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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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Es war Freitag, am 30. Oktober. Die Hogwarts-Schüler waren ganz aufgeregt. Denn an diesem Abend, so eine Mitteilung, sollten die Abordnungen von Durmstrang und Beauxbatons eintreffen.

Am Morgen mußten sich Julius, Kevin und der Rest der Ravenclaw-Zweitklässler gegen Moodys Versuche, sie zu verfluchen, verteidigen, wobei Julius es durch seine schnelle Auffassungsgabe und spielerische Bewegungsfertigkeit seines Zauberstabes schaffte, neun von zehn Flüchen locker zu kontern, bevor sie auf ihn einwirken konnten. Danach durften sie bei Flitwick fortgeschrittene Fernlenkungszauber versuchen, wobei Julius unter einer völlig lichtabweisenden Augenbinde Gegenstände, die er nur kurz vorher ansehen durfte, zu steuern hatte. Hier gelang es ihm sieben von zehn malen, die Aufgaben zu erfüllen, mehr als den anderen. Kevin, der zweitbeste, schaffte nur fünf Erfolge, Gloria nur vier.

"Sie werden einmal ein großartiger Telekinetiker, Andrews. Wenn Sie in diesem Tempo weiterlernen, erwerben Sie sich sicherlich bald ein Gespür für die nicht zu sehenden Objekte. Sie bekommen zehn Punkte für Ravenclaw. Miss Porter und Mr. Malone bekommen je fünf für die zweit- und drittbeste Leistung zu Beginn dieser Unterrichtseinheit", verkündete Flitwick und entließ die Schüler in die Mittagspause, nicht ohne ihnen noch kurz aufzutragen, nach der verkürzten Nachmittagsstunde ihre Schulsachen in ihre Schlafsäle zu bringen und dann im Gemeinschaftsraum auf ihn zu warten.

Während des Mittagessens wurde Julius von Gloria und Kevin leise gefragt, ob er schon wisse, wer von den Beauxbatonss kommen würde. Julius schüttelte den Kopf und erwiderte:

"Meine Brieffreundin hat es mir nicht schreiben dürfen. Ihre Lehrer haben allen verboten, früher als vor der Ankunft mitzuteilen, wer von Beauxbatons anreisen wird."

"Schade! Du hättest mich vorwarnen können, bei wem ich worauf zu achten habe", erwiderte Kevin. Julius sah, daß auch Prudence offenbar befragt wurde, ob sie wisse, wer zur Abordnung der Beauxbatons gehörte. Auch sie schüttelte den Kopf, als Cho Chang und andere Klassenkameraden sie fragend anblickten.

Am Nachmittag versammelte Professor Sprout die Zweitklässler der Ravenclaws und Slytherins vor dem Gewächshaus nr.3, einem großen Glashaus, in dem, so wußte es Julius, gefährliche Pflanzen untergebracht waren. Sie schloß das Tor auf und ließ die Schüler eintreten. Julius mußte sich sehr beherrschen, nicht vor Vorfreude loszujauchzen, als er das große Gestell mit den darauf aufgereihten Paaren verschiedenfarbiger Ohrenschützer sah. Ihm war klar, was das bedeuten sollte. Aber auch Anderen war wohl klar, worum sich diese Unterrichtsstunde drehen sollte.

Lea Drake sagte:

"Ach, heute sind die Alraunen fällig."

Professor Sprout nickte und verkündete:

"Wie Sie, Miss Drake und bestimmt noch einige andere folgerichtig erkannt haben, werden wir heute darangehen, junge Alraunen umzutopfen. Wer kann mir sagen, was es mit den Alraunen auf sich hat?"

Julius hob die Hand, ebenso Gloria, Kevin und Gilda von den Ravenclaws, sowie Carol Ridges und Lea Drake von den Slytherins. Professor Sprout ließ Carol Ridges sprechen:

"Alraunen sollen gegen Flüche oder Körperumwandlungen helfen. Ihre menschenähnlichen Wurzeln stoßen beim Ausgraben Schreie aus, die einen Menschen töten können."

"Richtig. Zehn Punkte für Slytherin", bestätigte die Kräuterkundelehrerin. Gloria sah Julius verbittert an, als habe der die Chance vertan, Punkte für Ravenclaw zu holen. Doch Julius war sich sicher, daß seine Stunde noch kommen würde. Tatsächlich dauerte es keine Minute, bis er sich einbringen konnte. Denn Professor Sprout fragte Carol Ridges, wie alt eine Alraune werden könne.

"Weiß ich nicht", sagte das dürre Slytherin-Mädchen. Lea mußte sich arg anstrengen, so vermeinte Julius, um nicht schadenfroh zu grinsen.

"Miss Drake, wissen Sie die richtige Antwort?"

"Zwischen einem und drei Jahren, Professor", erwiderte Lea schnell und korrekt. Dafür gab es noch mal fünf Punkte für Slytherin. Dann fragte die Lehrerin, die offenbar prüfen wollte, wer wirklich umfassend ausgebildet war:

"Wenn wir heute junge Alraunen umtopfen, wann und wie können wir von ihnen Abkömmlinge erhalten?"

Außer Julius hatte niemand die Hand oben. Professor Sprout nickte Julius zu und erteilte ihm das Wort:

"Die Alraunen, auch Mandragora genannt, entwickeln sich ähnlich wie Menschen, vom Baby bis zum Erwachsenen. Dafür brauchen sie jedoch nicht zwanzig Jahre, sondern ein Jahr. Sie zeigen Verhaltensweisen, wie sie auch bei Menschen auftreten. Alraunen sind in zwei Geschlechter aufgeteilt, die kurz vor der endgültigen Größe in der Lage sind, einander zu befruchten. Dabei müssen zwei unterschiedlichgeschlechtliche Alraunen in einen Ablegertopf gesetzt werden, wobei jedoch nicht X-beliebig zugeteilt werden darf, sondern erst einmal geprüft werden muß, welche Paare zusammenfinden. Nach einem Monat können bis zu drei befruchtete Samenkugeln pro Paar aufgelesen werden, wobei hier darauf geachtet werden muß, daß das weibliche Exemplar die Samenkapseln auch herausgibt. Aus den Samen entwickeln sich nach weiteren zehn Tagen die Babyformen der neuen Alraunen."

"Sehr richtig. Zehn Punkte für Ravenclaw", sprach Professor Sprout. Carol Ridges, die das Wort "Angeber" mit ihren Lippen geformt hatte, lief rot an, als Melissa Ashton sie vorwurfsvoll anblickte, weil sie sich nicht gut genug vorbereitet hatte.

Um den tödlichen Schreien der Alraunen entgegenzuwirken, setzten die Lehrerin und ihre Schüler Ohrenschützer auf, wobei Kevin ein Paar erwischte, das rosa und flauschig war, was ihm nicht sonderlich behagte. Professor Sprout holte eine Alraune, die aussah, wie ein häßliches grünes Baby mit roten Blättern auf dem Kopf, aus einem Topf. Es schrie, jedoch für die geschützten Schüler unhörbar, bis die Kräuterkundelehrerin es in einen größeren Topf gesetzt und unter Erde begraben hatte, so daß nur noch die roten Blätter herausschauten. Der Vorgang hatte keine Minute gedauert. Mit einer Geste forderte die Lehrerin die Schüler auf, die Ohrenschützer noch mal abzunehmen. Danach erläuterte sie:

"Der Umgang mit Alraunen ist nicht einfach. Auch wenn ich den Eindruck vermittelt haben dürfte, daß es kein Problem sei, die jungen Alraunen umzusetzen. Deshalb werden Gruppen zu je vier von Ihnen an jeder Alraune arbeiten. Andrews sie arbeiten mit Malone, Porter und Watermelon zusammen, Drake, Sie arbeiten mit Ashton, Ridges und Redwood zusammen. ..." Und so bildete die Lehrerin weitere Vierergruppen, bis alle Schüler aufgeteilt und an den ersten Töpfen aufgestellt waren. Julius mußte Pinas langen Zopf aus der Reichweite eines lauernden Fangarmes der Pflanze Venemosa tentacula ziehen. Dann ging es los.

Julius zeigte den drei Kameraden, wo man eine Babyalraune am besten anfassen mußte und sie dadurch zur relativen Bewegungslosigkeit zwang, so daß sie sich leicht umtopfen ließen. Als alle die von Julius und seiner Gruppe umzutopfenden Alraunen in größere Töpfe gesetzt und ordnungsgemäß verbuddelt waren, trat Professor Sprout kurz zu ihnen, prüfte die Arbeiten und nickte wohlwollend. Dann besah sie sich die Arbeit der anderen Gruppen, die noch nicht einmal die Hälfte der zugeteilten Töpfe bearbeitet hatten. Erst als alle Alraunentöpfe mehr oder weniger schnell bearbeitet worden waren, gab Professor Sprout das Zeichen zum Absetzen der Ohrenschützer. Lea Drake, deren Gruppe nach der von Julius die schnellste gewesen war, lächelte siegessicher.

"Die Gruppe, Andrews, Malone, Porter und Watermelon gewinnt zwanzig Punkte für Ravenclaw wegen zügiger und gründlicher Arbeit. Die Gruppe Ashton, Drake, Redwood und Ridges erhält fünfzehn Punkte für Slytherin für die zweitbeste Gesamtleistung. Alle anderen Gruppen gewinnen je fünf Punkte für ihre Häuser", bedachte Professor Sprout die Arbeit. Dann fragte Carol Ridges ungeniert:

"Kann es sein, daß dieses Muggelkind in den Ferien nichts anderes gemacht hat, als Alraunen umzutopfen? Das kann doch nicht angehen, daß der mit diesen störrischen Dingern so schnell fertig wurde."

"Andrews, möchten Sie sich dazu äußern?"

"Nur soviel, daß ich meine Ferien sehr abwechslungsreich verbracht habe. Es wäre langweilig gewesen, wenn ich die ganzen Ferien Alraunen umgetopft hätte, auch wenn diese Pflanzen sehr interessant sind. Allerdings habe ich gelernt, wo man Alraunen anfassen muß, wenn man ihnen nicht wehtun will und sie möglichst rasch umsetzen möchte."

"Unsinn! Die Dinger können doch keine Schmerzen haben", warf Carol ein und erntete ein dumpfes Seufzen von Lea und einigen anderen Slytherins.

"Sie haben doch eben gehört, daß Alraunen sich menschenähnlich entwickeln, Ridges. Können Sie da zweifeln, daß Alraunen schmerzempfindlich sind?" Fragte Professor Sprout.

"Das sind doch nur Pflanzen, verdammt noch mal!" Entfuhr es Carol, die obgleich zu den zweitbesten der Stunde gehörend, die Unterlegenheit Julius Andrews gegenüber nicht hinnehmen wollte.

"Für diese Entgleisung muß ich ihrem Haus fünf Punkte aberkennen, Ridges."

Danach war Ruhe.

Als die um eine halbe Stunde verkürzte Doppelstunde zu Ende ging, eilten alle Schüler erleichtert und in gespannter Erwartung auf die Ankunft der Abordnungen aus dem Gewächshaus.

Als die Ravenclaw-Zweitklässler vor dem Portrait der beiden Hexenschwestern Petra und Angella Skyland anlangten, bedankten sich Gloria, Pina und Kevin noch mal bei Julius für die Hilfe bei der Umtopfaktion.

"Hat dir das alles Madame Dusoleil gezeigt?" Fragte Gloria Julius noch. Dieser erwiderte:

"Nicht nur sie. Aurora Dawn hat mir auch bei der Arbeit mit Alraunen geholfen und wichtige Tipps parat gehabt. Betty und Jenna haben deshalb bei Professor Sprout schon Punkte abgeräumt."

Ein Tuscheln und Murmeln erfüllte den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws, nachdem sämtliche Schüler dieses Hauses vom Unterricht zurückkamen. Dustin McMillan traf mit Leonard Pinetree kurz vor Professor Flitwick ein.

"Dustin hat bei Moody einen Berserker-Fluch abbekommen und hätte fast die halbe Klasse niedergemäht", flötete Leonard Pinetree leicht schadenfroh. Dustin gab ein gekünsteltes Lachen von sich und antwortete:

"Wie war das mit dem Decorporis-Fluch, Leo? War nicht nett, wie?"

"Ich schweige", bekundete der Schulfreund Dustins und schüttelte sich vor nachträglichem Unbehagen.

"Decorporis-Fluch?" Fragte Julius. Penelope Clearwater hörte das und trat schnell neben ihn.

"Das ist ein sehr unfeiner, wenn auch nicht unverzeihlicher Fluch, der sein Opfer aus dem eigenen Körper treibt. Wird nicht innerhalb von einer Stunde der Gegenfluch auf den Körper und den ausgetriebenen Geist gelegt, stirbt der Körper, und der entkörperte muß als Geistform, vielleicht sogar als Schattenform weiterleben wie Du-weißt-schon-wer."

"Gruselig!" Sagte Julius, der sich nicht ausmalen wollte, wie unangenehm das war, wenn ein mächtiger Fluch ihn aus dem Körper riß und wie einen unvorbereiteten Geist umhertreiben ließ, in der Angst, niemehr Fleisch und Blut zu werden.

"Ach, Penny! Da gibt es noch heftigere, wenn man die verbotenen mal ausläßt."

"Die unser junger Freund nicht jetzt schon alle kennen und schon gar nicht können muß, Dustin", herrschte die Vertrauensschülerin mit den langen Locken ihren Klassenkameraden an. Julius hielt es für klüger, sich wortlos zurückzuziehen und zwischen Kevin und Fredo auf einer Couch platz zu nehmen. Dann fiel ihm ein, daß er von diesem Fluch gelesen hatte, gegen den man sich jedoch schützen konnte, wenn man einen Runenstein aus Rauchquarz in einer Tasche bei sich trug, der mit den Runen für Geist und Körper beschrieben war und mit dem Gegenfluch des Decorporis-Zaubers bezaubert wurde. Damit konnte ein Angriff mit diesem Fluch ohne Zauberstab und Gegenfluch gekontert werden, nach dem sich der Schutzstein zu Staub auflöste.

Professor Flitwick betrat kurz vor sechs Uhr abends den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws und kommandierte mit seiner hohen Piepsstimme:

"Alle Schüler vor dem Hauptportal antreten! Erstklässler gehen voran! Abschlußklässler bilden die Nachhut! Kein Gedrängel, wenn ich bitten darf!"

Flitwick sammelte mit schnellen Armbewegungen die Erstklässler hinter sich und führte sie aus dem Gemeinschaftsraum. Julius bildete mit Fredo und Kevin die erste Abteilung der Zweitklässler. Als sie aus dem Gemeinschaftsraum heraus waren, reihten sich Gloria, Gilda und Pina in die vordere Reihe der Zweitklässler ein.

