie in dieses finstere Loch zu stecken? Sie, Dolores Jane Umbridge. Sie hockte wie ein Tier in einem Käfig. Armdicke Gitter verschandelten den ohnehin kargen Ausblick auf den von flackernden Fackeln erleuchteten Steinkorridor. Sie wußte, sie war in Askaban. Allerdings glitten keine Dementoren an den kleinen Außenfenstern mit den blitzblanken Stahlgittern vorbei. Es war draußen viel heller als früher, wo die gefürchteten Wächter, die sie einst zu ihren treuesten Gehilfen gezählt hatte, die Insassen dieses Menschenkäfigs bewacht hatten. Die Sonne schickte warme, helle Strahlen in die winzige Zelle, die außer einer harten Bettstatt, einem fest in die Wand eingebauten Waschbecken aus Granit und einer Nische mit einer Holzluke über einem simplen Plumpsklosett nichts enthielt außer ihr, der Gefangenen des neuen Ministers, diesem schwarzen Glatzkopf Shacklebolt, diesem Günstling Dumbledores. Umbridge war klein. Doch selbst für die dickliche, krötengesichtige Hexe, die in grau-blau längsgestreifter, derber Gefängniskleidung hier hockte, war die Zelle zu klein, um wie eine eingesperrte Tigerin hin und her zu laufen. Zwei Schritte bis zur Gittertür mit verschließbarer Durchreiche. Zwei Schritte zwischen Pritsche und Waschgelegenheit. Stärker konnte ein Menschenwesen nicht eingeengt werden. Wie viele Schlammblüter und Gegner des Ministers Thicknesse hatte sie in solche Löcher sperren lassen, wie das, in dem sie nun hockte? Sie hatten ihr den Zauberstab weggenommen, aber nicht zerbrochen, noch nicht. Ihr war sowohl per Pergament als auch von diesem hageren, bebrillten Kerl Weasley mitgeteilt worden, daß sie am zehnten Juli dem Zaubergamot vorgeführt würde. Die wagten es wahrlich, sie anzuklagen! Aber damit hätte sie doch rechnen müssen. Sicher, sie war auch erleichtert gewesen, daß er, den selbst sie nicht mit Namen erwähnen wollte, bei der Schlacht von Hogwarts unwiederbringlich entmachtet worden war. Daß diese Brut angeblich als Zauberer und Hexen geborener deshalb auf Rache ausging hätte sie sich doch denken können, nachdem Shacklebolt das Ministerium übernommen hatte. Thicknesse war wohl noch bei den Gehirnflickern vom St.-Mungo-Hospital, weil ihm zugestanden wurde, unter dem Imperius-Fluch gestanden zu haben. Warum hatte sie sich nicht darauf herausgeredet? Diese unverzeihliche Nachlässigkeit lag ihr nun genauso schwer im Magen wie das lieblos zubereitete Gefängnisessen, das nur den Zweck hatte, sie bis zum Prozeß nicht zum Skelett werden zu lassen. Die Gefangene fragte sich, ob sie auch ohne Zauberstab aus diesem kümmerlichen Kerker ausbrechen könnte, wo diese Idioten die Dementoren von Askaban abgezogen hatten. Doch erstens war sie nicht stark genug, auch ohne Zauberstab zu disapparieren. Zweitens hatte sie von einem der neuen Gefängniswärter zu hören bekommen, daß die Zellen mit wirksamen Anti-Disapparierflüchen und anderen magischen Barrieren gegen sonstige Zauber gespickt worden waren. Offenbar hatten sie aus dem Ausbruch der Lestranges und anderer Todesser gelernt. Sie hockte hier wie eine hundsordinäre Muggelfrau, wehrlos und unnütz. Für einen kurzen Moment hatte sie sich in Gedanken gefragt, wer vor ihr in diesem Kerkerloch festgesessen hatte. Doch die Vorstellung, daß jemand, den sie persönlich zur unbefristeten Gefangenschaft verurteilt hatte, in dieser Zelle gesessen haben mußte, hatte sie von weiteren Gedanken an ihren direkten Vorgänger hier abgebracht. Ihr war klar, daß die nun wieder einfach so freigelassenen Schlammblüter und Dumbledore-Anhänger nur auf Rache ausgingen. Echte Gerechtigkeit würde sie ganz sicher nicht erfahren. In keinem Moment dachte die von der Verachtung für die Außenwelt beherrschte Hexe daran, daß sie selbst ja auch keinerlei Gerechtigkeit geübt hatte. Auch fühlte sie keinerlei Reue. Sie war davon überzeugt, auch wenn sie mit den Todessern zusammengearbeitet hatte, auf jeden Fall das richtige getan zu haben, auch wenn die anderen das wohl nicht so sehen würden.

 

__________

 

"Mist, das mit dieser Verhandlung fällt genau auf den Endspieltag", grummelte Julius, als er den Spielplan der laufenden Fußballweltmeisterschaft überprüfte. Seine Frau Mildrid rekelte sich derweil auf dem Sofa im kleinen Arbeitszimmer. Julius' Mutter saß in ihrem eigenen Arbeits- und Schlafzimmer und schrieb an irgendwas für das Büro für Muggelkontakte. Sie war wohl froh, bei der Arbeit am Rechner nicht auch noch ihre von Antoinette Eauvive erweckten Zauberkräfte einsetzen zu müssen, zumal die empfindliche Elektronik sowas womöglich übelgenommen hätte.

"England ist doch eh raus, Monju", feixte Millie und setzte sich auf. Eine verspielt anmutende Handbewegung von ihr brachte ihre rotblonde Haartracht sacht zum wogen.

"Stimmt schon, Mamille. Aber wissen möchte ich's doch, wer den Pokal kriegt. Frankreich ist ja noch im Rennen, genauso wie Brasilien."

"Es wird wieder Zeit, daß wir Quidditch spielen, Monju. Camille hat da ganz recht", erwiderte Millie Latierre.

"Juhu! Wer zu Hause?!" Erklang ein fröhlicher Ruf aus dem Wohnzimmer. Das war Madame Madeleine L'eauvite, Catherine Brickstons Tante.

"Ich bin bei der Arbeit, Madeleine", antwortete Martha Andrews' Stimme durch die geschlossene Arbeitszimmertür.

"Du weißt, daß wir beide gleich unseren Termin haben?" Fragte Madeleine L'eauvite.

"In zwanzig Minuten", grummelte Martha Andrews.

"zehn, Martha. Meine Uhr geht richtig. Viertel nach zwei, nicht kurz vor halb drei", berichtigte Madeleine L'eauvite Martha Andrews. "Oder soll ich meiner Schwester sagen, daß sie deine weitere Ausbildung übernehmen soll?"

"Die hat genug mit den Verhandlungen gegen Didiers Anhang zu tun", raunzte Julius' Mutter. Millie erhob sich leise und öffnete die Tür des Arbeitszimmers.

"Ich setz mich solange bei dir in disen Ledersessel, bis auf deiner Wanduhr der Zeiger auf der drei steht, Martha. Sind Millie und Julius gerade ausgegangen?"

"Neh, wir sind noch an, Madame L'eauvite", kam Julius seiner Mutter mit einer Antwort zuvor und erntete ein amüsiertes Lachen von Millie und Catherines Tante.

"Geht zu der und unterhaltet euch mit der, bis ich hier fertig bin. Madame Grandchapeau will den vollständigen Bericht über meine Einschätzung zum Didier-Regime noch vor drei Uhr haben. Solange möchte sich Madame L'eauvite gedulden."

"Geht klar, Mum", sagte Julius und nahm Kurs auf das Wohnzimmer, von wo ihm Madame L'eauvite bereits entgegenkam. Von ihrem schwarzen Schopf und den saphirblauen Augen her sah sie so aus wie ihre jüngere Schwester Blanche Faucon. Nur die papageienbunte Kleidung und die unverkrampfte Miene wiesen sie als eine lebensfrohere, nicht so streng auftretende Hexe aus.

"Ich kapiere es, daß die gute Nathalie deine Mutter jetzt richtig vereinnahmt, wo ihr Büro wieder eröffnet hat und nach dem Schlamassel mit Didier und Pétain der Umgang innerhalb der Zaubererwelt und auch mit den Muggeln neu gewichtet werden muß. Aber an Termine sollte sie sich schon halten", sagte sie. Dann umarmte sie erst Julius und dann dessen Frau.

Zehn Minuten lang sprachen sie über die ersten Ferientage. Da Julius davon ausging, daß Madeleine L'eauvite schon von der Vorladung nach London gehört hatte, erwähnte er, daß er eigentlich lieber das Fußballweltmeisterschaftsendspiel sehen würde. "Mich interessiert es eher, wer den Pokal kriegt. Diese Giftkröte gehört meiner Meinung nach für alle Zeiten weggesperrt und Schluß."

"Nur damit das auch so gemacht wird müssen die schon wissen, warum genau", erwiderte Catherines Tante mütterlicherseits mit für ihre sonstige Art ernster Betonung und Miene. "Deshalb ist das wichtig, möglichst viele Zeugen zu haben, die unabhängig voneinander aussagen, was diese Dame auf dem Kerbholz hat. Immerhin, so hat meine Schwester Blanche verraten, hat diese Person deine Freunde und dich direkt bedroht, um dich als angeblichen Zauberkrafträuber vor ihr Schaubudentribunal zerren und aburteilen zu können."

"Es geht wohl auch um die Zeit, wo sie in Hogwarts gewesen ist", sagte Julius. "Zumindest hoffe ich, daß das auch erwähnt wird."

"Da habe ich jetzt keine Ahnung von", gestand Madame L'eauvite ein. Dann wollte sie von den beiden wissen, wie es in Millemerveilles war und ließ sich von Julius und Millie die von Madame Maxime überreichten Orden zeigen. Sie erzählte auf Anfrage von Julius, daß ihre Großnichte Nicole im Februar das zweite Kind von ihrem Mann Yves erwartete, der mit Julius in seinem ersten Beauxbatons-Jahr in der Quidditchmannschaft gespielt hatte. Millie bekam dabei einen leicht verklärten Gesichtsausdruck. Madeleine fragte sie mädchenhaft grinsend, ob sie etwa eifersüchtig auf Nicole sei. Millie erwiderte darauf nur, daß sie für sich keine Probleme hätte, wenn sie in zwei Jahren auch schon was kleines in den Armen halten könne. Julius bemerkte dazu, daß er erst wissen wollte, wie seine ZAGs ausgefallen seien, um zu wissen, was er nach Beauxbatons machen könnte. Madeleine L'eauvite warf ein, daß ihre Schwester große Probleme mit ihm habe, weil sie nicht wisse, welchen der vielen Berufe, die er wohl mit seinen ZAGs ergreifen könne, am Ende herausspringen würde. Dann meinte sie mit Blick auf die funkgesteuerte Wanduhr im Wohnzimmer: "Martha, es ist Zeit. In einer Minute bist du hier im Wohnzimmer."

"Daß Blanche und du Schwestern seid ist mir nun völlig klar", kam ein ungehaltenes Knurren aus dem Arbeitszimmer. "Dann mußt du Nathalie jedoch sagen, warum sie ihren Bericht nicht zur festgelegten Zeit bekommen konnte."

"Deine Ausbildung ist genauso wichtig, Martha", erwiderte Madeleine L'eauvite. "Aber wo du meine Schwester erwähnst: Das Angebot von eben gilt noch, gäbe es ihr doch die Gelegenheit, öfter nach ihren beiden Enkeln zu sehen."

"Ich speicher den Text so ab und komme rüber", maulte Martha Andrews.

"Was machen Sie heute mit meiner Mutter?" Fragte Julius leise.

"Erstens darfst du mich genauso duzen wie deine Mutter das darf - ich bin ja nicht Blanche. Zweitens mache ich mit ihr heute Verwandlungsübungen der ersten Klassenstufe weiter. Sie ist da noch sehr gehemmt, weil sie damit nichts zu schaffen haben will. Aber wenn sie irgendwann anständige ZAGs machen will, muß das bei ihr auch sitzen."

"Hier in meiner Wohnung ist außer dem Kamin keine Zauberei nötig, Madeleine", bemerkte Julius' Mutter, die gerade aus dem Arbeitszimmer kam. Dann sah sie Julius an und bat ihn, ihren Bericht zu lesen und um mögliche Einzelheiten zu ergänzen und abzuspeichern, damit er doch noch termingerecht abgeliefert werden könnte. Millie, die nicht dabeihocken wollte, wenn ihre Schwiegermutter Zauberstunden bekam, bot an, zu ihrer Familie rüberzuflohpulvern. Julius nickte ihr zu und baat sie, ihre Eltern und Schwestern zu grüßen. Dann zog er sich in das Arbeitszimmer seiner Mutter zurück, wo der Rechner noch hochgefahren war und auf dem Bildschirm der bereits getippte Text zu lesen war. Julius schloß die Tür und nahm Platz. Er las den Bericht in nur fünf Minuten durch und fügte ihm noch im Schreibstil seiner Mutter gehaltene Zusatzbemerkungen über die Auswirkungen der Nachrichtenblockade für Beauxbatons an, wie sie sie von ihm selbst beschrieben bekommen hatte. Dann las er den Text und berichtigte die wenigen Tipfehler darin, speicherte ihn ab und ließ ihn über den Laserdrucker auf Papierbringen. Als der Drucker gerade die letzten Zeilen ausspuckte tirilierte das Telefon. Julius überlegte, ob er seine Mutter rufen oder selbst drangehen sollte und entschied sich, den Anruf erst einmal entgegenzunehmen. Es war Zachary Marchand aus New Orleans. Bei denen war es gerade halb acht, errechnete Julius in einer Sekunde.

"Ist deine Mutter nicht da?" Fragte der als FBI-Agent tätige Zauberer aus einer magielosen Familie.

"Meine Mutter hat im Moment etwas zu erledigen, von dem ich nicht weiß, wie lange das dauert, Mr. Marchand", erwiderte Julius ein wenig unterkühlt. Wollte dieser G-Man oder Fed da am anderen Ende jetzt am frühen Ostküstenmorgen mit seiner Mutter turteln?

"Was genau hat sie zu erledigen? Ich meine, ich hörte, sie habe in Millemerveilles gewisse Verpflichtungen gehabt. Aber die sind doch jetzt vorbei."

"Meine Mutter hat mir gesagt, es nicht jedem zu erzählen, was sie zu tun hat", erwiderte Julius. "Wenn sie Ihnen vertraut, wird sie Sie ganz sicher über E-Mail oder Telefon wissen lassen, was sie so macht."

"Was soll dieser ungehaltene Ton, Jungchen?" Knurrte Marchand leicht verärgert zurück.

"Mit der Anrede Jungchen haben Sie sich die Frage gerade selbst beantwortet, Sir", erwiderte Julius nun kühl wie ein Bergsee. "Ich weiß, daß Überseegespräche teuer sind und wollte Sie nicht zu lange mit belanglosem Zeug am Telefon halten, weil ich Ihnen eben nicht sagen darf, was meine Mutter noch für Verpflichtungen hat."

"Nun, das nehme ich mal als gute Absicht zur Kenntnis", erwiderte Marchand leicht ungehalten. Zumindest darf ich dir noch Grüße von den Eheleuten Ross und der Familie Forester überbringen. Sie fragen, ob du diese Ferien wieder in die Staaten zum Urlaub rüberkommst."

"Ich danke für die Grüße, Mr. Marchand. Bitte sagen Sie der Familie Forester, daß ich vor einigen Tagen eine amtliche Vorladung aus London bekommen habe, weil ich da in einem Gerichtsprozeß gehört werden soll und deshalb wohl mehrere Tage in meiner alten Heimat sein werde. Dann habe ich von da, wo meine Mutter den Großteil des Jahres gewohnt hat eine fast schon verbindliche Aufforderung erhalten, wieder am alljährlichen Schachturnier teilzunehmen, das zwischen dem vierundzwanzigsten und sechsundzwanzigsten Juli stattfindet. Aber wenn alles gut geht kann ich ja mal im August rüberkommen, falls die Foresters das erlauben."

"Gut, das richte ich aus", erwiderte Zachary Marchand. Dann tauschten beide noch Abschiedsgrüße aus. Als Julius den Hörer auf das Telefon zurücklegte hörte er Madeleine L'eauvite gerade zu seiner Mutter sagen, wie sie die Formel für die Verwandlung eines Nadelkissens in eine Untertasse betonen mußte. Seine Mutter schien jedoch mit den Gedanken bei dem Läuten des Telefons zu sein, weil sie meinte, daß sie eigentlich lieber wissen wollte, wer angerufen hatte. Julius nahm dies als Aufforderung hin, das Arbeitszimmer mit dem Ausdruck des Berichtes zu verlassen und seiner Mutter zu sagen, wer angerufen hatte und daß er Mr. Marchand nicht hatte sagen wollen, daß sie gerade Verwandlungsstunde habe, weil er nicht wußte, ob sie es dem FBI-Mann schon erzählt hatte.

"Er wollte wohl prüfen, ob seine Informationen stimmen, daß ich nun auch so einen Zauberstab führen kann", erwiderte Martha Andrews. "Aber dieses Hexenweib da hat mich mit einem unsichtbaren Anschnallzauber oder sowas auf meinem Stuhl festgehext, damit ich nicht aufspringe, nur weil das Telefon läutete."

"Ihr habt diese Anrufbeantwortungsvorrichtung hier", bemerkte Madeleine L'eauvite trocken und forderte ihre Ferienschülerin auf, die Übung nun auszuführen. Julius gab seiner Mutter den Bericht und zog sich durch den Kamin in das Honigwabenhaus seiner Schwiegereltern zurück. Dort unterhielt er sich mit Monsieur Latierre über die laufende Fußball-WM und über die anstehende Reise nach England.

"Hast du Angst, da wieder hinzufahren?" Fragte Albericus Latierre, während seine Frau Hippolyte der Unterhaltung schweigend zuhörte.

"Angst davor, umgebracht oder eingesperrt zu werden wohl nicht. Es sei denn, ich muß denen irgendwie auftischen, wie das mit Gloria und den anderen gelaufen ist, nachdem die Umbridge die fast zu Dementorenfutter verarbeitet hätte. Aber ich habe ein komisches Gefühl, wie sich da alles verändert hat, weil diese Bande da geherrscht hat und weiß auch nicht, ob ich mich anständig zusammennehmen kann, wenn ich dieser fetten Giftkröte Umbridge in einem Gerichtssaal gegenüberstehe. Am liebsten würde ich der voll eine reinhauen oder die mit eigenen Händen erwürgen. Aber das brächte denen nichts, die von ihr eingebuchtet und gequält wurden und mir wohl auch nichts."

"Verstehe was du meinst, Julius", erwiderte Albericus Latierre. "Und was den genauen Ablauf der Rettungsaktion für Gloria und die drei anderen angeht, so schützt dich das Latierre-Familiengeheimnis vor ungewolltem Verrat. Du erzählst einfach, was die in Hogwarts eh alle gedacht haben, nämlich daß nachdem du dich mit Professeur Faucon und Madame Maxime über die Sache unterhalten hast, eine Hilfstruppe in England versteckter Widerstandsleute losgeschickt wurde und du erst wieder von Gloria, den Zwillingen und Kevin gehört hast, als sie sicher in Amerika gelandet sind. Wie genau das abging hast du nicht mitbekommen."

"Du meinst, wenn da kein Wahrheitszauber wirkt, der mich zwingt, immer vollständig wahrheitsgemäß zu antworten", erwiderte Julius.

"Selbst sowas wird vom Geheimnisschutz unterdrückt, ebenso wie Fidelius", beruhigte ihn seine Schwiegermutter. "Denkst du, meine Mutter hätte das nicht sofort sicher verstaut, was euch passiert ist, als sie hörte, daß du vor einem britischen Zaubergamot aussagen sollst? Sag das, was Berie dir geraten hat! Mehr wollen die dann eh nicht wissen, weil sie sonst ja noch Professeur Faucon vorladen müßten."

"Wenn die Umbridge einen guten Anwalt mitbringt könnte der genau das verlangen", vermutete Julius. "Es sei denn, diese Verhandlung läuft ähnlich ab wie die gegen Pétain und Didier, ohne direkten Verteidiger."

"Ziemlich sicher", erwiderte Albericus Latierre und reckte sich. Im Vergleich zu Julius, der in den letzten Monaten merklich angewachsen war, wirkte der Sohn einer reinrassigen Zwergin und eines Zauberers wie ein kleiner Junge, dem jemand einen kecken Spitzbart angeklebt hatte.

"Ich weiß nicht, ob ich nur für fünf Minuten da sein soll oder auf Abruf bleiben muß", erwiderte Julius. "Ich denke zumindest drüber nach, mich mit einigen Leuten zu treffen. Gloria soll ja auch hinkommen, zusammen mit den Hollingsworths und Kevin. Zumindest hat sie mir das gestern noch so erzählt."

"Dann kläre das nach Möglichkeit noch vor deiner Abreise ab, was ihr denen vom Gamot erzählt!" Schlug Hippolyte Latierre vor. Julius nickte. Dann wechselten sie das Thema und sprachen über Camille Dusoleils indirekte Einladung, Julius könne seinen sechzehnten Geburtstag bei den Dusoleils in Millemerveilles feiern.

"Das würde sich doch gut anbieten, wenn du weißt, wann du wiederkommst. Hmm, Hipp, wann hat Tine die ZAG-Eule gekriegt?"

"Am neunzehnten, Berie. Aber Trice und ich hatten die auch schon am siebzehnten Juli. So zwischen dem fünfzehnten und zwanzigsten gehen die Ergebnisse an die Prüflinge ab, je nachdem, ob es bei den theoretischen Prüfungen noch Unklarheiten bei der Bewertung gibt oder die praktischen Prüfungen Fragen offengelassen haben. Sie bringen es aber meistens so hin, daß alle Prüflinge am zwanzigsten Juli ihre Ergebnisse haben, damit sie sich für das kommende Schuljahr einrichten können oder von ihnen doch noch benötigte ZAGs in den Ferien nachholen können. Hat Millie angedeutet, daß sie da etwas zu befürchten hat?"

"Mir hat sie sowas nicht erzählt", erwiderte Julius ausweichend. Seine Schwiegermutter lächelte tiefgründig.

"Tja, und daß du deine ZAGs verpatzt haben könntest kann ich mir echt nicht vorstellen, auch wenn ich dich selbst bisher nur in den Ferien gesehen habe, wo du nicht zaubern durftest. Aber die Berichte über deine Lernfortschritte sagen klar, daß du wohl alles praktische hingekriegt haben mußt. Ansonsten hättest du ja wohl auch nicht diesen feigen Überfall auf die Sterlings überstehen können oder könntest die wilde Temmie als Patronus aufrufen."

"Wenn wir dann zwischen dem fünfzehnten und zwanzigsten nicht in Frankreich sind, fliegen die Eulen dann auch nach England rüber?" Fragte Julius und schalt sich einen Idioten, als Hippolyte vergnügt grinsend sagte:

"Die fliegen zu denen, die ihre Prüfungsergebnisse kriegen sollen, egal, wo die gerade sind. Wenn du zu Mademoiselle Dawn reisen würdest, bekämst du die ZAGs eben erst fünf Wochen später. Aber die Eule würde dich finden, genauso wie sie deine Eltern immer gefunden haben, als die meinten, dich von Catherine und Joe von Hogwarts fernhalten zu lassen."

"Wenn Descartes von Belles Schwiegervater nicht kurzgehalten wurde schickt der die ZAG-Eulen eh als Expressboten los, will sagen, die tragen auch Ringe, daß sie im Flohnetz weitergeleitet werden dürfen. Dann bekämst du die sogar innerhalb weniger Tage nach Bekanntgabe zugeschickt", fügte Julius' Schwiegervater noch hinzu. Indes hörte Julius Millie mit ihrer großen Schwester Martine über Bernadette Lavalette reden.

"Du solltest Monsieur Descartes zumindest mitteilen, wenn du mehr als den einen Tag in England zubringst", sagte Hippolyte Latierre. Julius nickte.

Gegen vier Uhr trank Julius mit der Familie seiner Frau Kaffee. Line Latierre kam auch herüber und sprach mit Julius über die letzten Monate in Beauxbatons und die anstehenden Ferien. Auch sie glaubte nicht, daß er die ZAGs vermasselt haben konnte. "Die altehrwürdige Madame Maxime wird das nicht zulassen, daß du nur eine Prüfung unter akzeptabel abgeschlossen hast, Julius. Sonst könnte man der ja unterstellen, es läge an ihr, daß du dich nicht richtig hast vorbereiten können", sagte sie sehr überzeugt klingend. Julius konnte darauf nur bestätigend nicken.

Gegen fünf schickte Madeleine L'eauvite ihren Kopf in den Kamin der Latierres und vermeldete, daß Julius und Millie um sieben zurückerwartet würden.

Das junge Ehepaar Latierre kehrte also um sieben Uhr abends in das Haus Rue de Liberation 13 zurück, wo Martha Andrews sichtlich geschafft auf die beiden Mitbewohner wartete.

"Ich glaube, ich fahre mit euch nach London, allein schon, um dieser bunten Hexenschwester für einige Tage zu entwischen. Die will es echt nicht begreifen, daß ich Hemmungen habe, mit Transformationszaubern herumzuspielen, weil ich mich dabei immer wieder frage, welchen Sinn das haben soll, unschuldige Tiere in tote Gegenstände zu verwandeln."

"So wie wir das gelernt haben macht das nur den Sinn, die eigene Zauberkraft konzentriert genug auf ein bestimmtes Ergebnis auszurichten und gibt einem die Möglichkeit, die eigene Gewandtheit im Umgang mit der Magie zu steigern. Abgesehen davon hättest du wohl kaum mithelfen können, die ganzen Muggelstämmigen aus Voldys Imperium rauszuschaffen, wenn Catherine nicht diese Translokalisationsnummer draufhätte", warf Julius ein. Seine Mutter erschauderte. Sie mußte wohl daran denken, wie sie damals zur ersten Sitzung der zweiten Sub-Rosa-Gruppe geschafft worden war und auch, weshalb es ihr, damals noch ohne eigene Zauberkräfte, gelungen war, aus dem abgesicherten Zaubereiministerium Didiers zu entkommen. Mächtige Verwandlungszauber hatten das ermöglicht.

"Das hat mir Blanches große Schwester auch wieder um die Ohren gehauen und gemeint, daß das mit der Tier-in-Ding-Verwandlung eben nur eine Zwischenstufe sei, um am Ende eine gefahrlose Selbstverwandlung sei und sich vor meinen Augen in eine Kommode und dann noch in eine Papageienhenne verwandelt hat. Übermorgen soll ich dann wieder zu Camille wegen Zauberkräutern. Das ist zumindest noch was sehr interessantes."

"Das ist dann der elfte", sagte Julius. "Wir wissen noch nicht, ob wir mit Flohpulber nach London überwechseln oder doch mit den Besen über den Kanal fliegen", sagte Julius. "Hängt davon ab, wie lange dieser Prozeß läuft."

"Bei der Gelegenheit möchte ich gerne noch wissen, was Zach, also Mr. Marchand von mir wissen wollte", kam Julius' Mutter auf den Anruf während ihrer Verwandlungsstunde.

"Der wollte wissen, ob das mit deinen Verpflichtungen jetzt beendet sei und was du gerade genau machst. Hast du dem erzählt, daß du jetzt auch zaubern kannst?"

"Komisch, das habe ich bisher schön für mich behalten, weil ich das kaum in eine E-Mail reinpacken wollte. Außerdem weiß ich nicht, wie er das dann aufnimmt. Könnte aber sein, daß er da nicht sonderlich begeistert sein wird. Womöglich hat er auch schon gerüchte gehört und möchte jetzt wissen, was davon zutrifft oder nicht. Dann werde ich mich nachher noch mit ihm unterhalten, soweit wir das ohne die Begriffe aus der Zaubererwelt benutzen zu können hinkriegen."

"Willst du es ihm echt sagen? Okay, das kam ja auch in die Zeitung hier rein, und ich geh mal stark davon aus, daß die in London das auch irgendwie herausbekommen haben. Außerdem wäre es für die drüben auch wichtig, ob du noch als Muggelfrau gewertet wirst oder nicht. Aber ich fürchte, der könnte echt Probleme kriegen, daß jemand weit nach der Geburt zaubern kann. Zumindest wäre es für die Anhänger von Umbridge der klare Beweis, daß es eben doch geht, daß jemand ohne Zauberereltern Magie abbekommen kann."

"Tja, aber genau wegen dieser unrühmlichen Dame darfst du ja rüber nach London. Vielleicht sollten wir uns ein Flugzeug aussuchen, daß uns rüberbringt und uns ein Hotelzimmer nehmen", schlug Martha Andrews vor.

"'tschuldigung, Martha. Aber ich denke, die haben da drüben schon wen angequatscht, der Julius unterbringt oder nicht", sagte Millie. "Wie ist das eigentlich mit Gloria?"

"Ich kann die mal gleich anrufen", schlug Julius vor und holte den Zweiwegespiegel heraus, der mit dem von Gloria Porter verbunden war. "Die ist ja mit den anderen dreien seit Anfang Juli wieder in England, weil dieser Minister Wishbone die ja nur bis Schuljahresende geduldet hat." Dann sprach er in den Spiegel hinein, daß er Gloria Porter sprechen wollte. Nach dem dritten Versuch wechselte das Bild im Spiegel. Statt der Reflektion seines eigenen Gesichtes erschien das von hellblonden Locken eingerahmte Gesicht eines fast erwachsenen Mädchens mit graugrünen Augen im Glas.

"Hallo Julius. Ich habe gehofft, daß du mich noch mal anrufst, bevor wir uns in England treffen. Dieser Wishbone war unerbittlich und hat Onkel Marcellus und Tante Geraldine kurz vor Schuljahresende angedroht, sie vor gericht zu stellen, wenn wir nach dem Abschlußball nicht gleich nach England und Irland zurückreisen. Hast du mit deiner Verwandtschaft raus, was wir über die Abreise aus Hogwarts berichten können, ohne möglichen Wahrheitszaubern in die Quere zu kommen?" Julius atmete ein und aus. Gloria hatte die Lage auf den Punkt gebracht. Doch er hatte sich ja schon entsprechend beraten lassen. Er gab den Vorschlag seiner Schwiegereltern weiter.

"Hast du das mit der Heilerin mitbekommen, die von einem unbenannten Muggel ein Baby bekommt?" Fragte Gloria. Julius beantwortete die Frage mit ja und schilderte dann auch, was Pina ihm geschrieben hatte.

"Huch, Prudence auch, von Pinas Cousin. Na ja, das macht wohl der enge Lebensraum", bemerkte Gloria dazu. "Hoffentlich kriegen die beiden das hin, daß dieses Kind ohne Probleme aufwächst, egal ob Prudence den Kindsvater heiratet oder das Baby alleine großzieht."

"Kann sein, daß wir Prudence über den Weg laufen, wenn wir in der Winkelgasse herumlaufen, oder wo das Zaubereiministerium ist."

"Das ist nicht in der Winkelgasse, Julius. Das ist in einer nicht mehr ganz so gut erhaltenen Seitenstraße im Stadtzentrum von London. Meine Eltern wissen, wo wir da hinn müssen. Außerdem haben die hoffentlich ihren Flohnetzanschluß wieder aufgemacht und ... was?" Julius hörte Mr. Porter im Hintergrund sagen, daß Besucher grundsätzlich erst mit dem Besucherfahrstuhl ins Atrium fahren müßten. Gloria gab das weiter. Natürlich, so sagten Mr. und Mrs. Porter, würden sie im Haus der Porters übernachten, daß wohl noch unauffindbar und damit unzerstört geblieben war. So beschlossen Millie, Julius und die Porters, daß sie sich am Mittag des elften Juli in der Winkelgasse treffen sollten. Martha grummelte, daß sie liebendgerne mitkommen würde. Doch die unterschwellige Drohung, von den selbsternannten Lehrmeisterinnen aufgespürt und zurücktransportiert zu werden hielt sie davon ab.

"Dann kriege ich wohl nicht mit, wer die Weltmeisterschaft holt", seufzte Julius leicht enttäuscht. Trotz aller Erlebnisse mit und in der magischen Welt war er irgendwo immer noch Fußballfan geblieben.

"Ich nehme dir das Spiel gerne auf Video auf", sagte seine Mutter beruhigend. Julius nahm dieses Angebot dankbar an. Doch innerlich verwünschte er die Umbridge, weil sie ihm nicht einmal das Vergnügen gönnte, sich ein interessantes Spiel im Fernsehen ansehen zu dürfen, wo er doch so selten die Muggelwelt-Medien benutzen konnte.

 

__________

 

Der zehnte Juli war ein ruhiger Tag. Millie und Julius hatten wegen der ZAGs und der erst durch sie zu klärenden Unterrichtsverteilung keine Hausaufgaben und vertrieben sich den Tag in der Rue de Camouflage, wo Julius gleich noch einen Satz besser passender Schulumhänge kaufte und mit seiner Frau Melousines Café besuchte. Hier traf er auch auf Madame Moulin, die Mutter seines früheren Klassenkameraden Hercules, der wegen seiner enthüllten Abstammung von einer grünen Waldfrau Beauxbatons verlassen mußte, um die ererbten Eigenschaften und Eigenheiten beherrschen zu lernen.

"Die Redliefs halten Briefkontakt mit uns", sagte Madame Moulin, nachdem sich Julius so ruhig und höflich wie er konnte nach Hercules erkundigt hatte. "Die Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe überwacht die Fortschritte seiner Sonderausbildung. Mein Mann und Ich wollen am zwölften rüber und ihn besuchen. Immerhin hat er durch den Fernunterricht die ZAG-Fächer gelernt und nach Ende des offiziellen Schuljahres in Thorntails die Prüfungen abgelegt. Vielleicht müssen wir klären, ob er nicht in einem Jahr für die UTZs nach Beauxbatons zurückkehrt oder ob er die in Thorntails macht."

"Ob jemand nach Beauxbatons zurückkehren kann muß dann wohl Madame Maxime entscheiden", sagte Julius verhalten. Einerseits hoffte er schon, daß Hercules nicht wegen seiner Besonderheiten auf das Zusammensein mit Gleichaltrigen verzichten mußte. Andererseits hatte er es nicht ganz vergessen können, wie haßerfüllt Hercules den Mädchen aus Millies Schulsaal gegenüber eingestellt war. Ob das echt nur mit der Abstammung begründet werden konnte, wollte er im Moment nicht überdenken. In seinem Kopf spukten bereits die Vorstellungen von der bevorstehenden Gerichtsverhandlung. Hoffentlich würde er nicht im entscheidenden Moment die Nerven verlieren, wenn Dolores Umbridge, die er bisher nie von Angesicht zu Angesicht getroffen hatte, ihn verächtlich anglotzen oder ihm irgendwelche Unverschämtheiten an den Kopf werfen würde. Allein schon die Vorstellung, was dieses Hexenweib für Grausamkeiten zu verantworten hatte, machte ihn wütend. Da mußte er höllisch aufpassen, um seine Glaubwürdigkeit nicht in Frage stellen zu lassen.

"Bei allem Verständnis, Madame Moulin, aber ich denke, Hercules sollte dann besser in Thorntails lernen, weil bei mir im Saal noch genug Leute sind, die ihm einiges übelnehmen, was der so über uns abgelassen hat", wandte Mildrid ein. Julius nickte behutsam, während Madame Moulin verknirscht dreinschaute und leise raunzte:

"Das du das jetzt sagen mußtest war klar, Mildrid. Aber vielleicht rührt seine Verachtung gegenüber euch Mädchen aus dem roten Saal wirklich nur von aufgekommenen Begierden, die dieses übereifrige Mädchen Bernadette entfacht aber nicht gestillt hat, was natürlich im Rahmen der Schulregeln auch ganz vernünftig ist." Millie und Julius nickten verhalten. Dann sprachen sie nur noch über das verstrichene Jahr und daß Monsieur Moulin jetzt einen sicheren Posten im Ministerium hatte.

Am Nachmittag besuchte das junge Ehepaar noch den Hof von Barbara Latierre, wo sie mit Hilfe des großen Cogisons mit der geflügelten Riesenkuh Artemis genannt Temmie sprachen, deren Persönlichkeit mit dem Bewußtsein der altaxarroii'schen Hochkönigin Darxandria verschmolzen war. Millie und Julius fragten sie, ob sie sich wohlfühlte, da Temmie gerade ein Kalb trug und hörten sich an, wie Temmie die Wochen auf dem Grundstück des Sonnenblumenschlosses verbracht hatte. Im Moment war sie wohl froh, wieder mit den anderen Latierre-Kühen zusammen zu sein. "Die können mir dann helfen, wenn ich mein Kind zur Welt bringe", quäkte das Cogison, das wie ein großer, rosaroter Blasebalg an einem silbernen Halsband aussah.

"Wir müssen morgen in mein Geburtsland, weil dort jemand vor Gericht steht, die vielen Leuten weh getan hat", sagte Julius zu Temmie. Diese sah ihn mit ihren großen, goldbraunen Augen an und ließ über das Cogison klingen:

"Ich habe davon gehört. Diese Frau ist von Dunkelheit verleitet worden und hat sich an der Macht sattgetrunken, die man ihr gelassen hat. Vielleicht bereut sie das, was sie getan hat. Oder sie bereut das nicht und ist wütend, weil sie keine Macht mehr hat. Laß dich von der nicht wütend machen, Julius, auch wenn du was hörst, was dich sehr ärgert!"

"Wird nicht einfach sein", grummelte Julius. "Dieses Weib hat so viele Gemeinheiten durchgezogen, daß ich da heftige Probleme kriegen werde, ruhig zu bleiben." Millie nickte ihm zustimmend zu. Temmie gab einen vernehmlichen Schnaufer von sich. Dann quäkte das Cogison:

"Das ist die Saat der Dunkelheit, daß sie immer neuen Boden sucht, um aufzugehen. Der Haß und die Grausamkeiten des einen führen zum Gegenhaß der Opfer und machen, daß die sich am liebsten für alles rächen wollen, was ihnen angetan wurde, wenn sie selbst die Macht bekommen, denen weh zu tun, die ihnen weh getan haben. Es stimmt schon, daß Leute die was kaputt machen oder Leuten weh tun bestraft werden müssen. Aber die Strafe darf keine grausame Rache ohne weiteren Nutzen sein, sondern muß immer die Möglichkeit bieten, daß der Bestrafte sich dadurch zum guten wendet."

