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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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Julius Andrews schrak von einem leisen Klopfen am Fenster aus dem Schlaf. Er öffnete das Fenster und sah Trixie, das Steinkauzweibchen Gloria Porters. Die Posteule seiner Klassenkameradin trug einen Briefumschlag am rechten Bein. Julius ließ Trixie in das gemütliche Gästezimmer, daß er nun seit fast einem Monat bewohnte und band den Briefumschlag los. Trixie setzte sich auf den Käfig von Francis, der noch unterwegs war, um zu jagen. Julius las den Brief:

 

Hallo, Julius!

Wie bereits geschrieben kommen Mum und ich heute nach Millemerveilles, wo wir bis nach dem Konzert von Hecate Leviata bleiben werden. Mum hat Professeur Faucon bereits geschrieben, wann wir vorbeikommen möchten und wartet auf ihre Antwort.

Schicke mir bitte Trixie mit einer kurzen Mitteilung, ob du an dem Konzert teilnehmen darfst oder nicht! Trixie wird mich finden, ob ich schon unterwegs bin oder nicht.

Kevin hat es geschafft, eine Eule abzuschicken. Er freut sich schon auf das Finale der Weltmeisterschaft. Er möchte wissen, ob du weißt, daß Bulgarien gegen Irland spielt und wen du für den Gewinner hältst. Ich denke zwar, daß keine Posteule ihn noch vor dem Anpfiff erreicht, aber vielleicht ist es interessant, im Nachhinein zu wissen, was du getippt hättest, meint Kevin.

Bis spätestens morgen!

Gloria

 

Julius drehte die Pergamentseite um, tunkte eine Feder in eines der Tintenfässer, die ihm zur Verfügung gestellt worden waren und schrieb:

 

 

Hallo, Gloria!

Was meinen Besuch bei Hecate Leviata angeht, bin ich mir nicht sicher, ob Madame Faucon mich hinläßt. Sie hat irgendwie was gegen die Musik und die Show, die diese Hexe veranstaltet. Geht mal eher davon aus, daß ihr mich am siebzehnten August abholen und nach England mitnehmen könnt, mich vorher aber nicht mehr zu sehen kriegt.

Was Kevin angeht, so habe ich schon einmal mit jemanden unverbindlich über das Spiel gesprochen und gesagt, daß ich denke, daß Irland mit zehn Punkten Vorsprung vor Bulgarien gewinnt. Wenn Kevin darauf wetten möchte, soll er das tun. Ich denke nur, daß er nicht mitwetten darf.

Bis bald!

Julius

 

 

Julius steckte den Brief in den Umschlag zurück und schickte Trixie damit wieder fort. Genau in dem Moment, als er die Posteule seiner Klassenkameradin und guten Schulfreundin aus dem Fenster geschickt hatte, kehrte Francis von seinem nächtlichen Ausflug zurück. So konnte Julius das Fenster wieder schließen.

"Hallo, Julius! Zeit zum Aufstehen", flötete Catherine vor der Zimmertür. Julius antwortete:

"Bin schon wach, Catherine."

Beim Frühstück las Madame Faucon aus dem Miroir Magique, der französischen Zaubererzeitungvor. Dort stand etwas über die prominenten Besucher des Weltmeisterschaftsendspiels und über die himmelhohen Preise, die selbst für die billigsten Sitzplätze zu bezahlen waren.

"... selbst die notwendigste Verpflegung übersteigt die üblichen Preise um das zwanzigfache. Wer mit seiner Familie das Endspiel besuchen möchte, muß damit rechnen, daß der Lohn eines Jahres komplett ausgegeben werden muß, wenn nicht noch mehr. Unser Sportberichterstatter hat mit Madame Maxime, der Direktrice der Beauxbatons-Akademie für Hexerei und Zauberei gesprochen. Madame Maxime gab an, daß es ein schweres Stück Arbeit war, für 150 Schüler und Schülerinnen gute Plätze zu bekommen, ohne die finanziellen Möglichkeiten der Schule oder die finanziellen Möglichkeiten der Eltern zu überlasten. "Dafür, daß die englischen Organisatoren wenig in die Gastronomie und Unterbringung investiert haben, erheben sie hier horrende Besucherpreise", bedauert die respektable Schulleiterin den Mangel an Infrastruktur.

Für das Spiel Irland / Bulgarien werden heute noch Wucherpreise auf dem schwarzen Markt gefordert. Die Organisatoren des englischen Zaubereiministeriums kommen nicht nach, den blühenden Schwarzhandel wirkungsvoll zu bekämpfen, da sie mit der Muggelabwehr zu sehr beschäftigt sind. Ludo Bagman, Leiter der Abteilung für magische Spiele und Sportarten im Zaubereiministerium zu England, wirkt nicht gerade umsichtig, was die Absicherung des Spiels und Unterbringungsbereiches gegen unkontrollierte Magie vor Muggeln angeht. Unser Sportberichterstatter kann verbindlich bestätigen, daß Monsieur Bagman höchstselbst gegen die internationalen Konventionen zur Muggelabwehr bei magischen Großveranstaltungen verstieß, indem er in Hörweite der für die Unterbringung der Besucher zuständigen Muggel offen und euphorisch über Quidditchbälle und Spielzüge plauderte. Bevor die ministerialen Vergissmichs Monsieur Cobble, einen Platzwart der Lagerstätten mit einer Gedächtniskorrektur behandeln konnten, gelang es unserem Sportberichterstatter, von diesem zu erfahren, daß Monsieur Bagman in seinem Beisein über die technischen Finessen des Besenflugs geplaudert hat. Hinzu kam noch, daß einige Besucher ungehemmt mit magischen Gegenständen hantierten. So führte eine Hexe aus Belgien unter den Augen besagten Muggels einen selbsterhitzenden Kessel vor, in dem sie Kaffee kochte. Mehr über peinliche Ausrutscher und unkontrollierte Zauberei vor Muggeln war von diesem Zeugen nicht mehr zu erfahren, da ein Vergissmich eintraf. Unser Sportberichterstatter mußte das Feld räumen.

Die Frage ist durchaus erlaubt, ob bei der Vergabe der Quidditch-Weltmeisterschaft an die Verantwortlichen des englischen Zaubereiministeriums nicht doch ein Fehlgriff getan wurde. Die internationale Organisation für magische Spiele und Sportarten (IOMSS)) wird einige Fragen zu klären haben, wenn die Weltmeisterschaft vorüber ist. ..."

"Bla bla bla!" Schnitt Julius die Vorlesung des Artikels vorlaut ab. Madame Faucon bedachte ihn mit einem bitterbösen Blick und schnaubte:

"Was fällt dir ein, mich bei meiner Vorlesung derartig vulgär zu unterbrechen? Glaubst du etwa nicht, was hier steht?"

"Ich stelle fest, daß bei den Zauberern die gleiche Abneigung zwischen England und Frankreich vorherrscht wie bei den Muggeln. Außerdem habe ich gewisse Erfahrungen mit Zeitungsleuten, die mich davon abgebracht haben, alles sofort zu glauben, was irgendwer zum Drucken gibt", gab Julius trotzig zurück. Catherine sah ihre Mutter an, ob die etwas dazu sagen wollte, dann sprach sie ruhig:

"Julius, die haben wohl leicht übertrieben, und mit dem Vorwurf der Unfähigkeit sind sie auch etwas schnell dabei. Aber ich habe es selbst erlebt, wie dieser Mr. Bagman in der Nähe einer Muggelfrau, die gerade den Zufahrtsweg zu dem Zeltplatz fegte, auf dem wir übernachteten, laut und ausgelassen über die Vorzüge des Feuerblitzes im Vergleich zum italienischen Rennbesen Mercurio gesprochen hat, mit allen Einzelheiten. Insofern ist das schon richtig. Babette hat sogar erkannt, daß der achso freundlich auftretende Onkel in dem schwarz-gelben Quidditch-Umhang zuviel redet, was was heißen will."

"Echt?! Ui! Dann gibt das bestimmt noch Ärger. Stell dir vor, Catherine, diese Vergissmichs erwischen nicht jeden Muggel, der davon was mitbekommen hat. Dann hat das Loch-Ness-Ungeheuer erst einmal Sendepause."

"Noch einmal, Monsieur", schaltete sich Madame Faucon ein, und ihre Stimme klang unheilverheißend, "unterbrich mich nie wieder, wenn ich laut vorlese! Derartige Respektlosigkeiten und Ignoranz lasse ich niemandem durchgehen. Damit du das begreifst, erlege ich dir bis zum Mittagessen ein Sprechverbot auf. - Taceto!" Bei den letzten Worten zog die Beauxbatons-Hexe ihren Zauberstab aus dem Morgenrock und zielte damit wie mit einer Lanze auf Julius. Dieser spürte, wie ihn etwas heißes, unsichtbares am Körper berührte. Er wollte noch einen Protestschrei ausstoßen, doch irgendwie schaffte er es nicht, seine Stimme zu erheben. Er konnte atmen, schlucken und husten. Aber nicht ein geflüstertes Wort brachte er heraus. Catherine, die untätig zugesehen hatte, wie ihre Mutter den Hausgast bestrafte, fragte nur:

"Wann nimmst du den Sprechbann wieder von ihm, Maman?"

"Wenn Mittagessenszeit ist", verkündete Madame Faucon mit kalter Stimme. Julius schlang den letzten Bissen seines Croissants hinunter und wollte gerade den verbliebenen Schluck Tee hinunterstürzen. Doch Madame Faucon mahnte ihn, nicht zu schnell zu trinken.

"Du hast Zeit, Julius. Niemand drängt dich zur Eile", sagte sie laut und energisch. Julius, der keine Minute länger am Tisch sitzen wollte, wenn er nichts mehr sagen konnte, trank den letzten Schluck aus seiner Teetasse mit Bedacht. Dann wollte er aufspringen. Doch Catherine, die mit einer derartigen Regung gerechnet hatte, legte ihm sanft die Hand auf die Schulter und hielt ihn dadurch zurück. Madame Faucon lächelte ihn wohlwollend an und tat ihm noch zwei Baguettstücke mit Tomaten und Käse auf. Dann füllte sie die Teetasse mit dampfendem Tee auf und sprach dabei:

"Du hast gestern so wenig gefrühstückt. Das holst du heute nach. Keiner drängt dich dazu, um eine bestimmte Zeit an einem bestimmten Ort zu sein."

Julius wollte den Kopf schütteln, doch Catherines Hand lag immer noch auf seiner Schulter und tätschelte ihn beruhigend. Dann zog die Tochter der Beauxbatons-Lehrerin die Hand zurück.

Julius verzehrte notgedrungen schweigsam das Frühstück, bis Madame Faucon ihn aufstehen ließ. Fast rennend eilte er in sein Zimmer hoch und fischte nach zwei Büchern, die er geschenkt bekommen hatte, das Buch über Enthüllungszauber und Fluchabwehr, sowie das Buch "eine Geschichte von Hogwarts". Dann lief er hinunter und eilte in den Garten, wo Catherine sich ebenfalls mit einem dicken Buch an den großen Tisch gesetzt hatte. Der Hogwarts-Schüler schlug das umfangreiche Buch über die Geschichte von Hogwarts auf und las das Kapitel über die vier Gründer und ihren Werdegang. Catherine Brickston las ebenfalls schweigend in ihrem Buch, bis die Sonne schon so hoch am Himmel stand, daß sie auf die beiden herabbrannte.

"Hast du dir die Sonnenkrauttinktur aufgetragen?" Fragte Catherine. Julius schüttelte den Kopf.

"Dann mach das besser jetzt!" Schlug die Mutter von Babette vor. Julius stand auf, klappte das Buch zu und eilte ins Haus zurück. Wenige Minuten später kam er wieder heraus, alle Hautpartien mit der Zaubersalbe gegen Sonnenbrand eingeriebben. Catherine Brickston hantierte ebenfalls mit einer kleinen Flasche, aus der eine ölige Masse tröpfelte. Julius prüfte, ob seine Hände wieder so sauber waren, daß er weiterlesen konnte, dann fuhr er mit seiner Lektüre fort.

Nach weiteren zwei Kapiteln, die sich mit den ersten Schulleitern nach den vier Gründern beschäftigten, legte Julius das Buch zur Seite und nahm sich das Buch über Flüche und Gegenflüche vor. Er blätterte im Stichwortverzeichnis über Zauberbanne, die auf Personen gelegt werden konnten und las zum Stichwort "Bann der Schweigsamkeit":

"Mit dem Zauberwort Taceto bei geradegehaltenem Zauberstab wird jede der Lautsprache fähige Kreatur im Winkel von 45 Grad fvor der Zauberstabspitze der Fähigkeit zur Lautsprache beraubt, bis mit dem Gegenzauber "Verbaloqui" die Sprachfähigkeit wiederhergestellt wird. Wer den Gegenzauber wirkt, ist unerheblich. Wichtig ist, daß bei Zauberkundigen, die mit dem Schweigsamkeitsbann belegt wurden, die Fähigkeit zum Formulieren von Zauberformeln unterdrückt wird. Ein Duellant, der diesen Bann wirkt, hat so gut wie gesiegt, falls sein Gegner nicht über eine hohe Ausgangskraft verfügt, Zauber auf mentalem Wege zu wirken. Als direkte Abwehr gegen den Taceto-Zauber ist der unsichtbare Schutzwall wirksam, solange die Magie des Angreifers geringer ist als die des Verteidigers."

Catherine lächelte, als sie sah, was Julius gerade las.

"Das macht sie gerne, wenn jemand ihr widerspricht. Mich hat es oft genug erwischt, und Joe hat sie damit einen ganzen Arbeitstag blockiert, weil er sie kritisiert hat. Wundert mich nur, daß du dich solange so gut gehalten hast."

Julius konnte nicht einmal ein mürrisches Knurren von sich geben. So ballte er nur die Fäuste und spannte die Armmuskeln an.

Madame Dusoleil schwirrte auf ihrem Besen vorbei. Als sie Catherine und Julius sah, schwenkte sie in eine Kreisbahn ein, die immer enger wurde, bis die Gartenhexe genau über der großen Wiese herunterschwebte. Gerade in dem Moment verließ Madame Faucon das Haus. Julius klappte schnell aber leise das Buch zu und sah hinüber zu Madame Dusoleil. Sie unterhielt sich zunächst mit Madame Faucon über einige Sträucher, bis sie Julius ansah und fragte:

"Warum so schweigsam, Julius?"

Julius konnte darauf nicht antworten. Madame Dusoleil lachte belustigt und wandte sich Madame Faucon zu:

"Du hast ihm doch nicht etwa Sprechverbot erteilt, Blanche?"

"Wenn es so wäre?" Erwiderte Madame Faucon.

"Dann muß das wohl seinen Grund haben", erwiderte Madame Dusoleil.

"Das kann er dir ja erzählen, wenn ich ihm seine Sprache zurückgebe", sprach Madame Faucon und deutete auf die Obstbäume auf der anderen Seite des Gartens. Die beiden Hexen entfernten sich und ließen Catherine und Julius allein an dem Tisch zurück.

"Du kuckst so enttäuscht drein, Julius. Hast du gedacht, Camille würde Maman widersprechen? Das tut sie nur, wenn sie weiß, daß sie damit niemandem Schaden zufügen kann."

Julius stürzte sich wieder in seine Lektüre. Er las noch mal das Kapitel über die Anzeige von bezauberten Gegenständen und Sichtbarmachung von magischen Feldern. Zwischendurch stiegen ihm die Gerüche frischen Fleisches und Gemüses in die Nase. Madame Faucon werkelte wohl in ihrer Küche. Madame Dusoleil bearbeitete Bäume und Sträucher und ließ von Zauberhand die abgetrennten Äste und Strünke auf den Komposthaufen fliegen. Kurz vor zwölf Uhr verabschiedete sie sich wieder von Catherine und Julius, dem sie einen aufmunternden Blick zuwarf und flog auf ihrem Besen davon.

Als Madame Faucon ihre Gäste zum Mittagessen ins Haus bestellte, wartete sie, bis Catherine und Julius ordentlich am Tisch saßen. Dann hob sie ihren Zauberstab an und rief:

"Verbaloqui!"

Julius Andrews fühlte, wie ein kalter Hauch wie eine Winterwindböe ihn erfaßte. Diese Wahrnehmung dauerte keine Sekunde. Julius öffnete den Mund und sagte:

"Huh! Das ist schon anstrengend, wenn man mit niemandem reden kann."

"Catherine hat dir wohl erzählt, daß diese Maßnahme schon des öfteren von mir praktiziert wurde, um unbedachte Reden zu ahnden. Ich hoffe, daß du diese Lektion nicht noch einmal erhalten mußt."

"Ich lege keinen Wert darauf, mich andauernd als schweigsamer Zeitgenosse durch die Gegend zu bewegen", versicherte Julius. Dann wurde gegessen.

Der Nachmittag verlief wieder sportlich. Julius machte einen Dauerlauf durch das Dorf, durch einen der Parks und wieder zurück. Dabei flog ihm Claire Dusoleil über den Weg, die ihre Flugkünste ausfeilte.

"Wo hast du denn deinen Besen gelassen?" Fragte sie.

"Der steht in Madame Faucons Haus. Ich wollte heute nur ein wenig laufen."

"Die Ferien sind doch bald um. Wer weiß, ob du da, wo du wohnst, Flugübungen machen darfst, weiß ich nicht."

"Möchtest du mir etwa auch erzählen, was ich zu tun und zu lassen habe?" Knurrte Julius.

"Ach, hat der Herr Ärger bekommen?" Fragte die zweitälteste Tochter von Madame Dusoleil. Julius wollte darauf nicht antworten. Claire landete neben ihm und schulterte ihren Besen.

"Maman sagte was, daß du übermorgen schon wieder wegfährst. Jeanne und die anderen kommen erst am achtzehnten wieder zurück. Vielleicht können wir beide noch einmal zusammen fliegen, falls du keine Angst mehr hast, mit mir abzustürzen."

"Die Angst werde ich wohl immer haben, egal, wen ich hintter mir auf dem Besen sitzen habe. Aber wir können noch mal Quidditch spielen. Catherine hat ja selbst oft gespielt, und nach dem, was wir gestern alles angestellt haben, hätte ich noch mal richtig Lust, eine Partie zu spielen."

"Maman hat morgen den ganzen Tag zu tun, wegen des Hecate-Leviata-Konzerts. Sie kann dann nicht mitspielen."

"Schade! Ich dachte, Madame Delamontagne, Virginie und Prudence Whitesand noch mal zum Quidditch einladen zu können. Wenn deine Mutter nicht kann, dann muß es auch ohne sie gehen", sprach Julius.

"... und bis zum neuen Schuljahr hast du den schnellen Abstieg raus. Barbara hat mir geschrieben, daß du dich bei den Flugstunden absichtlich dumm angestellt hast", tönte eine Frauenstimme aus weiter Ferne, schnell näherkommend.

"InDeckung! Madame Lumière heizt Jacques ein. Das will ich sehen", zischte Claire Julius zu und zog ihn unverzüglich zwischen hohe breitblätterige Sträucher, wo sie sich hinhockten. Julius peilte vorsichtig durch die Lücken im Blattwerk und erkannte Jacques Lumière, der auf einem schnittigen Ganymed 8 hinter seiner Mutter herschwirrte, die eine ältere Version der Ganymed-Serie flog..

"Barbara kann mich mal. Auch wenn sie fünf Jahre älter ist, hat sie kein Recht, sich als Ersatzmutter und Lehrersprachrohr aufzuspielen. Ich habe eben keinen Bedarf, Quidditch zu spielen. Das sieht von der Tribüne aus immer besser aus und ist ...", lamentierte Jacques, dem seine Mutter harsch ins Wort fuhr:

"So nicht. Wir haben alle, die wir Beauxbatons besucht haben, gute Flieger hervorgebracht. Du könntest schon, wenn du wolltest. Aber du meinst, die Lumière-Traditionen seien für dich unverbindlich."

"Voll korrekt, Mam. Ich bin Wissenschaftler. Mein Fachgebiet sind die Zaubertränke. Da werde ich groß herauskommen, vielleicht noch in Kräuterkunde. Die Dusoleil ist ja so eifrig, jedem was von ihrem Wissen abzugeben, und ihre drei Grazien spuren ja auch wunderbar. Hast du eigentlich gesehen, wie sie diesen Engländer umgarnt hat. Vielleicht will sie ihn ja zu sich nehmen."

"Jacques, wie kannst du dir erlauben, so abfällig von Madame Dusoleil zu reden. Immerhin hat sie es dir und andern ermöglicht, sich in magischer Pflanzenkunde zu verbessern. Was den jungen Monsieur aus England angeht, so bist du doch nur neidisch, daß er besser fliegen kann als du."

"Der ist ein Angeber. Wenn der wirklich so intelligent wäre, würde der nicht zuviel von seinem Können zeigen. Vielleicht sucht er auch nur Anschluß."

"Dummschwätzer!" Knurrte Julius leise, während Claire mit zornesrotem Gesicht gerade noch so in der Deckung verharren konnte und nicht einfach losstürzte.

Die Lumières flogen über sie hinweg und verschwanden, während Jacques und seine Mutter immer noch stritten.

"Wir sind selbst schuld. Der Lauscher an der Wand, hört seine eigene Schand', hat mein Vater mal gesagt, als ich mitbekommen habe, wie er sich mit meiner Mutter über meine schlechten Noten unterhalten hat."

"Du hast ja gehört, was er seiner Mutter gesagt hat. Er will einfach nichts tun, was die anderen vor ihm gemacht haben. Und Barbara ist wie Jeanne. Sie muß zwischendurch mal die große Schwester herauskehren und das nachplappern, was ihre Eltern oder die Lehrer so sagen. Nur das ich mit Jeanne besser klarkomme als Jacques mit Barbara."

"Deine Schwester ist auch ein wenig umgänglicher, muß ich sagen. Barbara ist ein Energiebündel, daß man nicht reizen darf. Ich habe gegen sie Quidditch gespielt. Das ist schon ein harter Brocken."

"Claire?!" Rief Madame Dusoleil von oben her. Claire verließ das Versteck und winkte nach oben. Madame Dusoleil flog alleine auf einem Ganymed 4 heran. Als sie Claire sah, landete sie punktgenau vor ihrer Tochter und Julius.

"Darfst du wieder sprechen, Julius?" Fragte sie ohne Anflug von Spott oder Mitleid.

"Ich darf", sagte Julius kurz und knapp.

"was hast du der guten Blanche für böse Dinge erzählt, daß sie mit dir das angestellt hat, was eigentlich jeder Beauxbatons-Schüler bei ihr schon abbekommen hat, außer Jeanne und Claire?"

"Ich habe gesagt, daß das, was heute morgen in der Zeitung stand, völlig übertrieben ist und die Reporter nur auf England herumhacken wollen."

"Ach, und dafür hat sie dir den Sprechbann aufgehalst?"

"Neh, dafür nicht, sondern deshalb, weil ich in ihre laute Vorlesung hineingequatscht habe."

"Du hast was? Bist du bei Trost?" Erschrak Claire. Ihre Mutter machte nur eine beruhigende Geste zu ihrer Tochter hin und sprach dann im Stil einer besorgten Mutter oder Tante:

"Das darfst du auch nicht machen, Julius. Blanche ist in diesem Punkt absolut erbarmungslos. Wenn sie meint, dir oder anderen etwas laut vorlesen zu müssen, dann hat jemand das gefälligst von vorn bis hinten anzuhören, ohne sich dazu zu äußern. Aber soweit hergeholt ist der Artikel wohl nicht, Julius. Jeanne hat uns eine Posteule geschickt. Das Mädchen muß ihr halbes Taschengeld für diesen Brief verpulvert haben. In dem Brief stand, daß die Ministeriumsleute zum einen fast keine Ahnung von anderen Sprachen hätten. Da sei nur ein Mr. Bartemius Crouch, der sich sowohl an die Regeln zur Muggelabwehr halte als auch fließend mehrere Sprachen beherrsche. Zum anderen liefe der Leiter der Spiele- und Sportabteilung immer zwischen den Zuschauern herum und würde von Besen, Quaffeln und Klatschern erzählen, sogar Wetten annehmen. Darüber stand ja auch was in dem Artikel, oder?"

"Das Mr. Bagman Wetten annimmt? Habe ich nicht mitbekommen."

"Das kommt davon, wenn man seine Gastmutter ärgert", erwiderte Madame Dusoleil, diesmal mit spöttischem Unterton. Dann fragte sie:

"Wieso bist du eigentlich ohne deinen Besen hier? Du fährst bald nach Hause zurück, wie ich gehört habe. Da darfst du doch bestimmt nicht ..."

"Nein, nicht Sie auch noch!" Stöhnte Julius. "Ja, ich fahre bald nach Hause. Ja, ich darf dort bestimmt nicht herumfliegen, bis ich in Hogwarts bin. Aber ich wollte meine Ausdauer in Gang halten und ein wenig herumlaufen."