Durch die große Eingangshalle ging es hinaus vor das mächtige Schloßportal, wo sie auf die Bewohner der drei anderen Häuser trafen. Julius baute sich mit seinen Klassenkameraden in einer Reihe auf, die links von den Hufflepuff-Zweitklässlern flankiert wurde. So kam es, daß Julius nicht weit von Jenna Hollingsworth entfernt stand, die ihn anstrahlte. Er sah zu den anderen Schülern hinüber, deren Hauslehrer darum bemüht waren, eine geordnete Aufstellung und äußere Erscheinung der Schüler zu schaffen. Er hörte Professor McGonagalls Stimme, wie sie einige ihrer Schüler anherrschte, die Kleidung zu ordnen oder überflüssigen Schmuck abzunehmen. Verstohlen sah er zu Gloria und Pina hinüber. Gloria hatte ihren Zaubererhut kerzengerade aufgesetzt. Darunter lugten ihre blonden Locken glatt und seidenweich heraus. Pinas hellblonder Zopf wurde von den zwei üblichen sonnengelben Bändern gebändigt. Ihre Umhänge saßen so korrekt wie schlichte schwarze Schulumhänge sitzen konnten. Gloria bemerkte, wie Julius sie inspizierte und grinste.

"Fühlst du dich herabgesetzt, neben zwei adretten Junghexen? Das hast du nicht nötig. Einige der Beauxbatons kennen dich bestimmt schon, selbst wenn du wieder die altenglische Naturblässe zurückbekommen hast. Für die Durmstrangs brauchst du nicht besonders überragend auszusehen", flüsterte sie Julius zu.

Professor Flitwick schritt die Reihen seiner Schüler ab und ließ hier und da eine Bemerkung zur Aufstellung oder zur Kleiderordnung fallen. Als er an der Sechserreihe aus Gilda, Pina, Gloria, Fredo, Julius und Kevin vorüberschritt, nickte er den Mädchen wohlwollend zu. Kevin wies er an, den Umhang glattzuziehen, bevor er sich mit Professor Sprout traf, die ihre Hausschüler inspizierte und schließlich bei den Hollingsworths anlangte. Danach wurden noch die Reihen der Erstklässler geordnet, bevor die Lehrer sich zu Professor Dumbledore stellten, der in erhabener Wartehaltung verharrte.

Minuten verstrichen, während denen leise diskutiert wurde, wie die beiden Abordnungen eintreffen würden. Julius scherzte:

"Gleich wird ein goldener Lichtschimmer über der großen Wiese entstehen, aus dem sich die Konturen der Abordnungen zusammenfügen, bis die Leute selbst leibhaftig dastehen."

"Interessante Vorstellung. Aber ich denke eher, daß jede Schule ihre Leute auf Besen anfliegen läßt", vermutete Fredo.

"Oder auf Drachen. Die Beauxbatons könnten auf einem bretonischen Blauen oder pyrenäischen Purpurpanzer anreiten. Das wäre doch was, Julius?"

"Drachen sind ungesetzlich", warf eine Drittklässlerin hinter Kevin ein, obwohl sie hätte merken müssen, daß er nur gescherzt hatte.

"Diese Lichtstrahltechnik, mit der lebende Körper versetzt werden, Julius, die gibt es doch bei den Muggeln in ihren Zukunftsromanen, oder?" Fragte Gloria.

"Yep!" Gab Julius zurück.

Wenige Minuten später verstummten alle Diskussionen. Denn Dumbledore rief aus, daß er die Abordnung von Beauxbatons nahen sehe. Alle Blicke suchten den Horizont ab. Julius gewahrte einen dunklen Punkt, der über die Bäume des verbotenen Waldes hinwegglitt, wie auf unsichtbaren Wellen reitend.

"Das ist doch ein Drache", zischte Kevin sehr aufgeregt. Von irgendwoher rief ein Schüler ebenfalls, daß es wohl ein Drache sei, worauf ein Gryffindor-Erstklässler zurückrief, daß es wohl eher ein fliegendes Haus sei.

Als dann das fliegende Objekt in den Schein der erleuchteten Schloßfenster hineinglitt, erkannten alle, daß es eine Kutsche von riesigen Ausmaßen war, die graublau angestrichen war und von zwölf goldenen Riesenpferden mit Flügeln gezogen wurde.

"Jau!" Entfuhr es Julius. "Das größte Wohnmobil der Welt."

"Geflügelte Riesenpferde!" Staunte Kevin, dessen Begeisterung für magische Geschöpfe weithin bekannt war. Die Enttäuschung, keinen Drachen zu sehen, war wie weggeblasen, als er die großen Tiere ins Licht gleiten sah, die das Gefährt, das groß wie ein Prachthaus war, mit hoher Geschwindigkeit durch die Luft zogen.

"Wie kann diese Kutsche fliegen? Die Pferde ziehen sie doch nur?" Wollte Jenna wissen.

"Flugzauber wie bei Besen", sagte Kevin. "Die Räder und der Boden sind so gebaut und bezaubert wie unsere Rennbesen."

"Hinzu kommt wohl noch ein Steuerungszauber, wenn die Pferde nicht vorher gelernt haben, wie sie fliegen ...", begann Julius, Kevins Einschätzung zu ergänzen, als die Pferde mit einem ohrenbetäubenden Krach alle achtundvierzig Hufe gleichzeitig auf den Boden brachten und keinen Moment später die mächtige Kutsche federnd auf ihren Rädern landete.

"Rrrrg! Da wollte ich nicht drinsitzen", brachte Pina heraus. "Die müssen ja durchgeschüttelt worden sein, daß ihnen die Mägen im Hals hängen."

"Vielleicht haben sie etwas, das die äußeren Kräfte abfedert", beschwichtigte Julius die Kameradin, der an phantastische Maschinen dachte, die erfundenen Superraumschiffen erlaubten, in wenigen Sekunden auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, ohne daß die Besatzung durch den dabei entstehenden Druck zerquetscht wurde.

"Na klar, der Innerttralisatus-Zauber", fiel es Kevin ein. "Woher wußtest du, daß es den gibt, Julius?"

"Wußte ich nicht. Aber ich hätte mir wie Pina auch keine Kutschreise vorstellen können, bei der man so heftig herumgeschlingert werden kann."

"Der Ganymed 9 ist doch mit dem Innerttralisatus-Zauber ausgestattet. Typisch Franzosen. Wenn sie einmal was tolles haben, geben sie voll damit an", grummelte Kevin. Dann schwieg er.

Julius fragte sich, ob die Beauxbatons-Akademie sechs Schulhäuser besaß, weil auf der ihnen zugewandten Tür zwei gekreuzte Zauberstäbe prangten, aus denen je drei Funken stoben, als ein Junge in blaßblauem Umhang die Tür aufklappte, heraushüpfte und nach kurzem Hantieren am Kutschboden eine goldene Treppe ausklappte, bevor er einige Schritte zurücksprang.

"Kennst du den?" Fragte Kevin Julius.

"Nein, der ist mir unbekannt", sagte Julius wahrheitsgemäß. Aber den übergroßen schwarzen Schuh, besser die Person, die in diesem Schuhh steckte, erkannte Julius wohl. Er hatte sie immerhin dreimal gesehen, während seiner Zeit in Millemerveilles. Deshalb bot er wie Gloria und die Hollingsworths einen eher entspannten als erregten oder erstaunten Eindruck. Denn die Hollingsworths und Gloria hatten die riesenhafte Dame, die sich langsam und erhaben aus dem graublauen Fuhrwerk herausarbeitete, im Dorfgasthaus von Millemerveilles gesehen. Als die Frau mit der außergewöhnlichen Körpergröße aus der Kutsche geklettert war, schwieg die Menge der versammelten Schüler.

"Wer ist denn die?" Fragte Fredo Julius leise.

"Madame Maxime. Sie ist die Schulleiterin von Beauxbatons", flüsterte Julius zurück.

"Ein Job mit absolutem Überblick, wie?" Fragte Fredo leise.

"Leider zu groß für mich. Aber toll sieht sie aus", zischte Kevin und deutete auf die eindrucksvolle Erscheinung in ihrem schwarzen Satin-Umhang.

"Ich kann dich ja engorgieren", schlug Julius scherzeshalber vor.

"Danke nein", erwiderte Kevin.

Der hünenhaften Madame Maxime folgten neben dem Jungen, der die Treppe ausgeklappt hatte noch elf weitere Schüler, alle um die Siebzehn, wie Julius erkannte. Er sah genauer hin und erkannte tatsächlich drei der Ankömmlinge.

Da war ein untersetzter Junge, der trotz seiner Leibesfülle einen sportlichen und gelenkigen Eindruck machte. Da war ein athletisches Mädchen, das er noch mit kurzer kastanienbrauner Bürstenfrisur gesehen hatte, als er im Quidditch und Schach gegen sie antreten durftte. Schließlich war da noch eine Junghexe, die einen sonnengebräunten Hautton besaß und ihre schwarzen Haare, die in leichten Wellen auf ihre Schultern hinabfielen, mit einer Silberspange zusammengesteckt hatte. Alle trugen sie blaßblaue Umhänge und wirkten so, als seien sie aus einem heißen Land in tiefste Kälte gekommen. Denn sie bibberten alle durch die Bank weg. Einige der Mädchen hatten sich Schals um ihre Köpfe geschlungen.

Gloria schob sich sanft an Fredo vorbei zu Julius hin und fragte im Flüsterton:

"Hast du die drei gesehen, Jeanne, diese Matrone Barbara und César?"

"Jawohl", flüsterte Julius und konnte schwer seine Begeisterung unterdrücken, die drei hier wiederzusehen. Dann fiel ihm ein, daß sie jetzt, wo sie nicht in den Ferien waren, bestimmt anders aufgelegt waren und er aufpassen mußte, daß er nicht enttäuscht wurde. Dies fürchtete er vor allem bei Jeanne, die im Hause Dusoleil die Rolle der ältesten Tochter und Stellvertreterin ihrer Eltern sehr ernstnahm. Barbara Lumière, das athletische junge Mädchen, das Hüterin bei der Junghexen-Quidditchmannschaft von Millemerveilles war, war ihm beim Schachturnier schon als energisches Wesen aufgefallen und später auch als sehr durchsetzungsstark beschrieben worden. Er wußte, daß sie einen jüngeren Bruder besaß, Jacques. Jacques war ihm vor allem während des Sommerballs als sturer, alles ablehnender Bursche aufgefallen, der nichts von dem gut fand, was seine älteste Schwester leidenschaftlich gerne tat.

César, von dem Julius den Nachnamen nicht kannte, war der beste Hüter gewesen, den er bisher in einer Quidditchmannschaft erlebt hatte. Nur durch Tricks und technische Finesse hatte er selbst gegen César wenige Erfolge erringen können.

Madame Maxime begrüßte Dumbledore mit lauter Stimme, von der Julius bereits eine Kostprobe gehört hatte, als sie ihre 150 Schüler vor dem Gasthaus in Millemerveilles zusammengerufen und auf die Reise nach England geschickt hatte.

Dumbledore bot Madame Maxime an, sich im Schloß aufzuwärmen. Madame Maxime wandte ein, daß sich jemand um die riesigen Pferde kümmern müsse, worauf Dumbledore beruhigt versicherte, daß Hagrid, der neben seiner Tätigkeit als Wildhüter auch die Pflege magischer Geschöpfe unterrichtete, die Pferde versorgen würde. Kevin giggelte, als Madame Maxime für alle hörbar bekundete, daß die Pferde nur Single-Malt-Whiskey saufen würden.

"Ist ja heftig. Meine Großtante Cloe betreibt eine Whiskey-Destillerie. Vielleicht sollte ich mir die Adresse von Beauxbatons geben lassen, damit diese Pferde guten Nachschub kriegen."

"Psst!" Machte Julius, weil er fürchtete, was wichtiges zu verpassen. Doch die Schulleiterin aus Beauxbatons bellte ihre Schüler nur mit kurzen Worten an, so daß diese wie Schafe ihrem Hütehund ins Schloß folgten.

Wenige Minuten später tauchte mitten aus dem See ein alt wirkendes Segelschiff mit schwarzen Planken auf, als sei es ein Kriegs-U-Boot der Muggel. Als es landete, gingen ebenfalls dreizehn Mann von Bord, die auf den ersten Blick wirkten wie Kopien der klobigen Slytherins Crabbe und Goyle. Erst beim Näherkommen konnten die Schüler von Hogwarts erkennen, daß die Neuankömmlinge dicke Pelzumhänge trugen.

"Macht mir den Eindruck, daß die gerade aus dem hohen Norden kommen", vermutete Julius leise. Dann hörte er auf Dumbledore, der von einem großen Mann in einem seidig wirkenden Pelzumhang begrüßt wurde und erfuhr, daß es Igor Karkaroff, der Schulleiter von Durmstrang, persönlich war. Dann staunte Julius noch mal, als ein Raunen der Anerkennung und Überraschung durch die Schülerreihen ging, als Karkaroff einen Jungen freundlich einlud, in die Wärme des Schlosses zu treten.

"Julius, das ist Victor Krum, der bulgarische Sucher, der gegen uns den Schnatz geholt und Aidan Lynch zum Absturz getrieben hat", zischte Kevin und sah leicht verärgert zu dem schwerfällig dahergehenden Jungen hinüber, der seinem Schuldirektor folgte.

"Dieser Mistkerl hätte fast unseren Sucher gekillt", fauchte Kevin.

"Er hätte besser aufpassen sollen", versetzte Jenna Hollingsworth. "Den Wronsky-Bluff kennt doch wohl jeder gute Spieler."

"Du hast das nicht gesehen, Jenna", schnaubte Kevin.

"Lynch hat es überlebt. Die Medi-Magier sind doch besser als Muggelärzte", stellte Julius nüchtern fest.

"Willst du dir ein Autogramm von dem geben lassen?" Fragte Kevin Julius. Dieser schüttelte den Kopf.

"Nicht von Spielern, die ich nicht selbst habe spielen sehen. Außerdem habe ich schon eins von Pamela Lighthouse. Du kennst ja die Geschichte, wie ich in den Weihnachtsferien ein Quidditchspiel gesehen habe", erwiderte Julius.

"Stimmt", sagte Kevin.

"Gute Idee das mit dem Autogramm, Kevin. Für einen Krum kriegst du bestimmt zehn Lynches", flachste Fredo Gillers, der sich darüber amüsierte, wie sehr das Quidditch-Endspiel bei Kevin noch nachwirkte.

"Umgekehrt, Fredo", knurrte Kevin.

"Herrschaften, es geht in die große Halle!" Quiekte Flitwicks Stimme. Wie auf Kommando wirbelten alle Schüler herum und eilten in das Schloß zurück.

An der Abordnung von Durmstrang ging es vorbei in die große Halle. Dort sahen Julius und sein Schlafsaalgenosse und Trainingskamerad, daß sich die Schüler aus Beauxbatons an ihrem Haustisch niedergelassen hatten.