"Man könnte meinen, du wärest Ordensschwester einer fundamentalchristlichen Kirche", meinte Julius leicht vergnügt. "Vergib deinen Feinden, zahle nicht auf selbe Weise zurück, was dir angetan wurde und so weiter. Aber leider funktioniert die Welt nicht so, habe ich lernen müssen. Vergebung geht wohl nur da, wo auch wer Vergebung erbittet."

"Ich bin wohl gerade wieder ein recht junges Mädchen, das in so ungefähr einem Sonnenkreis Mutter wird, Julius. Aber ich kenne die Welt und die Menschen doch ziemlich gut", erwiderte Temmie über das Cogison. Julius konnte keine gefühlsmäßige Betonung heraushören. Doch die Worte vermittelten ihm, daß er da vielleicht etwas altklug gewesen war, wo in dieser drallen, mittelträchtigen Latierre-Kuh der Geist und das langsam wieder frei verfügbare Wissen einer über hundert Jahre alt gewordenen Erzmagierin steckte. Diese wollte dann jedoch noch einmal hören, was Christen für eine Glaubensgemeinschaft seien, weil sie trotz ihrer schwachen Kontakte zu den Gedächtnisinhalten anderer Menschen nicht alles aus moderner Zeit kannte. Julius beschrieb ihr die Grundideen der christlichen Religion, fügte jedoch an, daß im Namen dieses sehr ungewöhnlichen Menschen, den seine Anhänger für den fleisch gewordenen Gott hielten, viel Unrecht gegen Nichtgläubige begangen wurde, womit die eigentliche Idee des friedlichen Miteinanders sehr arg unterdrückt worden sei.

"Ich habe das lernen müssen und sage es dir und Millie auch gerne noch einmal", setzte Temmie an. "Macht ist wie ein Rauschmittel. Sie stärkt das eigene Glücksempfinden und gibt vor, stärker zu sein als jeder andere. Doch wie ein Rauschmittel kann zu viel von ihr den Geist verwirren oder zerstören, zumal der, der sich von ihr versuchen und berauschen läßt, irgendwann immer mehr davon haben und das, was er hat, nicht wieder loslassen will. Da du mehr Kräfte besitzt als viele deiner gleichalten Mitmenschen ist das wichtig für dich, zu wissen, immer nur so viel von deiner Macht zu gebrauchen, wie es ohne anderen zu schaden geht. Meine damalige Mutterschwestertochter Ianshira hat dir ganz sicher nicht die vier starken Lichtzauber beigebracht, weil sie wollte, daß du dich damit über andere erhebst, sondern anderen hilfst, von den von Dunkelheit erfüllten nicht gequält oder getötet zu werden. Als das Blut der übergroßen Frau mit deinem zusammengeschüttet wurde, hast du gelernt, wie leicht du Dinge tun kannst, die anderen schaden, wenn du dich von Wut und Überlegenheit erfüllen läßt. Doch du konntest stärker werden und weißt jetzt, daß du deinen Freunden und Verwandten nur helfen kannst, wenn du es hinkriegst, nicht sofort in Wut zu geraten. Außerdem wirst du nur dann den endgültigen Erfolg über diese Trägerin der Kraft erringen, die so viel Leid in die Welt gebracht hat, wenn du dich nicht von ihrem Haß und dem Wunsch nach gewaltsamer Rache anstecken läßt, egal wie sie dir gegenübertreten wird."

"Dieses Weib gehört wie Didier im tiefsten Keller eingelocht", knurrte Millie und erntete ein Nicken von Julius. "Klingt ja alles ganz toll von wegen, ruhig zu bleiben und sich nicht wütend machen zu lassen. Aber wenn einem so eine über den Weg läuft, die kein Problem damit hat, unschuldige Leute entweder einzusperren oder gleich umzubringen, dann ist doch klar, daß jeder Mensch da wütend wird. Julius hat das dir gerade erklärt, daß auch die, die Jesus von Nazareth als ihren Herren und Heiland anbeten immer wieder vergessen, daß der keinen Krawall in der Welt haben wollte, nur weil diese Leute dachten oder immer noch denken, ihre Weltsicht sei die einzig richtige. Problem nur, daß viele Gruppen das von ihrem Glauben denken und meinen, die Anderen dumm anquatschen oder gleich angreifen zu müssen. Julius hat mir das erzählt, was er in dieser leeren Stadt bei den alten Meistern mitgekriegt hat. Ihr von damals hattet wohl auch keine Probleme damit, euch gegenseitig zu beharken."

"Ja, und wie du auch von ihm gehört hast ging unser Land dabei unter. Natürlich darf denen, die von der Dunkelheit und Hab- und Zerstörungssucht erfüllt sind nicht widerstandslos alles erlaubt und nachgesehen werden. Natürlich müssen Menschen diese dunklen Taten niederkämpfen. Doch wie sie kämpfen sollte immer daran gemessen werden, ob der Sieg nicht die Leiden vermehrt oder die Sieger grausamer werden läßt als die Besiegten. Wir mußten den Schattenfürsten, der die Wiederkehr der Finsternis in der Welt herbeiführen wollte, mit Gewalt niederhalten, weil er mit grausamen Wesen über unser Volk herfiel. Aber wir hätten ihn und seine Anhänger nicht gleich deswegen umgebracht. Du kannst Feinde auf zwei Arten vernichten: Die eine ist der gewaltsame Tod. Die andere ist die Erlangung ihrer Freundschaft. Wenn ihr eine Wahl habt, solltet ihr, ohne euch ändern zu müssen, immer auf die zweite Art ausgehen", belehrte sie Artemis, nun absolut nicht mehr wie ein junges Mädchen klingend. Millie und Julius erwiderten nichts darauf. So sagte Temmie noch: "Doch wenn es nicht gelingt, einen Untäter zur Reue zu bringen und ihm von dem eigenen Licht zurückzugeben, so muß ich natürlich anerkennen, daß diese Feinde, wenn ihnen ohne gewaltsamen Tod die mißbrauchte Macht genommen wurde, keine Möglichkeiten mehr haben dürfen, Macht auszuüben. Deshalb mußte ich dich, Julius, zu den Dienern Ailanorars schicken. Deshalb mußten du und ich es zulassen, daß die Wolkenhüter die Skyllianri töteten, auch wenn dabei unschuldig in ihre Art verwandelte Menschen starben. Doch damit konnten wir diesem fehlgeleiteten, der am Ende Opfer seiner eigenen Machtgier wurde, das Werkzeug zur schlimmeren Verwüstung der Welt entreißen. Ich fürchte nur, daß der, dessen Dienerschaft dieser Narr geweckt hat, dadurch noch nicht endgültig entmachtet ist. Es mag sein, daß der Schattenfürst, der wie ich sein Selbst in einen mächtigen Gegenstand seiner Kraft übertrug, irgendwann einen neuen Knecht unter den lebenden Menschen findet, durch dessen Hände, Geist und Kraft er neues Unheil anrichten kann. Noch ist er wohl zu schwach oder muß auf etwas warten, was ihm neue Macht gibt, weil keiner den Weg zu seinem dunklen Gegenstand findet. Aber er hat Zeit. Und du, Julius, mußtest bereits lernen, daß allein die Angst vor seiner Wiederkehr Unheil anrichten kann, auch wenn dadurch jemand erwachte, die dir helfen kann, mein Erbe zum Nutzen deiner Mitmenschen zu verwenden."

"Ich versuche jedenfalls, mich von der Umbridge nicht auf die Palme bringen zu lassen", versicherte Julius Temmie. Dann kehrten Millie und er ins Wohnhaus von Barbara Latierre zurück, von wo aus sie am Abend in die Rue de Liberation 13 zurückflohpulverten.

 

__________

 

Julius unterdrückte die leichte Verärgerung, weil Millie ihm wieder Anweisungen gab, was er so einzupacken hatte. Für seinen Auftritt vor dem britischen Zaubergamot würde er nicht den weinroten Festumhang tragen, sondern einen dunklen Anzug mit Krawatte, weil Gloria gesagt hatte, sie müßten aus einer Seitenstraße Londons heraus ins Ministerium hineinfahren. Millie hatte sich neben den für junge Muggelmädchen üblichen Jeans und T-Shirts auch mit einem Kostüm aus moosgrünem Rock und weißer Bluse für Auftritte in der Muggelwelt eingedeckt. Alles packten sie in die große Reisetasche, die durch einen Rauminhaltsvergrößerungszauber vielmal mehr aufnehmen konnte, als ihr von außen anzusehen war. Da sie nicht wußten, ob sie nur die beiden Tage in England sein sollten nahmen sie gleich Kleidung für eine Woche mit, dazu Julius' Zauberschachmenschen, die mit einem Animierzauber lebendig wirkende Nachbildung der Flügelkuh Artemis als Wecker und je zwei Festumhänge, einmal für Julius' Geburtstagsfeier, die ja auch den ersten Jahrestag ihrer Hochzeit sein würde, sowie die beiden Flugbesen, die in ihren Futteralen außen an der Tasche angebunden werden konnten.

Beim Frühstück lauschten sie dem Radio. Julius verwünschte es erneut, nicht das Endspiel direkt mitzubekommen, wo jetzt feststand, daß Gastgeber Frankreich gegen Rekordweltmeister Brasilien anzutreten hatte. Die beiden Moderatoren der Morgensendung flachsten, ob Ronaldo, von dem keiner wußte, ob er jetzt in der Mannschaft mitspielen würde oder nicht, vielleicht ein Formtief hatte und die Brasilianer ohne ihn vielleicht besser dran wären. Am heutigen Abend würden Kroatien und die Niederlande um den dritten Platz spielen, und den Bürgern des ehemals jugoslawischen Teilstaates wurden gute Chancen eingeräumt, die mit Favoritenlorbeeren bedachte Auswahl aus Holland zu schlagen.

"Wäre bestimmt 'ne tolle Sache, falls Frankreich den Pokal im eigenen Land kriegt", sagte Julius leicht verstimmt. "Allein wie dann die Leute hier abfeiern interessiert mich sehr."

"Catherine ist da nicht so von begeistert, Julius. Sie meint, nach den Krawallen und dem schwerverletzten Polizisten in Lens fürchtet sie, daß hier in Paris die Hölle los ist, wenn die Franzosen das Endspiel verlieren."

"Das mit Lens waren deutsche Hooligans, Mum", berichtigte Julius seine Mutter. Schließlich hatte er sich ja die Meldungen über die WM aus dem Internet geholt und ausdrucken lassen. "Aber ich kapiere, daß Catherine nicht besonders ruhig schlafen wird, wenn morgen hier die große Sause steigt, egal ob Zidane und Co. gewinnen oder die Ronaldo-Truppe."

"Mich hätte das jetzt auch interessiert, wie Muggel sich über einen Endspielsieg in diesem langweiligen Spiel freuen können", erwiderte Millie verhalten grinsend. Julius wollte schon zu einem Vorschlag ansetzen, daß sie doch hierbleiben könne, als sie schnell nachlegte: "Aber ich laß dich da bestimmt nicht allein hinfahren, wo du mitkriegen sollst, wie heftig diese Saubande in deiner Heimat gehaust hat. Zumindest haben Ma und Pa mir nicht verboten, mit dir auf eure alte Insel rüberzufliegen."

"Gepackt ist jetzt alles. Wenn wir Gloria und ihre Eltern um zwölf Londoner Zeit im tropfenden Kessel treffen, haben wir noch genug Zeit", sagte Julius mit Blick auf die Uhr. Seine Mutter meinte dann noch, daß sie nach der Abreise der Jungen Latierres noch zu Camille hinüberflohpulvern würde, die ihr heute weitere nützliche Zauberpflanzen vorstellen wollte.

Gegen ein Uhr verabschiedeten sich Millie und Julius von Martha Andrews und den Brickstons. Dann prüften beide, ob sie genug Geld für die internationale Flohnetzpassage mithatten und riefen nacheinander "A la Frontière", den Zielkamin der französischen Grenzstation.

In der weitläufigen, kathedralenartigen Halle der französischen Flohnetzgrenzstation wuselten eil- und dienstfertige Hexen und Zauberer in blau-weiß-roten Umhängen herum. Julius legte eine Ausreiseerlaubnis seiner Mutter und seiner magischen Fürsorger, seinen Schwiegereltern, vor, um als minderjähriger Zauberer alleine ins Ausland zu flohpulvern. Wenn er mit erwachsener Begleitung unterwegs war hatte er derartiges nie vorlegen müssen, wußte er von Reisen mit Cynthia Flowers, Aurora Dawn und den Porters. Millie und er mußten schriftlich bekunden, die mitgeführten Zaubergegenstände nur zum Eigengebrauch zu verwenden. Nach der Bezahlung der Expressmischung Flohpulver, die pro Dosis drei Galleonen kostete, rief Julius "England" als Zielkamin aus. Millie folgte ihm einige Sekunden später.

In der britischen Grenzstation herrschte im Vergleich zur französischen sehr wenig Betrieb. Nur drei Zauberer und eine Hexe taten gerade Dienst, und von den vielen Kaminen war über die Hälfte gerade nicht befeuert. Außer den Latierres wollte auch gerade niemand einreisen. Julius sah seine Frau an, ob sie sich auch wirklich wohlfühlte. Als nach fünf Sekunden nichts geschah, was ihm ernsthafte Sorgen bereiten mußte, wußte er, daß Voldemorts die britischen Inseln umspannender Todesbann gegen ausländische Hexen und Zauberer mit seinem Verursacher ausgelöscht worden war. Das Land war wirklich wieder frei.

"Wie heißen Sie?" Fragte einer der verbliebenen Reiseüberwachungszauberer Julius, als der seinen Namen und seinen Einreisegrund bekannt gab. Julius wiederholte seinen Namen. Der Zauberer prüfte offenbar auf einer Liste nach, ob das so stimmte, daß ein Julius Latierre eingeladen worden sei. Dann sagte er: "Oja, die Strafverfolgungsabteilung hat Sie angekündigt, Mr. Lättier. Sie meinte nur, Sie könnten unter einem anderen Namen einreisen."

"'ne Lange Geschichte, Sir. Geboren bin ich als Julius Andrews", erwiderte Julius locker. Da fauchte es im Kamin, und eine kleine, untersetzte Hexe mit weißblondem Haar und einer silbernen Brille auf der Nase purzelte aus einem der freien Kamine. Sie winkte energisch der einzigen diensthabenden Hexe und stellte sich als Professor Ernestine Wright von der Thorntails-Akademie in den vereinigten Staaten von Amerika vor. Julius und Millie wurden derweil schon zu einem freien Kamin gewunken. Da wurden sie von der Willenskraft und Würde ausstrahlenden Hexe angerufen:

"Ah, die jungen Eheleute Latierre! Sind Sie alleine unterwegs?"

"Wir haben die schriftliche Erlaubnis unserer Eltern", sagte Julius ruhig und begrüßte Prinzipalin Wright, wobei er ihr bedenkenlos in die Augen sah. Denn er vermochte ja nun, seinen Geist vor fremdem Einblick abzuschließen. Professor Wright betrachtete ihn gründlich und sagte dann:

"Die Eheleute Porter werden wohl in einigen Minuten mit ihrer Tochter in jener Winkelgasse in London eintreffen. Ich erfuhr erst vor einer Woche, daß Sie, junger Sir, bereits vor Erreichen der Volljährigkeit mit Erlaubnis Ihrer Mutter und der Eltern Mademoiselle Latierres für Verheiratet erklärt wurden, was mich zunächst zu der Annahme verleitete, es gäbe da einen unliebsamen Grund für. Aber meine Informationen beinhalteten, daß Sie beide lediglich eine Besonderheit der Zaubereigesetze in Anspruch nehmen durften, weil sie sich einer magischen Prüfung unterzogen, die sie füreinander geeignet befand." Julius und Millie nickten. Sie mußten das ganze hier jetzt nicht ausgerechnet in der Grenzstation ausbreiten. Julius mußte sich eh noch daran gewöhnen, daß nun auch die Amerikaner und Briten von seiner frühen Heirat erfahren hatten, nachdem die Bedingung erfüllt war, daß die Todesser keine Macht mehr besaßen. So sagte er nur: "Ich denke, es findet sich eine Gelegenheit, mit Ihnen ausführlich darüber zu reden, falls meine Frau keine Einwände hat, weil dabei ja auch sie persönlich betreffende Sachen erwähnt werden." Millie sah die Leiterin von Thorntails prüfend an, schien dabei jedoch auch um eine lückenlose Abschottung ihres Geistes bemüht zu sein. Immerhin hatte Julius ihr mal erzählt, wie gut Professor Wright legilimentieren konnte.

"Nun, der Grund meiner Anwesenheit besteht eher darin, zu klären, ob Ihre früheren Schulkameraden nun in Thorntails oder Hogwarts ihre Ausbildung fortsetzen mögen, da unser Zaubereiminister Anstalten macht, sie und ihre Verwandten nicht mehr länger als nötig in den Staaten zu dulden. Ich werde mich diesbezüglich mit meiner nun offiziell bestätigten Kollegin McGonagall beraten."

Julius nickte ihr bestätigend zu. Dann bat er darum, weiter in die Winkelgasse zu reisen. So flohpulverten sie alle in den Schankraum eines Pubs, der um diese Zeit doch gut besucht war und nahmen an einem Tisch für acht Personen Platz. Der alte Tom, so hieß der kahlköpfige Wirt, hatte nämlich schon bescheid bekommen daß die Porters, Hollingsworths und Malones auch hier eintrudeln würden.

Millie beäugte den Schankraum des tropfenden Kessels mit einer Spur von Geringschätzung, weil die Einrichtung abgewetzt und stumpf wirkte. Zwar war der kahlköpfige Wirt des Pubs zwischen Zaubererwelt und dem London der Muggel darum bemüht, Saubere Tische und Geschirr vorzuweisen. Doch wenn Millie an den Chapeau du Magicien in Millemerveilles oder die Cafés und das geräumige Gasthaus in Paris dachte, fiel dieser Laden hier nicht so doll auf. Doch an Julius' Miene und dem von jenem kleinen roten Herzanhänger unter seinem Unterhemd vermittelten Gefühl, nach Langer Zeit wieder die alte Heimat zu sehen, erkannte Millie, daß das Aussehen dieses Ladens wohl nicht so wichtig war wie die Atmosphäre.

"Ich habe gehört, daß Gloria, die Hollingsworths und Kevin die ZAGs überstanden haben", sagte Julius zu Prinzipalin Wright. Da rauschte es wieder im Kamin des Pubs. Prinzipalin Wright sah kurz hinüber, wo gerade ein Zauberer mit blondem Haar im taubenblauen Samtumhang aus dem Kamin kletterte. Das war Plinius Porter, Glorias Vater.

"Nun, was die junge Ms. Porter und die junge Ms. Jenna Hollingsworth betrifft besteht wohl kein Grund zur Besorgnis. Allerdings befürchte ich, daß der junge Mr. Malone und Ms. Betty Hollingsworth die Umstellung auf unseren Schulbetrieb und das Umfeld nicht so gut bewältigt haben. Aber davon dürften Ihnen Ihre Freunde sicher mehr erzählen. Ich werde gleich in die Ausbildungsabteilung des Zaubereiministeriums weiterreisen, wo ich mich mit meiner Kollegin McGonagall und den Schulräten von Hogwarts treffen werde. Bis dahin alles gute!" Julius bedankte sich artig für diesen Abschiedswunsch und wandte sich dann Mr. Porter zu, dessen Tochter in diesem Moment aus dem Kamin kam. Eine halbe Minute später entstieg auch Mrs. Porter dem Kamin im Schankraum. So begrüßte er zunächst Glorias Mutter, dann Gloria selbst und dann Mr. Porter.

"Die Malones sind bei Verwandten in Irland, weil Todesser ihr Haus gebrandschatzt haben", grummelte Plinius Porter, als Julius fragte, ob die anderen Familien auch noch eintreffen würden. "Marita und Ken Hollingsworth werden aber gegen halb eins hier ankommen. Da ihr offenbar mit Prinzipalin Wright gesprochen und so auf uns gewartet habt können wir auch gleich zu uns weiterreisen. Allerdings müssen wir euch zwei dann mehr oder weniger Huckepack nehmen, weil unser Haus noch unter Fidelius Steht."

"Kein Thema", sagte Julius und stellte sich kerzengerade vor Plinius Porter zurecht. Dieser erkannte wohl, daß Julius in der Zeit, seit der er ihn im Schloß der Latierres zum letzten Mal gesehen hatte, einen beachtlichen Schuß in die Höhe gemacht hatte. Julius wußte nicht, ob Gloria es ihren Eltern erzählt hatte, warum er jetzt ein wenig mehr als 1,90 Meter groß war. Dafür war jedoch wohl noch genug Zeit.

"Schlafen die Hollingsworths dann auch in Ihrem Haus?" Fragte Julius Mr. Porter.

"Deren Haus steht wohl noch", sagte Mr. Porter. "Die Todesser haben offenbar nur das Haus der Malones niedergebrannt", sagte Plinius Porter verdrossen.

"Und das von Pinas Eltern, Dad", fügte Gloria hinzu und maß Julius Körperlänge mit einer diesen abfahrenden Handbewegung aus. Dann mentiloquierte sie ihm: "Ich habe es meinen Eltern noch nicht erzählt, was dir so passiert ist. Ich denke, daß erzählst du denen, wenn du das willst." Julius zeigte keine Regung, daß er Glorias Gedankenbotschaft verstanden hatte und schickte nach drei Sekunden Konzentration auf die fünf Stufen des Gedankensprechens zurück:

"Es stand eh in den Zeitungen. Da werde ich es deinen Eltern wohl erklären können."

"Gloria, wir warten noch auf Tante Geri und Onkel Marcellus", sagte Plinius Porter. Da fauchten die beiden erwähnten Redliefs auch schon nacheinander durch den Kamin. Als sie sich alle begrüßt hatten, gingen Mr. Porter und Julius zum Kamin, warfen Flohpulver hinein und zwengten sich in die Öffnung, in der das smaragdgrüne Feuer toste. Julius durchquerte mit Glorias Vater das Flohnetz, nachdem dieser "Palast von Plinius" ausgerufen hatte. Millie wartete eine Minute, bis sie zusammen mit Glorias Mutter aus dem Marmorkamin der Porters herausfiel. Gloria fauchte danach aus dem Kamin heraus, dicht gefolgt von ihrer Tante Geraldine Redlief und ihrem Onkel Marcellus.

"Volles Haus hier", meinte Millie, als Mr. Porter sie alle hier begrüßt hatte. Dann rief er "Nifty, wir sind wieder zu Hause!" Mit scharfem Knall erschien ein kleines Wesen in einem bunten Einteiler, der eher einem Kopfkissenbezug glich. Es besaß eine lange Nase, wasserblaue Augen, die so groß und Rund wie Tennisbälle waren und große, fledermausartige Ohren. "Nifty freut sich, seine Meister gesund und wohlbehalten wiederzusehen", sprach das kleine Wesen mit einer schrillen, unterwürfig betonenden Stimme.

"Richte die Gästezimmer her und stelle in Glorias Zimmer noch ein Feldbett!" Befahl Mr. Porter. Nifty, der Hauself, nickte so heftig, daß seine Nase den Boden berührte und disapparierte mit einem weiteren Knall.

"Millie und Julius sind verheiratet, Dad", warf Gloria schnippisch ein. "Oder denkst du, Julius' Mutter läßt die getrennt schlafen."

"Abgesehen davon, daß ich nicht Julius' Mutter bin, möchte ich schon eine gewisse Ordnung bewahren, um mir nicht nachsagen zu lassen, daß ich minderjährigen Hexen und Zauberern unter meinem Dach Gelegenheit zu intimen Spielchen verschaffe." Millie sah Mr. Porter überlegen lächelnd an und sagte ruhig:

"Ihr Haus, Ihre Regeln, Sir. Ich weiß nur nicht, ob Gloria und ich gute Zimmergenossinnen sein werden."

"Hängt nur von dir ab", grummelte Gloria. Offenbar hatte sie jetzt, wo Millie und Julius wieder näher als drei Meter bei ihr waren die gewisse Verärgerung wiederentdeckt, daß Julius von dieser rotblonden Junghexe, deren Familie als freizügig und lebenslustig bezeichnet wurde, auf den Besen geholt worden war, obwohl beide noch keine siebzehn Jahre alt waren. Offenbar genoß sie es sogar, dachte Millie, daß ihr Vater sie nicht mit Julius zusammen in einem Zimmer schlafen ließ. Die Redliefs bekamen das größte der zwei Gästezimmer, während Julius wieder das Zimmer bewohnte, in dem er schon einmal die letzten Sommerferientage zwischen seinem ersten und zweiten Schuljahr in Hogwarts verbracht hatte. Da Millies Sachen in seiner Reisetasche waren, durfte sich seine Frau die Sachen für die nächsten Tage herausnehmen. Danach ging es zurück in die Winkelgasse, weil die Porters sich dort mit den Watermelons verabredet hatten.

Als dann noch Pina und ihre Mutter aus dem Kamin kletterten freute er sich fast überschwenglich. Pina hatte ihr strohblondes Haar zu einem eleganten Knoten gewunden und blickte mit ihren wasserblauen Augen sehr glücklich auf Julius. Ehe es sich Millie und Julius versahen, hatte Pina ihre Arme um Julius geschlungen. Dann erst fiel ihr offenbar auf, daß Julius nach der unglückseligen Party im letzten Sommer ordentlich gewachsen war und trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Doch dann lächelte sie und begrüßte Mildrid, die im vergangenen Jahr ebenfalls einige Zentimeter Körperlänge zugelegt hatte.

"Hast du gut auf Julius aufgepaßt, Mildrid?" Fragte Pina. Millie überlegte kurz, ob Pina das ironisch oder ehrlich meinte, ging des lieben Friedens wegen davon aus, daß sie es ehrlich meinte und sagte mit warmem Lächeln:

"Ja, das habe ich. Es sind in unserem letzten Jahr einige Sachen passiert, wo ich sehr gut auf ihn aufpassen mußte."

"Wir haben ja da, wo wir wohnten nicht viel mitbekommen. Dafür ist bei uns einiges passiert", sagte Pina Julius und Millie gleichsam ansprechend. Die beiden jungen Eheleute nickten.

"Prudence kommt wohl übermorgen her. Seid ihr dann noch da?"

"Kommt darauf an, wie das morgen abläuft, ob die mich übermorgen noch einmal hören wollen", sagte Julius dazu. Mrs. Watermelon erwiderte darauf:

"Verstehe, du bist wegen der Umbridge-Verhandlung hier. Ich dachte, Professeur Faucon käme auch herüber."

"Davon weiß ich nichts", sagte Julius. Mr. Porter sagte dann:

"Wenn sie nicht offiziell vorgeladen wurde, darf sie eh nicht zu einer der Verhandlungen. Eine komische Regel verbietet es ausländischen Hexen und Zauberern, die keine angemeldeten Pressemitarbeiter sind, Gerichtsverhandlungen gegen britische Staatsbürger als Zuschauer zu besuchen, solange sie nicht Angeklagte oder Zeugen sind."

"Soviel zur öffentlichkeit der Gerichte", feixte Julius. Ihm war das eh nicht so ganz recht, wie in der Zaubererwelt Recht gesprochen wurde, ohne einen direkten Strafverteidiger und von einer Jury aus mehreren Dutzend Hexen und Zauberern abhängig. Aber daran ändern konnte er eh nichts.

"Moment, dann kann Millie nicht zuhören, was passiert?" Fragte Julius. Mr. Porter schüttelte den Kopf.

"Was mache ich dann morgen?" Fragte Millie leicht verdrossen. Mrs. Porter sah sie überaus zuversichtlich an und schlug vor, mit ihr und den Watermelons einkaufen zu gehen und ihr ihren Kosmetikladen zu zeigen. Zwar kannte Millie das Angebot von Dione Porters Firma von der Niederlassung in New Orleans her, doch warum sollte sie sich nicht mit neuen Verschönerungs- und Pflegemitteln eindecken?

"Ich bringe euch dann ins Ministerium rein", sagte Mr. Porter. Im Moment war außer Ihnen nur der alte Tom im Schankraum. Dieser unterbrach die Zubereitung des Mittagessens für einen Moment und lauschte. Mr. Porter sagte deshalb rasch:

"Einer muß ja sicherstellen, daß ihr rechtzeitig hinkommt."

Nachdem sie einen deftigen Fleisch-Gemüse-Eintopf verspeist hatten, stromerten die Porters, Watermelons und Latierres durch die Winkelgasse, wo sie die Hollingsworths auf Höhe von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze trafen, wo Julius unbedingt mal hineingehen wollte. eine tiefschwarze Gardine verhüllte das Schaufenster von innen. Von außen war zu lesen:

Auch wenn ich traurig bin, daß mein Bruder Fred bei der großartigen Schlacht von Hogwarts draufgegangen ist, weiß ich, daß er ganz bestimmt wollte, daß ihr hier weiter einkaufen geht, weil er und ich uns für diesen Laden voll reingekniet haben. Also laßt euch von der Trauergardine nicht abhalten. Kommt rein und seht euch um, damit wieder mehr gelacht werden kann!

 

George Weasley

 

"So kann man auch Werbung machen", stellte Julius fest. Er hatte ein mulmiges Gefühl, weil er den toten Fred Weasley in der Zweiwegspiegelübertragung aus Hogwarts gesehen hatte. Doch eigentlich stimmte es schon. Wenn jemand sich für was reingekniet hatte, und sei es ein Laden für groben Unfug und himmelschreienden Unsinn, so sollte das die Sache wert sein. Julius betrat also das Geschäft, wo er zunächst glaubte, eine jüngere Ausgabe von Sophia Whitesand, der altehrwürdigen Hexe aus Whitesand Valley, vor sich zu haben, die hinter der Kasse saß und die Kaufbeträge eintippte. Julius mußte wohl seltsam geguckt haben. Denn die Kassiererin grinste ihn amüsiert an und machte eine einladende Handbewegung. Julius ging zu ihr, im Moment nicht auf das Gewusel, Gerassel und Geträller achtend, das die verschiedenen Waren in den Regalen veranstalteten.

"Entschuldigung, falls ich sie komisch angeguckt haben sollte, Madam", sagte Julius. "Ich dachte nur, jemanden bekannten zu sehen. Ich habe mich wohl getäuscht."

"Du bist der junge Bursche Julius, von dem meine Großmutter Sophia erzählt hat, nicht wahr. Hui, hat dir wer einen Streckzauber aufgehalst?"

"Wieso, so langgezogen sehe ich doch nicht aus", erwiderte Julius amüsiert. Dann nickte eer. Offenbar hatte Madam Whitesand von ihm erzählt, Kunststück, wo er mitgeholfen hatte, daß sie alle am ersten August im letzten Jahr gerade noch einem Angriff der Todesser entgehen konnten.

"Ich bin Verity Whitesand, die Cousine von Patience Moonriver", sagte die Hexe hinter der Kasse. Da kam ein rotschopfiger Jüngling mit Sommersprossen und Schnurrbart aus einem der hinteren Räume. Der Bursche war hoch aufgeschossen, reichte jedoch nicht ganz an Julius' Größe heran. Julius Latierre erkannte ihn sofort.

"O Hallo Mr. Ronald Weasley", grüßte er gut gelaunt. Ron Weasley erwiderte den Gruß verhalten und erkannte jetzt erst, daß er wohl einen gleichalterigen vor sich hatte. "Hups, du warst auch in Hogwarts. Hmm, irgendwie kenne ich dich wohl. Hast du einen Bruder bei den Ravenclaws gehabt, der nach Beauxbatons umgesiedelt ist?"

"Näh, keinen Bruder. Ich bin das selbst", erwiderte Julius und stellte sich mit Vornamen vor. "Wir haben mal zusammen Schach gespielt, weiß ich noch."

"Jau, der Muggelstämmige aus London, der irgendwie mehr Zauberkräfte hatte als die anderen aus seinem Jahrgang", erwiderte Ron. Dann fragte er jedoch skeptisch, wie das anging, daß Julius in den drei Jahren so groß geworden war. Julius erwähnte, daß das nicht rein natürlich verlaufen sei, sondern durch Sachen, die er eigentlich lieber nicht erlebt hätte. Welche das waren ließ er dabei jedoch aus.

"Willst du wieder zurück nach Hogwarts, wo Du-weißt-schon-Wer nicht mehr da ist?" Fragte Ron Weasley.

"Neh, mache ich nicht, weil meine Mum sich in Frankreich gut eingelebt und eine Arbeit gefunden hat, wo sie zwischen Muggeln und Zauberern vermitteln kann. Außerdem hätte da jemand was gegen, wenn ich jetzt einfach so die Zelte abbrechen und nach Hogwarts zurückkommen würde. Wundere mich eh, daß die Schule den Kampf in fast einem Stück überstanden hat. In der Zeitung stand, daß mindestens fünfzig Todesser sich mit den Lehrern und Volljährigen duelliert hätten. Ups, ich war unhöflich! Herzliches Beileid. Daß dein Bruder Fred gestorben ist stand nicht in der Zeitung drin, die ich gelesen habe."

"Unsere Mutter konnte eine Woche lang nicht mehr zaubern, weil sie da nicht so einfach mit klarkam", seufzte Ron. "Und unser Vater ist durch die Umbauarbeiten im Ministerium mit Arbeit vollgeknallt worden, daß er wohl noch keine Zeit hatte, das richtig zu verdauen", sagte Ron. Dann sah er Millie, die sich zuerst die Minimuffs angesehen hatte, jene kleinen, flauschigen, rosaroten oder violetten Kugelwesen, die in großen Käfigen quiekten und piepsten. Julius stellte sie Ron vor, verschwieg jedoch, daß es nicht nur seine Freundin, sondern schon seine Ehefrau war. Das mußte er hier ja nicht gleich in ganzer Breite auswalzen. So sagte er nur: "Sie ist der Grund, warum ich mir das nicht leisten kann, mal eben nach Hogwarts zurückzugehen, um da die beiden letzten Jahre zu machen."

"Wo wir den in Beaux so gut durchgefüttert und zu supertollen ZAGs gebracht haben", erwiderte Millie. "Abgesehen davon habe ich Julius auf meinen Besen gehoben. Bei uns in Frankreich gilt das dann als ausgemacht, daß der Zauberer, der sich von einer Hexe auf ihren knapp überm Boden fliegenden Besen heben läßt, das ganze Leben mit ihr zusammenbleibt."

"Oha, das wußte ich nicht", erwiderte Ron. Dann erschien George Weasley aus dem Zimmer, in dem Ron eben noch gewesen war. Julius mußte ihn für eine Sekunde konzentriert ansehen, um zur Kenntnis zu nehmen, daß George ein Ohr fehlte. Lea Drake hatte also echt recht gehabt. So sagte er schnell: "Entschuldigung, Mr. Weasley, Ich wollte sie nicht dumm anglotzen. Ich las gerade vom Tod Ihres Bruders Fred. Das tut mir leid."

"Häh, Moment, ähm, du siehst aus wie'n großer Bruder von diesem megastarken Muggelstämmigen, Justus oder Julian oder Julius. Aber dann müßtest du ja in mindestens Percys Klasse gewesen sein. Oder bist du ein Squib?"

"Weder noch", erwiderte Julius. "Ich bin der Typ, der damals die Nummer mit den Natriumtabletten gebracht hat." George stutzte. Millie meinte dann:

"Daß Julius so gut gewachsen ist liegt an der guten Küche und dem Sportangebot von Beauxbatons." George glubschte noch einmal. Doch dann schien ihm eine Idee zu kommen, wie das angehen konnte.

"Hast du einen Alterungstrank eingeworfen, um über 'ne Linie zu kommen?"

"Das geht doch gar nicht", sagte Julius. "Aber mir sind zwei Sachen passiert, die mich schneller groß gemacht haben. Einmal hat mich ein Fluch erwischt, der meinen Körper zwei Jahre älter gemacht hat. Dann mußte ich noch eine Entgiftungskur über mehrere Monate durchstehen, weil mich einer dieser Schlangenmenschen erwischt hat. War auch nicht so angenehm. Jedenfalls bin ich dabei mehr als zehn Zentimeter größer geworden."

"Hui, du hast einen von denen gesehen?" Fragte Ron ungläubig. Julius nickte und führte an, daß er auf die Begegnung auch gerne verzichtet hätte. Dann stellte er Millie George Weasley vor. Als George den Nachnamen hörte verzog er einen Moment das Gesicht und fragte:

"Du bist nicht zufällig mit so'ner französischen Schnepfe verwandt, die meinte, unsere Minimuffs verbieten zu müssen?"

"Nicht zufällig, weil deren Schwester meine Mutter ist", erwiderte Millie verschmitzt grinsend. George meinte dann nur:

"Bestell der schöne Grüße, daß wir unsere kleinen Wuschelbällchen auch anderswo loswerden konnten!"

"Ja, mach ich", erwiderte Millie gelassen. Dann fragte Julius, ob die Weasleys ihm etwas besonderes empfehlen könnten.

"Wir haben einen tragbaren Sumpf entwickelt, der Flure oder ganze Hallen ausfüllen kann, genial für die Verlade von durchgeknallten Hausmeistern oder Giftkröten wie der Umbridge."

"Wegen der Sabberhexe bin ich eigentlich hier", raunte Julius. "Muß morgen aussagen, weil die meinte, mich vor ihre Anti-Schlammblut-Kommission zerren zu können und dabei meine Freunde mit Dementorenküssen bedroht hat."

"Echt?" Erschrak Ron. George verdrehte die Augen und nickte. Dann meinte er:

"Sieht der dicken Trulla ähnlich. Ach, und Dad wollte, daß du das vor dem Gamot rausläßt, wie das ablief?"