"Wielange läufst du schon herum in der heißen Sonne?" Fragte Madame Dusoleil. Dann betrachtete sie Julius' veilchenblauen Umhang, seine schweißnassen Haare und die dreckigen Schuhe.

"Ich wundere mich, daß Blanche dich noch nicht zurückgeholt hat. Wer bei soviel Sonne in einem Wald herumrennt, kann leicht einen Hitzschlag kriegen. Zumindest trocknet er oder sie aus."

"Da Madame Faucon noch nicht hier aufgetaucht ist, ist es eben nicht so schlimm", widersprach Julius der überfürsorglich klingenden Madame Dusoleil.

"Das denkst du. Du bist bisher immer geflogen oder langsam gegangen. So geht das nicht. Ich habe jetzt leider keinen kalten Früchtetee dabei. Am besten bringe ich dich entweder zu mir oder zu deiner Gastmutter, damit du was trinken kannst. Meine Güte, was ihr Jungen immer versucht, um euch selbst zu übertreffen!"

"Ich finde den Weg alleine", wollte Julius sagen. Doch irgendwie hatte er den Sprechbann von heute morgen noch zu gut im Gedächtnis, um es sich mit einer überfürsorglichen Hexe zu verscherzen.

"Ich fliege dich zurück zu Blanches Haus. Ich muß dich nur gut einpacken. So wie du ins schwitzen gelaufen bist erkältest du dich noch beim Flug", sprach Madame Dusoleil. Claire grinste, als gefiele es ihr unheimlich, ausnahmsweise nicht das Ziel der Besorgnis ihrer Mutter zu sein. Madame Dusoleil kramte in ihrer Tasche, die vor ihr am Besen befestigt war, ein taschentuchgroßes Wolldeckchen hervor, tippte es mit dem Zauberstab an, worauf es sich zu einer großen, flauschigen Decke auswuchs, die, ehe es sich Julius versah, seinen ganzen Körper umschlang und sich von selbst verknotete, ganz so, wie Madame Dusoleil es mit den Bewegungen ihres Zauberstabes bestimmte. Dann zog sie Julius vor sich auf ihren Besen, griff mit ihren Armen vor ihm den Besenstiel und stieß sich ab.

Julius, der einige Sekunden lang befürchtet hatte, es könne ihm zu warm werden, mußte einsehen, daß die Vorsorgemaßnahme Madame Dusoleils vollkommen berechtigt war. Denn der Flugwind peitschte ihm scharf ins verschwitzte Gesicht, und unter der Decke war ihm nicht mehr zu heiß. Claire, die den Start ihrer Mutter als Aufforderung verstanden hatte, ihr hinterherzufliegen, folgte mit ihrem Superbo 5 in vier Besenlängen Abstand.

"Ich wollte dich nicht bevormunden oder unterdrücken. Aber du bist noch nicht solange hier, daß du weißt, wann du eine Pause einlegen mußt. Hast du Blanche erzählt, daß du im Park herumrennen wolltest?" Fragte Madame Dusoleil, während sie den Besen ruhig und ohne ruckeln auf den Kurs zum Faucon-Haus brachte. Julius schwieg.

"Aha! Also nicht. Oh, dann wird sie dich nicht mehr aus dem Haus lassen, bevor du nicht mindestens etwas getrunken und deinen nassen Umhang gegen einen frischen eingetauscht hast. Ich bin froh, daß Claire dich noch gefunden hat. Medimagier sind nicht gerade begeistert, wenn sich Leute aus Dummheit oder Leichtsinn körperlich übernehmen."

"Wieso machen Sie sich soviel Gedanken um meine Gesundheit?" Fragte Julius aus der wärmenden Decke heraus.

"Weil du außer Blanche, Catherine und mir keinen hier hast, der das für dich erledigen kann. Deshalb mache ich mir Gedanken darum, ob du wohlauf bist."

"Ich bin keine drei Jahre mehr", protestierte Julius gegen diese unerbetene Fürsorge.

"Das nicht. Aber du bist auch noch keine dreißig. Jungen neigen gerne dazu, sich für stärker zu halten als sie sind. Ich habe so einen Musterknaben geheiratet."

"Kein Kommentar", erwiderte Julius.

Als Madame Dusoleil mit Julius auf der Wiese vor Madame Faucons Haus landete, sahen sie Catherine, die mit ihrem Buch im Garten saß und las. Als sie Julius in der großen Wolldecke sah, dachte sie erst, ihm sei etwas passiert. Als Madame Dusoleil ihren Passagier aus der Decke wickelte und diese mit schnellen Bewegungen des Zauberstabes trocknete und reinigte, bevor sie diese wieder auf Taschentuchgröße zusammenschrumpfen ließ und wegsteckte, erkannte Catherine, weshalb Julius so heftig eingewickelt worden war.

"Julius, du wolltest doch nur spazierengehen", erinnerte sich Catherine Brickston an das, was Julius gesagt hatte, als er aus dem Haus ging.

"Ich habe eine Runde im Stadtpark gejoggt, Catherine. Das Wetter ist nicht zu heftig, um nicht die Ausdauer zu trainieren."

"Nein, das darf doch nicht wahr sein! Du rennst bei der Hitze herum, ohne was zu trinken dabeizuhaben? Komm, ab ins Haus, unter die Dusche, den türkisfarbenen Umhang an und dann mindestens zwei große Becher kalten Früchtetee!" Ordnete Catherine sehr streng klingend an. Julius wollte noch protestieren, doch Catherine zeigte denselben Gesichtsausdruck, den ihre Mutter zeigte, wenn sie keine Widerworte dulden wollte. Julius fügte sich und ging ins Haus.

Als er eine Viertelstunde später geduscht und umgekleidet zurückkehrte, stand auf dem Gartentisch eine große Kanne kalter Früchtetee. Madame Faucon, Madame Dusoleil, Catherine und Claire tranken bereits davon. Julius fragte, ob er sich setzen durfte und ließ sich an dem Platz nieder, wo eine unbenutzte Tasse auf dem Tisch stand.

"Camille und Claire haben mir berichtet, daß du unsere Sommerhitze nicht so richtig ernst nehmen wolltest", sprach Madame Faucon den Hogwarts-Schüler an.

"Ich wollte lediglich meine Lauffähigkeiten üben, um nicht aus der Form zu kommen", rechtfertigte Julius sein Handeln.

"Aber doch nicht am Nachmittag! Gut, daß Camille dich hergebracht hat. Trink jetzt mindestens drei Tassen von dem Tee, und das schön langsam!" Ordnete die Hausherrin an. Julius gehorchte und ließ sich beim Teettrinken Zeit. Derweil unterhielten sich die Dusoleils und Catherine über die Quidditch-Weltmeisterschaft. Julius hörte wieder erstaunt zu, wie Catherine das Stadion beschrieb, in dem man wie in einem Kaufhaus mit Läufern ausgelegte Treppen zu den einzelnen Rängen hinaufsteigen mußte, wo 100.000 Zuschauer hineinpaßten und magische Geschöpfe aus den Ländern, deren Mannschaften gegeneinander antraten, vor jedem Spiel eine kurze Schau veranstalteten. Die Norweger hatten kleine bärtige Trolle mitgebracht, die mit Keulen jonglierten, die Engländer boten eine Truppe aus Gespenster-Akrobaten auf, die so schwebten und turnten, als würden sie auf Hochseilen gehen oder auf Stangen balancieren.

Nach der Teestunde im freien fragte Madame Dusoleil noch, ob sie Julius noch mal zu einer Besenflugübung mitnehmen dürfe. Madame Faucon überlegte, dann sah sie ihre Tochter an und entschied:

"Du begleitest unseren jungen Gast! Wenn ihr um sieben wieder zurückkehrt, bin ich einverstanden. Aber übertreibt es nicht, Camille!"

Madame Dusoleil freute sich fast genauso sehr wie Claire. Keine fünf Minuten später schwirrten Catherine auf einem alten Ganymed, Madame Dusoleil auf Jeannes Ganymed 8, Claire auf ihrem Superbo 5 und Julius auf seinem Sauberwisch 10 über dem großen Garten der Dusoleil-Familie. Sie probten die verschiedenen Quidditch-Manöver, jagten sich gegenseitig, wobei Julius arge Probleme hatte, Claires Mutter auf Abstand zu halten. Catherine kreiste über ihnen und feuerte mal den einen, mal die Andere an. Letztendlich erklärten beide, daß sie ebenbürtig waren. Dann traute sich Julius, mit Claire auf seinem Besen erst vorsichtig, dann etwas mutiger, im Tandem zu fliegen. Claire hatte ihre Arme um Julius' Bauch gelegt und überließ ihm die Steuerung. Madame Dusoleil flog rechts von ihnen, Catherine links von ihnen, ungefähr einen Meter unter ihnen. Nach einer halben Stunde Flug landeten die beiden Schüler auf der großen Wiese. Julius holte tief Atem und sah seine Flugpartnerin an. Sie fing seinen Blick mit ihren großen dunkelbraunen Augen ein und lächelte.

"Das war doch jetzt wunderbar", sagte sie.

"Auf jeden Fall war der Kauf des Besens keine Fehlinvestition", bemerkte Catherine dazu. "Wenn du auch nicht in der Stammauswahl deines Schulhauses mitspielen solltest, hast du wenigstens einen brauchbaren Reisebesen, auf dem du bei Bedarf wen mitnehmen kannst."

"Ich muß das in Hogwarts erst prüfen lassen. Madame Hooch wird mich nicht einfach so herumfliegen lassen. Ich habe es doch wieder gemerkt, wie schwierig das ist, mit einer zusätzlichen Person auf dem Besen", dämpfte Julius Catherines leichten Überschwang.

"Maman wird dir wohl kein Zertifikat ausstellen, daß du gewisse Grundlagen erworben hast. Aber wenn eure Fluglehrerin sieht, daß du schon eine gewisse Sicherheit hast, werden dir wohl nur noch wenige Übungsstunden auferlegt", sagte Catherine. Daran vorbeikommen wirst du nicht, wie ich nicht ums Autofahren herumkam."

"Deine Mutter war da nicht so begeistert", warf Madame Dusoleil ein.

"Weil sie eben die Verantwortung hat. Sie darf Julius nicht in Gefahr geraten lassen, Camille. Das würdest du doch auch nicht wollen, daß jemand, der auf Claire aufpassen muß, sie die wildesten Experimente machen läßt."

"Natürlich nicht. Aber mein Vorstoß war schon überlegt und wie du gesehen hast gerechtfertigt, Catherine", erwiderte Madame Dusoleil. Julius war es satt, daß über ihn geredet wurde, während er dabeistand. Er ging mit Claire in ihr Zimmer, wo sie sich noch mal über den See der Farben unterhielten, den sie am Vortag besucht hatten. So verflog die Zeit, bis das Verbindungsarmband an Julius rechtem Handgelenk einmal erzitterte. Im gleichen Augenblick klopfte es an Claires Zimmertür.

"Wir müssen, Monsieur Andrews. Ich denke, Maman hat schon das erste Rufzeichen gegeben", sprach Catherine Brickston vor der Zimmertür. Julius verabschiedete sich von Claire Dusoleil, die ihn fragte, ob er am nächsten Tag zum Hecate-Leviata-Konzert komme. Er sagte:

"Das weiß ich nicht. Madame Faucon mag diese Musikerin nicht."

"Sie mag so einiges nicht", sagte Claire. "Aber trotzdem weiß sie genau, was richtig ist. Weißt du denn schon, um wieviel Uhr am siebzehnten du nach England zurückfährst?"

"Um wieviel Uhr ich den Abflug mache, weiß ich nicht", entgegnete Julius lässig.

"Dann mußt du aber noch mal herkommen, um dich zu verabschieden, ja?"

"Muß ich das?" Erwiderte Julius frech.

"Ja!" Schnaubte Claire und zwickte ihn kräftig in die Nase.

Julius zog es vor, schnell aus dem Zimmer zu eilen und mit Catherine zu den ordentlich abgestellten Besen zu gehen. Er rief Madame Dusoleil noch ein paar Abschiedsworte nach, dann flogen Catherine und er schon davon.

Nach dem Abendessen teilte Madame Faucon ihren Gästen mit, daß die Porters am Nachmittag eingetroffen wären und sich freuen würden, wenn Julius sie noch an diesem Abend besuchte. Zusammen mit Catherine begab er sich ins Gasthaus Chapeau Du Magicien, wo er Mrs. und Gloria Porter in einem geräumigen Zimmer antraf, das im ländlichen Stil möbliert war. Mrs. Porter hatte es durch einige Landschaftsbilder, die sie an dafür vorgesehenen Nägeln aufgehangen hatte, noch etwas wohnlicher gestaltet. Gloria, die in einem himmelblauen Seidenkostüm daherkam, berichtete Julius, was sie in den letzten Wochen seit der Geburtstagsfeier von Julius erlebt hatte, während sich Mrs. Porter mit Catherine über das Konzert von Hecate Leviata unterhielt und die Musik-Hexe mit einer anderen singenden Hexe, Celestina Warbeck, verglichen.

"Kevin hat deine Nachricht noch erhalten. Ich habe einen Blitzboten bezahlt, der ihm deinen Tipp überbracht hat. Die Malones haben den Boten zurückgeschickt, mit einem Dank für die interessante Wette."

"Einen Blitzboten?" Fragte Julius.

"Das ist eine Postsendung, die über das Floh-Netzwerk direkt überbracht werden kann. Muggel nennen sowas Telegramme. Diese Art der Post ist zehnmal so schnell wie die ohnehin schnellen Posteulen und mit sechs Sickel für einfaches Überbringen und fünf Knuts pro Wort noch recht bbillig."

"Wenn man im Geld baden kann", räumte Julius ein und holte tief Luft, wenn er sich vorstellte, daß die Express-Eulen von Millemerveilles im Vergleich dazu noch billig waren.

"Oh, habe ich den Eindruck erweckt, als ob wir nicht wüßten, wie gut es uns ginge? Das wollte ich nicht", bekundete Gloria echtes Bedauern und lief rot an. Julius lächelte und sagte:

"Jeder hat das, wofür er gearbeitet hat. Außerdem muß ich das gerade sagen, wo meine Eltern ja wirklich mit ihrem Geld um sich schmeißen, wenn ihr Ansehen dadurch gesteigert werden kann oder sie mich mit allen Mitteln von Hogwarts abhalten wollen."

"Apropos", schaltete sich Mrs. Porter in die Unterhaltung der beiden Kinder ein. "Ich habe gestern zusammen mit Cynthia Flowers mit deiner Mutter gesprochen. Sie hat gesagt, daß sie beruhigt ist, wenn wir dich für die restliche Ferienzeit in unser Haus aufnehmen. Mr. Andrews ist noch in den Staaten. Was er dort tut, hat deine Mutter nicht mitteilen wollen. Sie hat nur darum gebeten, daß du sie anrufst, wenn wir mit dir nach England zurückkehren."

"Was ist mit meinem Schulkoffer?" Fragte Julius.

"Du darfst ihn dir noch abholen, bevor du bei uns Quartier nimmst", erklärte Mrs. Porter.

"Na dann", erwiderte Julius.

Der Abend klang aus mit einem improvisierten Schachturnier, daß darin gipfelte, daß Julius von Catherine drei Knuts in die Hand gedrückt bekam, um sich mit Flohpulver ins Faucon-Haus zurückzuversetzen, da Catherine die Partie gegen Mrs. Porter zu Ende spielen wollte. Gloria Begleitete Julius noch zum Gastraum, wo zwei Kaminfeuer brannten und noch einige Stammgäste an einem abseitsgelegenen Tisch über den Ausgang des Quidditch-Weltmeisterschaftfinales diskutierten.

"Ich wollte dir das nicht sagen, wo Mum und Madame Brickston dabei waren. Aber ich finde, daß dir die Ferien hier sehr gut bekommen sind. Du bist schön braun geworden und hast etwas mehr auf den Rippen als bei unserer Abfahrt von Hogwarts. Außerdem habe ich es sehr schön gefunden, daß du dich mit den Zaubererkindern hier gut verstehst und viel Quidditch trainiert hast. Ich hoffe, Professeur Faucon läßt dich morgen abend auf das Konzert gehen. Bis dahin, schlaf schön!"

"Du auch, Gloria!" Flüsterte Julius zurück. Dann kaufte er eine Prise Flohpulver, meldete sich, wie es ihm Madame Faucon einmal gezeigt hatte, bei eben dieser an und bekam die Erlaubnis, direkt zu ihr zurückzureisen. Er warf die gekaufte Prise Flohpulver ins linke der beiden Kaminfeuer, wartete, bis die Flammen sich smaragdgrün verfärbt und zu einer hohen Feuerwand aufgerichtet hatten und trat in den Kamin hinein. Mit den Worten "Maison Du Faucon" leitete er die Rückkehr ins Faucon-Haus ein. Rauschend verschwand er aus dem Kamin. Gloria Porter kehrte zu ihrer Mutter zurück und meldete, daß Julius abgereist war.

Zurück im Haus von Madame Faucon mußte er zunächst berichten, was an dem Abend passiert war und wurde dann zu Bett geschickt.

 

 

Madame Faucon weckte Julius um sieben Uhr wie üblich. Julius verließ im Bademantel sein Zimmer und begab sich ins Badezimmer. Unterwegs traf er Catherine, die sehr munter wirkte. Als Julius aus dem Badezimmer zurückkehrte, gekleidet in dem mitternachtsblauen Umhang, den er an seinem ersten Tag in Millemerveilles getragen hatte, roch es nach Kaffee und heißer Schokolade. Catherine saß in einem flaschengrünen Kostüm am tisch.

Julius grüßte höflich und nahm Platz. Madame Faucon tat ihm frische Brötchen mit selbstgemachter Marmelade auf. Julius wollte zwar einwenden, daß er nicht mehr als zwei ganze Brötchen benötigte, doch die Entschlossenheit der Hausherrin ließ ihn besser nichts sagen.

Während des Frühstücks las Madame Faucon wieder aus dem Miroir Magique, der französischen Zaubererzeitung, vor.

"Irland siegt bei der Quidditch-Weltmeisterschaft mit 170 zu 160 über Bulgarien. Bulgariens Sucher Victor Krum bewahrte seine Mannschaft vor einer haushohen Niederlage."

Direkt danach las Madame Faucon mit steigender Wut:

"Dunkles Nachspiel!

Nach dem triumphalen Sieg der irischen Quidditch-Nationalmannschaft kam es auf einem der vom englischen Zaubereiministerium organisierten Zeltplätze zu einem erschreckenden Aufruhr und einer höchst entsetzlichen Begebenheit. Verbrecherische Zauberer, mutmaßlich ehemalige Anhänger des dunklen Lords, nutzten die Ausgelassenheit der Endspielbesucher aus, um sich zu einem Terror-Feldzug gegen die für die Zeltplätze zuständigen Nichtmagier zu formieren. Sie ließen eine Familie von Nichtzauberern in der Luft herumfliegen und trieben mit ihnen teuflischen Schabernack. Dabei wurden mehrere Zelte dort lagernder Besucher verwüstet oder zerstört und eine Panik unter der Mehrheit der anwesenden Hexen und Zauberer verursacht. Ordnungshütern des englischen Zaubereiministeriums gelang es nicht, dem Treiben der offenkundig auf Gewalt und Terror ausgehenden Zauberer Einhalt zu gebieten. Es sollte jedoch noch schlimmer kommen.

Mitten im Aufruhr erschien das dunkle Mal dessen, dessen Name nicht genannt werden darf am Himmel über dem Lagerbereich. Wer dieses allen Zaubererfamilien, die unter dem Terror der Todesser zu leiden hatten, nur allzu bekannte Zeichen heraufbeschworen hat, konnte nicht geklärt werden. Es ist nur bekannt, daß die verbrecherischen Zauberer disapparierten, als das dunkle Mal am Himmel auftauchte. Womöglich war dies das Signal zum Abbruch der Terroraktion. Am von Ministeriumszauberern eingekreisten ursprungsort des dunklen Mals wurden neben drei Schülern von Hogwarts nur noch eine Hauselfe gefunden, die widerrechtlich einen Zauberstab bei sich trug, den einer der angetroffenen Schüler als seinen eigenen identifizierte. Eine Prüfung des letzten damit gewirkten Zaubers erbrachte, daß mit diesem Zauberstab das dunkle Mal beschworen wurde. Ein Ministeriumsangehöriger, Monsieur Arthur Weasley, trat dann an die Öffentlichkeit der vom Aufruhr in Panik versetzten Zauberer und Hexen und gab eine Erklärung des Vorfalls ab, die jedoch keine der aufgeworfenen Fragen beantwortete.

Unser Experte für magische Geschöpfe merkt an, daß Hauselfen zwar Zaubersprüche von ihren Meistern erlernen, aber selten den Gebrauch von Zauberstäben nachvollziehen können, zumal der Besitz und Gebrauch von Zauberstäben nichtmenschlichen Kreaturen unter Strafandrohung verboten ist.

Das englische Zaubereiministerium muß sich fragen lassen, wie derartige Pannen bei der Quidditch-Weltmeisterschaft, dem Weltereignis der Zaubererwelt schlechthin, geschehen konnten. Wer beschwor das dunkle Mal des Unnennbaren? Wieso wurden die Besucher der Weltmeisterschaft nicht ausreichend auf ihre Herkunft und Vergangenheit überprüft? Wie konnten derartige Verbrechen überhaupt geschehen? Weshalb haben die Abteilungen des englischen Zaubereiministeriums nicht ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen?

In diesem Zusammenhang sei noch mal auf die Nachlässigkeit des Leiters der Abteilung für magische Spiele und Sportarten verwiesen, der es nicht für geboten erachtete, die international vereinbarten Regeln zur Muggelabwehr und -sicherheit einzuhalten. Gespräche mit den Zeugen der Vorkommnisse wurden uns und anderen Berichterstattern verwehrt. Daher ist das, was zu den Vorfällen gesagt wurde, reine Mutmaßung. Eine Mutmaßung geht dahin, daß es sich bei dem am Ort der Beschwörung des dunklen Males aufgefundenen Zauberstabes um den des Jungen Harry Potter handelte, und daß der als Überlebende des dunklen Lords berühmte Junge im Zuge eines von Panik und Verzweiflung geschürten Aktionismus der Ministeriumszauberer als Urheber des dunklen Males bezichtigt wurde, was jedoch schnell wieder verworfen wurde.

Auf das englische Zaubereiministerium wird, so unsere berechtigte Einschätzung, eine Welle von Schadensersatzklagen und Klagen wegen unterlassener Hilfeleistung zukommen, vom gravierenden Ansehensverlust des Zaubereiministeriums ganz zu schweigen."

"Heftig!" War das erste und einzige Wort, daß Julius fand, als Madame Faucon die Vorlesung beendet hatte. Sie sah sehr wütend aus. Gleichzeitig vermeinte Julius ein gewisses Unbehagen in ihren Augen zu erkennen. Catherine verhehlte nicht, daß sie dieser Artikel verängstigt hatte.

"Du weißt, wie das dunkle Mal des Wahnsinnigen aussieht?" Fragte Madame Faucon mit kalter Stimme. Julius schüttelte vorsichtig den Kopf. Daraufhin reichte ihm die Beauxbatons-Lehrerin die Zeitung und deutete auf eine Schwarz-weiß-Fotografie eines in der Luft über Baumwipfeln leuchtenden Totenschädels, aus dessen Mund eine züngelnde Schlange herauslugte.

"Ich habe gehofft, dieses Terrorsymbol nie wieder sehen zu müssen", gestand Madame Faucon mit zitternder Stimme ein. Julius, der in Hogwarts über die Strafe für die Beschwörung dieses Symbols gelesen hatte, sah seine Feriengastmutter an und fragte vorsichtig:

"Glauben Sie, daß dieses Symbol tatsächlich für die Verbrecher beschworen wurde, die sich an den Muggeln vergriffen haben?"

"Catherine kann sich noch zu gut erinnern, wie mein Mann, ihr Vater vor vierzehn Jahren auf unserer Urlaubsreise von Anhängern des Wahnsinnigen erst mit dem Cruciatus-Fluch gefoltert und dann getötet wurde. Anschließend setzten die Verbrecher dieses Zeichen über das von ihnen in Brand gesetzte Haus."

"Die kamen hereinappariert und bliesen mit ihren Zauberflüchen Möbel und Wände in Schutt und Asche und griffen Familien mit Kindern an. Ihr Anführer war der dunkle Lord persönlich. Er sagte mit seiner kalten Stimme, die ich niemals wieder vergessen werde, daß er alle Muggelbrütigen und Schwächlinge ausradieren würde, die den "guten Ruf" des Sternenhauses ruiniert hätten. Zwei übergroße Zauberer und ein blaßgesichtiger Zauberer mit blondem Haar halfen ihm dabei, die Zauberer zu quälen. Sie folterten jeden, bis er oder sie unter Schmerzen gestand, ein Muggelstämmiger zu sein oder einen Muggelstämmigen in der Familie zu haben. Dann erwiesen sie ihm oder ihr die "Gnade" eines schnellen Todes. Maman hat uns, mich und eine Schulfreundin, die tatsächlich Muggelstämmig ist, zum Schutz in Papiertaschentücher verwandelt und wollte dann meinem Vater helfen, der gerade von den Todessern gefangengenommen wurde. Doch sie kam zu spät, um ihn noch zu retten. Ein Todesser wurde zu einer Schmeißfliege, ein weiterer erstarrte zu Stein. Maman wäre beinahe selbst getötet worden, wenn sie nicht die alten Zauber zur Abwehr böser Kräfte gewirkt hätte. So gelang es dem dunklen Lord nicht, den Todesfluch zu sprechen, und ihm und seinen Spießgesellen fiel nur ein, das Haus zu brandschatzen."