"Wer kam denn auf die Idee, die bei uns hinzusetzen?" Fragte Kevin. Julius fragte sich das zwar auch, hätte es aber nicht gewagt, diese Frage laut zu stellen, weil er innerlich froh war, daß die Beauxbatonss am Ravenclaw-Tisch sitzen durften.

Tatsächlich dauerte es vom eintreten der Ravenclaws bis zu den ersten Begrüßungen keine dreißig Sekunden mehr. Jeanne Dusoleil, die links neben einem Mädchen mit rotem Haar saß, erhob sich von ihrem Stuhl und eilte auf Julius zu.

"Bonjour, Garçon! Comment ça va!" Begrüßte sie Julius. Kevin sah sie mit Augen groß wie Autoscheinwerfer an. Julius erwiderte den Gruß und bekundete seine Freude, sie wiederzusehen, wenngleich er sich dabei gut beherrschte, nicht überschwänglich zu werden.

"Hallo, kann man mir mal sagen, was hier vorgeht?" Fragte Kevin. Julius grinste. Dann stellte er Jeanne Dusoleil und Kevin Malone einander vor, während Gloria und Pina zu ihnen herankamen.

Jeanne begrüßte auch Gloria und ließ eine höfliche Bemerkung zu Pinas Aussehen fallen. Gloria mußte übersetzen. Dann trat Barbara Lumière auf Julius zu. Kevin ging vorsorglich auf Abstand. Auf französisch sprach ihn die Hüterin der Blumentöchter von Millemerveilles an:

"Hallo, junger Herr. Jeanne und ich haben uns schon gefragt, wie schnell wir dich treffen würden. Maman hat mir von deiner Glanztat beim Sommerball berichtet."

"Daß ich mit deinem kleinen Bruder so gut klarkam?" Fragte Julius ebenfalls auf Französisch. Barbara lachte und hieb Julius wie beiläufig auf die Schultern.

"Bescheidenheit ist wohl dein zweiter Vorname, wie? Aber ich gehe davon aus, daß da noch was anderes war, worauf du stolz sein müßtest. Maman läßt dir durch mich ausrichten, daß sie dich gerne wiedersehen würde, nächstes Jahr im Sommer."

"Sie, Jeannes Maman, Madame Delamontagne und vielleicht auch eure stellvertretende Schulleiterin."

"Grund genug, um deine Ferien nicht allzusehr zu verplanen", erwiderte Barbara. Dann fragte sie:

"Ist das bei euch immer so kalt?"

"Kalt? Das geht doch noch", erwiderte Julius. Dann verabschiedete er sich für's Erste von Barbara Lumière und setzte sich neben Kevin, der links von César flankiert wurde, während Jeanne Gloria dazu überredete, sich zwischen sie und Julius zu setzen.

"Dürfen die das denn, sich einfach zwischen uns hinsetzen?" Fragte Kevin Julius. Dieser wollte schon übersetzen, doch Jeanne sagte in einem Englisch mit starkem französischen Akzent:

"Madame Maxime 'at uns den Auftrag erteilt, uns an den unserer Schule angemessenen Tisch zu plazieren, ohne uns dabei zu isolieren. Immer'in bleiben wir alle für fast ein Jahr 'ier."

"Wie?" Fragte Kevin erstaunt.

"Oha, Kevin! Das steht doch in der Enzyklopädie der magischen Spiele und Sportarten, daß alle Kandidaten beim trimagischen Turnier bis zum Turnierende auf dem Gelände der Schule wohnen und lernen, die Gastgeber ist", belehrte Julius den Freund, der etwas verdrießlich dreinschaute.

"Mußtest dich schlaulesen, oder?"

"Schadet nie was", sprang Prudence Julius bei, die gerade mit Cho Chang freie Plätze am Ravenclaw-Tisch suchte. Auch sie begrüßte Bekannte aus Millemerveilles, zu denen, wie Julius jetzt feststellen konnte, auch Nadine Pommerouge, eine sehr gute Treiberin der Dorfmannschaft von Millemerveilles, gehörte.

Als Kevin festgestellt hatte, daß die Beauxbatons-Schüler alle etwas Englisch sprechen konnten, wollte er eine Unterhaltung mit César, dem rundlichen Hüter, beginnen, als die Lehrer von Hogwarts in die Halle kamen. Unvermittelt sprangen sämtliche Beauxbatons-Schüler von ihren Plätzen hoch, als ihre Schulleiterin eintrat. Kevin grinste wie ein Honigkuchenpferd. Anderswo lachten sogar Schüler. Erst als die Schulleiterin saß, nahmen auch die Beauxbatons-Schüler wieder ihre Plätze ein.

Julius war froh, daß keiner am Tisch einen der Beauxbatons fragte, weshalb sie so auf ihre Schulleiterin reagierten. Er hatte ja gehört, daß es dort wesentlich strenger zuging als in Hogwarts. Außerdem fand er nichts dabei, jemanden wichtiges zu begrüßen, indem man für ihn aufstand und erst wieder platznahm, wenn diese Person ihren Platz eingenommen hatte. Er wunderte sich nur darüber, daß die Leute von Beauxbatons alle so verdrossen umherblickten, als gefiele ihnen die neue Umgebung nicht. Lag das nur an der kälteren Temperatur, die hier herrschte? Oder war es etwas anderes? Dann sah Julius noch mal genau hin, wer allles gekommen war und erkannte noch ein Mädchen. Selbst wenn sie sich einen Schal wie ein wärmendes Kopftuch um den Kopf geschlungen hatte, das Gesicht und die Ausstrahlung von Anmut und Grazie waren unverkennbar. Er schluckte, weil er wieder diesen merkwürdigen Zauber verspürte, der ihn einmal unvorbereitet erfaßt und wie in einer Trance hinter diesem Mädchen hergetrieben hatte.

Er riß seinen Blick von der schönen Junghexe, die, wie er sehr genau wußte, Fleur Delacour hieß und suchte die Durmstrangs. Er grummelte leise, als er sie am Tisch der Slytherins entdeckte.

"Da gehören sie hin", sagte Jeanne leise auf Französisch, als sie Julius' Blick bemerkte.

"Ich hoffe, nicht alle", erwiderte Julius leise, ebenfalls Französisch sprechend.

Eine weitere Unterhaltung über die Durmstrangs verebbte, als Dumbledore die Gäste begrüßte und sie einlud, sich in Hogwarts wie zu Hause zu fühlen. Fleur mußte darüber laut lachen, was ihr einen verwunderten Blick aller Anwesenden eintrug.

"Was gab's da zu lachen?" Grummelte Kevin, während Dumbledore seine Begrüßungsrede beendete, worauf sich die Schüsseln und Platten mit allen erdenklichen Speisen füllten, die Julius bisher in Hogwarts kennenlernen durfte. Daneben gab es auch ausländische Spezialitäten. Besonders eine Terine mit einer Fisch- und Muschelsuppe fand begeisterten Zuspruch bei den Beauxbatonss. Bouillabaisse, so stellte Julius dem skeptisch schnüffelnden Kevin das Gericht vor und nahm sich selbst einen Teller voll, als die Gäste sich bedient hatten.

"Irischer Eintopf ist doch besser", sagte Kevin.

"Schon leer", knurrte César, als er sich eine zweite Portion auftun wollte. Auch andere Beauxbatons wollten noch mal nachnehmen oder ihren Sitznachbarn aus Hogwarts etwas zum probieren geben.

Auf französisch bot Fleur Delacour, die ihr Kopftuch mittlerweile abgenommen hatte, so daß ihr seidenweiches silberblondes Haar richtig frei über ihre Schultern hinab, bis fast zu den Hüften wehte an, von einem der Nachbartische eine neue Terine zu holen.

"Was will sie?" Fragte Kevin. "Ich dachte, die könnten alle Englisch."

"Sie möchte Nachschub holen", sagte Julius kühl. Er zwang sich, nicht zu konzentriert hinter dem schönen jungen Mädchen herzustarren. Kevin, der wohl noch nicht so heftig von ihrem merkwürdigen Zauber ergriffen wurde, sagte nur:

"Mann, bildet die sich was auf ihr Aussehen ein."

Julius schwieg über diese Bemerkung, um nicht den Zorn von Jeanne oder ihren Mitschülern auf sich zu ziehen.

César freute sich schon, als Fleur Delacour mit einer fast vollen Terine vom Gryffindor-Tisch zurückkehrte. Julius stellte mit Genugtuung fest, daß Ron Weasley, der neben Harry Potter saß, wie weggetreten dreinschaute. Offenbar hatte ihn diese Fleur mit ihrer Ausstrahlung verdreht.

Julius nahm Jeannes Angebot an, sich noch einen Teller der Bouillabaisse aufzutun, als César seinen dritten Teller verputzte. Auf Französisch sagte sie leise zu Julius:

"Du hast wieder abgenommen. Maman und Professeur Faucon würden das nicht gerne sehen, wenn du hier verhungerst, nur weil ihr mehrere Leute zusätzlich füttern müßt."

"Immerhin haben die Hauselfen hier genauso gute Köche wie deine Maman, Jeanne", flüsterte Julius leise in französischer Sprache. Kevin, der sich irgendwie ausgeschlossen fühlte, räusperte sich und fragte:

"Habt ihr irgendwelche Geheimsachen ausgetauscht?"

"Ja, haben wir. Jeanne hat mir erzählt, daß die französischen zauberer demnächst alle Rezepte für irischen Eintopf an sich bringen und gegen Bouillabaisse-Rezepte austauschen wollen."

Jeanne mußte ihrer anerzogenen Haltung wegen jedes laute Lachen unterdrücken. Doch Gloria und Prudence, die Julius schräg gegenübersaß, lachten laut los. Julius sah Kevin besorgt an, weil er nicht wußte, ob er nicht doch zu weit gegangen war. Doch auch Kevin lachte.

Den Rest des Festessens vertrieben sich die Ravenclaws mit Unterhaltungen mit ihren ausländischen Sitznachbarn. Dabei lernte Julius Marlene Dupont kennen, die in einer Quidditchmannschaft von Beauxbatons Sucherin spielte, was sie zur interessanten Gesprächspartnerin für Cho Chang machte, die nach dem Dessert mit Prudence den Platz tauschte, um mit der französischen Schülerin zu reden.

Während des Essens gesellten sich zwei Zauberer zu den drei Schulleitern und den übrigen Lehrern am hohen Tisch. Julius kannte sie beide nicht, aber er bemerkte sofort, daß sie unterschiedlicher nicht sein konnten.

Der eine besaß ein jungenhaftes rundes Gesicht und strahlte alle Schüler, besonders die Mädchen, an, wie ein Honigkuchenpferd. Der zweite trug einen ordentlichen Umhang und sah auch an Bart und Kopfhaar überordentlich aus. Kevin sah den Zauberer mit dem runden Gesicht an und fauchte:

"Bagman, der Betrüger. Der braucht gar nicht so zu grinsen. Mit dem wette ich nicht mehr."

"Das ist dieser Ludo Bagman?" Fragte Julius seinen Schlafsaalgenossen.

"Ja", knurrte Kevin. Dann deutete er auf den zweiten Fremden und sagte:

"Der da ist übrigens Bartemius Crouch, der Leiter der Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit."

"Ach, so sieht also Percy Weasleys neuer Chef aus", bedachte Julius Crouch mit einer lockeren Bemerkung.

"Der Typ ist ein Federfuchser. Wer auch nur gegen einen Buchstaben des Zaubereigesetzes verstößt, kriegt mit ihm Ärger, hat meine Mutter erzählt", wußte Kevin noch zu ergänzen.

"Wozu sind die hier? Wollen die das Turnier überwachen?"

"Höchstwahrscheinlich", wandte Gloria ein.

"Bagman ist ein schräger Vogel, Leute. Laßt euch von dem nichts andrehen, auch wenn er noch so zuckersüß lächelt", warnte Kevin.

"Ja, wir wissen es, Kevin. Deine Eltern hätten fast mit Leprechan-Gold nach Hause gehen müssen, weil Bagman offenbar kein echtes Gold rausrücken wollte", seufzte Fredo Gillers.

"Genau", stieß Kevin kurz aus.

Nach dem Abendessen ergriff Dumbledore noch einmal das Wort. Alle schwiegen in gespannter Erwartung. Dumbledore kündigte an, daß zur Auswahl der Champions für das trimagische Turnier ein unparteiischer Richter die Namen der Schüler, die sich bewerben wollten, annehmen und daraus auswählen würde.

Filch trug eine Truhe herein, die Dumbledore mit drei Schlägen seines Zauberstabs dazu brachte, sich zu öffnen. Alle Schüler, ob Hogwarts, Durmstrang oder Beauxbatons, sahen auf den Feuerkelch, jenen Gegenstand, der als unparteiischer Richter dienen sollte. Julius blickte fasziniert auf den grobgeschnitzten Holzkelch, in dem weiß-blaue Flammen tanzten. Dumbledore wies nochmals darauf hin, daß nur Schüler am Turnier teilnehmen sollten, die das siebzehnte Lebensjahr vollendet hatten. Um sicherzustellen, daß keiner unter siebzehn Jahren seinen Namen in den Feuerkelch einwerfen konnte, würde Dumbledore eine Alterslinie um den Kelch ziehen, die jüngere Bewerber abhalten sollte.

"... Wer seinen Namen in den Feuerkelch wirft, schließt damit einen bindenden magischen Vertrag. ..." machte Dumbledore klar, daß man sich nicht leichtfertig zur Teilnahme entschließen sollte, wenn man nicht wirklich mitmachen wollte. Denn wer einmal ausgelost wurde, mußte, den Regeln gemäß, das Turnier bis zum Ende durchstehen.

Als die Schüler nach Dumbledores Ansprache die große Halle verließen, diskutierten die älteren bereits, wer von ihnen am Turnier teilnehmen wollte und wer nicht. Jeanne, die mit ihren Schulkameraden aus Beauxbatons mit ihrer Schulleiterin das Schloß verlassen sollte, verabschiedete sich von Julius und Gloria und wünschte ihnen eine geruhsame Nacht. Julius fragte noch:

"Schlaft ihr in eurer Reisekutsche?"

"Ja, das tun wir", erwiderte Jeanne Dusoleil.

"Hoffentlich ist es euch nicht allzu kalt", bemerkte Julius dazu.

"Wir haben einen Kälteabweisungszauber. Keine Sorgen!"

Julius kehrte mit seinen Schlafsaalgenossen zurück in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws. Dort fragte Kevin:

"Glaubst du, daß man diese Alterslinie nicht irgendwie knacken kann, Julius? Mich würde das interessieren, ob ich nicht doch meinen Namen einwerfen kann."

"Kevin", flüsterte Julius, schnell umherblickend, ob sie jemand belauschte, "zum einen kann keiner eine Alterslinie überschreiten, der nicht unter oder über einem bestimmten Alter ist. Zum anderen, wenn du das schaffen würdest und der Kelch deinen Namen ausgeben sollte, müßtest du teilnehmen. Das hat Dumbledore doch gesagt."