"Ui, ist euer Vater jetzt Richter oder was?" Fragte Julius. An und für sich wußte er schon, daß Arthur Weasley zum neuen Leiter der Strafverfolgungsbabteilung aufgestiegen war. Aber woher er das in Frankreich wissen konnte mußte hier in England nicht jeder wissen. "Da gratuliere ich aber doch", fügte er noch ehrlich begeistert hinzu.

"War wohl das mindeste, was der lange Shacklebolt für unsere Familie machen konnte, nachdem Fred draufging. Irgendwie schon fies. Jahre lang haben Fudge und Genossen meinen Vater nicht mit dem Arsch angeguckt, und Mum war fast am Boden, weil er diesen Job gemacht hat, den kein sogenannter anständiger Zauberer machen wollte. Tja, und jetzt ist Fred nicht mehr da, und Mum kann sich nicht recht freuen, das Dad jetzt fast ganz oben mitmischt."

"Bei uns in Frankreich sind auch anständige Leute gestorben", warf Julius ein. "Die Todesser haben das hingekriegt, daß unser Zaubereiministerium voll aus der Schiene gesprungen ist. Aber ich darf stolz sein, daß der Typ, der meinte, mit einer Einsperr- und Knebeltaktik Politik machen zu müssen von meiner Mutter, einer Muggelfrau richtig voll ausmanövriert worden ist und die in Frankreich den Laden wieder in Ordnung bringen konnten."

"Haben wir hier nix von mitbekommen", wandte George ein. Ron nickte. Dann wechselten sie das Thema, weil Plinius Porter gerade hereinkam, um nachzusehen, was seine Gäste so anstellten. Deshalb ließ sich Julius herumführen und betrachtete die ausgelegten Waren. "Der Sumpf kann auch ganze Parks versumpfen", wisperte er George ins verbliebene Ohr. "Ein ehemaliger Klassenkamerad hat das unfreiwillig hingekriegt und durfte sich deshalb lange nicht in Millemerveilles sehen lassen."

"Aber hier unsere Feuerwerke, da haben mein Bruder und ich noch was nachgelegt", sagte George mit einem Zwischenton zwischen Trauer und Belustigung. "Alle durch eine zünden und Effekte von singenden Pfeifen über weitspringende Knallfrösche, sich selbst vermehrende Leuchtkugeln und Raketen, unverschwindbar und unlöschbar, sobald sie gezündet sind. Du brauchst nur einen Kracher aus dem Satz annzuzünden, und alles andere geht von alleine los."

"Kenn ich auch schon. Besagter Kamerad hat das bei seinem Abschied über Millemerveilles losgelassen. Inferno Deluxe heißt das wohl", sagte Julius und fand die entsprechenden Packungen. Millie hielt sich mit Verity Whitesand bei den Sachen für Hexen auf, während Plinius Porter jungenhaft grinsend die Nasch-und-Schwänz-Leckereien begutachtete und dann bei einem Regal voller Zaubererhüte anlangte. Ron betreute derweil die Kasse.

"Und hier noch unsere Spezialsachen wie Kitzelsocken oder Hand-Ab-Handschuhe", sagte George. Julius betrachtete die fleischfarbenen Handschuhe. George mußte jetzt doch wieder sein sonstiges Grinsen aufsetzen, als er leise beschrieb:

"Das ist ein genialer Gag. Damit haben wir an Halloween voll die Knete gemacht. Du ziehst einen der Handschuhe über und schüttelst wem die Hand. Dabei löst ein Zauber aus, der deine Hand selbst unsichtbar macht, während der Handschuh dem anderen in die Hand fällt und sich so anfühlt, als habe er deine ganze Hand in der Hand."

"Echt? Darf ich mal?" Fragte Julius jungenhaft begeistert, bevor ihm einfiel, daß er sich besser noch erkundigen sollte, ob die unsichtbarkeit dann auch wieder wegginge. George bestätigte das und zog ihm einen der flauschigweichen Handschuhe an. Julius fühlte es in seinem rechten Handgelenk vibrieren, wo er das silberne Armband der Pflegehelfer von Beauxbatons trug. Er wollte gerade fragen, ob der Handschuh verflucht sei, als das vibrieren auch schon wieder nachließ. Todesmutig ging er zu Millie, die gerade vor einem Regal mit Pickelentfernungsmitteln stand und legte ihr die behandschuhte Hand auf die Schulter. Sie drehte sich um. Er streckte ihr den rechten Arm entgegen. Millie fragte ihn, was das werden sollte, weil sie nichts an oder in seiner Hand erkennen konnte. Julius bat sie darum, ihr einfach die Hand zu schütteln. Millie grinste leicht verwegen und packte zu. Julius bewunderte wieder einmal, wie stark diese junge Hexe war. Dann fühlte er, wie seine Hand freikam. Doch was Millie und er sahen war, daß scheinbar seine rechte Hand vom Gelenk abbrach und mit leicht zuckenden Fingern in Millies Hand landete. Millie blickte total verstört auf Julius scheinbar verstümmelten Arm. Julius fühlte seine Hand jedoch noch. Er konnte sie nur nicht sehen, während Millie etwas in der Hand hatte, das sich warm und weich, aber auch knochig genug wie eine echte Hand anfühlte. Dann griff sie nach Julius rechtem Arm und bekam die nicht zu sehenden Finger ihres Mannes zu fassen. Unvermittelt wurde ihre rechte hand glasartig durchscheinend. Sie ließ los. Da kehrte das gewohnte Aussehen ihrer Hand zurück, während Julius unsichtbare Hand als flimmernder Schemen zu erkennen war und dann ohne spürbare Nebenwirkung wieder sichtbar wurde.

"Hast du mich jetzt aber schön auf die Schippe genommen, Julius", knurrte Millie, um ihm im nächsten Moment um den Hals zu fallen. "Schon ein gruseliger Scherz, wenn du denkst, du hättest wem die Hand abgerissen." Millie hielt nun den fleischfarbenen Handschuh wie einen normalen Handschuh, knüllte und drückte ihn zusammen. "Wie teuer sind die Dinger?"

"Einer alleine eine Galleone und drei Sickel. Ein Paar zwei Galleonen und vier Sickel", sagte George belustigt, weil Millie so verdattert dreingeschaut hatte.

"Spottbillig dafür, daß man damit jemandem einen Herzschlag verpassen kann", bemerkte Millie sarkastisch. Julius fragte, ob die Unsichtbarkeit immer so schnell verflöge. George wiegte den Kopf und antwortete:

"Eigentlich hält die zehn Minuten vor oder bis jemand fremdes deine unsichtbare Hand zu fassen kriegt und mehr als zwei Sekunden festhalten kann."

"Als Halloween-Gag ist das echt cool", sagte Julius. "Nur kann ich in Beauxbatons nichts damit anfangen, weil wir uns in Frankreich flüchtig umarmen und nicht Hände schütteln", sagte Julius.

"Aber ein tragbarer Sumpf ginge bei euch in Beauxbatons bestimmt gut ab", sagte George.

"Bißchen zu auffällig, wenn die Sümpfe in so großen Gummisäcken verpackt sind", sagte Julius. Millie meinte dann noch:

"Da kommt so ein Flaschenschneesturm schon besser durch die Kontrolle."

"Stimmt, bei euch sind die Forcas' ja die Macher vom Dienst. Aber die Lizenzverhandlungen sind so gut wie durch, und dann können wir deren Zeug hier verkaufen, während die unsere Sachen bei euch raushauen dürfen." Mr. Porter kam zu den beiden jungen Eheleuten und hielt ein Bündel Luftschlangen in der Hand.

"Die nehme ich für unsere Halloweenparty mit, Mr. Weasley", sagte Plinius Porter. Dann sah er den nun wieder ganz gewöhnlichen Handschuh in Millies Hand. Julius demonstrierte mit Georges Einverständnis noch einmal die Wirkung. Mr. Porter ließ sich auch die Preise sagen und kaufte umgehend drei einzelne für die rechte Hand. Millie und Julius sahen sich an. Millie wisperte:

"Von diesen Krankmacherbonbons hätte ich ja gerne welche mitgenommen, um sie Bernadette unterzujubeln. Aber dann bekäme ich wohl Krach mit Madame Rossignol."

"Tja, und wenn die echt meinen, mir die goldene Brosche unterzujubeln darf ich nicht einmal ein Furzkissen nach Beauxbatons reinbringen", seufzte Julius. Es gab hier schon einige interessante Sachen wie die gefrierenden Umhänge oder auch die falschen Zauberstäbe, die alles mögliche werden konnten. Mr. Porter fand noch einiges, was er mit jungenhaftem Grinsen einkaufte, darunter einen Rasierer, der einem den Bart verlängerte anstatt ihn zu kürzen und zwei kopflose Hüte. Julius kaufte für Millie noch ein Langziehohr. Dann verabschiedeten sie sich von George und seinem Bruder Ron. Julius bat sie noch darum, ihre Schwägerin Fleur von dem Jungen zu grüßen, der beim Trimagischen die Reisekutsche saubergeschrubbt hatte. Ron sagte dann noch:

"Wir sind morgen auch bei der Verhandlung gegen die Umbridge, Hermine, Harry und ich. "

"Ich bin dann morgen früh um acht da", sagte Julius. Ron bestätigte das. Dann verließen die Besucher den Laden für Weasleys zauberhafte Zauberscherze und schlenderten durch die Winkelgasse.

"Eigentlich hätte ich mir auch so Handschuhe kaufen sollen", sagte Julius. "Aber der Gag geht eben nur beim Händeschütteln."

"Das kannst du auch nur einmal bringen, dann ist der Witz erledigt", sagte Gloria Porter, die in der Zeit bei Madam Malkin im Laden gewesen war, um ihre Größe nachmessen zu lassen, falls sie neue Hogwarts-Umhänge kaufen wollte. In der magischen Menagerie besichtigten Gloria, Millie und Julius die seltsamen Zaubertiere wie das Kaninchen, das sich selbst in einen Zylinder verwandeln konnte oder die mit Hochglanzfell protzenden Turnratten. Bei Qualität für Quidditch bestaunten sie den neuesten Feuerblitz, der eigentlich bei der diesjährigen Quidditch-Weltmeisterschaft zum Einsatz kommen sollte und eine doppelt so hohe Startbeschleunigung und die anderthalbfache Etappenreichweite besaß wie sein Vorgänger. Eine Preisangabe fehlte jedoch. "Wird wohl auch über fünfhundert Galleonen kosten", schnarrte Gloria, die für Rennbesen nur mäßig zu begeistern war.

"Warten wir noch ein Jahr, Julius. Dann ist der Ganni zwölf auf dem markt. Das wäre doch was für nach Beauxbatons", sagte Millie.

"Ah, die junge Dame ist aus Frankreich?" Fragte ein Verkaufszauberer, der einen veilchenblauen Quidditchumhang trug. "Nun, Ihre Ganymeds in Ehren. Aber gegen den Feuerblitz Sternenhüpfer ist selbst der Ganymed träge und kurzatmig."

"Haben Sie schon mal einen geritten, Sir?" Fragte Millie keck.

"Nun, ich halte mich natürlich durch die einschlägige Besenneuheitenlektüre auf dem laufenden, junge Miss. Der Feuerblitz konnte im Vergleich zu seinem Vorgänger erheblich an Leistung zulegen. Drei Jahre intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit stecken in diesem Wunderwerk der Flugbesenkunst. Und in fünf Sekunden auf 200 Stundenkilometer beschleunigen kann der Ganymed nicht, wenn er nicht im Sprintmodus gestartet wird."

"Für wie viel wäre der neue Feuerblitz denn zu haben?" Wollte Julius wissen. Der Verkaufszauberer musterte ihn, dachte wohl nach, ob der Junge das Geld überhaupt bezahlen konnte und sagte dann was von sechshundert Galleonen. Gloria und Millie grinsten verächtlich. Julius sagte dann nur, daß er zwar das Geld hätte, dafür aber wohl einen Ganymed 12 und ein Drachenhaut-Besenfutteral kriegen würde oder einen Bronco Parsec ordern könnte, wenn die Lizenzvereinbarungen mit den Bronco-Werken doch mal zu brauchbaren Ergebnissen führten. Der Verkäufer starrte ihn perplex an und meinte dann, daß die Amerikaner ihren Überbesen sicher nicht vor 2020 auf dem Weltmarkt anböten, wo dieser dann eh überholt sein würde. Danach wandte er sich ab, was für Millie und Julius wohl hieß, daß er an weiteren Gesprächen kein Interesse habe.

"Die spinnen doch, so viel Geld für einen Besen zu verlangen", knurrte Gloria. "Ich habe mich schon mal mit Constance drüber gehabt, ob die Entwicklungskosten das wirklich rechtfertigen.

"Du mußt die Witwenrente wohl einbeziehen, Gloria. Wissen wir, wie viele Leute damit verunglückt sind, um diesen Besen hinzukriegen?"

"Deshalb sollten die wie bei den Ganymeds mehr auf Sicherheit gehen als auf Tempo", wandte Gloria ein. "Ich meine, der von Harry Potter geflogene Feuerblitz war schon was schnelles. Doch beim Quidditch gibt's doch irgendwo Geschwindigkeitsgrenzen. Deshalb würde sich auch keiner diese überzüchteten Parsec-Besen zulegen, wenn er oder sie damit Quidditch spielen will. Wäre genauso, als wenn du einen Wanderfalken anhältst, immer über einer Schnecke zu kreisen."

"Wie gesagt, Julius, in einem Jahr ist der Zwölfer draußen. Céline sagt dir das bestimmt früh genug, mit unseren Zehnern sind wir auch gut dabei."

"Im Moment möchte ich auch keinen neuen Besen", sagte Julius. Dann standen sie vor Ollivanders Zauberstabladen. Julius deutete darauf und erklärte Millie, daß er hier seinen Zauberstab gekauft hatte.

"Immerhin hat Mr. Ollivander überlebt", sagte Gloria mit einer leicht gedrückten Betonung. "Als er entführt wurde dachten wir alle, Voldemort habe ihn wegen irgendwas umgebracht."

Julius horchte, ob irgendwas passierte. Doch weder vibrierte sein Pflegehelferarmband, noch gab es eine andere Äußerung, daß der bis Mai gefürchtete Name eine Reaktion auslöste. Millie sah Gloria zwar einen Moment lang verunsichert an, fing sich dann aber mit einem vernehmlichen Atemzug.

"Ihr seht, dieser Tyrann ist erledigt und alles, was er zur Unterdrückung der zaubererwelt aufgeboten hat", knurrte Gloria.

"Nur daß noch irgendwo ein paar Dementoren herumschwirren", sagte Julius. "Oder hat das Zaubereiministerium die alle eingefangen?"

"Die suchen noch. Aber die Winkelgasse ist gesondert abgeriegelt, gerade um Dementoren zu erwischen", sagte Gloria kampfeslustig. Aber in den Städten könnten noch welche rumlungern, hat Onkel Victor uns geschrieben, nachdem sie aus ihrem Versteck kommen konnten, ohne um ihr Leben fürchten zu müssen."

"Wo waren die denn?" Fragte Julius erschrocken, weil er nicht mehr an Glorias Onkel Victor und dessen Frau Greta gedacht hatte. """

"Das erzähle ich euch, wenn wir wieder bei uns sind", sagte Gloria leise.

Der Bummel durch die Winkelgasse dauerte ab da noch knapp eine Viertelstunde. Dann trafen sie sich alle im tropfenden Kessel wieder. Pina hatte für sich und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Olivia alles zusammengekauft, was für das kommende Schuljahr gebraucht wurde. Sie nahmen für den Rückweg aber nicht das Flohpulver. Mr. Porter winkte mit seinem an der Spitze zum leuchten gebrachten Zauberstab und verursachte damit, daß mit lautem Knall ein purpurfarbener Dreideckerbus aus dem Nichts erschien und vor dem Eingang zum tropfenden Kessel bremste. Die vordere Tür ging auf und ein junger, blasser Zauberer mit pickeligem Gesicht beugte sich heraus. "Willkommen beim fahrenden Ritter, dem Nottransporter für gestrandete Hexen und Zauberer", sagte der Jüngling verhalten klingend, als sei es ihm peinlich oder unangenehm, diese Ansage zu machen. Vielleicht, so dachte Julius, war es aber einfach eine Form von Trübsal oder Schwermut, die diesen jungen Zauberer in Purpurner Uniform bedrückte. Mr. Porter grüßte höflich und zahlte die Reise in die Nähe seines Hauses für seine Familie, die Watermelons, Millie und Julius. Dann suchten sie sich freie Sessel etwas weiter fort von der Eingangstür.

"Wenn das eine ähnliche Rappelkiste ist wie der blaue Vogel ist es gut, daß wir noch nichts gescheites gegessen haben", unkte Julius, der sich noch gut an seinen ersten Ausflug in die nordamerikanische Zaubererwelt erinnern konnte. Da ging es auch schon los. Mit einem Satz sprang der Bus auf eine Landstraße. Dort ratterte er mehrere Kilometer weit, bevor er wieder mit einem heftigen Sprung die Region wechselte und nun im schottischen Hochland dahinknatterte. Der Schaffner rief den Haltepunkt aus, der an einem kleinen See lag und ließ drei Zauberer in traditionellen Schottenröcken aussteigen. Dann ging es weiter bis nach Wales, wo zwei graubärtige Zauberer zustiegen. Danach ging es an eine Küste, wo genau konnte Julius nicht ausmachen. Er ärgerte sich, sein Naviskop nicht mitgenommen zu haben.

"Für werdende Mütter ist dieses Ding aber auch ...", setzte Millie an, als der Bus erneut sprang und mitten in einer großen Stadt weiterfuhr, wobei ihm Laternenpfähle, Briefkästen und Müllcontainer wie erschrocken aus dem Weg sprangen, um gleich hinter dem Bus an ihren alten Standort zurückzusetzen. Julius konnte ein Gebäude erkennen, die Dreieinigkeitshochschule von Dublin.

"Guck mal an, bis Irland kommt der locker hin", bemerkte Julius. Dann hielt der Bus auch schon an und ließ zwanzig Hexen und Zauberer aussteigen. Danach ging es noch zwanzig Minuten weiter, bis der Schaffner die Straße ausrief, in der das Haus der Porters lag. Der Bus hielt kurz vor der Stelle, wo eigentlich das Haus von Glorias Eltern zu stehen hatte. Doch im Moment war da nichts. Erst als Mr. Porter seine Gäste zwischen zwei Häusern versammelt hatte und der fahrende Ritter mit lautem Knall ins Nichts davongesprungen war, sagte er, daß hier sein Wohnhaus läge, in dem er mit seiner Familie wohne. Daraufhin wuchs zwischen den beiden Häusern ein weiteres Haus in die Breite. Julius hatte es noch nie gesehen, wie ein Ort, der durch Fidelius-Zauber verborgen war, der Person erscheint, die davon aus dem Mund oder von Hand des Geheimniswahrers erfährt. Jetzt konnten sie auch die Tür sehen, die Mr. Porter mit seinem Zauberstab anstupste und öffnete.

"Drinnen roch es nach Suppe, Fleisch und Kuchen, und eine Frauenstimme befahl ihnen, die Schuhe abzutreten. Julius hatte die gemalte Haushälterin Immaculata lange nicht mehr gehört, erkannte sie aber sofort wieder. So zischte er seiner Frau zu, wer da gerufen hatte.

Beim Abendessen erzählten sich die Porters, Watermelons und Latierres nun, was sie in den letzten Monaten erlebt hatten und wovon keiner außerhalb was wissen mußte. Pina konnte den Namen des geheimen Wohnortes nicht verraten. Aber Julius wußte ja, von was sie sprach, wenn sie von den Unternehmungen drinnen und draußen sprach. Sie berichtete, das ihre Cousins Mike und Melanie durch ein Ritual derjenigen, die sie auch nicht beim Namen nennen konnte, eigene Zauberkräfte bekamen. Gloria wollte das jedoch nicht so recht glauben. Millie und Julius hielten sich erst einmal schön zurück. Als Pina dann noch erzählte, daß Prudence Whitesand von Mike ein Baby erwartete, fragte Gloria schnippisch, ob Prudence nicht ganz bei Sinnen gewesen war oder sich so sehr gelangweilt hatte. Pina meinte dazu nur:

"Die beiden haben sich ganz langsam miteinander befreundet. Ich weiß zwar nicht, wieso Prudence sich auf sowas eingelassen hat. Aber sie freut sich auf das Kind, und Mike wird wohl zusehen müssen, in unserer Welt weiterzuleben. Olivias heimlicher Schwarm Adrian Moonriver wollte das auch nicht so ganz wahrhaben - nicht, daß Mel und Mike jetzt auch zaubern lernen können, sondern daß Prudence sich auf ein Kind von einem Fünfzehnjährigen eingelassen hat. Warten wir ab, wie das weitergeht!"

Julius erzählte nun die haarsträubende Begebenheit mit den Schlangenmenschen und wie er zwischen Februar und Mai in Madame Maximes unmittelbarer Nähe zubringen mußte, weil ihr Blut in ihm wirkte. Daß und wie er die Schlacht von Hogwarts mitbekommen hatte verschwieg er jedoch. Er erwähnte nur, daß sie am zweiten mai von Voldemorts Tod erfahren und einen Tag Schulfrei bekommen hatten. Dann ließ er die Katze noch aus dem Sack, daß seine Mutter selbst weit nach der Geburt zur Hexe geworden war, weil sie sich einem Ritual unterzogen hat, daß nur Hexen, die mindestens vier Kinder geboren hatten, durchführen konnten. Gloria blickte Julius nun sehr verstimmt an. Sie dachte wohl, Pina und er nähmen sie jetzt auf den Arm. Doch davon unbekümmert erwähnte er, wie Didiers Angstregime aufgelöst worden war.

"Dann haben Mrs. Brickston und Professeur Faucons Schwester deine Mutter mit einem Translokalisationszauber belegt, um sie aus dem Ministerium zu holen?" Fragte Gloria immer noch leicht verstimmt. Julius bejahte es. Pina erwähnte dann noch, daß sie mit ihrer Mutter und Schwester bei der Patentante ihrer Mutter untergekommen waren, deren Haus gegen Todesserangriffe geschützt gewesen war.

"Es war also schon ein sehr aufreibendes Jahr", erwähnte Mr. Porter. Dann berichtete er, was sie in den Staaten erlebt hatten. Gloria erwähnte die Entomanthropenkönigin, die apparieren konnte und einmal das Zaubererdorf Cloudy Canyon überfallen hatte. Zum Schluß beschrieb sie noch die ZAG-Prüfungen in Thorntails.

"Kevin hat zwar gute Kontakte zu seinen Schlafsaalkameraden bekommen. Aber mit Purplecloud und Bullhorn bekam er immer krach. Dafür hätten die ihn fast schon rausgeworfen. Der hat es nie recht gewürdigt, daß du uns vier da rausgeholt hast, Julius. Erwarte besser nicht, daß er sich bei dir bedankt!"

"Steht der auch auf der Zeugenliste gegen Umbridge?" Wollte Julius wissen.

"Wir alle vier. Könnte ziemlich kitzlig werden, wenn die wissen wollen, wie wir aus Hogwarts raus sind", wandte Gloria ein. Julius nickte und erwähnte dann, was sie sagen sollten. Gloria überlegte. Dann antwortete sie:

"Eigentlich müßten wir dieser Giftkröte richtig einheizen, daß einer alleine uns da rausgeholt hat. Aber zum einen sind unsere Eltern ja nicht von dir da rausgeholt worden, sondern von Leuten, die selbst wohl nicht erwähnt werden wollen. Zweitens muß auch kein Minister Shacklebolt wissen, wie du nach Hogwarts rein und mit uns wieder rausgekommen bist." Julius nickte.

"Werden Zeugen vor der Verhandlung in einem Raum zusammengelassen?" Fragte Julius.

"Auf dem Flur vor dem Saal, unter Aufsicht eines Wachzauberers. Der Korridor und der Saal sind mentiloquismussicher", sagte Mr. Porter. Julius wandte dann ein, daß Kevin nichts verraten könne, weil die Flucht aus Hogwarts durch einen besonderen Geheimhaltungszauber seiner neuen Familie unerwähnbar blieb, solange er das keinem freiwillig auf die Nase band, ähnlich wie bei Fidelius. Gloria atmete auf. Kevin von hier aus anzumentiloquieren wäre wohl sehr anstrengend geworden.

Den restlichen Abend verbrachten die Porters und Latierres alleine. Pina und ihre Mutter kehrten zu Olivia in das Haus von Mrs. Watermelons Patentante Lady Genevra zurück.

"Ihr wollt mir alle erzählen, Muggel könnten durch ein Ritual von einer mehrfachen Hexenmutter Magie kriegen", nahm Gloria den Faden der vorherigen Unterhaltung noch einmal auf. "Das wäre genau das, was diese Giftkröte immer gesucht hat, eine Möglichkeit, daß Muggel Zauberkräfte an sich bringen können. Das erzählst du morgen besser nicht, Julius, falls die Umbridge das echt nicht mitbekommen hat."

"Hat die nicht, Gloria. Sonst hätte die keinen Heuler an Madame Maxime geschickt, um meine Auslieferung zu erzwingen. Die wußte nicht, daß Didier schon abgesetzt war. Das wäre für die doch ein eindeutiges Zeichen gewesen, daß sie mich auf keinen Fall mehr aus Frankreich herausholen kann, solange die Todesser noch am Ruder waren. Vielleicht erleben wir die morgen mit Hörrohr, weil Madame Maximes Antwort ihr die Trommelfelle weggehauen hat."

"Gönnen würde ich es ihr", knurrte Gloria. "Du hast es nicht erlebt, wie sie in Hogwarts gehaust hat, und wir wissen beide nicht, wie schlimm sie es in dieser Muggelstämmigenkommission getrieben hat. Da wird es mit einem Tag wohl nicht erledigt sein."

"Solange wir bis zum zwanzigsten mit allem hier durch sind und wieder zurückreisen können soll mir das recht sein", erwiderte Julius. Gloria nickte. Der zwanzigste Juli, Julius' Geburtstag, sollte nicht unbedingt mit einem Gerichtsprozeß zugebracht werden.

 

__________

 

Millie hatte sich offenbar mit Gloria vertragen. Zumindest waren beide am nächsten Morgen freundlich und Munter. Entweder waren die beiden jungen Hexen sofort ins Bett gegangen oder hatten sich noch gut unterhalten, bevor sie müde genug zum schlafen waren. Eine gewisse Anspannung kam erst auf, als Mr. Porter mitteilte, daß sie um acht Uhr im Zaubereiministerium sein sollten, wo ein Mitarbeiter des Zaubergamots die Liste der aufrufbaren Zeugen abhandeln wollte. Julius las das entsprechende Schreiben, das im besten Amtsenglisch verfaßt war. Demnach sollte er alleine oder in Begleitung eines magischen Fürsorgers aus England vor dem Gerichtssaal Nummer zehn warten, wo ein Gerichtshelfer des Zaubergamots die Zeugen der Anklage betreuen würde, während die Entlastungszeugen wohl an einer anderen Stelle warten konnten, um keine Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Gruppen auszulösen.

"Wie kommen wir da hin?" Fragte Julius Mr. Porter.

"Ich habe uns einen Portschlüssel registrieren lassen, um vor dem Besuchereingang anzukommen. Da ich kein Ministeriumsbeamter bin, dürfen Gloria, du und ich ja nicht unregistriert durch das Flohnetz. Der Portschlüssel ist diese Nacht per Eule geschickt worden." Er holte von einem Seitenschrank im Flur eine blaue Gummischnur, an der mal ein Etikett gehangen hatte. "Wenn wir einmal als Besucher registriert wurden, können wir durch den Kamin nach Hause zurück", ergänzte Plinius Porter seine Ausführungen noch. Julius nickte.

"Lass dich von der alten Sabberhexe nicht runterziehen, bange machen oder zu irgendwas bringen, was der mehr hilft als dir!" Gab ihm Millie noch mit auf den Weg. Das gleiche riet sie Gloria, die in einer straffen Haltung vor ihr stand und einen gefühllosen Gesichtsausdruck darbot. Beide jungen Hexen tauschten noch kurze Blicke und eine flüchtige Umarmung zum Abschied. Millie umarmte Julius so innig es die Lage gerade erlaubte. Dann sah sie zu, wie Mr. Porter, seine Tochter Gloria und Julius ein Stück des knapp einen Meter langen Gummiseils ergriffen und festhielten. Mr. Porter blickte auf die im Flur hängende Wanduhr und zählte die Schritte des Sekundenzeigers, die ihn vom Minutenzeiger kurz vor der Sechs trennten. Der Stundenzeiger lag gerade vor der Acht. Die silberne Wanduhr wirkte fast wie ein seiner Krater und Berge beraubter Mond, fand Julius. Dann passierte der Sekundenzeiger die Elf und tickte vier weitere kleine Schritte bis zur Zwölf, wo er einen winzigen Moment verharrte, bis er mit einem Ruck die oberste Zahl auf dem Zifferblatt erreichte. In diesem Moment glühte das Gummiband in einem hellen Blau auf und bildete eine Lichtspirale um die Porters und Julius. In der Nächsten Sekunde waren das Seil und die daran hängenden spurlos verschwunden.

Julius hatte dieses Gefühl schon einmal erlebt, diesen rasanten Flug durch ein wirbelndes Farbenmeer, vorangezogen von einer Kraft, die sich direkt an seinem Bauchnabel eingehakt zu haben schien. Seine Finger umklammerten das Gummiseil wie daran festgeschweißt. Das war so wie mit Zachary Marchands altem Sofa. Julius zählte schon gar nicht die Sekunden. Er wartete auf den unvermeidlichen Aufprall auf festem Boden. Als dieser dann auch kam, rollte er sich kurz ab, um nicht aus versehen auf Mr. Porter oder dessen Tochter zu fallen. Als alle drei wieder auf die Füße kamen und sich den Staub von den geschäftsmäßig wirkenden Umhängen klopften meinte Gloria:

"Deine Reisemethode von Hogwarts war sanfter, Julius."

"Nur kann die uns hier nicht helfen", mentiloquierte Julius zurück. Dann sah er sich um.

Sie standen in einer verlassen und heruntergekommen wirkenden Seitenstraße, wohl im Stadtzentrum von London, dem in wenigen Dutzend Metern laut brummenden und rauschenden Berufsverkehr nach. Da sie quasi hier aus dem Nichts abgelegt worden waren, konnte Julius so nicht sagen, in welcher Straße genau sie herausgekommen waren. Sicher war er noch nie hier gewesen. Mehrstöckige Wohnbauten, ein leicht ramponiert wirkender Pub mit von unzähligen Zigaretten vergilbten Gardinen, ein rostiger Müllcontainer, an dem Rußspuren darauf hindeuteten, daß zerstörungssüchtige Banden oder frustrierte Stadtstreicher vor einigen Tagen erst Feuer darin angezündet hatten und zur Abrundung dieses sichtbaren Verfalls noch eine Telefonzelle mit abblätternder roter Farbe, keine Glasscheiben mehr an den Seiten und einem fast aus allen Halterungen gezerrtem Telefonapparat mit antiquiert wirkender Wählscheibe. Hier war wohl schon vor Julius' Geburt keiner mehr von der londoner Post durchgegangen, und deren Nachfolger auf dem Telefonmarkt hatten keinen Sinn darin gesehen, diese klobige alte Telefonbude auszutauschen. Das war also auch London, dachte Julius, eine Stadt, in der auch mal jemand was kaputtes kaputt bleiben ließ, wo anderswo protzige Neubauten in den Himmel wuchsen und für die große Sause zum Jahrtausendwechsel in anderthalb Jahren ein Superriesenrad aufgebaut werden sollte.

"Wir sind goldrichtig", sagte Mr. Porter und deutete auf die ramponierte Telefonzelle. "Das ist der Besuchereingang ins Zaubereiministerium."

"Häh?" Machten Gloria und Julius gleichzeitig.

"Das wurde schon vor Mums und meiner Geburt eingerichtet, Gloria. Ich war hier einmal mit deiner seligen Oma Jane, als die uns wegen einer Sache verhören wollten, die ich in meinem letzten Jahr in Hogwarts erlebt hatte und wo ich nicht mehr gerne drüber sprechen möchte", sagte Glorias Vater. Julius deutete nun auch auf das kaputte Telefonhäuschen und fragte verhalten grinsend:

"War die damals schon so hingepflanzt worden oder hat da doch wer von den Muggeln seine Wut oder was immer dran ausgelassen?"

"Dieses Gerät da wurde schon so aufgebaut, damit Muggel, die sonst mit sowas telefonieren könnten, nie auf die Idee kämen, damit telefonieren zu können. Aber mehr möchte ich hier in der Muggelwelt nicht erklären", zischte Mr. Porter leicht ungehalten, wohl wegen des Themas und wegen der drängenden Zeit. Er machte eine weisende Handbewegung zur Telefonzelle. Gloria verstand. Julius folgte ihr und ihrem Vater und drängte sich in die entglaste Kabine. "Muß mich nur noch erinnern, wie dieses löcherige Drehding richtig benutzt wird", grummelte Mr. Porter. Die Zugangsnummer habe ich mir zwar gemerkt, aber nicht, wie sie gedreht werden kann."

"Dad, dieses Drehding, Wählscheibe heißt das, ist so eingeteilt, daß das oberste Loch die Eins und das unterste die Null ist. Dazwischen wird gegen den Uhrzeigersinn gezählt", erklärte Gloria, was sie wohl im Muggelkundeunterricht gelernt hatte. Julius grinste hinter vorgehaltener Hand. Gloria merkte das jedoch und fügte schroff auf ihn deutend hinzu: "Aber das gilt für Telefone die älter als Julius oder ich sind. Du hast ja schon Tiptastentelefone ausprobiert." Glorias Vater verzog zwar ein wenig das Gesicht, weil seine Tochter ihn schulmeisterte. Doch immerhin wußte er jetzt wieder, wie die Wählscheibe benutzt wurde. Julius fragte sich, wen man wie mit diesem kaputten Apparat anrufen konnte. Plinius Porter nahm den klobigen Hörer von der ausladenden Gabel des klotzartigen Eisengehäuses und zählte die Wähllöcher ab. Dann drehte er die Sechs, die Zwei, danach zweimal die Vier und am Ende die Drei. Julius fragte sich, was für eine besondere Zahl das in der Magie sein mochte, als wie aus dem Nichts eine kühl klingende Frauenstimme erklang.

"Willkommen beim Zaubereiministerium. Bitte nennen Sie uns Ihren Namen und den Grund für Ihren Besuch!"

"Ähnlich wie in Paris auch", kommentierte Julius, während Plinius Porter den Telefonhörer korrekt an Mund und Ohr drückte und hineinsprach:

"mein Name ist Plinius Porter. Ich begleite meine Tochter Gloria Porter und Mr. Julius Latierre zum Gerichtssaal Nummer zehn. Ms. Gloria Porter und Mr. Julius Latierre wurden als Verhandlungszeugen vorgeladen."

Bestätigt. Bitte entnehmen sie Ihre Besucherplaketten und tragen Sie diese sichtbar auf dem Brustteil Ihrer Kleidung! Besucher sind aufgefordert, beim Eintritt ins Zaubereiministerium ihre Zauberstäbe Registrieren zu lassen." Julius nickte. Er erwähnte, daß er das auch von Paris her kannte. Klackernd fielen drei Metallplaketten aus dem Auswurfschacht für das Restgeld. Mr. Porter verteilte die Anstecker. Julius las auf der silbernen Kennmarke: "Julius Latierre, Verhandlungszeuge"

"Guck mal, die haben meinen Nachnamen richtig gedruckt", sagte er Gloria zugewandt.

"Die Latierres sind ja wohl nicht unbekannt", grummelte Gloria. Julius vermutete eher eine Voranmeldung bei der entsprechenden Torwache. Da setzte sich die Telefonkabine in Bewegung und fuhr nach unten. Mehrere Dutzend Sekunden waren sie nur von nach oben kriechenden festen Wänden umgeben. Dann glomm unter ihnen ein Licht auf, das größer und Heller wurde, bis sie in einer sehr weitläufigen Halle herauskamen.

Die Halle war ein Zwischending zwischen Bahnhofs- und hochherrschaftlicher Empfangshalle, fand Julius. Der Boden war mit dunklem Holz ausgelegt. Über ihnen spannte sich eine dunkelblaue Decke, an der sich goldene Symbole bewegten, aus denen Julius die Runen für Herrschaft, Zusammenkunft, Ordnung und Wissen herauslesen konnte, wenn die sich bewegenden Symbole mal lange genug an einer Stelle blieben. Dabei waren noch viele Symbole, die er nicht oder noch nicht kannte. "Bitte verlassen Sie den Besucherfahrstuhl!" Klang noch einmal die magische Frauenstimme aus der Kabine. Julius glitt einfach durch die scheibenlose Seitenwand der Kabine. Kaum waren alle drei ausgestiegen, ruckelte die Telefonbude an und schnurrte unvermittelt schnell nach oben und verschmolz mit der Decke. Mr. Porter bemerkte dazu, daß die Malones und Hollingsworths dann wohl gleich kommen würden. Julius nickte und ließ seinen Blick weiter durch die riesenhafte, unterirdische Halle schweifen. Er registrierte die zwei Reihen von Kaminen. Aus den einen fuhren fauchend Hexen und Zauberer heraus. In die anderen verschwanden sie in smaragdgrünen Flammenwirbeln. Hier und da ploppte und krachte es, wenn jemand in der Halle apparierte, vielleicht der einzige Ort in dieser Anlage, wo das problemlos ging. In der Mitte stand ein großer Springbrunnen, der im Wesentlichen aus fünf überlebensgroßen, golden glänzenden Standbildern bestand. Julius erkannte einen Zauberer, eine Hexe, einen Kobold mit spitzem Hut, einen Zentauren mit gespanntem und geladenem Bogen und einen Hauselfen. Aus den Spitzen der Zauberstäbe, der Spitze des Koboldhutes, der Pfeilspitze des Zentauren und den Ohren des Hauselfen sprudelten kristallklare Fontänen, deren Wasser knapp bis zur Decke gehoben wurde, um dann als feiner Sprühregen in der ausladenden Vertiefung des Auffangbeckens zu landen. Julius bemerkte ein Glitzern auf dem Grund des Brunnens und trat näher. Er las, daß alles Geld, was in diesen "Brunnen der magischen Geschwister" hineingeworfen wurde, als Spende für das St.-Mungo-Hospital für magische Krankheiten und Verletzungen verwendet wurde.