"Ich konnte noch disapparieren, als die vier Zauberer Feuerbälle in alle Ecken des zerstörten Eingangsbereiches schleuderten. Von außen sah ich, wie sie das dunkle Mal in den Himmel schossen. Ich selber mußte die Nacht von mir gut vertrauten Medimagiern behandelt werden. Erst dann konnte ich Catherine und ihrer Schulfreundin ihre wahre Gestalt zurückgeben."

"Ich kann nicht sagen, daß ich nun verstehe, was passiert ist, weil ich das eben nicht alles nachempfinden kann, wie schrecklich das war. Aber ich erkenne zumindest an, warum viele Zauberer und Hexen vor diesem dunklen Lord Angst haben, auch wenn im Moment vermutet wird, daß er sich bei Harry Potter ein Eigentor geschossen hat", erwiderte Julius leise. Allein die Vorstellung von einem Angriff aus dem Nichts heraus, bei dem unschuldige Leute gequält und dann mit tödlichen Flüchen niedergemetzelt wurden, reichte ihm, um einzusehen, daß es nicht gerade beliebt war, über Voldemort zu spotten. Die Scham über seine eigenen Lästereien zu dem Thema ließ ihn rot anlaufen.

"Aber ich verstehe zumindest, was Professor McGonagall damals gemeint hat, daß man nicht über etwas spotten soll, von dem man nichts weiß", brachte er noch heraus.

"Catherine hat dir bestimmt erzählt, daß man sich besser nicht mit mir über dieses Thema unterhalten solle, wenn man es sich nicht mit mir verderben möchte. Aber die Ereignisse von gestern gebieten es, daß du und alle anderen, die meinen, uns Hexen und Zauberer verlachen zu müssen, weil wir den Namen des Wahnsinnigen nicht nennen wollen, erfahren, was wir durchmachen mußten. Ich habe keine Probleme damit, den sogenannten dunklen Lord bei seinem richtigen Namen zu nennen. Allerdings glaube ich nicht, daß Voldemort sein wahrer Name ist. Er wird ihn nur seinen engsten Getreuen verraten haben. Höchstwahrscheinlich weiß es auch Dumbledore. Eines kann und werde ich aber mit Sicherheit sagen:

Wir sollten uns nicht in Sicherheit wiegen und Vorbereitungen treffen, damit die Anhänger des Wahnsinnigen nicht in die Lage kommen, die Terrorpläne ihres Herrn und Meisters wieder in Angriff zu nehmen, ob mit oder ohne ihn."

"Sie waren also auf einer Urlaubsreise, als Ihr Mann ermordet wurde. Ich habe befürchtet, daß die Leute des dunklen Lords hier in Millemerveilles eingefallen wären", wagte Julius, eine Vermutung preiszugeben, die er gehegt hatte, seitdem Madame Dusoleil seinen Scherz, er hätte ihrer Tochter Denise schöne Grüße von den Anhängern "VoldyS" ausgerichtet, sehr wütend gemacht hatte und er fast zu einem Bestandteil ihres Gartens geworden wäre.

"Millemerveilles wurde schon häufiger von schwarzen Magiern bedroht. Einer davon, eine Hexe namens Sardonia vom Bitterwald, herrschte sogar ein Jahrhundert lang über dieses Dorf und entwickelte Schutzbanne und Vertreibungszauber, um Leute wie sie von hier fernzuhalten. Nach ihrem Sturz im Jahre 1642 übernahmen Kundige der alten Lehren die Abwehrzauber und vervollkommneten sie dahingehend, daß kein böse gesinnter Magier hierher apparieren kann. Der Muggelabwehrring wurde um einen Apparitionsabwehrring ergänzt. Innerhalb des Dorfes kann man zwar apparieren, aber in einige Häuser kommt man so auch nicht hinein. In einem davon wohnst du zur Zeit. Ich kenne genug alte Zauber, um Wohnorte zu Zufluchtsorten zu machen, an denen man vor den Nachstellungen schwarzer Magier sicher ist. Ich denke, daß auch euer Mitschüler Harry Potter in den Ferien in einem derartig gesicherten Haus lebt."

"Heilige Zuflucht. Ich habe davon im Buch "Die Erben der Druiden" gelesen, daß ich zum Geburtstag bekommen habe", sprudelte es aus Julius heraus. "Der Sanctuafugium-Zauber ist schon dreitausend Jahre alt und dient dazu, Gebäude und umliegende Landschaftsflächen gegen böses Wirken zu schützen. Es soll nur noch wenige Leute geben, die diesen Zauber perfekt beherrschen, darunter tatsächlich unser Schuldirektor Professor Dumbledore."

"Catherine hat dir sicherlich erzählt, daß sie zu ihrer Schulzeit nicht gerade viel Vergnügen in meinen Unterrichtsstunden empfunden hat", erwiderte Madame Faucon mit lauerndem Blick zu Catherine, die schlagartig tomatenrot anlief. "Aber dafür ist sie neben Dumbledore, einigen anderen Kollegen anderer Länder und mir eine derjenigen, die den Sanctuafugium-Zauber in Vollendung beherrschen. Ich habe ihr geraten, ihr Haus in Paris damit zu belegen, für den Fall, daß die dunklen Zeiten wiederkommen, ob durch den seines Körpers beraubten Lord Voldemort oder eines Nacheiferers."

"Joe war nicht davon begeistert. Er denkt, daß die Leute das irgendwann mitkriegen könnten, wenn jemand merkwürdige Rituale in seinem Haus veranstaltet. Aber ich fühle mich wesentlich besser, wenn ich nachts schlafen kann, weil kein schwarzer Magier ins Haus eindringen kann", sagte Catherine.

"Entschuldigung, Madame Faucon, daß ich Ihnen zu neugierig erscheinen könnte. Aber wenn ein Schwarzmagier einen gewöhnlichen Menschen mit dem Imperius-Fluch belegt und auf jemanden hetzt, der in einem solchen Schutzzauber lebt, was passiert dann?"

"Der betroffene Mensch erleidet beim Versuch, in die heilige Zufluchtsstatt zu gelangen einen Moment lang Höllenqualen, die ihm das Bewußtsein nehmen und ihn aus dem Bann des Imperius lösen", erwiderte Madame Faucon ruhig, als handele es sich um eine in ihrem Unterricht gestellte Frage ohne den Zusammenhang mit ihrer schrecklichen Vergangenheit.

"Dann könnte man in eine schäbige Kneipe gehen, sich dort einen Muggel-Gangster anheuern und den losschicken, um andere umzubringen. Irgendwo habe ich das mal gelesen, daß Dämonen, die ihren Erzfeind nicht direkt angreifen konnten, sowas gemacht haben."

"Die Muggelfantasien sind vielfältig", lachte Madame Faucon erheitert, und in ihrem Gesicht war keine Spur von Wut oder Angewidertheit mehr zu sehen. "Das haben tatsächlich welche versucht. Das dumme war nur, daß die Auftragsmörder den Auftrag vergessen haben, sobald sie in den Schutzbereich eindrangen. Das lag und liegt daran, daß selbst böse Absichten verdrängt werden, wenn jemand von außen in eine heilige Zuflucht einbrechen möchte. Das gilt vor allem für böse Absichten, die von außen eingepflanzt wurden, wenn magisch unter den bereits erwähnten Qualen, falls nichtmagisch unter Verlust des Interesses und der Erinnerung an das Vorhaben."

"Aja! Kann man das eigene Haus so sichern lassen?" Fragte Julius, dem etwas eingefallen war.

"Du meinst, ob du das Haus deiner Eltern zu einer Zufluchtsstätte machen lassen kannst? Wie gesagt, da gibt es nur wenige, die das können. In dem Haus muß jedoch mindestens ein vollwertiger Zauberer, muggelstämmig oder nicht, leben", sagte Catherine. "Hinzu kommt, daß die Experten sowas nie für Geld tun würden. Das ist noch ein altes Druidengesetz, daß du bestimmt auch in dem Buch finden wirst. Ich wundere mich nur, daß Maman dir nicht aufgegeben hat, die wichtigsten Informationen aus diesem Buch zusammenzufassen. Ich hätte das getan", sprach Catherine.

"Das war nicht nötig, Catherine. Immerhin hat unser junger Gast seitdem er das Buch bekommen hat, fast alles daraus gelesen, was wichtig ist. Ich habe ihn mehrfach ohne sein Wissen geprüft, in Diskussionen und natürlich in den Übungsstunden, die ich mit ihm abgehalten habe. Interesse ist manchmal doch eine größere Motivation als die Anordnung. Wobei man Interesse erst wecken muß", dozierte Madame Faucon. Julius sagte dazu nichts.

Virginie und Prudence kamen vorbei und fragten Julius, ob er die Nachrichten mitbekommen hatte, was bei der Quidditch-Weltmeisterschaft passiert sei? Madame Faucon lud die beiden Mädchen zu einer Diskussion über das Geschehen nach dem Endspiel ein. Dazu kamen noch Madame Dusoleil und Claire, die einen Brief ihrer Schwester Jeanne bekommen hatte.

"Jeanne hat genau beschrieben, wie die Verbrecher den Platzwart des Zeltlagers und dessen Familie durch die Luft haben fliegen lassen. Sie haben die Frau immer wieder so herumpurzeln lassen, daß ihr fast das Nachthemd vom Leibe gerutscht wäre. Wer tut sowas?" Fragte Claire.

"Leute, die einen mächtigen Sprung in der Schüssel haben", bemerkte Julius dazu. "Leute, denen es zu langweilig ist, Zauberer zu sein, wenn man keinen damit so richtig terrorisieren kann."

"Das mit dem sogenannten Sprung in der Schüssel gilt wohl eher für das große Vorbild dieser Leute. Besser gesagt: Diese Zeitgenossen haben ohne nachzudenken verinnerlicht, daß Muggel und alle von ihnen abstammenden, ob magisch oder nicht, Freiwild sind", fügte Madame Faucon noch hinzu und sah Julius tadelnd an.

"Immerhin hätten wir hier diese Bande mit dem Einkesselungszauber festhalten können", wandte Madame Dusoleil ein. "Die wären hier nicht so einfach wegdisappariert."

"Ich frage mich, wer dieses dunkle Mal in den Himmel geschossen hat", gestand Prudence ein und deutete auf das Foto im Miroir Magique.

"Vielleicht war es jemand, der gerne bei dem Terror mitgemacht hätte und nicht durfte", wagte Julius eine Vermutung. Prudence warf ein:

"Falls das einer war, der früher selbst zu der Bande gehört hat, hätte er sich doch bequem unter diese Burschen mischen können."

"Ich halte das mit dem nichteingeweihten Bandenmitglied nicht für so falsch", äußerte sich Madame Faucon dazu. "Gesetzt dem Fall, daß ein Mitglied der ehemaligen Anhängerschaft des dunklen Lords zu weit fort von allen Besuchern untergebracht wurde oder kein gutes Verhältnis zu seinen ehemaligen Gesinnungsgenossen hat oder schlicht nichts unternehmen durfte, ohne aufzufallen, ist es möglich, daß derjenige sich in den Besitz des Zauberstabes gebracht hat, um seinen Spießgesellen zu signalisieren, daß sie nicht allein sind, oder um ihnen Angst einzujagen. Denn so, wie ich den Artikel verstehe, hatten die Todesser keinen Anlaß zur überstürzten Flucht, und der Beschwörer des dunklen Males befand sich weit ab vom eigentlichen Geschehen und hätte keine Gefahr früher erkennen können als die Terroristen selbst."

"Immerhin mußte derjenige an Harry Potter herankommen, um dessen Zauberstab zu klauen", wandte Julius ein. "Das spricht dafür, daß er sich getarnt hat."

"Möglich ist das", pflichtete Catherine dem Zweitklässler aus Hogwarts bei.

"Wieso meinen Sie, daß es ein Zauberer war und keine Hexe?" Fragte Claire, Madame Faucon mit unterwürfigem Blick ansehend.

"Weil der dunkle Lord sich hauptsächlich mit männlichen Gefolgsleuten umgeben hat. Mir ist nur eine Hexe bekannt, die ihm direkt gefolgt ist, und die war die Ehefrau eines anderen Todessers. Sie sitzt mit ihrem Mann in Askaban."

"Ich habe Jeanne und Claire immer eingeschärft, sich außerhalb von Millemerveilles und Beauxbatons keiner Hexe oder keinem Zauberer anzuvertrauen, weil Helfershelfer des Unnennbaren darunter sein könnten", erwähnte Madame Dusoleil.

"So ähnlich ist das doch auch bei den Muggeln. Meine Eltern haben mir verboten, mit fremden Leuten zu reden oder mich von ihnen irgendwohin mitnehmen zu lassen. Sie haben mir immer etwas Geld mitgegeben, daß ich im Zweifelsfall ein Taxi nehmen konnte, das ist ein Auto, daß man bestellen kann, um sich wohinfahren zu lassen", trug Julius zur Diskussion bei.

Madame Delamontagne und Mrs. Porter zusammen mit Gloria flogen von der Dorfmitte her auf das Faucon-Haus zu und landeten außerhalb der Gartenbegrenzung.

"Dürfen wir hereinkommen?" Fragte Madame Delamontagne. Madame Faucon erlaubte es. So wuchs die Diskussionsgruppe um drei weitere Teilnehmer an. Am Ende, kurz vor der Mittagszeit, kamen sie zu der Überzeugung, daß die Quidditch-Weltmeisterschaft als das größte Unglück in die Geschichte Englands eingehen würde. Daß Victor Krum durch den Schnatzfang ein sagenhaftes Spielende herbeigeführt hatte, würde wohl niemanden interessieren.

Gloria und ihre Mutter kehrten zum Mittagessen in das Dorfgasthaus zurück, Madame Delamontagne trieb Virginie und Prudence zusammen und flog mit ihnen davon. Madame Dusoleil kehrte mit Claire in ihr Haus zurück.

Am Nachmittag trafen mehrere Eulen im Faucon-Haus ein. Eine davon brachte Post für Julius Andrews. Julius zog sich mit dem Brief in sein Zimmer zurück und las:

 

Sehr geehrter Mr. Andrews,

wie bereits angekündigt wurde beschlossen, Sie bis zum Ende der Schulferien im Hause der Familie Plinius Porter unterzubringen. Mit ihrer Mutter wurde in einem sehr kooperativen Gespräch entschieden, daß ihre Mutter persönlich dafür Sorge tragen wird, daß Ihrer Zaubererausbildung keine weiteren Hindernisse in den Weg gestellt werden. Mit Ihrem Herrn Vater konnten wir keinen Kontakt aufnehmen, da dieser sich immer noch im Schutze eines US-amerikanischen Krankenhauses aufhält. Über Folgen des Versuchs, Sie von Hogwarts fernzuhalten, muß noch beraten werden. Jedoch sind wir zuversichtlich, daß Sie zu den Ferienzeiten zu Ihren Eltern zurückkehren können.

Wir wünschen Ihnen noch angenehme Ferientage!

Stella Morrow Abteilung für Ausbildung und Beruf Zaubereiministerium Großbritannien

 

Julius nickte, als er den Brief gelesen hatte. Seine Mutter besaß ein Talent darin, sich ruhig und ohne übermächtige Gefühlsregungen mit anderen Leuten zu unterhalten, selbst wenn sie dabei Dinge hörte, die ihr nicht gefielen. Er war froh, daß sich die Porters eingeschaltet hatten. So konnte er zumindest mit seinen Eltern telefonieren. Daß sein Vater versucht hatte, Catherine und Joe dazu zu überreden, Julius bis nach dem zweiten September bei sich zu behalten, gefiel ihm absolut nicht. Aber jetzt, wo er einen ganzen Monat unter Hexen und Zauberern auch seines Alters zugebracht hatte, wußte er genau, daß er keine Angst hatte, sich mit seinem Vater darüber zu unterhalten, daß er wirklich und wahrhaftig der Zaubererwelt angehörte.

Der restliche Nachmittag verging mit Lesen im Garten von Madame Faucon. Nach dem Zeitungsartikel über die Vorkommnisse nach dem Quidditch-Finale hatte sich Julius mit dem Gedanken abgefunden, nicht zu dem Hecate-Leviata-Konzert zu gehen. Madame Faucon würde ihm jetzt erst recht keine Erlaubnis dazu erteilen. Deshalb wunderte es ihn, daß Madame Faucon nach dem Kaffeetrinken sagte:

"Catherine hat für dich einen der Art der Veranstaltung angemessenen Umhang herausgesucht, Julius. Sie wird dich zum Konzert dieser Hecate Leviata begleiten. Unter dieser Bedingung gestatte ich es dir, bis zum Konzertende fortzubleiben. Ich habe zwar immer noch gewisse Vorbehalte gegen die Art der Darbietung dieser Frau und ihrer Gruppe, muß jedoch anerkennen, daß ich dein Sozialleben nicht nachhaltig beeinflussen darf, sofern du nicht dauerhaft meiner Obhut anempfohlen wirst. Benimm dich jedoch anständig!"

Julius wußte nicht, was er darauf sagen sollte. So gab er nur ein überraschtes "Danke, Madame Faucon" von sich.

Nach dem Abendessen scheuchte Catherine Julius ins Bad, wo er einen orangeroten Umhang mit neongrünen Glitzerflicken vorfand. Er nahm eine kurze Dusche, kleidete sich an und drehte sich vor dem Zauber-Badezimmerspiegel herum, um zu prüfen, wie der grellfarbige Umhang seine Bewegungen mitmachte.

"Farblich eine sehr extraordinäre Abstimmung! Für wichtige Gesellschaftsereignisse nicht zu empfehlen!" Kommentierte der verzauberte Spiegel die Kleidung.

"Ansichtssache!" Versetzte Julius und streckte seinem Spiegelbild die Zunge heraus, worauf sich der Spiegel milchigweiß eintrübte und ein verächtliches Hüsteln hören ließ. Julius lachte nur und verließ das Badezimmer. Draußen, im Korridor, traf er Catherine, die sich ein stahlblauesKleid aus einem metallartigen Gewebe, das mit bunten Vogelfedern verziert war angezogen hatte.

"Ich dachte schon, der Umhang, den du mir hingelegt hast wäre schrill, Catherine. Aber dieses Teil da ist noch heftiger."

"Maman hat es als Beleidigung ehrbarer Hexen bezeichnet. Aber es gefällt mir, zumindest für so einen Anlaß. Außerdem habe ich mir von Dione zeigen lassen, was sie und ihre Tochter tragen werden, als Gloria schlief. Das ist auch nicht gerade konventionell", sagte Catherine. Dann deutete sie auf ihr Haar. Julius traute seinen Augen kaum. Das schwarze Haar, das immer ordentlich frisiert gewesen war, stand kerzengerade ab, wie ein Wald aus Fernsehantennen auf einem Hochhaus. So ähnlich glänzte es auch.

"Huch! Wo ist denn die Steckdose, in die du deinen Finger gehalten hast, um deine Haare so hinzubiegen?" Wunderte sich Julius.

"Es gibt wunderbare Haarpflegemittel, mit denen du deine Haare drehen und biegen kannst wie du es gerade brauchst. In meinem Fall ist es ein Sturmhexengel, wie es diverse Beauxbatons-Schülerinnen gerne verwendet haben, wenn die Walpurgisnacht gefeiert wurde."

Madame Faucon sah die beiden Konzertbesucher nur flüchtig an. Offenbar wollte sie diese schrille Aufmachung ihrer Tochter und ihres Gastes nicht sehen. Sie sagte nur:

"Catherine, paß gut auf den Jungen auf! Du bist mir persönlich dafür verantwortlich."

"Ja, Maman. Immerhin hast du ja noch das Verbindungsarmband."

"Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich diesen Ausflug gestattet habe."

"Wir nehmen deinen Flugbesen", entschied Catherine, als sie den Abstellraum für die Besen betraten. Julius war einverstanden.

"Hoffentlich klaut den keiner", argwöhnte er, als Catherine, vor Julius sitzend, den Musikpark ansteuerte.

"Wie habt ihr denn beim Sommerball die Besen untergebracht?" Fragte Catherine.

"Da kamen die Besen in eine Art Parkgerüst in einem - Bannkreis. Natürlich! Jeder bekommt eine Erkennungsmarke, die er dem Platzwart geben muß, wenn er oder sie den Besen zurückhaben will."

"Genau. Wir haben keine großen Diebstahlsprobleme bei Festveranstaltungen. Muggel haben da trotz ihrer Alarmgeräte und Überwachungskameras mehr Sorgen."

Mit einem wilden Sprung über den Park hinweg sauste Catherine mit Julius hinten drauf punktgenau auf den Landeplatz zu, wo im gleichen Moment Madame Dusoleil mit Claire auf Jeannes Ganymed 8 herabsauste.

"Neue Besen kehren gut", grinste Madame Dusoleil.

"Aber sicher doch", grinste Catherine zurück. Julius starrte Madame Dusoleil an.

Die Hexen-Gärtnerin und Mutter von drei Töchtern hatte sich ein lindgrünes Kurzkleid mit sonnengelben Sternchen angezogen und ihr sonst gewelltes schwarzes Haar zu abenteuerlichen Korkenzieherlocken verdreht, durch die sie noch goldene Bänder geflochten hatte. Um ihren Hals trug sie eine Kette aus grellleuchtenden Perlen in allen farben. Claire hatte sich ein feuerrotes Kleid mit schwarzen handgroßen Punkten angezogen und ihr schwarzes Haar zu zwei kerzengerade nach oben stehenden Zöpfen frisieren lassen.

"Huch! Ich wußte nicht, daß die Veranstaltung ein Kostümfest wird. Das soll wohl ein Marienkäfer sein", wunderte sich Julius. Dann sah er die Schuhe der beiden Hexen, die silbrig glitzerten.

"War Mamans Idee, damit ich etwas rotes anziehen konnte. Aber deine Farbgebung ist ja reichlich rebellisch für einen sonst korrekt herumlaufenden Jungzauberer", lachte Claire.

Beim Besenabstellplatz trafen sie eine Hexe mit feuerrotgefärbten wüst frisierten Haaren, die ein vierfarbiges Flickenkleid trug. Madame Dusoleil und Catherine lachten, weil sie die Hexe erkannten und scherzten mit ihr ein wenig, bis die Besen ordentlich verstaut waren, im Inneren eines goldenen Schutzkreises.

Virginie und Prudence schwirrten auf Virginies Ganymed 8 heran. Virginie trug etwas, das wie ein goldener Badeanzug mit weißen Glitzersteinen im Oberteil aussah, während Prudence ein himmelblaues Kostüm mit gelben Querstreifen trug. Beide hatten ihre Haare mit Glanzmitteln behandelt, so daß Virginies Haar noch goldener glänzte und Prudence goldbraune Zöpfe trug. Beide Mädchen trugen an jedem Finger einen Ring. Julius sah sogar drei Stimmungsfarbringe, wie Gloria ihm einen zu Weihnachten geschenkt hatte. Diese Ringe leuchteten in unterschiedlichen Farben, je nach der Stimmung ihres Trägers. Im Moment erstrahlten Virginies Ringe weißgolden, was eine ausgelassen gute Laune anzeigte.

"Ach, du durftest ja doch raus, Julius. - Wau, Madame Brickston! Wie geht denn das mit ihren Haaren?" Fragte Prudence Whitesand überwältigt.

"Sturmhexengel. Das ist das neueste, was im Moment für wilde Parties auf dem Markt ist", lächelte Catherine.

"Ein alter Hut, Catherine. Aber dir steht es gut", kam eine Frauenstimme von hinten. Julius fuhr herum und wurde geblendet von zwei gleichaussehenden Hexen, die ihre freien Hautpartien mit einem glitzernden Schminkstoff eingerieben und ihre sonst gelockten blonden Haare zu golden glänzenden Löwenmähnen umgestrickt hatten. Ihre graugrünen Augen hatten sie durch irgendein Mittel vergrößert und ihre Wimpern durch ein Julius' unbekanntes Mittel verlängert und geschmeidig gemacht. Sie trugen beide dieselben fließenden Kurzkleider in völlig ineinanderfließenden Farben, die, so empfand es Julius, bei jeder Blickwinkeländerung wechselten. Ihre Füße steckten in total spiegelnden Stiefeln aus einem weichen Material. Julius mußte zweimal hinsehen, um anhand der etwas besser ausgeprägten Büste von Mrs. Porter Mutter und Tochter voneinander zu unterscheiden. Erst, als Gloria Julius strahlend die rechte Hand zum Gruß reichte, sah er den Stimmungsfarbring, der auch bei Gloria weißgolden strahlte.