"Was nichts heißt. Ich kann doch sagen, daß ich mich geirrt habe", wandte Kevin ein.

"Ja, du hättest nur aus Versehen deinen Namen und die Schule, für die du antrittst wie ein altes Stück Pergament in den Feuerkelch geworfen, wie in einen Mülleimer. Ich weiß nicht, was das heißt, ein bindender magischer Vertrag. Aber wenn es sowas ist, daß dich magisch dazu zwingen kann, eine Bedingung zu erfüllen, die du bereits angenommen hast, könnte es dich langsam dahinsiechen oder dir schlimme Alpträume zukommen lassen. - Aber ich interessiere mich auch dafür, ob man eine Alterslinie umgehen kann, ohne sie zu durchbrechen oder aufzulösen."

"Vielleicht geht es mit Telekinetik", vermutete Kevin.

"Ferngelenkte Objekte, die in den Bannkreis eindringen? Könnte gehen", pflichtete Julius dem Schulkameraden bei.

"Vielleicht muß man auch nur aus einer bestimmten Höhe heraus in den Kreis hineinfliegen", vermutete Kevin weiter.

"Hmm", machte Julius. Er dachte bereits daran, sich in den frühen Morgenstunden anzusehen, wie der Kelch funktionierte und eventuell einen Trick zu finden, eine unbeschriebene Pergamentseite hineinzupraktizieren. Er wollte nicht an diesem Turnier teilnehmen und deshalb schon gar nicht die Möglichkeit schaffen, daß sein Name ausgeworfen würde, falls er die Alterslinie wirklich umgehen konnte, ohne sie zu zerstören. Denn wenn er das tat, war ihm der Rauswurf aus Hogwarts gewiß.

Im Schein seines Zauberstabes las Julius unter der Bettdecke und im Schutze des Bettvorhangs unbemerkt von seinen Schlafsaalgenossen das Kapitel über Alterslinien, das im Buch "Schutz und Trutz" von den Professoren Faucon, Clearview und Cognito abgehandelt wurde, welches er von Professeur Faucon zum Geburtstag bekommen hatte. Ein wenig wußte er ja schon darüber, weil er nach Dumbledores erster Ankündigung, sicherzustellen, daß nur Schüler ab einem bestimmten Alter teilnehmen durften nachgelesen hatte, wie sowas magisch möglich war. So wußte er, daß eine Alterslinie mit hilfe des Zauberstabes und goldener Zaubertinte kreisförmig um ein damit zu sicherndes Objekt angebracht werden mußte. Mit dem Zauberstab und entsprechenden Formeln stellte der Magier sicher, ob ein bestimmtes Alter, alle darunter oder alle darüber Zutritt zum geschützten Objekt erhielten oder abgewiesen wurden. Nun las er das Kapitel gründlicher und erfuhr auch:

"... Der Gebrauch aller Gebräue, die das körperliche Alter verringern oder erhöhen, führt zu einer fast augenblicklichen Abweisung, sobald eine Person, die sich dieser Mittel bedient, über die Alterslinie getreten ist, noch bevor sie das Objekt erreicht hat. Bei Obergrenzen-Alterslinien, die durch Verjüngungselixiere getäuscht werden sollen, erfährt der Körper eine schrumpfung auf das Niveau eines zehnjährigen Kindes. Bei Untergrenzen-Alterslinien, die durch Alterungstränke getäuscht zu werden versuchen, wächst der Person, die sich dieser Tränke bedient, innerhalb einer Sekunde, unerheblich welches Geschlecht die Person besitzt, ein schneeweißer Bart, nachdem die sofortige Abweisung aus dem geschützten Kreis erfolgt ist. Dies geschieht, weil nicht das körperliche Alter, sondern die erlebte Lebenszeit für die Magie der Alterslinie ausschlaggebend ist und daher Wechselwirkungen zwischen altersverändernden Tränken und Alterslinie hervorgerufen werden können. ..."

Julius grinste, wenn er sich überlegte, ob nicht schon welche mit dem Gedanken spielten, sich durch einen Alterungstrank Zutritt zum Feuerkelch verschaffen zu können. Dann las er noch das Kapitel zu Ende, ohne jedoch mehr zu erfahren, außer wie eine Alterslinie zu brechen war. Doch diese Magie war für ihn Tabu, eben wegen der Gefahr, der Schule verwiesen zu werden. Über Fernlenkungen und sonstige Möglichkeiten stand nichts in dem Kapitel.

Julius löschte sein Zauberstablicht und legte das Buch vorsichtig und Leise in seine Practicus-Reisetasche zurück. Bislang wußte niemand davon, daß er dieses Buch hatte, außer Prudence, Gloria und den Hollingsworths. Er hielt es auch nicht für besonders nützlich, es allen zu erzählen, die er kannte. Julius nahm sich vor, noch vor der Frühstückszeit hinunterzugehen und zu sehen, ob er mit Fernlenkungszaubern oder ähnlichem nicht doch über die Linie kommen konnte.

 

 

Als er aus einem tiefen und ruhigen Schlaf erwachte, sah Julius auf seine Uhr und stellte fest, daß es fünf Uhr am Morgen war. Leise stand er auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen und holte seine Drachenhauthandschuhe, ein stück Pergament und ein leeres Tintenfaß aus seinem Koffer. Dann nahm er seinen Zauberstab und schlich sich leise aus dem Schlafsaal hinaus. Vorsichtig stieg er die Treppe zum Gemeinschaftsraum hinunter, der um diese Zeit verlassen lag. Julius lauschte und hörte, wie die beiden Hexen, die auf dem Gemälde vor dem Zugangsloch abgebildet waren, laut und vernehmlich schnarchten. Sachte - ganz sachte - drückte er das Portrait Millimeter um Millimeter zur Seite und schlüpfte aus dem Gemeinschaftsraum, ohne die beiden Türhüterinnen zu wecken. Wie bei einem Indianerspiel zu alten Schulzeiten mit Malcolm und Lester schlich Julius durch die Korridore, jeden Schatten als Sichtdeckung ausnutzend.

Die Eingangshalle war leer. Nur ein älterer Slytherin warf gerade seinen Namen in den Holzkelch, der auf dem dreibeinigen Stuhl stand, auf dem sonst der sprechende Hut lag, wenn die neuen Schüler zugeteilt wurden. Wie Julius es gelesen hatte, umfaßte den Stuhl mit dem Kelch ein drei Meter durchmessender Kreis aus goldener Tinte. Der Slytherin, der Julius' Wissen nach in der Quidditch-Hausmannschaft spielte, sah fröhlich pfeifend zu, wie sein Name "Warrington, Hogwarts" kurz vor dem Verschwinden seines Pergamentzettels rot aufflammte. Dann ging der ältere Junge davon. Julius trat um sich spähend in die Eingangshalle. Sein Herz klopfte, weil er genau wußte, daß er dabei war, etwas nicht ganz erlaubtes zu unternehmen. Er suchte mit dem geübten Blick des abenteuergewohnten Jungen nach Möglichkeiten, sich schnell zu verstecken. Dann nahm er das Pergamentstück, daß er in den Kelch werfen wollte. Er zog seine Drachenhaut-Handschuhe an. Er hatte nämlich schon die unliebsame Erfahrung gemacht, daß magisch geschützte Gegenstände oder Bereiche schmerzhafte Rückstöße durch den Zauberstab verursachen konnten, wenn versucht wurde, sie zu bezaubern. Julius zerriß das Pergament in drei Stücke. Doch zuerst wollte er sehen, ob Kevin nicht recht hatte und man über die Linie hätte hinwegfliegen können.

Julius nahm den Zauberstab, richtete ihn auf die goldene Linie und murmelte: "Monstrato Incantatem!"

Ein bläulichroter Lichtkegel fiel aus dem Zauberstab auf die Alterslinie und zerfloß sofort zu einer Lichtwand, die exakt auf der Alterslinie stand und vom Boden bis zur Decke reichte.

"Soviel zum drüberfliegen", dachte Julius und ließ den bläulichroten Lichtschein seines Zauberstabes auf den Feuerkelch fallen. Dieser erstrahlte neben der klar erkennbaren Lichtmauer in rotgoldenem Schein, der ihn viermal so groß wirken ließ als er war.

"Nox!" Flüsterte Julius. Der Lichtkegel seines Zauberstabes erlosch und damit auch die durchsichtige Lichtmauer um den Feuerkelch, so daß nur die weißblauen Flammen im Kelch selbst und die golden glänzende Alterslinie zu sehen waren. Nun ging Julius daran, das erste Pergamentstück über die Linie zu befördern. Er nahm das Pergamentstück, warf es über die Linie und sah, wie es sanft zurückgeweht wurde. Offenbar wies der Kreis alle Objekte von sich, die nicht direkt getragen wurden. Julius ließ das Pergamentstück von Zauberhand aufsteigen und beschleunigte es durch starke Konzentration. Als es die Linie gerade überquert hatte, knisterte es zwischen Zauberstab und Pergamentstück, und mit einem kurzen Knall zerfiel das Pergament im Flug zu Asche. Julius sah sofort, ob seinem Zauberstab etwas passiert war und atmete auf. Entweder hatten die Drachenhaut-Handschuhe seine Hand vor Verbrennungen geschützt, oder es war tatsächlich nichts anderes passiert, als die Vernichtung des Pergamentstückes. Dem Zauberstab war jedenfalls nichts passiert.

Julius nahm das zweite Pergamentstück, legte es in das Tintenfaß und ließ dieses ebenfalls per Fernlenkung über die Linie fliegen. Das heißt, er wollte es. Denn auch das Tintenfaß kam nicht weit. Doch statt zu verglühen wie das erste Pergamentstück, prallte es wie von einem unsichtbaren Hindernis ab und schwirrte zu Julius zurück, der es mit einer behandschuhten Hand auffing. Er sah hinein und stellte fest, daß das zweite Pergamentstück ebenfalls verbrannt war.

Julius legte das Tintenfaß auf den Boden. Noch einen Versuch wollte er wagen, die Linie zu überlisten. Er bewegte den Zauberstab in fließendem Rhythmus, wobei er beinahe lautlos eine Verwandlungsformel wisperte und sich vorstellte, daß aus dem Fäßchen eine Ratte wurde. Tatsächlich knallte ein violetter Blitz aus dem Zauberstab und ließ das Tintenfaß verschwinden und statt seiner eine braune Hausratte erscheinen, die sich schnell umdrehte und davonlaufen wollte. Julius fing sie mit einem Fernlenkungszauber ein und ließ sie zu sich zurückfliegen. Dann band er ihr das dritte und letzte Pergamentstück um den Leib und setzte sie vor sich auf den Boden. Dann richtete er seinen Zauberstab auf sie und befahl:

"Tritt über die Linie!"

Die Ratte rannte los, aber nicht direkt zur Alterslinie. Julius befahl es noch mal, etwas lauter und eindringlicher. Die Ratte verharrte im Lauf, warf sich herum und rannte bis zur Linie. Doch vor der Linie blieb das gezauberte Tier stehen und wollte das lästige Pergamentstück abknabbern. Doch Julius befahl noch mal, daß es über die Linie treten solle. Die Ratte zitterte. Julius sah, wie sie sich umdrehte und um die Linie herumlief, als sei sie eine feste Mauer ohne Durchlaß. Als sie im Visier von Julius' Zauberstab auftauchte, wollte Julius das Tier noch mal anweisen, über die Linie zu treten, als die Ratte mit einem Satz über die goldene Linie hinwegzuspringen versuchte. Doch da passierte das außergewöhnlichste, was Julius seit seinem Schulbeginn in Hogwarts erlebt hatte. Die Ratte flog über die Linie hinweg, glühte bläulich auf und wuchs laut quiekend auf doppelte Größe an. Dann prallte sie zurück bis über die Linie und flog im immer schnelleren Tempo genau die Linie entlang den Bannkreis ab, immer wieder. Dann gab es einen lauten Knall, und ein kleines Tintenfaß flog wie von einer unsichtbaren Leine herumgeschleudert, von der Alterslinie fort, krachte gegen eine der Wände der Halle und zerbrach.

Julius ließ die Bruchstücke des Tintenfasses zu sich fliegen und setzte sie mit einem Reparo-Zauber wieder zusammen. Keine Sekunde zu früh. Denn er hörte ein entferntes Kichern eines Mädchens und eines Jungen, die beide auf die eingangshalle zueilten.

Julius verbarg sich hinter einer Ritterrüstung, die als Zierde in der Halle stand. Er beobachtete eine Ravenclaw-Mitschülerin, die, wie er wußte, gerade sechzehn Jahre alt war und ihren Freund aus Hufflepuff. Die beiden gingen auf die Alterslinie zu und verharrten davor.

"Und das Zeug wirkt wirklich?" Fragte der Junge das Mädchen.

"Aber sicher doch. Ich habe den Alterungstrank aus dem Buch über körperverändernde Zaubertränke. Die vier Tropfen reichen aus, glaub's mir!"

"Na dann. Wir beide zusammen?"

"Gut! Eins - zwei - drei!"

Bei drei sprangen die beiden über die Alterslinie, jeder mit einem beschriebenen Pergamentzettel in der Hand. Julius zwang sich, nicht gleich loszulachen. Denn er wußte, was passieren würde und freute sich schon darauf.

Unvermittelt zischte es, sobald die beiden über die Linie getreten waren. Dann flogen die beiden Schüler aus dem Schutzkreis heraus, mindestens vier Meter weit. Keinen Augenblick danach knallte es laut, und beiden sproß ein langer weißer Bart aus dem Gesicht.

"Verflucht!" Rief der Hufflepuff-Junge. "Diese Linie hat uns abgewiesen."

"Verdammt. Wozu das ganze?" Quängelte das Ravenclaw-Mädchen, diesmal wie ein kleines Kind als wie eine selbstbewußte junge Hexe klingend.

"Wie kriegen wir diese Bärte wieder weg?" Fragte der Junge.

"Wir müssen zu Madame Pomfrey", bestimmte das Mädchen, dem Tränen über den weißen Bart liefen.

Schneller als vorhin verließen die beiden Alterslinien-Austrickser die Eingangshalle. Jemand kicherte. Julius erstarrte. Er war es nicht, obwohl er an und für sich auch hätte lachen müssen. Er drehte sich um und sah Professor Dumbledore, der durch einen anderen Zugang die Halle betrat und prüfte, ob die Alterslinie noch intakt war. Julius verharrte totenstill, bis der Schulleiter wieder davongegangen war. Dann atmete er tief durch und verließ im Eiltempo die Eingangshalle, bevor noch jemand auftauchte.