"Also haben sie den alten Brunnen wieder hingesetzt", sagte Mr. Porter. "Diese Todessermonstrosität mit den riesenhaften Zaubererstatuen und den ihnen sklavisch ergeben zu Füßen liegenden Muggeln hat Minister Shacklebolt wohl als erste Amtshandlung ins Meer geworfen."

"Stimmt, hat mir Aurora erzählt, daß ihre Tante sich über diesen faschistoiden Dreck beschwert hat", grummelte Julius. Zwar mußte er davon ausgehen, daß die Porters mit dem Wort "faschistoid" nichts anfangen konnten. Doch sie nickten, weil sie wohl zurecht davon ausgingen, daß das ein passender Muggelweltbegriff für die kranken Vorstellungen der Todesser und ihres größenwahnsinnigen Hernn und Meisters sein mußte. Julius erkannte in dem Augenblick, wo er das von Aurora Dawn sagte, wie viel Glück sie alle hatten, und wie viel Glück er überhaupt hatte, hier und jetzt diese Halle betreten zu dürfen, ohne gleich in einen Todesfluch reinzugeraten oder für unbestimmte Zeit in von Dementoren umschwirrte Zellen von Askaban verfrachtet zu werden. Jetzt erfaßte er, welcher Riesenstein den Leuten in Deutschland damals vom Herzen geplumpst sein mußte, als durch einen kleinen aber folgenreichen Versprecher eines DDR-Pressemenschen alle meinten, die Berliner Mauer sei nun offen und vom Osten und Westen her zueinander hinstürmten, bis die Mauer tatsächlich zu Fall gebracht wurde. Seine Eltern hatten es ihm erklärt, als er, damals gerade sieben Jahre alt, wissen wollte, warum die Leute im Fernsehen so lustig waren und doch auch weinten. Jetzt kapierte er es, weil er in seiner alten Heimat war, die ihn vor drei Monaten noch als Schwerverbrecher gejagt hatte. Und die, die die Wortführerin dieser grausamen Jagd gewesen war, würde gleich vor Gericht stehen.

"Wir müssen noch zur Zauberstabregistrierung, Kinder", sagte Mr. Porter im Strenger-Vater-Tonfall.

Ein gelangweilt wirkender Zauberer in einer nicht so mit Publikum überfrachteten Nische der weitläufigen Halle saß hinter einem Ding, das Julius auch schon zweimal in Aktion erlebt hatte. Mr. Porter trat vor. Die Plakette am Umhang reichte dem Beamten als Vorstellung. Er nahm Mr. Porters Zauberstab entgegen und legte ihn auf die Vorrichtung, die wie eine Waage mit einer Schale aussah. Schnurrend spuckte der Sockel des Meßgerätes einen Pergamentstreifen aus. Der zauberer las den Wert laut ab: "Fünfzehn Zoll mit Drachenherzkern, siebenundzwanzig Jahre im Gebrauch. Stimmt das?" Mr. Porter bestätigte das und erhielt seinen Zauberstab zurück. Dann wurde Glorias Stab gewogen. Sie bekam ihre Werte "Acht Zoll mit Einhornschweifkern, fünf Jahre im Gebrauch" vorgelesen und bestätigte diese Angabe. Dann legte Julius seinen schon gut erprobten Zauberstab auf die Waage. Er fragte sich, ob der Prüfer was besonderes daran bemerken würde. Doch der las nur die ausgeworfenen Werte ab: "Dreizehn Zoll mit Phönixschwanzkern. Fünf Jahre im Gebrauch. Korrekt?" Julius nickte und bejahte. Dann jedoch blickte der Zauberer genauer auf den geprüften Stab und dessen Träger. "Hamse sich 'n neuen beschaffen müssen?" Fragte er leicht mißtrauisch. Julius erkannte, daß er zu alt für einen so wenig Gebrauchsjahre anzeigenden Zauberstab aussah. Doch er hatte die passende Antwort: "Haben die mich in den Staaten, wo ich den auch schon mal habe wiegen lassen auch schon mal gefragt. Nein, den habe ich seit der Einschulung in Hogwarts und auch nach der Umschulung in Beauxbatons behalten dürfen." Er dachte dabei daran, daß er sich in Beauxbatons einen neuen Flugbesen hatte zulegen müssen, weil dort nur auf französischen Rennbesen Quidditch gespielt wurde.

"Hoh, dann haben Sie ja einen mächtigen Satz im Wachsen hingelegt, junger Mann", sagte der Prüfzauberer und zog eine kleine Liste hervor. Mr. Porter und Gloria erkannten, daß wirklich Hexen und Zauberer vorangemeldet wurden. Denn der Prüfer las die Namen von den Ansteckern und der Liste, verhielt wohl über einem gesonderten Eintrag und nickte dann. Er sagte: "Okay, habe das geprüft. Alles in Ordnung, Mr. Lätteir." Julius räusperte sich behutsam und berichtigte die Aussprache seines Namens. Hoffentlich konnten die anderen hohen Leute hier den richtig aussprechen, bevor er vor lauter Lachen nicht mehr wußte, was er denen vom Zaubergamot erzählen sollte, konnte oder durfte. Zumindest bekam er seinen Stab zurück und durfte mit den anderen zu einer Reihe goldener Gittertüren gehen, auf die der Zauberstabwieger zeigte. Auch sowas kannte Julius aus dem französischen Zaubereiministerium.

Vor den Fahrstühlen warteten zwei Hexen mit feuerroten Haaren in wallenden, dunkelblauen Wollkleidern. Die eine erkannte Julius sofort wieder. Es war Ceridwen Barley, eine berühmte Zaubertrankbraumeisterin und auch sonst in vielen Zweigen der Magie ausgezeichnet. Die Hexe neben ihr mußte den Haaren und den grünblauen Augen nach eine Tochter von ihr sein. Sie war kleiner als Gloria, obwohl sie bestimmt schon mehr als zwanzig oder dreißig Jahre auf der Welt war. Auf ihrer rechten Seite stand ein junger Zauberer in einem marineblauen Umhang mit einer Matrosenkappe auf dem Schopf.

"Oh, auch schon heute vorgeladen?" eröffnete die ältere der beiden Hexen eine Unterhaltung und deutete auf die Porters und Julius. Dieser begrüßte nach Mr. Porter, dem er hier gerne die Alpha-Männchen-Stellung gönnte, die beiden Hexen, Ceridwen Barley und ihre jüngste Tochter Galatea Abrahams, die natürlich auch wußte, wer Julius Latierre war. Sie stellte ihm ihren Ehemann Timothy Abrahams vor. Julius hörte bei Namensnennung eine innere Klingel läuten. Das war doch der, der mit seiner Mutter zusammen die Muggelstämmigen-Fluchthilfe durchgezogen hatte. So sagte er aus tiefstem Herzen: "Freut mich, Sir!" Mr. Abrahams sah ihn sehr genau an und antwortete dann:

"Natürlich habe ich von Ihnen gehört, Mr. - ähm, wie spricht sich Ihr neuer Name jetzt aus?" Julius erwähnte es kurz. "Wir haben ja im Grunde dasselbe Glück oder Pech oder was auch immer. Im Moment also wieder mal richtig doll Glück, was unsere Abstammung angeht. Auch wegen dieser Giftkröte hier?"

"Mußte herkommen", grummelte Julius. "Hätte mir sonst lieber das Endspiel der Weltmeisterschaft angesehen, ob Frankreich den Heimvorteil ausnutzen kann oder die Torfabrik Ronaldo & Co. die fünfte WM nach Hause mitnehmen darf."

"Mein Dad und mein Schwiegervater sind sauer, weil England sich hat rausbolzen lassen. Im Elfmeterschießen rausfliegen. Aber ich werde mir trotzdem das Endspiel ansehen", sagte Tim Abrahams. Seine Frau grummelte nur was von wegen, daß sie und das Kleine dann wohl leichter einschlafen würden. Julius fragte nicht, wo "das Kleine" gerade sei, weil das auch nicht nötig war. Denn Galatea deutete mit einer sachten Streichelbewegung auf ihren Unterkörper. So gratulierte er behutsam. Wie kam das, daß er in letzter Zeit, im Grunde seit Constance Dornier, so viele werdende Mütter traf?

"Und, schmeißen die Yankees Sie nun raus, oder bleibt Ihre Tochter bei Oma Ernie in Thorntails?" Fragte Tim Abrahams Mr. Porter frei heraus. Dieser starrte ihn verdattert an. Dann sagte er:

"Meine Tochter will nach Hogwarts zurück, wenn es wieder aufgemacht wird. Es liegt noch bei meiner Frau und mir, das zu klären, ob sie wieder zurückwechseln kann oder nicht, Sir." Gloria sah Mr. Abrahams jedoch sehr entschlossen an und sagte:

"Ich habe in Thorntails meine Zeit hoffentlich erfolgreich genutzt. Noch einmal Danke für Ihre Mithilfe. Doch falls Hogwarts wie angekündigt wiedereröffnet und das komplette Schuljahr für alle Jahrgangsstufen wiederholt wird, hoffe ich darauf, dort wieder gut mitlernen zu können. Ob die in den Staaten erworbenen ZAGs dann gültig sind werden die Schulleiterinnen von Hogwarts und Thorntails erörtern."

"War nur eine Frage", entgegnete Tim lässig, während seine Frau grinste und seine Schwiegermutter Gloria zunickte. Dann rasselten die Türgitter auseinander, und eine Ladung Hexen und Zauberer ergoß sich aus dem Fahrstuhl. Die Porters, Ceridwen Barley, die Abraham's und Julius stiegen ein. Der Aufzug ruckelte an und fuhr nach unten.

"Neunter Stock: Mysteriumsabteilung", verkündete die wohl allgegenwärtige Frauenstimme, die Julius schon oben im Telefonhäuschen zu hören bekommen hatte.

"Waren Sie schon mal da unten?" Fragte Mrs. Barley die Mitreisenden.

"Bisher nicht", sagte Mr. Porter. Die Tür glitt auf. Julius sah einen langen Gang, der auf eine schlichte, schwarze Tür zuhielt. Dann erkannte er noch die steinernen Treppen. "Wir müssen noch eine Etage tiefer. Aber da hält kein Aufzug", verkündete Ceridwen Barley. Dann fiel ihr offenbar noch was ein. Sie zückte ihren Zauberstab und reckte ihn nach oben. Mit einer schnellen Drehung, als wolle sie in eine Disapparation hinein, sprang sie ab und stand eine Sekunde später in einem pflaumenblauen Umhang da. Unter ihrer linken Brust prangte ein silbernes Z auf dem Kleidungsstück. "Ihr seid wohl in einigen Minuten dran", sagte sie dann noch. "Ich geh jetzt rein zu meinen Kollegen." Das hieß wohl für Tim und seine Frau, hier am Aufzug zu warten, bis es ganz acht Uhr war.

"Hoffentlich kriegen sie Sie nicht wegen Befangenheit dran", murmelte Julius Tim zu, der ebenfalls "Verhandlungszeuge" auf seinem Besucheranstecker stehen hatte.

"Sie ist nur eine Stimme im Gamot, und dieses Verfahren wird durch eine ganz sichere Mehrheit entschieden", entgegnete Tim sehr überzeugt. Julius unterdrückte die freche Antwort "Freispruch" und nickte nur.

Die Hollingsworths und malones kamen auch noch an. Dann ging es, geführt von Mrs. Hollingsworth, die Treppen hinunter in einen karg beleuchteten Gang mit mehreren Türen, die alle beschriftet waren. Am Abstand zwischen den Türen konnte Julius ungefähr ermessen, wie groß die hinter diesen liegenden Räume sein mochten. Als sie dann vor der Tür am Ende des Ganges standen, auf der eine große Zehn prangte, trafen sie auf mehrere Dutzend Hexen und Zauberer in unterschiedlichen Zivilumhängen, die zwar nicht gerade Alltagskleidung, aber auch nicht übermäßig edel oder erhaben rüberkamen. Ein im ähnlichen Pflaumenblau mit Z auf der Brust gekleideter Zauberer hockte hinter einem breiten Schreibpult und überwachte eine Liste. Dann las er die Namen der Neuankömmlinge ab, prüfte wohl auf der Liste nach, weshalb sie hier waren und ob sie hier richtig waren und nickte dann allen zu. "Wunderbar, alles Anklagezeugen", sagte er mit einer typischen Beamtenbetonung. "Mein Name ist Emerald Stoker. Ich bin Juniormitglied des Zaubergamots und damit beauftragt, die Gerichtsdisziplin außerhalb des Saales zu gewährleisten", stellte er sich vor. Dann fuhr er noch fort: "Ladies and Gentlemen, Ihre Begleiter möchten bitte schon in den Saal eintreten und sich dort Plätze in den allgemeinen Zuschauerrängen suchen! Durch die Zahl der Zeugen und das Interesse der Presse und des magischen Rundfunks kommt es bereits zu einer Verzögerung von zehn Minuten. Hinzu kommt, daß einige Zeugen der Verteidigung meinten, sich unter die Zeugen der Anklage schmuggeln zu können, um vor der Tür die Aussagen zu beeinflussen. Bitte nehmen Sie auf den Bänken im Seitengang Platz. Ich weise Sie darauf hin, daß es nicht gestattet ist, über die bevorstehende Verhandlung, die Angeklagte oder deren Tätigkeit zu sprechen und jede worüber sonst auch immer geführte Unterhaltung in gemäßigter Lautstärke zu führen, um den Ablauf der Verhandlung nicht zu stören."

"Darf ich fragen, Wie Sie das verhindern möchten, daß wir Verhandlung, Angeklagte oder die Vorwürfe gegen diese besprechen?" Fragte Julius keck. Alle eingetroffenen Zeugen drehten sich nach ihm um. Doch er bliebb lässig da stehen wo er stand, während Gloria wohl überlegte, ob sie ein ich-kenne-diesen-Typen-nicht-Schild heraufbeschwören sollte und Mr. Porter verlegen den steinernen Boden betrachtete.

"Ich habe eine Vorrichtung, die bei Nennung als Tabu markierter Begriffe Signal gibt und mir anzeigt, wer von Ihnen diesen Begriff oder diese Begriffe verwendet hat. Jeder Verstoß gegen meine Anweisung wird mit einer Geldstrafe von fünfzig Galleonen mal die Anzahl der Verstöße geahndet. Vielleicht möchten Sie sich ausrechnen, ob Sie derartig viel begleichen können oder statt der Geldstrafe pro fünfzig Galleonen einen Tag in Haft verbringen möchten. Nur wen ich auf Zuruf aus dem Saal aufrufe, darf den Gerichtssaal betreten. Wird der Zeuge oder die Zeugin entlassen, hat er oder sie entweder im Zuschauerraum Platzzunehmen oder sich aus dem Trakt der Gerichtssäle zu entfernen, bis eine neuerliche schriftliche Vorladung an ihn oder sie ergeht oder das Urteil verkündet wurde. Ich hoffe inständig, daß Sie alle mit dem Zaubergamot kooperieren. Ach ja, um Ihre überaus berechtigte Frage vollständig zu beantworten, Mr. Latierre", er sprach Julius' neuen Familiennamen korrekt aus, "Die Verstöße gegen meine Gesprächsbeschränkungsanweisung werden erst nach Ihrer Entlassung aus dem Gerichtssaal geahndet. Und das Austauschen worthafter Gedanken, sofern Sie dazu fähig sein sollten, die Damen und Herren, ist in diesem Trakt durch Zauber unterbunden. Bitte nehmen Sie nun Ihre angewiesenen Warteplätze ein!"

"Okay, dann geh ich jetzt da rein und suche mir einen Platz. Wenn ihr durch seid, bleibt im Saal und kommt zu mir!" Bestimmte Plinius Porter, bevor er mit der werdenden Mutter Galatea Abrahams durch die Tür in den Gerichtssaal ging. Gloria, die Hollingsworths, Malones und Julius setzten sich auf eine lange Bank zu Tim Abrahams. Als Julius bemerkte, daß Stoker einen Schwarm Zuschauer beaufsichtigen mußte, der noch in den Saal hineinwollte, grinste er Kevin an. Dann zückte er einen Zettel aus seiner rechten Umhangtasche und ließ diesen in Kevins Hand verschwinden, als Gloria die anderen zeugen begrüßte, die sie mit Namen kannte. Kevin grinste und las den Zettel:

 

Nur von den Rittern des Sonnenlichts reden, wenn kein Wahrheitszauber wirkt. Nach dem Lesen vernichten und nix drüber rauslassen!

 

Kevin zeigte keine Anzeichen, ob er den wie einen Spickzettel in der Schule zugespielten Text ganz gelesen hatte. Er steckte den Zettel in den Mund und kaute darauf herum, bis er ihn mit einem Hüpfer seines Kehlkopfs hinunterschluckte. Beide Jungen grinsten einander an.

Sie sprachen nun über Tims Arbeit im Ministerium, die er vor und nach der Todesserherrschaft hatte, über Frankreich, die Staaten und das Wetter. Julius verfolgte dabei den Aufmarsch der weiteren Zeugen. Dann sah er ein Vierergespann, das er irgendwie schon zu treffen erwartet hatte: Einen hochgewachsenen Jungen mit flammenroten Haaren, ein Mädchen mit braunem, nun ungewöhnlich glattem Haar, ein jüngeres Mädchen mit genauso roter Mähne wie die des hochgewachsenen Jungzauberers und einen fast ausgewachsenen Jungzauberer mit pechschwarzem Struwelhaar und hellgrünen Augen. Das auffälligste an diesem war eine Narbe, die blitzförmig gezackt über die ganze Stirn verlief. Natürlich wußte hier jeder, wer das war.

"Die sind auch da?" Fragte Kevin Malone aufgeregt. Julius nickte so, als sei das Auftauchen Harry Potters und seiner Freunde, zu denen sich auch Rons einzige Schwester Ginny gesellt hatte ganz beiläufig, etwas vollkommen klar vorhersehbares.

"Ms. Weasley, Sie wurden von Ihrem Vater nicht auf die Liste der Anklagezeugen gesetzt", sagte Mr. Stoker. "Da die Verhandlung soeben begonnen hat, darf ich keine Zuschauer mehr einlassen. Bitte bleiben Sie also im Seitengang. Für Sie alle gilt jedoch: Nur wen ich mit Namen aufrufe darf in den Gerichtssaal! Unterlassen Sie während Ihrer Unterhaltung Gespräche über die Angeklagte, Ihre Erlebnisse mit ihr und die Verhandlung selbst! Ich kann Verstöße gegen diese Anordnungen nachweisen und ahnde jeden mit fünfzig Galleonen mal Anzahl der Verstöße pro Verstoß."

Harry Potter setzte sich mit seinen drei Begleitern an das dem Saal nächste Ende der Bank und wartete. Julius rechnete noch einmal durch, wie viele Galleonen jemand für das zehnmalige Nennen des Namens Dolores Jane Umbridge abzudrücken hatte. Fünfzig plus hundert, plus hundertfünfzig ... zu viel für diese Kröte, dachte er, als er bei zweitausendsiebenhundertfünfzig Galleonen oder Ersatzweise fünfundfünfzig Tage Haft angelangt war.

Immer wieder trafen sich die Blicke derer, die sich flüchtig bis sehr gut kannten. Julius unterhielt sich mit Tim Abrahams und Kevin über die Desinformationsabteilung, welche Aufgaben sie hatte und erwähnte, daß seine Mutter in Frankreich im Muggelverbindungsbüro arbeitete. Über die Zusammenarbeit zwischen ihr und Tim durften sie nicht reden, weil das alles unter die Sub-Rosa-Vereinbarung fiel. Doch beide Zauberer wußten, daß sie miteinander zur Entmachtung der Todesser beigetragen hatten, wenn sie auch nicht an vorderster Front gegen Voldemort und seine Mordkumpanen gekämpft hatten wie der Phönixorden, die DA und zum Schluß Harry Potter. Julius kribbelte es auf der Zunge, den durch sein scheinbar zufälliges Überleben eines Todesfluches so berühmt gewordenen Jungen zu sprechen und sah ihn und Hermine Granger immer wieder an, bis diese Harry anstupste und dann Julius zuwinkte.

"Hallo Harry! Oder möchten Sie lieber als Mr. Potter angesprochen werden?" Nahm Julius Kontakt auf und setzte sich, als der Junge, der überlebt hatte, ihm einen Platz angeboten hatte. Gloria war derweil bis zu Kevin durchgerückt. Harry Potter erwiderte, daß er weiterhin Harry genannt werden wollte. "Erst einmal meinen Glückwunsch zum Sieg über den Chef der Todesser. In Frankreich bekamen wir davon ja nur mit, daß es in Hogwarts eine heftige Schlacht gegeben hat. Darf ich dich fragen, wie das genau ablief, oder möchtest du nicht darüber reden?"

"Kriegst du bei euch in Beauxbatons keine Zeitungen?" Fragte Hermine Granger. Julius räumte ein, daß er britische Zeitungen nur solange bekommen hatte, wie er Kontakte in seine alte Heimat besessen hatte. Dann erzählte Harry Potter über den Ablauf der Schlacht, und daß Voldemort versucht habe, einen ihn nicht anerkennenden Zauberstab zu benutzen. Daß Harry ihm vorher zu seinen Fehlern und dem Verlust der sogenannten Horkruxe die Hölle heißgemacht hatte verschwieg der, den die britische Zaubererwelt den Auserwählten genannt hatte und der jetzt als "Der Retter der Zaubererwelt" gefeiert wurde. Julius wunderte sich, daß jemand mit so viel überschwenglicher Bewunderung und Ruhm keine Leibwache dabei hatte. Allein schon um die ganzen Verehrerinnen auf Abstand zu halten hätte er mindestens einen starken Mann oder eine durchsetzungsstarke Frau um sich herumlaufen lassen müssen. Julius erzählte Hermine, die wissen wollte, wie sich die Todesserherrschaft in Frankreich bemerkbar gemacht hatte von Didiers und Pétains Regime, den Friedenslagern, wobei er mit unverhohlenem Stolz die Leistung seiner Mutter würdigte, Pétain ausgetrickst und die Warnung vor diesen Gefangenenlagern früh genug verbreitet zu haben, erwähnte die Entomanthropen, die Drachen von der Elfenbeininsel, deren Bewohner den rechtmäßigen Zaubereiminister entführt hatten, sprach über Delamontagnes Gegenministerium, die Invasion der Schlangenmenschen und deren Niederschlagung durch die grauen Riesenvögel. Hermines Pupillen weiteten sich vor Schreck. Doch dann schien in ihrem Kopf ein Motor anzuspringen, den sie durch Konzentration im Leerlauf hielt. Zumindest las Julius das von ihrem Gesicht ab. Sie sah so aus wie er, wenn er was spannendes oder tolles erzählen wollte, aber noch zu warten hatte, bis er durfte. Als er dann von seiner Zeit bei Madame Maxime erzählt hatte, verzogen Ron und Harry die Gesichter, und Ginny sah ihn etwas verunsichert an. Schließlich kam er zum Schluß und schilderte die Freude nach der Nachricht aus England und die begonnenen Aufräumarbeiten in Frankreich. Daß er die Schlangenmenschen besiegt hatte ließ er jedoch ganz unter den Tisch fallen. Immerhin hätte ihn das ja fast selbst zu einem solchen Monster werden lassen.

"Über die Schlangenmenschen, die in Indien als Vorbild für die Nagas, also Schlangendämonen aus dem Hinduismus gegolten haben müssen, habe ich in "Lehre und Legenden - Echte und scheinbare Vermächtnisse vorzeitlicher Zauberei" gelesen. Die wurden da als gegen alle Formen der Magie immun beschrieben. Sie hatten nur einen Feind, die Wolkenhüter aus einer geheimnisvollen Burg, die angeblich kein Normalsterblicher finden könnte. Ich habe das für Zaubererweltmärchen gehalten, wie die von Beedle dem Barden. Der Verfasser des Buches macht sich darüber lustig, daß ernstzunehmende Zaubereigeschichtler vermuten, daß Schlangenmenschen und Riesenvögel aus dem sagenhaften Atlantis stammen sollen. Gut, damit wird ja auch bei den Muggeln immer wieder argumentiert, wenn etwas scheinbar zusammenhängendes in weit voneinander entfernten Völkern entdeckt wurde", schloß sie ihre Zusammenfassung mit einer herablassend anmutenden Bemerkung ab. Julius mußte sich beherrschen, nicht laut loszulachen oder auch nur überlegen zu grinsen. Diesmal wußte er es hundertmal besser als die als in Bücher vernarrt geltende Musterschülerin von Hogwarts. Doch das wollte und das durfte er ihr nicht verraten, auch wenn es ihm eine große Genugtuung gewesen wäre.

"Davon haben wir absolut nix mitbekommen", warf Ron Weasley ein. Harry Potter nickte und schilderte dann die Flucht von Fleurs und Bills Hochzeit, wie sie sich lange in einem geschützten Haus versteckt hatten, wie sie angefangen hatten, diese Horkruxe zu jagen und mit einem silbernen Schwert zu vernichten, die Gefangennahme durch Greybacks Greifkommando, die Zeit im Keller der Malfoys, was bei Hermine einen schmerzhaften Gesichtsausdruck und bei Ron ein verärgertes Schnauben auslöste, daß der Hauself Dobby sie gerettet hatte und dabei von Bellatrix Lestrange tödlich verwundet worden war, über das, was sie aus dieser unrühmlichen Lage gelernt hatten, nämlich daß ein Horkrux im Gringotts-Verlies der Lestranges sein müsse, weswegen sie dieses Husarenstück mit dem Bankeinbruch ausgeheckt und durchgezogen hatten. Die Schlacht von Hogwarts hatte Harry ja schon ausführlich beschrieben. Hermine meinte noch:

"Nun, du kannst dir sicher nicht vorstellen, wie genau solche Horkruxe wirken." Julius wagte es, darüber den Kopf zu schütteln und zu antworten:

"Sie nehmen einen Abdruck, einen Splitter oder eine Kopie der Seele dessen auf, der solche Sachen herstellt. Allerdings muß der Zauberer dafür pro Anwendung ein Menschenleben auslöschen. Der Seelensplitter verhindert, daß der im Körper des Zauberers oder der Hexe verbliebene Rest aus der Welt verschwinden kann, wenn der Körper stirbt. Offenbar war Lord Massenmord wirklich unrettbar irre, daß er mehrere davon gebaut hat. Ich denke, dieses Tagebuch, mit dem ein Jahr vor meiner Einschulung die Kammer des Schreckens aufgemacht wurde, war auch so'n Ding. wir hatten es bisher für einen Seelenfangfluch gehalten, der eine programmierte Handlungsweise erzwingt. Aber so'n Horkrux-Ding ist wohl wie ein Aufbewahrungsbehälter für einen unsichtbaren Dämon, der zwischendurch herauskommt und jeden in Besitz nimmt, der das Ding zu lange bei sich hat." Hermine, Harry und Ron starrten Julius total perplex an und sicherten rasch, ob noch wer die in bibliotheksflüstern geführte Unterhaltung mithören könnte.

"Lernt man das auch bei euch in Beauxbatons?" Fragte Ginny und erntete ein beipflichtendes Nicken Hermines. Julius schüttelte den Kopf. Er erwähnte nur, daß er Gerüchte gehört und von Professeur Faucon erfahren habe, daß der Erzfeind wohl eine sehr brutale Methode benutzt hatte, um sich quasi unsterblich zu machen, sie ihm aber nicht genau davon erzählte, bis nach der Schlacht von Hogwarts ein vorwitziger Schüler das Thema zur Sprache brachte und sie eben nur erzählte, daß dabei für jeden solchen Gegenstand ein Menschenleben geopfert werden müsse. Daher wolle und dürfe sie nicht verraten, wie so ein Gegenstand hergestellt werden könne.

"So hat es Riddle auch hingekriegt", erwiderte Harry. "Tja, und dann hat der diese sieben verdammten Horkruxe aus Hinterlassenschaften von Hogwartsgründern und seinem Tagebuch gebaut." Ginny nickte mit einem Ausdruck größter Beklommenheit im Gesicht. Dann erzählte sie Julius, daß vor acht Tagen ihre Mutter hier in diesem Raum vor Gericht gestanden hatte, weil sie Bellatrix Lestrange getötet hatte. Julius, der das entscheidende Hexenduell ja per magischer Direktübertragung mitverfolgt hatte wollte schon einwerfen, daß das reine Notwehr beziehungsweise ein Akt der Nothilfe gewesen sei, weil Bellatrix Ginny angegriffen hatte. Doch so fragte er schnell, wie genau Bellatrix getötet worden war. Harry, der dieses Duell unsichtbar beobachtet hatte, schilderte zusammen mit Ginny, was genau passiert war. Julius wandte ein, daß das dann ein ordentlicher Zweikampf auf Leben und Tod gewesen sei. Ginny nickte und erwiderte lächelnd, daß ihre Mutter auch von diesem Vorwurf der Anklage freigesprochen worden sei, da es mehrere Zeugen gab, die den Kampf beobachtet hätten und Bellatrix fatale Provokation gehört hatten, sie würde erst Mrs. Weasley umbringen und dann ihre Kinder.

"Das war wohl das dümmste, was jemand unter der Sonne sagen kann", amüsierte sich Julius. "Wenn eine Mutter ihr Kind gegen einen tödlichen Angreifer verteidigt, wächst sie in allem über sich hinaus, Körperkraft, Schnelligkeit, Entschlossenheit und wohl auch Zauberkraft. Sie wird damit das gefährlichste Wesen im ganzen Universum. Hat diese Schlampe Lestrange das echt nicht überlegt?"

"Lustig, mit dem Schimpfwort hat meine Mum die Gewitterhexe auch bezeichnet", erwiderte Ron Weasley, während Ginny an den Ohren errötete.

"Wer kam bei der klaren Beweislage eigentlich drauf, eure Mutter vor Gericht zu zerren?" Fragte Julius und hoffte, daß Wörter wie"Gericht" und "Verhandlung" nicht die Klingel bei Stoker zum klingeln brachten.

"Bellas netter Schwager, Rabastan Lestrange. Der hat bei seiner Verhandlung rausgelassen, daß jeder vor den Gamot gehöre, auch die "fette, rothaarige Sabberhexe", die seine Schwägerin ermordet habe. Da mußten Sie Mum natürlich anklagen. Aber nach allen Zeugen, auch Harry, Ginny, Hermine und mir, war die Kiste endgültig klar. Bellatrix Lestrange hat es drauf angelegt und verzockt", sagte Ron. "Die hielt sich wohl für die größte nach Ihr-wißt-schon-wem."

"Ron, du kannst diesen dummen Namen doch jetzt echt ohne Probleme aussprechen", knurrte Harry Potter. "Oder nenn den Typen bei seinem richtigen Namen, Tom Vorlost Riddle."

"Kapier es, Harry. Aber die Kiste mit den Greifern und dem, was bei den Malfoys los war steckt mir noch in den Knochen und Hermine sicher auch", knurrte Ron und blickte Hermine fragend an. Sie nickte bestätigend.

"Malfoy", griff Julius den Namen als Stichwort auf. "Haben sie die Bande schon durch oder kommt die noch dran?"

"Der alte Lucius und seine nette Familie sind wohl noch dran. Wann weiß ich nicht", sagte Ron. "Dad läßt da nichts drüber raus, um die Akten und Zeugen geheimzuhalten. Nachher dreht sich dieser Drecksack wieder aus allem raus und grinst dabei."

"Er kann meinetwegen für alle Zeiten im Loch verschwinden", knurrte Harry. "Aber seine Frau sollte nicht unbedingt einfahren."

"Ach ja, weil die dich nicht an Vol... ... Riddle verpfiffen hat, als der meinte, dich mit dem Todesfluch umgehauen zu haben, wo er nur was, das er von sich bei dir hat hängen lassen erwischt hat?" Harry nickte Ron zu. Julius fragte Harry, ob er den Vivideo-Zauber kenne.

"Stimmt, hinterher, als alles um war, habe ich mich auch gefragt, warum der den nicht gebracht hat. Aber dann hörte ich von einem Zauber, der den überlagern kann. Vielleicht dachte Riddle, daß Professor Dumbledore ihn mir beigebracht haben könnte. Professor Snape hat dem sicher erzählt, daß ich häufiger bei Dumbledore zum Einzelunterricht war. Dabei habe ich sowas nicht gelernt, sondern was für diesen Drecksack wesentlich gefährlicheres, nämlich, wie es mit ihm anfing und wie er das mit den Horkruxen angestellt hat und so. Deshalb ist der am Ende ja auch draufgegangen. Tja, jetzt hat er den Lohn für seine Gemeinheiten, und meine Eltern können endlich in Frieden ruhen."

"Jedenfalls ist Mum jettzt aus allem Ärger raus, und Rabastan ist in Askaban verschwunden", stellte Ron noch einmal klar. Julius fragte, Wie Askaban nun gesichert sei, wo wohl niemand mehr ernsthaft Dementoren dort einsetzen würde.

"Dad hat mit diversen Leuten Zauber hochgezogen, die ähnlich wirken, wenn jemand aus den Zellen rauszukommen schafft. Sie können sich dann nicht auf ihre Flucht konzentrieren oder kriegen tierische Panik, daß da draußen was sein könnte, was sie umbringt. Er wollte oder konnte mir aber nicht genau sagen, wie der Bann geht. Jedenfalls können Leute, die da einmal eingesperrt wurden, nur wieder raus, wenn sie offiziell entlassen werden. Da sie da keine Zauberstäbe behalten dürfen und auch nicht disapparieren können, hängen sie dann fest", erklärte Ron. "Hätten die schon längst so und nicht anders machen sollen", fügte er knurrig hinzu.

"Die Dementoren waren wirkungsvoller, was die Unterdrückung der Gefangenen anging, Ron. Mit deinen schlimmsten Erlebnissen konfrontiert zu werden und immer zu denken, kein Glück mehr zu haben macht einen heftigeren Eindruck auf die Insassen", fauchte Hermine angewidert. "Nur wer sich keiner Schuld bewußt ist konnte ihnen entwischen, wie Sirius."

"Tja, und jetzt käme da nicht mal ein Floh raus, wenn der dort eingebuchtet wird", meinte Harry. Ron nickte. Julius vermeinte aus dieser Bemerkung mehr zu hören als gesagt wurde. Womöglich konnten Animagi damals noch abhauen. Sirius Black, der angeblich dreizehn Muggel umgebracht hatte, war wohl einer gewesen.

Cynthia Flowers, bitte in den Gerichtssal eintreten!" Rief Amtszauberer Stoker. Julius zuckte zusammen. Cynthia Flowers, die Sekretärin von Hogwarts, zuständig für muggelstämmige Erstklässler, war auch hier? Er hatte gar nicht mitbekommen, daß sie hergekommen war. Schnell sah er sich um und erkannte die dunkelblonde Hexe, die er damals in einer Flugbegleiterinnenuniform zum ersten Mal gesehen hatte. Sie wirkte niedergeschlagen, als sei sie es, der heute der Prozeß gemacht wurde. Offenbar hatte sie sich ohne Gruß durch die Bankreihe geschlängelt und irgendwo hingesetzt. Julius fragte sich, was der früher so unbekümmerten Hexe zugestoßen war, daß sie jetzt, nachdem alles vorbei war, immer noch total am Boden zerstört wirkte. Dann schmerzte ihn die jähe Erkenntnis: Cynthia hatte als Muggelstämmigenbeauftragte von Hogwarts helfen müssen, die ganzen Erstklässler auszusortieren, die von den Dementoren aus dem Zug geholt worden waren. Zischend sog er Luft durch seine zusammengebissenen Zähne, weil ihn diese Erkenntnis erst jetzt traf und dann mit der Wucht eines Blitzes. Warum hatte er sich bisher nie gefragt, was aus Cynthia geworden war? Immerhin hätte sie doch als Sekretärin ihren Job verlieren können, wenn keine Muggelstämmigen erwünscht waren. Daß man sie aber zwingen würde, diese Kinder auszuliefern - leider gab es für diese Sache kein anderes Wort - fiel ihm erst hier und jetzt so richtig heftig ein. Auch Hermine Granger machte ein Gesicht zwischen Betrübnis und Verdrossenheit. Dann zischte sie Julius zu: "Ms. Flowers wurde erpreßt, für diese Bande zu arbeiten. Mehr zu sagen würde wohl fünfzig Galleonen kosten." Julius nickte. Er hatte es auch so schon erkannt. Die Frage war nur, ob sie Ms. Flowers mit dem Imperius-Fluch ihren Willen aufgezwungen hatten. Dann wäre der Umbridge jetzt schon lebenslängliche Staatspension gewiß. Um nicht doch vom laufenden Prozeß zu reden erzählte Julius rasch, wie er Cynthia Flowers kennengelernt hatte. Hermine Granger nickte. Ihre Freunde grinsten, als Julius das mit dem Flugzeug erwähnte. Als Hermine hörte, wie Julius bei der Gelegenheit auch Aurora Dawn kennengelernt hatte sprudelte es aus Hermines Mund:

"Aurora Dawn, die Verfasserin von "Der kleine Hexengarten", "Leichte Heilzauber für Laien" und "Sonnenkraut und sein Wachstum in subtropischen Regionen der südlichen Halbkugel. Sie hat mir bei dem Kräuterkunde-ZAG unglaublich nützliche Tips gegeben, weil sie die Grifftechnik für Alraunen so umfassend beschrieben hat, daß ich sie in die Theorie einbauen konnte."

