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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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Julius hatte sich gerade zum schlafen niedergelegt, als etwas an sein Fenster klopfte. Er schrak hoch, dann beruhigte er sich. Womöglich schickten Gloria oder seine anderen Klassenkameraden einen Brief zu ihm, selbst wenn sein Geburtstag erst in zwei Tagen war.

Julius entzündete die Petroleumlampe mit einem der zehn Streichhölzer, die in einer kleinen Box auf dem Schreibtisch lagen und öffnete das Fenster.

Chackie, der weißbraune Vogel von Aurora Dawn, flog ins Zimmer und warf einen Briefumschlag auf sein Bett. Dann setzte sich das australische Tier auf die Stuhllehne und wartete. Julius atmete tief durch. Er glaubte an Gedankenübertragung, daß Aurora Dawn ihm diesen Vogel geschickt hatte, um ihm die Möglichkeit zu geben, einen Brief ohne Nebenkosten zu verschicken. Sicher, Aurora Dawn war jetzt wohl schon in England und würde bald die Quidditch-Weltmeisterschaft besuchen. Also nahm Julius den Briefumschlag und öffnete ihn. Auf rosa Pergament stand in leuchtendroten Buchstaben:

 

Hallo, Julius!

Ich habe erfahren, wie teuer die Post in Millemerveilles ist. Ich weiß auch nicht, ob du die Eulen deiner derzeitigen Gastgeberin benutzen darfst, um mir zu schreiben. Daher schicke ich dir Chackie. Du kannst ihr eine Nachricht für mich mitgeben. Sie bringt sie mir und kommt dann zu dir zurück, wenn es dunkel ist.

Ich gehe mal davon aus, daß du schon mit Camille Dusoleil zusammengetroffen bist. Als enthusiastischer Pflanzenfreund läßt sich das nicht vermeiden. Von ihr kannst du eine ganze Menge lernen. Und wenn du ihr zeigst, daß du dich in ihrem Fach auskennst, wird sie dich lieben. Also pass auf, daß sie dich nicht am Ende der französischen Schulferien in Beauxbatons anmeldet! Nichts gegen diese Schule, um Himmels Willen! Aber ich habe nicht ganz von der Hand zu weisende Gerüchte gehört, daß dort alles von A bis Z durchorganisiert und strukturiert ist und den Schülern keine Eigeninitiative beigebracht wird, solange sie dort sind. Das sagst du besser nicht deiner Gastmutter, sonst läßt sie sich noch was einfallen, um dich zu maßregeln! Aber Hogwarts ist und bleibt nun einmal die beste Schule für Hexerei und Zauberei Europas, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Hast du schon etwas gehört, ob man deine Eltern erreicht hat? Meine Kontakte sind zur Zeit schweigsam. Hoffentlich hat ihr Tun keine bleibenden Schäden hinterlassen!

Amüsier dich! Lerne alles, was man dir anbietet, solange es keine schwarze Magie ist, und wenn dann nur die, mit der du dich gegen andere Schwarzkünstler wehren kannst!

Viele Grüße

Aurora Dawn

 

Julius grübelte darüber, was Aurora Dawn jetzt eigentlich anstellte. Ihre Kontakte seien im Moment recht schweigsam. Was hatte das zu bedeuten? Wen kannte sie womöglich im Zaubereiministerium? Immerhin wußte sie ansatzweise, daß er nicht mit Erlaubnis und Auftrag seiner Eltern in das französische Zaubererdorf gereist war, das stand ja schon in ihrer Antwort auf seinen Expressbrief vom Vortag. Was die Schule von Beauxbatons anging, so hatte Catherine ihm ja schon erzählt, daß es dort eher wie in einem Ausbildungslager für Soldaten zuging. Wer da nicht an den von der Schule angebotenen Freizeitaktivitäten teilnahm, fiel schnell unter die Kategorie "Nicht gesellschaftsfähig". Aber das wäre ihm in Eton oder einem anderen Muggelinternat auch passiert, wußte Julius aus Beschreibungen seines Vaters über seine Zeit in Eton. Hogwarts war ja auch nicht freizügig, was das Verhalten der Schüler anging. Aber er gab ihr recht, daß er sich dort zumindest freier bewegen konnte, weil ihm niemand vorbetete, wo er sich überall betätigen sollte oder nicht. Sicher, Madame Hooch hatte unmißverständlich klargestellt, daß von ihr für fähig gehaltene Besenflieger auch bei den Hausmannschaften mitspielen sollten, wenn die Kapitäne dies möglich machten, doch niemand hatte ihn wirklich gezwungen, Quidditch zu lernen. Das hatte er gestern selbst erfahren, als er erkannt hatte, wieviel Spaß es machte, in einem richtigen Team zu spielen, und zwar mehr noch als in seiner früheren Zeit als Fußballspieler.

Julius nahm seinen Brief an Aurora Dawn, steckte ihn in den Umschlag und steckte ihn in die Rückentasche des wweißbraunen Vogels, den Aurora Dawn an Stelle einer Posteule besaß. Er suchte nach etwas essbarem in seinem Zimmer, fand jedoch nichts und sagte:

"Fliege zu Ms. Dawn und bringe ihr diesen Brief. Ich habe leider nichts zu fressen für dich hier."

Chackie nickte ihm zu, spannte die Flügel aus und flog ohne weiteres aus dem Fenster und in die warme sternenklare Nacht davon.

Nun konnte sich Julius hinlegen und schlafen. Seine Frage an Aurora Dawn war unterwegs, und er würde am nächsten Tag nicht zur Post gehen müssen. Mit diesem beruhigenden Gedanken schlief er ein.

Julius Andrews schlief unbeschwert und tief. Die Stille, die das nächtliche Dorf erfüllte, umschloß ihn wie eine schützende Käseglocke, durch die nichts beunruhigendes hereindrang. Nicht einmal Mücken oder andere Nachtinsekten, normalerweise lästige Beigaben eines warmen Sommers, behelligten ihn. Doch das fiel dem Jungen nicht auf. Er schöpfte die vielen Stunden aus, die zwischen dem Löschen der Lampe und Madame Faucons lautem Klopfen an seine Zimmertür verstrichen.

"Guten Morgen, Julius! Zeit zum aufstehen!" Rief die Gastgeberin des Hogwarts-Schülers laut aber fröhlich klingend. Julius erwachte, gähnte und antwortete laut, daß er jetzt aufstehen würde.

Wie in den letzten zwei Tagen schlüpfte er innerhalb von nur einer Minute aus dem Bett, in Bademantel und Hausschuhe und aus dem Zimmer. Er dachte daran, daß der achtzehnte Juli angebrochen war und gestern das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft gelaufen war. Normalerweise hätte er sich darüber geärgert, es nicht mitbekommen zu haben. Doch hier in Millemerveilles, dem Zaubererdorf in Südfrankreich, gab es interessanteres als Fußball. Als er von London aufgebrochen war, hatte er nicht geglaubt, innerhalb von zwei Tagen so viele aufregende Dinge zu erleben. Er hatte Quidditch gespielt, sich tollkühn einem Verwandlungsexperiment unterzogen, um zu erfahren, ob lebende Wesen auch in scheinbar toter Form noch fühlen und denken konnten. Er hatte einen magischen botanischen Garten besucht und den Nachmittag im Kreis anderer Hexen und Zauberer zugebracht. Er dachte an die gemeinsame Musikstunde mit Claire Dusoleil, die ihm ohne großen Zwang abverlangt hatte, seine Blockflötenkenntnisse zu entmotten. Und heute würde er wieder Quidditch spielen. Aber da war ja noch etwas! Er erinnerte sich an die Übungen mit dem Sprachlernbuch bei Claire, die ihm die durch einen Zaubertrank anscheinend verlorengegangenen Englischkenntnisse wieder zurückgebracht hatten. Als er im Badezimmer war, sprach er leise einige englische Sätze, wobei er darauf achtete, nicht in die Richtung des verzauberten Badezimmerspiegels zu blicken, der alles was sein Aussehen betraf sofort kommentierte. Er stellte erleichtert fest, daß er beide Sprachen noch sprechen konnte. Warum das so war, wußte er nicht. Aber er hatte einen Brief an seine erwachsene Bekannte Aurora Dawn geschickt, in dem er sie danach gefragt hatte.

Julius war gut gelaunt, als er den Duft frischer Brötchen und frischen Kaffees einatmete. Verhungern konnte er hier bestimmt nicht. Madame Faucon, die ihn eigentlich nur aus Amtshilfegründen zu sich genommen hatte, würde ihn schon dazu anhalten, genug zu essen und zu trinken.

Mit einem beschwingten "Guten Morgen, Madame Faucon!" betrat er die geräumige Wohnküche. Die Hausherrin, deren Tochter Catherine mit Joe Brickston verheiratet war, der ein enger Freund von Julius' Mutter war, stellte gerade eine große Kanne Tee auf den Tisch. Julius setzte sich, nachdem er sich kurz hatte begutachten lassen, ob seine Haare richtig saßen, der Umhang faltenfrei seinen Körper umhüllte und seine Zähne anständig geputzt waren.

Das Frühstück verlief wie üblich. Julius aß Brötchenhälften mit verschiedenen Sorten Marmelade, die aus selbstangebauten Früchten gemacht worden war. Nach ungefähr zehn Minuten sagte Madame Faucon:

"Ich bringe dich nachher zum Quidditchfeld. Ich gehe davon aus, daß man dort ordentliche Besen für Gäste bereithält. Zumindest war das vor zwei Jahren noch so, wo ich das letzte Mal mit Catherine dort war. Damit dürfte der Vormittag gut verplant sein für uns beide."

"Ich habe gedacht, Sie müßten noch für das nächste Schuljahr arbeiten, Madame Faucon. Ich habe Ihnen doch schon mehr Zeit abverlangt als nötig war", erwiderte Julius Andrews.

"Ich habe dir erst vorgestern gesagt, daß ich es mir aussuche, wie ich meine Zeit verbringe. Ich habe gestern auf Vorrat gearbeitet. Ich muß mir auch mal ein Quantum Freizeit nehmen. Ein Quidditchspiel zu sehen ist eine gute Ablenkung von den unvermeidlichen Dingen, die ich noch erledigen muß. Das nächste Schuljahr wird hochinteressant, aber auch sehr arbeitsintensiv."

"Das ist doch eigentlich jedes Schuljahr", warf Julius ein. Anstatt einer Antwort erhielt er von Madame Faucon nur ein Kopfnicken. Dann fragte sie:

"Da die Quidditchspiele naturgemäß nicht den ganzen Tag dauern, weil unsere Dorfjugend auch mal essen und anderweitig arbeiten muß, steht der Nachmittag wohl zur freien Verfügung. Hat dich schon jemand diesbezüglich gefragt, ob du mit ihm ihnen oder ihr die Zeit verbringen möchtest?"

"Nicht, daß ich wüßte. Allerdings würde ich mir gerne die magische Tierausstellung ansehen, die es hier geben soll. Ich kenne nur die Kreaturen, die Professor Lupin uns im letzten Jahr gezeigt hat. Die höheren Klassen hatten in der ersten Stunde einen echten Hippogreif gesehen. Aber einer der Drittklässler hat sich mit einem solchen Tier ungeschickt angestellt und dabei eine Verletzung abgekriegt, an der er lange herumgelitten hat, was ich persönlich für Wehleidigkeit halte, da unsere Schulkrankenschwester Sachen heilen kann, für die ein Muggelarzt gleich einen Monat Krankenhaus verordnet."

"Hippogreife sehen schrecklich gefährlich aus, sind aber gut zu betreuen, wenn man sie respektiert. Hat der zuständige Lehrer seinen Schülern nicht alles über sie erzählt?"

"Weiß ich nicht, weil ich nicht dabei war. Ich hab's nur mitgekriegt, wie Professor Dumbledore gerufen wurde, weil ein Hippogreif den Jungen gebissen und am Arm verletzt hat. Aber der Typ ist sowieso ein eingebildeter Kerl, großmäulig und herablässig. Papas Sohn. Für mich, der ich einen Direktor zum Vater habe, das ideale Beispiel dafür, wie ich nicht sein sollte."