Als die Ravenclaws zusammen in die große Halle zum Frühstück gehen wollten, sah Julius, wie eine Gruppe Schüler um den Feuerkelch herumstand und beobachtete, wie vereinzelte Schulkameraden ihre Namen in den Kelch einwarfen. Dann tauchten Harry Potter und Ron Weasley mit ihren Gryffindor-Hauskameraden auf. Sie betrachteten den Feuerkelch und wollten schon weitergehen, als das Trio Fred und George Weasley und Lee Jordan lachend die Treppe herabkam.

"Die Weasley-Zwillinge wollten einen Alterungstrank nehmen", flüsterte Kevin. Julius grinste.

"Oh, dann bleiben wir erstmal hier. Das wird lustig", sagte Julius Andrews in großer Vorfreude. Seine Hoffnung auf Spaß sollte nicht enttäuscht werden. Denn kaum waren die beiden Weasley-Brüder aus der sechsten Klasse über die Linie getreten, zischte es, die beiden flogen von unsichtbarer Macht geschleudert aus dem Kreis und bekamen mit einem lauten Knall zwei wunderschöne weiße Bärte, die sich bis aufs Haar glichen. Alle lachten, auch die Betroffenen.

Dumbledore kam in die Eingangshalle, ebenfalls lachend und schickte die beiden Brüder in den Krankenflügel.

"Woher wußtest du das, Julius?" Fragte Kevin Malone.

"Ich habe das nachgelesen. Alterslinien wirken auf jede körperliche Altersveränderung, weil sie auf das wirklich erlebte Alter reagieren."

"Wo steht das denn?" Wollte Fredo wissen.

"In einem Buch über Schutz- und Meldezauber. Ich konnte es in den Ferien lesen, wenn ich mal nicht Quidditch trainiert oder Schach gespielt habe", antwortete Julius.

"Dann kommt niemand über die Alterslinie, auch keine Fernlenkzauber?" Fragte Kevin.

"Kannst es ja mal ausprobieren."

"Ich denke, das hättest du schon ausgeklügelt", flüsterte Kevin. Julius fragte, wie er darauf komme.

"Ich wurde um halb sechs wach. Du kamst da gerade von draußen zurück, mit Drachenhaut-Handschuhen an. Die brauchtest du bestimmt nicht für's Klo. Ich denke, du hast versucht, mit Fernlenkzaubern die Linie auszutricksen."

"Was nicht funktioniert hat", erwiderte Julius.

Kevin war damit bedient und sagte nichts mehr dazu.

Nach dem Frühstück vertrieben sich alle die, die in der ersten und zweiten Klasse waren die Freizeit entweder in der großen Eingangshalle, wo der Feuerkelch stand oder im Gemeinschaftsraum, wo sie Schach spielten oder musizierten. Wetten wurden angeboten, wer es denn nun zum Hogwarts-Champion bringen würde. Julius begleitete Pinas Harfenspiel auf seiner Blockflöte und erntete Applaus von seinen Hauskameraden aus den ersten beiden Klassen und jenen, die Hogsmeade, das Zaubererdorf bei Hogwarts, nicht besuchen wollten, weil sie Hausaufgaben zu erledigen oder einfach keine Lust auf diese Ortschaft hatten.

Nachmittags vertrieben sich Julius, Kevin und Fredo die Zeit mit Dauerlauf auf dem Schloßgelände, bis sie um vier Uhr Nachmittags erschöpft zurückkehrten, sich duschten, um danach wie viele andere Schüler zu beobachten, wer alles seinen Namen in den Feuerkelch einwarf.

Kurz vor dem Abendessen ließ Madame Maxime ihre Abordnung von Beauxbatons antreten, die ein Schüler nach dem Anderen Pergamentzettel in den weiß-blau flammenden Kelch einwarfen. Wie bei Warrington von den Slytherins sah Julius, wie sich der Schriftzug von Namen und Schule vor dem Verschwinden des Zettels glutrot zeigte: "Jeanne Dusoleil, Beauxbatons", "Barbara Lumière, Beauxbatons", "Belle Grandchapeau, Beauxbatons", "Fleur Delacour, Beauxbatons".

Dann ging es zum Abendessen in die große Halle. Julius setzte sich mit Kevin vor Kopf des Ravenclaw-Tisches, wo sie den hohen Lehrertisch beobachten konnten. Gloria gesellte sich zu ihnen. Neben ihr nahm Jeanne Dusoleil aus Beauxbatons platz.

"Kevin, die letzten Wetten werden noch angenommen", flüsterte Julius seinem Bettnachbarn zu. Dieser zog die Stirn kraus und wiegte seinen Kopf, als müsse er eine Formel zur Beschreibung der ganzen Welt zusammenbekommen, dann sagte er:

"Also von den Durmstrangs und Beauxbatons fält mir keiner ein, den ich als Champion sehe. Von Hogwarts kommt Dustin McMillan oder Cedric Diggory in Frage. Vielleicht wird es auch Angelina Johnson aus Gryffindor. Ich sage jetzt mal, daß Dustin McMillan ausgelost wird."

"Gut", erwiderte Julius. "Dann wette ich, daß Cedric Diggory ausgelost wird. Der Gewinner bekommt vom Verlierer eine Tüte Berty Botts Bohnen in jeder Geschmacksrichtung."

"Top, die Wette gilt!" Erwiderte Kevin leise und schlug ein.

"Da sind hunderte von Namen drin. Wenn jemand anderes von uns ausgegeben wird?" Flüsterte Gloria.

"Hmm, dann gewinnt eben keiner", sagte Kevin. Julius überlegte, ob er Kevin nicht anbieten wollte, auf einen Schüler zu setzen, der die Alterslinie ausgetrickst hatte. Doch weil er selbst keinen Weg gefunden hatte, verzichtete er auf solch eine Wette.

Die Spannung wuchs während des reichlichen Festmals ins unerträgliche. Die Beauxbatons sahen gereizt umher, schüttelten die Köpfe, wenn eine der Halloween-Fledermäuse zu dicht über dem Tisch daherkam oder machten mißbilligende Gesichter, wenn sie die unheimlich von innen erleuchteten ausgehöhlten Kürbisse ansahen. Jeanne wandte sich kurz an Gloria und fragte auf Französisch:

"Ist euer höchster Feiertag immer so schmucklos?"

Gloria lief leicht rosa an und erwiderte ebenfalls auf Französisch:

"Das ist Halloween. Da darf es nichts anderes sein. Die Muggel machen da noch mehr Trara drum, aber ohne den eigentlichen Sinn zu verstehen."

"Ich kann ja mal aufstehen und "Streich oder Süßes!" durch den Saal rufen", schlug Julius zu Kevin gewandt vor. Doch Gloria bekam das mit und zog Julius am rechten Ärmel.

"Bevor du dich hier lächerlich machst kannst du ja deiner Ferienbekanntschaft erzählen, wie das bei den Muggeln so abläuft. Dann hättest du wenigstens was hilfreiches beizutragen", zischte sie Julius zu.

Dieser grinste und wandte sich an Jeanne. Er erzählte ihr von den Verkleidungen, den Kindern, die in der Nachbarschaft herumliefen und Süßigkeiten erstritten, wenn ihre Nachbarn nicht unter einem Streich leiden wollten. Jeanne sah ihre Mitschüler an und gab das, was Julius erzählt hatte, schnell weiter. Die anderen grummelten irgendwas, daß Julius als "Dummes Muggelzeug" verstand. Das bedrückte ihn etwas. Seine gute Laune verringerte sich ein wenig. Denn er hatte mit seinen Freunden aus der Grundschule gerne den alljährlichen Marsch durch das Revier gemacht und manchen Nachbarn, die keine Süßigkeiten rausrücken wollten oder nicht zu Hause waren kleine Streiche gespielt, die Türklinken mit Seife eingeschmiert, die Türschlösser mit Klebeband zugeklebt oder böse grinsende Fratzen mit Wasserfarben an die Fenster gemalt. Manchmal trauerte er diesen Zeiten richtig nach, wo er mit seinen Kumpeln die Gegend unsicher gemacht hatte. Doch Hogwarts war sein neues Zuhause, die Zaubererwelt seine neue Lebenswelt. Er würde irgendwann darüber hinwegkommen. Vielleicht brauchte er dazu genug Zeit, um sich nicht mehr seine Mutter in einem Feenkostüm und seinen Vater in einem mittelalterlichen Bischofsmantel vorzustellen.

Julius' Gedanken an die Vergangenheit verflogen sofort, als an allen Tischen gespanntes Schweigen eintrat und alle Schüler zu Dumbledore und den anderen Lehrern und den beiden so unterschiedlichen Beamten des Zaubereiministeriums, Ludo Bagman und Bartemius Crouch hinaufsahen. Die Spannung erfaßte auch Julius, und er konzentrierte sich mit allen Sinnen auf das, was nun kommen würde.

Der Feuerkelch stand vor Dumbledore auf dem Tisch. In seinem Inneren tanzten und sprangen immer noch weiß-blaue Flammen. Mit einer weitausladenden Zauberstabbewegung löschte Dumbledore alle Lichter im Saal, mit Ausnahme der Kerzen in den Kürbissen. Nun wirkte das Feuer in dem grobgeschnitzten Holzkelch viel greller, so daß keiner lange daraufschauen konnte, ohne daß ihm oder ihr die Augen schmerzten. Dumbledore ordnete an, daß jeder, dessen Name vom Feuerkelch ausgegeben wurde, am Lehrertisch vorbei in eine Kammer hinter dem Tisch treten möge, wo er oder sie mit den andren beiden Champions die ersten Anweisungen für das Turnier entgegennehmen solle.

Wieder breitete sich eine gespannte Stille über die Haustische aus. Dann wechselte das Feuer im Kelch die Farbe, wurde rot und schlug hoch aus dem Kelch. An der Spitze der roten Flammen flog ein verkohlt wirkendes Pergamentstück. Dumbledore nahm das Stück Pergament herunter und las laut vor:

"Der Champion für Durmstrang ist: Victor Krum."

"Buuuuh!" Rief Kevin. Allerdings als einziger in der Halle. Alle anderen klatschten und stießen begeisterte Pfiffe aus. So hörte den irischen Klassenkameraden von Julius keiner außer Julius selbst.

"Das ist aber nicht fair, Kevin", fauchte er den Freund an.

"Der hätte fast Aidan Lynch auf dem Gewissen gehabt", knurrte Kevin. Fredo und Gloria zischten den beiden zu, wieder zu schweigen.

Wieder schoß an der Spitze roter Flammen ein Stück verkohltes Pergament heraus. Dumbledore nahm den Zettel und las laut, daß für Beauxbatons Fleur Delacour antreten solle.

Julius hörte es, wie alle am Tisch sitzenden Beauxbatonss schluckten, während Fleur Delacour wie Victor Krum selbstsicher und voller Siegesgewißheit aufstand und in die von Dumbledore bezeichnete Kammer ging. Julius sah, wie ausnahmslos alle anderen Beauxbatons-Schüler maßlos enttäuscht waren. Belle Grandchapeau und Nadine Pommerouge weinten sogar dermaßen, daß Tränenbäche aus ihren Augen ihre Wangen hinunterliefen, zwischen den Fingern hindurch, in die die beiden Mädchen ihre Gesichter vergraben hatten. Jeanne und Barbara sahen wie weggetreten drein, während César ein Gesicht machte, als müsse er gleich laut losbrüllen, daß er voll versagt hatte.

Als Fleur Delacour mit unerträglicher Freude in die kleine Kammer getreten war, schossen wieder rote Flammen aus dem Kelch heraus und schleuderten ein drittes verkohltes Pergamentstück heraus. Dumbledore nahm es und ließ einige Augenblicke verstreichen, in denen man eine Stecknadel hätte fallen hören können, so still war es. Dann verkündete der Schulleiter von Hogwarts den Namen des Champions, der für die altehrwürdige Zaubererschule am trimagischen Turnier teilnehmen sollte: "Cedric Diggory."

Lauter Jubel am Hufflepuff-Tisch deckte alle Geräusche in der großen Halle zu. Nach der gespannten Stille war dieser Jubel wie eine Explosion in den Ohren der Schüler. Die Ravenclaws, allen voran Cho Chang, Julius, Gloria und Kevin, stimmten in den Jubel mit ein.

Unter rhythmischem Klatschen der Hufflepuffs ging Cedric Diggory zwischen Hufflepuff- und Ravenclaw-Tisch hindurch, wobei er Cho einen kurzen Blick zuwarf und stieg zum Lehrertisch hoch, um als dritter und letzter Champion in die kleine Kammer zu gehen.

"Immerhin kein Slytherin", rief Julius Kevin zu, denn der Lärm am Hufflepuff-Tisch war immer noch sehr groß.

Als Die Freude sich etwas gelegt hatte, ergriff Dumbledore noch einmal das Wort und bat alle nichtausgelosten Gäste darum, ihre Champions mit allen Kräften zu unterstützen. Doch dann geschah etwas merkwürdiges.

Der Feuerkelch, der eigentlich seinen Dienst erfüllt hatte, spie noch einmal eine Säule roter Flammen aus, an deren Spitze ein verkohltes Pergamentstück flatterte. Schlagartig senkte sich wieder totale Stille über die Tische der großen Halle. Dumbledore nahm das Pergamentstück mit leicht irritiertem Blick und las, was darauf stand. Er dachte wohl kurz über etwas nach. Dann las er laut vor:

"Harry Potter!"

Alle Schüler drehten ihre Köpfe so, daß sie den kleinen Jungen mit dem schwarzen unordentlichen Haar und der blitzförmigen Narbe auf der Stirn sehen konnten. Julius sagte halblaut:

"Äußerst interessant!"

"Was soll interessant sein?" Fragte Gloria.

"Das sowas möglich ist, daß von einer Schule zwei Champions ausgewählt werden konnten, wobei Harry Potter bestimmt nicht die Alterslinie überschritten haben kann."

"Dann hat der halt wen anderes bezahlt oder mit irgendwas dazu gebracht, für ihn den Zettel einzuwerfen", erwiderte Kevin.

Julius sah sich Harry Potter genau an und erkannte sofort, daß Harry absolut nicht wußte, wie ihm geschah. So, so dachte Julius, sah keiner aus, der darauf ausgegangen war, teilzunehmen oder gar wen dazu beauftragt hatte, seinen Namen ins Spiel zu bringen.

"Das geht doch nicht", sagte Jeanne erzürnt.

"Der kann doch nicht teilnehmen. Der ist doch noch zu jung für das Turnier. Außerdem 'abt ihr von 'ogwarts schon wen."

Wo vorher die tiefste Enttäuschung auf den Gesichtern der Beauxbatons zu sehen gewesen war, zeichnete sich jetzt eine ohnmächtige Wut ab. Julius sah allen Gastschülern an, daß sie am liebsten aufspringen und sich auf die Turnierrichter stürzen wollten. Er sah zum Lehrertisch hinüber und befand, daß sie dafür ja ihre Schulleiterin hatten, die starr vor unangenehmer Überraschung dasaß und zusah, wie Harry Potter vonProfessor McGonagall aufgefordert wurde, zu den drei Champions in die Kammer zu gehen.