"Weshalb du wohl auch das O in diesem Fach abgeräumt hast", grummelte Ron Weasley spöttisch. Hermine funkelte ihn dafür sehr verdrossen an. Julius erzählte nun weiter, daß seine Eltern es hatten einsehen müssen, daß er in Hogwarts doch besser aufgehoben sei als in Eton. Hermine erwähnte dann mit gewisser Traurigkeit, wie sie ihre eigenen Eltern mit Gedächtniszaubern behandelt hatte, um sie aus der Gefahrenzone schaffen zu können und daß sie es wohl schwer haben würde, sie in Australien, wohin diese dann ausgewandert seien, wiederzufinden. Julius bot ihr an, seine Kontakte dorthin spielen zu lassen, wobei er auch das dorthin zurückgekehrte "Ehepaar" William und Kate Halligan alias Bill Huxley und Lynn Borrows kontaktieren könne. Pina hatte ihm bei den Porters verraten, wie die bereits in die magielose Welt zurückgekehrten Überlebenden des Todesserüberfalls auf die Party ihres Onkels nun hießen. Bill würde ganz sicher so schnell er konnte eine E-Mail- und eine Internetverbindung einrichten. Das erwähnte er Hermine gegenüber, wobei er natürlich wegließ, wer die Halligans früher waren. Hermine gestand mit einer gewissen Beschämtheit, daß sie sich bisher nicht so recht für das Internet interessiert habe, weil ihre Eltern das nur zum Briefe verschicken in ihrem Büro hatten und sie durch Hogwarts ihre alte Liebe zu gedruckten Büchern richtig ausgelebt habe. Außerdem wolle sie wohl nach der hoffentlich erfolgreich verlaufenden Suche nach ihren Eltern das UTZ-Jahr in Hogwarts machen, wenn schon alle Klassen das Jahr wiederholen durften. "Eine vollständig abgeschlossene Ausbildung ist zwingend erforderlich, wenn ich mich angemessen für die Beseitigung des immer noch grassierenden Unrechts in der Zaubererwelt einsetzen will", belehrte Hermine Julius und ihre Freunde. Ron schnaubte frustriert und grummelte, daß sie jetzt wieder mit diesem B.Elfe.R.-Kram anfangen wolle. Hermine feuerte dafür einen höchst zornigen Blick auf ihn ab und schnarrte tadelnd: "Wenn uns die Schlacht von Hogwarts eines gelehrt hat, dann ist es die Erkenntnis, daß wir ohne unsere vernunftbegabten, magischen Mitgeschöpfe hoffnungslos unterlegen gewesen wären und daß die Zaubererwelt daher verpflichtet ist, den Mißstand im Verhältnis zu diesen Wesen gründlich auszuräumen. Sicher gelingt das nicht in einem Moment. Aber der Anfang muß gemacht werden. Und B.Elfe.R. ist dafür die ideale Ausgangsbasis. Das darfst du auch deiner ehemaligen Klassenkameradin Gloria Porter mitteilen, die ja offenbar damit wunderbar lebt, daß sie einen Hauselfen wie einen Sklaven in der Familie halten."

"Sollte ich vor euch und ihr aufgerufen werden darfst du ihr das bitte selbst sagen, Hermine. Ich weiß nämlich nicht, ob du das den Hauselfen verkaufen kannst, daß sie demnächst nur noch gegen Geld arbeiten sollen. Ich hab's in Beauxbatons mitbekommen, wie erleichtert die Küchenelfen waren, als sie nach dem Schlangenmenschenangriff wieder arbeiten durften und nicht danach gefragt haben, ob sie dafür Gehalt oder eine Gehaltserhöhung bekämen - Gefahrenzulage eingeschlossen." Ron grinste jungenhaft, während Harry nicht wußte, was er sagen sollte. Dobby hatte sich nicht so wie ein üblicher Hauself verhalten. Und er selbst besaß ja nun auch einen Hauselfen. Insofern war das nicht einfach, wie diese Wesen richtig behandelt werden mußten.

"Vielleicht kriegen meine Eltern jetzt auch einen Hauselfen, wo Dad richtig gut verdient und wichtig geworden ist", feixte Ron Weasley, der sich von Hermines Zorngefunkel nicht unterkriegen lassen wollte. Julius sagte dazu nichts. Er wünschte Harry Potter nur viel Glück für die Zukunft, was immer er machen wollte.

"Minister Shacklebolt will mich womöglich ins Aurorenkorps aufnehmen", sagte Harry. "Ich kläre nur noch, ob ich dafür die UTZs machen soll oder auch so reinkomme." Julius nickte. Harry würde sich also darauf festlegen, künftige Voldemorts im Ansatz zu verhindern.

Gloria winkte Julius, er möge zurückkommen. Julius verabschiedete sich von Harry Potter und seinen Begleitern und kehrte gerade noch langsam genug, um nicht unanständig zwischen den Bänken dahinzuwetzen zu seiner Klassenkameradin aus Hogwartszeiten zurück.

"na, hat die Granger dich wieder mit ihrem Geschwätz von der Befreiung der Hauselfen genervt?" Fragte Gloria leise. Julius räumte ein, daß Hermine davon gesprochen hatte, er sich aber nicht davon genervt fühlte. "Während du mit Harry und den anderen geredet hast kamen noch drei Nachzügler, darunter Cynthia Flowers. War die nicht damals für deine Einschulung zuständig?"

"Ja, das war sie. Ich vermute, das war sie auch für die anderen Muggelstämmigen, die im verkorksten Schuljahr dort anfangen sollten." Gerade soeben vermied er es, Cynthias mögliche Rolle zu erwähnen, weil das den Prozeß selbst zur Sprache gebracht hätte. Gloria verstand jedoch die Andeutung richtig und nickte. Dann durfte Julius ihr das erzählen, was Harry und seine Freunde ihm erzählt hatten. Kevin hörte schweigend zu. Nur sein Gesicht zeigte, wie sehr er an Julius' Lippen hing. Dann meinte Gloria noch:

"Hat Oma Jane also doch recht gehabt. Sie meinte, daß dieser Massenmörder eine Magie benutzt hat, die seine Seele an diese Welt gebunden hielt, damit er nicht aus ihr verschwinde. Allerdings sei das so verwerflich, daß es keine Freude sei, so die eigene Existenz zu schützen, hat sie noch gesagt. Also mehrere Gegenstände, in die er sein Selbst abgesondert hat, eigenständige Kopien seines miesen Charakters." Julius nickte.

"Gloria Porter, bitte eintreten!" Rief Stoker. Gloria erhob sich und zischte Julius zu, sie würde dann wie abgeklärt bei ihrem Vater bleiben, wenn sie durch sei. Julius nickte bestätigend und blieb mit Kevin und den Hollingsworth-Zwillingen zurück.

"Wieso die zuerst?" Fragte Kevin mißmutig. Julius meinte nur, daß er das nicht wisse und wegen der Strafandrohung besser auch nicht weiterdiskutieren solle. Kevin wollte schon ansetzen, ihn anzubrummen, er sei wohl feige, sich von Stoker mit angeblichen Meldezaubern einschüchtern zu lassen, da kam ihm Julius zuvor und erwähnte nur "Denk dran, daß der Name Voldemort auch einen Zauber ausgelöst hat." Damit war Kevin wahrlich bedient. Nun, wo Gloria im Gerichtssaal war, erzählte Kevin seine Erlebnisse in Thorntails. Er schilderte, wie sie ihn da immer wieder so mitleidsvoll angeglotzt hätten, weil er eigentlich nur da war, weil jemand ihn und seine Eltern umbringen wollte. Er beschrieb, wie er zwar einige gute Kameraden gefunden habe, jedoch eigentlich nie so recht mit der Art der Nordamerikaner klargekommen sei. "Die machen sich über alles lustig, was aus Europa kommt, haben aber so gut wie keinen Dunst, was da genau abgeht", sagte Kevin einmal. "Gloria kam ja wegen ihrer Verwandten besser in diesen Laden rein. Aber ich hatte manchmal voll die Probleme, wenn ich mit diesen Durecore-Typen zu tun hatte. Wie die Slytherins. Alle auf Reinblütigkeit und Wichtigkeit festgenagelt. Eingebildete Zicken und voll überhebliche Drecksäcke, die immer wieder meinten, wir hätten uns halt die richtigen Freunde aussuchen müssen. Wie Gloria - die die da immer nur "Ms. Porter" gerufen haben - bei diesem Stress noch cool bleiben konnte. Okay, die hat ja schon in Hogwarts, als Snape und die Carrows da angefangen haben, auf eiskalte Dame gemacht, der niemand was kann. Aber ich glaube nicht, daß die echt so locker drauf war, das alles wegzustecken." Dann erwähnte Kevin noch die Vorbereitungen zur ZAG-Prüfung. "Ich habe die Dinger wohl alle in den Dreck gesetzt, weil dieser Wishbone andauernd in die Zeitung kleistern ließ, daß er uns am liebsten wieder nach Hause schicken würde. Werde wohl in Hoggy noch mal anfangen, wenn die Schule echt wieder hingestellt und aufgemacht wird. Gloria meint ja, daß sie ihre ZAGs vielleicht anerkennen lassen kann. Aber wenn sie die noch besser hinbekommen kann, warum nicht?"

"Wenn ich jetzt sagen würde, ich will nach Hogwarts zurück müßte ich lügen", sagte Julius. Kevin grinste verrucht und flüsterte:

"Klar, weil dieses rotblonde Hexenwunder dich dann kastriert, damit du keiner anderen mehr nachsteigst. Habt ihr's echt schon gemacht?"

"Kein Kommentar, Kevin", knurrte Julius. Über sein Liebesleben wollte er nur mit denen reden, die es auch was anging, und selbst seiner Mutter tischte er nichts auf, was zwischen Millie und ihm in Sachen körperlicher Zweisamkeit ablief.

"Das nehme ich mal als ja, Julius. Komm, rück doch mal raus, wie sich das anfühlt!"

"Selbst wenn ich dir das erzähle könntest du das nicht nachempfinden, Kevin", entgegnete Julius. "Also nimm das bitte hin, wenn ich das nicht weiter ausführe!"

"Hähä, willst mir jetzt überheblich kommen, wie", schnarrte Kevin. Julius konterte, daß Kevin dieses Tehma angefangen habe, obwohl er genau wisse, daß Julius sich da nicht drüber ausließ. Er schloß sogar mit dem Satz, daß nur wer etwas schönes schweigend genießen könne ein Gentleman sei.

"Gentlemen sind überkandidelte Engländer, die zu viel Gold im Keller haben und meinen, durch ein übertrieben steifes Getue Eindruck zu machen", knurrte Kevin. Julius nickte. Im Grunde konnte er das alles im Moment auf sich münzen. Andererseits beließ es Kevin auch dabei. Sie verglichen Quidditch und Quodpot. Kevin bemerkte dazu, daß Quodpot nicht sein Spiel werde, auch wenn Glorias Cousine Myrna ihn angestachelt habe, einige Übungseinheiten mitzumachen. So vergingen zehn Minuten, bis Stoker "Kevin malone, bitte eintreten!" rief. Kevin keuchte. "Jetzt muß ich da rein. Hoffentlich geht das gut." Julius sah seinem ehemaligen Klassenkameraden nach. Sein rotblonder Schopf, der eine spur röter als der Millies war, leuchtete noch in der Biegung zwischen Seitengang und Hauptkorridor, bevor Kevin in den Gerichtssaal eintrat.

Die kommenden fünf Minuten verbrachten Julius und die Hollingsworths schweigend. Dann wurden Betty und Jenna zeitgleich aufgerufen. Offenbar ging das Gericht davon aus, daß Zwillinge eh immer zusammen waren und daher dieselben Erlebnisse hatten. So war Julius nun der einzige aus seiner Jahrgangsstufe. Er ließ sich von Tim erzählen, wie er Galatea geheiratet hatte. Tim meinte dann: "War gut, wie du diesen neugierigen Burschen ausgekontert hast. Aber jetzt könnte der auf die Idee kommen, möglichst schnell eine zu finden, die ihm zeigt, wie sich das anfühlt, Liebe zu machen. Könnte gefährlich werden. Mir ist das nämlich so ergangen, weil ich als fünfzehnjähriger Bengel meinte, ich müßte es bald mal ausprobieren und dabei an eine geraten bin, die das eiskalt ausgenutzt hat. Das war eine läufige Sabberhexe und noch dazu eine, die sich wie eine Königin ihrer verfluchten Art gefühlt hat. Die hat mich drei Jahre lang an sich gebunden und sogar dazu getrieben, einen muggelstämmigen Mitschüler für ihre Tochter klarzumachen. Seitdem wollte ich erstmal von Sex nix mehr wissen. Das erzähle ich dir nur, weil ich weiß, daß du kapierst, wie elend sich jemand fühlt, der von wem zu sowas gezwungen wird." Julius nickte. Tim hatte einen dunklen Punkt in seiner Vergangenheit berührt, den Kampf gegen Hallitti.

"Julius Latierre, bitte eintreten!" Rief Gerichtshelfer Stoker.

"Auf dann", knurrte Julius und straffte sich. Tim wünschte ihm Mast- und Schotbruch und immer trockenes Schießpulver. Julius bedankte sich und passierte die anderen. Warum waren Harry Potter und seine Freunde erst nach ihm dran? Oder wollten sie eigentlich nur zuschauen? Nein, sie trugen schließlich die Besucheranstecker, auf denen "Verhandlungszeuge" zu lesen stand. Womöglich wollten sie erst die Ereignisse des verstrichenen Jahres abhandeln, wohl die schwerwiegendsten Anklagepunkte. Mit einem Nicken ging er an Stoker vorbei, der einen kurzen Strich unter den Strich zog, mit dem er Julius' Anwesenheit bereits vermerkt hatte. Die schwere Tür schwang auf, und Julius trat in den Gerichtssaal.

Es mußte wohl der größte von allen hier eingerichteten Sälen sein, dachte Julius. Mehrere Dutzend Reihen im Halbkreis geformter Bänke reichten von oben bis nach ganz unten. Fackeln gaben ein bedrückend schwaches, orangegelb flackerndes Licht ab. Grabesstille umfing den aufgerufenen Zeugen, als er einige Stufen hinabstieg. Die Zuschauer saßen an den Rändern der Bänke. Die oberen Reihen wurden von Leuten in pflaumenblauen Umhängen besetzt, die jenes silberne Z-Symbol auf ihrem Brustteil trugen. Julius überschlug deren Zahl und schätzte sie auf fünfzig Leute ein. Er erkannte mehrere Hexen und zauberer wieder. Ceridwen Barley hatte er ja schon vor dem Aufzug getroffen. Dann war da auch Professor McGonagall. Offenbar hatte sie als Schulleiterin auch einen Platz in dieser großen Jury erhalten. Er sah den kleinen Zauberer mit dem weißen Haar, der Dumbledores Beerdigungszeremonie geleitet hatte. In der vordersten Reihe der pflaumenblauen Gruppe erkannte er zwei hochgewachsene Zauberer. Einer war dunkelhäutig und besaß eine Glatze, während der andere eindeutig Rons Vater Arthur Weasley war mit seinen flammenroten Haaren, die einen lichten Kranz auf seinem Kopf bildeten. Der Dunkelhäutige war der neue Zaubereiminister Kingsley Shacklebolt persönlich.

Julius prüfte rasch, wo die Porters saßen, zu denen sich auch gerade die Hollingsworth-Schwestern gesellten. Dann sah er auf den Grund der Halle, wo ein hochlehniger Stuhl stand, in dem eine kleine, untersetzte Gestalt in rosarotem Rüschenkleid saß. Das krötenartig breite Gesicht mit den großen Glotzaugen und dem langgezogenen Mund blickte ihn sehr verächtlich an. Er mußte rasch seine Selbstbeherrschungsformel denken, um den Ansturm der Gefühle abzuwehren, der bei diesem Anblick in sein Bewußtsein drängte. Da war Wut, weil dieses Weib da im Stuhl mit den fest um es geschlossenen Ketten so viel Unheil angerichtet hatte. Da war Verachtung, weil dieses Geschöpf da auf dem Stuhl sich derartig verhoben hatte. Und da war ein Anflug von Haß, weil diese Hexe da versucht hatte, seine Freunde wegen ihm zu entseelen. So entschlüpfte ihm fast unwillkürlich ein "Hier bin ich" und zerschlug die herrschende Grabesstille mit langem Nachhall.

"Sie sind Julius Latierre geborener Andrews?" Diese Frage kam von Shacklebolt. Der neue Minister hatte eine echt tiefe Stimme, einem Soul- und Bluessänger würdig, dachte Julius.

"Das ist richtig, Herr Minister", antwortete Julius, der den Kloß der Verärgerung über diese Hexe da im Stuhl unten hatte runterschlucken können. "Ich bin Julius Latierre, geborener Andrews."

"Das ist unmöglich", schrillte die Angeklagte erboßt. "Julius Andrews ist viel jünger. Und wenn er es doch ist, kann er unmöglich schon verheiratet sein."

"Wie Alt Sind Sie, junger Mann?" Fragte Arthur Weasley nun. Julius nannte seinen Geburtstag. Dolores Umbridge versuchte, aus den sie haltenden Ketten herauszuspringen und keifte los: "Das kann er nicht sein. Er lügt."

"Bevor wir Ihnen Fragen zum laufenden Prozeß stellen möchten Sie die Angeklagte und den ehrenwerten Zaubergamot bitte darüber informieren, wie es dazu kommt, daß sie vom Aussehen her älter wirken als Sie gerade angegeben haben", übertönte Shacklebolt das wütende Gekeife der Angeklagten. Julius sah sie verächtlich an und wandte sich dann an das Gericht. Er schilderte seine Begegnung mit der Abgrundstochter Hallitti und daß er bei seinem Versuch, ihr zu entkommen einen Alterungszauber abbekommen haben mußte, ähnlich wie sein Vater, der in der Abhängigkeit dieses menschengestaltigen Zauberwesens zum Greis gealtert war. Shacklebolt nahm diese Aussage zur Kenntnis. Julius konnte nebenbei noch einen Zauberer aus der Weasley-Familie erkennen, der mitprotokollierte und erkannte nun in den Reihen der Zuschauer auch die kleine aber gemeine Rita Kimmkorn mit ihrer eckigen Brille auf der Nase. Dann begann die eigentliche Befragung:

"Uns wurde mitgeteilt, daß die von den Todessern und dem durch Imperius zu Handlangerdiensten gezwungene Pius Thicknesse gegründete Kommission für Muggelgeborene auch Sie kontaktiert habe, um sie vorzuladen. Schildern Sie uns bitte, wie diese Kontaktversuche abgelaufen sind!" Wies Shacklebolt Julius an.

"Meine Mutter und ich erhielten vor Beginn des letzten Schuljahres Briefe aus Großbritannien, die uns vorgaben, meine Umschulung sei ungültig, weil den neuen Richtlinien nach jeder Jungzauberer in eine Schule seines Geburtslandes zu gehen habe", begann Julius. Dann erwähnte er den Versuch, seine Mutter mit Flüchen zu beeinflussen, gab als Zeugin dafür Madame Catherine Brickston an und erwähnte auch, warum die Flüche nicht gegriffen hatten. Dann fuhr er fort: "Da durch einen Schutzzauber meiner Schwiegerfamilie gesichert wurde, daß niemand außerhalb Frankreichs meinen neuen Nachnamen verrät, solange wir, also meine Frau und ich das nicht öffentlich tun, gelangten sonst keine Briefe mehr zu mir. Daher kann ich nicht sagen, wie oft Madam Umbridges sogenannte Kommission für Muggelgeborene mich zu erreichen versucht hat. Ich bekam erst was davon mit, als der amtierende Schulleiter, Professor Snape, mir eine Mitteilung zuschickte, daß Madam Umbridge meine Schulfreunde Ms. Gloria Porter, Ms. Betty und Ms. Jenna Hollingsworth und Mr. Kevin Malone wegen Unterstützung eines Kriminellen vor ihre Kommission zitieren und anklagen würde, sofern ich nicht bereit wäre, nach London zu reisen und mich zu stellen wie ein flüchtiger Verbrecher. Ich bin mir keiner Tat bewußt, die nach den in England vor meiner Abreise geltenden Zauberei- und Muggelweltgesetzen strafbar war. Ich sah in dieser Mitteilung nichts anderes als eine Erpressung, um mich, einen Muggelstämmigen, dazu zu zwingen, mich dieser Kommission auszuliefern, von deren Treiben ich durch Postsendungen der Familie Porter genug wußte, um zu wissen, daß ich dort keinen fairen Prozeß zu erwarten hätte."

"Unterstellungen und Verleumdungen von Aufrührern!" Polterte Dolores Umbridge. Julius wollte sich zu der Angeklagten umdrehen. Doch Shacklebolt schüttelte den Kopf und deutete von ihm auf sich, was wohl hieß, er möge weiter mit dem Gesicht zur Jury sprechen. Deshalb sagte Julius: "Unter anderem erhielt ich eine Broschüre, die den Titel Trug "Schlammblüter und die Gefahr, die sie für die magische Welt bedeuten". Kennt jemand aus dem hohen Gericht eine solche Broschüre?"

"Es ist unüblich, daß aufgerufene Zeugen das Gericht fragen, Mr. oder Monsieur Latierre", setzte Arthur Weasley an, "doch uns allen ist diese Broschüre bekannt. Sie wurde von der Kommission für Muggelgeborene herausgebracht."

"Das ist dann also keine Lüge", schlußfolgerte Julius an die Adresse der Angeklagten, ohne diese jedoch anzusehen. "Und die Artikel aus dem Tagespropheten, die ich erhielt, mögen an sich Lügen sein, wurden mir aber so wie sie da standen zugeschickt. Ich wußte also genau, was mir bevorstand."

"Altkluger Bengel. Du lügst", schrillte Umbridge. Julius fühlte seine Ohren schmerzen. Dieses Biest auf dem Stuhl meinte, ihn niederkreischen zu können. So hob er die Lautstärke seiner Stimme noch etwas an und fuhr fort:

"Ich hatte also jetzt die Wahl, entweder zuzulassen, wie meine Freunde von dieser Verbrecherbande - man verzeihe mir, daß ich dafür kein neutraleres Wort benutzen möchte - abgeurteilt, womöglich von Dementoren entseelt wurden. Oder mich in der unberechtigten Hoffnung, sie zu retten, selbst auszuliefern."

"Welchen Grund gab Madam Umbridge vor, ausgerechnet Sie aus Frankreich zurückkehren zu lassen?" Wollte Shacklebolt wissen.

"Schlicht die Tatsache, daß mein Zaubererstatus fragwürdig sei und kein Mensch ohne magische Eltern Magie besitzen könne, noch dazu mehr als üblich war", erwiderte Julius.

"Sie mutmaßten eine Erpressung, Mr. Latierre", setzte Shacklebolt an. "Wie gingen Sie am Ende damit um?"

"Ich informierte die Leiterin des von mir bewohnten Schulhauses, Professeur Blanche Faucon und fragte sie, wie ich die Erpressung vereiteln konnte, ohne meine Freunde zu gefährden. Sie riet mir dringend davon ab, mich um meiner Freunde Willen auszuliefern. Denn sie vermutete sehr stark, daß diese auf jeden Fall abgeurteilt würden und ich als lohnendes Mittel für die Erfolge der Todesser in Askaban oder vielleicht an einem Galgen oder sowas enden würde. Auf meine Frage, wie denn meine Freunde gerettet werden könnten, meinte sie nur, daß sie ihre Kontakte in die Liga gegen dunkle Künste nutzen wolle, um einen Ausweg zu finden. Näheres wolle sie mir dazu jedoch nicht mitteilen."

"Unfug!" Schnaubte die Angeklagte.

"Unfug? Dann haben Sie dem Gericht sicher schon erzählt, wie es möglich war, daß trotz Ihrer Freunde bei den Todessern jemand heimlich nach Hogwarts rein konnte und meine Freunde befreit hat. Denn genau das berichtete mir Professeur Faucon am Montag vor dem einunddreißigsten Oktober, der als Ultimatum festgesetzt worden war", erwiderte Julius. Mr. Weasley hielt ihn an, nicht auf die Einwürfe der Angeklagten zu achten, solange er von dem Gamot befragt wurde. So sollte er nun schildern, was ihm Professeur Faucon berichtet hatte. Er gab nur an, daß sie ihm von einer Unterabteilung der Liga gegen dunkle Künste erzählt habe, die sich als Ritter des Sonnenlichts bezeichneten und aktiv würden, wenn Verhandlungen und gewaltlose Vorkehrungen nicht griffen. Wer alles dazugehörte, so Julius, habe er nicht erfahren. Umbridge schrillte wieder, daß dieser Bursche da nur lüge, allein schon bei der Nennung seines Namens. Sie forderte wie bei Kevin Malone und Gloria den Einsatz von Veritaserum. Julius mußte sich arg anstrengen, nicht zu erschrecken. Shacklebolt erwiderte wie ein wütender Donner klingend:

"Über den Einsatz dieser Mittel haben nur wir zu befinden, wenn wir die Glaubwürdigkeit der Zeugen anzweifeln und nicht der oder die Angeklagte. Zügeln Sie also Ihre Stimme, oder wir werden sie mit Schweigsamkeitszauber belegen!"

"Nun, alles, was der junge Mann bisher so erzählt hat klingt gemessen an seiner Erscheinung und dem doch höchst merkwürdigen Faktum, daß er schon verheiratet sein soll sehr außergewöhnlich", warf eine Hexe aus der Jury ein. "Insofern wäre es vielleicht doch angezeigt, Veritaserum einzusetzen." Julius blieb ruhig. Das Familiengeheimnis der Latierres würde wohl auch das stärkste bekannte Wahrheitselixier austricksen. Doch Weasley lehnte diesen Vorschlag ab. Shacklebolt gab zu Protokoll, daß über die körperliche Erscheinungsform des Zeugen genug glaubwürdige Aussagen existierten, darunter von dem nordamerikanischen Richter Ironside. Dann ging die Befragung weiter.

"Was erfuhren Sie über Ihre ehemaligen Mitschüler?"

"Ich erhielt von Gloria und den anderen eine Nachricht, daß sie jetzt in den Staaten seien und dort in Thorntails weiterlernten. Das hat mich beruhigt."

"Auf welchem Weg erhielten Sie die Nachricht?" Wollte Shacklebolt wissen. Julius erwähnte den Zweiwegspiegel. Denn das hatten Gloria und er gestern noch geklärt, daß dieses Hilfsmittel erwähnt werden durfte. Tatsächlich kam von Dolores Umbridge kein Einwand. Also widersprach seine Aussage nicht der, die Gloria vor ihm gemacht haben mußte. Weasley hakte jedoch nach und wollte absichern, daß eine solche Verbindung ja von überall her funktioniere und Gloria durchaus zu einer derartigen Aussage gezwungen worden sein mochte.

"Das war am Halloweentag, Mr. Weasley, also dem Ultimatumsende. Es wäre unlogisch gewesen, mich erst einzuschüchtern und dann so zu tun, als habe die Befreiung stattgefunden, um mich zu beruhigen. Selbst wenn Sie dann einwenden möchten, daß man mich auf diese Weise in Sicherheit hätte wiegen wollen, um über eine unter Imperius oder sonstigen Zwang gehaltene Gloria Porter Informationen aus mir herauszulocken, so wäre es wesentlich gefährlicher gewesen, Gloria frei sprechen zu lassen. Abgesehen davon hätten die Todesser niemals wissen können, ob die auf diese Weise von mir erhaltenen Informationen stimmten. Und der wichtigste Grund, weshalb ich von der Befreiung Gloria Porters, der Hollingsworths und Kevin Malone überzeugt bin ist der, daß Professeur Faucon mir den erfolgreichen Vollzug der Befreiungsaktion gemeldet hat. Und sie hätte wohl keinen Grund gehabt, mir falsche Hoffnungen zu machen. Hinzu kommt noch, daß ich über gemalte Würdenträger der Zaubererwelt eine Rückmeldung erhielt, daß meine vier Freunde in Thorntails eingetroffen sind und ich deshalb beruhigt weiter an meinen ZAG-Vorbereitungen arbeiten könne."

"Es ist erwiesen, daß es keine Muggelgeborenen gibt", schrillte Umbridge. "Minister Didier hätte dich umgehend ausgeliefert, wenn diese Sabberhexe Faucon nicht meinte, dich gegen Minister Thicknesse verwenden zu müssen."

"Ich weiß, den Versuch von Ex-Minister Didier gab's", erwiderte Julius darauf locker. "Aber er galt nie als legitimer Zaubereiminister Frankreichs. Ihre Informationen sind da vollkommen unbrauchbar, werte Angeklagte."

"Das Gericht weißt den Zeugen erneut an, nur auf Fragen und Vorhaltungen des Gerichts einzugehen, bis der Angeklagten erlaubt wird, sich zu seinen Aussagen zu äußern. Bei einer nochmaligen Ermahnung des Zeugen wird ein Bußgeld von einhundert Galleonen ausgesprochen", sagte Shacklebolt. Die Mitglieder des Gamots nickten zustimmend, auch Ceridwen Barley, die außer Julius und seinen hier versammelten Schulkameraden wußte, wer und wie für die Befreiung der vier aus Hogwarts zuständig gewesen war und warum Julius sich so sicher hatte sein können, daß niemand aus England ihn mit falschen Hoffnungen ködern konnte. Doch Ceridwen hatte ihre eigenen Gründe, die volle Wahrheit nicht ans Licht kommen zu lassen. Also bllieb sie ganz ruhig und schwieg.

"Hat es seitens der Angeklagten und der von ihr geleiteten Kommission weitere Versuche gegeben, Sie zur Rückkehr nach England zu bewegen?" Wollte Arthur Weasley wissen.

"Dazu müßte ich dem hohen Gericht erklären, wie unser Zaubereiministerium durch die Lage in Großbritannien verändert wurde und welche Aus- und Nachwirkungen das hatte", setzte Julius an. Ein aufforderndes Nicken zeigte ihm, daß er dies jetzt berichten sollte. So beschrieb er aus seiner Sicht, wie Frankreich immer wieder von Dementoren überfallen wurde, daß die verschwanden und niemand wußte, ob sie nur entführt oder auch getötet worden seien. Er erläuterte die Entwicklung von Didiers Politik, führte auch an, daß dieser seine Heirat vor Erreichen der Volljährigkeit nicht anerkenne, was ein gehässiges "Ha" von der Angeklagten auslöste, erwähnte den gescheiterten Versuch des Didier-Ministeriums, alle Muggelstämmigen einzuschüchtern und beschrieb den Aufbau des Gegenministeriums, dem sogar seine Mutter angehörte, obwohl sie keine Hexe war. Er konnte ruhig alles erwähnen, was eh im Miroir Magique oder der Temps de Liberté abgedruckt worden war. Er erwähnte die Aushungertaktik, die jedoch durch eine Vorkehrung der Gründer von Beauxbatons unwirksam gemacht wurde und erzählte vom Angriff der Schlangenmenschen auf die Schule und wie er von einem von diesen gebissen worden sei. Weil auch das schon längst durch die Presse gegangen war erwähnte er unbekümmert, daß Rita Kimmkorns Flotte-schreibe-Feder sich vor lauter Sensationen überschlug, daß nur eine Blutübertragung Madame Maximes verhindert hatte, daß das verheerende Gift der Skyllianri ihn in einen von ihnen verwandelt hatte. Dann kam er zur eingangs gestellten Frage und teilte dem Gericht mit, daß Madame Maxime und Professeur Faucon je einen Heuler erhalten hatten. Jetzt, wo er die Stimme der Angeklagten zum ersten mal und mit lauten Äußerungen gehört habe, könne er sie eindeutig als Verfasserin der Heuler bestätigen. Dabei sah er kurz auf die Angeklagte, besah sich ihre Ohren und grinste. Für einen Moment erbleichte die Angeklagte und wiegte den Kopf, als müsse sie etwas schweres daraus herausschütteln. Dann wandte er sich wieder an das Gericht, um sich nicht doch noch die Geldstrafe einzufangen. "Madame Maxime hat in meiner Anwesenheit einen Antwortheuler verfaßt. Daher kann ich den hiesigen Heilern nur meinen Respekt bekunden, daß die Angeklagte offenbar nicht an dauerhafter Schwerhörigkeit oder Ertaubung leidet." Die Zuschauer kicherten belustigt. Shacklebolt gebot: "Ruhe im Gerichtssaal!"

"Sie sagen also, daß Sie gezwungen waren, fast drei Monate in unmittelbarer Nähe Madame Maximes zuzubringen, weil das von dieser übertragene Blut ihr emotionales Gleichgewicht unterdrückt hat", griff Shacklebolt Julius' Aussage noch einmal auf. "Dann wird natürlich so mancher hier im Saal einwerfen, daß unter dem Eindruck unbeherrschter Gefühle jede tatsächliche Wahrnehmung beeinflußt wird. Wie kommt es dann, daß Sie uns hier so ruhig und für Ihr junges Alter überaus sachlich berichten können?"

"Weil ich gelernt habe, mich auf das wesentliche zu konzentrieren und von meinem Elternhaus her gelernt habe, bei wichtigen Befragungen so ruhig und sachlich wie möglich zu antworten", sagte Julius. "Außerdem stimmt das mit der Wahrnehmung nur in dem Sinne, in dem durch Gefühle wie Angst, Wut oder Freude Erlebnisse noch besser im Gedächtnis festgehalten werden, lernte ich von Schulheilerin Madame Rossignol, zu deren Gruppe von Pflegehelfern ich gehöre", führte Julius aus und zeigte sein silbernes Pflegehelferarmband. Er mußte dann auf Einwurf Ceridwen Barleys, die als Gamotmitglied auch frageberechtigt war, wenn die Leiter der Verhandlung dies zuließen kurz erwähnen, was die Pflegehelfertruppe von Beauxbatons war.

"Dann müssen Sie sehr diszipliniert sein", sagte Arthur Weasley. "Sie könnten ja immer mit verängstigten oder wütenden Leuten zu tun kriegen. Da dürfen Sie selbst keine Angst oder Wut kriegen."

"Mr. Andrews, ähm, Mr. Latierre wies bereits in den beiden Jahren seiner Ausbildung in Hogwarts ein sehr hohes, seiner Altersstufe vorauseilendes Maß an Disziplin und Aufmerksamkeit auf. Und da Beauxbatons weltweit dafür bekannt ist, eine sehr strenge Disziplin aufrechtzuerhalten, muß ich davon ausgehen, daß diese Charaktereigenschaft bei Mr. Latierre verstärkt wurde", warf Professor McGonagall ein. Ein leises Raunen ging durch den Saal. Julius konnte Kevin sehen, der verächtlich umherblickte. Umbridge sagte Professor McGonagall zugewandt:

"Sie und Dumbledore haben diesen Jungen offenbar als Paradebeispiel für die Richtigkeit ihrer Schulpolitik herangezogen. Natürlich müssen Sie jetzt etwas derartiges behaupten, wo das Ministerium weiß, wie illoyal Sie und Dumbledore waren und ich Sie nur nicht entlassen konnte, weil mir konkrete Gründe versagt blieben und Sie bedauerlicherweise die beste Lehrkraft für Verwandlung unterhalb von einhundert Lebensjahren sind." Julius konnte sehen, wie die Gamotmitglieder erheitert schmunzelten und hörte das hämische Kichern mancher Zuschauer, das er jetzt nicht so recht deuten konnte.

"Nun, wir wissen heute alle, warum das Zaubereiministerium unter meinem Vorvorgänger Cornelius Fudge meinte, gegen Dumbledores Schulpolitik vorgehen zu müssen und wer am Ende recht behalten hat", sagte Shacklebolt. Jetzt mußte auch Julius grinsen. Dieser hochgewachsene Afrobrite hatte einen unterschwelligen Humor. Viele in den Zuschauerreihen lachten kurz, bis der Zaubereiminister wieder um Ruhe im Saal ersuchte. "Aber, meine werten Kollegen vom Gamot, werte Zuschauer und auch Sie, Angeklagte, über dieses Kapitel der Ministeriumsarbeit wird dieses Gericht näheres erörtern, wenn die schwerwiegendsten Anklagepunkte erschöpfend behandelt wurden, nämlich Ihre freiwillige Beteiligung an der verbrecherischen Herrschaft einer Gruppe böswilliger Schwarzmagier, die sich selbst als Todesser bezeichnete, in Anleitung ihres Obersten, einem gewissen Tom Vorlost Riddle, genannt Lord Voldemort." Ein vereinter Schreckenslaut durchflutete den Gerichtssaal. Julius, Shacklebolt und Gloria Porter blieben als einzige vom Schrecken verschont. "Die Damen und Herren, er lebt nicht mehr. Das von seiner Bande eingerichtete Tabu ist längst aufgehoben. Also bitte mehr Rückgrat, wenn ich bitten darf." Julius grinste. Also ging es heute nur um die Verbrechen Umbridges im Namen der Todesser. Was sie in Hogwarts angerichtet hatte würde das Gericht später verhandeln. Eigentlich wollte er das jetzt auch wissen, was da genau passiert war. Kam das heute noch dran? jedenfalls wurde die Befragung beendet, weil er nichts weiteres über die Angeklagte beisteuern konnte. Diese pochte auf ihr Recht, die Aussagen des Zeugen zu hinterfragen, um sich zu verteidigen. Dies wurde ihr erlaubt. Julius straffte sich. Das war also jetzt der Augenblick, für den er hier hergekommen war, die unmittelbare, letzte Auseinandersetzung mit Dolores Jane Umbridge. "Okay, Baby, die Schau beginnt", dachte Julius, als er die wie eine fette Kröte auf ihrem Stuhl hockende Person im rosaroten Rüschenkleid ansah. Er fühlte knapp hundert Blicke in seinem Kreuz und vermeinte, ein sachtes Kribbeln zu spüren. Dann sagte dieses Geschöpf da auf dem Sünderstuhl:

"Es ist unmöglich, daß du Julius Latierre heißen kannst. Es ist minderjährigen nicht erlaubt, vorzeitig zu heiraten, schon gar nicht, wenn sie in einer magischen Lehranstalt lernen. Also bist du entweder ein Betrüger oder hast diese angebliche Ehe nur angenommen, weil die Verschwörerinnen McGonagall und Faucon meinten, deine Verbrechen decken zu müssen. Ich verstehe Snape nicht, daß er diese Person nicht entlassen hat. Falls du wirklich Julius Andrews bist kannst du mir sicherlich Dinge verraten, die nur das Zaubereiministerium über ihn kennt. Wann sollst du denn das erste Mal mit deinen angeblich angeborenen Zauberkräften aufgefallen sein?"