"Ein Slytherin?"

"Öh, ja, durch und durch", erwiderte Julius auf diese eindeutige Frage.

"Dann geschieht es ihm wohl recht. Es sei denn, euer Lehrer für die Pflege magischer Geschöpfe ist ein totaler Idiot."

"Ich denke mal das Tiere genau das sind, was Hagrid beherrscht", sagte Julius. Madame Faucon lächelte wohlwollend.

"Das kann man wohl sagen. Wenngleich er nicht immer richtig einschätzen möchte, wo ein interessantes Tier aufhört und ein gefährliches Monster anfängt. Ich habe ihn einmal getroffen, als ich vor zehn Jahren nach Hogwarts gereist bin. - Aber wir schweifen ab. Wenn du magische Geschöpfe sehen möchtest, könnte ich das heute nachmittag mit dir erledigen. Ich sehe nicht ein, weshalb Madame Dusoleil dich mit ihrer Pflanzenliebhaberei vereinnahmen soll. Allerdings frage ich mich, ob du heute nachmittag wirklich frei über dich verfügen kannst. Ich habe hier nämlich einen Brief, der mir gestern noch per Eule zugegangen ist. Du hast Madame Delamontagne kennengelernt. Sie fragt mich, ob ich dich heute nachmittag freistellen kann, auf daß du sie auf ihrem Anwesen besuchst. Sie erwähnte, daß sie nicht um den Eindruck herumgekommen sei, daß du womöglich Schachkenntnisse besäßest, die dich für die Teilnahme am hiesigen Turnier in drei Tagen qualifizieren."

"Ich spiel doch nicht Schach, wenn die Sonne scheint", sagte Julius sofort.

"Madame Delamontagne hat ein großes Schachbrett unter freiem Himmel mit lebensgroßen Figuren. Das steht auch unter freiem Himmel. Es war mir übrigens klar, daß sie dich nicht übersehen würde, wenn du ihr auf eine laufende Partie siehst und dabei ein Gesicht machst, als könntest du den Ausgang der Partie vorhersagen. Ich kann dir natürlich auch aufgeben, dein Wissen um dunkle Künste zu verbessern und schonmal vorzuarbeiten. Wer weiß, wen ihr im nächsten Jahr als Lehrer bekommt."

Julius verstand. Wenn er nicht irgendwelche Schulsachen machen wollte, hatte er keine andere Wahl, als die Einladung von Madame Delamontagne anzunehmen. Er wählte also den Besuch bei der Dorfrätin.

Nach dem Frühstück gab die Hausherrin Julius einen waldmeistergrünen Umhang und feste Schuhe aus Drachenleder, die ihm ohne Drücken und schlackern paßten.

"Wenn du schon Quidditch spielst, solltest du einen guten Halt in deinen Schuhen haben", hatte Madame Faucon gesagt. Dann war sie mit ihm aus dem Haus gegangen, hatte es durch Magie verschlossen und war zum Geräteschuppen gegangen, wo ein Cyrano 4 wartete, ein etwas älterer Familienflugbesen. Madame Faucon saß auf, immer noch gelenkig, wie Julius fand. Doch er wußte jetzt nicht, ob er sich ungezwungen hinter ihr auf den Besen schwingen sollte. Sie sah ihn an und meinte:

"Du kannst vor mir auf dem Besen sitzen oder hinter mir. Ich habe keine Probleme damit. Babette sitzt gerne vor mir, aber Camille hat dich immer hinter sich aufsitzen lassen, richtig?"

"Ja, genau", sagte Julius. Die Mutter Catherine Brickstons sah ihn erwartungsvoll an. Dann entschloß er sich, sich wie üblich hinter die Person zu setzen, die den Besen steuerte. Er trat hinter Madame Faucon, schwang sein rechtes Bein über den Stiel und saß auf. Etwas zögerlich umfaßte er den Körper der Hexe, um seine Hände vor ihr auf den Besenstiel zu legen. Sie sagte ihm noch:

"Nicht so schüchtern. Ich würde dich nicht auf einem Besen mitnehmen, wenn ich es nicht dulden würde, daß du mich umarmst, um dich festzuhalten. Also los! Hopp!"

Beide gleichzeitig stießen sich vom Boden ab, so daß der alte Besen ohne Probleme aufstieg und sofort Fahrt aufnahm. Julius war immer noch nicht so recht zu Mute. Mit Virginie, die nur drei oder vier Jahre älter als er war, war das ein leichtes Spiel gewesen, im Tandem zu fliegen. Mit Madame Dusoleil war es so wie bei einer hilfsbereiten Radfahrerin, die ihn mal soeben mitnahm. Doch mit der Hexe auf einem Besen zu sitzen, die für ihn verantwortlich war, war es ein anderes Gefühl. Er sah dem Haarknoten von Madame Faucon zu, wie dieser sich im aufkommenden Fahrtwind wiegte, klammerte sich fest an den Besenstiel, während die Beauxbatons-Hexe die Fluglage oder die Richtung änderte und sagte kein Wort dabei. Erst als der Quidditchplatz in Sicht kam, sagte er:

"Das ist so, als wenn es schon solange her ist, daß ich hier war."

"Ihnen ist doch nicht etwa langweilig, Monsieur Andrews?"

"Nein, im Gegenteil", erwiderte Julius auf diese Frage.

Wie mit Madame Dusoleil, so gab es auch mit seiner Gastgeberin keine Probleme bei der Landung. Julius empfand es sogar irgendwie erhaben, wie ruhig der Besen über das Stadion herunterschwebte, eine leichte Bremskurve um die südlichen Sitzreihen beschrieb und ohne Hast und Ruckeln auf der Seitenbegrenzungswiese aufsetzte.

Es saßen bereits mehrere Jungen und Mädchen in den Zuschauerreihen. Aber auch mehrere Erwachsene. Julius sah, daß das Ehepaar Dusoleil vollzählig erschienen war. Auch Mademoiselle Dusoleil war da. Sie trug einen safrangelben Umhang und einen zitronengelben Schal um die Schultern. Zwischen ihr und ihrem Bruder Florymont saß die kleine Denise, ebenfalls in einen gelben Umhang gehüllt. Dann sah Julius in den höheren Reihen noch Madame Delamontagne in Begleitung eines dunkelhaarigen Zauberers mit langem Schnurrbart, der einen samtbraunen Umhang und eine silbergraue Krawatte trug. Dann waren da noch die beiden Medimagier und Monsieur Castello, der zopfbärtige Zauberer, der vor zwei Tagen den Schiedsrichter gemacht hatte.

Madame Faucon ging mit Julius zu einem großen Metallgerüst, in das die Besen der Besucher eingehängt werden konnten. Dann suchte sie mit ihrem Schützling eine Bude neben dem Feld auf, wo eine Hexe von ungefähr vierzig Jahren die hochangesehene Professorin mit einer tiefen Verbeugung begrüßte.

"Ich habe schon gehört, daß dieser junge Herr in Ihrer Begleitung ein guter Flieger ist. Leider war es mir nicht vergönnt, ihm vor zwei Tagen selbst beim Spiel zuzusehen. Sie möchten bestimmt einen guten Rennbesen für ihn ausleihen."

"So ist es", erwiderte die Beauxbatons-Lehrerin.

Innerhalb von fünf Minutenverließen Madame Faucon und ihr Schützling den Besenverleih mit einem Ganymed 7.. Julius sagte:

"Die fünf Sickel pro Stunde kriegen Sie von mir wieder."

"Nein, dein Geld behältst du. Wenn du gut damit fliegen kannst, rechtfertigt das diese Leihgebühr."

Madame Faucon ließ Julius auf dem Spielfeld zurück, wo bereits die übrigen Junghexen und -zauberer eingetroffen waren. Julius warf einen Blick in die Zuschauerränge und sah, wie sich Madame Faucon zu Madame Delamontagne setzte. Er sah auch Claire Dusoleil in einem scharlachroten Umhang, ähnlich denen der Gryffindor-Spieler, wie sie neben ihrer in smaragdgrün gekleideten Mutter saß. Offenbar wollte sie nicht mitspielen.

Nach zehn Minuten des Wartens wurden vier Mannschaften ausgelost, da nun zusammen mit Prudence Whitesand und Julius Andrews 18 Spieler auf dem Platz waren. Hierbei würde Julius zunächst mit einer reinen Jungenmannschaft spielen, zu der Bruno als Jäger und César als Hüter gehörte. Danach würde er in einer gemischten Mannschaft mitspielen, zu der auch Prudence Whitesand gehörte.

Um neun Uhr betrat Monsieur Castello den Platz und rief die ersten zwei Mannschaften auf, sich startbereit zu machen. Die restlichen Spieler, die erst im zweiten Spiel auftreten sollten, zogen sich auf die Reservebänke zurück. Wie in Hogwarts wurde das Ritual praktiziert, daß sich die Mannschaftskapitäne zuerst begrüßten, dann alle Spieler die Besen bestiegen, um dann auf den Pfiff des Schiedsrichters hin loszufliegen.

Julius verdrängte das mulmige Gefühl, der jüngste Spieler unter all den Vierzehn- bis Siebzehnjährigen zu sein, als er zum erstenmal den Quaffel spielte. Er fügte sich schnell in die Mannschaft ein und schaffte es mit Bruno und Renard zusammen, innerhalb von fünf Minuten drei Tore zu schießen.

Jeanne, die mit Prudence zusammen Jägerin spielte, rief Julius einmal zu, doch etwas mehr Rücksicht auf die Spielerinnen zu nehmen. Julius rief zurück:

"Nicht beim Quidditch, Jeanne! Prudence weiß das!"

Eine Stunde lang tobten sich die ersten beiden Mannschaften aus, bis die Sucherin der Blumentöchter den Schnatz fing. Die Partie ging jedoch 200 zu 160 für die Jungen aus, was im wesentlichen Julius' Angriffsspiel und Césars Hüterqualitäten zu verdanken war.

Um zehn Uhr startete das zweite Spiel. Julius spielte diesmal in einem Team mit, zu dem die Treiberinnen der Blumentöchter, Julius, Jeanne und Prudence als Jäger, die Hüterin der Blumentöchter und der Sucher der grünen Sieben gehörten. Und wieder zeigte Julius durch geschickte Manöver und ein schnell entstandenes Mannschaftsgefüge, César wieder und wieder auszuspielen. Der Hüter der grünen Sieben mußte innerhalb einer halben Stunde zehn Tore hinnehmen, von denen Julius sechs vorgelegt hatte und vier eigenhändig erzielen konnte. Das letzte Tor dieser Serie war ein gewagter Angriff, bei dem Julius mit dem Quaffel in einer wilden Spirale auf die drei Torringe zuraste, bis er kurz vor dem rechten Ring anlangte. Dort warf sich César mit seiner ganzen Leibesfülle in den Weg und versuchte, ihn zu blocken.

"An mir kommst du diesmal nicht vorbei!" Rief der sechzehnjährige Jungzauberer. Julius flog in einem höllischen Tempo auf ihn zu, warf sich keine fünf Meter vor dem Hüter zurück, wobei der Quaffel in einem weiten Bogen aus seiner linken Hand flog und seitlich gegen den linken Torring klatchte. Ein Jäger der Gegenmannschaft wollte sich den roten Ball sichern, bekam ihn aber so unglücklich an den Besenstiel, daß er direkt zurückprallte und durch den mittleren Torring trudelte, während Julius im schnellen Aufstieg über die Torringe hinweggerast war und sich erst über der Zuschauertribüne wieder abbremste.

"Ich glaube das nicht!" Schimpfte César und sah seinen Mitspieler an, der unabsichtlich das Tor erzielt hatte. Der Schiedsrichter lachte nur und sprach laut für alle Mannschaften:

"Gemäß der Spielregel von 1654 darf nur der als Torschütze gelten, der mit mindestens einer Hand als letzter den Quaffel vor dem Tor berührte. Insofern ist Monsieur Julius Andrews der Torschütze."

"Eigentore sind schlimmer", rief Bruno genervt. "Der spielt doch niemals nur Reserve!"