"Meine Mum hat mal ihr altes Hippy-Kleid angezogen, mit dem sie ihre Schullehrer geärgert hat. Das kam bei weitem nicht an Ihr Kleid heran, Mrs. Porter", bedachte Julius die Aufmachung der Frau, die als Hexenkosmetikerin arbeitete.

"Ja, das ist eine tolle Kreation. Ich habe sie bei Malkin in der Winkelgasse gekauft, als ich für Gloria einen Festumhang besorgen mußte."

"Will nicht wissen, was das gekostet hat", murmelte Julius.

"Keine Sorge, du bekommst bei uns genauso viel zu essen wie bei Catherines Mutter", erwiderte Mrs. Porter lächelnd.

"Hast du deinen Stimmungsfarbring nicht mitgenommen?" Fragte Gloria.

"Ich fuhr doch zu Muggeln, Gloria", erwiderte Julius.

"Wie war das?" Fragte Catherine mit gespielter Entrüstung. Dann lachte sie.

"Wer kommt denn noch alles?" Wollte Julius von Claire wissen.

"Elisa, Caro, Sandrine, Dorian und Jacques. Der kommt deswegen nur, weil seine Mutter im Namen des Festkommitees einen männlichen Begleiter braucht", tönte Claire.

"Naja, dann wollen wir mal", sagte Julius nur.

Der Veranstaltungsort war derselbe wie der Tanzplatz für den Sommerball, nur das die Tische fehlten, die während des Sommerballs die Tanzfläche umgeben hatten. Riesige Wunderkerzen hingen in den Bäumen, die wohl erst bei Konzertbeginn entzündet werden sollten. Für die normale Beleuchtung sorgten noch bunte Laternen, deren Licht sich in widerspiegelnden bunten Girlanden brach und zurückgeworfen wurde. Die Bühne war mit einem erdbeerfarbenen Teppich überzogen worden. Auf der Bühne hantierten zwei Zauberer noch mit ihren Zauberstäben herum.

Es ging durch mehrere Eingänge, wo die Eintrittskarten gekauft werden konnten oder bezahlt und / oder vorgezeigt werden mußten. Julius rechnete damit, einen teueren Abend zu erleben. Doch mit einer Galleone pro Person kamen Catherine und er gemessen an Muggel-Konzerten noch billig hinein.

Der Platz vor der Bühne wurde schnell von Hexen und Zauberern jeden Alters bevölkert. Julius stellte fest, daß es keine Farbe gab, die dunkel oder unauffällig gehalten war. Er erhaschte sogar einen Blick auf Madame Lumière, die eine Robe aus dottergelbem Stoff mit schillernden bunten Federn trug, die wohl großen Tropenvögeln abgenommen worden waren. Im Haar trug sie sogar einen Federschmuck aus Adler- Pfauen- und Papageienfedern wie eine Häuptlingin irgendeines Indianerstammes aus einem Western, fand Julius. Jacques trug einen neongrünen Hosenanzug ohne Schmuck und sonstiges Beiwerk. Dann verschwanden die beiden Lumières wieder in der Menge.

 

 

Madame Lumière trat in ihrem Federkostüm auf die Bühne und tippte sich mit ihrem Zauberstab an den Kehlkopf. Sogleich hallte ihre magisch verstärkte Stimme durch die Menge der Zuschauer:

"Meine Damen und Herren, liebe Kinder! Ich freue mich, heute abend eine weltbekannte Musikerin und ihr Orchester ankündigen zu dürfen. Sie ist, neben Größen wie Celestina Warbeck und den Schwestern des Schicksals die wohl bekannteste Musik-Hexe der Zaubererwelt. Gerade auf das junge Publikum hat sie in den letzten Jahren einen sehr großen Eindruck gemacht mit ihrer Art, Klänge und Licht zu ungewohnten Gesamtkunstwerken zu verbinden und mit eingängigen Texten und Melodien Schlager für die Ewigkeit geschaffen.

Im Namen der Programmverantwortlichen darf ich die volljährigen Zauberer darauf hinweisen, daß alle Lichtzauber während des Konzertes ausnahmslos gestattet, ja sogar erwünscht sind.

Begrüßen Sie nun, gerade von der Quidditch-Weltmeisterschaft aus England zurückgekehrt, Hecate Leviata!"

Als der Star des Abends angekündigtt wurde, toste Beifall durch die Menge. Mädchen schrien, Jungen und Männer gröhlten ohrenbetäubend. Julius wähnte sich auf einem Popmusik-Konzert der Muggelwelt.

Unvermittelt erstrahlte die Bühne und der ganze Konzertplatz in einem weißen magischen Licht. Die zwei Zauberer, die auf der Bühne herumhantiert hatten, richteten ihre Zauberstäbe nach oben und sprachen gleichzeitig einen Zauber, woraufhin aus beiden Zauberstäben zwei grelle Lichtstrahlen herausfuhren, die sich trafen und wirbelnd zu einer großen weißgelben Lichtkugel verknäuelten, die kerzengerade in den Himmel schoß, sich dort wie eine künstliche Sonne aufhing und den gesamten Veranstaltungsplatz beschien. Ein Wink eines der Zauberer auf der Bühne ließ die Wunderkerzen bunte Funken sprühend entflammen. Dann trat sie auf die Bühne. Besser, sie schwebte auf einem mit Glitzerlack überzogenen Besen in einer goldroten Funkenwolke herab: Hecate Leviata, wie Julius sie kurz in Virginies Notenbuch gesehen hatte. Dann tauchten sechs weitere Musiker auf der Bühne auf, die Instrumente heranschafften, die Julius noch nie gesehen hatte. Eines davon sah wie eine Stange mit aufgehängten Glasscheiben aus, ein anderes wie eine Kreuzung zwischen Harfe und Pauke, mehrere Schlaginstrumente, Rasseln oder Schellentrommeln, Pfeifen und Streichinstrumente, die mit den üblichen Geigen, Celli und Bässen überhaupt keine Ähnlichkeit mehr besaßen.

Irgendwie erinnerte ihn Hecate Leviata an die Porters mit ihrer strohblonden Löwenmähne und den graugrünen Augen. Doch beim direkten Vergleich stellte Julius fest, daß die Augen der Musik-Hexe etwas dunkler getönt waren. Sie trug ein rabenschwarzes Kostüm und bunte Halsketten und Armbänder.

Hecate Leviata tippte sich ebenfalls mit dem Zauberstab an den Kehlkopf. Für ihre Musiker war das wohl ein Signal. Denn sie berührten mit ihren Zauberstäben die Instrumente und sagten wohl alle dasselbe Zauberwort, welches Hecate Leviata gebrauchte, wenn Julius die Lippenbewegungen richtig deutete.

"Sonorus, der Lautverstärker", murmelte er, als er sich daran erinnerte, wie Madame Delamontagne diesen Zauber bei ihm angewendet hatte, damit er nach einem lauten Überschallknall über Millemerveilles während einer Quidditch-Übung allen erklären konnte, was passiert war.

"Wirkt Sonorus auch bei Musikinstrumenten?" Fragte Julius Catherine, die einen halben Meter rechts neben ihm stand.

"Ja, das tut er. Allerdings muß ein Musikinstrument dort berührt werden, wo der Schall herauskommt, während bei Menschen der Kehlkopf berührt werden muß. Aber woher kennst du denn diesen Zauber so gut?"

"Catherine, der Junge ist schon etwas länger hier", mischte sich Madame Dusoleil ein, die mit Claire direkt hinter Julius stand. Links von ihm stand Gloria Porter und deutete auf die Bühne, wo gerade bunte Lichtblitze wie Feuerschnüre über die Bühne fuhren, während die Musiker das erste Stück begannen. Die Menge johlte und begann, die ersten Textzeilen mitzusingen. Unvermittelt stoppte die Musik und der Lärm der Menge schwoll ab. Dann begann Hecate Leviata mit einer feengleichen Stimme zu singen, und das Instrument, daß wie eine Stange mit aufgehängten Glasscheiben aussah, wurde mit einem Stab angestrichen, an dessen einem Ende ein gummiartiger Ball saß. Töne wie aus fremden Sphären wehten über den Konzertplatz, während die Sängerin zu einer getragenen Melodie sang, in akzentfreiem Französisch. Die Menge lauschte ohne jede Regung, während Lichtfontänen in allen Regenbogenfarben von der Bühne emporstiegen und sich knapp unter der magischen Sonnenlichtkugel in schillernde Funken auflösten. Als das Lied nach zehn Minuten vorüber war, bedankte sich Hecate Leviata und fragte, ob sie noch mal alle zusammen das erste Stück singen wollten. Ein lautes Ja kam aus den Reihen der Zuschauer. Dann begannen die Musiker noch mal mit dem Stück, das sie zuerst angespielt hatten.

Die nächsten Stunden verflogen in einem Meer aus Farbspielen und Musik. Die Musiker wechselten während des Spiels ihre Kleidung, Hecate Leviata verließ zeitweilig die Bühne, um auf ihrem Besen über dem Publikum herumzufliegen, was ihrer Hörbarkeit keinen Abbruch tat. Dann durften die Konzertbesucher nach Hecates Anweisungen Tanzen. Zwischendurch feuerten Hexen und Zauberer Funken in allen Farben in den Himmel. Madame Dusoleil schlug vor, einen magischen Regenbogen zu zaubern. Gemeinsam mit Catherine sprach sie eine Formel, nach der aus Madame Dusoleils Zauberstab ein breites Lichtband herauskroch, sich zehn Meter hochschlängelte und dann in Catherines Zauberstab hineinschlüpfte. Sogleich ahmten andere Hexen und Zauberer diesen Zauber nach, so daß kurz darauf hunderte magischer Miniregenbögen über dem Veranstaltungsplatz hingen. Die Sängerin freute sich darüber und sang ein Lied, das von einem Regenbogen handelte und von einem Topf voll Gold an dessen Ende. Die Lichtzauber begleiteten die Musik mit entsprechenden Farbwechseln.

Nach ungefähr drei Stunden verabschiedete sich der Star des Abends unter tosendem Beifall. Sie bedankte sich bei ihren Musikern, die jeder für sich Applaus bekamen. Dann bestieg sie ihren Besen und flog in einer Wolke aus blauen und roten Funken davon.

Madame Lumière trat noch mal auf die Bühne und bedankte sich bei dem Publikum für dessen Beitrag und kündigte an, das an den Zugängen jeder eine Fotografie von Hecate mit ihrem Autogramm erwerben könne. Danach gab es einen Ansturm auf die Ausgänge, wo Claire sich von ihrer Mutter für zwei Sickel eine Fotografie von Hecate Leviata auf ihrem Funken umtobten Besen kaufen ließ. Julius überlegte, ob er eine solche Fotografie haben mußte und entschied sich, daß er das Geld dafür noch hatte. Catherine kaufte auch für sich und ihn je eine Fotografie. Glorias Mutter zahlte für drei Personen, was ihre Tochter sehr erfreute. Madame Dusoleil legte gleich zehn Sickel hin und erwarb dafür fünf Autogrammkarten.

"Als Mutter mit drei Töchtern hat man es nicht gerade kostengünstig", kommentierte sie die Ausgaben außerhalb der Abgrenzungen. Catherine lachte nur und fragte:

"Seitwann sind fünf für drei, Camille?"

"Ja denkst du, meine Schwägerin wollte keine Karte haben? Ich selber kann da natürlich nicht zurückstehen."

Am Besenabstellplatz trafen sie Virginie und Prudence, sowie Madame Lumière. Julius gönnte sich die Frechheit, Madame Lumière zu fragen, wieviele Vögel für dieses Kostüm hatten Federn lassen müssen. Madame Lumière grinste nur und erwiderte:

"Betriebsgeheimnis, Monsieur."

Virginie und Prudence flüsterten Julius zu, daß sie auch Autogrammkarten gekauft hatten. Dann nahmen sie ihre Besen und flogen davon. Die Porters nahmen Julius kurz bei Seite.

"Wir wollten morgen um halb zwölf aufbrechen. Bekommst du das hin, dich vor dem Gasthaus einzufinden?"

"Kein Problem. Meine Gastgeberinnen sind Frühaufsteherinnen. Da komme ich wohl rechtzeitig aus dem Bett."

"Zieh dich morgen früh warm an! In England ist es kälter als hier", mahnte Mrs. Porter den Klassenkameraden ihrer Tochter. Julius wünschte den Dusoleils noch eine gute Nacht, dann flogen Catherine und er zum Faucon-Haus zurück.

Leise betraten Catherine und Julius das Haus und stellten den Sauberwisch 10 in den Abstellraum.

"Ich helfe dir morgen, alles richtig einzupacken", flüsterte Catherine Julius ins Ohr. Dann geleitete sie Julius leise die Treppen hinauf zur Gästezimmertür.

"Ihr braucht euch gar nicht so anzuschleichen, Ma Chere", meldete sich die Hausherrin von ihrer Schlafzimmertür her. Dann flammte eine Kerze auf, und Julius sah Madame Faucon im geblümten Morgenrock.

"Der junge Herr mag ruhig noch das Badezimmer aufsuchen, um sich bettfertig zu machen", sagte sie und deutete auf Julius und danach auf das Badezimmer. Dann teilte sie noch mit:

"Ich habe bereits die Zauberbücher und -gegenstände in der großen Practicus-Reisetasche verstaut, Julius. So erübrigt sich eine unliebsame Hektik am nächsten Morgen. Hat Madame Porter dir eröffnet, wann Sie mit dir abreisen möchte?"

"Sie schlug vor, um halb zwölf von hier abzureisen. So kämen wir noch vor zwölf Uhr englischer Zeit zurück", informierte Julius die Hausherrin über den Termin seiner Abreise.

"Dann frühstücken wir morgen zur üblichen Zeit. Gute Nacht, Julius!"

Julius verschwand hinter der Badezimmertür und zog den schrill aussehenden Umhang aus und legte ihn säuberlich zusammen in eine Ecke. Gewiß würde Madame Faucon ihn bald weit wegtun. Dann wusch er sich noch mal gründlich. Als Julius in seinen Pyjama schlüpfte, stutzte er kurz. Er trat noch mal an den Spiegel heran und begutachtete sich. Tatsächlich, er hatte zugenommen. Gloria hatte das richtig erkannt. Hieraus ergab sich eine wichtige Frage: Würde er noch in seinen korrekt sitzenden Muggel-Anzug passen?

Als Julius seine Eule Francis zur Nacht hinausgelassen hatte und im Bett lag, stellte er fest, daß es schon zwölf Uhr war. In ungefähr zwölf Stunden würde er wieder in England sein. Dann gingen ein Monat und zehn Tage Ferien in Frankreich zu Ende, von denen die meiste Zeit unbeschreiblich war.

Julius dachte an den Besuch von Madame Faucon, die ihren Schwiegersohn in einen Zauberschlaf sang, um ihn außer Gefecht zu setzen. Er dachte an den ersten Vormittag in Millemerveilles, an dem er etwas bedröppelt war, weil er nicht wußte, ob er je wieder Englisch würde sprechen können, weil ein Zaubertrank ihm alle Sprachkenntnisse verdrängt hatte. Er dachte an das Quidditchspiel, das er besucht hatte, bei dem er Madame Dusoleil und ihre Familie kennengelernt hatte und zum erstenmal hinter einer Hexe auf einem schnellen Besen mitgeflogen war. Er erinnerte sich deutlich an den Ausflug zur grünen Gasse, dem Garten mit den Zauberpflanzen, wo er die erste Alraune seines Lebens in Händen gehalten hatte und merkte, daß ihn der Vorwurf Madame Dusoleils, er wäre zu brutal mit einer Alraune umgesprungen, immer noch bedrückte. Er dachte an die Musikstunden mit Claire Dusoleil, wo er auch seine Englischkenntnisse durch ihr Englischbuch, das magische Kräfte besaß, zurückgewinnen konnte. Er lächelte unwillkürlich, als er an seinen Geburtstag dachte, den Madame Faucon und die Dusoleils mit einem Ständchen zum Morgen eingeläutet hatten. An diesem Tag hatte er Gloria und ihre Eltern, die Hollingsworth-Schwestern und ihre Mutter, sowie Aurora Dawn wiedergesehen. Er dachte an seinen neuen Besen, Francis, die Schleiereule, die vielen Zauberbücher und magischen Gegenstände, die er geschenkt bekommen hatte, darunter auch die zwei Practicus-Taschen, eine kleine und eine große, wovon die kleine eine Flasche mit einem Breitbandgegengift enthielt, das ebenfalls ein Geschenk von Aurora Dawn war. Er erinnerte sich an den peinlichen Versuch, Madame Faucon den Zauberstab aus der Hand zu fluchen und das Verwandlungsexperiment, bei dem er für wenige Minuten ein Weidenkorb gewesen war, nur um zu erfahren, daß verzauberte Wesen noch eine gewisse Empfindung besaßen. Er sah sich noch mal bei dem Schachturnier gegen die großen Favoritinnen des Dorfes gewinnen, bis er schließlich doch an Madame Faucon scheiterte, jedoch die silberne Trophäe erringen konnte. Wenige Tage später hatten Claire und er beim Sommerball von Millemerveilles die goldenen Tanzschuhe gewonnen und die Abschlußpolonese angeführt. Er sah sich und Claire im Garten der Dusoleils musizieren, herumflachsen und malen. Er dachte noch mal an die Flugübungen, die Madame Dusoleil ihn hatte ausführen lassen, wie Claire Dusoleil sich ungefragt hinter ihm auf den Besen geschwungen hatte, wie er dann fünf Minuten herumfliegen mußte, bis er landen durfte, und wie er nach einer langen Auseinandersetzung zwischen Madame Faucon und Madame Dusoleil mit der Gärtnereihexe hinter sich Soziusfliegen übte. Stolz fühlte er bei dem Gedanken daran, daß es ihm gelungen war, Fortschritte in der Zauberei zu machen, sich immer besser auf einem Besen zu bewegen, so daß er einmal doch mit Claire zusammen herumfliegen konnte und wie ruhig und sachlich ihm der Vortrag von der Magie des Sonnenfeuers von der Hand gegangen war, bei dem auch Aurora Dawn zugehört hatte. Schließlich sah er noch mal die Unterwassergärten im See der Farben, die er unter Zuhilfenahme von Dianthuskraut besuchen konnte und rief sich die Show von Hecate Leviata ins Gedächtnis zurück.

Das alles war nun vorbei. Noch diese Nacht, und er würde zurückkehren in die englische Zaubererwelt, die im Moment in großem Aufruhr war, weil die alten Spiesgesellen des dunklen Lords ihr Unwesen bei der Quidditch-Weltmeisterschaft getrieben hatten. Nein! Daran wollte er nicht denken. Deshalb wiederholte er die Erinnerungen an die schönen Tage. Dabei tauchte immer wieder das Gesicht von Claire Dusoleil mit ihren dunkelbraunen Augen, dem schwarzen gewellten Haarschopf und der südländisch getönten Haut vor seinem inneren Auge auf.

"Dann mußt du aber noch mal herkommen, um dich zu verabschieden, ja?" Hörte er in seinem Geist widerhallen. Irgendwie klang das nicht nur fordernd, sondern vor allem traurig.

"Dann mußt du aber noch mal herkommen, um dich zu verabschieden, ja?" Klang Claires Stimme wieder in seinem Bewußtsein auf. Julius spürte sein Gewissen erwachen. Es würde ihm nicht verzeihen, wenn er fortflog, ohne sich bei allen denen zu verabschieden, die er kennengelernt hatte. So legte er sich einen Plan zurecht, bei wem er morgen zuerst antreten mußte, um sich zu verabschieden.

Unter den Gedanken an seinen Abschied schlief er ein und träumte die erlebten Ereignisse nach. Dabei hörte er Madame Faucons Stimme, wie sie nach dem Endspiel des Schachturniers sagte:

"... Dafür darfst du dich gleich so richtig satt essen und dir etwas wünschen, sofern es nicht gegen bestehende Gesetze oder Anstandsregeln verstößt. ..."

Warum hatte er dieses Angebot nicht wahrgenommen. Erinnerte sich die Beauxbatons-Hexe überhaupt daran, daß sie ihm sowas versprochen hatte?

In einem Traum sah er die Abreise der Beauxbatons-Schüler zur Quidditch-Weltmeisterschaft und geriet erneut in den merkwürdigen Bann der schönen Junghexe mit dem silbrigblonden Haar, die Fleur Delacour hieß. In diesem Moment hallte die Stimme der riesenhaften Madame Maxime in seinem Geist wider, die Namen aufzählte, zu denen eben jene Fleur gehörte, wie auch der kugelrunde César, der als Quidditch-Torhüter gespielt hatte. Es ging um die Ehre von Beauxbatons. Irgendwie verknüpfte Julius in seinem Traum etwas interessantes. Er sah Dumbledore, wie er Madame Maxime vor dem Hauptportal von Hogwarts die Hand schüttelte, und er hörte, wie Madame Maxime ihre Schüler vorstellte. Dann hörte er Catherine wie ein Kleinkind wimmern, doch er fand sie nicht sofort. Erst als er den Schrank in Madame Faucons Haushaltsraum öffnete, fiel ihm ein roter Putzlappen entgegen, der mit Catherines Stimme wimmerte:

"Ich habe es doch gesagt. Ich hätte dir nicht sagen sollen, daß nächstes Jahr zwischen Beauxbatons und Hogwarts ein wichtiges Ereignis stattfindet. Jetzt muß ich mein restliches Leben ein alter Putzlappen bleiben, weil Maman böse mit mir ist."

Von diesem letzten Bild dermaßen erschreckt fuhr Julius aus dem Schlaf und stieß sich den Kopf am Baldachin des Himmelbettes, in dem er einen Monat lang gut geschlafen hatte. Mit Herzklopfen und kaltem Schweiß auf der Stirn fiel Julius auf die weichen Kissen zurück. Er sah auf seine Uhr und stellte fest, daß es gerade drei Uhr am Morgen war. Er rollte sich einmal herum und scheuchte die Gedanken an eine Bestrafung Catherines fort. Irgendwann fand er wieder in den Schlaf und träumte die Szene, wie er durch den Park von Millemerveilles joggte, bis Claire ihn fand. Doch diesmal liefen die Ereignisse nicht so ab, wie sie wirklich passiert waren, sondern so, daß Julius vor Madame Dusoleil fortrannte, als diese ihn tadelte, weil er nicht vernünftig genug war. Madame Dusoleil flog hinter ihm her, fing ihn locker ein und trug ihn einfach fort.

"Höre immer auf den guten Rat einer großen Hexe!" Sagte sie zu ihm, bevor sie ihn in ihrem Garten ablud und mit einem Wink des Zauberstabes in einen Kirschbaum verwandelte, den sie mit ihrer großen Gießkanne bewässerte. Wieder schrak Julius aus dem Schlaf und sah auf die Uhr. Nun war es fünf Uhr.

"Verdammte Alpträume", knurrte er in sein Kissen. "Laßt mich doch noch ein wenig schlafen!"

Die Bitte wurde ihm erfüllt. Denn als Madame Faucon um sieben Uhr an seine Tür klopfte, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Er öffnete das Fenster, um Francis einzulassen und begab sich ins Badezimmer, wo eine randvolle Badewanne mit dampfendem und duftenden Wasser auf ihn wartete. Offenbar wollte ihn die Beauxbatons-Lehrerin nicht ohne gründliche Körperreinigung aus ihrem Haus entlassen. Nun, das war kein Problem, fand Julius und genoß eine halbe Stunde lang das Bad. Dann zog er zunächst einen türkisfarbenen Umhang an und frühstückte mit Madame Faucon, die mißmutig über der neuesten Ausgabe der Zaubererzeitung brütete, während Catherine ruhig danebensaß und Julius Tee und frische Croissants gab.

"An und für sich müßtest du kurz vor der Abreise noch mal den Wechselzungentrank einnehmen", bemerkte Madame Faucon. "Aber das ist ja vollkommen überflüssig, dank Mademoiselle Claire Dusoleils Sprachlernbuch. Ich habe dir deshalb noch mal den Umhang gegeben, damit du dich gesittet von deinen Bekannten hier in Millemerveilles verabschieden kannst, wenn du deine Sachen gepackt hast. Catherine kann dir dabei zur Hand gehen. Ich persönlich fliege dann mit dir durch das Dorf."

"Ja, in Ordnung", erwiderte Julius.

"Wieso hast du eigentlich diese Nacht so unruhig geschlafen?" Fragte Madame Faucon. Julius erschrak. Dann meinte er: "Nur zwei Alpträume, die mich aufgeweckt haben. Nichts von Besonderheit."

"Offenbar Reisefieber", wandte Catherine ein.

"Sowas wird das wohl gewesen sein. Vielleicht hat aber auch nur mein Verstand die ganzen Dinge umräumen müssen, die ich hier erlebt habe und einiges in die verkehrten Schubladen getan. Ich denke, das war eben viel für mich."