"Das war am fünfzehnten April 1986, ein unbewußter Bremszauber. Ich bin als Vierjähriger aus einem Fenster gestürzt und habe mich wohl so rechtzeitig abgebremst", erwiderte Julius, dem es lächerlich vorkam, solche Fragen zu beantworten. Wäre er wirklich ein Betrüger, hätte er das Vorleben dessen, den er darstellte gründlich genug studiert, um die Rolle auch perfekt spielen zu können. Julius sah die Angeklagte an und bekam deshalb nicht mit, daß Shacklebolt nickte. Er hörte ihn jedoch sagen:

"Jeder Besucher und Vorgeladene muß beim Eintritt in das Ministerium seinen oder ihren Zauberstab registrieren lassen. Der von Mr. Latierre vorgelegte Zauberstab entspricht den von Mr. Ollivander vorgelegten Angaben und stimmt auch in der Länge der Nutzung."

"Ollivander ist ein alter Mann", schrillte Umbridge. Dann fragte sie Julius mit einer alarmierend freundlichen Stimme:

"Welche Märchen haben dir diese widerliche Besserwisserin Faucon und ihre Tochter erzählt, weshalb deine Mutter meinte, mit dir nach Frankreich ziehen zu müssen?"

"Kein Märchen, Madam Umbridge. Es war nach Cedric Diggorys Tod klar, daß jemand ganz finsteres wieder am Werk war", sagte Julius. "Da Professeur Faucon und ihre Tochter das besser wußten als meine Mutter, konnten sie sie davon überzeugen, besser das Land zu wechseln. Hinzu kam noch, was Sie sicherlich wissen, daß mein Vater versucht hat, meine Mutter für wahnsinnig erklären zu lassen. Damals waren Sie Untersekretärin von Minister Fudge. Das ist bestimmt auch über Ihren Schreibtisch gegangen, was mein Vater angestellt hat. Bevor Sie jetzt behaupten, meine Mutter wäre wohl wahnsinnig gewesen und daher unfähig, sich weiter um mich zu kümmern: Es wurde nachgewiesen, daß ein netter Freund meines Vaters sie mit einer Vorrichtung bearbeitet hat, die sie glauben machen sollte, fremde Stimmen zu hören. Mein Vater wollte danach nichts mehr mit meiner Mutter und mir zu tun haben und ließ meine Mutter gehen. Was aus ihm wurde entnehmen Sie bitte den Zeitungen vom August 1996!"

"Das es illegal sein könnte, einfach so umzusiedeln ist deiner Mutter also nie in den Sinn gekommen?"

"'tschuldigung, Madam. Aber die Ausbildungsabteilung von Großbritannien und die von Frankreich haben das abgesegnet. Beide fanden also keinen Grund, das anzuzweifeln. Illegal war es wohl nur, als Mr. Riddle, der sich selbst lieber Lord Voldemort hat nennen lassen", Julius hörte wieder das Geräusch vieler erschreckter Menschen, "Thicknesse und Sie zu seinen Marionetten gemacht hat, wobei Sie ja freiwillig für ihn getanzt haben, nicht wahr?"

"Ich habe nicht für den Unnennbaren gearbeitet. Ich habe treu für das Zaubereiministerium gearbeitet", sagte Umbridge. Julius grinste innerlich und antwortete:

"Ja, und das wurde von erwähntem Unennbaren überwacht. Sie halten mir und allen anderen Zeugen vor mir wohl auch schon vor, gelogen zu haben. Wenn Sie jetzt behaupten, nicht mitbekommen zu haben, wer da wirklich das Sagen im Zaubereiministerium Thicknesse hatte, dann lügen jetzt Sie. Aber so weit ich weiß dürfen Angeklagte das im Gegensatz zu Zeugen." Verhaltenes Lachen wehte Julius von hinten in die Ohren.

"Ich habe in bester Absicht und Gewißheit für Minister Thicknesse gearbeitet, wie ich vorher unter Minister Fudge gearbeitet habe", zeterte Umbridge. Julius straffte sich und verdrängte die jungenhafte Zweideutigkeit dieser Worte aus seinem Bewußtsein. Dann sagte er ruhig:

"Verstehe, Sie haben immer nur Befehle ausgeführt, wie der Mann am Gashan von Auschwitz oder die Gefängniswärter von Nelson Mandela. Sie sind so eine arme kleine, ausgebeutete Hexe, die echt nicht versteht, warum man Sie vor Gericht stellt."

"Mr. Latierre, etwas weniger Ironie bitte", maßregelte Arthur Weasley ihn sachte. So fragte Julius:

"Auch wenn Sie bei Gründung der Kommission für Muggelstämmige noch einem Befehl gehorcht haben, so haben sie dessen Ausführung offenbar sehr genossen. Auch wenn jemand schon diese Frage gestellt hat: Was haben Sie gegen die Kinder von nichtmagischen Eltern?"

"Ihr seid Zauberkraftdiebe, ohne Tropfen anständigen Zaubererbluts, Schlammblüter!" stieß Umbridge so laut aus, daß es im Gerichtssaal leise nachklirrte. Julius blieb jedoch ruhig, obwohl er den Wutvulkan grummeln fühlte, der in ihm erwacht war. Doch diesen hatte er in der Zeit bei Madame Maxime zu häufig ausbrechen lassen und deshalb gelernt, ihn zu zähmen, soweit das ging. Außerdem hatte er mit diesem Wort gerechnet. So sagte er: "Aha, jetzt lassen Madame die Maske fallen. Also nicht nur pure Befehlsempfängerin, sondern auch leidenschaftliche Befehlsauslegerin, wie es ihr paßt und damit verantwortlich. Sie nennen mich ein Schlammblut? Sicher, die Slytherins und Todesser tun das auch gerne. Aber das Wort ist blanker Blödsinn. In meinen Adern wie denen anderer Muggelstämmiger fließt normales Blut. Das werde ich Ihnen hier und jetzt beweisen." Er Setzte den Fingernagel des rechten Zeigefingers in seine linke Handfläche und ritzte mit aller Kraft eine Wunde in die Hand. Ohne groß zu bedenken, wie das beim Publikum ankam ließ er kleine Blutstropfen in ein Taschentuch rieseln. "Kein brauner Schlamm, sondern echte, hellrote, mit Sauerstoff gut angereicherte Blutstropfen", sagte er, während einige Hexen und Zauberer perplex bis erschauert auf die Vorführung starrten. "Wenn das Gericht ein Trimaxglas besorgen möchte, um das zu untersuchen, und wenn einer, der oder die über mehr als zehn Generationen von Hexen und Zauberern abstand sich traut, eigenes Blut zum Vergleich abzugeben, dürfen Sie gerne vergleichen, ob mein Blut anders ist als das eines sogenannten Reinblüters, wie Slytherin ihn hofiert hat."

"Ich mache das", sagte Ceridwen Barley aus der Jury. Sie verließ ihre Bank und stellte sich neben Julius. Mit einem aus dem Nichts beschworenen Glasplättchen fing sie sein Blut auf und apportierte ein Trimaxglas. Für alle überdeutlich erschien über dem Glas, wenn es über das Plättchen gehalten wurde, ein metergroßes, kreisrundes Bild, in dem kleine, hellrote Scheiben in einer glasigen Flüssigkeit schwammen. Gewaltige, gelblich-weiße Kreaturen, Amöben gleich, schwammen durch die Vergrößerung. Hier und da konnten auch einzelne Plättchen beobachtet werden, die wie die losen Teile eines Puzzles in der klaren Flüssigkeit trieben. Ein Heiler aus dem Gamot bestätigte, daß dies das echte gesunde Blut eines Menschen sei. Ceridwen nickte und ließ das Glasplättchen verschwinden. Dann heilte sie durch kurzes Anstupsen mit ihrem Zauberstab Julius' Kratzwunde und brachte sich selbst mit ihren Fingernägeln eine Kratzverletzung bei, die natürlich feiner gezogen war, da ihre Nägel länger und etwas schärfer waren. Dann holte sie ein neues Glasplättchen aus dem Nichts, prüfte es mit dem Trimaxglas auf Verunreinigungen und ließ dann einige Blutstropfen darauf fallen. Wieder zeigte das Trimaxglas das Gewimmel der roten Scheiben, der losen Plättchen und der scheinbar träge, doch aus eigenem Antrieb dahinschwimmenden gelblich-weißen Kreaturen. Julius beobachtete, wie die losen Plättchen bereits durch Fäden, die aus der Flüssigkeit selbst entstanden, erst lose und dann fester verbunden wurden.

"Du solltest was für eine bessere Blutgerinnung tun, wenn du noch viel Quidditch spielen willst", flüsterte Ceridwen Julius zu, während der Heiler in der Jury bestätigte, daß es echtes Menschenblut sei. Julius erwiderte, daß Madame Rossignol ihm schon erklärt habe, daß durch die Blutübertragung sein Gerinnungsfaktor etwas gesunken sei, sich aber wohl von selbst wieder einspielen würde. Mrs. Barley heilte nun auch ihre Wunde, säuberte den mit Blut besprenkelten Boden mit "Ratzeputz!" und zog sich auf ihren Platz in der Jury zurück.

"Wenn ich die Dame aus meinen Zaubertrankstudien richtig wiedererkannt habe war es Mrs. Ceridwen Barley", sagte Julius laut genug. Die Gemeinte nickte bestätigend. "Dann möchte ich mich zuerst einmal dafür bedanken, daß Sie mir geholfen haben, hier vor Ihnen allen zu beweisen, daß das Blut eines sogenannten Muggelstämmigen nicht anders beschaffen ist als das einer Hexe aus einer wohlbekannten, sehr weit zurückreichenden Ahnenreihe von Hexen und Zauberern. Das Wort "Schlammblut" ist also nicht nur böswillig, sondern schlichtweg unrichtig, um nicht zu sagen, vollkommen dumm."

"Ceridwen Barley ist eine Blutsverräterin. Womöglich hat sich ihr Blut mit dem Blut ihrer von einem Muggel empfangenen Kindern vermischt", schnarrte Umbridge. Einige im Publikum schienen diese Behauptung nicht glattweg abzustreiten.

"Trotzdem fließt in meinen Adern kein Schlamm, Madam Umbridge", erwidete Julius beharrlich. Seine Ruhe und Kaltschnäuzigkeit beeindruckten wohl viele.

"Um uns nicht länger um dieses verwerfliche Wort zu zanken", griff Shacklebolt ein, "möchte ich dem Zeugen mitteilen, daß die Verbreitung einer mit abwertendem Titel beschriebenen Druckschrift zum Zwecke der Aufhetzung gegen unschuldige Mitglieder der magischen Welt zu den Anklagepunkten gehört. Daß die Angeklagte diese Schrift mit dem Unwort "Schlammblut" in Auftrag gab ist bereits bestätigt worden."

"Also noch mal, was haben Sie gegen Muggelstämmige?"

"Ihr verseucht die Zaubererwelt mit eurem unterentwickelten Verständnis für Größe, versucht, die Errungenschaften der magielosen Welt als Großtaten zu verkaufen und spielt euch als Erneuerer der Zaubererwelt auf, obwohl ihr eure Zauberkraft nicht angeboren bekamt. Oder eure verbrecherischen Eltern haben unbescholtenen Zauberern Blut abgenommen, Zauberstäbe geraubt und was noch alles, um sich in den unberechtigten Besitz von Magie zu bringen, um Schl... solche Brut wie euch auf uns loszulassen wie einen Schwarm Heuschrecken", krakehlte Umbridge.

"Mit anderen Worten, Sie haben Angst vor den Muggelstämmigen. Und was die ganzen Anschuldigungen angeht basieren diese also auf blanker Furcht", donnerwetterte Shacklebolt dazwischen. Julius meinte, daß man diese Stimme ganz sicher bis draußen hören konnte. Dolores Umbridge versuchte, sich den sie haltenden Ketten zu entwinden. Doch es gelang nicht. Als sie Julius noch anfuhr, er sei doch nur ein Schoßhund von Professeur Faucon, die die Abschaffung der althergebrachten Werte verkörpere sagte er:

"Sie spielen sich hier als Beschützerin der alten Werte auf? Welche alten Werte sind das?" Umbridge zuckte zusammen. Dann sagte sie harsch:

"Wundert mich nicht, daß Sie diese nicht kennen, Mr. Andrews."

"Offenkundig hat Madame Maximes Heuler doch mehr Schaden an Ihrem Gehör hinterlassen, als ich dachte", erwiderte Julius. "Denn sonst hätten Sie es kapiert, daß ich Latierre heiße."

"Verheiratet mit der Tochter aus einer Familie von Rammlern und läufigen Hündinnen", feuerte Dolores Umbridge zurück. "Ich hätte persönlich losziehen sollen, dich zurückzuholen." Julius grinste in sich hinein. Hatte sich dieses Weib doch verplappert. Denn wo sie vorher alle Behauptungen als Lügen abgetan hatte, gab sie jetzt zu, hinter ihm hergejagt zu haben.

"Das wäre anständiger gewesen, als jemanden wie Professor Snape anzustiften, vier Schüler in Hogwarts mit Dementorenküssen zu bedrohen. Aber mit den Dementoren haben Sie es ja. Die wollten Sie ja noch befreien, wenn ich die Meldungen in der Zeitung richtig verstanden habe. Ich hoffe, das Gericht und die Zuschauer haben es alle klar und deutlich verstanden, daß Sie gezielt hinter mir her waren und meine Schulfreunde als Köder mißbrauchen wollten, um mich vor ihnen im Staub kriechen zu lassen. Und was meine angeheiratete Verwandtschaft angeht: Rammler sind flink, stark und groß. Hündinnen haben eine gute Nase für das richtige und sind treu. All das kann ich hier von Ihnen nicht behaupten. Und bevor ich meine von Professor McGonagall gelobte Disziplin vergesse, erbitte ich vom Gericht die Antwort, ob ich noch befragt werden soll oder nicht?"

"Dich hätte es nie geben dürfen", knurrte Umbridge. Julius lachte nun los. Denn genau das mochten sie alle denken, denen er in die Suppe gespuckt hatte, Hallitti, weil er Anthelia zu ihr hingeführt hatte, dito Igor Bokanowski, dann noch den Erschaffer der Schlangenmenschen und zum Schluß noch den über seine eigene Machtgier und Überlegenheitseuphorie gestürzten Tom Vorlost Riddle, dem er zwei Touren vermasselt hatte, die mit den Bildern und die mit der Skyllianri-Armee. So sagte er auch: "Solange es noch mehr Leute sind, die mich nicht vermissen wollen als die, die mich lieber nie auf dieser Welt gesehen hätten, kann ich wunderbar damit leben. Ich weiß zwar nicht was meine Zukunft bringt, weil ich die selbst gestalten muß. So wie ich das jetzt schon sehe, besteht bei Ihnen keine Sorge, daß Sie ihre eigene Zukunft regeln müssen. Das werden ganz sicher andere tun."

"Der Zeuge ist entlassen", belferte Mr. Weasley, der nicht wollte, daß die Auseinandersetzung so weiterging, ohne für das Gericht relevante Neuigkeiten zu erbringen. Immerhin hatte Umbridge zugegeben, ihn gejagt zu haben. Damit hatte sie die von ihm erwähnte Erpressung indirekt eingestanden. Er wandte sich von der Angeklagten ab und steuerte Mr. Porter an. Als Umbridge sah, daß er nicht nur nicht aus dem Saal verschwand, sondern zu den Porters hinüberging, krakehlte sie "Verrat. Die Zeugen Porter und Andrews haben ihre Aussagen abgestimmt."

"Dümmer geht immer", grummelte Julius, als er neben Gloria zu sitzen kam.

"Shacklebolt ist ein Pokerspieler. Er hat gehofft, daß du cool bleibst und nicht so ausfällig wirst wie andre Jungen, wenn sie angefaucht werden", flüsterte Mr. Porter, während im Gerichtssaal geraunt wurde. Shacklebolt befahl erneut "Ruhe im Gerichtssaal!" Dann sagte er ganz ruhig, daß es keine wortwörtlichen Übereinstimmungen der Aussagen gab und Gloria Porter die Fragen anders beantwortet hatte als Julius Latierre. Dann rief er den nächsten Zeugen, dessen Namen Julius nicht kannte. Dieser Zeuge gehörte zu den verfolgten und in Askaban eingesperrten Muggelstämmigen. Umbridge, vom Auftritt Julius' Latierres wohl doch etwas vorsichtiger, warf ihm bei ihrer kurzen Auseinandersetzung vor, eine Revolte im Ministerium angestachelt zu haben. Danach kam einer, der fast unter Tränen aussagte, wie er fälschlich für muggelstämmig erklärt wurde, obwohl sein Vater ein reinblütiger Zauberer war. Dirk Cresswell, vor und nach dem Todesser-Regime Leiter des Koboldverbindungsbüros, sagte aus, daß er beinahe von der Umbridge-Kommission festgenommen wurde, weil der Halbblütigkeitsstatus seines Vaters aufgehoben worden sei. Dies, so Cresswell, sei wohl in der Absicht geschehen, einen erwiesenen Todesser auf seinen Posten zu versetzen. Julius nickte verärgert. So hatten diese Banditen sich also auch gute Posten ergaunert. Umbridge wollte das als pures Mißverständnis abtun, als böswillige Fälschung Runcornes, der für die Blutstatusüberprüfungen zuständig war. Doch damit kam sie nicht aus dem Schlamassel heraus. Denn ein anderer Zeuge schilderte in seiner Aussage, wie er mitgehört hatte, wie Umbridge dem Minister Vorschläge für eine verbesserte Suche nach Muggelstämmigen angeboten hatte. Thicknesse selbst war noch im St.-Mungo. Doch ein Heiler von dort hatte eine Aussage mitgebracht, die an Eidesstatt vorgelegt wurde und von den behandelnden Heilern als glaubhaft ausgewiesen wurde, daß er Umbridge zur Einrichtung und ausarbeitung der Kommission beauftragt habe, sie aber nicht dazu beauftragt habe, reinblütige Hogwarts-Schüler als Köder für einen flüchtigen Ruster-Simonowsky-Zauberer zu bedrohen. Thicknesse habe - im Einfluß des Imperius-Fluches, dieses Vorhaben als seinem Hauptbefehl angemessen mitgetragen.

Gegen halb elf wurde Tim Abrahams aufgerufen. Dieser schlenderte gelassen an den Bänken vorbei und postierte sich so, daß er alle gut sehen konnte und ohne Probleme zum Gericht sprechen konnte. Seine Matrosenkappe lugte aus der rechten Außentasche seines marineblauen Umhangs. Er wurde befragt, was seine Eltern taten, wo er im Ministerium gearbeitet habe und wie er von der Vorladung erfahren und wie er sich der Festnahme durch Umbridge persönlich hatte entziehen können. Umbridge deutete auf Ceridwen Barley und keifte: "Also Sie haben diesem Schlammblut zur Flucht verholfen."

"Sie langweilen langsam", erwiderte Ceridwen Barley und schilderte dem Gamot rasch, wie sich das zugetragen hatte und warum. Tim berichtete davon, daß die Barleys ihn aufgenommen hätten, weil Ceridwen mit einem Muggel verheiratet sei und daher vollstes Verständnis für die Sorgen der Muggelstämmigen habe und ihre jüngste Tochter Galatea bereits seit der Schulzeit heimlich in Timothy verliebt gewesen sei. "Wie rührend", spottete Umbridge und forderte die sofortige Entlassung von Ceridwen Barley aus dem Gamot wegen erwiesener Befangenheit. Shacklebolt überlegte kurz. Offenbar hatte er mit dieser Wendung nicht gerechnet. Julius fürchtete schon, daß das ganze Verfahren daran zerplatzen würde wie ein dahinschwebender Luftballon an einem Kaktus. Dann sagte er: "Mrs. Barley wird hiermit offiziell ersucht, sich bei der abschließenden Abstimmung zu enthalten." Ceridwen Barley bestätigte diese Anweisung.

"Uff, ich dachte schon, der Fall zerbröselt deswegen", seufzte Julius, als kurzes Getuschel im Publikum aufkam. Umbridge witterte Morgenluft und versuchte, auch andere Gamotmitglieder, Shacklebolt und Weasley eingeschlossen, wegen Befangenheit auszuschließen. Doch Shacklebolt wies diese Anträge zurück. Er erklärte:

"Es ist ein Sonderfall, da ein zeuge und ein Gamotsmitglied familiäre Beziehungen pflegen. Ich habe das schon bedacht. Da der Zaubergamot jedoch vollständig zu erscheinen hat, wenn Prozesse über derlei strafbare Handlungen geführt werden, wie Sie Ihnen, Madam Umbridge zur Last gelegt werden, muß Mrs. Barley anwesend bleiben, darf sich aber weder für noch gegen Ihre Bestrafung aussprechen. Fertig!"

"Dieses Weib da kultiviert den Unrat diebischer Zauberkrafträuber", protestierte Umbridge mit hoher Stimmlage. Julius fragte sich, ob Shacklebolt darauf ausging, daß die sich ihre eigene Stimme aus dem Hals schrie.

"also die galt mal als besonders durchtrieben", knurrte Gloria. "In Hogwarts hat sie meistens ganz ruhig geklungen, wenn sie die größten Gemeinheiten angekündigt hat."

"Hast du das erzählt?" Wollte Julius wissen.

"Kommt vielleicht noch", entgegnete Gloria kampfeslustig. Dann wurde wieder um Ruhe ersucht. Tim sprach weiter, daß Umbridge ihn im Versteck nicht mehr gefunden habe. Julius fragte sich, ob Tim die Zusammenarbeit mit seiner Mutter erwähnen würde. Immerhin gehörte er ja nicht zur Sub-Rosa-Gemeinschaft. Tatsächlich erzählte Tim von einer internationalen Fluchthilfeorganisation, mit deren Hilfe er bedrohte Muggelstämmige aus dem Land schaffen konnte. als er nach Namen britischer Mitglieder gefragt wurde nannte er seinen eigenen, den seiner Frau und einige andere Muggelstämmige, die sich noch rechtzeitig hatten absetzen können. Mit wem er so im Ausland zusammengearbeitet habe wurde er dann noch gefragt. Jetzt kam es wohl raus, dachte Julius.

"In Deutschland Pomponius Krautwein aus Bielefeld, in Spanien Almadora Fuentes Celestes und in Frankreich Martha Andrews." Bums! Da war die Bombe geplatzt. Umbridge bekam noch größere Augen, die gleichsam so eng zusammenrückten, daß Julius, dem gerade etwas mulmig zu Mute wurde, meinte, sie verwandele sich vor Wut in einen weiblichen Zyklopen. Shacklebolt stieß jedoch mit dem Zauberstab in ihre Richtung. Julius vermeinte an seinen Lippen das Wort "Silencio" ablesen zu können.

"Der Zeuge Latierre ist noch im Saal. Frage: Ist Martha Andrews Ihre leibliche Mutter?" Julius erhob sich, wandte sich dem pflaumenblauen Zaubergamot zu und sagte nach einem kurzen Durchatmen:

"Ja, hohes Gericht, Martha Andrews ist meine leibliche Mutter."

"Warum haben Sie uns nicht erzählt, daß Ihre Mutter mithalf, muggelstämmige Hexen und Zauberer außer Landes zu bringen?" Fragte Arthur Weasley ein wenig ungehalten. Julius blieb jedoch ruhig und antwortete:

"Sie haben mich nur nach dem befragt, was ich erlebt habe, Sir." Wieder ging ein Raunen durch den Saal. Dann hörte er leises Kichern. Mr. Weasley mußte auch grinsen. Der Bursche war schließlich nicht gefragt worden, ob seine Mutter noch mehr machte als im Gegenministerium zu arbeiten.

"Gut, wir hätten vielleicht Mrs. Andrews auch vorladen müssen", grummelte Shacklebolt. Umbridge schüttelte den Kopf. Eine Muggelfrau vor dieses Gericht zu laden erschien ihr so, als würde eine Maus vor einem Menschengericht aussagen. Sollte Julius ihr die Gemeinheit des Tages einschenken. Arthur Weasley wandte dann laut genug für den Zaubergamot ein, daß daran gedacht worden sei, der französische Zaubereiminister jedoch wichtige Amtsgeschäfte für sie angesetzt habe. Julius grinste innerlich. Grandchapeau hatte das offenbar vorhergesehen, um ein Ding wie bei der Verhandlung gegen Pétain nicht noch einmal vor einem Gericht passieren zu lassen. "Abgesehen davon, daß sie dann wohl eher vom Hörensagen her bekunden könnte", wußte Weasley noch eine rechtskräftige Begründung für den Verzicht auf die Zeugin Martha Andrews. Sicher, wer nur von anderen erzählt bekam, was passierte, war nicht unbeeinflußt und eine solche Aussage daher wertlos.

"Kommen wir also zurück auf Ihre Untergrundarbeit, Mr. Abrahams. Wer kam zu Ihnen und wie gelang es Ihnen diese Leute unerkannt außer Landes zu schmuggeln, wo Thicknesse doch sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel auf heimlich mitreisende Zauberer überprüfen ließ?"

"Der zauberschmied Florymont Dusoleil aus Millemerveilles fertigte besondere Gegenstände an, die die verräterische Ausstrahlung magischer Eigenkraft abschirmten. Damit gelang es, die Flüchtenden an den Prüfern vorbeizuschmuggeln", sagte Abrahams. Umbridge zeterte derweil. Doch durch Shacklebolts Zauber war kein Laut aus ihrem Mund zu vernehmen. Tim sprach weiter von seinem Fluchthelferdienst und erwähnte auch die Panne am ersten Mai, wo ein offenbar dazu gezwungener Flüchtling eine Gruppe an Umbridges Kommission verriet. Einen Tag später war dann alles vorbei.

Umbridge erhielt ihre Stimme zurück, als die Befragung vorbei war. Sie starrte immer wieder zu Julius hoch, der in Gedanken "Bin immer noch da" feixte. Mentiloquieren ging hier ja nicht. Er konnte nur hoffen, daß dieser Hexe nie wieder ein Zauberstab in die Hände fiel, mit dem sie seine Mutter und ihn verfluchen konnte. Sie herrschte Tim Abrahams an, er habe das Ministerium verraten, habe ausländischen Hexen und zauberern bei einem Umsturz helfen wollen. Sie habe nur den Auftrag von Thicknesse erhalten, ihn und andre Aufrührer zu prüfen und gegebenenfalls festzunehmen.

Tim Abrahams stellte sich nun stramm vor der Angeklagten hin, stemmte seine Hände in die Hüften und sagte für alle vernehmlich:

"Sie reden sich also auf reine Befehlsbefolgung raus, wie? Wenn Sie schon so viel in Ihrer Kommission alleine steuern wollten, dann beweisen Sie einmal nur die Größe und gehen mit dem Schiff unter, das sie auf Grund gesetzt haben!"

"Sie hätten in den Armen dieser Morpuora verrecken sollen", feuerte Umbridge eine für Tim wohl sehr schmerzhafte Verwünschung ab. Julius hatte die Geschichte im groben Umrissen ja erzählt bekommen. Morpuora hieß diese Sabberhexe also. Doch Tim Abrahams steckte diesen Tiefschlag weg wie ein Boxer mit Eisenhosen und erwiderte:

"Im Gegensatz zu Ihnen war die zumindest ehrlich. Aber ich bin froh, bei einer richtig netten Hexe gelandet zu sein. Haben Sie noch einen schönen Tag!" Viele vor allem männliche Zuschauer und Jurymitglieder mußten breit grinsen, als Tim so dastand und wartete, daß er entlassen wurde. Er ging zu seiner Frau hinüber und setzte sich. Dann kamen noch einige Muggelstämmige Jugendlichen, die wohl nach Julius Aufruf vor dem Gerichtssaal eingetroffen waren. Sie schilderten die Entführung aus dem Zug. Cynthia Flowers, die neben einer Hexe saß, die ähnlich wie sie aussah, brach dabei in Tränen aus. Zum Glück sah Umbridge das nicht. Als die fünft- und Sechstklässler ihre Geschichten erzählt hatten, wurde noch eine Mary Cattermole hereingebeten, die von ihrem Prozeß erzählen sollte. Das Unbehagen, mit dem sie dies tat ließ Julius darauf schließen, daß dieser auch in diesem Raum stattgefunden hatte. Dann schilderte sie, wie ihr Mann, Mafalda Hopfkirch und ausgerechnet Albert Runcorn sie und andere Muggelstämmige da herausgeholt hatten. Sie erwähnte einen Patronus, der ein silberner Hirsch war. Julius fühlte es wie einen elektrischen Schlag, der nicht nur durch seinen Kopf, sondern durch alle Köpfe im Publikum zuckte. Im Grunde, rein biologisch gesehen, mochte es ja auch sowas sein, eine elektrische Entladung der Erkenntnis im Gehirn. "na ja, als ich dann noch mal meinen Mann traf kapierte ich es, daß der erste nicht mein Mann war, sondern ein Doppelgänger und daß die drei, die uns befreit haben, dann alle Doppelgänger gewesen waren." Umbridge stieß nur ein Wort aus: "Potter!"

"Das habe ich vermutet", grinste Shacklebolt wie ein Kühlergrill. "Nun, Mrs. Cattermole. "Gehen Sie bitte hinaus und richten Sie Ihrem Mann meine besten Grüße aus und daß er nicht mehr benötigt werde!" Mrs. Cattermole bedankte sich und verließ den Gerichtssaal so schnell, daß sie fast zu rennen begann. Umbridge wollte ihr wohl noch was nachrufen. Doch ein neuerlicher Schweigezauber Shacklebolts verhinderte dies. Dann wurde Harry Potter persönlich aufgerufen. Der Held der Schlacht von Hogwarts, der Sieger über Voldemort, der Befreier der britischen Zaubererwelt, der Junge, der den Todesfluch überlebt hatte, ging mit erhobenem Kopf zwischen den Bänken hindurch und sah mit unverhohlener Genugtuung Dolores Umbridge auf ihrem Kettenstuhl. Dann wurde er befragt, warum er nicht nach Hogwarts zurückgekehrt sei. Harry berichtete von einem Geheimauftrag Dumbledores, um nach den Dingen zu suchen, die Voldemort so große Macht verliehen hätten, um sie zu zerstören. Dann schilderte er die Suche nach den gewissen Gegenständen und wie er von Mandangus Fletcher erfahren hatte, wo er einen davon wiederfinden würde, bei Dolores Umbridge. Er beschrieb, wie er, Hermine Granger und Ron Weasley den Einbruch ins Ministerium geplant und mit Vielsaft-Trank die Rollen dort arbeitender Hexen und Zauberer übernommen hatten. Dolores Umbridge schäumte jetzt vor Wut. Harry erwähnte, wie er das magische Auge des bei seiner Flucht vor den Todessern gefallenen Moody wiedergefunden und an sich gebracht hatte, wie er den Gerichtssaal aufgesucht und Umbridge den besagten Gegenstand fortgenommen hatte. Hermine hatte eine Geminio-Kopie davon hergestellt, um das eigentliche Motiv des Einbruchs zu verschleiern. Dann ging es nur noch darum, daß er sich mehr als ein dreiviertel Jahr ständig an anderen Orten versteckt habe. Er wurde noch gefragt, ob er bei der Schlacht von Hogwarts etwas von Dolores Umbridge gesehen habe. Er verneinte es. Dann durfte er sich zu den Zuschauern setzen, und Hermine Granger trat ein, die die Erlebnisse des letzten Jahres aus ihrer Sicht schilderte und auch erwähnte, daß sie den Anhänger kopiert hatte. Umbridge starrte sie verbittert an. Hermine blickte genauso verbittert zurück und sagte nur:

"Ich verstehe es bis heute nicht, daß jemand so bösartiges wie Sie existieren kann. Es hat mich richtig gefreut, Ihnen die ganzen armen Muggelstämmigen aus den Händen zu reißen, bevor Sie Ihren Sadismus an ihnen ausleben konnten. Kommen Sie bloß nicht damit, Sie hätten nur Befehle ausgeführt!" Im Publikum lachten alle leise. Shacklebolt warf ein, daß dies hier schon öfter besprochen worden war. Hermine nickte wild. Dann durfte sie sich auch ins Publikum setzen.

Ron Weasley schilderte nun die ganze Sache aus seiner Sicht, was für Julius so war, als sehe sich jemand den gleichen Film aus drei verschiedenen Blickrichtungen an. Dann kamen noch zwei, die am ersten Mai festgenommen worden waren. Sie schilderten ihre Verhaftung und den Mord an dem, der sie verraten hatte.

"Die fährt jetzt für immer ein", vermutete Julius, als das Gericht sich auf drei Uhr Nachmittags vertagte. Harry und die anderen in Hogwarts gebliebenen Schüler zur Zeit von Großinquisitorin Umbridge würden erneut in den Zeugenstand gerufen werden. Für Julius war damit der aktive Teil vorbei.

"Die Cruciatusfoltern, die einige der Zeugen vor Gloria erwähnt haben bringen sie schon ins Gefängnis", erwiderte Plinius Porter. "Wenn ihr jetzt noch ein Mord oder eine Anstiftung zum Mord nachgewiesen wurde, dann kommt die nicht mehr lebend aus dem Gefängnis frei."

"Ich hatte schon Bammel, das ganze Verfahren zerbröselt, weil Tims Schwiegermutter zum Gamot gehört oder meine Mutter bei dieser Fluchthilfeaktion mitgemacht hat", sagte Julius.

"Auf jeden Fall ist die die längste Zeit Ministerialbeamtin gewesen", sagte Gloria. "Wenn wir heute nachmittag noch aussagen, wie die uns in Hogwarts gepiesackt hat, will die eh keiner mehr sehen."

"Gute Bestrafung. Lebenslängliche Unsichtbarkeit und Unhörbarkeit", erwiderte Julius.

"Wo gehen wir essen?" Fragte Kevin seinen Vater.

"Zu uns nach Hause", sagte Mr. Malone. Julius verabschiedete sich bis zum Nachmittag von Kevins Familie, den Hollingsworths und den Abrahams. Auch die Porters und er flohpulverten lieber in die eigenen vier Wände. Allerdings wartete dort niemand. Mrs. Porter, die Redliefs und Millie waren wohl irgendwo auf einer Tour für Hexen.

"Du hast dich gut gehalten, Julius. Ich hatte echt gedacht, dich macht es wütend, diese Hexe da vor dir zu sehen, die dich mit allen Mitteln in ihre Fänge kriegen wollte."

"Mit allen nicht, haben Sie ja gehört. Sie ist ja nicht selbst losgezogen, um mich zu kassieren."

"Da wäre sie wohl voll gegen eine Wand gekracht", meinte Gloria. "Nachdem, was du erzählt hast hätten Madame Maxime und Professeur Faucon dich niemals aus Beauxbatons rausgelassen, und wenn die dich in irgendwas leicht versteckbares verwandelt hätten."

"Ist ja nicht passiert", entgegnete Julius leicht unbehagt. Das hätte er den beiden ranghöchsten Hexen von Beauxbatons wirklich zugetraut. Aber es hätte wohl schon gereicht, ihn nach Millemerveilles zu bringen. So bösartig und menschenverachtend die Umbridge war, wäre die dort nie hineingekommen."

"Nifty, was hast du zu Essen für uns?" Fragte Mr. Porter seinen Hauselfen. Der kleine Diener erschien mit lautem Knall und tischte Hühnersuppe, Schweinefleisch süß-sauer mit Reis und anschließend Bananen im Honigteigmantel auf. Sie aßen bis kurz vor Drei. Dann flohpulverten die Porters mit "Zaubereiministerium!" zurück in das Atrium, die weitläufige Halle im achten Stock des unterirdischen Machtzentrums der britischen Zaubererwelt. Vor dem Gerichtssaal mußten die Zeugen wieder warten, alles Schüler. Julius fragte sich, ob es überhaupt Zeugen der Verteidigung für Dolores Umbridge gab. Am Morgen waren keine aufgerufen worden. Vielleicht kamen die jetzt alle dran.

"Ui, du bist aber groß geworden", grüßte ihn eine weibliche Stimme von hinten. Julius drehte sich um und sah Lea Drake, die ganze vier Jahre älter aussah, als sie eigentlich war. Woran das lag wußte er. Und auch Gloria wußte es. Denn sie knirschte mit den Zähnen, als Lea sie begrüßte.

"Na, schön amüsiert in Hogwarts", grummelte Gloria. Lea schüttelte den Kopf.

"Du glaubst, mir hätte das Spaß gemacht, zuzusehen, wie die Carrows da gehaust haben, wie? Abgesehen davon bin ich aus drei Kleidergrößen rausgewachsen. Gut, Mum auch, aber aus einem anderen Grund." Da kam Mrs. Drake auch um die Biegung. Sie schnaufte sichtlich, weil sie in wenigen Tagen Zwillinge erwartete. Julius gratulierte Mrs. Drake noch einmal.

"Ich bin jetzt so weit, daß ich mich doch freue, die beiden zu kriegen, allein schon, um die nicht mehr dauernd mit mir rumtragen zu müssen", schnaufte Proserpina Drake. "Aber du hast dich ja sehr gut entwickelt, Julius. Ich hörte, du seist bereits mit fünfzehn verheiratet worden. Dann wird deine Angetraute wohl stolz sein, einen so großen Burschen um sich zu haben."

"Sind Sie auch als Zeugin geladen?" Fragte Julius. Dann las er auf Mrs. Drakes Umhang: "Proserpina Drake Begleiterin von Lea Drake" und nickte.

"Lea, du bleibst draußen, bis du reingerufen wirst! Ah, die Porters zurück aus den Staaten oder nur im Urlaub?"