Prudence erzielte in der Folge noch drei weitere Tore, bevor ihre und Julius' Mannschaft sich in ihren eigenen Torraum drängen lassen mußten, um das Brechstangenspiel der gegnerischen Mannschaft zu überstehen. Als wieder ein gewisser Freiraum war, griffen Prudence, Jeanne und Julius in einer Pyramidenformation wieder an, wobei sie sich den Quaffel mehrmals gegenseitig zuspielten. Als sie auf diese Weise kurz vor den gegnerischen Torringen waren, erschütterte ein dumpfer Knall das Stadion. Spieler und Zuschauer erschraken derartig, daß das Spiel abrupt zum erliegen kam. Nur Julius, der gerade den Quaffel führte, flog nach einem kurzen Schreckmoment weiter, an César vorbei und zum rechten Torring. Doch dann verzichtete er auf den Torschuß und warf den roten Ball César zu, der immer noch erschrocken mit seiner Balance kämpfte. Dann drehte er sich um und stieg einige Meter auf. Er sah schnell nach oben und konnte den Kondenzstreifen eines Flugzeuges sehen, der sich dunstigweiß in das Blau des wolkenleeren Himmels eingeschnitten hatte. Dann rief er den Spielern und Spielerinnen zu:

"Nichts passiert, Leute! Das war nur ein überschallschnelles Kampfflugzeug der Muggel, das den lauten Knall gemacht hat!"

Monsieur Castello pfiff die Spieler und Spielerinnen zur Landung, weil einige gefährlich mit den Besen herumtrudelten. Julius flog mit Prudence zusammen neben Jeanne her, die sichtlich Mühe hatte, den Besen ohne Ruckeln zu landen, so tief saß ihr der Schreck noch. Virginie Delamontagne, die mit Bruno in der Gegenmannschaft gespielt hatte, raste auf Julius zu, immer noch gut auf ihrem Besen fliegend und landete zwischen den Spielern und Spielerinnen von Julius' Mannschaft.

"Das hätte ich nie gedacht, daß die Muggel ihre Mordflugmaschinen über unser Dorf hinwegfliegen lassen", schimpfte Monsieur Castello, als die Mannschaften gelandet waren. Dann traten Madame Delamontagne und Madame Faucon auf den Platz. Virginie sprach kurz mit ihrer Mutter. Diese nickte und kam dann zu den Spielern. Sie sprach im Flüsterton mit Monsieur Castello und wandte sich dann den Spielern zu.

"In meiner Eigenschaft als Dorfrätin gebe ich entwarnung. Es handelt sich wohl nicht um einen magischen Vorfall, sondern um eine Aktion der Muggel. Allerdings sollte das Spiel für fünf Minuten unterbrochen werden, bevor weitergespielt werden kann. Diese Explosion war ja ohrenbetäubend."

Julius sah die Dorfrätin an, dann Madame Faucon. Diese blickte ihren Schützling an und winkte ihn zu sich.

"Weißt du, daß du Jeanne und Bruno davor bewahrt hast, vom Besen zu fallen. Sie hätten fast die Balance verloren. Madame Delamontagne möchte mehr über diese Explosion wissen. Du bist hier der einzige Experte, also wirst du ihr jetzt einen kurzen Bericht erstatten."

"Wie Sie wünschen, Madame Faucon", willigte Julius ein und ging zu Madame Delamontagne hinüber, die mit Monsieur Castello zusammenstand. Von den Zuschauerrängen erhoben sich die Hexen und Zauberer, die die Spiele verfolgt hatten und stiegen auf das Spielfeld hinunter. Julius wurde nun doch etwas anders, wenn er daran dachte, daß er sich zum einen als Muggelkind offenbaren würde und zum anderen etwas erzählen sollte, was jeden hier interessierte.

"Ich glaube nicht, das mich alle hören können, die das wissen wollen", flüsterte Julius Madame Delamontagne zu. Diese zog ruhig ihren Zauberstab hervor, richtete ihn auf Julius' Kehlkopf und sagte:

"Sonorus!"

Dann bat sie Julius, mit ganz normaler Lautstärke zu sprechen. Der Junge sah sich um, blickte in die erwartungsvollen und verängstigten Gesichter der Hexen, Zauberer und ihrer Kinder und sagte dann:

"Ich weiß zwar nicht, ob mich jeder hören kann ..." Er stutzte, weil er seine Stimme so laut und deutlich von allen Rängen widerhallen hörte, als habe er ein Mikrofon und eine Lautsprecheranlage eingeschaltet. Dann setzte er fort:

"... aber ich will nur sagen, daß es sich bei dem lauten Knall um ein Flugzeug der Muggel handelte, das schneller als der Schall geflogen ist. Wenn ein Muggelflugzeug schneller als der Schall fliegt, drückt es die vor ihm liegende Luft so heftig zur Seite weg, daß sie wie bei einer Pulverexplosion oder einem Donnerschlag weggeschleudert wird. Das war der laute Knall, den wir gehört haben. Diese Flugmaschinen sind eigentlich zu Kampfzwecken gebaut worden, um sich gegenseitig anzugreifen und zum Absturz zu bringen. Es könnte aber auch eine Concorde gewesen sein, wenn ich auch nicht weiß, warum die jetzt von Marseille aus starten sollte. Mehr habe ich nicht dazu zu sagen. Es ist nichts passiert, was uns Angst machen sollte, MessieursDames."

Julius wußte nicht, wie er diesen Stimmverstärker-Zauber wieder loswerden sollte. Er trat an Madame Delamontagne heran. Diese nickte und deutete mit dem Zauberstab noch mal auf die Kehle des Jungen. "Quietus!" Murmelte sie. Julius räusperte sich, und seine Stimme klang wieder normal, ohne von allen Zuschauerrängen widerzuhallen.

"Du bist dir sicher, daß es sowas gewesen ist?" Fragte Madame Delamontagne den Hogwarts-Schüler. Julius Andrews nickte und zeigte mit der rechten Hand nach oben, wo sich der Kondenzstreifen des Flugzeuges langsam wieder auflöste. "Wenn Flugmaschinen so schnell fliegen, hinterlassen sie einen Streifen aus Dampf am Himmel. Den können Sie im Moment noch gut erkennen."

"gut, Junge! Ich glaube dir das. Normalerweise fliegen die Muggelflugmaschinen in großer Höhe über uns hinweg, wenn sie ihren Landehafen verlassen haben oder warten müssen, bis sie dort heruntergehen dürfen. Daß eine so schnelle Maschine derartig viel Lärm macht, war mir nicht bekannt."

Nachdem sich die Aufregung um den Überschallknall gelegt hatte und der Kondenzstreifen am Himmel völlig verschwunden war, ließ Monsieur Castello das Spiel fortsetzen. Julius erzielte mit Prudence und Jeanne noch einige Tore, wobei er es schaffte Nadines sehr genau gespielte Klatscher geschickt auszunutzen, obwohl sie eigentlich gegen ihn gerichtet waren. So bahnte ein Klatscher ihm einmal den Weg zum Torraum und zwang César dazu, einen der drei Ringe freizugeben, durch den Jeanne dann den Quaffel hindurchspielte. Als die Sucherin der Blumentöchter, die bei Bruno und César in der Mannschaft mitspielte, den Schnatz schließlich fing, lag ihre Mannschaft jedoch schon 30 zu 230 zurück, so daß der Schnatzfang keine Wende brachte.

Es war Viertel nach zwölf, als Julius mit Madame Faucon zu ihrem Haus zurückflog. Der geliehene Besen wurde zurückgereicht, und es wurde Julius zugesagt, ihm diesen bei einer neuerlichen Quidditch-Runde zu geben.

"Jetzt bin ich wohl bei allen unten durch, die meinten, ich müsse aus einer tollen Zaubererfamilie stammen", grummelte Julius, während er sich hinter Madame Faucon auf dem Familienbesen hielt. Sie sagte nur:

"Du wußtest, daß es keine schwarze Magie war, und das war ihnen wichtiger als woher du das wußtest. Ich hätte ihnen zwar auch von einem Überschallknall etwas erzählen können, aber du kennst dich damit immer noch besser aus als ich. Wie gesagt, die halbe Dorfgemeinschaft weiß schon seit gestern von deiner Abstammung. Durch deine Hauskameradin Prudence ließ sich das wohl nicht vermeiden. Übrigens hat Madame Delamontagne mir ausgerichtet, daß Virginie dich heute nachmittag um drei abholen wird. Sie möchte deine Schachkenntnisse prüfen. Ich hielt es nicht für nötig, dein Spiel mit mir zu verschweigen. Sie wird dich wohl einteilen wollen, wenn das Turnier stattfindet", grinste die Hexe von Beauxbatons noch.

Um eins gab es Mittagessen. Madame Faucon hatte Julius im scharfen Kommandoton ins Bad geschickt, damit er sich dort noch mal gründlich reinigen möge. Nach dem Mittagessen wolte Julius eigentlich noch einmal auf sein Zimmer und in einem der geliehenen Zauberbücher nachlesen, ob dort etwas über einen Druiden Dairon stand, doch Madame Faucon hielt ihn zurück. Er dachte, jetzt müsse er doch irgendwelche Handreichungen machen. Doch sie sprach nur tiefgründig dreinschauend:

"Einen Moment, Monsieur", begann sie auf Französisch und fragte dann auf Englisch weiter:

"Könnte es sein, daß du mir etwas wesentliches verschwiegen hast?"

Julius errötete, bevor ihm klarwurde, daß er diese Frage nicht hätte verstehen dürfen, wenn er nur die französische Sprache konnte. Aber was mochte die Hexe von ihm wissen wollen? War es eben das, daß er seine eigene Sprache wieder konnte? Oder ging es ihr um etwas anderes wesentliches?

"Ah ja! Offenbar hast du es", sagte Madame Faucon wieder auf Französisch. Julius war ihr wohl in die Falle gegangen. Aber woher wußte sie, daß er ...?

"Camille hat mir erzählt, daß du mit Claire ihr Sprachlernbuch durchgearbeitet hast. Ich fragte Claire, ob du ihr ein paar neue Wörter hast beibringen können. Sie wagte es doch glatt, nicht zu antworten. Ich wies sie darauf hin, daß ich Schweigsamkeit als Ungehorsam ansah, und sie verriet mir, daß du deine Sprache wieder sprechen konntest, nachdem dir schwindelig wurde. Junge! Das passiert nicht so häufig, wenn jemand den Wechselzungentrank getrunken und danach ein Sprachlernbuch gelesen hat. Es hätte dir wer-weiß-was passieren können. Ich dachte, du hättest ein gewisses Verantwortungsgefühl", sprach die Hexe ganz im Stil einer strengen Lehrerin. Julius überlegte einige Sekunden und erwiderte:

"Es ist nichts passiert, und ich hielt es durchaus für möglich, daß ein Sprachlernbuch, daß zwischen der letzten gehörten und der eigenen Muttersprache vermittelt, die Wirkung wieder umkehrt oder zumindest die alte Sprache zurückholt, was ja auch passiert ist."

"Dennoch hättest du es Camille sagen können oder mir. Gedächtniszauber sind keine Kleinigkeit wie eine Schramme am Knie oder ein umgestoßenes Glas. Aber ich kann dich beruhigen. Da du ja, wie ich wohlwollend zur Kenntnis nehmen durfte, meine geschätzte Muttersprache kurz nach unserer ersten Begegnung zur Osterzeit so fließend gelernt hast, daß du nur das Buch von Polyglosse und Babel verwendet haben konntest, und da dieses Buch mit eben jener Bezauberung zur schnelleren Spracherfassung auch von Claire benutzt wird, trat eine Wirkung auf, die nur viermal beobachtet werden konnte. Allerdings nicht so schnell, wie bei dir, sondern nach zwei Monaten des Lernens mit beiden Wörterbüchern. Hast du schon vom Ruster-Simonowsky-Effekt gehört?"

"Hmm, irgendwo klingelt da was bei mir, aber sehr leise", erwiderte Julius lax. Dann zuckte er zusammen, als ihn die Erinnerung wie ein Stromstoß traf.