"Nächstesmal hast du damit weniger Probleme. Das ist eben soviel gewesen", sprach Catherine zuversichtlich.

"Denke ich auch", sagte Julius.

"Ich habe dir doch nach dem Schachturnier versprochen, dir einen Wunsch zu erfüllen, wenn er sich im Rahmen der Gesetze und Anstandsregeln bewegt, Julius. Es ist vielleicht zu spät, ihn dir jetzt noch zu erfüllen. Aber du sollst wissen, daß ich grundsätzlich alles einhalte, was ich ankündige", kam Madame Faucon auf das Versprechen zurück, das Julius in einem seiner Träume noch mal gehört hatte.

"Tatsächlich ist es spät dafür. Außerdem weiß ich nicht, was ich mir von Ihnen noch wünschen soll. Sie wollen kein Geld von mir haben, sagten Sie. Sie haben mir viele nützliche Zauberfertigkeiten gezeigt und mich nicht wie einen Gefangenen eingesperrt, obwohl ich Ihnen draußen im Dorf bestimmt mehr Mühe bereitet habe als in ihrem Haus."

"Kinder machen immer Mühe", antwortete Madame Faucon. "Andererseits hat deine Anwesenheit mir immer dann die richtige Ablenkung gegeben, wenn ich mir mehr Arbeit aufgehalst habe als notwendig war. Außerdem hätte ich ohne dich Mademoiselle Dawn nicht kennenlernen dürfen. Camille hält ihre Kontakte genauso für sich wie ich."

"Damit habe ich auch nicht gerechnet, daß sie an meinem Geburtstag auftaucht. Ich hatte geglaubt, sie würde die Quidditch-Weltmeisterschaft besuchen", antwortete Julius.

"Nun, ich halte mein Wort. Wenn du irgendwann im nächsten Jahr ein Problem haben solltest, stehe ich dir gerne zur Verfügung, als Ansprechpartnerin."

"Ich denke schon, daß wir in Hogwarts gute Lehrer haben, an die ich mich wenden kann", führte Julius schüchtern an.

"Das ist richtig. Allerdings kennst du meine Einstellung zu einem bestimmten Lehrer. Außerdem bekommt ihr dieses Jahr einen neuen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste. In diesem Zusammenhang möchte ich dir nur empfehlen, deine Bescheidenheit im Bezug auf dein Können gerade in diesem Bereich besonders stark zu beherzigen, da nicht klar ist, wer es ist. Dumbledore hatte in den letzten Jahren diverse Probleme mit seinen Lehrern gerade in diesem Fach."

"Verstehe. Was Sie mich gelehrt haben darf ich nicht sofort zeigen oder nur dann, wenn ich in eine starke Bedrängnis gerate. Ich kann mir vorstellen, daß ein Lehrer es nicht mag, wenn Schüler mehr können als ihm lieb ist. Dann muß ich mich wohl auch in den anderen Bereichen, die Sie mir gezeigt haben, zurückhalten", vermutete Julius. Madame Faucon sah ihn verwundert an. Dann sagte sie:

"Ich persönlich werde auf eine Anfrage meiner Kollegin McGonagall nicht verheimlichen, dir in Verwandlung Nachhilfe gegeben zu haben. Das könnte bedeuten, daß du weniger Leistungspunkte erringen kannst. Ähnliches wird dir wohl auch bei Professor Sprout widerfahren, wennn sie merkt, daß du eine kompetente Fachkollegin mehr kennengelernt hast. Aber das muß nicht so sein. So, und jetzt sieh zu, daß du deine Sachen gepackt bekommst!" Beendete Madame Faucon ihre kurze Ansprache. Julius gehorchte und verschwand mit Catherine in dem gemütlichen Gästezimmer.

Eine halbe Stunde dauerte es nur, bis er alles gepackt und doppelt und dreifach überprüft hatte. Besonders wichtig waren ihm die Hausaufgaben und die Aufzeichnungen, die er hier in Millemerveilles angefertigt hatte. Die geliehenen Bücher aus der Bibliothek in Paris gab er Catherine zurück. Dann legte er sich eine bequeme Hose, ein Oberhemd und einen Pullover zurecht, die Sachen, die er bei der Abreise tragen wollte. Dazu legte er noch einen Mantel bereit. Er nahm die Warnung von Mrs. Porter sehr ernst. Catherine half ihm, den weinroten Festumhang und die Tanzschuhe, mit denen er sich auf dem Sommerball bewährt hatte, ordentlich zu verstauen. Schließlich stellte Julius fest, daß alles so zusammengepackt war, wie er es haben wollte und es den schweren Koffer nicht ausbeulte. Die Zaubergegenstände lagen bereits in der großen Practicus-Reisetasche.

"Wenn du von deiner Abschiedsrunde zurückkommst, helfen wir dir natürlich mit den Gepäckstücken. Am besten, wir reisen mitFlohpulver zum Gasthaus", schlug Catherine Brickston vor. Julius nickte zustimmend und ging mit Madame Faucon aus dem Haus. Auf ihrem Familienbesen flogen die Beauxbatons-Lehrerin und Julius die Stationen ab, die sich der Hogwarts-Schüler zurechtgelegt hatte. Der erste Stop war auf dem Anwesen der Delamontagnes.

"Hallo, Blanche, hallo Julius", begrüßte Madame Delamontagne die beiden. Julius erwiderte den Gruß und setzte sich mit Madame Faucon einige Minuten an den großen Tisch im Schachgarten der Dorfrätin von Millemerveilles, die zu dieser Stunde einen lavendelfarbenen Umhang trug. Bei einer Tasse Kaffee für Madame Faucon und einem Becher Kürbissaft unterhielten sie sich darüber, was Julius am meisten in Millemerveilles beeindruckt und gefallen hatte. Madame Delamontagne forderte von Julius, ruhig die volle Wahrheit zu sagen.

"Ich finde die Atmosphäre hier so interessant. Ich bin ein Stadtkind, noch dazu eins aus einer sogenannten Wohlstandsfamilie. Da hat man nicht soviel Umgang mit den Nachbarn. Dann gefielen mir die Quidditch-Stunden sehr gut. Daß ich Sie aus dem Schachturnier geworfen habe, bedauere ich nicht. Ich wundere mich nur darüber. Offenbar muß ich mein Verhältnis zu Hauselfen überdenken, damit nicht wieder eines dieser Wesen rot anläuft, nur weil ich freundlich zu ihm bin. Aber unfreundlich will ich deshalb auch nicht werden. Der Sommerball hat mir sehr gut gefallen. Da hatte ich zum erstenmal den Eindruck, was brauchbares zu können, das ich von der einen Welt in die Andere hinübernehmen konnte. Sicherlich ist hier nicht alles immer so harmonisch. Aber besser als in unserer Wohnsiedlung zu Hause ist es schon. Zumindest durfte ich hier das sein, was ich von Natur aus bin, das weiß ich nun."

"Dann kommst du zum nächsten Schachturnier wieder?" Fragte Madame Delamontagne.

"Das kann ich noch nicht sagen. Da liegt ein ganzes Jahr dazwischen. Deshalb lege ich mich besser nicht fest."

"Du nimmst aber den Flugunterricht für Soziusflüge?" Fragte Virginie, die mit am Tisch saß.

"Das mache ich auf jeden Fall, Virginie. Jemand hat mir deutlichgemacht, daß ich ohne dieses Können nicht weit komme."

"Es gibt nämlich neben Quidditch noch zwei Sportarten, die besonders auf dem europäischen Festland gepflegt werden. Tandemflug-Wettrennen und Besentanz. Letzteres findet in Deutschland, Frankreich und Belgien immer in der Walpurgisnacht vom 30. April auf den 1. Mai besonderen Zulauf."

"Wir haben Halloween", sagte Julius.

Nach weiteren fünf Minuten, als Julius Trinkbecher leer und in Madame Faucons Tasse kein Tropfen Kaffee mehr war, verabschiedete sich Julius zunächst von Madame Delamontagne, die ihn mit ihren Armen umschlang. Dann sagte er Virginie auf Wiedersehen und flog mit Madame Faucon zur nächsten Station, dem Anwesen der Dusoleils.

Es war zehn Uhr, als er im Garten von Madame Dusoleil saß. Die ganze Familie war versammelt, ausgenommen Jeanne. Auch Madame Dusoleil fragte Julius danach, was er aus dem südfranzösischen Zaubererdorf mitnehmen würde. Julius zählte auf:

"Das Quidditchspiel am ersten Tag, den Besuch in der grünen Gasse, meinen zwölften Geburtstag, das Schachturnier, den Sommerball, eine nicht ganz freiwillig erhaltene Unterrichtsstunde im Tandemflug und den See der Farben. Hinzu kommen eine sehr neugierige, aber auch sehr willensstarke Hexenmutter und ihre drei Töchter. Alles das nehme ich an Erinnerungen mit."

"Soso! Dann war mein Engagement also nicht umsonst?" Fragte Madame Dusoleil.

"Im Moment nicht", erwiderte Julius.

"Du wirst ihm wahrscheinlich die Möglichkeit genommen haben, in Kräuterkunde Leistungspunkte für sein Schulhaus zu erwerben, weil meine Kollegin Professor Sprout bestimmt als selbstverständlich voraussetzt, daß Julius Andrews von dir viel gelernt hat."

"Ich denke nicht, daß das ihm zukünftige Punkte verwehren wird. Es kann ihm nur passieren, daß er Punkte abgezogen bekommt, wenn er meint, meine Kenntnisse nicht anwenden zu müssen", entgegnete Madame Dusoleil. Claire lachte gehässig, während Denise fragte:

"Und was machst du, wenn die Muggel dich nicht mehr zaubern lassen wollen?"

"Dann drohe ich ihnen, daß sie dich an meiner Stelle kriegen", konterte Julius schlagfertig. Madame Faucon rümpfte zwar die Nase, mußte dann aber lachen. Madame Dusoleil sagte dazu:

"Nein, Julius. Denise habe ich zulange gefüttert und umsorgt, um sie ignoranten Muggeln zu überlassen. Aber wenn sie dich loswerden wollen, schicke mir deine Eule, und ich werde dir ein Zimmer freihalten."

"Au ja, Maman! Du kommst doch auf jeden Fall wieder, oder? Nächstes Jahr ist wieder Sommerball. Da kommen dann auch Jeanne und die anderen, die jetzt noch bei der Weltmeisterschaft sind", ereiferte sich Claire in ungebändigter Vorfreude.

"Ich weiß nicht, ob ich nächstes Jahr wiederkommen kann. Aber es reizt mich schon, deine Mutter noch mal tanzen zu sehen."

"Ach, und ich habe dem jungen Herren ja überhaupt nicht meine Zauberkunstwerkstatt gezeigt", fiel es Monsieur Dusoleil ein. "Meine Frau hat ihn ziemlich mit Beschlag belegt, von meiner jüngeren Tochter ganz abgesehen."

"Zumindest hat Monsieur Andrews eine richtige Zaubererfamilie kennenlernen dürfen. Dafür spreche ich euch meine Hochachtung aus, Camille und Florymont", schaltete sich Madame Faucon ein.

"Du hast ja auch nichts getan, um mich daran zu hindern, ihm das richtige Leben für junge Zauberer zu zeigen", erwiderte Madame Dusoleil lächelnd.

"Weil ich davon ausging und -gehe, daß du schon weißt, wo deine Grenzen liegen", wandte Madame Faucon ein. Madame Dusoleil lachte wie ein Kind. Dann sagte sie:

"Mein Angebot steht, Julius. Wenn deine Eltern nächstes Jahr meinen, dich noch mal allein in die Ferien zu schicken, biete ihnen an, dich hierher zu schicken! Ich habe mindestens ein gemütliches Zimmer frei."

"Dann müßtest du aber mit seinen Eltern reden und sie davon überzeugen, daß er hier besser aufgehoben ist als anderswo", wandte Madame Faucon ein.

"Sehen heißt glauben", gab Julius etwas betreten klingend zurück.

"Du hast doch noch eines der Fotos, wo du und ich draufsind", erinnerte Claire Julius an eines der Fotos vom Sommerball. Julius nickte.

"Das zeigst du ihnen und sagst, daß du auf jeden Fall wieder hierher fahren möchtest!" Schlug Claire vor.

"Erst mal haben wir ein neues Schuljahr vor uns. Ich werde hoffentlich viel Quidditch spielen können, noch mehr Zauberei lernen und spannende Sachen erleben", formulierte Julius seine Zukunft aus. Madame Faucon sagte dazu nur:

"Das wirst du bestimmt, spannende Sachen erleben."

"Hmm, Blanche. Dazu hätte ich noch eine Frage. - Ähm, Julius, gehst du mit Claire noch ein wenig ins Haus? Ich muß noch etwas kurz mit deiner Gastmutter bereden", sprach Madame Dusoleil in sehr ernstem Ton.

Julius warf seiner Gastmutter einen fragenden Blick zu. Sie nickte und sah Madame Dusoleil erwartungsvoll an. Julius stand auf und ging hinter Claire her, die mit ihm ins Haus ging und ihn in ihr Zimmer führte.

"Deine Mutter hätte doch alle Zeit der Welt, um mit Madame Faucon zu sprechen. Ich muß in ungefähr einer Stunde vor dem Dorfgasthaus sein. Nicht, daß du jetzt denkst, ich wäre nicht gerne hier. Aber meine Schulkameradin und ihre Mutter möchten gerne vor dem Mittagessen wieder in England sein, mit mir."

"Jeanne kommt morgen wieder. Meine Mutter hat etwas gehört, was sich mit ihr beschäftigt. Was genau es ist, weiß ich nicht. Aber wo wir schon einmal allein sind, möchte ich dir sagen, daß mir das sehr gut gefallen hat, daß du hier warst und ich das bestimmt so meine, daß du nächstes Jahr oder in den Osterferien wieder herkommen kannst. Maman möchte das auch, und Jeanne hat schon geschrieben, daß sie sehr gerne gesehen hätte, wie wir beide tanzen."

"Madame Delamontagne möchte auch, daß ich wiederkomme", sagte Julius etwas verlegen. "Sie will sich für die vereitelte Meisterschaft beim Schachturnier rächen."

"Schach!" Stieß Claire verächtlich aus. "Das ist doch nur ein Spiel, bei dem man sich gar nicht bewegen kann. Außerdem habe ich dir nicht gezeigt, daß ich schon die ersten Melodien auf dem Melodigraphen aufgezeichnet habe. Tante Uranie sagt sogar, daß man damit ganze Konzerte komponieren kann. Warum hast du dir sowas nicht auch gekauft?"

"Weil ich zu Hause einen Casettenrekorder habe. Das ist eine Maschine, die Laute auf ein dünnes Spezialband aufzeichnet, das beliebig oft abgespielt werden kann."

"Ach nein, Julius! Du willst mir doch jetzt nicht etwa erzählen, daß du mit Muggelsachen mehr Spaß hast als mit unseren Zaubergerätschaften?" Maulte Claire.

"Kommt darauf an, was ich damit anstellen kann. Mit einem Fahrrad kann ich bestimmt nicht so toll herumflitzen wie auf einem Besen. Doch ein CD-Spieler kann mir die besten und bekanntesten Musiker der Welt ins Haus holen, wenn auch nur die Musik von denen."

"Ja, und diese Kompi-Dinger, diese Rechner, sind natürlich auch besser als unsere Bücher."

"Nein, das sind sie nicht", beschwichtigte Julius Claires Verärgerung. Dann hörte er Madame Faucons Stimme rufen:

"Julius, komm bitte wieder heraus! Die Dusoleils möchten dir auf Wiedersehen sagen!"

"Warum jetzt schon?" Fragte Claire und hielt Julius mit ihrem Blick zurück.

"Ich muß meine Sachen noch holen und zum Gasthaus schaffen. Ich weiß nicht, wie ich da hinreisen soll", sagte Julius und wandte sich der Tür zu. Claire trat neben ihn und schlang ihre Arme um ihn.

"Dann muß es wohl sein. Ich bringe dich noch nach draußen. Aber nächstes Jahr versuchst du, wieder herzukommen, ja?"

"Ich weiß es wirklich nicht, ob ich wieder herkommen kann. Aber ich war sehr gerne hier", sagte Julius und sah verwundert, daß Tränen in Claires dunkelbraunen Augen glänzten, die langsam ihre Wangen hinabkullerten und auf den Kragen seines Umhangs tröpfelten.

"Heh, Mädchen! Es ist doch nichts schlimmes! Ich schreibe dir auf jeden Fall, wenn ich wieder in Hogwarts bin, ja?"

Claire schwieg und führte Julius aus dem Haus, wobei sie sich schnell die Tränen mit dem Ärmel abwischte.

Draußen vor der Gartentür standen die Dusoleils in einer Reihe und warteten auf Julius. Dieser errötete leicht.

"Also, Monsieur Andrews", machte Monsieur Dusoleil den Anfang, "Ich habe mich sehr gefreut, einen so talentierten und sympatischen Jungzauberer kennengelernt zu haben. Sie dürfen sich das Verdienst anrechnen, meine Vorstellung von Muggelstämmigen korrigiert zu haben. Ich hätte gerne noch gegen Sie Schach gespielt. Aber das nächste Turnier kommt mit Sicherheit. Außerdem freue ich mich, daß meine Tochter Claire mit dir einen sehr guten Tanzpartner gefunden hat und es doch wieder spannend ist, am Sommerball teilzunehmen. Weiterhin viel Erfolg in Hogwarts!"

Dann schüttelte Monsieur Dusoleil Julius die Hand und klopfte ihm kräftig auf die Schultern. Seine Schwester Uranie war die nächste, die sich verabschiedete. Sie umarmte Julius kurz und sprach:

"Halte dich weiterhin so gut im Schach und in den anderen Dingen, die du gerne tust! Ich habe es genossen, daß Eleonore dieses Jahr nicht den goldenen Zaubererhut bekommen hat. Schicke mir bitte die Bilder von diesen Muggel-Raumsonden, von denen du erzählt hast! Es interessiert mich schon, was Maschinen alles im Weltraum fotografiert haben. Dein Sonnenvortrag war exzellent. Ich bin stolz, eine der Zuhörerinnen deines ersten freien Vortrages gewesen zu sein. Auf Wiedersehen!"

Nach Uranie Dusoleil kam die kleine Denise. Sie grinste Julius frech an und sagte:

"Auch wenn du ein Muggelkind bist und fast meinen Springball kaputtgetreten hast, hat es mir Spaß gemacht, dich Quidditch spielen zu sehen. Viel Spaß noch in England!"

"Danke, du kleine Hexe", erwiderte Julius schlagfertig.

Madame Dusoleil schloß Julius auch in die Arme und verabschiedete sich mit den Worten:

"Ich habe mich sehr gefreut, endlich einen Jungzauberer zu treffen, der zwei meiner großen Leidenschaften teilt und bereit war, von mir etwas zu lernen. Ich habe mich auch gefreut, daß du und Claire so gut miteinander tanzen könnt und hoffe, daß du uns schreibst. Aurora hat nicht zuviel erzählt. Dein Vortrag war sehr informativ, auch für mich. Wenn du für etwas ähnliches Hinweise brauchst, schicke mir deine Eule! Es würde mich wirklich freuen, wenn du nächstes Jahr wiederkommst und beim Sommerball mittanzt. Wie gesagt, du bist herzlich eingeladen, bei uns zu wohnen."

Dann küßte sie Julius auf die linke und auf die rechte Wange und entließ ihn aus ihrer Umarmung.

Claire war die Letzte, die sich von Julius verabschiedete. Sie umarmte ihn noch mal und sagte:

"Maman möchte, daß du wiederkommst. Ich möchte das auch. Schick mir bitte Briefe, auch mal in englischer Sprache, damit ich das lernen kann. Du bekommst dann von mir Briefe auf Französisch zurück. Ja? Bis zum nächsten Mal!" Bei den Letzten Worten rannen ihr erneut Tränen die Wangen hinunter und benetzten Julius wangen, an die sie sich flüchtig schmiegte, bevor sie ihm einen flüchtigen Kuß links und rechts auf die Wange gab wie ihre Mutter vorher.

"Ich schicke dir Eulen. Üb die Techniken auf dem Besen, die ich dir gezeigt habe! Dann kannst du vielleicht auch mal Quidditch spielen, ohne daß die anderen dich dumm anmachen. Dein Geburtstag und der Tanzabend haben mir auf jeden Fall sehr sehr gut gefallen. Daran werde ich immer wieder denken, wenn ich mich traurig oder niedergeschlagen fühlen sollte. Ich hoffe, das ging dir zumindest ein wenig so wie mir."

"Ein wenig? Genauso. Warum fragst du deine Eltern nicht, ob du nicht hier in Beauxbatons weiterlernen kannst?" Fragte Claire.

"Ich weiß nicht, ob ich dann noch so wäre, wie ich im Moment bin, Claire. Madame Faucon hat mal was von Austauschjahren erzählt. Vielleicht mache ich das irgendwann mal. Aber im Moment geht es mir in Hogwarts sehr gut."

"Dann komm gut nach Hause!" Verabschiedete sich Claire und sah kurz mit tränenglänzenden Augen zu Madame Faucon hinüber. Diese stand einige Meter entfernt und hielt den Flugbesen bereit. Claire errötete leicht und schlug die Augen nieder. Julius klopfte ihr kurz und leicht auf die Schultern, dann sagte er laut:

"Ich danke Ihnen und euch für die schöne Zeit hier in Millemerveilles!!" Danach wandte er sich zu Madame Faucon hin und ging ohne weitere Worte zu ihr hinüber. Wortlos saß er hinter ihr auf und stieß sich mit ihr zusammen vom Boden ab.

"Sie hatten recht, Madame Faucon. Die Dusoleils hätten mich am liebsten adoptiert", fand Julius nach einer Minute schweigsamen Fluges die ersten Worte.

"Ich weiß, wie Camille fühlt und denkt, auch wenn sie immer versucht hat, es vor mir zu verbergen. Drum sage ich dir noch etwas:

Halte jedes Versprechen ein, daß du jedem aus der Familie gegeben hast! Sie würden sehr schnell sehr verärgert sein, wenn du sie enttäuschen solltest."

Sie schauten noch kurz bei den Lumières vorbei, wo sich Julius von Madame Lumière verabschiedete. Er bedankte sich noch mal für den schönen Sommerball und gab ihr Grüße an ihre Tochter Barbara mit, daß er gerne mit ihr und auch gegen sie Quidditch und Schach gespielt hatte. Jacques traute sich nicht, etwas zu sagen, weil Madame Faucon dabei war. So flog Julius mit seiner Hausmutter zusammen zurück zum großen Haus mit den vier Schornsteinen, den acht Giebeln und dem paradiesisch großen Garten, wo er seinen zwölften Geburtstag gefeiert und mit Madame Dusoleil zusammen Pflanzen beschnitten hatte. Catherine erwartete sie schon.

"Es ist noch eine Viertelstunde zeit. Ich kann den Jungen mit dem Besen zum Chapeau Du Magicien bringen", bot sie ihrer Mutter laut hörbar an, während Julius ins Badezimmer ging und sich die herausgelegten Kleidungsstücke anzog: Die Hose, die ihm jetzt wesentlich enger saß, das Hemd, das er gerade soeben noch zuknöpfen konnte und den Pullover, den er wegen der Warnung vor kaltem Wetter anziehen wollte.

Um zwanzig Minuten nach elf trafen sich Madame Faucon, Catherine Brickston und Julius noch mal in der Wohnküche des großen Hauses. Dort trafen die beiden Hexen die letzten Vorbereitungen für Julius' Abreise.

"Ich nehme dir jetzt das Verbindungsband ab, Julius. Ich muß dich loben, daß du nie versucht hast, dich über meine Anweisungen hinwegzusetzen", begann Madame Faucon. Daraufhin berührte sie mit ihrem Zauberstab das Verbindungsband an ihrem linken Handgelenk. Es leuchtete noch mal hell auf, dann löste es sich von selbst. Gleichzeitig löste sich auch das Verbindungsband von Julius' rechtem Handgelenk. Julius atmete erleichtert auf. Die ständige Überwachung war nun beendet. Madame Faucon, die ihn die ganze Zeit seines Aufenthaltes mit dem bunten, aus mehreren Steinen zusammengesetzten Zauberarmband fernüberwachen und bei Bedarf durch mehr oder weniger starke Schwingungen des Armbandes anrufen konnte, entließ ihn nun aus ihrer Obhut.

Als nächstes bekam er den vor einem Jahr bei Ollivander gekauften Eichenholz-Zauberstab mit Phönixfederkern zurück, den er in die Innentasche seines Mantels schob. Dann verabschiedete sich Catherine von Julius. Sie legte ihre Arme um ihn, wie es die anderen Hexen in Millemerveilles getan hatten. Dann sagte sie:

"Auf Wiedersehen, mon Cher. Ich habe mich sehr gefreut, dich als einen der Unseren erkennen zu dürfen und wünsche dir viel Glück und Vergnügen auf deinem Weg zum vollwertigen Zauberer. Mach dir um Joe keine Sorgen. Ich habe ihn dazu überredet, deinen Eltern gegenüber nichts von mir zu erzählen. Bestimmt sehen wir uns wieder."