"Der Typ will sich doch nur wichtigmachen", knurrte ein Ravenclaw-Viertklässler. Kevin nickte und fügte hinzu:

"Der muß sich wohl überall in den Vordergrund drängen."

Julius schwieg. Er versank in eine Grübelei, die ihn alles, was um ihn herum passierte, wie durch dichten Nebel sehen und hören ließ. Sein Verstand blendete die Rufe und Unmutsgesten seiner Tischgenossen aus.

Vor Julius' geistigem Auge erschien eine Szene, die sich vor nun drei Jahren abgespielt hatte. Er war damals gerade von der Schule gekommen und hatte seine Hausaufgaben gemacht, als das Telefon klingelte und seine Mutter an den Apparat ging. Er hörte, wie sie mit jemanden sprach:

"Hallo, hier Andrews! - Wie bitte? - Das kann nicht sein. Da müssen Sie sich verwählt oder vertan haben. - Nein, wir haben nicht bei ihrer Lotterie mitgespielt. - Das kann nicht sein. - Was sollen wir gewonnen haben? - Wie gesagt, wir haben nicht bei Ihnen mitgemacht und ... - Nein, wir nehmen das nicht an, weil wir eben nicht ... - Hören Sie bitte auf! Ich halte es für einen Scherz. Auf Wiederhören! - Wie? - Wie gesagt, ich wüßte es, wenn wir ... - Wenn er mitgemacht hätte, wüßte ich das auch. - Dann geben Sie es jemandem anderen! - Wiedersehen!"

Julius fragte daraufhin:

"Wer war das, Mum?"

Julius Vater, der im Wohnzimmer eine Nachrichtensendung im Fernsehen verfolgt hatte, trat ebenfalls aus dem Wohnzimmer und sah seine Frau fragend an.

"Das war eine angebliche Reisefreuden-Kompanie. Wir hätten bei ihnen in einer Auslosung mitgemacht und ein Abendessen für die ganze Familie gewonnen. Ich sagte dem Herrn, daß dies ein Irrtum sei, weil wir bestimmt nicht bei der Auslosung mitgemacht haben. Oder hast du wirklich bei sowas mitgemacht, Richard?"

"Unsinn, Martha", erwiderte Julius' Vater zornig. "So ein dummes Zeug. Die müssen sich wirklich vertan haben ... Warte mal! Ich habe doch da vor kurzem was von Donaldson gehört, daß ein Bruder von ihm auch bei sowas gewonnen haben soll. - Martha, ich glaube, die wollten uns nur aus dem Haus locken, um dann hier einzubrechen, wenn keiner da ist."

"Hmm, Richard. Das ist möglich. Ein Abendessen für die ganze Familie zu vergeben, um dann in aller Ruhe das Haus leerzuräumen."

"Donaldsons Bruder ist das nämlich passiert. Der ging auf diese Sache ein, ärgerte sich erst, weil er das ganze Abendessen selbst bezalen mußte und dann erschrocken feststellen mußte, daß man ihm das Haus ausgeräumt hat. Die wollten uns bestimmt dabeikriegen. Gut, daß du nicht darauf eingegangen bist, Martha."

 

 

"Heh, Julius! Wovon träumst du?" Holte Gloria den Sohn zweier Nichtmagier aus seinen Gedanken und Erinnerungen zurück.

"Ich träume nicht, ich denke, Gloria", erwiderte Julius gereizt.

"Woran?" Wollte Jeanne Wissen, die sich an Gloria vorbei zu Julius hinüberlehnte und ihr stark französisch durchsetztes Englisch benutzte.

"Das jemand tatsächlich Harry Potters Namen in den Kelch geworfen hat, aber ohne sein Wissen. Ich weiß nur noch nicht, weshalb."

"Damit er am Turnier teilnimmt, natürlich", knurrte Jeanne.

"Mann, wenn ich das gewußt hätte, daß das mit der Alterslinie Mumpitz ist, hätte ich es mir vielleicht doch überlegt", schnaubte Kevin.

"Da kam er nicht drüber", fauchte Julius. "Die Weasley-Zwillinge haben es mit Alterungstränken versucht, und Fernlenkungszauber oder etwas hinüberzuwerfen brachte keinen Erfolg."

"Woher weißt du das?" Fragten Jeanne und Gloria beinahe gleichzeitig.

"Kein Kommentar", sagte Julius.

"Dann hat er sich eben verwandelt oder ein herbeigezaubertes Tier benutzt. Aber es ist eher Wahrscheinlich, daß er wen anderes dazu angestiftet hat", sagte Kevin.

"Verwandelte Wesen kommen auch nicht über die Alterslinie", sagte Dustin McMillan. "Audrey Pink aus Hufflepuff, die nur ein Jahr jünger ist, hat es doch heute morgen probiert. Sie hat eine Holzkiste in einen großen Hund verwandelt und den über die Linie zu schicken versucht. Der Hund hat sich jaulend aufgelöst, in die Kiste zurückverwandelt, die dann nach mehreren Rundumflügen über der Linie Audrey an den Kopf geknallt ist. So ging es auch nicht."

Julius atmete durch. So blieb ihm erspart, sein eigenes Verwandlungsexperiment mit der Alterslinie zu erwähnen.

"Dann hat die Linie vielleicht nicht so gut gewirkt. Harry Potter hätte vielleicht einfach darüberspringen können."

"Kevin, es war nicht möglich. Du hast doch selbst den Burschen von Slytherin gesehen, der meinte, schon mit fünfzehn Jahren teilnehmen zu können. Der sprang über die Linie, und schwupp wurde er wie von einer unsichtbaren Riesenhand zurückgerissen. Die Linie hat gewirkt", sagte Dustin McMillan.

"Dann hat er eben einen anderen ..."

"Wissen wir nun", knurrte Julius. Dann sah er zu der Kammer hinüber, in die Harry gerade hineingeschlichen war.

"Die Frage ist doch, wieso der Kelch dann zwei Hogwarts-Champions bestimmt hat? Wenn Potters Name wirklich im Kelch gelandet ist, hätte der doch gar nicht mehr ausgeworfen werden dürfen, nachdem Cedric schon bestimmt war", brachte Julius das Gespräch auf einen anderen Punkt.

"Vielleicht dürfen dieses Jahr zwei Champions der Gastgeber teilnehmen?" Vermutete Gloria.

"Das wäre höchst unfair", zeterten Jeanne und Barbara, die gerade mit den anderen Beauxbatons-Schülern herübergekommen war.

"Ja, ist es. Es ist auch nicht vorgesehen, daß gastgebende Schulen zwei Champions ins Rennen schicken", sagte Julius und zitierte wie bestellt einen Auszug aus dem Buch über magische Spiele und Sportarten. Dann sagte er:

"Die einzige Möglichkeit, die ich sehe ist die, daß Harry Potters Name für eine vierte Schule eingeworfen wurde. Ein Buchstabe im Schulnahmen hätte schon ausgereicht, "Hogarts" oder "Hogwerts" zum Beispiel."

"Der Kelch wurde schon bei früheren Turnieren eingesetzt. Der ist so bezaubert, daß nur drei Schulen teilnehmen und daher nur drei Champions ausgewählt werden", wußte Jeanne. "Ich 'abe vor unserer Abreise die Berichte über die Turniere gelesen."

"Ein gutfunktionierendes Programm ist nur noch nicht auf alle Möglichkeiten hin getestet worden", entgegnete Julius darauf kühl. "Wenn dieser Kelch nur drei Schulen berücksichtigen konnte, hätte Potters Name nicht ausgegeben werden können, oder Cedrics Name nicht ausgewählt werden können. Also muß da jemand was gedreht haben, um Potter irgendwie ins Turnier zu bringen, falls man ihn mitmachen läßt."

"Natürlich lassen sie ihn mitmachen", schnaubte Jeanne. "Wer vom Feuerkelch bestimmt wird, muß teilnehmen. Das steht in den Regeln."

"Auch, wenn er selbst den Namenszettel nicht eingeworfen hat?" Fragte Julius.

"Davon steht nichts in den Regeln. Früher durften alle teilnehmen, die es sich zugetraut haben. Da gab es keine Altersbeschränkung."

"Aha! Da haben wir doch den Fall X. Die Magie des Kelches wurde nicht daraufhin überprüft, ob man sie austricksen konnte. Tja, dann macht dieser Abend Geschichte, und wir sollten stolz sein, das miterlebt zu haben."

"Du bist ein kleiner Zyniker, wie?" Ereiferte sich Barbara und legte ihre starke Hand auf Julius' rechte Schulter.

"Wenn es so ist, daß Potter mitmachen muß, dann haben wir echt was besonderes. Aber ich stimme dir zu, Jeanne, daß das unfair ist, daß nicht noch wer von euch mitmachen darf, wenn Hogwarts zwei Champions hat", beruhigte Julius die Schwester von Claire Dusoleil.

"Wie gesagt, Leute: Ich denke, Potter wollte sich wieder vordrängeln. Wie auch immer er das gedreht hat: Er wird wieder in den Zeitungen stehen", knurrte Kevin. Gloria sagte dazu nur:

"An und für sich ist er dumm, wenn er in dem Alter und dem geringeren Wissenstand an so einem Turnier teilnehmen will."

"Und eben das bezweifel ich", flüsterte Julius. "Ich glaube nicht, daß er das will."

"Glauben heißt nicht wissen", flüsterte Gloria.

So zog sich die Debatte noch einige Minuten hin, bis Madame Maxime mit Fleur aus der kleinen Kammer kam, wild redend. Mit einer lauten Anweisung trieb sie die übrigen Beauxbatons-Schüler zusammen und verließ im Eilschritt die große Halle.

"Potter darf mitmachen", sagte Julius zu Kevin und Gloria, als sie im Strom der Schüler, die zu ihren Häusern zurückkehrten, die große Marmortreppe hochstiegen. "Ich habe es herausgehört, als Madame Maxime mit Fleur Delacour sprach."

""Dieser Idiot! Für tausend Galleonen sein Leben zu riskieren", schnaubte Gloria.

"Interessanter Einwand, Gloria. Könnte jemand darauf ausgehen, Potter bei einem möglichen Gewinn zu erpressen? So nach dem Motto: "Ich habe dir geholfen, ins Turnier zu kommen, nun rück was raus!"?"

"Vielleicht hat Potter das dem Mitschüler angeboten, der seinen Namen in den Feuerkelch geworfen hat."

"Ja, oder jemand will, daß Potter sein Leben läßt", brachte Julius eine andere Vermutung an.

"Ach komm, das kannst du doch nicht ernstmeinen!" Widersprach Gloria.

"Warum nicht? Alle wissen, daß Potter von Voldemort, dem dunklen Lord gehaßt wird. Könnte es sein, daß der einen Handlanger beauftragt hat .."

"Moodys Verfolgungswahn hat dich wohl erwischt, Julius. Außerdem nennt man den dunklen Lord nicht beim Namen", erwiderte Kevin. Julius mußte leise grinsen.

"Dann bist du auch vom Verfolgungswahn Moodys besessen, Kevin. Aber meine Frage ist doch klar: Könnte jemand im Auftrag des dunklen Lords Potters Namen eingeworfen haben?"

"Wer außer den Slytherins und Durmstrangs sollte diese Idee haben?" Fragte Gloria.

"Tja, eben das weiß ich nicht. Auf jeden Fall haben die im Ministerium jetzt ein Organisationsproblem. Die müssen alle Aufgaben für vier Teilnehmer auslegen."

"Der Tagesprophet wird sich überschlagen mit Schlagzeilen", meinte Kevin noch.

"Solange ich nichts damit zu tun habe, soll es mir egal sein. Es tut mir nur für Jeanne und die anderen aus Beauxbatons leid, daß kein zweiter von ihnen teilnehmen darf", schloß Julius das Thema ab.

Im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws nahm Julius die vorgebrachten Andeutungen und Vermutungen noch mal auf und dachte darüber nach. Dann beschloß er, einen Brief zu schreiben. Er zog sich in eine ruhige Ecke zurück, nahm Feder und Tinte und schrieb auf einen Pergamentbogen:

 

 

Hallo, Catherine!

Deine Mutter hat geschrieben, daß ich dich oder sie ruhig einmal anschreiben möchte, wenn ich etwas besonderes erlebt habe.

Heute ist sowas passiert, was mich sehr nachdenklich gemacht hat.

Wie du weißt, findet ja dieses Jahr das trimagische Turnier in Hogwarts statt. Zur Auswahl der drei Kandidaten wurde ein magischer Gegenstand, der Feuerkelch, benutzt. Alle Schüler, die siebzehn Jahre oder älter waren, durften ihren Namen in den Kelch werfen und hoffen, ausgelost zu werden. Professor Dumbledore hat eine Alterslinie um den Kelch gezogen, um die jüngeren Schüler auszuschließen.

Vicctor Krum von Durmstrang, der bei der bulgarischen Quidditch-Nationalmannschaft mitspielt, Fleur Delacour, die ja von Beauxbatons kommt und Cedric Diggory aus unserem Haus Hufflepuff wurden ohne Probleme ausgewählt. Doch dann, einige Minuten später, warf der Kelch noch einen vierten Namen aus: Harry Potter. Ich denke, den Namen kennst du natürlich.

Meine Kameraden aus Ravenclaw meinen, daß er einen anderen Schüler dazu gebracht hat, für ihn die Alterslinie zu überqueren und einen Zettel mit seinem Namen drauf in den Feuerkelch zu werfen. Aber das kann ja nicht gehen, wenn Potter als Hogwarts-Bewerber seinen Namen eingeworfen hat.

Ich weiß aus einem Buch, das deine Mutter mir geschenkt hat, daß man Alterslinien nicht mit Alterungs- oder Verjüngungstränken austricksen kann. Aber auch Fernlenkzauber und durch Verwandlung gezauberte Lebewesen kommen nicht schnell genug in den Schutzkreis, um etwas einwerfen zu können. So bleibt nur jemand, der richtig hineintreten durfte.

Ich habe mir Harry Potter bei seiner Ausrufung genau angesehen. Der Junge sah so aus, als hätte ihn ein Donnerkeil voll getroffen. Er machte ein Gesicht, als würde ihn seine Namensnennung absolut erschrecken, zumindest total überraschen. Ich bin im Moment der einzige meiner Hauskameraden, der glaubt, daß Potter nicht vorhatte, am Turnier teilzunehmen. Die Anderen sagen, daß er wegen seines berühmten Namens gerne in den Vordergrund drängelt. Das kann ich so nicht ausschließen, aber ich gehe davon aus, daß er nicht mitmachen wollte.