"Natürlich habe ich davon gehört. Professor McGonagall und Professor Flitwick meinten, daß meine Zauberkräfte deshalb so stark seien, weil angeblich beide Elternteile Zauberer in der Ahnenreihe hätten, aber die Kräfte lange verschüttet worden seien, bis sie sich bei mir trafen und deshalb verstärkten. Allerdings konnten sie nicht herausfinden, wer aus der Linie meiner Mutter zaubern konnte."

"Interessant. Das hat mir meine Kollegin nicht geschrieben. Aber logisch ist es. Die Genialogen eures Zaubereiministeriums sind, um dies einmal zu erwähnen, nicht gerade beflissen und phantasievoll, was die Suche nach Vorfahren angeht. Sie meinen, alles was vor 300 Jahren stattfand, sei zu vernachlässigen. Das spart zwar Platz im Archiv, kann aber zu unliebsamen Informationslücken führen. Wie dem auch ist, es könnten drei Sachen zusammengetroffen sein, die deine Sprachrückgewinnung ohne Verlust der durch den Trank erlernten Sprache bewirkt haben:

Deine mögliche Ruster-Simonowsky-Natur verstärkt die von dir ausgehende Zauberkraft und erhöht die Wirkung von Zaubermitteln.

Zum zweiten hast du einen hochpotenten Zaubertrank zu dir genommen, der deine Sprachfähigkeit sehr nachdrücklich geändert hat.

Drittens hast du mit zwei Büchern gearbeitet, die beide Sprachen behandeln, von denen die eine deine Muttersprache ist und die andere eben jene ist, die der Trank dich hat erfassen lassen. Die drei Faktoren haben dir Jahre des Lernens erspart. Allerdings muß geklärt werden, ob es Nebenwirkungen hatte."

"Na und. Solange ich sprechen und denken kann und meine Sinne und Glieder noch gebrauchen kann, soll mir das egal sein. Vielleicht kann ich dann nicht mehr so heftig zaubern und muß es so lernen, wie die anderen auch und .."

"Dann müssen wir das ausprobieren. Deine Flugfähigkeiten waren auf jeden Fall unbetroffen, wenngleich du manchmal etwas leichtsinnig manövriert hast. Aber beim Quidditch ist das leider nicht völlig auszuschließen. Deine restlichen Fertigkeiten werden wir hier und jetzt testen."

Madame Faucon stand auf und verließ die Wohnküche. Julius wollte noch hinter ihr herrufen, daß er ja nicht zaubern dürfe. Aber dann fiel ihm ein, daß sie ihm befehlen durfte, zu zaubern, weil sie ja beamtete Lehrerin war.

Keine Minute später kam sie mit Julius' Zauberstab zurück und drückte ihm diesen in die Hand.

"Gehen wir in den Übungsraum, den ich habe!" Entschied sie und führte Julius in einen Kellerraum des Hauses, in dem kleine Schachteln und Kreisel, sowie Metallstücke und Tonfiguren herumlagen.

"Fangen wir mit dem an, was du als erstes erlernt hast. Mach aus diesem Holzspan eine Stecknadel! Und sage jetzt nicht, daß du das nicht darfst! Ich habe die Befugnis, Minderjährige außerhalb ihrer Schulen zu prüfen, schon deshalb, um eine Eignung für Beauxbatons zu erwägen. Also mach, was ich dir gesagt habe!"

Julius trat an den Holzspan heran, bewegte den Zauberstab, wie er es in der ersten Verwandlungsstunde getan hatte und hoffte schon, die Formel sprechen zu müssen, um die Umwandlung auszulösen. Doch als er daran dachte, knackte es, und aus dem Holzspan wurde eine ordentliche Stecknadel.

"Ich wollte gerade die Formel ..", stammelte Julius. Doch die Lehrerin gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Dann verlangte sie ihm weitere Zauberkunststücke ab, die er in fast allen Fällen ohne lautes Aussprechen einer Zauberformel bewältigte. Er mußte Objekte in andere tote Objekte umwandeln, schrumpfen lassen, vergrößern und wieder auf ihre Ursprungsgröße zurückführen. Er holte mit dem Accio-Zauber einige der schweren Gegenstände zu sich heran, auf Befehl der Lehrerin sogar einmal ohne Ausruf des Zauberwortes. Julius fragte sich, ob das wirklich dazu diente, mögliche Schwächen zu finden oder nur ein willkommener Anlaß war, seine überragenden Kräfte zu erleben. Jedenfalls verriet die Hexe von Beauxbatons mit keiner Regung, was sie dachte oder empfand.

"Vivo-Ad-Invivo-Verwandlungen kleiner Tiere sind wohl immer noch die Standard-Prüfungsaufgaben? Dann wiederholen wir das jetzt!"

"Muß das sein? Ich war froh, überhaupt das Prüfungsziel erreicht zu haben. Außerdem liegt das mit meiner guten Zauberei nur daran, daß ich seit einigen Wochen nicht mehr gezaubert habe und .."

"Ui, du wagst es, dich zu weigern? Dann hast du jetzt zehn Sekunden, um deine Weigerung zu begründen oder zurückzunehmen, bevor ich dich für die nächsten zwei Stunden in ein Goldfischglas setze."

"Mal abgesehen davon, daß Sie das nicht dürfen, Madame, besteht kein Grund, mich diese Prüfung noch mal wiederholen zu lassen, da alles, was ich Ihnen gezeigt habe, so funktioniert, wie es bisher auch geklappt hat. Es ist mir auch egal, ob Sie das sehen wollen, wie gut ich bin. Ich mache das nicht und .."

Die Hexe hob den Zauberstab. Julius rief schnell:

"Expelliarmus!"

Irgendwas rief Madame Faucon im selben Augenblick. Doch Julius konnte es nicht hören, da er seinen eigenen Zauber gesprochen hatte.

Ein roter Blitz schoß aus dem Zauberstab des Jungen und traf fast auf Madame Faucon, die ihren eigenen Zauberstab ausgestreckt hielt. Doch der eigentlich entwaffnende Blitz prallte wie ein Hartgummiball zurück und erwischte Julius mit voller Wucht. Der Zauberstab flog ihm aus der Hand und er selbst wurde von der Wucht des Zaubers zurückgeworfen und aus dem Gleichgewicht gebracht. Er verwandelte den Sturz in eine geschmeidige Fallrolle und stemmte sich keine Sekunde später wieder hoch, um nach seinem Zauberstab zu hechten, der gerade klappernd in der Nähe von Madame Faucon landete.

"Maneto!" Rief die Hexe. Und der Zauber packte Julius an Armen und Beinen und hielt ihn fest, wie er stand. Es war aber nicht wie der Klammerfluch, den er mit Gloria und Kevin im Selbstversuch ausprobiert hatte, sondern wie eine unsichtbare Hand, die ihn einfach nur zurückhielt, vorwärtszuspringen. Madame Faucon tauchte nach Julius' Zauberstab und nahm ihn seelenruhig auf.

"Junge, hast du dir etwa eingebildet, mich mit dem vorhersagbarsten aller Duellzauber auszumanövrieren? Ich hätte dich für kreativer gehalten und für einsichtiger. Nun ja, du bist lernfähig und willensstark. Removete!"

Julius spürte, wie der unsichtbare Griff von ihm wich und er sich wieder frei bewegen konnte.

"Was war denn das für ein Zauber? Das ist ja genial."

"Ein Rückprallzauber gegen mit Lichtblitzen geschleuderte Zauberflüche. Wenn du stark genug bist, kannst du damit viele Angriffe auf den Angreifer zurückwerfen, solange sie mit einem Lichtblitz oder Lichtstrahl zusammenfallen. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen, von denen eine deshalb nicht geprobt wurde, weil sie zu gefährlich für die Experimentatoren ist."

"Sie meinen den Todesfluch?"

"Ja, genau den. Der Rückprallzauber konnte nicht gegen den Todesfluch getestet werden, weil es entweder den, der den Rückprallzauber versucht, trotzdem töten kann oder, falls der Fluch tatsächlich zurückprallt, den Angreifer tötet und somit genauso verbrecherisch ist, als wenn jemand den Fluch selbst ausgestoßen hätte. Aber wieso kommst du darauf, daß der Todesfluch mit einem Lichtstrahl zusammenfällt?"

"Weil ich wie viele andere Schüler auch das Überleben von Harry Potter diskutiert habe und mir nur einfiel, daß der Todesfluch wie ein Energiestrahl aus einer Zukunftsgeschichte wirkt, wenn er zurückprallen kann. Deshalb kam ich darauf", sagte Julius. Er wollte nicht zugeben, daß Brutus Pane es gewagt hatte, ihn mit diesem Fluch anzugreifen, jedoch an seiner unentwickelten Magie gescheitert war. Julius hatte von dem Angriff nur einen knisternden Funkenstrom mitbekommen und gedacht, daß ihn die Funken nicht hätten schaden können.

"Wie dem auch sei. Du hast dich immer noch nicht dazu entschlossen, meine Aufgabe auszuführen. Vielleicht sollte ich dich anstatt in ein Goldfischglas in einen Blumentopf setzen und eine Woche lang auf ein Fensterbrett stellen. Camille hatte auch die Idee, dich in meinen Garten zu pflanzen. Also, weigerst du dich immer noch?"

"Ich bin experimentierfreudig. Vielleicht will ich das einfach mal wissen, wie es als Kirschbaum ist oder als Sonnenblume oder Kaktus", gab Julius trotzig von sich. "Besser als eingeschrumpft in einem Goldfischglas. Aber dann kann ich nicht mit Madame Delamontagne Schach spielen und Sie bekommen vielleicht Ihre Lizenz als Lehrerin abgenommen wegen unbeherrschter Verzauberung eines Minderjährigen, der sich nicht wehren durfte."

"Das mit dem Schach ist allerdings ein Argument. Eleonore spielt nicht gegen Bäume Schach. Das ist unter ihrer Würde. Du magst also nicht mehr zaubern. Schade. Dabei wollte ich dir heute noch die Invivo-Ad-Vivo-Verwandlung zeigen, falls du das kannst, was meine Kollegin dir unterstellt."

"Moment! Professor McGonagall hat behauptet, ich könne das, was die in der dritten Klasse erst machen? Das glaube ich nicht. Nun gut, ich führe Ihren Auftrag durch. Vielleicht geht er ja daneben", gab Julius seine Verweigerungshaltung auf. Die Hexe von Beauxbatons sah ihn wohlwollend an und reichte ihm den Zauberstab zurück. Julius hob ihn an.

"Sie sind sehr vertrauensselig. Was würde mich jetzt hindern, an Ihnen einen Umwandlungszauber zu versuchen?"

"Der Umstand, das du zum einen heute abend nichts mehr zu Essen bekämst und deinen zwölften Geburtstag in Askaban feiern dürftest, weil du eine Beamtin der französischen Zaubererwelt mutwillig angegriffen hast. Aber das hast du dir bestimmt schon überlegt", erwiderte die Hexe ruhig und ohne Anflug irgendeines Gefühls. Julius nickte und sagte:

"Wahrscheinlich hätten Sie auch dagegen einen Zauber gewußt. Aber natürlich hatte ich nicht vor, Sie zu verhexen."

"Verzaubern. Hexen hexen, und Zauberer zaubern. Diese sprachliche Unterscheidung ist wichtig."

"Nicht in Hogwarts", sagte Julius und drehte sich um, um zu sehen, welche Aufgabe er bewältigen mußte.

Madame Faucon holte aus einem Kasten Erde einen langen Regenwurm. Den legte sie vor Julius auf einen Schemel und forderte den Jungen auf, aus dem Regenwurm eine Garnrolle zu machen. Julius trat etwas näher an das sich ringelnde Tier heran, konzentrierte sich und machte die vorgeschriebenen Bewegungen mit dem Zauberstab. Dann sprach er das erste Wort der Verwandlungsformel, wobei er sich vorstellte, wie aus dem rötlichbraunen Tier eine weiße Garnrolle wurde. Es ploppte kurz, und da, wo vorher der Regenwurm gelegen hatte, lag nun eine zwei Zoll durchmessende Rolle mit weißem Garn. Madame Faucon ging an den Schemel heran, berührte das Objekt mit ihrem Zauberstab, rüttelte daran und spulte einen ganzen Meter Garn von der Rolle ab und wieder auf.