"Meine Tochter will hier ihr ZAG-Jahr wiederholen, wohl genau wie Ihre", sagte Mr. Porter verhalten.

"Dann sehen sich Lea und Ihre Gloria ja wieder im Zug", erwiderte Proserpina Drake und watschelte auf den Eingang zum Saal zu. Julius folgte Mr. Porter, flankiert von Tim und Galatea Abrahams.

"So sehe ich in fünfundzwanzig wochen wohl auch aus", sagte Galatea und deutete auf Proserpina. Dann tauchte auch noch Prudence Whitesand zusammen mit Cho Chang auf. Auch Prudence trug neues Leben in sich, wußte Julius. Doch er wollte sie nicht hier und jetzt darauf ansprechen. Vielleicht ergab sich morgen eine Gelegenheit dazu.

Im Gerichtssaal war der Zaubergamot wieder vollständig angetreten. Julius setzte sich mit Mr. Porter auf eine der Zuschauerbänke weit genug weg von der untersten Ebene des Saales, wo die Angeklagte noch nicht erschienen war. Erst eine Minute nach drei wurde sie von vier starken Zauberern hereingeführt und in den Stuhl gesetzt, aus dessen Armlehnen sofort die Ketten um ihren Körper schlugen und sie klirrend festhielten.

Die kommenden Stunden waren geprägt von ständig wiederholten, wenn auch immer aus der Sicht anderer Menschen geschilderter Gräueltaten, die damit begannen, daß sie vor die von Umbridge gegründete Kommission zitiert und dort im Eilverfahren als Zauberkraftdiebe abgeurteilt wurden. Die Zeugen beschrieben die Zeit in Askaban. Einige erwähnten sogar, daß sie nach ihrer Freilassung feststellen mußten, daß ihre Verwandten ermordet worden waren, was für die Muggel als Verkehrs-, Feuer- und Arbeitsunfälle ausgegeben wurde. Ähnlich wie es den Leelands, Powders und Sterlings erging, wurden viele von den Vertuschungsexperten, die das Amt für Desinformation übernommen hatten, für tot oder gar nicht existent erklärt, was für die Freigelassenen den Verlust ihrer Familien und ihrer Habe bedeutete. Um Acht Uhr abends wurde die letzte Zeugin des Tages, eine Sheryl Pennymaker, zu ihrer beinahe geglückten Flucht von den Inseln befragt. Sie erwähnte, daß sie über Abrahams geheime Fluchthelferorganisation ein Mieder erhalten hatte, daß die eigene Magieausstrahlung verhüllte. Allerdings seien sie wohl verraten worden. Denn Yaxley und Umbridge persönlich erschienen kurz vor der geplanten Abreise und ermordeten Lester Barkshire, den, der von den Todessern erpreßt worden war, sie alle zu verraten. Damit hatte Umbridge nun noch einen vollendeten Auftragsmord auf dem Kerbholz, erkannte Julius, der immer wieder durchatmen mußte, um die in ihm aufwallende Wut niederzuhalten. Wie viel Unheil hatte diese Frau, dieses wirkungsvolle, gut geölte Rad im Terrorgetriebe der Todesser, doch über ihre Mitmenschen gebracht.

"Auch wenn viele hier meinen könnten, des unvorstellbaren schon genug vernommen zu haben", beendete Minister Shacklebolt in einer unbegreiflichen Gelassenheit, "so wird das gericht noch zwanzig Zeugen aufrufen, um dem Recht zur vollen Geltung zu verhelfen. Das Gericht vertagt sich auf morgen, den dreizehnten Juli, acht Uhr früh. Zuschauer und Angehörige der Zeugen werden gebeten, zehn Minuten vor der Eröffnung in diesem Gerichtssaal zu erscheinen. Ich wünsche Ihnen allen einen angenehmen Heimweg, und, sofern Sie nach all dem, was wir heute zu hören bekamen dazu fähig sind, eine erholsame Nachtruhe."

"Ich habe Yaxley nicht befohlen, dieses Schlammblut zu töten, das müssen Sie noch festhalten", protestierte Dolores Umbridge mit einer bereits angekratzt klingenden Stimme. Shacklebolt ließ diese Äußerung so ins Protokoll aufnehmen, auch wenn bereits die Vertagung verkündet war. Julius hatte nicht übel Lust, dieser unbelehrbaren Kröte da dieses Schmutzwort in ihr breites Maul zurückzuschlagen. Doch was hätte es ihm gebracht außer einigen Sekunden Erleichterung?

"Wann wird sie verurteilt?" Fragte Julius Mr. Porter, als sie den großen Gerichtssaal verlassen hatten.

"Hängt davon ab, wie lange besagte zwanzig Zeugen noch brauchen. Normalerweise dauern Verhandlungstage immer von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Dann muß sich der Zaubergamot noch beraten, was je nach Menge und Länge der Aussagen zwei bis acht Stunden dauern kann. Meine Mutter war damals bei dem Prozeß gegen Karkaroff dabei. Sie haben nur eine Stunde gebraucht, um seine Mithilfe gegen seine Taten aufzuwiegen und haben ihn dann freigesprochen, wegen reuevoller Mithilfe bei der Verfolgung flüchtiger Todesser."

"Dagegen war das, was sie sich in Hogwarts geleistet hat echt wenig", seufzte Gloria. Sie sagte "wenig" nicht "harmlos", bemerkte Julius sehr genau.

"Wo gibt es hier in der Nähe eine Kneipe mit Fernseher, damit ich zumindest noch etwas vom WM-Endspiel mitkriegen kann?" Fragte Julius.

"Erst mal müssen wir unsere Frauen abholen", legte Mr. Porter fest. Julius grummelte ein wenig. Doch er mußte einsehen, daß es wohl anständig war, erst die anderen Familienmitglieder wiederzutreffen. Im Zweifelsfall konnte er mit seinem Handy bei seiner Mutter anrufen und von ihr das Ergebnis kriegen.

Per Flohpulver ging es in den tropfenden Kessel, wo die Redliefs, Dione Porter und Mildrid schon saßen. Millie umarmte ihren Ehemann, der von den gehörten Grausamkeiten sichtlich betroffen dreinschaute. Julius sagte nur:

"Die Frau ist eigentlich schon fällig. Aber die müssen alle Zeugen vernehmen, die sie auftreiben konnte, Millie. Deshalb geht das morgen weiter. Vielleicht sind die dann am vierzehnten durch."

"War klar", sagte Millie. "Ich habe mit den Redliefs und Mrs. Porter die Winkelgasse unsicher gemacht und dann das London der Muggel besichtigt. Schon eine imposante Stadt, wenn man die ganzen Autowagen und Busse wegläßt, die die Luft verpesten."

"Da waren mindestens zehn Leute, die erwähnt haben, daß ihre Eltern gefoltert und ermordet worden sind", sagte Julius. Einige wurden nicht als Zauberer anerkannt, weil beide Elternteile muggelstämmig waren. Und ich dachte schon, sowas wie Hitler-Deutschland oder die sogenannte DDR hätte es nur bei den Nichtmagiern geben können."

"Was immer das für Länder waren, Julius, es hat immer schon Hexen und Zauberer gegeben, die grausame Vorstellungen hatten, wie die Welt auszusehen habe", sagte Melanie Redlief. "In Amerika gab es auch die sogenannte Repatriierung, wo Hexen und Zauberer aus den Kolonien zurückgeholt werden sollten. Die sich dagegen gewehrt haben wurden häufig brutal ermordet."

"Stimmt, sowas ähnliches hat Gloria erzählt, warum Wishbone die Schotten dichtgemacht hat, weil er sich nicht von europäischen Zauberern dreinreden lassen wollte", erinnerte sich Julius.

"Wenn ich das richtig mitbekomme habt ihr für acht Tage gepäck mit", sagte Mrs. Porter. "Dann können Julius und Gloria noch zum Ende der Verhandlung gehen."

"Wenn die morgen noch mal zwanzig Muggelstämmige aufrufen, die erzählen, wie sie von der Umbridge einkassiert wurden, würde ich lieber was anderes machen", sagte Julius. Die Schicksale dieser Menschen hatten ihn sehr stark berührt. Ihm war mit holzhammerartiger Härte in den Kopf geklopft worden, wie viel Glück er gehabt hatte, früh genug das Land gewechselt zu haben. Die Beharrlichkeit, mit der Umbridge ihn gejagt und geködert hatte, erschloß sich ihm nun erst so richtig. Sie wollte ihn, den Ruster-Simonowsky-Zauberer, als das Exempel vorführen, um allen anderen klarzumachen, daß die Flucht ins Ausland nicht half. Um so erhabener fühlte er sich, daß seine heimlichen Aktivitäten und die bloße Tatsache, daß weder seine Mutter noch er zu fassen gewesen waren den Widerstandsgeist und die Hoffnung der untergetauchten Muggelstämmigen am Leben gehalten hatten, ähnlich wie Harry Potter durch seine Unauffindbarkeit die Hoffnung auf das Ende der Todesserherrschaft am Leben gehalten hatte.

"Was schlägst du vor, Julius?" Wollte Gloria wissen.

"Ich würde mir gerne Hogsmeade ansehen. Jetzt wo Ferien sind muß ich ja meine mutter nicht fragen, ob ich da hindarf."

"Gute Idee", meinte Melanie Redlief. "Da war ich das letzte Mal vor sieben Jahren in den Sommerferien. Tante Di, wolltest du da nicht auch eine Niederlassung aufmachen?" Dione Porter nickte ihrer älteren Nichte bestätigend zu.

"Allerdings sind die Ladenflächenmieten in Hogsmeade etwas teurer, obwohl da mehr Platz ist als in der Winkelgasse. Aber ich könnte mal wieder eine Verkaufsparty in den drei Besen veranstalten. Ich müßte nur mit Madam Rosmerta kontaktfeuern, wann das geht."

"Hogsmeade liegt nicht weit weg von Hogwarts, Julius", meinte Millie. Dieser verstand. Zumindest mal wieder in die Nähe der Schule kommen und sehen, ob sie arg ramponiert war und wie weit die Bauarbeiten waren.

"Wann wollten Professor McGonagall und Professor Wright sich wegen mir treffen, Mum und Dad?" Fragte Gloria ihre Eltern.

"Am fünfzehnten, Gloria", informierte ihr Vater sie. "Falls Umbridge da noch vor Gericht steht geht deine Mutter alleine zur Unterredung, falls du nicht auch dabei sein willst. Ich für meinen Teil will hören, wer noch alles aus unserem ferneren Bekanntenkreis von dieser Giftkröte um ein Lebensjahr gebracht worden ist."

"Die wollen nach Umbridge die Malfoys und die Carrows anklagen", sagte Mrs. Porter und präsentierte einen Brief der Strafverfolgungsbehörde. "Für die Verhandlung gegen die Carrows wird Gloria wieder als Zeugin vorgeladen."

"Mit Freuden", schnaubte Gloria. "Ich vergesse das bestimmt nicht, wie diese Sabberhexe Rommy Vanes Kopf kahlgeschoren hat. Ich mußte mich sehr anstrengen, keine Angst zu zeigen, daß die das auch mal mit mir macht. Wenn die Umbridge nicht mit ihrer Erpressung dazwischengekommen wäre, hätte mich dieses Monster sicher auch mit ihrem Flagrante-Messer bearbeitet."

"Deshalb wollen die dich da wohl haben", sagte Mr. Porter.

"Was wird den Malfoys vorgeworfen?" Fragte Julius. "Ich meine konkret", legte er sich fest.

"Beihilfe zu mehrfacher Folterung, und Morde, Freiheitsberaubung, Unterstützung einer Verbrecherorganisation, Bestechung und Erpressung von Ministerialbeamten und Herstellung, Kauf und Verkauf schwarzmagischer Artefakte und Tränke. Könnte diesem arroganten Lucius Malfoy mindestens zehn Jahre, wenn nicht lebenslänglich einbringen."

"Nur, wenn er sich nicht darauf herausreden kann, gegen seinen Willen diese Taten begangen zu haben", wandte Julius ein. "Wenn Voldemort ihn mit dem Leben seiner Frau und seines Sohnes erpreßt hat, und die beiden wiederum mit den Leben der anderen Angehörigen ..."

"Ruf den Drachen nicht, Julius", schnaubte Gloria wütend. Julius mußte unangebracht grinsen und bemerkte dazu:

"Würde passen, wo der Name Draco das lateinische Wort für Drache ist, womit sowohl das dem Feuer verbundene Echsenwesen wie auch ein Sternbild am nördlichen Nachthimmel gemeint sind."

"H-ha-ha", spie Gloria zornig aus. "Deine Witze waren schon mal lustiger, Julius. Überleg mal, was ist, wenn diese Drecksbagage echt damit durchkäme, nie aus eigenem Willen gehandelt zu haben! Damit könnten sich auch andere Todesser freisprechen lassen und dann, nach einer gewissen Wartezeit, von neuem loslegen."

"Lucius Malfoy hat sich damit schon mal freigestrampelt, wo du noch in meinem Bauch gestrampelt hast, Gloria", wußte Mrs. Porter. "Victor hat sich die peinliche Vorstellung des Gamots angesehen. Er hat behauptet, seine Schwägerin Bellatrix habe ihn reingelegt, weil er einen Beitrag zur Anhebung der Zaubererehre leisten wollte. Damit wurden alle gegen ihn erhobenen Beschuldigungen entkräftet. Aber diesmal kommt er nicht so glimpflich davon. Auch wenn er, Julius, damit argumentieren wird, erpreßt worden zu sein, so wird ihm der Zaubergamot nachweisen, daß er nur erpreßt wurde, weil er versäumt hat, seinem wahren Herrn und Meister in vollem Umfang zu dienen, was beinhaltet, daß er ja nach ihm hätte suchen müssen, als er nach dem Anschlag auf die Potters verschwunden war. Zumindest hat Rabastan Lestrange sowas anklingen lassen, daß Malfoy zu denen gehört, deren Schuld noch nicht abgetragen sei."

"Hmm, so wie Sie das sagen sollte ich mir diesen Prozeß anhören", meinte Julius. "Allein schon, um Drecksau Malfoy zu sehen, wie der jetzt drauf ist, wo er dem Chef der Mörderbande den Schmutz von den Stiefeln geleckt hat."

"Tja, das wird dann wohl mindestens einen Tag nach Ende des Umbridge-Prozesses losgehen", sagte Mrs. Porter. Ihr Mann nickte.

"Okay, Julius. Dann gehen wir morgen nach Hogsmeade. Oder möchten Sie erst mit uns dahin, wenn Sie wissen, wann Sie ihre Verkaufsparty machen dürfen, Mrs. Porter?" Wollte Millie wissen.

"Wir können morgen nach Hogsmeade", sagte Glorias Mutter. "mel hat recht, daß ich mal nachsehen kann, ob nicht doch irgendwo ein kleiner Laden für meine Produkte eingerichtet werden kann. Versandthandel und Hauspartys sind auf die Dauer nichts im Vergleich zu einer festen Adresse. Das hat New Orleans bewiesen."

"Was macht eigentlich Lady Unnahbar Pabblenut?" Fragte Julius.

"Interessant, daß du jetzt von der anfängst", sagte Gloria amüsiert grinsend. "Die hat sich jetzt auf diese Leda Greensporn eingeschossen, die am neunten Juli ihr vaterloses Kind geboren hat. Stimmt, habe ich dir wohl nicht erzählt. Leda hat einer kleinen Tochter das Leben geschenkt, und die Pabblenut ist nun sauer, weil die Heiler ihr das haben durchgehen lassen und diese Leda sich so überschwenglich drüber gefreut hat und sich im besonderen und Hexen im allgemeinen zu reinen Muttertieren degradiert hat."

"Woher kamen denn dann früher die ganzen kleinen Hexenmädchen, die in ihrer Schule waren?" Fragte Julius verhalten grinsend. "Das ist ja wohl kein Verbrechen, Kinder zu haben, wenn beide Eltern das auch unbeeinflußt wollen." Millie nickte schmunzelnd. "Ich meine, sie sägt da doch am eigenen Ast, auf dem sie Jahre lang mit ihrem von einem unsichtbaren Keuschheitsgürtel verriegelten Hinterteil gehockt hat."

"Wenn du jetzt noch sagst, das sei unlogisch, so zu argumentieren, frage Britts Mom noch mal, was die für einen Aufstand gemacht hat, als die mit Britt unterm Umhang bei der in Broomswood anfangen wollte", kicherte Melanie. "Britt meinte mal, daß sie daher so allergisch auf den Namen Pabblenut reagiere, weil der wohl schon bei ihr Unwohlsein ausgelöst hat, als sie noch nicht auf der Welt war."

"Das ist und bleibt eine sehr arme Frau", sagte Dione Porter unerwartet ernst. "Ich meine, ich habe mit dir zusammen gegen sie vorgehen müssen, Mel. Aber im Nachhinein betrachtet ist diese hexe eine sehr arme Person, die sich selbst in einen Eispanzer eingeschlossen hat, in dem sie für nichts und niemanden erreichbar ist, auch nicht für Mitgefühl und Liebe - womit ich das innige Verbundenheitsgefühl meine." Millie, die diesen Anhang Mrs. Porters wohl auf sich beziehen sollte, schwieg jedoch. Nur ein leichtes Augenzwinkern verriet Julius, daß sie durchaus kapiert hatte, daß Mrs. Porter klarstellen wollte, daß sie unter echter Liebe was anderes zu verstehen meinte als die Latierres.

"Aber die Frage von mir ist damit noch nicht ganz beantwortet, Mrs. Porter", hakte Julius ein. "Was macht Madam Pabblenut nun genau?"

"Sie träumt noch immer davon, Broomswood wieder aufzumachen. Sie spekuliert darauf, in Kanada neu anzufangen", sagte Mr. Redlief. "Hat meine Mutter von einer Bekannten, die mit einer der ehemaligen Lehrerinnen Kontakt hat. Pabblenut fühlt vor, ob sie nach dem Sturz des Unnennbaren in Kanada eine Möglichkeit findet, Broomswood wieder aufzumachen, als Gegenstück zu Thorntails und Dragon Breath in den vereinigten Staaten."

"Oh schön, dann könnte ich auch da reingehen, wenn Wishbone endgültig erklärt, ich sei immer noch britische Zauberschülerin", feixte Gloria.

"Willst du nicht wirklich, Glo", grummelte ihre Cousine Myrna. "Deine Namensvetterin Gloria Lexington hat dir bestimmt erzählt, daß ihre Hexenmutter deshalb einen Muggel geheiratet hat, weil sie nicht wollte, daß die Pabblenut ihr dumm kommt, wo sie zu der Zeit noch Lehrerin bei den Broomswoodgänsen war. Ähm, Julius, was ist eigentlich ein Keuschheitsgürtel?"

Julius beschrieb die angeblich im Mittelalter erfundene Vorrichtung, mit der verreisende Ritter ihre Ehefrauen und jungfräulichen Töchter und Schwestern vor der intimen Berührung fremder Männer, ob einvernehmlich oder erzwungen, schützen konnten, um ihre weibliche Verwandtschaft vor der Untreue oder der Schande einer Vergewaltigung zu sichern.

"Stimmt, habe ich schon mal was von gehört", sagte Millie. "Nur der Ehemann hatte den richtigen Schlüssel dafür."

"Falls der König nicht dem Hofnarren den Schlüssel überlassen hat, um im Falle seines Todes sicherzustellen, daß die werten Damen nicht ihr ganzes Leben unempfänglich herumlaufen mußten", sagte Julius. Gloria lief ein wenig rot an den Ohren an, ebenso Melanie und Myrna, während die Eheleute Redlief nur verhalten dreinschauten, Mrs. Porter ein wenig tadelnd und Mr. Porter leicht ungehalten blickte. Millie und Julius nahmen es jedoch ganz gelassen hin. Es ging doch um Geschichte und Fortpflanzungsbeschränkung, also um rein wissenschaftliche Sachen. Allerdings fragte sich Julius jetzt, wie er Mr. Porter dazu bringen sollte, ihn irgendwo hinzubringen, wo er das WM-Endspiel sehen oder im Radio hören konnte. Er ließ das Thema also erst einmal außen vor und genoß mit seinen Gastgebern das Abendessen.

Gegen zehn Uhr britischer Zeit fragte er, ob man ihn wohinbringen könne, wo er ungestört von magischer Streuenergie mit seinem Mobiltelefon seine Mutter anrufen konnte, um nach dem Ende des WM-Spiels zu fragen. Mr. Porter erbot sich, mit ihm ins Hinterland zu apparieren, wo er in der Nähe eines Sendemastes ideale Verbindungen hatte. Julius nahm das Angebot an und wechselte mit Glorias Vater zeitlos an einen von Menschen gerade nicht besuchten Ort, wo er tatsächlich eine Störungsfreie Verbindung bekam.

"Hi, Mum! Wie ist Frankreich gegen Brasilien ausgegangen?" War Julius erste Frage. Seine Mutter sagte darauf nichts. Er hörte, wie sie ein Fenster öffnete und konnte ein vielstimmiges Hupkonzert und Jubelschreie von der Straße aus hören.

"Danke ihr Blauen!" und "Frankreich hat den Pokal!" sowie "Wir sind die Meister!" hörte er heraus.

"Deshalb kann ich auch noch nicht ins Bett, Julius. Ich fürchte, die feiern jetzt bis morgen früh durch. Aber psst, muß Madame Eauvive und Blanches Schwester nicht wissen", sagte Martha Andrews. "Drei zu null ist es ausgegangen. Ich hab's mir mit Babette, Mayette und Millies Vater bei mir angesehen. Zweimal Petit, der nicht so klein ist wie er heißt, sowie ein Tor von Zidane in der Nachspielzeit. Soviel zur überbewerteten Torfabrik grün-gelb."

"Also doch Heimvorteil genutzt", erwiderte Julius höchsterfreut. "Hat Albericus was dazu gesagt?"

"Er meinte, daß sich seine Frau das auch ruhig hätte ansehen können, wie die Zuschauer ihre Heimmannschaft vorangepeitscht haben. Nächstes Jahr sei ja die Weltmeisterschaft im Quidditch in Millemerveilles."

"Dann freuen sich zumindest ein paar Millionen Leute heute so richtig", erwiderte Julius und faßte kurz seine Erlebnisse vor Gericht zusammen. Dann gab er das Handy an Mr. Porter weiter, der erst lauschte, was das für ein Lärm war und dann sagte:

"Gut, womöglich wird das Urteil erst am vierzehnten oder fünfzehnten Juli gefällt, martha. Es bleibt doch dabei, daß Julius bis zum neunzehnten bei uns bleiben soll? ... Verstehe. - Julius hat soowas angedeutet, daß Sie gerade sehr gut eingespannt sind. ... Wieder bei den Dusoleils? ... Nur wenn Julius sie und/oder uns auch einläd." Julius nickte, weil er wußte, worum es ging. "Er stimmt zu", gab Mr. Porter weiter und lauschte der Antwort aus dem winzigen Lautsprecher. "... Wir haben beiden getrennte Zimmer gegeben, auch wenn mir klar ist, daß die beiden bestimmt schon gewisse Erfahrungen ... Gut, aber sie sind nun einmal noch minderjährig, und meine Frau und ich möchten da nichts passieren lassen ... Habe ich mir gedacht, daß Sie das zumindest nicht widerrufen werden. ... Mildrid schläft bei Gloria im Zimmer. ... Die letzte Nacht ging's. Hoffentlich bleibt es so ruhig zwischen den beiden. ... War schon anstrengend heute. Julius hat erzählt, daß er jetzt begriffen hat, wie viel Glück Sie und er hatten, nicht in Reichweite dieser Opportunistin gewesen zu sein. ... Hat er uns auch ausführlich erzählt. ... Ähm, das hat er nicht erzählt. Öhm, das wäre für diese Furie ja der ideale Beweis für ihre kranken Anschuldigungen gewesen und ... Ja, sage ich nur meiner Frau. Wenn Julius meint, das Gloria weiterzugeben ... Dann hätte Gloria es mir schon erzählt, wenn Mildrid ihr das gesagt hätte. ... Aber dann sind Sie ja voll verpflichtet ... Kapiere ich, daß Professeur Faucon Wert ... Ach, ihre große Schwester und Madame Eauvive. ... Von erhielten Sie das? ... Ja, aber ich begreife auch, daß Professeur Faucons Schwester jetzt hinterher ist, Ihnen genug beizubringen ... oder einzubläuen, wenn Sie das so formulieren, wobei ich hoffe, daß Prügelstrafen nicht angewendet werden. ... Das beruhigt mich. ... Ja, richte ich selbstverständlich aus. ... Gebe ich Ihnen noch einmal." Julius erhielt das Telefon zurück und verabschiedete sich von seiner Mutter.

"Auch wenn es bei euch in den Zeitungen stand verstehe ich, daß hier nicht jeder wissen muß, daß Muggel durch Hexen eigene Zauberkraft entwickeln können. Das wäre das gefundene Fressen für die Umbridge-Anhänger."

"Ihr seid dann am zwanzigsten wieder bei den Dusoleils?" Fragte Mr. Porter, bevor er mit Julius in sein Haus zurückapparieren wollte.

"Sagen wir es so, Madame Dusoleil hat es mir mehr oder weniger aufgedrängt, wieder bei ihrer Familie zu feiern, weil da alle meine eingeladenen Schulfreunde hinkommen können. Sicher, in Paris haben wir jetzt auch einen Flohnetzanschluß. Aber sie meinte, bei schönem Wetter sollten wir doch alle draußen feiern können."

"Wirst du wieder schriftliche Einladungen verschicken?" Fragte Mr. Porter.

"Wenn ich morgen in Hogsmeade bin mach ich das sofort. Ich geh mal davon aus, daß da auch ein Postamt ist."

"Aber sicher doch", erwiderte Mr. Porter. "So konnte ich meine ersten Liebesbriefe wunderbar verschicken, ohne daß mir wer draufgekommen ist, daß ich das war, außer meiner angebeteten natürlich." Julius vermied es zu fragen, ob damit schon Glorias zukünftige Mutter gemeint gewesen war. Doch weil Mr. Porter nicht ausdrücklich Dione sagte, hätte das auch ein anderes Mädchen sein können. Dann sollte er das besser nicht nachfragen. Nachher hatte er professor McGonagall angeschmachtet.

"In Beauxbatons weiß ja echt jeder, was mit Millie und mir los ist. Da kann ich auch meine eigene Eule schicken und sie ihre", erwiderte Julius tiefgründig lächelnd. Er unterschlug nämlich, daß er Millie auch ganz direkt etwas mitteilen konnte, wenn beide unbeobachtet waren.

"Verwunderlich nach dem, was meine Schwester Geri aus deiner neuen Schule so berichtet hat", erwiderte Mr. Porter. Dann stellte er fest: "Es wird spät, und wir müssen morgen früh heraus." Er ergriff Julius Hand und warf sich in die Disapparition. Julius empfand dieses mörderisch anmutende Gefühl, an allen Körperstellen zusammengequetscht zu werden und in einem tiefschwarzen, lautlosen Nichts zu sein nicht mehr so schlimm. Bei jedem magischen Sprung zwischen zwei weit entfernten Punkten hoffte er darauf, das eines Tages alleine und wann immer er wollte ausführen zu können. Schon seitdem er Professor McGonagall aus dem Wohnzimmer seiner Eltern hatte verschwinden sehen, hatte er davon geträumt, diese magische Fernreisekunst zu beherrschen. Doch erst wenn er volljährig war würde er die entsprechende Prüfung ablegen dürfen, also erst in einem Jahr.

"Ich habe mit Madam Rosmerta gesprochen, Plinius. Mel und ich sind dann übermorgen in den drei Besen. Sie macht morgen einen Aushang, daß interessierte Hexen und Zauberer dort hinkommen", begrüßte Mrs. Porter ihren Mann, als er mit Julius nach der Apparition im Wohnzimmer anlangte.

"Vielleicht kriegen sie morgen schon die Abstimmung hin, dann ist der vierzehnte frei", sagte Plinius Porter. Millie fragte Julius, wie die Weltmeisterschaft ausgegangen sei. Julius erzählte es ihr. Millie freute sich, daß ihr Land in diesem bei den Muggeln so beliebten Spiel den Weltmeistertitel geholt hatte.

"Dieses Jahr Fußball bei den Muggeln, nächstes Jahr der Quidditchweltpokal für die französischen Hexen und Zauberer", erging sie sich in einer großen Vorfreude.

"Das glaubst du aber, daß die Franzosen den Pokal schon haben, wo Irland den Titel verteidigen will und Bulgarien immer noch im europäischen Vergleich weit vorne liegt", sagte Mr. Porter. "Außerdem gehe ich davon aus, daß Charles Weasley seine Ankündigung wahrmacht und für die englische Nationalmannschaft spielt."

"Da muß er aber mindestens ein Jahr in einer Vereinsmannschaft gespielt haben, Dad", wandte Gloria ein. "Wenn er im Drachenreservat von Rumänien trainiert gilt das nicht als Berechtigung."

"Krum war Schüler, als er für Bulgarien gespielt hat, meine Tochter", sagte Plinius Porter."

"Ja, aber er hat in einer regulären Mannschaft gespielt", beharrte Gloria auf ihrer Feststellung.

"Stimmt, laut den Regeln darf ein Schüler, sofern er schon volljährig ist, für die Nationalmannschaft seiner Heimat antreten", wußte Millie, die quasi mit den Quidditchregeln gestillt worden war. "Gladiole Bonfils hat vor sechsundfünfzig Jahren gerade das sechste Schuljahr beendet, als sie für Frankreich als Sucherin gespielt hat. Das war das letzte Mal, wo Frankreich die Weltmeisterschaft gewonnen hat. Und Claudine Rocher, die Oma von Professeur Faucon, hat gleich nach dem UTZ-Jahr für Frankreich Jägerin gespielt. Aber da kam keine Weltmeisterschaft bei rum, weil der deutsche Sucher Dankward Güldenberg damals den Schnatz erwischt und damit zwanzig Punkte Vorsprung rausgeholt hat."

"Vergiss es also, Dad, daß Cahrlie Weasley für England antritt!" Faßte Gloria das noch einmal zusammen.

"Für wen bist du eigentlich?" Fragte Mr. Porter seine Tochter.

"Was Quidditch angeht kann Weltmeister werden, wer das bessere Spiel macht, Dad. England hat sich beim letzten Mal so trottelig angestellt, daß ich nicht denke, daß die das verdient haben, selbst wenn seitdem viel passiert ist, was den Leuten hier riesig hilft, wenn sie den Titel holen."

"Ey, bei uns ist auch einiges passiert. Halbe Mannschaften sind in diesen Friedenslagern verschwunden, Gloria", hielt Millie entgegen. "Da könnten die den Titel im eigenen Land sehr gut gebrauchen, um den ganzen Schlamassel zu verarbeiten. Während hier die Todesser und deren Kettenhündin Umbridge vor Gericht kommen, laufen ähnliche Prozesse bei uns gegen Helfer Didiers, wobei erst geklärt wird, ob sie vom Imperius-Fluch dazu getrieben wurden oder Didier und Pétain geglaubt haben, als die denen sagten, daß es richtig sei, was sie zu tun hatten."

"Ist ja gut, Millie. Du möchtest, daß euer Land, wenn da schon die Weltmeisterschaft ausgespielt wird, auch den Titel gewinnt", grummelte Gloria. "Ihr habt womöglich auch eine Mannschaft, die bis zum Finale durchhalten kann. Aber mir ist das gleich, ob England vorher rausfliegt oder den Pokal nach Hause bringt. Werden die Staaten auch wen schicken, Mel?"

"Laurie Beaumont hat noch keine Aufstellung rausgegeben. Britt spielt auf jeden Fall nicht mit, und Venus auch nicht", sagte Mel. "Und von den Rosfield Ravens traut sich wohl auch keiner. Quidditch erscheint denen, die gutes Quodpot spielen, wie eine Abstufung."

"Dann hätten die die Ravens damals echt heftig abgeduscht, wenn die die nur noch für Quidditch zugelassen hätten?" Fragte Julius feist grinsend.

"Britt hätte dich dafür wohl geküßt, Julius", zähneknirschte Melanie, während ihre jüngere Schwester und ihre Cousine schadenfroh grinsten. "Das war echt im Gespräch, die als amerikanische Nationalauswahl auszuschicken. Aber dann hätten die absichtlich das erste Spiel verloren. Und wenn wir aus den Staaten wen für ein wichtiges Turnier losschicken, dann sollte derjenige oder die Mannschaft auch Lust haben, das Ding zu gewinnen. Abgesehen davon, Julius, haben die Ravens dieses Jahr fast den goldenen Pot gewonnen."

"Wenn Brittany und ihre Mannschaft nicht zwanzig Punkte in der Endabrechnung mehr gehabt hätten", feixte Gloria. "Ich hör's noch, wie die in Thorntails miteinander rumgezankt haben, weil die Ravens sich fast wieder zum Spitzenplatz vorgeschummelt hatten und die Windriders eine Topmannschaft hätten, auch wenn die Sache mit Kore Blackberry zunächst ein Einschnitt war", berichtete Gloria.

"Selbst Schuld, was geht die auch auf diese Party", warf Melanie ein. Myrna grinste jedoch und sagte nur, daß sie selbst wohl auch auf die Party gegangen wäre, wenn Britt es ihr nicht ausgeredet hätte. Mr. Porter würgte den drohenden Zank der beiden Schwestern ab, indem er feststellte, daß man hinterher immer schlauer sei als vorher. Dann wechselten sie das Thema. Julius durfte erklären, warum Fußball bei den Muggeln so beliebt war wie Quidditch in Europa und Quodpot in den vereinigten Staaten und wie die Weltmeisterschaft verlaufen sei.

"Die Transportmöglichkeiten und die Unterbringung werden die große Herausforderung sein", sagte Millie. "Auch wenn in Millemerveilles mehr als einhunderttausend vorübergehende Unterbringungsmöglichkeiten entstehen sollen dürfte das schwer werden."

"Hmm, hat deine Mutter mal was läuten lassen, ob es dann wieder ein trimagisches Turnier gibt?" Fragte Gloria Millie.

"Hängt davon ab, ob Durmstrang mitmachen will oder ob eine andere europäische Zauberschule nachrückt. Sogesehen ist bisher nichts erwähnt worden, daß es keines geben wird. Allerdings muß dann geklärt werden, wer dran teilnimmt und wo es stattfinden kann. Näheres wollte meine Mutter mir noch nicht erzählen."

"Was wohl auch bis zur eigentlichen Bekanntgabe durch die entsprechenden Abteilungen interne Ministeriumsangelegenheiten sind", wußte Mr. Porter einzuwerfen. Millie nickte verhalten.

Sie sprachen noch über Hogsmeade und daß Julius besser eine Portion Steinsalz mitführen sollte, da dort ab und an läufige Sabberhexen herumflögen. Julius nickte verhalten. Tim Abrahams hatte es ihm am Morgen ja auch erzählt.

Bevor Julius ins Bett ging schickte er Glorias Eule Trixie mit einer Nachricht für Prudence Whitesand los, daß Millie und er am nächsten Tag in Hogsmeade sein würden. Dann mentiloquierte er, wobei nur er seinen halben Herzanhänger auf die Stirn drücken mußte, mit seiner Frau und tauschte die Einzelheiten aus, die er nicht mit den Porters oder Redliefs bereden wollte.

"Ich hatte echt Probleme, dieser Kröte gegenüber cool zu bleiben, Mamille. Ich hoffe nur, die Kimmkorn verdreht meine Aussage nicht zu einer herzzerrreißenden Geschichte."

"Dann kriegt sie Ärger mit Ma, Monju. Du weißt daß Ma und Pa dich nur hierherfliegen ließen, wenn sicher ist, daß du bei der Befragung nicht selbst in Schwierigkeiten kommst. Diese Kimmkorn soll erst mal lernen, französische Namen richtig zu schreiben. César hat Tine die Ausgabe der englischen Zeitung mitgebracht, wo drinstand, wer beim Turnier so anzutreten hat. Wunder mich echt, daß die sonst auf ihre Darstellung so fixierte Fleur dieser Kimmkorn nicht ihre eigene Schmierfeder durch den Hals gebohrt hat. Aber jetzt schlaf gut und träum schön von mir!"

"Ich versuch's", mentiloquierte Julius und beendete die unabhörbare Verbindung.

 

__________

 

Julius träumte in der Nacht von hunderten von Greifern, die hinter ihm herjagten. Es waren verwegen bis zerlumpt aussehende Zauberer, die mit blitzenden Zauberstäben versuchten, ihn bewegungsunfähig zu machen. Weit über sich sah er das drohende Gesicht Dolores Umbridges am Himmel. Er kämpfte mit seinem eigenen Zauberstab gegen die Verfolger an, bis er auf die Idee verfiel, ohne Besen zu fliegen. So konnte er zwar die Greifer abschütteln, doch das mehrere hundert Meter große Gesicht Umbridges blieb über ihm. "Du verdammtes Schlammblut kommst mir nicht aus", hörte er sie mit einer wütenden Stimme wie die eines zornigen kleinen Mädchens drohen. Dann entrollte sich aus dem so breit wie eine Schlucht gezogenen Mund eine rosarote Zunge und schnellte ihm entgegen wie die eines Frosches oder einer Kröte. Er tauchte sofort in die Tiefe ab. Doch die Zunge der entsetzlich riesenhaften Hexe holte ihn ein. Als er von einem warmem, feuchten Etwas umschlungen und nach oben gerissen wurde, erwachte er mit klopfendem Herzen. "Sowas bleibt echt nicht im Unterhemd", dachte er verdrossen.

Er schaffte es erst nach einer halben Stunde, wieder einzuschlafen. Ob er was träumte wußte er nicht, als ihn Immaculata am Morgen aus dem Schlaf weckte.

Beim Frühstück verschwieg er seinen Alptraum. Er wollte diesen Tag ohne Belastung angehen. um zwanzig vor acht verabschiedete sich Mr. Porter von seiner Familie und seinen Gästen, um rechtzeitig zur Fortsetzung des Prozesses anwesend zu sein. Mrs. Porter wollte gegen halb neun mit ihren Gästen aufbrechen. Sie beendeten das Frühstück und gingen daran, Geld für mögliche Einkäufe zusammenzupacken, als Glorias Eule Trixie durch das halboffene Fenster hereinflog und vor Julius landete.