Es ist ja auch merkwürdig, daß zwei Hogwarts-Namen ausgegeben wurden. Deshalb habe ich da so einen dummen Gedanken:

Irgendwer hat Potters Namen mit einer anderen Schule in Verbindung gebracht, mit einer vierten Schule. Dann wäre er der einzige Kandidat und mußte logischerweise ausgewählt werden. Die Frage, die ich mir jetzt stelle, lautet:

Kann man einen so starken magischen Gegenstand, der darauf eingestellt ist, nur aus drei Schulen auswählen zu müssen, dahin bezaubern, daß er eine vierte Schule mit einbezieht, die es gar nicht gibt? Bei Computern geht sowas, weiß ich. Da gilt:

Ein funktionierendes Programm wurde nur noch nicht ausreichend auf alle Möglichkeiten getestet.

Joe kann dir davon hunderte Lieder singen, wieviel Platz es in einem Computerprogramm einnimmt, mögliche Fehler bei der Eingabe oder Lücken bei den benötigten Informationen auszugleichen, wenn das Programm sich nicht sofort abwürgen soll, sobald eine winzige Veränderung im geplanten Ablauf passiert. Aber ich weiß nicht, wie ein magischer Gegenstand gemacht wird und kann daher nicht sagen, ob sowas überhaupt möglich ist. Deshalb frage ich dich, ob man mit einem Zauber eine derartige Veränderung bewirken kann?

Ein anderer dummer Gedanke kam mir, als ich an eine Geschichte dachte, die uns vor drei Jahren passiert ist. Meine Eltern wurden angerufen. Meiner Mutter wollten sie einreden, daß wir bei einer Lotterie eines Reiseveranstalters gewonnen hätten, ein Abendessen für die ganze Familie. Paps sagte, als Mum den Hörer aufgelegt hatte, daß es einem Arbeitskollegen passiert war, daß man ihn mit dieser Nachricht aus dem Haus gelockt hat, um ihm das Haus leerzuräumen. Deshalb geht es mir nicht aus dem Kopf, daß wer anderes versucht, Harry in das Turnier zu bringen, um ihn entweder zu erpressen oder auf irgendeine Art sterben zu lassen. Aber das ist ein dummer Gedanke, zumindest einer, den ich nicht genau begründen kann. Aber wenn das, so abgedreht es auch sein mag, stimmt, dann müßte Potter sogar das Turnier gewinnen, falls nicht beabsichtigt ist, ihn vorher sterben zu lassen. Wer den Kelch behext hat, wie auch immer, müßte dann Harry Potter durch das Turnier helfen, natürlich ohne aufzufallen.

Vielleicht habe ich auch nur zuviel Phantasie. Dafür war ich schon vor Hogwarts berüchtigt.

So, nachdem ich das jetzt alles mal aufgeschrieben habe, ist mir doch wieder leichter ums Herz. Der Druck im Kopf hat nachgelassen. Jetzt kann ich ruhig schlafen.

Viele Grüße an deine Mutter! Joe darf ich ja leider nicht auf diesem Weg grüßen.

Julius

 

 

 

Julius faltete den Brief so klein wie möglich, steckte ihn in einen Pergamentumschlag und schrieb auf diesen die Adresse Catherine Brickstons. Dann verließ er noch mal den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum und lief in die Eulerei. Er atmete erleichtert auf, als er Francis sah, der gerade mit den anderen Schuleulen ausfliegen wollte. Er winkte seine Eule zu sich herunter und gab ihr den Brief an Catherine mit. Er beschrieb Francis, wo Catherine wohnte, wie das Haus aussah, in dem sie lebte. Catherine selbst brauchte er nicht zu beschreiben, weil Francis sie schon gesehen hatte. Dann entließ er die große Schleiereule mit dem Brief in die Nacht.

 

 

Am nächsten Tag traf Julius die Hollingsworths vor dem Schloßportal und unterhielt sich mit ihnen über die Auslosung.

"Also wir halten zu Cedric. Das ist doch klar. Potter hat sich durch einen Trick ins Turnier geschummelt. Vielleicht fällt er schon bei der ersten Runde aus",sagte Jenna mit einer gewissen Gehässigkeit in der Stimme.

"Ich freue mich auf jeden Hogwarts-Champion, der es schafft. Da habe ich keine Probleme mit. Ich werde aber den Gedanken nicht los, daß Potter nicht aus eigenem Willen am Turnier teilnimmt."

"Wieso nicht?" Fragte Betty.

"Weil der so verdattert dreingeschaut hat. So gut kann keiner schauspielern."

"Du gönnst es Harry Potter doch nur, weil er so berühmt ist", widersprach Betty.

"Nein, Betty! Ich kannte Potter vor meiner Einschulung nicht und halte auch sonst nichts davon, daß jemand alles kriegen darf, nur weil er oder sie berühmt ist. Ich bedauere ihn sogar, weil er jetzt durch eine Hölle von Anschuldigungen und Spott muß. Ich wollte das nicht machen."

"Selbst schuld. Er hätte ja nicht mitmachen müssen", sagte Jenna.

"Wie ihr meint", sagte Julius nachgiebig. Er wollte es sich mit den beiden nicht verscherzen, nur weil sie nicht darüber nachdenken wollten, ob Harry Potter womöglich unfreiwillig am Turnier teilnehmen würde oder nicht. Er unterhielt sich mit den beiden darüber, welche Aufgaben den Champions gestellt werden könnten und was ihnen am Montagmorgen bei Snape blühen könnte.

Auf einer Wiese vor dem Schloß trafen die Hollingsworths und er auf Jeanne Dusoleil. Sie begrüßte die beiden Schwestern, die sie ja auch von Julius' Geburtstagsfeier in Millemerveilles kannte.

"Madame Maxime war äußerst ungehalten, daß euer Schulkamerad Potter teilnehmen darf", verriet sie den drei Hogwarts-Schülern.

"Was hat sie sonst noch gesagt?" Fragte Julius.

"Nur, daß Fleur gewinnen wird, ob Hogwarts nun zwei Champions hat oder nicht. Sie nimmt Potter nicht für besonders voll, weil er erst vierzehn Jahre alt ist."

"Wenn sie meint. Wie geht es dir und den anderen?"

"Ich habe mich damit abgefunden, daß ich nicht selbst teilnehmen darf. Ich habe mit Fleur keine Probleme. Ich bedauere es nur, daß Nadine nicht mitmachen kann. Die hat sich förmlich in alle Zauber und vorigen Turnierabläufe verbuddelt", sagte Jeanne auf Französisch. Julius übersetzte es für die Hollingsworths.

Julius lud die drei Mädchen ein, um den See herumzugehen. Doch Jeanne lehnte ab.

"Madame Maxime möchte uns gerne in ihrer Nähe behalten. Aber wir sehen uns ja bei den Mahlzeiten und vielleicht mal in der Bibliothek. Ich hörte, daß sie sehr umfangreich sei."

"Ja, ist sie. Es steht sogar das Buch über exotische Sträucher der Provence von Madame Camille Dusoleil im Angebot. Aber ich habe mir die französische Version in unserer Einkaufsstraße besorgt", antwortete Julius.

"Maman hat mir geschrieben, daß ich mir ansehen soll, ob ihr Geschenk bei dir angekommen ist", erwiderte Jeanne. Julius übersetzte schnell für die beiden Schwestern. Dann sagte er:

"Wir haben die Samen vor einer Woche ausgesät. Im Moment ist von denen nichts zu sehen."

"Das dauert auch noch etwas. Aber ich bleibe ja hier, bis das Schuljahr vorüber ist."

"Habt ihr mit den anderen Ravenclaws der sechsten oder siebten Klasse Unterricht, oder gibt Madame Maxime euch den Unterricht?" Wollte Julius wissen.

"Wir lernen mit euren Sechst- und Siebtklässlern zusammen, wurden aber auf die vier Häuser aufgeteilt. Madame Maxime hat sich nur dagegen gesperrt, uns mit den Slytherins zusammen unterrichten zu lassen. Irgendwie mag sie sie nicht."

"Da sind dann wohl die Durmstrangs", vermutete Jenna.

"Steht zu erwarten", sagte Jeanne und lächelte bösartig. Dann verließ sie die drei Hogwarts-Schüler und kehrte zu vier wartenden Beauxbatons-Schülern zurück, die vor der großen blaugrauen Kutsche warteten.

"Was ist eigentlich mit den Durmstrangs, Julius?" Wollte Jenna wissen.

"Es geht das Gerücht, daß ihr werter Schulleiter einst ein Anhänger von Du-weißt-schon-wem, also dem dunklen Lord persönlich war. Irgendwie muß er es geschafft haben, nach dessen Abgang seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und an die Stelle des Schulleiters von Durmstrang gekommen zu sein, wenn er die nicht schon vorher hatte. Es heißt auch, daß er seinen Leuten mehr schwarze Magie beibringt als erlaubt ist und keine Muggelstämmigen duldet", erwiderte Julius kurz.

"Deshalb hängen die alle bei den Slytherins am Tisch", erkannte Betty.

"Zumindest ähneln sich die Interessen", antwortete Julius.

Den restlichen Sonntagnachmittag verbrachte Julius mit seinen Hauskameraden. Es galt noch, einige Schulaufgaben zu machen, denn am nächsten Morgen war Snapes Zaubertrankstunde wieder fällig. Darüber hinaus hatte ihm Professor McGonagall eine Sonderaufgabe aufgehalst:

"Erläutern Sie die Varianten der mehrfachen Vivo-ad-Invivo-Verwandlungen und bereiten Sie sich auf praktische Demonstrationen vor!"

So kam es, daß Julius am Abend fünf Kieselsteine, die er draußen aufgelesen hatte, in verschiedene Kleintiere verwandelte, die dann wieder in Kieselsteine, die dann in andere tote Objekte, aus denen er wieder Kleintiere machte. Er notierte sich Erfolge und Schwierigkeiten, um am nächsten Tag gewappnet zu sein.

Prudence Whitesand, die ihre Geschichtsaufgaben in Julius' Nähe gemacht hatte, schaute auf, als eine weiße Maus, die vorher noch ein in einen Hosenknopf verwandelter Kieselstein gewesen war, an ihrem linken Fuß vorbeiflitzte und die Wand hochlief, bis sie durch ein halboffenes Fenster davonlief.

"ihr macht doch noch Vivo-ad-Invivo, Julius. Wieso habe ich dann gesehen, daß diese Maus vorher noch ein Hosenknopf war?" Wunderte sich Prudence.

"McGonagall will es von mir so haben. Offenbar hat ihr jemand, die mich über die Ferien länger gesehen hat als mein Vater in den letzten Osterferien, erzählt, daß ich das schon machen könnte. Offenbar hatte sie recht."

"Möchtest du vielleicht eine Klasse überspringen? Das dürfte aber heftig anstrengend werden."

"Bloß nicht, Prudence. Ich bin froh, daß ich das schaffen kann, was in der zweiten Klasse fällig ist. Nachher meint Snape noch, mir für jeden halbwegs gelungenen Zaubertrank Punkte klauen zu müssen, weil er denkt, ich hätte die Tränke alle vorher schon einmal ausprobieren müssen."

"Aber was Verwandlung angeht bist du wahrlich ein Naturtalent. Ich habe in der zweiten Klasse nicht so locker aus Kieselsteinen Mäuse machen können. Auch in der dritten Klasse gelang das nicht so schnell."

"Dafür klemmt es bei mir in anderen Fächern."

"Kannst du mir nicht erzählen. Deine Noten sind ja nicht so geheim, daß nicht der eine oder andere was davon mitkriegt. Binns ist dein Problem. Ich habe mit Virginie gesprochen, als wir uns das Druidenmuseum angesehen haben. Sie sagte mir, daß ihre Geschichtslehrerin mehr Spannung in ihre Vorträge einbauen kann und zeitweilig bestimmte Szenen nachspielen läßt. Manchmal, so sagte sie mir, sind ihre Hausaufgaben so angelegt, daß du eine Theaterszene nachspielen mußt, die mit dem betreffenden Geschichtsereignis zu tun hat. Wer das nicht überzeugend verinnerlicht, kassiert Strafpunkte."

"Das fehlte mir noch, einen Kobold oder uralten Zauberer zu spielen", grummelte Julius. "Aber sei beruhigt, Prudence, ich habe jemanden an der Hand, der sich mit Geschichte doch etwas lebendiger auseinandersetzt und mir schon interessante Bücher empfohlen hat, die mir beim letzten Test eine brauchbare Note eingebracht haben", erwiderte Julius.

"Catherine Brickston? Ich habe von ihr ein Buch über die Hexengilden der irischen Sümpfe. Höchst aufschlußreich. Halte dir diesen Kontakt gut warm. Dann kannst du Gloria dieses Jahr in eurer Klasse überholen."

"Das ist nicht unbedingt mein Ziel, Klassenbester zu werden. Ich möchte meine Prüfungen so gut es möglich ist schaffen, ohne nur lernen und arbeiten zu müssen. Es gibt ja noch andere Sachen als Schule."

"Quidditch ist dieses Jahr nicht dabei", grummelte Prudence.

Cho Chang trat auf Prudence zu und fragte sie leise was. Dann wandte sie sich Julius zu und fragte:

"Cedric möchte durch mich anfragen, ob du dich noch mal mit Henry Hardbrick unterhalten möchtest. Er scheint zwar etwas mehr zu tun, aber nicht das, was er tun soll, seitdem er seinen echten Zauberstab wiedergefunden hat. Außerdem liest er kein Zauberbuch, sagt Cedric."

"Jetzt könnte ich gemein sein und sagen: "Was habe ich damit zu tun?" Henry ist ein Hufflepuff. Wenn seine Leute ihn nicht hinkriegen, was soll ich da machen? Ich hatte bei euch einen gewissen Rückhalt und Wegführer, um zu erkennen, was ich bin."

"Es ist nur so, daß Hermine Granger aus Gryffindor im Moment zuviel um die Ohren hat, um ihm zu erklären, was richtig ist. In Hufflepuff ist im Moment Justin Finch-Fletchley der einzige Muggelstämmige. Der hat aber nicht die Erfahrung gemacht, die du gemacht hast oder Henry gerade macht."

"Cho, ich kann mir vorstellen, daß er Zeit braucht, sich zu ordnen. Ich habe damals auch nur schnell gelernt, wo ich hingehöre, weil mir zuviel am Anfang schon gelungen ist, um es abzustreiten."

"Der will nicht einmal fliegen. Er sagt, daß es gegen die Natur sei, sagt Cedric."

"Dann fliegt er eben nicht und kommt nicht so schnell von einem Ort zum anderen. Denn apparieren wird er dann auch nicht lernen wollen, weil das gegen die Muggel-Physik ist", spottete Julius.