"Perfekt. Eins plus! Herzlichen Glückwunsch! Ich verwandle diese Garnrolle wieder zurück."

Julius trat bei Seite und beobachtete die Hexe, wie sie mit einer schnellen Abfolge von Bewegungen den Zauberstab schwang. Die Garnrolle verschwand und wurde wieder zu einem Regenwurm, der sich wild windend und wälzend auf dem Schemel herumwarf.

"Du hast ähnlich heftig reagiert, als wir das Experiment gemacht haben. Erinnerst du dich?"

"Zu gut", bestätigte Julius und dachte daran, daß er vor einem Tag für wenige Minuten ein Weidenkorb gewesen war, nur weil er wissen wollte, ob in tote Dinge verwandelte Wesen noch etwas spürten.

"Ich hätte mich wahrscheinlich auch geschüttelt, wenn man von mir irgendwas abgespult hätte und ich das körperlich hätte fühlen können ohne mich dagegen zu wehren", sagte Julius.

Madame Faucon setzte den Regenwurm zurück in den Kasten mit der Erde, wo er sich sofort eingrub. Dann nahm sie aus einer Schachtel einen Hosenknopf und fragte Julius, ob er die Invivo-Ad-Vivo-Sprüche schon gelesen hatte. Julius verneinte dies, da diese erst zu Beginn des dritten Schuljahres drankommen würden. Die Hexe von Beauxbatons überlegte kurz und erklärte ihm die Bewegungen des Zauberstabes und die wesentlichen Wörter. Julius mußte sie nachsprechen, zweimal. Dann führte ihm die Hexe vor, wie sie ohne Worte einen alten Lehnstuhl in eine Ratte verwandelte, die herumlief, bis Madame Faucon sie mit einem Zauberstabwink stoppte und ohne große Anstrengung wieder in den alten Lehnstuhl zurückverwandelte.

"So, und jetzt mach aus dem Hosenknopf einen Marienkäfer! Die Zahl der Punkte ist unerheblich."

Julius konzentrierte sich und machte schnell die notwendigen Zauberstabbewegungen und sprach dabei die ersten zwei Wörter der Zauberformel, wobei er sich vorstellte, daß aus dem weißen Perlmutknopf ein Marienkäfer mit sechs Punkten wurde. Zunächst zitterte der Knopf auf dem Schemel, dann nahm er innerhalb von einer Sekunde eine rote Farbe an und lief dann unvermittelt mit sechs flinken Beinen und sechs schwarzen Punkten auf dem Rückenpanzer über den Schemel und flog leise surrend durch einen Lüftungsauslaß des Kellerraums hinaus und davon.

"Woraus ist dein Zauberstab noch mal?" Fragte Madame Faucon. Julius erzählte es ihr. Dann sagte sie:

"Mmmhmm, ist dafür und für die meisten Zauberkunstarbeiten ideal gemacht. Einer der wenigen Multitalente. Es gibt Stäbe, mit denen kann man gut verwandeln, andere eignen sich besser für Zauberflüche, wieder andere sind gute Fernlenker oder Elementarbeeinflusser. Aber da du deinen Zauberstab mit großer Wahrscheinlichkeit bei Ollivander erworben hast, kennst du diese Sprüche wohl schon."

"Sagen wir so, ich habe von den verschiedenen Eigenschaften schon was gehört."

Julius durfte noch dreimal tote Dinge in Lebewesen verwandeln, wobei er feststellte, daß er Objekte bis zur Zigarrenkistengröße locker in entsprechend große Tiere oder Pflanzen verzaubern konnte. Madame Faucon besaß sogar soviel Humor, vorzuschlagen, Julius könne mehrere Pergamentrollen in einen Strauß Blumen verwandeln, um ihn Madame Delamontagne zu schenken. Julius konterte mit dem Zauber:

"Orchideous!"

Ein Strauß bbunter Sommerblumen sproß aus der Zauberstabspitze von Julius heraus und entfaltete sich mit Stengeln und Blüten, und fiel dann aus dem Zauberstab heraus. Julius fing die gezauberten Blumen auf und reichte sie der Verwandlungslehrerin.

"Das hat euch Professor Flitwick aber gewiß noch nicht gezeigt", bemerkte die Hexe und konnte sich eines gewissen Lächelns nicht erwehren.

"Neh, daß hat mir ein älterer Hauskamerad mal vorgeführt. Er nannte ihn den "Notfallzauber für vernachlässigte Freundinnen"."

"Das dumme ist nur, daß Hexen von ihren Auserwählten etwas mehr erwarten können als einen Blumenstrauß. Aber deine Geste weiß ich zu würdigen. Danke. Außerdem mag Madame Delamontagne keine abgeschnittenen Blumen oder erkennt verwandelte Dinge. Sie würde dir niemals eine zur Blume umgewandelte Pergamentrolle verzeihen und dich selbst in eine Pergamentrolle verwandeln, auf der sie ein Protestschreiben an mich formulieren würde, was mir denn einfalle, dich auf derartige Ideen zu bringen."

"Dann hätte ich zumindest was, worüber ich mit Jeanne Dusoleil sprechen könnte", warf Julius ein, der sich noch an die Geschichte erinnerte, die ihm seine Gastgeberin erzählt hatte.

Nach der Vorführung von Julius' Zauberkünsten, die bestätigte, daß seine Talente nicht eingerostet oder geschwächt worden waren, mußte Julius seinen Zauberstab wieder zurückgeben. Danach durfte Julius noch ein wenig in seinem Zimmer bleiben, bis Virginie ihn abholen würde. Julius ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um sich die Verwandlungstechnik und die Zaubersprüche für die Verwandlung von Gegenständen in Lebewesen aufzuschreiben. Zwar würde er das in der zweiten Klasse noch nicht brauchen, aber wer wußte schon, ob McGonagall ihn nicht einmal damit konfrontieren würde, daß er das schon in einer Vorabstunde gelernt hatte. Er hörte seine Verwandlungslehrerin schon sagen:

"Mr. Andrews, meine geschätzte Kollegin hat mich davon in Kenntnis gesetzt, daß Sie bereits Gegenstände in Tiere verwandelt haben. Fassen Sie zusammen, was Sie davon zurückbehalten haben, oder besser, führen Sie es vor!"

Julius legte die neuen Notizen sorgfältig in seinen Reisekoffer, nachdem die Tinte getrocknet war. Dann fiel ihm noch etwas ein, was Madame Faucon nebenbei gesagt hatte:

"... und deinen zwölften Geburtstag in Askaban feiern dürftest, weil du eine Beamtin der französischen Zaubererwelt mutwillig angegriffen hast. ..."

Wußte Madame Faucon, daß er bald Geburtstag feierte? Oder war das eine Bemerkung darüber, daß er wohl für längere Zeit in Askaban bleiben würde, egal, ob er übermorgen oder in sechs Monaten feiern würde. Aber, so viel ihm ein, er hatte ja erwähnt, daß er "in einigen Tagen" zwölf Jahre alt würde. Diese Hexe vergaß bestimmt nichts, was sie gehört hatte. Das bewunderte Julius an ihr, daß sie sowohl intelligent als auch sehr aufnahmefähig sein mußte. Daß er sie nicht unterschätzen sollte, war ihm ja wieder vorgeführt worden, als sein eigener Entwaffnungszauber ihm selbst den Stab aus der Hand gerissen hatte. Zumindest war sein Respekt vor dieser Hexe dadurch noch bestärkt worden. Sie mochte vielleicht streng gegen ihn oder andere Schüler sein, aber bösartig war sie wohl nicht. Sonst hätte sie ihn ohne viel Federlesen in einen Mistkäfer oder einen beliebigen Gebrauchsgegenstand verwandelt. Er dachte an Catherines Worte, die sie gesagt hatte, als sie ihn dazu gebracht hatte, sich von ihr einen Festumhang kaufen zu lassen. Es ging dabei um etwas, auf das sich Hogwarts und womöglich auch Beauxbatons vorbereiten würde, aber über das sie nichts sagen dürfe, wenn ihre eigene Mutter sie nicht in einen Putzlappen verwandeln sollte, mit dem dann das ganze Haus gesäubert würde. Insofern war Julius froh, nicht mal eben in einen Eimer heißen Wassers getaucht, über Küchenschränke und Ablagen gezogen und dann ausgewrungen worden zu sein, um bis Virginies Ankunft über einer Stange zu trocknen. Diese Vorstellung schüttelte Julius kurz, bevor er noch ein wenig im Buch über magische Tiere las, das zum Sortiment der Bücher gehörte, die für Hogwarts-Erstklässler empfohlen worden waren. Er suchte sich das Kapitel über Drachen heraus und las etwas über die allgemeinen Grundzüge dieser mächtigen Tiere.

Um drei Uhr klingelte jemand an der Haustür. Julius prüfte, ob sein waldmeistergrüner Umhang noch richtig saß, strich sich kurz durchs Haar und wartete, bis Madame Faucon ihn herunterrief.

"So, du Held! Meine Mutter harret deiner in ihrem Schachgarten", begrüßte die fünfzehnjährige Virginie Delamontagne den Hogwarts-Schüler. Dann wandte sie sich an die Hausherrin und fragte:

"Meine Mutter möchte wissen, ob Sie ebenfalls an einer Partie Schach interessiert sind, Professeur Faucon."

"Soso! Sie geht davon aus, daß Julius Andrews sie nicht lange unterhalten kann. Ich würdde gerne kommen und meine Fähigkeiten vor dem Turnier prüfen. Aber ich habe noch einiges zu erledigen. Um Punkt sieben erwarte ich Monsieur Andrews hier zurück. Sollte deine Frau Mutter der Ansicht sein, daß meine Termine nicht so wichtig sind wie ihre Passion, so teile ihr mit, daß ich letztendlich entscheide, an welchen gesellschaftlichen Veranstaltungen mein Schutzbefohlener teilnimmt und von welchen er sich fernzuhalten hat. Ich verfahre wie üblich, Julius. Ein Signal zehn Minuten vor Ablauf der Frist, das zweimalige fünf Minuten vor Ablauf, und wenn ich dreimal dein Armband erzittern lasse, brauchst du dir um weitere Schachpartien keine Sorgen mehr zu machen, weil Bäume bekanntlich schlechte Schachspieler sind."

Ist angekommen", sagte Julius leichtfertig und verließ mit Virginie das Haus. Die Beauxbatons-Schülerin sah ihn kreidebleich an.

"Die hat dir doch nicht etwa gedroht ..."

"Die Frau hat einen Ruf zu verlieren, Virginie. Bleibt sie nicht hart genug, machen die Leute mit ihr, was sie wollen, besonders unsereins", brachte Julius ganz cool heraus.

Virginie nahm Julius wieder hinten auf ihrem Besen mit. Julius plauderte mit ihr über das Spiel vom Vormittag.

"Maman sagt, daß du einen eigenen Besen haben solltest, falls du noch keinen hast. Dein Talent gehört gefördert. Sie fand es sehr beeindruckend, wie locker du unseren Star-Hüter schwindelig gespielt hast. Hast du einen eigenen Besen?"

"Hätte ich es dann nötig, mich an dich ranzuschmeißen?" Erwiderte Julius frech. Virginie knurrte nur kurz und ließ sich unvermittelt hinten überfallen, so daß der Besen senkrecht nach oben stieg. Dabei drückte sie Julius Arme um ihrer Taille fest mit den Ellbogen an sich. Doch Julius besaß gute Reflexe und hielt sich mit Händen und Beinen am Besen fest, bis Virginie wieder in die Waagerechte ging.

"War das nicht etwas riskant, Virginie?" Fragte Julius unbeeindruckt.

"Ich habe eine Maximalpunktzahl für den Transport von zusätzlichen Reitern auf meinem Besen. Außerdem hast du mehr als einmal gezeigt, wie gut du den Senkrechtaufstieg beherrschst. Wenn ich das nicht will, fällst du nicht von meinem Besen. Ich könnte mit dir hinten drauf sogar Quidditch spielen und würde dich nur verlieren, wenn du zu ungeschickt bist. So, und jetzt kriege ich eine gescheite Antwort von dir. Hast du einen eigenen Besen in England, ja oder nein?!"