"Prudence ist um Mittag bei den drei Besen", teilte Julius allen mit. "Sie freut sich schon, Millie kennenzulernen, da sie von Virginie her schon Martine kenne."

"Wird auch Zeit, daß auch hier alle wissen, zu wem du gehörst, Julius", sagte Millie. Gloria verzog zwar das Gesicht, sagte aber nichts weiter.

"Der Zielkamin heißt einfach Hogsmeade", sagte Mrs. Porter. "Wer nicht bei einer Privatperson ankommen will muß im Postamt aus dem Kamin treten. Die Läden haben nur Kontaktfeuerkamine."

"Dann bin ich ja gleich richtig", sagte Julius. Er wollte schließlich die Geburtstagseinladungen verschicken. Da er nicht wußte, ob er am zwanzigsten Juli wirklich wieder in Frankreich sein würde mußte er es so formulieren, daß sich alle für eine Reise zwischen dem zwanzigsten und dreiundzwanzigsten bereithalten möchten. Am dreiundzwanzigsten wollte er ganz bestimmt nicht feiern. Am vierundzwanzigsten begann das Schachturnier. Eigentlich auch interessant, auszuprobieren, was geschah, wenn er nicht rechtzeitig eintraf.

"Hogsmeade!" Rief Gloria zuerst. Dann folgte Melanie Redlief, gefolgt von ihrer Schwester Myrna. Dann durfte Julius das Netz durchwirbeln. Ihm folgten Millie, die Eheleute Redlief und Mrs. Porter. Als sie vollzählig waren, verließen sie die zirka zwanzig meter durchmessende Rundhalle, in der der Kamin stand und betraten eine vor Geschäftigkeit brummende Halle, die rechteckig gestaltet und dämmerhaft verdunkelt war. Julius konnte Dutzende von langen gerillten Haltestangen unterschiedlichster Farben sehen, die an den Seitenwänden in anderthalb Metern Abstand zueinander angebracht waren. Darauf saßen mindestens zweihundert Posteulen, die mal schläfrig, mal aufgeregt mit ihren Flügeln zuckten, schuhuten oder ihre Köpfe so drehten, daß sie die an ihnen vorbeilaufenden Hexen und Zauberer beobachten konnten. Jede Eule trug einen Ring der Farbe der Stange, auf der sie saß. Ein mindestens dreißig Meter langer Marmortresen beherrschte die einer bronzenen Flügeltür mit dem Posteulensymbol gegenüberliegende Seite. Dahinter versahen zehn Hexen und Zauberer ihren Dienst. Hinter dem Tresen gingen drei Türen in geheimnisvolle Räume ab, wo wohl Pakete oder Einschreiben gesammelt wurden. Gerade huschte ein Kobold in rotgoldener Gringottsuniform durch die Bronzetür hinaus, der einen breiten Lederrucksack trug, dessen Verschluß wie zwei reihen silberner Reißzähne aussah. Julius mochte sich vorstellen, daß dies kein Reißverschluß, sondern eine gefährliche Diebstahlabwehrvorrichtung war, die Langfingern eben diese mal eben glatt abbeißen und unwiederbringlich verputzen mochten. Zumindest traute er Kobolden solche Abwehrfallen zu.

"Schönen guten Morgen, die Damen und der Herr", grüßte ein in rot-silberner Uniform gekleideter Zauberer die Neuankömmlinge und beschrieb ihnen das Postamt. Julius erfragte die Gebühren für normalschnelle Verbindungen und Transkontinentalverbindungen. Er stellte fest, daß die Gebühren sich nicht von denen in Millemerveilles unterschieden. Da er wußte, daß die Redliefs übermorgen wieder in die Staaten zurückkehren wollten, schickte er einen Brief für die Geschwister Melanie und Myrna genauso per Transkontinentaleule ab wie einen an Brittany Forester und Aurora Dawn, wobei er für Australien die Halbkugelzuschlagsgebühr entrichtete, um sicherzustellen, daß die Eule in nur zwei Tagen von hier zur Empfängerin unterwegs war. Ansonsten lud er Kevin, die Hollingsworths, Pina Watermelon, Martine, Callie, Pennie und Patricia Latierre, sowie seine Schlafsaalkameraden Robert und Gérard mit ihren festen Freundinnen Céline und Sandrine, genauso wie Laurentine Hellersdorf und die Montferre-Zwillinge ein. Er sah zu, wie die Posteulen durch die Fluglöcher in den hller werdenden Tag hinausflogen und nun Kurs auf die Adressen nahmen, die auf den Briefen standen.

"Dervish & Banges mußt du dir ansehen", sagte Gloria Porter, nachdem sie das imposante Postgebäude verlassen hatten. Sie deutete auf einen Laden, in dessen breitem Schaufenster wunderliche Instrumente glitzerten. Einige pafften kleine Rauchwölkchen aus. Andere drehten sich wie blecherne Ballerinen andauernd zu einer unhörbaren Musik im Kreis. Andere wirkten wie Zündkerzen, die abwechselnd rote, blaue, grüne, gelbe, goldene und silberne Funken versprühten. Daneben erkannte Julius noch ein Miniaturplanetarium, ein in eine metergroße Glaskugel eingeschlossenes, frei schwebendes Milchstraßenmodell mit "garantiert allen bekannten Sternen", wie es das kleine Hinweisschild verhieß. Julius betrat den Laden und sah eine rotblonde Dame, die ihn an Peggy Swann erinnerte hinter dem Tresen. Millie schien die Hexe auch zu erkennen, die wiederum Millies rotblonde Haarpracht prüfte, ob sie mit deren Trägerin vielleicht verwandt war. Gloria kannte die Verkäuferin.

"Hi, Ms. Swann. Das ist mein früherer Schulkamerad Julius Latierre, der mit seiner Verwandten gerade Ferien in England macht."

"Hallo, Ms. Porter. Ich habe befürchtet, Sie seien spurlos verschwunden", sagte die Verkäuferin und musterte Julius hochgewachsene und breitschultrige Statur.

"Ich mußte kurzentschlossen die Schule wechseln und bin in Thorntails gewesen. Wie ich sehe ist Hogsmeade von der Schlacht der Todesser gegen den Phönixorden verschont geblieben."

"Dafür haben sie Hogwarts ziemlich arg mitgespielt. Soso, du bist also der Julius Latierre, von dem meine Tante schrieb, daß er wohl schon mit fünfzehn Jahren fest angetraut wurde", erwiderte Ms. Swann und stellte sich korrekt vor. "Achso, ich bin Miriam Swann. Du hast meine Tante Peggy in Viento del Sol besucht, nicht wahr?"

"Und Ihre Cousine Larissa", erwiderte Julius darauf. Was besseres fiel ihm dazu nicht ein, um seine Überrumpelung zu überspielen.

"Hat sich gut entwickelt, die kleine. Tante Peggy muß jetzt immer Kurzstreckenapparitionen machen, um mit ihr mitzuhalten. Gut, daß sie noch keinen Besen hat. Apropos, du fliegst sicher einen französischen Rennbesen, oder?"

"Jau", erwiderte Julius.

"Wir haben jetzt neue Nachtflugleuchten hereinbekommen, die mit einem Zauber belegt sind, der ihr Licht für Muggel wie Sternschnuppen wirken läßt. Kann gut sein, wenn man nachts nicht in Berge oder vorbeifliegende Eulen reinrasseln will."

"Ich glaube, wir haben uns schon mal in Hogwarts gesehen", fiel es Julius ein, daß er Miriam Swann bei Dumbledores Beerdigung bei Aurora Dawn gesehen hatte. Miriam nickte und betrachtete Julius erneut. Sie sprach es nicht aus, aber Julius las es aus ihrem Gesicht ab, daß sie sein Wachstum der letzten Monate bewundernswert fand. Das brachte sie auf den Punkt, daß er wohl nicht gerade wegen Ferien hier war. "Diese Schmierhexe Kimmkorn hat dich im Tagespropheten erwähnt, wie du diese Sabberhexe Umbridge überstanden hast."

"Dad hat uns den Propheten nicht zum lesen gelassen", grummelte Gloria. Julius zischte verdrossen:

"Der wird wohl wissen warum nicht, nämlich um uns den Tag nicht zu versauen, bevor er richtig losging."

"Mag sein", fauchte Gloria zurück. Dann ließen sie sich die Wunderwerkzeuge und Zauberinstrumente vorführen, darunter auch bereits erwähnte Nachtfluglampen. Doch Julius faszinierten die verschiedenen Uhren und Meßgeräte mehr, die Waage, die auf verschiedene Stoffe eingestimmt werden konnte, um beispielsweise den Fettgehalt des Wiegegutes, Metallanteile oder Holz auszuwiegen, Destillationsvorrichtungen mit Dampfdruckanzeigen, die verschiedene gasförmige Zutaten voneinander getrennt anzeigten und damit soetwas wie die Gaschromatographen der Muggelwelt waren, von denen sein Vater ihm einmal einen beim Rundgang durch seine frühere Arbeitsstelle vorgeführt hatte. Millie besah sich indes die nützlichen Haushaltshilfen, wie die rauminhaltsvergrößerten Töpfe, die wie Dampfdrucktöpfe Sachen schneller garkochen konnten als gewöhnliche Töpfe oder die Babywaagen, die auf den das Geschlecht und den exakten Geburtstermin des zu wiegenden Säuglings eingestellt werden konnten, um zu zeigen, ob das ganz kleine Menschenwesen für Alter und Geschlecht genug, zu wenig oder zu viel wog.

"Die Greensporn-Waage ist vor dreißig Jahren von der auf Geburtshilfe und Säuglingspflege spezialisierten Heilerin Eileithyia Greensporn erfunden worden und wird seit zehn Jahren auch für den allgemeinen Markt in Europa angeboten. Immerhin darf die gute Madam Greensporn jetzt ausprobieren, ob ihre Urenkeltochter mit dieser Waage gut genug versorgt wird."

"Wäre was für die Dusoleils", wisperte Mildrid auf französisch. Julius grinste. Er dachte eher, daß Millie so ein praktisches Säuglingsuntersuchungsgerät schon für sich anschaffen würde. Unvermittelt klang eine fröhliche Frauenstimme durch die Ladentür:

"Hallo zusammen. Oh, die Greensporn-Waage. Ms. Swann, für wie viel ist die noch einmal zu haben?"

"Du bist doch Prudence Whitesand", grüßte Miriam Swann und erhielt zustimmendes Nicken. "Ich wußte nicht, daß du diese Waage nötig hättest."

"Noch nicht", sagte Prudence Whitesand. "Aber wissen möchte ich schon, wie viel sie kostet."

"Zwanzig Galleonen. Aber dafür kannst du deinem Kind dann optimale Versorgung bieten."

"Das ist nicht gerade wenig, Ms. Swann", sagte Prudence leicht verstimt. "Da verlasse ich mich dann doch besser auf meine Instinkte, wenn ich das Kleine einmal habe."

"Wie du möchtest", erwiderte Miriam Swann.

"Wenn das Ding auf dem freien Markt gehandelt wird gibt's die in den Staaten bei den Dexters wohl auch", sagte Myrna Redlief. "Da ist die bestimmt billiger."

"Gut, Sie kommen da wohl her", knurrte Miriam. "Aber für die Anreise ihrer Begleiter würden die Extrakosten den Kaufpreis wieder verteuern."

"Im Zweifelsfall sagt mir meine Tante Patience schon, ob ich dem oder der Kleinen zu wenig oder zu viel Nahrung zuführe", sagte Prudence. Julius fühlte, wie zwischen Miriam Swann und Prudence eine unangenehme Spannung aufkam. So sagte er schnell:

"Sagen wir mal so, wer nicht jeden Tag eine Heilerin aufsuchen möchte und jede Schwangerschaftswoche neun Sickel zur Seite legt kann sich die bei der Geburt locker leisten."

"Das finde ich auch", sagte Millie und baute die unangenehme Spannung damit ab. Miriam Swann deutete dann auf eine Vorrichtung, mit der man ohne Gefahr für die Augen die Sonnenoberfläche beobachten konnte. Irgendwer schien der gesteckt zu haben, daß Julius sich für Astronomie begeisterte. Außerdem konnte man mit diesem Gerät die sichtbare Sonnenscheibe verdunkeln, um die flammende Corona sichtbar zu machen, die im Vergleich zur Photosphäre der Sonne zu dunkel war, um mit bloßem Auge erkannt zu werden. Julius war begeistert, weil damit nicht nur eine Sonnenfinsternis simuliert werden, sondern auch alle Farbbereiche des Sonnenspektrums ausgefiltert werden konnten.

 

"Das Gerät hätte ich gerne. Neun Galleonen, ist das der Fixpreis oder nur ein Ausgangswert?"

"Bin isch Basarhexe oder was. Nein, Mr. Latierre, das ist der Ladenpreis. Allerdings, wenn Sie sich mit meinem Chef unterhalten möchten, um beispielsweise eine für Sie patentierte Illusionsvorrichtung in unser Sortiment einfügen zu wollen, könnten Sie das Polyhelioskop mit der Ihnen zustehenden Gewinnbeteiligung verrechnen. Und später dann auch mal die Greensporn-Babywaage." Julius grinste. Also wollten Dervish & Banges auch die von ihm erfundene Laterna Magica anbieten. Doch die hatte er schon Prazap zur Lizenzproduktion und Vertrieb angeboten. Doch diplomatisch wie er war sagte er ruhig:

"Ich möchte sowas nicht übers Knie brechen, vor allem, wenn ich im Moment mit den Gedanken in den Ferien und bei diesem unseligen Prozeß bin. Aber das Angebot werde ich sorgfältig prüfen. Vorerst möchte ich das Polyhelioskop gerne so kaufen."

"Das Gerät kriegst du von mir", stellte Millie unvermittelt klar und zückte ihren Geldbeutel. "Packen Sie es bitte gut ein", sagte sie Miriam Swann. Gloria sah Millie an. Dann klickte es offenbar. Julius wagte nicht, Millie zu widersprechen. Dafür kaufte er für vier Galleonen die Destillationsvorrichtung mit der Dampfunterteilungsfunktion. Gloria holte sich einen Vielraumschminkkoffer, in dem sie hundert Kosmetikartikel auf äußerlich kleinem Raum zusammenpacken konnte. Prudence kaufte den becher großen Kochtopf, in dem der Inhalt eines Waschkessels Platz fand und der auch ohne offene Flammen erhitzt werden konnte. Dann verließen sie den Laden. Gloria fragte mentiloquistisch bei Julius an, ob er sich immer von Millie aushalten lasse. Er schickte zurück, daß sie wohl an seinen Geburtstag gedacht habe und er schon häufiger, auch vor Hogwarts, größere Geschenke ausgesucht hatte, um sie dann am Geburtstag auszupacken.

"Für zwanzig Galleonen kriege ich mehrere Garnituren der Umstandskleidung bei Gladrags, die auf Wunsch der Trägerin den Bauch kaschiert, ohne ihn einzuquetschen. Gibt's nur in England und Frankreich."

"Stimmt, hat meine Mutter sich bei Miriams Reise zu uns auch zugelegt", bestätigte Millie. "Oma Line findet aber, daß das Unfug sei, eine Schwangerschaft vor anderen zu verstecken, weil das nichts böses und nichts verwerfliches sei."

"Stimmt, deine Oma Line ist hauptberufliche Mutter", sagte Prudence. "Aber ich sollte bei Bewerbungsgesprächen schon darauf achten, nicht gleich wegen einem Kind unter meinem Herzen nicht angestellt zu werden." Gloria stimmte ihr zu. Julius mentiloquierte Prudence, wo der Vater des Kindes gerade sei.

"Wenn alle seine Namenssachen und seine Lebensgeschichte geklärt sind, will Tante Patience mit ihm in die Winkelgasse. Solange ist er noch da, wo wir alle lange waren."

"Ist das nicht todlangweilig für ihn?"

"Er wettet mit seiner Schwester, wann ihre Mutter selbst noch mal Mutter wird und lernt schön die vor-ZAG-Zauber. Ich habe mir schon den richtigen ausgesucht", schickte Prudence zurück. "Der ist sehr begabt. Muß an Oma Sophias Lebensessenz liegen, die mit ihm verschmolzen ist. Die schickt mich übrigens, ob du während deiner Ferien nicht mit Pina und mir noch mal zu ihr hingehst. Millie darfst du mitbringen. Oma Sophia meinte, sie hätte ja mitgeholfen, daß wir alle überlebt haben und ich deshalb bald einen neuen Ururenkel für sie hervorbringen darf."

"Okay, ich will noch Umbridges verdiente Einfahrt ohne Wiederkehr abwarten. Dann frage ich noch mal an", mentiloquierte Julius und wäre dabei fast in seine Frau hineingestolpert.

"Julius, wenn du flirten willst geht das auch ohne Melo", grinste Millie, obwohl julius keine Anzeichen zeigte, daß er und mit wem überhaupt mentiloquierte. Prudence sah Millie nur zurechtweisend an und schwieg.

Der Kräutergarten von Hogsmeade war zwar weitläufig, aber doch nicht so vielseitig wie die grüne Gasse oder der Garten in VDS, mußte Julius erkennen. Allerdings gefielen ihm die Häuser und Gassen. Prudence fragte, ob sie sich Forins Schmiede ansehen wollten. Doch Millie meinte, daß Zwerge wohl Probleme mit so vielen Hexen auf einmal hätten. Gloria nickte. Sie war ja auch bei Millies Zwergenvortrag und dem Besuch ihrer Oma väterlicherseits dabei gewesen. So stromerten sie an Madam Puddyfoots Teestube vorbei, wo während des Schuljahres häufig die verliebten Pärchen aus Hogwarts einkehrten, umrundeten den Eberkopf, der schon von außen erkennen ließ, wie schmuddelig er war. Und wie zur Bestätigung flog gerade ein verwegen und verstruwelt wirkender Zauberer durch die Tür hinaus. Ein mürrischer alter Zauberer mit silbernem Haar und stahlblauen Augen hielt seinen Zauberstab wie einen Schwertgriff fest in der Hand und bellte ihm nach: "Und wenn du noch mal versuchst, mir mit Drachengalle verschnittenen Schnaps anzudrehen hänge ich dich nackt in meinen Ziegenstall und würze dich mit Salz, Pulkin." Dann krachte es, und die Tür fiel zu. Der hinausgeworfene Zauberer fiel aus knapp drei Metern Höhe herunter und landete unsanft auf seinem Bauch. Er rappelte sich erst nach einigen Sekunden wieder auf und lief davon wie ein begossener Kater.

"Das ist ja schon kriminell", zischte Prudence. "Drachengalle ist ein heimtückisches Gift."

"Es brennt und berauscht wie Alkohol, lagert sich aber im Gedärm ein und kann dort nach einer Einwirkzeit von einem bis drei Tagen wie konzentrierte Schwefelsäure wirken", ergänzte Julius. "Das ist schon als Mordwaffe zu sehen."

"Und was soll die Drohung mit dem Ziegenstall?" Fragte Millie.

"Ziegen haben eine verdammt rauhe Zunge und sind ganz heiß auf Salz", sagte Julius. "Stell dir mal vor, was von deiner Haut übrigbleibt, wenn dir jemand einen Salzmantel umkleistert und dich mehrere Stunden in einem Ziegenstall hängen läßt."

"Ey, das können die mit der Umbridge machen", erwiderte Gloria darauf, die sonst nicht viel von grausamen Strafaktionen hielt.

"Dann macht das aber bestimmt nicht der alte Abby aus dem Eberkopf. Der will seine Ziegen bestimmt nicht an Krötenschleimvergiftung krepieren lassen", stieß Prudence aus.

"Abby, ist das nicht die Kurzform für Abigail?" Fragte Myrna.

"Kann auch für Abraham oder Abbadon stehen", belehrte Mel Redlief ihre Schwester. "Abbadon Bowie, der ungekrönte König von Durecore vor vierzig Jahren. Zumindest hat Oma Jane ihn so genannt, weil er fast so heftig drauf war wie euer Lord Voldemort."

"Ich hab's irgendwann irgendwem schon mal gesagt, daß ihr den gerne hättet haben können", grummelte Julius.

"Er heißt Aberforth und ist ein entfernter Verwandter von mir, nur um zu klären, daß der nicht mit diesem Abbadon Bowie verwandt ist", sagte nun Prudence.

"Aberforth und wie weiter?" Wolte nun Myrna wissen, während Millie verstehend grinste. Julius hatte ihr zwar nicht erzählen können, wo er genau war, aber durchaus, bei wem.

"Er will es nicht haben, daß das jeder außerhalb der Verwandtschaft weiß", sagte Prudence schnippisch. Sie beschleunigte ihren Gang und zeigte damit, daß das Thema erledigt war.

Mittags saßen sie in den drei Besen. Prudence nutzte Julius' und Millies scheinbar älteres aussehen und lud sie in den hinteren Raum ein, wo eigentlich nur volljährige Zutritt hatten. Madam Rosmerta, die nicht wußte, wer Julius und Millie waren, schritt nicht ein, zumal mehrere Zwerge aus Forins Schmiede mal wieder großen Umsatz machten. Im verschwiegenen Raum berichtete Prudence den Beiden so leise es ging, was sich dort, wo sie gelebt hatte, zugetragen hatte.

"Mike und ich kamen ab Januar regelmäßig zu heimlichen Treffen zusammen. Und weil ich fand, daß er groß genug dafür war, haben wir es dann im März darauf ankommen lassen, daß ich nun ein Kind von ihm trage. Melanie, die sich neuerdings Melissa nennen läßt, ist nicht sonderlich begeistert, könnt ihr euch vorstellen. Aber es ist unser Baby, und ich will es kriegen. Fertig. Meine Eltern haben zuerst auch komisch geguckt. Aber jetzt wollen sie Mike, der seinen Nachnamen wohl bald ändert, als Schwiegersohn anerkennen. Wie er Zauberer wurde wißt ihr wohl von Pina." Julius nickte und schilderte ihr, daß seine Mutter selbst auf diese Weise magisch aktiviert wurde. Prudence grinste erkennend. Dann sagte sie noch:

"Jedenfalls kriegt Uroma Sophia das wohl hin, daß Mike und ich im August heiraten. Dann fällt das keinem auf, daß unser Kind schon bei der Hochzeit dabei ist."

"Mit vier Monaten, weißt du da schon, was es wird?" Fragte Julius.

"Tante Patience hat es erkannt und mir gesagt. Aber ich werde es für mich behalten, weil ich möchte, daß Mike sich mit der Tatsache an sich abfindet, ein Kind zu haben und sich nicht auf einen Sohn oder eine Tochter einstimmt." Julius verstand es. Andererseits erhöhte die Gewißheit, wer da demnächst ankommen würde die Beziehung zu dem Kind, hatte er gelernt.

"Das stimmt auch. Aber die Tatsache, überhaupt ein Kind auf den Weg gebracht zu haben, sollte bis kurz vor der Geburt wichtiger sein als das Geschlecht." Julius nickte, Millie auch, wenngleich sie sich einig waren, früh genug zu wissen, wem sie beide in den nächsten zwei Jahren den Weg in die Welt öffnen würden.

Wieder zurück im Schankraum rückten die Zwerge gerade ab. Millie sah den wilden Kerlen nach und dachte wohl an ihre Großmutter väterlicherseits.

Gegen nachmittag kamen die Eheleute Redlief von ihrem Bummel zurück, und es ging zurück zu den Porters.

Kurz nach acht Uhr apparierte Mr. Porter vor der Haustür. Als er im Wohnzimmer war wirkte er sehr betrübt.

"Das war heute schlimm. Die Umbridge ist wirklich reif für Askaban. Die hat doch tatsächlich ein Muggelehepaar festnehmen lassen, dessen erster Sohn zu den eigentlichen Erstklässlern des nun erledigten Schuljahres gehört hat. Die Mutter trug gerade wieder ein Kind. Das hat ihr dieses Krötenweib persönlich aus dem Leib entfernt. Ich erspare mir die Schilderung wie, um nachzuweisen, ob in dem Ungeborenen schon illegale Magie steckte. Die Mutter wurde von Todessern getötet, der Vater gefoltert und dann ohne Gedächtnis ausgesetzt. Die kann also keinem mehr erzählen, sie hätte nicht gewußt, mit wem sie sich da eingelassen hat. Muggel waren für die wie niedere Tiere, die man nach belieben quälen oder umbringen kann."

"Wußte schon, warum ich mir das nicht antun wollte", grummelte Gloria. "Ist denn zumindest jetzt jeder befragt worden?"

"Filch war noch im Zeugenstand, der ausgesagt hat, daß sie eine sehr brauchbare Schuldirektorin gewesen sei, weil die Schüler bei ihr endlich das Fürchten gelernt hätten. Sie behalten sich vor, ihn bei der Verhandlung gegen die Carrows noch genauer zu verhören. Aber Ceridwen Barley hat so geguckt, als wolle sie Filch auch noch anklagen. Der sollte sich sehr genau überlegen, was er demnächst erzählt", seufzte Mr. Porter.

"Oha, der mit seinem Hang, Schüler mit Gewalt bestrafen zu müssen", meinte Julius. "Ich habe den immer für einen Maulhelden gehalten, einen Hund, der bellt, aber nicht beißt."

"Wenn du die Freiheit kriegst, alles zu tun, was dir Spaß macht, machst du dir bald keinen Kopf mehr um Anstand und Maßhalten", erwiderte Mrs. Porter.

"Morgen beraten sich die Gamotmitglieder. Die haben jetzt alle Zeugen durch. Die Zuschauer sollen um elf Uhr kommen, die Zeugen auch."

"Dann werden alle Bänke voll", stellte Julius fest. Mr. Porter nickte.

"Das hätte Dad echt nicht raushängen müssen, was dieses Monstrum gemacht hat", schnarrte Gloria, als sie mit ihren Cousinen, Millie und Julius auf ihrem Zimmer war. Millie stimmte ihr vollkommen zu, vor allem, nachdem sie Prudence Whitesand getroffen hatten.

 

__________

 

Um Mr. Porters Schilderung besser überschlafen zu können hatte Millie für sie alle Träumguttee aufgeschüttet. Daher konnte sich Julius auch nur an schöne Erinnerungen aus Hogwarts-Zeiten erfreuen, wo seine Welt noch unbelastet gewesen war. Gegen Elf drängelte sich eine über tausend Mann große Menschenmenge im Gerichtssaal Nummer zehn. Um viertel nach elf wurde die Angeklagte hereingeführt und an ihrem Stuhl festgekettet. Minister Shacklebolt fragte den Zaubergamot, ob sie sich ausführlich beraten hatten. Mr. Weasley bestätigte es. Dann wurde abgestimmt. Jeder einzelne Anklagepunkt wurde überprüft. In den Punkten Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Entführung minderjähriger Hexen und Zauberer in über einhundert Fällen stimmten mehr als vier Fünftel der Gamotmitglieder für Schuldig. Ceridwen Barley enthielt sich wie schon vereinbart. So ging es weiter, Böswillige Unterstellungen, Beleidigungen, Freiheitsberaubung, Vertrieb einer abwertenden Hetzschrift, Erpressung, Nötigung, Folter, und Anstiftung zum Mord, wobei auch die brutale Abtreibung als Mordfall mitgezählt worden sein mußte. Nur drei oder vier Mitglieder wollten ihr durchgehen lassen, daß sie unter Zwang gehandelt habe und daher nur vermindert schuldfähig sei. Nichts desto trotz wurde sie in keinem der Anklagepunkte freigesprochen, zumal in einigen Fällen noch der Imperius-Fluch als Verbrechen dazukam.

"Hiermit wird Dolores Jane Umbridge in allen ihr zu Last gelegten Punkten von mehr als der erforderlichen Mehrheit schuldig befunden. Durch die schwere der Untaten verbleibt nur die Verbüßung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe in Askaban", sprach der Minister. Umbridge öffnete erneut ihren breiten Krötenmund, um zu protestieren. Doch keiner hörte ihr zu. Denn fast alle Zuschauer und Zeugen jubelten über dieses Urteil. Julius sah diese Hexe noch einmal an, die so viel Leid über die Zaubererwelt gebracht hatte, eine Günstlingshexe, eine Mithelferin, dessen, der sowieso schon nicht mehr an Brutalität zu übertreffen war. Hatte er zunächst noch Bedauern für sie empfunden, obwohl sie ihm selbst übel mitspielen wollte, so war davon jetzt nichts mehr übrig. Haßte er sie? Das nicht. Er verachtete sie jedoch. Umbridge wurde abgeführt. Viele der Zeugen und Zuschauer klatschten Rhythmisch, als die vier Sicherheitszauberer sie ergriffen und gefesselt fortbrachten. Mr. Shacklebolt erhob den Zauberstab und vollführte jene Bewegungen, von denen Julius wußte, daß sie den geräuschlosen Raum erschaffen konnten. Diese Halle völlig geräuschlos zu machen war beachtlich, weil die aufzuwendende Kraft im Kubik mit der Raumgröße stieg. Doch es gelang. Zwanzig Sekunden lang konnten sie alle nicht mal ihren eigenen Herzschlag hören. Dann hob Shacklebolt den Zauber wieder auf und sagte mit seiner tiefen Stimme:

"Leute, ich verstehe sehr gut, welcher Haß und welche Verachtung diese Hexe angestaut hat und daß das alles jetzt in grenzenloser Schadenfreude ausgeufert ist. Aber hier gehört sowas nicht hin, die Damen und Herren. Hier ist ein Gerichtssaal. Hier wird nicht Vergeltung geübt und Rachedurst gestillt, sondern Recht gesprochen, sachliches, ehernes Recht, ohne übermäßige Gefühlswallung. Wenn Sie alle nicht dauerhaftes Beiwohnverbot für weitere Verhandlungen erhalten möchten, sollten Sie nun alle so diszipliniert es geht den Saal verlassen und sich überlegen, ob Sie wirklich besser gehandelt hätten, wenn Ihnen derartige Machtmittel in die Hand gegeben worden wären. Falls Ihre Antwort mit Ja ausfällt, schweigen Sie bloß und bereuen Sie innerlich! Falls sie mit nein ausfällt, schätzen Sie sich glücklich, wenn auch nicht über alles erhaben. Versuchung, das hat uns dieser Fall gelehrt, ist immer zur Stelle, wenn der Geist Schwäche zeigt. Ich wünsche Ihnen allen noch einen friedlichen Tag. Übermorgen beginnt die Verhandlung gegen die Familie Malfoy. Wer hierzu als Zeuge vorgeladen ist möge sich um acht Uhr draußen bei den Hilfszauberer bereitmelden! Danke schön!"

Als alle den Gerichtssaal verlassen hatten sagte Julius zu Mr. Porter: "Jetzt bedauere ich das ein wenig, daß in Askaban keine Dementoren mehr sind."

"Rat mal wer noch", schnaubte Mr. Porter.

Im Atrium trafen sie auf Professor McGonagall, die dem Gamot angehörte und sichtlich erleichtert war, diesen Fall zu einem verdienten Ende geführt zu haben. Sie begrüßte Julius und ließ sich und Millie einander vorstellen. Julius nutzte die Gelegenheit und fragte, wie das nun mit den Muggelstämmigen geklärt würde, die im letzten Jahr in Askaban hatten sitzen müssen.

"Minister Shacklebolt hat mit den Vergissmichs und den Heilern von St. Mungo vereinbart, daß lediglich die Entführung und die Befreiung in den Gedächtnissen der Kinder erhalten bleiben soll, damit sie später wissen, was ihnen angetan worden ist, jedoch wieder freier denken können. Ihre Eltern wurden dahingehend informiert, daß ihre Kinder ungerechterweise vom Schulantritt abgehalten und festgehalten wurden. Leider sind ja einige Elternpaare verstorben. Für die damit zu Waisen gewordenen Kinder müssen neue Unterbringungsmöglichkeiten gefunden werden. Es wird nicht einfach sein, sie zu einem Neubeginn in Hogwarts zu ermutigen. Aber wir müssen es zumindest versuchen. Wenn die Todesser und Sie-wissen-schon-wer uns eines gelehrt haben, dann ist es die Achtung und sinnvolle Formung jedes vorhandenen Zauberkrafttalentes. Ähm, Mr. ... Latierre, womöglich ist es notwendig, daß bereits positiv erfahrene Muggelstämmige mithelfen, diesen Kindern zu zeigen, wie sicher und sinnvoll eine Ausbildung bei uns ist. Wären Sie bereit, für ein derartiges Programm zur Verfügung zu stehen?"

"Natürlich", sagte Julius und erhielt von Millie zustimmendes Nicken. "Das mit Umbridge und den Dementoren ist ja nicht die Schuld von Hogwarts. Und ich bin froh, daß ich bei Ihnen gewesen bin, wenngleich ich jetzt in Beauxbatons auch sehr gut klarkomme."

"Ihr Schuljahr beginnt immer am letzten Augustwochenende, richtig?" Fragte Professor McGonagall. Millie und Julius nickten. Dann verabschiedeten sie sich von der neuen Schulleiterin.

"Wenn die Hogwarts im letzten Jahr mitgekriegt hätten würden die das anders sehen", meinte Gloria Porter.

"Übermorgen die Malfoys. Die möchte ich mir auch ansehen und anhören", sagte Julius.

"Du auch", sagte Ron Weasley, der nun auch im Atrium angekommen war. "Harry, Hermine und Ich sind wieder als Zeugen geladen. Da kriegt diese feige Sau endlich ihr Fett weg, auch wenn Harry und Hermine sagen, daß Draco am Ende nur ein verängstigter kleiner Handlanger gewesen ist."

"Das ist die Frage auch in der Muggelrechtsprechung. Wo darf Angst als schuldmindernd angesehen werden", sagte Julius und legte nach, daß sein Onkel väterlicherseits Rechtsanwalt war und mit seinen Eltern und ihm schon über Diktaturen und deren Aufarbeitung gesprochen hatte, vor allem nach dem Ende des Kommunismus in Deutschland und Osteuropa.

"Dad ist in der Hinsicht auch nicht so sicher", erwiderte Ron. Dann winkte er Harry Potter, der von vielen jungen Hexen umschwirrt wurde. Immerhin war er der große Held, der Gewinner der Schlacht von Hogwarts. Aber auch ein anderer junger Zauberer wurde umschwirrt, den Julius fast nicht wiedererkannt hätte, hätte er ihn nicht in Leas Spiegelfernsehübertragung gesehen, nur damals mit längeren Haaren und mehr Verletzungen im Gesicht. Er hatte immerhin die große Schlange Voldemorts geköpft, nachdem er einen Moment in Flammen gestanden hatte und war über das ganze Jahr heimlicher Leiter der Hogwarts-Widerstandstruppe DA gewesen. Als Harry nun zu seinem besten Freund vordringen konnte sagte dieser nur:

"Wir haben echt viel nicht mitbekommen, Ron. Aber wir haben zum richtigen Zeitpunkt das richtige getan. Dein Vater hat mir noch zugezischt, auf mich warte zu Hause was bestimmtes. Kommst du mit?"

"Du meinst das gewisse Erbstück von Sirius?" Fragte Ron.

"Yep", erwiderte Harry. "Aber wir sollten bis zum Dunkelwerden warten."

"Kapiere es, nicht wie damals mit dem alten Auto", entgegnete Ron.

"Ihr wißt genau, daß das gegen alle Zauberer- und Muggelweltbestimmungen ist, Ron und Harry", mußte Hermine Granger noch dazwischenwerfen. Doch die beiden Schul- und Kampfgenossen grinsten nur wie Jungs, die ein Donnerwetter an sich abprallen ließen und zogen ab, gefolgt von Hermine Granger.

"So so, der Strafverfolgungsleiter macht illegale Sachen mit Harry und seinem eigenen Sohn", raunte Julius Millie zu. Diese grinste.

"Wollen wir beide morgen mein altes Wohnviertel besuchen?" Fragte Julius.

"Ja, wollen wir", sagte Millie. Gloria sah Millie perplex an und deutete verlegen auf ihren Unterleib. Millie lachte laut los und meinte:

"Keine Sorge, Gloria, im Moment wohnt da sonst niemand. Ich möchte mindestens noch ein Schuljahr Quidditch spielen. Übernächstes Jahr geht das wohl sowieso nicht. Dann kann da wer einziehen." Gloria lief an den Ohren rot an und verzog das Gesicht. Dann schob sie ab.

"Wer meint rein zu denken denkt immer unrein", amüsierte sich Millie, während Gloria vor ihren Eltern einen Kamin erreichte und sich nach Hause flohpulverte.

"Was Harry da von Sirius Black geerbt hat interessiert mich schon, wenn es auch gegen Muggelweltbestimmungen verstößt", flüsterte Julius Millie zu.

Ein Muggelfahrzeug, nehme ich an. Eines, das Muggel nur mit Erlaubnis benutzen dürfen", meinte Millie auf Französisch. Julius erkannte, daß die hier nicht jedermann geläufige Sprache eine gute Tarnung bot.

"Also ein Auto oder ein Motorrad", erkannte Julius und legte nach: "Und zwar eins, das nicht wie ordinäre Autos fährt, sonst müßten die nicht auf die Dunkelheit warten. Also eins Mit Flugantrieb oder Transitionsturbo."

"Okay, muß sonst keiner wissen", meinte Millie und hakte sich bei Julius unter.

Durch den Kamin ging es zurück zu den Porters, wo beratschlagt wurde, wie sie morgen Julius altes Wohnviertel besichtigen sollten. Gloria riet dazu, Julius' Gesicht zu verändern, damit er dort noch lebenden Nachbarn seiner Eltern nicht auffiel. Dann könnten sie auch herumlaufen. Julius erkannte, daß das wohl günstiger sei. Er und Millie würden dann als Geschwisterpaar Julian und Marie Latierre auftreten, wenn sie jemand fragen würde, Touristen aus Frankreich. Das waren sie ja in letzter Folge auch.

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