"Ich weiß zwar nicht, ob das alles so richtig war, wie du und deine Mutter es angegangen seid, aber es hat mir viel Spaß bereitet und mir geholfen, mich selbst zu erkennen, Catherine. Bestell Babette schöne Grüße von mir!"

"Maman übergibt dich jetzt an Mrs. Porter. Ich werde danach zu meiner Tante reisen und Babette wieder abholen. Gute Heimreise, Julius!"

Dann gab sie Julius je einen flüchtigen Kuß auf die linke und rechte Wange und deutete auf ihre Mutter.

"Wohlan, Monsieur. Bringen wir es zu seinem wohlgeordneten Ende", sprach Madame Faucon und beschwor mit ihrem Zauberstab die Gepäckstücke von Julius Andrews herbei. Die große Practicus-Reisetasche und den Koffer, den Julius von seinen Eltern mitgenommen hatte, bugsierte sie zum Kamin. Dann warf sie eine große Prise Flohpulver in das schwach glimmende Feuer, das unvermittelt zu einer smaragdgrünen Feuerwand aufloderte.

"Du mit der Tasche zuerst! Das Ziel ist der Chapeau Du Magicien!" Befahl Madame Faucon. Julius gehorchte. Er nahm die Reisetasche, trat in die grüne Feuerwand, die sich warm wie eine Sommerbrise um ihn schloß, drückte die Tasche mit allen geschenkten Zaubersachen fest an sich und rief laut:

"Chapeau Du Magicien!"

Unter lautem Rauschen begann Julius, herumzuwirbeln. Er schloß die Augen und klammerte die Tasche fest an sich. Dann war es auch schon wieder vorbei. Fast wäre er aus dem Kamin gestolpert, in dem er landete. Doch seine Reflexe, die er sich durch viele Sportarten und das häufige Besenfliegen antrainiert hatte, ließen ihn ohne Probleme aus dem Kamin treten.

"Willkommen in unserem Gasthaus, Monsieur. Sie werden bereits erwartet", begrüßte der Gastwirt den Ankömmling. Julius klopfte sich die Asche von der Kleidung und trat in den Gastraum hinein, wo die Porters in dicken Mänteln an einem Tisch saßen. Beiihnen saßen eine Hexe im wolkengrauen Kleid, die an einer Rosenholzpfeife zog und ein Zauberer in einem maßgeschneiderten Umhang aus mitternachtsblauem Samt, dessen linke Hand lässig auf einem rabenschwarzen Zylinder ruhte. Julius sah sofort, daß der Zauberer aus England stammen mußte. Das graublonde Haar, das Gesicht und die Körperhaltung verrieten es ihm. Die Hexe dagegen stammte wohl aus Frankreich. Denn trotz des grauen Farbtons schien das Kleid doch nicht frei von elegantem Charme zu sein, und die schwarzen Haare der Fremden, die ordentlich hochgestekct getragen wurden, deuteten auch auf eine Abstammung vom europäischen Festland hin.

"Setz dich noch ein wenig, Julius!" Begrüßte Mrs. Porter den Hogwarts-Schüler.

"Wir warten noch auf Professeur Faucon", fügte sie noch hinzu.

Julius nahm neben Gloria platz, die seine Kleidung begutachtete und fragte, ob er noch einen dicken Pullover angezogen habe. Julius nickte.

"Der Kälteschock könnte dich umhauen, wenn du aus dem Haus trittst. Aber nach einem Tag bist du wieder auf normale Temperaturen eingestellt", sagte sie mit der Sicherheit eines Menschen, der dies schon erlebt hatte.

Madame Faucon kam mit Julius' Besen, dem Käfig mit Francis und dem Reisekoffer aus dem Kamin. Sie sah Julius mit den übrigen vier Hexen und Zauberern am Tisch sitzen und ließ den Reisekoffer so neben dem Kamin stehen, daß man ihn im Auge behalten konnte. Sie stellte den Eulenkäfig mit der schlafenden Schleiereule daneben und lehnte den Besen an die Wand.

"Professeur Faucon, erfreut, Sie wiederzusehen", begrüßte die Pfeife rauchende Hexe die Beauxbatons-Lehrerin. Professeur Faucon erwiderte den Gruß und nahm am Tisch Platz. Nach kurzer Vorstellung der beiden Fremden, die sich als Abgesandte des englischen und französischen Zaubereiministeriums zu erkennen gaben, füllten Mrs. Porter und die Beauxbatons-Lehrerin Formulare aus, bei denen es sich um Erklärungen handelte, daß der von beiden Zaubereiministerien auf dem Wege der Amtshilfe in Madame Faucons Obhut übergebene Hogwarts-Schüler Julius Andrews für den Rest der Ferien in die Obhut von Mr. und Mrs. Porter gegeben wurde. Mrs. Porter unterschrieb das Formular, daneben unterzeichnete Madame Faucon mit ihrer energischen Handschrift. Schließlich zeichneten die beiden Ministeriumsvertreter die Formulare ab und disapparierten wie auf ein gemeinsames Stichwort.

"So, junger Herr. Dann verabschieden Sie sich bitte von Ihrer Gastgeberin und begleiten Sie uns zum Kamin zurück!" Ordnete Mrs. Porter an. Julius stand vom Tisch auf und trat auf Madame Faucon zu.

"Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht allzuviele Umstände bereitet", setzte Julius an. Madame Faucon lächelte. "Auf jeden Fall möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Geduld, Ihre Hilfe bei den Hausaufgaben, sowie das hervorragende Essen bedanken. Auch noch mal vielen Dank für die Geburtstagsgeschenke!"

"Ich spreche dir meine Anerkennung aus, daß du dich für Jungen in deinem Alter sehr kultiviert und vernünftig betragen hast und mir damit keine Mühe, sondern eine angenehme Ablenkung von der Arbeitsroutine beschert hast. Auch wenn du deinen Eltern nicht verraten darfst, daß du bei mir zu Gast warst, bestelle ihnen schöne Grüße und empfehle ihnnen an, dich nicht weiterhin an deiner Zaubereiausbildung zu hindern. Ich kann mich Madame Dusoleil ohne Vorbehalt anschließen, daß du jederzeit in deinen Ferien ein gern gesehener Gast in unserer Dorfgemeinde bist. Falls du dich dazu entschließt, uns ohne amtliche Anweisung wieder zu besuchen, steht dir das Gästezimmer des Hauses Faucon wieder zur Verfügung, sofern du Ruhe und geregelte Essens- und Ruhezeiten einer wilden Hexenfamilie vorziehen möchtest, wovon ich stark ausgehe.

Aber lasse dich nicht dazu hinreißen, in deinen Lernbemühungen nachzulassen! Ich würde dies umgehend erfahren. Au Revoir, Mon Cher!"

Bei den letzten Worten umarmte Madame Faucon den Hogwarts-Schüler und küßte ihn auf die linke und die rechte Wange. Dann tätschelte sie ihm kurz den Rücken und sagte:

"Wohlan, die Heimat ruft, Monsieur!"

Julius schluckte eine aufkommende Wehmut hinunter. Jetzt erst kam ihm zu Bewußtsein, daß er die interessantesten und glücklichsten Ferienwochen seines Lebens beendete. Sicher, die Lehrerin von Beauxbatons hatte ihn ständig an der Kandarre gehalten, ihn gemaßregelt, wenn sie es für richtig hielt und ihm ihren Tagesrhythmus aufgezwungen. Aber im Grunde genommen hatte er das genauso gebraucht, wie das wilde Treiben auf dem Quidditchfeld oder die Besuche bei den Dusoleils und das fröhliche Lachen mit Claire, Virginie oder Prudence. Dann dachte er daran, daß dies die ersten Ferien seines Lebens waren, die nicht von A bis Z von seinen Eltern geplant und überwacht worden waren, und dieser Gedanke verscheuchte die Schwermut.

Er nahm seinen Besen und den Koffer und trat auf den Kamin zu. Mrs. Porter trug den Eulenkäfig mit dem neugierig dreinblickenden Francis. Gloria durfte die Reisetasche nehmen, die ihr merkwürdig leicht vorkam.

"Du weißt, wie man zur Landesgrenze kommt, Julius?" Fragte Mrs. Porter.

"Ich geh mal davon aus, daß ich das französische Wort für Grenze sagen muß, um dorthin zu gelangen", erwiderte Julius, der sich nun voll auf die Abreise konzentrierte und jeden Gedanken an Millemerveilles in den Hintergrund drängte.

"Genau", sagte Glorias Mutter. Gloria warf als erste eine Flohpulver-Prise ins Kaminfeuer und trat in die dadurch geschaffene grüne Feuerwand.

"à la frontière!" Rief sie laut und deutlich und verschwand mit lautem Rauschen. Dann trat Julius mit dem Koffer und dem Besen ins Feuer, preßte den Besen fest an den Körper und umklammerte den Reisekoffer mit dem anderen Arm. Dann rief auch er: "à la Frontière!"

Die letzten Momente, bevor er aus Millemerveilles verschwand, sah er Madame Faucon, die sich auf einen Stuhl gesetzt hatte und ihn ansah, wie er im grünen Feuer stand. Als die Wirkung des Flohpulvers einsetzte, meinte Julius noch, Madame Dusoleil und Claire in den Schankraum hasten zu sehen. Doch er wußte nicht, ob dies ein Trugbild der schnell rotierenden Umgebung war, oder wirklich passierte. Die immer schnellere Drehung machte Julius so schwindelig, daß er die Augen schließen mußte. Er wartete, bis das Herumwirbeln nachließ, dann öffnete er die Augen wieder und erkannte einen geräumigen Kamin, in dem er gerade zur Ruhe kam. Schnell wuchtete er den Koffer aus dem Kamin heraus und sprang in die riesige Halle, die vom flackernden Schein unzähliger Kaminfeuer erleuchtet wurde. In der Mitte der Halle standen große Marmorschalter, hinter denen Hexen und Zauberer in blau-weiß-roten Umhängen arbeiteten, wenn sie nicht gerade in der Halle herumliefen und Reisende begrüßten oder verabschiedeten.

"Monsieur Andrews? Bitte bemühen Sie sich zum Kamin 726!" Wies ein zauberer der Grenzhalle den Hogwarts-Schüler an. Julius folgte wie eine Marionette dem Zauberer zu einem Kamin, der hundert Meter von seinem Ankunftskamin entfernt lag. Dort wartete bereits Gloria Porter.

"Das hat doch funktioniert. Professeur Faucon hat Mum geschrieben, daß du diese Reiseform gut kennst. Dad wollte schon einen Portschlüssel anmieten, um uns direkt von Millemerveilles zu unserem Haus zu bringen. Doch 30 Galleonen für einen Portschlüssel waren ihm dann doch zuviel."

Als auch Mrs. Porter von einer Hexe in der dreifarbigen Dienstkleidung der französischen Grenz-Zauberer herbeigeführt wurde, wurden sie noch gefragt, ob sie etwas auszuführen hatten. Julius gab beflissentlich seine Geschenke an, die er zum Geburtstag erhalten hatte und bestätigte, sie nur zum privaten Gebrauch auszuführen und nicht weiterzuverkaufen. Nach zehn Minuten der notwendigen Formalitäten erhielten die drei englischen Staatsbürger je eine Prise Flohpulver. Dann ging es in der gleichen Reihenfolge wie zuvor zur englischen Grenze, indem Gloria, Julius und Mrs. Porter "England!" Riefen.

Die Expressversion des internationalen Flohpulvers wirbelte Julius noch heftiger herum. Doch dies kannte er auch schon von seinen Reisen nach Australien, wo er bei Aurora Dawn die Tage zwischen Weihnachten und Silvester verbracht hatte. An der englischen Grenzstation angelangt mußte Julius seine magischen Mitbringsel noch einmal angeben, bevor es letztendlich ans endgültige Ziel ging.

"Zum Palast von Plinius!" Rief Gloria Porter, als sie in der smaragdgrünen Feuerwand stand. Unter rauschen verschwand sie. Julius mußte sich anstrengen, nicht laut zu lachen und dabei Asche zu verschlucken, als er Gloria folgte und "Zum Palast von Plinius!" Rief.

Als das Rauschen und Wirbeln der Flohpulver-Reise abebbte, stolperte Julius geradezu aus dem Kamin. Der Koffer polterte zu Boden. Julius rutschte aus dem Kamin. Sein Besen klapperte zu Boden. Zwei weiche Arme fingen ihn auf, bevor er noch der Länge nach hinschlagen konnte.

"Hoppla, Honey! Ganz vorsichtig!" Gemahnte ihn die Stimme einer älteren Frau mit stark amerikanischem Akzent. Julius öffnete die Augen und erkannte das graublonde Haar der Hexe, die ihn aufgefangen hatte und an ihren untersetzten Körper gedrückt hielt.

"Das gehört zu meiner Show, fremden Hexen bei der Ankunft vor die Füße zu fallen, Mrs. Porter", äußerte Julius die ersten Worte im Haus der Porters. Die Hexe im bunten Wollkleid lachte lauthals und gab Julius frei. Gloria Porter stand abseits und lachte.

"Du siehst, Granny, daß Julius mit Flohpulver klarkommt. Sonst hätte er nicht so respektlose Sprüche drauf, wenn er den Ausstieg vermasselt."

"Du hast mich gleich wiedererkannt, Julius. Das beweist deinen Respekt vor mir. Da kann ich deinen Ausspruch von gerade eben sehr lustig finden", amüsierte sich die ältere Hexe, Mr. Porters Mutter, die vor Jahrzehnten in die Staaten gezogen war und dort in einem Institut zur Abwehr dunkler Kräfte arbeitete.

Rauschend trat Mrs. Porter aus dem Kamin. Francis schuhute laut. Ihm war das dreimalige Flohpulvern wohl zuviel gewesen. Mrs. Porter sprach beruhigend auf den Vogel ein, während sie behände aus dem Kamin kletterte.

Julius hob seinen Besen auf und begutachtete ihn besorgt, ob irgendwas mit ihm passiert war. Doch dem Sauberwisch 10 war kein Reisigbündel gekrümmt worden.

"Willkommen in unserem bescheidenen Haus, Mr. Julius Andrews!" Begrüßte Mrs. Porter den Haus- und Schulkameraden ihrer Tochter.

Julius bedankte sich höflich und nahm ihr den Eulenkäfig ab. Dann sprach auch er ruhig auf Francis ein und versprach ihm, ihn demnächst vorauszuschicken, wenn er mit Flohpulver verreiste.

"Stell deine Armbanduhr eine Stunde zurück! Wir sind wieder in der richtigen Zivilisation", empfahl Gloria ihrem Schulkameraden mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.

"Oi! Diese Flohpulverei hat mich ganz schwindelig gemacht, dagegen ist Quidditch ein gemütlicher Walzertanz", gestand Julius ein und klopfte sich die Asche von der Kleidung.

"Hört hört", erwiderte Mrs. Porter vergnügt. Dann half sie Julius mit seinen Sachen.

Immaculata, die gemalte Haushälterin, tauchte auf dem Weg die breiten mit Teppichen bedeckten Marmorstufen hinauf in einem Landschaftsbild mit Sonnenblumen auf und warf einen kritischen Blick auf Mrs. Porter, ihre Tochter und Julius.

"Sie verteilen Asche auf den Teppichen, wenn ich mir diesen Hinweis gestatten darf", kommentierte die gemalte Hexe in einer bunten Flickenschürze, welche die Vorgänge im Haus beaufsichtigte, die Spuren der dreifachen Flohpulver-Reise der Porters.

"Wir werden uns sogleich reinigen", sagte Mrs. Porter, zückte ihren Zauberstab und ließ von sich, Julius und Gloria die Asche hinwegblasen. Immaculata rief laut: "Nifty, den Staubsammelzauber!"

Als die drei Ankömmlinge in den ersten Stock hinaufgestiegen waren, wies Mrs. Porter Julius ein Zimmer an, das neben einem geräumigen Gästebadezimmer lag. Dort war eine Art Wohnzimmer mit Couchtisch, einem Sofa, zwei Sesseln und einem großen Schrank eingerichtet worden. Daneben erkannte Julius einen Vorhang, der den Boden berührte. Mrs. Porter zog den mitternachtsblauen Vorhang zur seite und enthüllte eine Schlafnische, in der ein Bett mit mehreren Decken und Kissen, ein Nachtschrank und mehrere gerahmte Bilder von Landschaften bei Mondlicht enthalten waren.

"Bis es wieder zurückgeht, ist das hier dein Reich", eröffnete Mrs. Porter mit stolzgeschwellter Brust.

"Du hast unser Haus ja schon einmal besucht. Das Zimmer liegt genau gegenüber unserem Schlafzimmer. Auf der anderen Seite neben dem Badezimmer schläft meine Schwiegermutter, die einen leichten Schlaf hat. Also mach nicht allzuviel Lärm, wenn du abends nach ihr zu Bett gehen solltest, was vielleicht nicht so häufig vorkommt, da meine Schwiegermutter nicht vor Mitternacht zur Ruhe geht. Durch die Fenster kannst du Luft einlassen oder deine Eule losschicken. Ich gehe davon aus, daß du ihr jede Nacht Freiflüge gestattest?"

"Ja, das habe ich ihm ermöglicht. Hoffentlich friert er sich hier nicht die Federn ab", erwiderte Julius, der jetzt erst den kalten Lufthauch spürte, der durch die halbgeöffneten Fenster hereinwehte.

"Das macht Gloria auch, wenn Trixie mal bei ihr ist und nicht in der Weltgeschichte herumfliegt", bekundete Mrs. Porter. Dann zeigte sie Julius noch, was in dem Schreibtisch enthalten war, der ebenfalls zur Ausstattung gehörte. Pergamentrollen, Federn und Tintenfässer. Dann sagte sie laut:

"Illuminato!" Ohne ihren Zauberstab auch nur berührt zu haben, brachte sie damit den sechsarmigen Deckenleuchter zum strahlen. Mit dem Wort "Nox" ließ sie den Leuchter wieder erlöschen.

"Das sind Spielereien, die zu unserem Luxushaus gehören. Mein Mann hat vor einigen Wochen noch mehrere Komfortzauber erworben, so daß hier einiges leichter geht, auch ohne Zauberstab. Monsieur Dusoleil hat ihm noch einige wertvolle Schränke gebaut. Insofern hat es sich wohl auch für Plinius gelohnt, dich zu besuchen."

"Für Sie doch auch, Mrs. Porter", erwiderte Julius. "Madame Delamontagne hat mich gefragt, ob Sie mit ihr eine Partie Eulenschach spielen möchten."

"Seitdem ich das einmal gemacht habe, bin ich davon abgekommen. Das Spiel hat zwei Monate gedauert, weil mein Partner in Venezuela gelebt hat. Die armen Posteulen, die die Spielzüge übermittelt haben, kamen ja nicht zur Ruhe", erinnerte sich Mrs. Porter wehmütig.

"Aber ich war nicht das letztemal in Millemerveilles. Da werde ich wohl öfter sein, wenn ich mal in Frankreich zu tun habe", fügte sie noch an. "Apropos Schach: Ich erfuhr, daß du es geschafft hast, den zweiten Platz im dortigen Schachturnier zu erringen. Das würde mich interessieren, deine Spielkunst zu erfahren", sagte Mrs. Porter noch. Dann half sie Julius, seine Sachen auszupacken.

"Muß ich hier auch einen Umhang tragen?" Fragte Julius.

"So isoliert leben wir hier nicht. Du trägst deine Hemden, Hosen und was immer. Glorias Umhänge würden dir sowieso nicht passen. ... Hui! Das ist aber ein sehr schöner Festumhang!" Staunte Mrs. Porter über den weinroten Festumhang von Julius, den sie sorgfältig über einen Bügel hängte.

"Hat Gloria auch einen? Im Schreiben von Hogwarts hieß es, daß alle Schüler einen beschaffen sollten", erkundigte sich Julius.

"Aber selbstverständlich. Bestimmt wird sie ihn dir bald vorführen", erwiderte Mrs. Porter.

Als alle Dinge von Julius sorgfältig verstaut waren - Die Bücher waren ordentlich in einem Regal aufgereiht worden, der Mondglobus ruhte auf dem Schreibtisch und der Entnebelungskristall von Prudence thronte neben der Nachttischlampe - ging es wieder hinunter in den Wohnbereich.

"Wo ist denn dein Vater, Gloria?" Fragte Julius die Klassenkameradin, als er im gemütlichen altehrwürdig eingerichteten Esszimmer saß.

"Daddy wird morgen wiederkommen. Von Brasilien aus mußte er, wo er schon einmal in der Gegend war, nach Bolivien. Du weißt, was das heißt?"

"Oha! Hohe Berge über 4000 Meter hoch. Das gibt eine schöne Umstellungskrise vom Klima und von der Tageszeit her, wenn er wiederkommt", erwiderte Julius.

"Es gibt mehrere Reise-Zaubertränke, die solche Schwierigkeiten abfedern", sagte Mrs. Porter lächelnd und legte buntgemusterte Platzdeckchen auf dem Tisch aus. Julius wartete, bis der Tisch soweit gedeckt war, daß nur noch das Essen aufgetragen werden mußte. Dann fragte er vorsichtig:

"Kann ich heute noch meine Mutter anrufen, um ihr zu sagen, daß ich wieder gut angekommen bin? Außerdem muß ich sowieso noch mal bei mir zu Hause vorbei, um meinen Schulkoffer zu holen."

"Das machen wir heute nachmittag", bekundete Mrs. Porter ruhig. " Ich habe mit deiner Mutter lange telefoniert und ihr die Situation erklärt, daß unser Zaubereiministerium dich erst einmal bei uns untergebracht hat, bis zu den nächsten Ferien. Sie teilte mir mit, daß dein Vater morgen aus Amerika zurückkehren würde und ich mit dir am besten heute noch deine Sachen abholen sollte, um neuerliche Konflikte zu vermeiden. Ich habe beim zuständigen Ministerialbeamten eine Sprechzeit von zehn Minuten für dich und deine Mutter erwirkt, da ich davon ausgehe, daß sie von den Manövern deines Vaters erst später erfahren hat."

"Gut", gab Julius darauf erleichtert zurück. So schlug er zwei Fliegen mit einer Klappe. Er würde seine Schulsachen und den Bankverliesschlüssel holen und kurz noch mal mit seiner Mutter sprechen können. Wenn sie sah, daß es ihm gut gegangen war, würde sie beruhigt sein.

Als die Großmutter Glorias ins Esszimmer kam, erschien mit leisem Plop ein kleines Wesen in einem bunten Einteiler, der wie ein Kopfkissenbezug aussah. Es besaß eine lange Nase, große, fledermausartige Ohren und dunkelblaue Augen, groß und rund wie Tennisbälle. Julius hatte den kleinen Kerl schon mehrmals gesehen. Es war der Hauself Nifty, der im Haus der Porters putzte und kochte.

"Nifty wünscht seinen Meisterinnen und ihrem geschätzten Gast einen guten Appetit!" Rief das kleine Wesen mit schriller Stimme. Wie auf ein Zauberwort füllten sich die Suppenteller mit dampfender Buchstabennudelsuppe. Dann verschwand Nifty, der Hauself wieder. Julius wartete, bis seine Gastgeber ihre silbernen Suppenlöffel ergriffen hatten, dann nahm auch er den Löffel und begann zu essen.

Nach der Suppe folgte gebratenes Huhn mit Kartoffeln und Karotten, danach Schokoladenpudding, nach Wahl mit oder ohne Schlagsahne. Zu trinken gab es Kürbissaft.

"Da muß ich mich wieder dran gewöhnen, daß das Essen auf dem Tisch erscheint, ohne hereingetragen zu werden", stellte Julius fest, als er sich mit einer weißen Serviette Mund und Kinn sauber wischte.

"Ich dachte, du warst in einem Zaubererhaus. Gab es da keinen Hauselfen?" Wünschte Mrs. Jane Porter zu erfahren. Julius schüttelte den Kopf und sagte Nein.

"Ich glaube auch nicht, daß Professeur Faucon sich einen zulegen würde, Mum. Sie ist sehr stolz auf ihre Haushaltsfähigkeiten", wandte Glorias Mutter ein. Julius staunte, als sich das Gesicht von Mrs. Jane Porter merklich aufhellte und sie ein feistes Grinsen zur Schau trug.

"Du warst bei Bläänch? Hat sich die alte Gouvernante junges Leben ins Haus geholt, um ihre Langeweile zu vertreiben? Oh, Honey, da hattest du aber bestimmt nicht nur Freude, oder?"

Julius stutzte. Erst dachte er darüber nach, ob Madame Faucon es gerne hören würde, wie ihr Vorname verunstaltet wurde. Dann sickerte die Frage in sein Bewußtsein, wieso Mrs. Jane Porter so lässig über Madame Faucons Beruf herziehen konnte und sie beim Vornamen nannte. Er fragte:

"Wieso nennen Sie Professeur Faucon beim Vornamen, Mrs. Porter?"