"Nein, habe ich nicht. Meine Eltern werden mir keinen besorgen, so daß ich immer irgendwem auf dem Umhang herumsitzen muß oder klapperige Schulbesen zerlegen muß, um einfachste Manöver zu fliegen. Außerdem heiße ich nicht Harry Potter, der einen Besen geschenkt kriegt, weil er ein Topspieler ist oder gar Draco Malfoy, dessen Vater auf merkwürdige Weise zu viel Geld hat."

"Aber dein Vater hat viel Geld, sagt Prudence. Er ist in der nichtmagischen Alchemie eine Führungskraft."

"Gerade deswegen kriege ich von dem bestimmt keinen Besen. Hat dir Prudence auch erzählt, wie er reagiert hat, als ich ihm vorgeführt habe, wie gut ich spielen kann?"

"Andeutungsweise. Schade eigentlich. Dabei wirst du eher zur Arbeit fliegen als mit einem dieser stinkenden Muggelwagen fahren. Na ja, apparieren ist ja auch was feines."

"Kannst du das schon?" Fragte Julius, der unvermittelt aufhorchte.

"Wo denkst du hin? Wir lernen das erst in den letzten Klassen, um die Prüfung abzulegen. Minderjährige dürfen nicht apparieren. Das solltest du wissen, wenn du schon zwei große Wälzer zu den Zauberergesetzen liest."

"In so einem Haus bleibt auch wirklich nichts geheim", stöhnte Julius mit gespielter Schwermut.

Virginie lieferte Julius auf einem wahrlich majestätischen Anwesen ab. Es wurde von uralten Eichen und Ulmen begrenzt, zwischen denen mannshohe Hecken wuchsen, in deren Zweigen bunte Vögel zwitscherten. Eine Villa im römischen Stil mit Säulen und einem komplett umschlossenen Innenhof beherrschte das Grundstück, auf dem neben den Begrenzungsbäumen und Hecken große Wiesenstücke, Gemüsebeete und Obstbaumalleen gepflanzt waren. Springbrunnen, die von Bronzestatuen umstellt waren, schmückten die Gartenanlage. Julius sah geflügelte Löwen, Meerjungfrauen auf Felsenklippen, Einhörner und einen mindestens zehn Meter langen Drachen, aus dessen langer Schnauze eine dreistrahlige Wasserfontäne schräg nach oben schoß. Virginie gönnte sich das Vergnügen, durch die feintropfigen Ausläufer dieser Fontäne zu fliegen und zu rufen:

"Damit du einen frischen Eindruck machst, Julius!"

Danach ging es zum großen Haus hinüber, wo sie Julius im Innenhof auf einem Boden landete, der aus schwarzem und weißem Marmor bestand, wie ein gigantisches Schachbrett. Madame Delamontagne trat in einem kirschroten Kurzkleid aus einer der vier großen Glastüren des Hauses heraus, sah ihre Tochter an, dann Julius.

"Sie kann es nicht lassen, meine Tochter! Aber schön, daß du gekommen bist, Julius."

"Ich komme mir langsam vor wie eine Berühmtheit, die von einer Stadt zur anderen reisen muß", sagte Julius und fügte schnell hinzu:

"Ich bedanke mich bei Ihnen, daß Sie mir Ihrre wertvolle Zeit opfern möchten."

"Vergiss es nicht, daß du dich unter Hexen und Zauberern bewegst, junger Mann. Bei den Muggeln kannst du so respektlos auftreten wie du möchtest. Aber hier lernst du bestimmt noch zivilisiertes Benehmen. Aber zur Sache. Virginie, weise Gigie an, sie möchte uns den Nachmittagstee auf dem Beistelltisch servieren!"

"Ja, Maman", bestätigte Virginie, deren lustiges Wesen völlig verschwunden zu sein schien. Die Junghexe kehrte ins Haus zurück und gab irgendwem die Anweisung weiter, die sie gerade erhalten hatte. Eine piepsige Stimme bestätigte den Erhalt des Befehls.

Virginie kehrte zurück und teilte ihrer Mutter noch mit, was Madame Faucon ihr aufgetragen hatte.

"Soso! Professeur Faucon hält dich also gut im Zug. Ich werde ihr nicht das Vergnügen gönnen, irgendwelche Drohungen wahrzumachen. Aber eines sei dir gesagt:

Ich spiele jetzt mit dir Schach. Alle die hier wohnen wissen, daß dies meine größte Leidenschaft ist. Also streng dich an. Erwische ich dich dabei, wie du unter deinem Niveau spielst, ist in meinem Garten auch noch ein Stellplatz für dich frei, falls ich dich nicht meiner Gruppe Reiseschachmenschen eingliedere. Du bist hiermit gewarnt. Ich vertrödel meine Zeit nicht mit Spaßvögeln, die meinen, sich anbiedern und dann unter Wert verkaufen zu müssen. Der Worte sind genug gewechselt!"

Julius überquerte das große Schachbrettmuster und postierte sich auf der Seite, von der aus die weißen Figuren geführt werden konnten. Aus einer anderen Tür marschierten etwa anderthalb Meter große Schachmenschen heraus und bauten sich schweigend auf. Dann begann das Spiel.

Julius gewöhnte sich schnell an die Art, die großen Schachfiguren zu führen. Er verdrängte den Gedanken, daß dies wohl alles mal richtige Menschen gewesen sein mochten, die aus irgendeiner Laune Madame Delamontagnes heraus zu Schachfiguren umgewandelt worden waren. Er dachte und funktionierte nur noch wie ein Schachcomputer, allerdings mit dem Zusatz, nicht nur erfolgversprechende Züge zu spielen, sondern auch Risiken einzugehen. Nach einer halben Stunde waren bereits die ersten Bauern beider Seiten vom Brett. Julius atmete jedesmal auf, wenn ein schlagender Bauer seinem Gegenstück freundschaftlich die Hand auf die Schulter hieb und ihm bedeutete, das Spiel zu verlassen. Glorias Schachspiel war da wesentlich ruppiger eingestellt. Erst als die Springer dazu kamen, Figuren vom Brett zu werfen, hörte die Freundlichkeit auf. Ein Springer hob einen Bauern locker von den Beinen, trug ihn wortlos zum Brettrand und warf ihn dort zu Boden, bevor er auf sein neues Feld zurückritt. Läufer schlugen dadurch, daß sie Figuren des Gegners mit Judowürfen vom Brett schleuderten, während Türme eine zu schlagende Figur über ihren Kopf hoben, vom Brett trugen und dort wie einen Sack Müll hinwarfen. Die Königinnen machten keine große Anstrengung, Figuren zu heben oder freundlich abzuklatschen. Sie berührten ihre Gegenfiguren locker mit der Hand, worauf diese eine tiefe Verbeugung machen und in rasender Eile vom Brett laufen mußten. Julius fragte, ob dies so in die Figuren eingearbeitet sei, oder wieso das so funktionierte. Daraufhin hatte Madame Delamontagne ihn aufgefordert, seiner Königin an den Arm zu fassen. Julius traute sich und spürte, wie er fast den Boden unter den Füßen verlor und dann einen Panikanfall erlebte und vom Brett zurückrannte.

"Gut, daß ich keiner dieser Schachmenschen bin", dachte Julius nur und führte seine Figuren so, daß sie möglichst wenig von der schwarzen Königin geschlagen wurden. So verging eine geraume Zeit, bis Julius seine Figuren nicht mehr bewegen konnte, ohne im Schachmatt zu landen. Dennoch probierte er einen Ausfall und endete einen Zug später mit einem von einem Turm, einem Springer, der Königin und einem Bauern erzwungenen Schachmatt.

"Du hast gesehen, daß du nicht mehr weitermachen konntest und hast trotzdem noch den einen Turm geopfert", faßte Madame Delamontagne Julius' Spiel zusammen. Dann überquerte sie das große Schachbrettmuster und trat an den Beistelltisch, an dem wie von Zauberhand vier bequeme Gartenstühle mit hohen Lehnen hingestellt worden waren. Ein kleines Wesen mit einer grünen Gurkennase, goldenen Tennisballaugen und großen Fledermausohren, das in einer art buntem Geschirrtuch steckte, erschien aus dem Nichts heraus und setzte eine bauchige Teekanne, vier Tassen und Untertassen, eine Schale mit Zuckerwürfeln und einen Teller mit Keksen auf den Tisch.

"Danke, Gigie", sagte Madame Delamontagne zu dem Wesen.

"Sehr zu Diensten, Herrin", erwiderte das kleine Wesen und verbeugte sich unterwürfig. Dann verschwand es mit einem kurzen Plopp.

"Du siehst so aus, als sei eine Hauselfe für dich normal. Hast du schonmal eine gesehen?" Wunderte sich Madame Delamontagne, der Julius' unbeeindrucktes Gesicht aufgefallen war.

"Ja, ich habe schon einen Hauselfen gesehen. Ich komm immer ein wenig herum, seitdem ich in Hogwarts lerne", antwortete Julius.

Madame Delamontagne, ihre Tochter Virginie, Prudence Whitesand, die ebenfalls in diesem Haus wohnte und Julius Andrews, genossen den heißen Früchtetee. Madame Delamontagne machte mit Prudence und Julius Konversation, wobei vom Unterschied des Wetters in Frankreich und England über die bisherige Quidditch-Weltmeisterschaft bis zu den Ansichten von Muggeln und Zauberern über Kultur viele Tehmen besprochen wurden. Julius hatte dabei den Eindruck, auf seine Einstellung zur Zaubererwelt hin geprüft zu werden. Doch seine Antworten schienen Madame Delamontagne zu behagen. Julius fragte Virginie, ob sie auch Schach spielen würde. Sie sagte nur:

"Ich spiele Quidditch, Geige, Harfe und Theater. Schach ist mir zu kompliziert und zu kriegerisch."

"Suum cuique", warf Julius nur ein, als er den vorwurfsvollen Blick von Madame Delamontagne sah. Sie lächelte.

Nach der Teestunde spielte Julius noch eine Partie mit Madame Delamontagne, wobei er die schwarzen Figuren führte. Und beinahe hätte er es geschafft, durch ein Gewirr von Täuschungsmanövern und Scheinangriffen ein Schachmatt gegen seine Gegnerin zu erzwingen. Doch dann unterlief ihm ein Unterlassungsfehler bei der Stellung seiner Königin und vier Züge später mußte sein König die Niederlage bestätigen.

"Seit wann kannst du das Spiel?" Fragte die Dorfrätin, während Prudence und Virginie beiden Beifall klatschten.

"Ich glaube, damit habe ich noch vor dem Kindergarten angefangen. Ich spiele es auch nur dann, wenn ich weiß, daß ich dabei noch was lernen kann", erwiderte Julius locker.

"Die Gelegenheit wirst du bekommen. in sieben Tagen beginnt das dorfeigene Turnier. Deine Schulkameradin spielt selbstverständlich mit, ebenso wie deine derzeitige Gastgeberin. Ich schätze mal, daß du in die Lostrommel für die fortgeschrittenen kommst. Sicher, dir fehlt die Erfahrung von mehreren Jahren, aber Strategie, Taktik und Finesse hast du vorrätig. Ich freue mich schon, und das sage ich nicht zu jedem, gegen den ich gespielt habe", sagte die Dorfrätin und strahlte Julius an. Dann meinte sie:

"Ich fliege dich persönlich nach Hause. Sonst komme ich noch auf die Idee, eine dritte Partie anzufangen. Das würde dich in einen Interessenskonflikt hineinstürzen, da ja schon halb sieben ist."

Julius wußte nicht, womit eer diese Ehre verdient hatte. Doch wagte er es nicht, irgendwas dagegen zu sagen.

Die füllige Hexe mit der strohblonden Frisur holte einen schnittigen Besen aus einem Verschlag mit Bronzetüren. Julius staunte nicht schlecht, einen Ganymed 9 zu sehen."

"Den haben die doch erst vor einigen Tagen in Paris vorgestellt", wunderte sich Julius, als nur Virginie und Prudence ihn hören konnten. Virginie kicherte:

"Der ist seit drei Wochen auf dem Markt. Maman hat ihn vor einer Woche gekauft. Das Gerät ist ein Vielzweckkünstler. Man kann damit Quidditch spielen, weite Strecken reisen und drei Personen mühelos transportieren. Dann genieße es!"

"Virginie, ich bringe unseren Gast zu seinem Quartier. Könnte sein, daß ich einige Minuten später als üblich zurückkehre. Richte deinem Vater bitte aus, er möge mit dem Abendessen auf mich warten!"

"Ich werde es Gigie sagen", erwiderte Virginie.

Julius lief wie auf Sprungfedern zu dem Besen hinüber, den Madame Delamontagne gerade erklommen hatte.

"Steig vor mir auf! Deine Arme sind nicht lang genug, um meinen gutgenährten Leib so zu umfassen, daß du dich sicher halten kannst", forderte die Dorfrätin den Jungen auf, als dieser Anstalten machte, sich wie gewohnt hinter der eigentlichen Pilotin aufzuschwingen. Er ging nach vorne, wo der aufgerichtete Besenstiel bereits auf Hüfthöhe lag, stieß sich vom Boden ab, schwang in der Luft das linke Bein zur Seite und krallte sich mit den Händen am Besenstiel fest, bevor sein Hinterteil auf dem Stiel landete. Julius rutschte ein wenig nach hinten, bis Madame Delamontagne ihn quasi auf dem Bauch liegen hatte. Sie umfaßte Julius Körper mühelos, bugsierte ihn in die richtige Lage, korrigierte die Stellung seiner Hände, damit sie für die Steuerung richtig zugreifen konnte und stieß sich vom Boden ab.

Julius genoß es, einen der neusten Besen französischer Fertigung in Aktion zu erleben. Madame Delamontagne hielt ihn leicht umarmt geborgen und flog mit einer Übung, die sie wohl seit Virginies Geburt vervollkommnet hatte.

"Wie ist die Aussicht, wenn man nicht selbst steuern muß aber kein Sichthindernis vor sich hat?" Wollte die strohblonde Hexe wissen. Julius überlegte kurz und meinte dann:

"Sie bringen mich in eine arge Verlegenheit, Madame. Wenn uns jemand sieht, könnte er meinen, ich sei eine derartig hochgestellte Person, daß ich Sie mir als Pilotin halte."

"Das hat deine Hauskameradin auch gesagt, als ich ihr unsere schöne Siedlung gezeigt habe. Die saß auch vor mir auf diesem Besen und wußte nicht, ob sie jetzt staunen oder vor Ehrfurcht im Boden versinken sollte. Ihr kommt überhaupt gut aus in Ravenclaw, habe ich mir sagen lassen."

"Ich mußte früh lernen, daß eine gewisse Anpassungsfähigkeit einem viel Ärger erspart. Und da Sie ja wissen, aus welchem Stall ich komme, können Sie ja ungefähr erahnen, daß ich erst einmal sehr vorsichtig sein mußte, um mich zurechtzufinden."

"Im Gegensatz zu einem Klassenkameraden von Virginie, der in seinem ersten Schuljahr nichts besseres zu tun hatte als über die Rückständigkeit der Zaubererwelt zu lästern, die er nicht hinnehmen wollte. Hältst du uns für Rückständig?"

"Technisch gesehen ja, kulturell und gesellschaftlich gesehen absolut nein", antwortete Julius. "Immerhin gibt es lebende Gemälde, lebendige Schachfiguren und Quidditch. Damit fallen technische Errungenschaften der Muggelwelt unter den Tisch. Aber ich will Sie bloß nicht langweilen", sagte Julius, als Madame Delamontagne vom direkten Kurs abwich und noch einen weiten Schlänker über das Dorf MilleMerveilles beschrieb. Erst als das Verbindungsarmband an Julius rechtem Handgelenk einmal kurz zitterte, schwenkte die Dorfrätin auf den schnellsten Weg ein und überflog die Häuser und Gassen. Als das zweimalige Signal an Julius gesendet wurde, landeten die beiden so unterschiedlichen Personen vor dem Haus mit den vier Schornsteinen. Julius schwang sich vom Besen herunter und wollte sich von Madame Delamontagne verabschieden. Doch diese sagte:

"Ich bin nicht mit dir hierhergekommen, um dich nur vor die Tür zu bringen. Ich habe noch etwas mit deiner Hausherrin zu besprechen."

Auf das kurze Klingeln an der Tür hin öffnete Madame Faucon und ließ die beiden eintreten. Julius begab sich gut abgerichtet zunächst ins Gästebad, während die beiden wichtigen Hexen im Flur noch etwas beredeten, das er nicht mitbekam.

Als Julius wieder in die geräumige Wohnküche des Hauses von Madame Faucon zurückkehrte, war Madame Delamontagne bereits wieder fortgegangen. Die Hausherrin werkelte mit ihrem Zauberstab an letzten Vorbereitungen für das Abendessen herum. Julius setzte sich.

"Madame Delamontagne hat mir mitgeteilt, daß du auf jeden Fall an dem bald stattfindenden Schachturnier teilnehmen möchtest. Die Anmeldung erhältst du per Eule. Anmeldeschluß ist der 21. Juli."

"Wenn sie meint, ich sollte dabei mitspielen, werde ich eben mitspielen", erwiderte Julius ruhig.

Das Abendessen war wieder eine Zeremonie in fünf Gängen, die sich über eine Stunde erstreckte und Julius vollkommen sättigte. Danach setzten sich die beiden Hausbewohner in das Musikzimmer. Julius versuchte sich an einer alten Gitarre und schaffte es sogar, einige wohlklingende Akkorde zu spielen. Um zehn Uhr war der Tag dann auch wieder vorbei. Julius zog sich ins Badezimmer zurück und zog sich bettfertig um.

Rechtschaffend Müde legte er sich hin und schlief bald darauf ein. Der Tag war anstrengend gewesen, erst Quidditch und dann noch zwei anstrengende Schachpartien. Er dachte noch daran, daß dies die letzte Nacht vor seinem zwölften Geburtstag war, bevor er in einen tiefen Schlaf hinüberglitt, der angefüllt war mit bunten Träumen von Quidditch- Turnieren, bei denen er im blauen Ravenclaw-Umhang spielte, zusammen mit Aurora Dawn und Prudence Whitesand.

 

 

Der nächste Tag lief ein wenig ruhiger ab. Julius besichtigte das Dorf und besuchte auch die Läden, die er an seinem ersten Tag nicht von innen gesehen hatte. Ihn juckte es in den Fingern, in einem Laden für magische Instrumente ein Fernglas mit Nachtsichtvermögen für drei Galleonen zu kaufen. Doch ihm fiel noch rechtzeitig ein, daß er mit den sechs Galleonen der Porters doch etwas sparsamer umgehen sollte, wenn er wirklich bis zum 20. August hier in Millemerveilles zubringen sollte.

Der Nachmittag verstrich mit einem Dauerlauf durch den großen Stadtpark, bei dem er Jeanne Dusoleil über den Weg lief, die gerade für ihre Mutter Einkäufe erledigte. Sie feuerte ihn an, während sie mit ihrem Ganymed 8 über ihm herumflog. Dann landete sie neben ihm und sagte:

"Meine etwas jüngere Schwester Claire hat dir ihre Eule geschickt. Sie sollte dich in deinem Gästezimmer aufsuchen. Womöglich hat sie schon ihren Auftrag erledigt. Maman fragt, ob du morgen noch mal mit uns Kaffee trinken möchtest. Offenbar hat sie noch was für dich in Planung."

Julius vermied es, zu fragen, wieso Madame Dusoleil ihn ausgerechnet am nächsten Tag zu sich bestellt hatte. Er sagte nur:

"Das kann ich leider nicht entscheiden, Jeanne. Madame Faucon, eure Professorin für Verwandlung und Verteidigung gegen die dunklen Künste, hat mich heute morgen indirekt darauf hingewiesen, mein Wissen über Kreaturen der Dunkelheit zu testen. Ich erachte das als einen Befehl. Aber deine Maman kann ja einen offiziellen Antrag auf meine Versetzung stellen."

"Werde ich ihr vorschlagen", grinste Jeanne. Dann fragte sie, ob sie Julius noch den Musikpark zeigen könnte, oder ob er zu einer festgesetzten Zeit zu Hause zu sein hätte. Julius sah auf die Uhr und meinte:

"Bis vier sind es noch anderthalb Stunden. Was ist denn euer Musikpark?"

"Sitz auf und halte dich gut fest! Der liegt vier Kilometer von hier entfernt. Da finden die Auftritte großer Zaubererorchester oder Einzelinterpreten statt. Hecate Leviata wird nach der Quidditch-Weltmeisterschaft dort ein Konzert geben. Aber der Park ist auch ohne Musiker sehr schön."

Julius zögerte ein wenig. Wie bisher fühlte er sich der fünf Jahre älteren Hexe gegenüber etwas unterlegen. Doch dann gab er sich einen Ruck und hüpfte locker hinter Jeanne auf den Besen, streckte die Hände an ihrer Taille vorbei nach vorne und klammerte sich mit den Händen und seinen Beinen fest. Unvermittelt hob Jeanne ab und rauschte in Windeseile über die Häuser des Dorfes Millemerveilles hinweg zu einem kreisrunden Park, dessen Zentrum ein großer Platz war, auf dem gut und gerne 15.000 Leute unterkommen konnten.

"Maman hat mal gesagt, daß wir an und für sich die Quidditch-Weltmeisterschaft ausrichten sollten. Dann wäre dieser Park ideal für das Stadion. Die Bäume könnten eingeschrumpft und in Blumenkästen abtransportiert werden und anschließend wieder an ihre Standorte gesetzt werden."

Julius fragte noch mal, weshalb Jeanne und ihre Schwestern nicht bei der Weltmeisterschaft seien. Jeanne erzählte Julius, daß Ende Juli eine 150 Personen starke Abordnung von Beauxbatons nach England reisen würde. Sie und die meisten Spielerinnen der Blumentöchter und der grünen Sieben wären dann auch dabei.

"Wir hatten nicht genug Geld, die komplette Weltmeisterschaft zu sehen. Maman und Madame Delamontagne hätten zwar etwas beigesteuert, aber Madame Maxime und deine derzeitige Futtergeberin haben sich dagegen ausgesprochen, weil das ungerecht gegenüber den anderen Interessenten unserer Schule sei, die keine wohlvermögenden Eltern oder Ignorante Muggel als Eltern hätten. Daher können wir uns nur die beiden letzten Spiele ansehen."

"Claire und Denise fahren auch mit?" Fragte Julius.

"Denise darf nicht, weil sie ja noch nicht zur Schule geht. Claire bleibt hier, weil sie ein Projekt in Kräuterkunde betreut, bei dem Maman ihr hilft."

"Dann wird es ja demnächst richtig friedlich hier, wenn ihr Chaoten alle weg seid", versetzte Julius frech. Jeanne räusperte sich drohend und konterte:

"Solange solche Frechdachse wie du noch hier herumlaufen, wird das nichts mit dem friedlichen Dorf."

Kurz vor vier Uhr lieferte Jeanne den Jungen bei seiner derzeitigen Gastgeberin ab.

"Ich sah ihn durch den Buchenhain rennen, als wenn jemand ihn jagen würde und habe ihn ein wenig über dem Musikpark herumgeflogen, Professeur Faucon."

"Ist gut, Jeanne", sagte die Beauxbatons-Lehrerin und verabschiedete die Schülerin.

Nach der Kaffeetafel fragte Madame Faucon ihren jungen Schützling:

"Hast du für morgen etwas besonderes vor? Andernfalls können wir uns noch mal mit den dunklen Kreaturen befassen, die ihr im letzten Jahr hattet, und ich kann dir, im Rahmen dessen, was wir in der zweiten Klasse machen, gewisse Abwehrtechniken gegen Zauberflüche beibringen."