"Erst beantwortest du meine Frage, Honey, dann kriegst du eine Antwort auf deine Frage. Quid pro Quo, wie der altrömische Händler zu sagen pflegt", bestimmte Mrs. Jane Porter.

"Sagen wir es so, ich habe erst gar nicht versucht, mit ihr Krach zu kriegen. Von einigen kleineren Mißverständnissen abgesehen, kam ich mit ihr sehr gut zurecht. Sie hat mir Essen und einen Schlafplatz gegeben und ich habe ihr dafür keinen Ärger gemacht", antwortete Julius leicht gereizt.

"Warum so abweisend, junger Mann. Ich habe dir nichts böses getan", erwiderte Mrs. Jane Porter lächelnd. Dann erzählte sie:

"Ich lernte deine hochgeschätzte Gastmutter Bläänch Faucon vor einigen Jahrzehnten kennen, als meine Geri ein Austauschjahr in Beauxbatons verbracht hat. Ging es erst um Geraldines Mitarbeit und Lerneinstellung, fanden wir doch bald mehr gemeinsame Gesprächsthemen und Interessen, vor allem im Bezug auf alte Flüche und Rituale, wo wir langsam aber sicher große Hochachtung voreinander entwickelten. Allerdings ist Prof Faucon durch ihre Tätigkeit als Lehrerin ziemlich eingebunden in praktische Dinge und hat zudem eine sehr bestimmende Wesensart entwickelt, die sie wohl für ihre vielen Schüler braucht. Ich habe sie sogar mehrmals in ihrem großen Haus in Millemerveilles besucht und ihren Mann und ihre Tochter kennengelernt. Ich hoffe, sie hat sich nach dem gemeinen Anschlag dieser Killer von Du-weißt-schon-wem wieder gefangen."

"Granny, das hast du mir letzten Ostern gar nicht erzählt, daß du Professeur Faucon persönlich kennst", wunderte sich Gloria. "Ich habe dir doch den Artikel aus der Hexenwoche gezeigt, wo drinstand, daß sie in England Muggelfreunde ihrer Tochter besuchen wollte."

"Du hast mich nicht gefragt, Honey", lachte Mrs. Jane Porter. Glorias Mutter schenkte Julius noch einen Becher voll Kürbissaft und flüsterte:

"Du wirst hier wahrscheinlich nicht die variantenreiche Küche Frankreichs vorfinden, aber dein derzeitiges Gewicht dürftest du halten können, und schmecken wird es dir hoffentlich auch."

"Ich bin sehr genügsam, Mrs. Porter. Hauptsache ich weiß, wo es langgeht", beruhigte Julius Glorias Mutter und bekam dafür ein Lächeln von ihr.

"Hattest du Hausaufgaben für Hogwarts?" Wollte Mrs. Jane Porter wissen. Julius sagte nur Ja.

"Dann hat sie dich wahrscheinlich dabei unterstützt, ob du wolltest oder nicht", grinste Glorias Großmutter. Julius antwortete mit "einem lässigen "Yep!"

"Dann sind dir wohl die ersten zehn Punkte im nächsten Jahr schon sicher, wenn McGonagall unsere Hausaufgaben kontrolliert", meinte Gloria. Dann fragte sie noch: "Oder hat sie dir nur gesagt, daß du mit dieser Aufgabe keine Probleme kriegen wirst?"

"Das hätte sie ruhig sagen können, aber wollte es nicht. Aber ich möchte mich nicht zu sehr über Professeur Faucon auslassen, Gloria. Ich bin froh, daß sie sich überhaupt die Mühe gemacht hat, mir eine angenehme und abwechslungsreiche Ferienzeit zu bereiten. Dafür bin ich ihr dankbar."

"Dann hast du bestimmt auch Schach mit ihr gespielt", griff Mrs. Dione Porter die Unterhaltung auf. Julius bejahte das und berichtete kurz, wie er bei dem Schachturnier mitgespielt und den zweiten Platz errungen hatte, weil er im Endspiel gegen seine Hausmutter verloren hatte.

"Absichtlich?" Fragte Glorias Großmutter. Julius sagte:

"Wenn ich das absichtlich gemacht hätte, hätte ich nichts mehr zu essen bekommen. Ihre Fachkollegin war da sehr eigen und stolz, daß sie gut Schach spielen konnte und einen geschenkten Sieg nicht brauchte."

"Immerhin bist du an Madame Delamontagne vorbeigekommen, was mir als passionierte Schachspielerin großen Respekt abverlangt", stellte Glorias Mutter fest.

"Das Problem ist nur, daß ich von allen Seiten bequatscht wurde, ich solle nächstes Jahr wieder dahinfahren, um denen Revanche zu geben, die ich auf meinem Weg zum Ruhm zur Strecke gebracht habe", sagte Julius noch. Alle lachten über diese Bemerkung.

"Das solltest du tun, wenn du die Gelegenheit hast. Millemerveilles ist einer der wenigen Orte in Europa, wo du vor diesen verdammten Todessern sicher sein kannst, wenn du innerhalb des Schutzkreises bist, den sie vor mehreren hundert Jahren errichtet haben", sprach Mrs. Jane Porter überzeugt.

"Komm, Mum, nicht noch mal diese barbarische Story von der Weltmeisterschaft aufwärmen!" flehte Mrs. Dione Porter ihre Schwiegermutter an. Gloria verzog das Gesicht zu einer Maske aus Unbehagen und ohnmächtiger Wut.

"Dann klären wir das gleich, Julius. Kevin hat bei der Weltmeisterschaft sein Schlafzelt verloren und wäre fast von einem betrunkenen Maskierten mit einem Fluch belegt worden. Sprich ihn besser nicht darauf an, wenn er es nicht selbst tut!" Instruierte sie ihren Klassenkameraden.

Nach dem Mittagessen gingen Gloria und Julius in den Garten hinaus. Julius hatte seinen Mantel angezogen, denn für ihn waren die englischen Temperaturen trotz strahlendem Sonnenschein sehr kalt. Er mußte sich beherrschen, nicht drauflos zu zittern, aber die Gänsehaut, die sein Gesicht überzog, konnte er nicht vermeiden. Gloria zeigte ihm die Blumenbeete und die ordentlich gestutzte Hecke, in der Vögel und Insekten herumflogen.

"Unser garten ist natürlich etwas kleiner als der von Professeur Faucon. Aber immerhin können wir hier auch grillen. Heute abend gibt es Bratwürstchen und Pommes Frites, richtig einfache Party-Nahrung. Morgen fahren wir in die Winkelgasse, um unsere Schulsachen zu holen. Meinen Festumhang habe ich schon. Ich gehe davon aus, daß du deinen auch schon hast. Mrs. Brickston hat das gesagt, weil du an einem Sommerball teilgenommen hast."

"Das war ihr Geburtstagsgeschenk für mich. Ich konnte ihn ihr nicht ausreden, Gloria. Aber jetzt bin ich froh, daß ich ihn habe. Vielleicht brauche ich ihn dieses Jahr nicht mehr. Aber wenn auf der Liste steht, daß alle Schüler einen haben sollen, dann habe ich eben einen."

"Zeigst du den mir mal?" Fragte Gloria. Julius fand keinen Grund, der dagegen sprach und führte seiner Schulkameradin den Festumhang vor, den er von Catherine geschenkt bekommen und beim Sommerball getragen hatte. Gloria bekam große Augen. Dann sagte sie:

"Damit steckst du alle Jungs in den Sack, die in Hogwarts nur mit englischen Umhängen herumlaufen. Mädchen haben da eine bessere Auswahl. Beim Besenknecht, einem besseren Laden für Zaubererkleidung, hingen die tollsten Umhänge herum. Ich hole meinen mal."

Kurz danach kam Gloria mit einem fliederfarbenen Rüschenumhang mit Spitzenbesatz und eingewirkten Goldfäden im Kragenbereich zurück.

"Die Verkaufs-Hexe hat gesagt, den könnte ich auch noch in zwei Jahren tragen. Dazu trage ich dann noch ein paar Ketten und eventuell ein Haarband."

Julius zeigte Gloria eines der Fotos vom Sommerball, die er bekommen hatte. Gloria staunte, wie gut die Rottöne von Julius' und Claires Umhängen harmonierten.

"Das hast du mir nicht geschrieben, daß du mit Claire Dusoleil einen Tanzwettbewerb gewonnen hast", sagte Gloria leicht ungehalten.

"Das war kein Wettbewerb im eigentlichen Sinne, sondern eine Auszeichnung für das Paar, daß am besten harmonierte, in allen Belangen, nicht nur was die Kleidung anging. Die Eltern von Claire haben bei diesem Ball die silbernen Tanzschuhe bekommen. Du siehst sie ja auch auf dem Foto", erläuterte Julius und deutete auf die Farbfotografie, von der Madame Dusoleil fröhlich zurückwinkte.

"Die trägt aber auch einen tollen Umhang. Die liebt wohl alles grüne, was?" Bemerkte Gloria.

"Ja, richtig. Ich habe Madame Dusoleil nie in anderen Farben als Grün gesehen. Claire steht eher auf Rot, ihre ältere Schwester Jeanne bevorzugt wohl die helleren Töne."

"Huch! Ist das Virginie Delamontagne, die da in dem silberweißen Kleid?" Fragte Gloria. Julius sah genau auf das Foto und erkannte die Tochter der Dorfrätin von Millemerveilles. Dann suchte er noch ihre Mutter und deutete darauf.

"Die beiden haben sich abgestimmt, als Sonne und Mond aufzutreten. Ich habe Virginie gefragt, ob sie sich dabei wohlfühlt, nur den Widerschein ihrer Mutter zu zeigen. Sie hat gesagt, daß ein Mond besser ist als eine Pflanze, die im Schatten eines übergroßen Baumes wächst."

"Ich verstehe. Bei Müttern und Töchtern geht das noch. Ich werde auch als Verjüngungsspiegel meiner Mutter bezeichnet, weil wir uns so ähnlich sehen. Granny Jane war schon enttäuscht, daß ich vom äußeren Her mehr von meiner Mutter als von ihrem Sohn habe. Damit kann ich sie immer schön ärgern", grinste Gloria.

"Julius, wir wollen los! Das Auto ist da!" Rief Mrs. Dione Porter.

"Darfst du mit, Gloria?" Fragte Julius seine Schulfreundin.

"Mum hat gesagt, ich darf mit. Also dann!" Erwiderte Gloria und trat aus dem Gästezimmer hinaus. Julius legte das Foto vom Sommerball in die kleine Schachtel zurück und schloß den Kleiderschrank, in dem sein Festumhang hing. Dann eilte er Gloria nach, die bereits durch die Eingangshalle zur Tür hinaustrat. Vor dem Haus der Porters stand ein dunkelblauer Austin, offenbar ein Auto von Gringotts. Julius warf sich hinter dem kirschrot uniformierten Fahrer auf die Rückbank und schloß die Tür. Gloria saß links neben ihm, während ihre Mutter neben dem Fahrer saß.

Erst setzte der Wagen aus der verzauberten Gasse heraus, zu der kein Nichtmagier Zutritt finden konnte. Durch eine Barriere aus Nebel, so schien es, brach der Wagen, bevor er auf von vielen Autos befahrenen Straßen fuhr. Als Julius kein Auto hinter oder vor sich sehen konnte, gab es einen lauten Knall, und wie von einer Schleuder geschnellt sprang der Wagen vorwärts, um unvermittelt in einer unbefahrenen Nebenstraße in jenem Vorort von London zu landen, in dem Julius wohnte. Julius kannte das schon von seinem letzten Besuch bei den Porters, daß Zaubererautos mal eben hunderte Kilometer überspringen konnten, wenn sie nicht von Muggeln gesehen werden konnten. Transitionsturbo hatte ein Chauffeur eines solchen Autos das genannt, was diesen Vorgang ermöglichte.

Wenige Minuten nach ihrem Aufbruch kamen die Porters und Julius bereits in der Winston-Churchill-Straße 13 an. Julius klingelte an der Tür, mit einem dicken Kloß im Hals und einem unruhigen Gefühl im Magen.

Mrs. Andrews öffnete die Türe und strahlte Julius an. Dann warf sie sich ihm um den Hals und küßte ihn. Danach sah sie Mrs. Porter und winkte sie und Gloria herein.

"Ist gut, daß ihr jetzt kommt. Richard wird in zwei Stunden landen. Ich hole ihn vom Flughafen ab. Er ist im Moment in einer sehr gereizten Stimmung. Wieviel Zeit haben Sie?" Sprudelte es aus Mrs. Andrews heraus.

"Zehn Minuten dürfen Sie mit Julius sprechen, hat uns der Herr vom Amt für Fürsorge erzählt. Wir holen erst einmal Julius' Schulsachen", erklärte Mrs. Porter sachlich. Julius rannte förmlich die Treppe hoch und ging in sein Zimmer. Dort war alles so wie er es vor über einem Monat hinterlassen hatte. Seine Eltern hatten nichts weggeräumt. Er schaltete den Computer ein und rückte den großen Schulkoffer unter dem Bett hervor. Er prüfte, ob noch alle Schulsachen drin waren und stellte fest, daß er bequem seine Geschenke, inklusive dem neuen Besen, in diesen Koffer legen konnte. Er nahm den Schachcomputer aus dem Koffer und stellte ihn in den Schrank zurück. Seinen Chemiebaukasten ließ er im Koffer. Nun prüfte er, wieviele elektronische Mitteilungen ihn seit seiner Abreise erreicht hatten und ließ alle E-Mails direkt ausdrucken, ohne sie zu lesen. Als das fertig war, schaltete er den Computer wieder aus und trug den Koffer und den Stapel Computerpapier nach unten in den Flur.

"Hast du viele E-Mails bekommen?" Fragte Mrs. Andrews.

"Vier Seiten Papier. Zwei sind von Moira Stuard, Mum. Irgendwie muß ich das einrichten, mit ihr in Kontakt zu bleiben, wenn sie keine überflüssigen Fragen stellen will", antwortete Julius.

Zehn Minuten lang unterhielten sich Julius und seine Mutter über ihre Ferienerlebnisse. Julius erfuhr, daß seine Eltern sich in Unkosten gestürzt hatten, um vor den ständigen Posteulen zu fliehen, bis sie jenen bereits in einem Brief erwähnten roten Umschlag mit lautem Inhalt bekommen hätten. Julius teilte seiner Mutter mit:

"Sowas kenne ich. Das nennt man Heuler. Die Dinger werden in Hogwarts gefürchtet wie tropische Viruskrankheiten."

"Ja, und das Ende vom Lied ist, daß dein Paps bis gestern abend in einem Privatkrankenhaus gelegen hat. Hat uns noch mal 15.000 Dollar gekostet. Ich habe ihm gesagt, daß es damit gut sein soll und wir hinnehmen müssen, daß du eben einer von vielen Hexen und Zauberern bist. Ich habe ihm auch gesagt, daß unsere Schulbehörde bestimmt ähnlich reagiert hätte, wenn wir versucht hätten, dich ohne Umsiedlung zu einer anderen Schule von Eton herunterzunehmen. Wie gesagt, er ist sehr gereizt und will bis auf weiteres kein Wort über Hexen, Zauberer oder Ausbildungsgesetze hören. Er wollte schon unseren Anwalt anschreiben, doch ich riet ihm davon ab, da dies noch mehr Geld kosten und nichts nützen würde."

"Die Zauberer haben ihre Agenten in den wichtigen Einrichtungen der Nichtzauberer, Mum. Ich habe sogar erfahren, daß in den Geheimdiensten welche sitzen und aufpassen, daß ihre Angelegenheiten nicht erforscht werden. Die kommen einem dann mit Gedächtniszaubern, die Erinnerungen verändern können und so. Das nur, falls Paps meint, seinen Sandkastenfreund, der heute beim Auslandsnachrichtendienst herumwuseln soll, auf mich anzusetzen", sagte Julius. Diese Bemerkung hatte er sich seit dem Tag überlegt, als Madame Faucon ihn aus Joe Brickstons Haus geholt hatte. Ob es stimmte, wußte er nicht. Aber es war nur logisch, daß die Zaubererwelt dort Wachen plaziert hatte, wo es um merkwürdige Vorkommnisse und Geheimtreffen ging, die neugierige Muggel reizen konnten, nachzuhaken. Auch seiner Mutter erschien diese Aussage logisch, denn sie nickte zustimmend.

Julius berichtete stolz, wie er sich bei dem Schachturnier geschlagen und den Tanzwettbewerb beim Sommerball gewonnen hatte. Er vermied jedoch jeden Hinweis auf Madame Faucon. Doch irgendwann fragte seine Mutter:

"Du darfst mir nicht erzählen, bei wem du untergebracht warst?"

"Nein, darf ich nicht, Mum. Das hat was mit Datenschutz zu tun, und solange die nicht wissen, wie ihr draufseid, dürft ihr nur das wissen, was sie euch mitteilen möchten. Ich weiß, das klingt bescheuert. Doch ich möchte keine Gefängnisstrafe riskieren, weil ich gegen bestehende Gesetze verstoße. Die Wärter in unserem Gefängnis sind wahre Monster, die anderen jede Lebensfreude aussaugen können."

"Sie wollen fünfzig Galleonen Strafe von deinem Paps haben. Er hat bereits geäußert, daß er kein Geld mehr für diese Zauberer ausgeben wird. Fünfzig Galleonen sind auch sehr viel", sagte Julius' Mutter. Julius nickte. Dann sagte er:

"Ich weiß nicht, was passiert, wenn er die Strafe nicht bezahlt. Nachher kommen die noch zu mir, um sich das Geld zu holen. Soll Paps doch seine Firmenanteile verkaufen!"

"Die kommen nicht zu dir", sagte seine Mutter. "Die haben ausdrücklich geschrieben, daß sie von Mr. Richard Andrews, von niemandem sonst, Geld im Wert von fünfzig Galleonen haben wollen. Ich bot ihnen sogar an, die Strafe zu zahlen, auch wenn es mich ruiniert hätte. Aber die schrieben zurück, daß ich nicht für den Schaden verantwortlich sei."

Julius verabschiedete sich nach fünfzehn Minuten von seiner Mutter. Mrs. Porter war etwas großzügiger gewesen als das Ministerium ihr zugebilligt hatte. Als sie wieder in dem Austin des Ministeriums oder von Gringotts saßen, erklärte sie dem Fahrer, daß erst der Schulkoffer gepackt werden mußte. Dann ging es zurück zum Haus der Porters.

Gloria und ihre Großmutter zeigten Julius, wo er Flugübungen auf seinem Besen veranstalten konnte. Es war ein Rasenstück so groß wie vier Fußballfelder. Dort flogen kleine Jungen und Mädchen auf Spielzeugbesen herum, die gerade einmal 20 Zentimeter über dem Boden dahinschwebten.

"Morgen geht's in die Winkelgasse. Da holen wir unsere Schulsachen", verkündete Gloria.

Als die Porters wieder in ihrem Haus waren, probierte er sein Zauberschachspiel aus, um es auf die englische Sprache einzustellen. Er spielte gegen Mrs. Porter und brachte sie schön in Bedrängnis. Er war so konzentriert, daß er das Klingeln an der Haustür nicht hörte. Gloria, die dem Spiel aufmerksam zugeschaut hatte, ging an die Haustür.

"Ich fürchte, Mrs. Porter, in zehn Zügen sind Sie matt", meinte Julius, als er einem Springer die Anweisung erteilt hatte, einen gegnerischen Läufer zu schlagen.

"Moment, das möchte ich nachprüfen", sagte Mrs. Porter und bat damit um eine Spielpause. Julius hörte, wie Gloria mit einem Jungen sprach, der wohl vor der Tür stand und hörte den starken irischen Akzent aus der Stimme heraus. Er rief:

"Höre ich da etwa das Gequäke eines irischen Dudelsacks?!"

"Sowas fragt auch nur, wer wochenlang keine anständige Sprache gehört hat!" Rief der Junge zurück und stürzte lachend ins gemütliche Wohnzimmer. Julius schlüpfte vorsichtig von seinem Stuhl herunter, dann warf er sich dem Ankömmling entgegen, dessen rotblonde Haartracht zu einer Igelfrisur geschnitten worden war.

"Hallo, Bursche! Das war unfair, daß du nicht bei der Quidditch-Weltmeisterschaft warst", begrüßte Kevin Malone, der Klassenkamerad und Bettnachbar von Julius, den aus Frankreich zurückgekehrten Sohn zweier Nichtmagier. Julius erwiderte:

"Dafür habe ich Quidditch gespielt, du Tröte."

"Gloria hat's mir geschrieben. Du hast von mehreren Leuten zusammen einen Besen gekriegt. Wurde auch Zeit, nachdem Madame Hooch dich mit mir zusammen zu den Besten Fliegern unserer Klasse erklärt hat."

"Dafür hast du jetzt keinen Besen", meinte Julius etwas bedauernd.

"Wer sagt das? Achso! Ich habe mit meinen Eltern einen Pakt geschlossen, daß ich mir den Besen erarbeiten muß, wenn sie mir dafür die Weltmeisterschaft spendieren. Aber weißt du was? Ich habe deinen Tipp, den Gloria mir noch per Eilnachricht zugeschickt hat, umgesetzt. Meine Mum hat gegen Ludo Bagman gewettet, daß Irland mit nur zehn Punkten Vorsprung gewinnt. Sie wollte zwar nicht glauben, daß die Bulgaren soviele Tore schießen könnten, wenn Lynch den Schnatz holt. Aber ich habe gesagt, daß du bestimmt glaubst, daß Victor Krum den Schnatz fängt, um seiner Mannschaft eine Superniederlage zu ersparen, egal, wieviele Tore die Bulgaren geschossen haben sollten. Das hat tatsächlich geklappt. Allerdings, und das muß ich dir gleich erzählen, wenn die anderen auch da sind."

"Wer, Kevin?"

"Wir, Julius", riefen zwei Mädchen wie aus einem Mund und stürmten mit wehenden braunen Zöpfen ins Wohnzimmer. Mrs. Porter räusperte sich ungehalten und bat um etwas mehr Ruhe, da sie sich auf das Schachspiel konzentrieren wolle.

"Wir gehen am besten zu mir rauf, Mum", sagte Gloria. "Wenn du deine Niederlage eingestehst, komm rauf oder schicke Nifty oder Immaculata!" Bestimmte Gloria und dirigierte die beiden Mädchen, bei denen es sich um Betty und Jenna Hollingsworth, den Zwillingen aus Hufflepuff handelte, sowie Kevin Malone und Julius zur Tür hinaus und die Treppe hoch.

"Ist nicht mehr nötig, Gloria. Julius hat recht! Ich komme hier nicht mehr ohne Spielverlust heraus!" Rief Mrs. Porter.

"Sieg!" Rief Julius.

Im Zimmer von Gloria erzählte Kevin dann sein Abenteuer mit der Wette auf den Sieg Irlands.

"Dieser Bagman, das wissen nur die, die wirklich dabeigewesen sind, hat vor den Spielen Wetten angenommen. So haben meine Eltern und ich auch gewettet, wobei ich nicht selbst wetten durfte. Wir haben zwanzig Galleonen gesetzt und eine Quote von eins zu fünf geboten bekommen. Das Spiel war echt heftig. Natürlich hatten wir die besseren Jäger. Dumm war nur, daß Lynch, unser Sucher, sich zweimal hat austricksen lassen. Der ist auf einen Wronsky-Bluff von Krum hereingefallen und vvoll ins Spielfeld geknallt. Andernfalls hätten wir auch durch Schnatzfang gewinnen müssen. Ja, und als wir nach dem Schlußpfiff und der Siegerehrung zu Bagman hingingen, wollte der uns doch glatt hundert Galleonen in Form von Leprechan-Gold geben, uns, einer altehrwürdigen Zaubererfamilie Irlands! Daddy hat ihm sofort gesagt, daß das Betrug sei und gedroht, ihn sofort beim Zaubereiminister anzuzeigen, wenn er keine echten Galleonen rausrücke. Mag sein, daß diesen Knilch das geängstigt hat. Vielleicht lag es auch nur an Rita Kimmkorn, so einer Reporterschnäpfe, die in der Nähe herumwuselte und die ersten Interviews klarmachen wollte. Deshalb kriegten wir wirklich hundert Galleonen."

"Was soll denn das mit dem Leprechan-Gold, Kevin?" Fragte Betty Hollingsworth. Kevin sah Julius an und wunderte sich, daß dieser ganz cool dreinschaute, als wenn das alles für ihn ein alter Hut sei.

"Hast du das nicht gelesen, Betty? Unsere Nationalmannschaft hat irische Kobolde, Leprechans, als Maskottchen mitgebracht. Die haben vor dem Spiel Goldstücke über den Tribünen abgeworfen. Die englischen und schottischen Idioten, und wer sonst noch, haben sich förmlich auf das Zeug gestürzt und zusammengerafft, was nur ging. Dabei weiß jedes irische Zaubererkind, daß Leprechans kein Gold verstreuen, ohne es sich später wiederzuholen. Es löst sich dann einfach auf und ist aus den Taschen derer verschwunden, die es eingesackt haben."