"Morgen hätte ich Zeit", sagte Julius, wobei er sich um eine ruhige Stimme bemühte. Vielleicht, so fand er, war es sogar besser, wenn er sich intensiv mit etwas wichtigem beschäftigte, als den Ganzen Tag herumzuwandern und sich zu ärgern, daß seine Eltern ihm den Geburtstag vermiest hatten. Sicher, Gloria und andere Freunde von ihm würden Geschenke schicken. Aber das war ja nichts im Vergleich zu einer richtigen Geburtstagsfeier.

"Jeanne hat zwar behauptet, ihre Mutter wollte mich wieder zum Kaffee einladen, aber ich habe Jeanne gesagt, daß das nicht von mir entschieden werden kann."

"Womit du natürlich recht hast. Ich habe übrigens einen Brief von Catherine bekommen. Sie schreibt, daß sie hofft, daß du dich mit mir verträgst und eine schöne Zeit hier verbringst. Sie möchte dir selbst noch schreiben, wenn sie an eine allgemeine Posteule kommt. Die nehmen Wucherpreise bei der Quidditch-Weltmeisterschaft. Ich werde das Madame Maxime schreiben."

"Madame Maxime, ist das die Schulleiterin von Beauxbatons?"

"Sehr richtig. Madame Maxime ist meine Vorgesetzte. Sicherlich hat Jeanne dir verraten, daß sie und einige andere Schülerinnen und Schüler mit ihr die letzten Spiele der Weltmeisterschaftt besuchen werden."

"Ja, hat sie. Aber auf eine direkte Anfrage von mir, nicht von sich aus."

"Das ist auch kein Geheimnis. Sie treffen sich am 27. Juli hier und reisen gemeinsam ab, um nach England überzusetzen."

Julius nickte. Er hätte lieber die Wucherpreise bei der Quidditch-Weltmeisterschaft bezahlt, wenn er die Gelegenheit bekommen hätte, dorthin gehen zu können. Aber auch das hatten seine Eltern ja zu verhindern gewußt.

Julius ging kurz in sein Gästezimmer, wo er drei Briefe vorfand, die Eulen durch das geöffnete Fenster eingeworfen hatten. Einer dieser Briefe stammte von Claire Dusoleil, ein anderer kam von Madame Delamontagne und der dritte stammte von Aurora Dawn. Julius öffnete zuerst den Brief von Claire Dusoleil und las:

 

Hallo, Julius!

Ich habe Viviane, meine Posteule, zu dir geschickt, um dich zu fragen, ob du Zeit und Lust hast, an meiner Geburtstagsfeier am 23. Juli teilzunehmen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du um drei Uhr Nachmittags zu mir kommen könntest. Meine Maman wird mit Professeur Faucon sprechen, wenn du einverstanden bist, damit du nicht wieder so früh zu Hause sein mußt. Viviane wird heute abend noch mal zu dir kommen, um eine Antwort mitzunehmen, wie auch immer sie ausfällt.

Ich freue mich schon, eine tolle Feier zu haben.

Claire

 

Julius knurrte verärgert. Sicher wollte er Claire zu ihrem Geburtstag besuchen. Doch das erinnerte ihn nur daran, daß er in wenigen Stunden selbst Geburtstag hatte und wohl keine tolle Feier haben würde. Aber auf jeden Fall wollte er versuchen, Claires Geburtstag mitzufeiern und würde noch eben in das Dorf gehen, um für einige Sickel etwas einzukaufen.

Der Brief von Madame Delamontagne war wie ein Marschbefehl für einen Soldaten gehalten. Sie schrieb:

 

 

an Julius Andrews, derzeitig wohnhaft

Maison Du Faucon Millemerveilles

Dies ist ein offizielles Anmeldeformular zu dem ab dem 24. Juli stattfindenden Schachturnier in Millemerveilles.

Da Sie für fähig befunden wurden, an diesem Turnier teilzunehmen, wurde verfügt, daß Sie sich umgehend zur Teilnahme schriftlich anmelden und das ausgefüllte Meldeformular spätestens am 21. Juli im Rathaus von Millemerveilles vorlegen. Jede negative Reaktion auf dieses Anliegen ist unerwünscht und für Ihre gesellschaftliche Stellung hier in unserer Dorfgemeinschaft abträglich.

Mit freundlichen Grüßen

Mme. EleonoreDelamontagne, Ratshexe für gesellschaftliche Veranstaltungen in Millemerveilles.

 

 

Julius legte das beigefügte Formular auf den Tisch und griff nach dem dritten Brief und las:

 

Hallo, Julius!

Du machst aber auch sachen, muß ich dir sagen!

Als ich deinen Brief erhalten habe, war ich bereits in England. Es hat mich sehr beeindruckt, mit welch wissenschaftlicher Gründlichkeit du deinen Fall dargelegt hast. Ich kann dich beruhigen, daß das, was du erlebt hast, zwar selten aber in der Auswirkung harmlos ist und du nicht der erste Fall dieser Art bist, bei dem man nicht weiß, wie er sich entwickeln wird. Im Buch "Die mnemoplastische Magie" von Prof. Alexandria Freement und Prof. Metis Longterm, das sich mit allen Formen der Gedächtniszauber befaßt, stehen drei Fälle drin, die wie deiner gelagert sind und wo es tatsächlich zu dem von dir vermuteten Katalysator-Effekt des Wechselzungentrankes gekommen ist. Auch hier ging es um zwei Sprachen, die die betroffenen Zauberer lernten, sowohl aus den entsprechenden Büchern als auch durch den besagten Trank. Auch sie erfuhren eine schlagartige Rückgewinnung ihrer Muttersprache ohne Verlust der durch den Trank erworbenen neuen Sprachfertigkeiten. Diese Spracherweiterung blieb bis zu ihrem Lebensende aktiv. Lediglich bei einem kehrte sich dieser Vorgang wieder um, als er irgendwann die zweite Dosis des Wechselzungentrankes zu sich nahm.

Ich empfehle dir, deiner Gastmutter mitzuteilen, daß du nun zwei Sprachen sprechen kannst, bevor sie dir die zweite Dosis des Trankes verabreichen möchte. Wahrscheinlich hat sie es aber auch schon herausgefunden. Nach dem, was ich gehört habe, ist sie sehr begabt darin, Dinge zu erfahren, die ihr niemand erzählen möchte.

Zu deinem Geburtstag habe ich mir schon etwas überlegt. Aber dazu erst dann, wenn du Geburtstag hast.

Hab noch eine schöne Zeit!

Aurora

 

Julius stutzte. Warum hatte seine australische Briefbekannte nur mit ihrem Vornahmen unterschrieben? Aber das war auch nicht so wichtig. Wichtig war nur, daß Julius jetzt losging und für Claire etwas kaufte, um an ihrem Geburtstag nicht mit leeren Händen dazustehen.

Madame Faucon erlaubte ihm, noch mal in das Einkaufsviertel des Dorfes zu gehen, nachdem er ihr die Einladung Claires gezeigt hatte. Dabei sah die Verwandlungslehrerin ihn etwas lauernd an, als erwarte sie von ihm ein Geständnis oder eine wichtige Mitteilung. Doch Julius verdrängte diesen Eindruck schnell und lief ins Einkaufsviertel.

Julius dachte darüber nach, was Claire interessierte. Es sollte schon etwas persönliches sein, kein Allerweltsartikel. Er stöberte in den Buchläden herum und suchte nach englischer Unterhaltungslektüre. Weil er jedoch nichts fand, ging er noch mal in den Laden für magische Instrumente, wo er sich umsah und schließlich etwas fand, das er für geeignet hielt. Es handelte sich um einen Melodigraphen, ein Ding, das wie eine Verschmelzung aus Schreibfeder und Schalltrichter aussah. Der Beschreibung nach konnte dieses Ding jeden gespielten Ton einer Melodie speichern und bei Aufforderung als Noten auf Pergament schreiben.

"Das wichtigste für alle Laien- und Berufskomponisten, Freizeitmusiker und Orchester", pries eine goldene Tintenschrift auf limonengrünem Hintergrund an. Julius befand, daß 15 Sickel und 12 Knuts für ein derartiges praktisches Ding nicht zuviel sei und ließ sich Wechselgeld für eine Galleone zurückgeben. Er bat die Verkaufshexe darum, das Teil einzupacken. Sie fragte ihn:

"Ist es für einen Herren oder eine Dame?"

"Für eine junge Dame, die so alt ist wie ich", antwortete Julius. Die Hexe nickte und packte das Instrument in rosarotes Seidenpapier und wickelte es mit einer roten Schleife ein. Julius bezahlte die 4 Knuts für das Papier und verließ den Laden, wehmütig auf die anderen magischen Spielereien blickend, die es dort noch ggab. Deshalb sah er auch nicht Monsieur Dusoleil, der mit einer Kiste unter dem rechten Arm das Geschäft betrat und prallte mit ihm zusammen.

"Hallo, Julius! Siehst du nicht mehr, wo du langlaufen mußt?" Fragte der Vater von Jeanne, Claire und Denise milde lächelnd. Julius entschuldigte sich bei Monsieur Dusoleil und verabschiedete sich mit der Begründung, schnell wieder nach Hause zu müssen.

Er berichtete seiner Gastgeberin davon, was er gekauft hatte und woher er das Geld hatte und warum er es bekommen hatte.

"Das hast du mir natürlich auch nicht erzählt", bemerkte die Hausherrin etwas ungehalten darüber, daß Julius ihr gegenüber nicht alles erwähnte. Julius sagte nur:

"Ich wollte Sie nicht damit behelligen. Außerdem ist es mir etwas peinlich, daß mich jemand mit Geld unterstützen muß, damit ich nicht dumm auffalle."

"Porter, sagtest du? Geraldines Verwandte?"

"Mag sein. Plinius Porter, der Vater einer guten Schulkameradin von mir", erwiderte Julius.

"Dann stimmt es doch. Geraldine ist eine Schwester von Plinius Porter. Sie war mal als Austauschschülerin bei uns. Sehr aufnahmefähiges, wenngleich sehr undiszipliniertes Mädchen. Hogwarts ist wohl nicht auf gutes Betragen ausgerichtet."

"Kann man so nicht sagen. Wir sind nur kein Kasernenhof", konterte Julius etwas vorlaut. Madame Faucon beließ es bei einem warnenden Räuspern und bat Julius zu Tisch.

Am Abend füllte Julius das Turnieranmeldeformular aus und gab wahrheitsgemäß Auskunft darüber, wie alt er war, seit wann er Schach spielte und wie lange die längste Partie gedauert hatte, an die er sich erinnern konnte und wie sie ausgegangen sei. Er löste die vier Testaufgaben, um seine Spielstärke zu ermitteln, indem er einen Gegenzug auf vorgegebene Schachzüge bei angegebenen Figurenstellungen formulierte. Dann klopfte eine Waldohreule an sein Fenster und setzte sich auf den Nachttisch. Julius fragte, ob sie Viviane heiße, worauf sie nickte. Dann nahm er ein leeres Pergamentstück, trennte es vorsichtig in der Mitte durch und schrieb auf ein Stück:

 

 

Hallo, Claire!

Ich habe mich sehr über deine Einladung gefreut und kann dir mitteilen, daß eure Verwandlungslehrerin mir erlaubt hat, dich zu besuchen und unter der Bedingung länger fortbleiben darf, daß deine Maman mich heimbringt.

Bis dann!

Julius Andrews

 

 

Er faltete den kurzen Brief zusammen und steckte ihn in den kleinen Lederbeutel, der vom linken Bein der Eule herabhing. Das Tier nickte Julius zu, spannte die Flügel aus und strich durch das geöffnete Fenster in die sternenklare Nacht hinaus. Julius sah ihr nach, wie sie zu einem winzigen dunklen Punkt wurde und dann völlig außer Sicht war. Jetzt begann der Hogwarts-Schüler darüber zu grübeln, ob er nicht doch hätte schreiben sollen, daß er am 20. Juli Geburtstag feierte. Immerhin hätte er die Dusoleils informieren können, vordringlich seine Gastgeberin. aber jetzt war es zu spät. Sollte doch dieser Tag verstreichen, ohne daß hier wer was davon mitbekam!

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