"Wenn man einen Leprechan nicht dazu zwingt, einem drei Wünsche zu erfüllen, die unmißverständlich und unzweideutig formuliert sein müssen, damit dieser kleine Kobold nicht absichtlich was anderes macht, was aus dem Wunsch herausgehört werden könnte", fügte Julius hinzu.

"Ja, und woran merkt man, welches Gold nun richtiges Gold ist?" Fragte Jenna.

"Das gibt so Merkmale, die nur denen auffallen, die darüber genau bescheid wissen", sagte Kevin. "Daran hat meine Mum auch gesehen, daß es falsches Gold war, daß dieser Bagman uns andrehen wollte. Dann kam das mit der Drohung und mit dieser Rita Kimmkorn in der Nähe, und so haben wir tatsächlich hundert Galleonen erwettet. Tja, und weil mein alter Herr mich fragte, was ich von meinem Anteil haben wollte, habe ich mir den Besen gewünscht. Gestern habe ich ihn mir gekauft, einen Sauberwisch 10, wie du wohl einen bekommen hast, Julius."

"Aber da war doch dieser Terror in der Nacht", plapperte Betty ungeniert.

"Vermaledeites Pack, diese Anhänger von Du-weißt-schon-wem. Die haben Muggel wie Spielbälle herumfliegen lassen und dann auch noch das dunkle Mal in den Himmel gezaubert", sagte Kevin, jetzt weniger fröhlich klingend. "Dabei ist mein Schlafzelt in Flammen aufgegangen und ein Fluch hätte mich fast erwischt, wenn ich nicht so schnell in Deckung gesprungen wäre. Steht übrigens alles in der Zeitung."

"Ich habe es mir vorlesen lassen", sagte Julius. "Die von der französischen Zaubererzeitung waren recht flott dabei."

"Wie ich vermute, haben die kein gutes Haar an der englischen Organisation gelassen, wie?" Erkundigte sich Kevin. Julius nickte und grinste.

"Aber nichts desto trotz hat Irland den Weltpokal im Quidditch geholt, und was die auch immer schreiben, das ist, was meinen Eltern und mir im Gedächtnis bleiben wird." Bekräftigte Kevin Malone. Dann sagte er noch:

"Es war auch interessant, wen ich bei den Ministerialleuten in der Ehrenloge gesehen habe: Da saß Harry Potter mit den ganzen Weasleys fast einträchtig neben der Bagage Malfoy, Vater und Sohn fast nicht voneinander zu unterscheiden."

"Hast du dir eines von diesen Omnigläsern gekauft, die sie da für zehn Galleonen verkauft haben?" Fragte Julius. Kevin staunte.

"Woher weißt du ...? Ja, habe ich. Eines für uns alle. Die sponnen doch, zehn Galleonen zu nehmen. Fünf hätten gereicht. Dann nennen die sowas noch Schnäppchenpreis."

"Man hört einiges, auch in Frankreich. Die Tochter der Dame, bei der ich gewohnt habe, war bis zum zwölften bei der Weltmeisterschaft. Die hat mir das erzählt, und auch, daß Mr. Bagman ziemlich nachlässig mit den Muggelabwehrregeln umgegangen sein soll."

"Oh, das kann man wohl sagen", stieß Kevin aus. "Der rennt rum, in einem schwarz-gelb-geringelten Quidditchumhang und erzählt Leuten was von Rennbesen, Klatschern und Quaffeln, bietet Wetten auf Schnatzfang oder Spieldauer an und so weiter, auch wenn noch soviele Muggel da herumlaufen. Und dann beschubst er einen noch und will einem Leprechan-Gold unterjubeln, das war die Krönung der Frechheit."

Es klingelte wieder an der Haustür, und an der überraschten Stimme von draußen hörten die Hogwarts-Schüler, daß Nifty die Tür geöffnet hatte und Pina Watermelon davor stand.

"Gloria, wievielen Leuten hast du geschrieben, daß ich heute hier bin?" Fragte Julius leicht irritiert.

"Wie kommst du darauf, daß sie zu dir will? - Ja stimmt, ich habe ihr geschrieben, daß wir dich heute abholen wollten", sagte Gloria. oben "Miss, die Herrschaften befinden sich im Zimmer von der jungen Meisterin Gloria Porter", schrillte Nifty mit unterwürfiger Stimme. Pina stieg die Stufen hinauf und klopfte an die Zimmertür. Gloria stand von ihrem Platz auf und bat die Hauskameradin herein.

"Hallo, ihr", grüßte Pina die versammelte Bande. Dann fanden ihre wasserblauen Augen Julius Andrews, der sich mit Kevin auf einem Zweiersessel herumlümmelte. Das zierliche Mädchen mit der niedlichen Stubsnase und dem hellblonden Zopf, der noch eine spur heller glänzte als das Lockenhaar Glorias, stürmte vor und warf sich Julius an den Hals.

"Huch! Du bist ja richtig braun geworden und hast gut gegessen, wie ich feststellen kann", sagte sie fröhlich und kniff Julius in den Bauch.

"Das war ein Teil der Bestrafung, die man mir auferlegt hat, Pina. Ich mußte immer soviel essen, wie man mir vorsetzte, damit auch jeden Tag die Sonne schien. - Vielen Dank für dein Geburtstagsgeschenk. Ich habe damit mehreren Leuten einen kurzweiligen Nachmittag verschafft."

"Dann war das wirklich was für dich? Meine Mutter hat schon behauptet, du würdest wegen der ganzen Muggel-Sonnenforschung nichts davon wissen wollen, wozu die Sonne in der Zaubererwelt gut ist."

"Neh, das war genau das, was mich auf die richtige Spur gebracht hat, Astronomie nicht nur als interessantes Auswendiglernfach zu sehen und mich bei meiner Gastgeberin und ihren Nachbarn ein bißchen besser zu empfehlen."

"Dieser Tiefstapler fängt schon wieder an, sich unter Wert zu verkaufen", knurrte Gloria. "In Millemerveilles hast du uns ein tolles Quidditchspiel gezeigt, fast ein Schachturnier gewonnen und mit einer jungen Dame den Höchstpreis für das Tanzpaar des Sommerballs abgeräumt. Da glaube ich nicht, daß du dich mit einem Vortrag über Sonnenmagie nur ein bißchen besser empfehlen konntest."

"Ansehen ist wie sportliches Können. Je mehr man kann oder gilt, desto schwieriger ist es, sich zu verbessern", gab Julius zurück, Pina fast auf seinem Schoß sitzend. Ihr langer Zopf pendelte geschmeidig hinter ihrem Rücken. Julius sagte nur:

"Auf jeden Fall war es interessant, mal einen wissenschaftlichen Vortrag ganz ohne fremde Hilfe zu machen, nur durch Lesen und ausprobieren. Ich habe sogar schon überlegt, einem der Verfasser des Buches zu schreiben, daß durch die von den Muggeln ausgestoßenen Ozonvernichter mehr ultraviolettes Sonnenlicht auf die Erde fällt und dadurch Auswirkungen auf magische Pflanzen und Tiere haben könnte. Aber dazu werde ich wohl noch mehr Hintergrundmaterial kriegen."

"Und das Drachenbuch?" Fragte Kevin.

"Sagen wir es so: Ich würde mir keinen Drachen anschaffen. Die werden alle zu groß, zu stark und zu gefräßig", sagte Julius.

"Ach, ich dachte, ich besorge meinem Onkel Sean einen ungarischen Hornschwanz für seinen privaten Wald an der nordirischen Grenze", meinte Kevin.

"Ja toll! Ausgerechnet den größten und gemeinsten nach dem bretonischen Blauen", versetzte Julius. Dann fiel ihm etwas ein. Er fragte:

"Ich dachte, du wolltest einen Grindeloh kaufen. Oder war das nur dummes Geschwätz?"

"Den habe ich. Mein Großvater hat zwar dumm geglotzt, als das Paket von Bestiarium ankam, aber dann hat er gelacht und das Biest gleich in den Gartenteich gekippt. Vier Galleonen hat der Grindeloh gekostet."

"Komm, jetzt tischst du uns aber einen mächtigen Flunkerstein auf, Kevin", wandte Pina ein, die mittlerweile von Julius abgelassen und sich neben ihn auf das Sofa gezwengt hatte.

"Neh, echt!" Beteuerte Kevin Malone.

"Und zu weihnachten schenkst du deiner Cousine zwei Dementoren als Leibwächter", sagte Julius kalt.

"Das kann sie einfacher haben, wenn sie etwas anstellt, wofür es Askaban setzt. Dann hat sie gleich hunderte von diesen Biestern."

"Apropos Dementoren: Diesen Black suchen die doch jetzt nicht mehr bei Hogwarts, oder?" Wollte Betty wissen.

"Nein. Letzten Meldungen im Tagespropheten nach sind die Dementoren erst einmal in ihre Basis zurückkommandiert worden. Es wird vermutet, daß Black sich aus der Zaubererwelt verflüchtigt hat und unter anderer Identität ein Muggel-Dasein führt. Womöglich schreiben sie das nur, weil sie nicht zugeben wollen, daß sie einen Askaban-Flüchtling nicht wieder einfangen konnten", gab Gloria über den letzten Stand der Fahndung nach dem Massenmörder Auskunft, der im letzten Schuljahr zweimal in Hogwarts eingebrochen war, dort selbst festgenommen werden aber auf mysteriöse Weise fliehen konnte."

Jemand klopfte an die Tür. Gloria rief "Herein!"

Glorias Großmutter öffnete die Tür und fragte, ob sie alle Lust auf heißen Kakao hätten.

"Ich habe auch Waldbeerkuchen mit Ahornsirup gebacken, Kids. Außerdem seid ihr in diesem Zimmer schon wieder zuviele, auch wenn es groß ist."

Die Kinder liefen der Großmutter von Gloria die Treppe hinab hinterher ins Esszimmer, wo Nifty, der Hauself, gerade goldumrandete Porzellanteller, Tassen und Untertassen auf dem Tisch verteilte und silberne Kuchengabeln, Teelöffel und Tortenheber verteilte. Mit einer Handbewegung ließ er vier Kerzen in reich verzierten Kristallhaltern aufflammen, bevor er mit einem kurzen Knall disapparierte.

"Der kleine Bursche hätte mir am liebsten alle Backwerkzeuge und -zutaten aus den Händen genommen", grinste Mrs. Jane Porter. Dann stellte sie drei große Kuchenplatten und ebensoviele bauchige Porzellankannen hin, aus denen feiner Dampf waberte, der nach frischem Kakao duftete.

Der Nachmittag verstrich mit lustigen Erzählungen von Julius, Kevin, den Hollingsworths und Pina. Gloria erzählte auch, wie es auf dem Hecate-Leviata-Konzert zugegangen war und gab Pina eine Autogrammkarte, die sie für sie gekauft hatte.

Julius holte nach der Kakao- und Kuchenstunde seine Trophäen, die er in Millemerveilles gewonnen hatte. Pina besah sich das Foto von Claire und Julius auf der Bühne mit den zwei anderen Tanzparen.

"Die Eltern von dem Mädchen haben die silbernen Tanzschuhe gewonnen?" Fragte Pina. Julius bejahte.

"Wie hat die denn ihre Haare so schön wellig gekriegt?" Fragte Pina.

"Das hat die Mutter schon so, Pina", sagte Gloria. Mrs. Dione Porter nickte zustimmend.

"Tolle Dekoration", meinte Kevin und deutete auf die Lichter und Bühnenverzierungen. Dann brach es unvermittelt aus ihm heraus:

"Eh, den Musiker da kenne ich. Das ist Ryan Mulligan, der hat mit meiner Mum zusammen die Grundschule besucht und spielt zwischendurch auf ihren Parties. Ist ja heiß!"

"Da waren viele Länder vertreten", sagte Julius und zählte die ganzen Länder auf, von denen die Dirigentin des großen Tanzorchesters gesprochen hatte. Mrs. Dione Porter betrachtete derweil den silbernen Zaubererhut mit der magisch eingeschriebenen Widmung:

"Julius Andrews, 1994"

"Kann bei diesem Turnier jeder mitspielen, der nicht aus dem Dorf stammt, Julius?" Fragte sie den Sohn von Martha und Richard Andrews.

"Man muß Gast eines Gemeindemitglieds sein, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Deshalb durften Prudence und ich mitspielen", sagte Julius. Mrs. Porter legte die Stirn in Falten und schwieg einige Minuten. Dann sagte sie:

"Das wäre mal was für mich. Die englischen Zaubererschachturniere überaltern mir zusehens. Ich meine, als Hexenkosmetikerin kann ich da manchen Kunden finden, aber ich komme mir selbst wie ein junger Hüpfer vor. so wie du das erzählt hast, können da alle mitspielen, die Schach gerne spielen, egal, wie alt sie sind."

"Genau. Allerdings heißt es, daß man Schach spielen können muß, nicht gerne, sondern überhaupt. Ich habe versucht, mich zurückzuhalten und gar nicht erst zu zeigen, daß ich Schach spielen kann. Aber irgendwie ist das doch durchgesickert, und Madame Delamontagne, die Dame in dem goldenen Sonnenkleid auf dem Foto, hat mich sehr unmißverständlich dazu angetrieben, teilzunehmen."

"Ja, ja, ja! Man hat dich dazu angetrieben. Aber klar, wenn nur so alte Schnäpfen und Bartträger da mitspielen ist das für unsereins natürlich ein guter Grund, nein zu sagen", warf Kevin ein.

""Was war das, Mr. Malone?" Fragte Glorias Großmutter. Kevin errötete unverzüglich.

"D-das ist doch so. Die besten Schachspieler sind doch alle über siebzig", stammelte er, um seine Unerschütterlichkeit bangend.

"Ich fühle mich nicht angesprochen, junger Sir. Aber ein wenig mehr Respekt vor langlebenden Hexen und Zauberern ist doch wohl nicht verkehrt", maßregelte die ältere Mrs. Porter den irischen Ravenclaw-Zweitklässler. Kevin schwieg daraufhin eine ganze Weile, während sich die Mädchen und Julius über die Tanzkleider und Tänze unterhielten. Julius räumte ein, von Kleidern keinen Dunst zu haben, aber von den Tänzen, die dort getanzt wurden, konnte er nur gutes erzählen, wenngleich er meinte, daß ein Junge, der der Sohn einer Festkomiteevorsitzenden war, absolut partytötend aufgetreten sei.

"Du hast uns nie erzählt, daß du eine ordentliche Ausbildung in Tänzen hattest", erinnerte sich Pina daran, daß Julius immer nur so mit ihr oder anderen Mädchen in Ravenclaw zur Musik herumgetanzt hatte, ohne bestimmte Schrittfolgen einzuhalten.

"Wozu?" Wiederholte Julius eine Frage, die er auch schon in Millemerveilles gestellt hatte, als er ähnliches gefragt worden war.

"Vielleicht um sich für einen Ball in der Zaubererwelt zu empfehlen", wandte Mrs. Jane Porter ein. "Oder warum glaubst du, haben euch eure Lehrer geraten, Festumhänge zu kaufen?"

"Wir dürfen erst ab der dritten Klasse nach Hogsmeade, und in Hogwarts selbst gibt es zwar Halloween, aber keinen richtigen Tanzabend", sagte Pina mit Bedauern in der Stimme.

"Vielleicht bekommen wir dieses Jahr hohen Besuch", vermutete Julius, dem gerade einfiel, daß sowohl Catherine als auch ihre Mutter von einem internationalen Ereignis gesprochen hatten, an dem auch Hogwarts beteiligt sein würde, wahrscheinlich sogar Beauxbatons.

"Oja, Cornelius Fudge und Anhang", fand Kevin seine Sprache und seine Lässigkeit wieder. "Der war doch letztes Jahr schon einmal da und hat sich darüber aufgeregt, daß dieser Black sich wieder davongemacht hat. Man erinnere sich, daß seine Hakennasigkeit Snape tierisch wütend war, weil er Black doch gefangen hatte."

"Dafür wird er uns wahrscheinlich alle mehr drangsalieren, wenn er uns wieder in seinem Kerker hat", seufzte Betty. Dann sah sie Julius an und fragte:

"Welche Bücher kannst du uns noch empfehlen, außer denen in der Bibliothek?"

"Da gibt es noch einige, die ich selbst gelesen habe, aber nicht so recht verstanden habe", sagte Julius und zählte einige Bücher auf. Jenna schüttelte den Kopf und sagte:

"Moment, Julius! Das möchte ich mir notieren."

Sie öffnete ihre kleine Handtasche und beförderte etwas giftgrünes heraus, daß wie eine Schreibfeder aussah.

"Kann ich bitte ein Blatt Pergament haben, Mrs. Porter?" Fragte sie und steckte sich die Feder in den Mund, um ein wenig daran zu nuckeln. Beide Mrs. Porters fischten nach einem Pergamentblatt von einem ordentlichen Stapel auf einem Bücherbord. Jane Porter gab Jenna das Pergamentblatt. Diese nahm die grüne Feder aus dem Mund und setzte sie ganz oben auf dem Pergamentblatt auf und ließ sie los. Leicht zitternd stand die Feder auf ihrer Spitze.

"Test! Ich bin Jenna Hollingsworth!" Sprach Jenna, und die Feder sauste wie von einer schnellen unsichtbaren Hand geführt von links nach rechts über das Blatt und sprang an den Anfang der nächsten Zeile.

"Julius, sage der Feder bitte, welche Bücher du meinst!" Sagte Jenna, während sie die Feder sanft hielt, offenbar, um sie am weiterschreiben zu hindern. Sie ließ die Feder wieder los und sah Julius an. Dieser schaltete schnell. Für ihn war das nur ein mitschreibendes Tonband. Spracherkennung gab es ja auch schon bei Computern. Also ratterte er ohne Probleme die Liste der Bücher, Verfasser und Themen herunter und beendete das Diktat mit:

"Das war es."

Jenna nahm die Feder wieder vom Pergamentzettel und reichte ihn Julius. Dieser las die oberste Zeile:

"Zur Probe: Mein Name ist Jenna Hollingsworth."

Darunter fand sich die säuberlich abgeschriebene Liste der Bücher und Begleitbemerkungen, alle im einwandfreien Schreibstil. Am Fuß der Liste stand:

"Ende der Liste!"

"Heftig", bemerkte Kevin, als Jenna ihre Zauberfeder wieder fortgepackt hatte. Dione Porter fertigte derweil eine Kopie von der Liste an, indem sie sie mit dem Zauberstab berührte und den Multiplicus-Zauber sprach. Eine Dampfwolke quoll aus dem Zauberstab, die sich zu einem Pergamentblatt verdichtete. Die Kopie gab sie Betty.

"Nur für den Fall, daß ihr beiden nicht immer zur selben Zeit die Liste benutzen könnt", sagte sie und erntete ein sehr dankbares Lächeln beider Zwillingsschwestern.

"Soviel zur Ausrede, kein Diktiergerät in der Zaubererwelt anwenden zu können", meinte Julius. Dann fragte er:

"Wie nennt man diese Zauberfeder, Jenna?"

"Flotte-Schreibe-Feder. Sowas haben normalerweise nur Reporter und Protokollführer bei Gericht. Unsere Mum hat uns ihre alte geschenkt, weil wir so gute Noten nach Hause gebracht haben. Von Daddy bekamen wir unsere Besen."

"Aber das Gerät hat doch nicht wörtlich abgeschrieben, was du oder ich gesagt haben. Kann das Ding etwas denken?" Fragte Julius.

"Denken in dem Sinne von selbständig handeln nicht. Es kann aber auf bestimmte Schreibarten eingestellt werden und dann sinngemäß niederschreiben, was jemand gesagt hat", sagte Jenna Hollingsworth.

"Sensationsreporter können diese Dinger wohl auch so umstellen, daß sie übertreiben und irgendwelchen Mumpitz zwischen die Worte von jemanden einfügen", sagte Mrs. Dione Porter.

"Gut zu wissen. Dann werde ich wohl keinem Reporter ein Interview geben, der für den Tagespropheten arbeitet, wenn ich sehe, daß er oder sie mit soeinem eigentlich nützlichen Schreibgerät hantiert."

"Hmm, besser ist das wohl", sagte Betty. Julius führte noch an:

"Ich habe sowieso schon meine Bekanntschaft mit aufdringlichen Presseleuten gemacht, die mich oder meine Eltern heimgesucht haben und dann über "den braven Sohn von Forschungsdirektor Dr. Richard Andrews" geschrieben haben."

"Heh, unsere Mutter ist auch bei der Zeitung", protestierte Betty.

"Dann habe ich wohl Glück gehabt, daß nichts von mir im Tagespropheten gelandet ist", atmete Julius erleichtert auf.

"Mum arbeitet auf Kongressen, politischen Veranstaltungen und interviewt berühmte Zauberer, wenn sie ihre neuesten Erkenntnisse weitergeben. Sie strickt keine Lügengeschichten", sagte Jenna, aber etwas ruhiger als ihre Schwester vorher.

Julius entschuldigte sich für jede mögliche Unterstellung bei den Hollingsworths und räumte seine Andenken aus Millemerveilles fort.

Die Hollingsworths, Pina und Kevin blieben auf eine Einladung von Mrs. Dione Porter bis nach dem Abendessen, daß sehr reichlich war. Dann kamen ihre Eltern und holten sie wieder ab. Mrs. Hollingsworth begutachtete Julius kurz und sagte:

"Der Urlaub hat dir sehr gut getan. Mir übrigens auch. Ich habe von Madame Dusoleil und Ms. Dawn eine Einladung zum internationalen Herbologenkongreß im Oktober. Exklusiv für England."

"Gibt es denn noch andre Zeitungen außer dem Tagespropheten?" Fragte Julius.

"Die Hexenwoche, der Zauberkurier und der Nachrichtenbesen. Aber die sind nicht so weit verbreitet, wie unsere Zeitung. So ähnlich ist das doch mit der London Times, wenn ich da richtig orientiert bin."

"Ich verstehe, was sie meinen", antwortete Julius und verabschiedete sich.

Am Abend gewährte Julius Glorias Mutter eine Revanche beim Schach und gewann erneut. Diesmal dauerte das Spiel wesentlich länger als das vom Nachmittag.

Um elf Uhr abends ging Julius ins Bett. Mrs. Porter geleitete ihn zum Gästezimmer.

"Wir stehen hier um acht Uhr auf. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, kommt das deinem Tagesrhythmus auch nach der Zeitverschiebung entgegen. Immaculata wird dich wecken. Gute Nacht!"

Julius zog sich in das Gästezimmer im Haus der Porters zurück und schaltete mit dem Zauberwort "Illuminato" die Deckenbeleuchtung ein. Dann öffnete er den Käfig von Francis und tätschelte das Gefieder der Schleiereule.

"Ich hoffe, ich verlang dir nicht zuviel ab, Francis. Ich möchte, daß du einen Brief zu Madame Faucon bringst, um ihr mitzuteilen, daß ich sicher angekommen bin."

Francis nickte kurz. Julius fischte nach einem Pergamentblatt aus seinem Schulkoffer, ebenso nach einer Schreibfeder und einem Tintenfaß. Dann schrieb er auf Französisch:

 

 

Sehr geehrte Madame Faucon,

entschuldigen Sie meine ungeübte Rechtschreibung, aber ich wollte mich bemühen, in Ihrer Landessprache zu schreiben.

Ich bin zusammen mit den Porters wohlbehalten in England eingetroffen und in einem geräumigen Zimmer untergebracht. Mrs. Porter hat mir versichert, daß ich hier nicht zu wenig zu essen bekommen werde und daher nicht auf das von Ihnen gewährte Nahrungsangebot verzichten muß.

Am Nachmittag durfte ich für zehn Minuten meine Mutter besuchen und kurz mit ihr sprechen. Sie geht davon aus, daß die Sache mit meinem Vater einmalig bleiben wird. Besser, sie hofft das.

Im Moment ist Mrs. Jane Porter zu Gast hier. Sie verriet, daß sie Sie kennt. Meine Schulfreunde sind auch schon dagewesen und haben sich gefreut, mich so gut erholt zu sehen.

Alles gute und nochmals recht herzlichen Dank für Ihre Geduld, Fürsorge und Hilfsbereitschaft und meine besten Wünsche an die Familie Dusoleil und Delamontagne

Julius Andrews

 

 

Julius faltete den Brief so klein wie möglich, verbarg ihn in einem Umschlag, auf den er noch die Adresse schrieb und band Francis den Umschlag ums rechte Bein, bevor er noch mal sagte:

"Fliege zu Madame Faucon nach Millemerveilles, Francis!"

Dann gab er ihm noch einen Eulenkeks zu fressen und ließ ihn zum fenster hinaus in die kühle englische Nacht.

Julius zog sich um und drehte sich in vier der bereitgelegten Decken ein. Etwas fröstelte er doch. Dann sagte er "Nox!", worauf die Deckenbeleuchtung knisternd erlosch und schlief sofort ein.

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