"Es war auch nur eine Frage. Entschuldigung, Julius", erwiderte Cho etwas verschüchtert. Julius hielt es für nötig, noch etwas zu sagen:

"Ich würde Henry gerne helfen, sich einzuleben, allein um den Hollingsworths das Gefühl zu geben, daß sie ihre Punkte wirklich für ihr Haus gewinnen und nicht, weil anderswo jemand fleißig Punkte verspielt. Aber ich habe ihm angesehen, daß er von mir keine Hilfe annehmen wird. Der hält doch jeden für programmiert, der aus einer Muggelfamilie kommt und macht sofort alle Läden zu, wenn man ihn anspricht."

"Stimmt, Cho. Du hast doch Padma und ihre Schwester gehört, wie sie erzählten, wie Hermine Granger versucht hat, mit Henry zu reden, als er in der Bibliothek war."

"Tja, ich fürchte, Henry muß einen heftigen Denkzettel kriegen, um zu kapieren, wo er ist und daß er sich ranhalten muß, um nicht bei jeder Gelegenheit unter die Räder zu kommen", seufzte Julius.

"In Ordnung, Julius. Dann sage ich mal gute Nacht", verabschiedete sich Cho Chang und zog sich zurück. Prudence sah Julius durchdringend an, aber nicht vorwurfsvoll, wie er befürchtet hatte. Dennoch sprudelte es schnell aus ihm heraus:

"Ich kann nicht für jeden dasein, nur weil ich ähnliches durchgemacht habe. Ich bin ja selbst noch nicht richtig aus meinen Problemen heraus. aber das ist vertraulich. Sollen sich die Hufflepuffs damit auseinandersetzen. Auf mich wird der Typ nicht hören. Das habe ich schon vergeigt, als ich vorgeführt habe, daß er eine Woche lang mit einem unechten Zauberstab herumgelaufen ist."

"Es ist ja auch nicht wegen ihm oder dir, sondern weil Cedric nun voll auf das Turnier konzentriert ist und Cho sich sehr gut mit ihm versteht", flüsterte Prudence. "Womöglich wollte er sicherstellen, daß jemand sich um diese Angelegenheit kümmert und kam eben auf dich."

"Ich frage mich jeden Tag, ob mein Vater oder meine Mutter wieder irgendwelche Bücher abschicken will und wann. Im Moment herrscht mir zuviel Ruhe."

"Weil die Lehrer hier befunden haben, daß du jetzt, wo du gelernt hast, deine Zauberkräfte zu nutzen, ohne dich dafür zu schämen, mehr Zauberei lernen sollst", vermutete Prudence. Julius nickte. Natürlich war es das, was ihm auch eingefallen war. Aber Prudence wußte nicht, was sein Vater in den Sommerferien versucht hatte. Warum er bei Madame Faucon gewohnt hatte und den Rest der Ferien bei den Porters. Womöglich hatten Flitwick und McGonagall seinen Eltern verboten, Muggelbücher zu verschicken und ihnen einfach keine große Eule geschickt, die die umfangreichen Wälzer mitnehmen konnte, die er letztes Jahr gelesen hatte.

Er selbst durfte, so Flitwick, keinen Kontakt mit seinen Eltern aufnehmen, bis sein Vater eine vom Zaubereiministerium ausgesprochene Strafgebür bezahlt hatte. Nachher würden sie ihm noch eine Aufsichtsperson aus der Zaubererwelt aufhalsen, weil sein Vater zu stur war, sich mit unveränderlichen Tatsachen abzufinden.

Julius sammelte die übrigen kleinen Tiere ein, die er gezaubert hatte und brachte sie in die Eulerei. Sollten die Eulen doch damit fertig werden.

Danach begab sich Julius müde und vom langen Tag gezeichnet in den Schlafsaal und legte sich ins Bett. Fredo und Marvin schliefen auch schon.

 

 

Die erste Woche nach der Auslosung der trimagischen Turnierteilnehmer verlief für Julius so schnell, daß er nur wenige wirklich interessante Eindrücke in sein Gedächtnis aufnahm. Seine Verwandlungs-Sonderaufgabe brachte ihm zwanzig Punkte ein, weil er ohne viele unwichtige Worte verdeutlichen konnte, wo die Schwierigkeiten bei der Verwandlung von lebenden Objekten in tote Gegenstände und umgekehrt bestanden. Für die praktische Demonstration erhielt er noch mal fünf Punkte und den Beifall der ganzen Klasse.

Als Julius am Dienstag Nachmittag mit Gilda, Gloria und Kevin die Bibliothek aufsuchte, weil Gloria und Gilda den Jungen in den Ohren gelegen hatten, Begleitliteratur zu Binns' Unterricht zu suchen, bekam er mit, wie sich eine Gruppe älterer Schülerinnen um den Durmstrang-Schüler Victor Krum scharten, offenbar Fans des berühmten Quidditchspielers.

"Die sammeln Autogramme", knurrte Kevin. Dann lachte er laut. Eines der Mädchen hörte es und drehte sich mit empörter Miene zu ihm um.

"Was gibt's zu kichern, Kleiner?"

"Ich überlege gerade, wieviel Victor Krums man für einen Aidan Lynch braucht", lachte Kevin unbeeindruckt. Doch das gefiel den Mädchen wohl gar nicht. Sie wetterten, daß Kevin doch keine Ahnung habe und Krum nun einmal der beste internationale Sucher sei.

"Lass die doch, Kevin. Wenn sie es tollfinden, sich an Krum anzuhängen, muß er damit klarkommen", sagte Gilda Fletcher. Sie hielt es eher mit der englischen Mannschaft, die bei der Weltmeisterschaft so kläglich gescheitert war. Victor Krum selbst schien das alles nicht zu kümmern. Er sah zwar mißmutig drein, als hätte er unliebsame Aufgaben zu erledigen, doch das tat er immer, hatte Julius bei den Mahlzeiten in der großen Halle festgestellt.

Mittwochs wurde es sowohl aufregend als auch lustig, fand Julius. Er saß mit Gloria über einem Wälzer über die Zaubererkonferenz von 1468, als Hermine Granger mit Harry Potter in die Bibliothek kam und sich mit ihm in eine Abteilung begab, wo sie einige Bücher einsammelte. Dann sah sie Gloria und Julius. Harry Potter setzte sich an einen Tisch und begann, in einem der Bücher zu lesen. Hermine Granger kam herüber und sprach leise die beiden Ravenclaw-Zweitklässler an, als sie eine Lesepause einlegten.

"Entschuldigung! Ich wollte euch etwas fragen. Habt ihr euch schon einmal überlegt, wie es möglich ist, daß das Essen immer so reichlich und so schnell zur Stelle ist, die Korridore so gut geputzt und die Kaminfeuer immer in Gang gehalten werden?"

"Ja, als ich hier anfing", sagte Julius ruhig. Gloria sah die ältere Schülerin mißtrauisch an. Offenbar wußte sie etwas, daß Julius noch nicht wußte.

"Was ist dir dazu eingefallen, Julius?"

"Das da viel Magie im Spiel ist", erwiderte der Sohn zweier Muggel. Dann fügte er an: "Natürlich habe ich das hingenommen. Ich kannte ja keine Zauberei und wußte nicht, was alles möglich oder unmöglich ist. Irgendwann habe ich erfahren, daß in Hogwarts hunderte von Hauselfen arbeiten, die das alles richten."

"Richtig", erwiderte Hermine Granger zornig. "Und was glaubst du, was sie dafür kriegen?"

"Lob, Dank, ein Dach überm Kopf, einen Schlafplatz und immer was zu tun."

Hermine sah Julius verwundert an, weil er mit keinem Wort Geld oder sonstige Bezahlung erwähnt hatte. Dann sagte sie schnell:

"Du denkst also, die Hauselfen bekommen kein Geld. Findest du das in Ordnung?"

"Wenn die das so wollen", gab Julius gelangweilt zurück.

"Das ist eben die Frage. Ich glaube nicht, daß sie das wirklich so wollen. Sie wurden manipuliert, dressiert und dummgehalten. Sie schuften für uns alle, ohne irgendeine Absicherung", wetterte die ältere Gryffindor-Schülerin. "Wir alle leben von der Sklaverei magischer Geschöpfe, die durchaus mehr Anerkennung verdient haben. Deshalb habe ich beschlossen, die Leute aufzuklären und für unsere Bewegung zu gewinnen."

Aus dem Hintergrund hörte Julius das niedergeschlagene Seufzen Harry Potters. Hermine kramte in ihrer Umhängetasche und holte zwei Anstecker hervor, auf denen die Buchstaben B.Elfe.R standen. Julius glotzte ungläubig und mußte dann grinsen.

"Belfer? Du machst Witze, Hermine."

"Das heißt nicht Belfer. B.Elfe.R, Bewegung für Elfenrechte. Unsere Organisation befaßt sich mit der Gleichstellung der Hauselfen in der Zaubererwelt, mit allen dazugehörigen Rechten. Aber wir brauchen mehr Mitglieder, die nicht so bequem und ungehobelt sind wie die Hexen und Zauberer, die sich Hauselfen halten, ohne sie zu bezahlen", sagte Hermine Granger.

Gloria, die sich diesen Schuh anziehen konnte, lief vor Wut rot an. Doch sie schwieg. Julius fragte:

"Wieviel seid ihr denn schon? Ich gehe davon aus, daß du deine Freunde Harry und Ron solange genervt hast, bis sie Mitglieder wurden. Dann seid ihr drei. Was wollt ihr denn unternehmen? Wollt ihr die Elfen etwa zu Streiks anhalten, damit wir armen allzubequemen Zauberer und Hexen merken, was wir von ihnen haben?"

"Wenn dies die einzige Methode ist, ihre Gleichstellung zu erwirken."

"Tja, und was ist, wenn sie weder streiken wollen noch deine Vorstellung von Gleichstellung für sich wollen?"

"Man muß sie nur darüber informieren, daß sie nicht einfach dazu dasind, um für Hexen und Zauberer zu schuften, ohne Lohn, ohne Aussicht auf Urlaub und Rente", bekundete Hermine Granger, der Julius' Frage wohl nicht soviel Anlaß zum Denken gab, wie er es angenommen hatte.

"Okay, Die streiken dann. Gut! Dumbledore muß sich überlegen, wieviel er jedem Hauselfen bezahlt. Ein paar hundert Hauselfen kosten eine Menge Geld. Dann müßten woanders Sachen eingespart werden, in der Bibliothek zum Beispiel, bei der Eingliederung von Muggelstämmigen, im Gewächshaus und so weiter. Oder Dumbledore entschließt sich dazu, die Arbeitskraft aller Schüler zu nutzen und alle Hauselfen zu entlassen. Ich würde mir das an deiner Stelle noch mal überlegen, ob dir das recht ist. Ich persönlich kann an der Einstellung der Hauselfen nichts ändern, und ich habe auch keine Lust, Küchendienst zu schieben, was mich vom Lernen abbringt. Fass dir mal an die eigene Nase und frage dich, ob du dann noch die beste Schülerin deiner Klasse wärest, wenn du keine Zeit mehr hättest, zu lernen und nur noch wenige Bücher dasind."

"Du hast doch keine Ahnung, in welchen Verhältnissen die Hauselfen leben! Sie werden von ihren Meistern drangsaliert, herumkommandiert wie Hunde und ohne Rücksicht auf ihre Gefühle zu den erniedrigendsten Aufgaben eingeteilt. Ich habe erst vor kurzem einen Hauselfen getroffen, dem das passiert ist."

"So, einen", wiederholte Julius nachdenklich. "Wem gehörte der denn? Ich meine, für wen arbeitete der Hauself?"

"Allein schon diese erste Frage, wem er gehörte, zeigt, daß du dich damit abfindest, daß wir alle von Sklaven leben", schnaubte Hermine Granger.

"Beantwortest du grundsätzlich nur Fragen, für die du Punkte kriegst?" Wollte Gloria wissen, die sich doch nicht so stillschweigend anhören wollte, was Hermine Granger vorbrachte.

"Der Hauself mußte für Mr. Crouch arbeiten. Er hat ihn rausgeworfen, nur weil sich das Wesen einen Zauberstab genommen hatte, der von einem bösen Magier liegengelassen wurde. Das war bei der Quidditch-Weltmeisterschaft. Und Mr. Diggory, Cedrics Vater, der in der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe arbeitet, hat den Hauselfen immer wie einen Rangniederen angesprochen, wie ein König einen Stallknecht."

"War das der erste Hauself, den du in echt gesehen hast?" Wollte Julius wissen, der nicht besonders beeindruckt von Hermines Bericht war.

"Ja, aber das reicht schon aus, um ein Gesamtbild zu erstellen."

"Oho, und damit wird man Klassenbeste", spottete Gloria.

"Ja, spotte du nur. Du hast doch erzählt, daß deine Eltern einen Hauselfen haben. Fühl dich ruhig schuldig."

"Neh, Hermine, aus einem einzigen Vorfall ein gesamtes Bild zu konstruieren ist schon heftig", fand Julius. Dann sagte Gloria:

"Sehr geehrte Miss Granger, unser Hauself arbeitet gerne bei und für uns. Mein Vater hat ihm einmal Lohn angeboten. Er hätte ihm zehn Galleonen pro Woche bezahlen können. Aber unser Hauself hat das abgelehnt. "Wer nicht will, der hat schon", hat mein Vater dazu gesagt. Er hat ihm jedoch freie Tage zugesichert, an denen wir durchaus merken, was wir an unserem Hauselfen haben. Langsam reicht es mir nämlich, daß du und wer auch immer noch meint, weil ihr einmal was gesehen habt, die ganze Welt verstanden zu haben." Danach sah sie Julius an und nickte ihm zu.

"Euer Hauself gehört eben zu diesen untergebutterten Geschöpfen, die dazu dressiert wurden, zu kuschen", fauchte Hermine Gloria an. Diese, so empfand es Julius, brodelte wie ein kochender Teekessel, hielt sich aber noch im Zaum.

"Ich habe Glorias Hauselfen gesehen. Ich habe gefragt, ob er Geld bekommt und erfahren, daß er kein Geld kriegt. Dennoch erschien er mir sehr glücklich, daß er arbeiten durfte. Dann habe ich in den Sommerferien mindestens noch zehn andere Hauselfen getroffen, die auch nicht bezahlt und trotzdem nicht schlecht behandelt wurden. Einmal habe ich mich bei einem Hauselfen bedankt, nur weil er mir ein Glas Fruchtsaft gegeben hat. Was glaubst du, hat er getan?"

"Weiß ich doch nicht", zischte Hermine Granger, die sich offenbar in die Ecke gedrängt zu fühlen begann.

"Rot angelaufen ist er, weil er sich geschämt hat, Dank für eine Selbstverständlichkeit anzunehmen. Die wollen das, daß sie von Zauberern zur Arbeit angehalten werden. Sie sind glücklich damit. Ich habe mir genau wie du die Frage gestellt, ob das richtig ist, daß sie nicht bezahlt werden. Dann ist mir ein Vergleich eingefallen."

"Junge, daß hat Hagrid ihr schon beizubringen versucht", meldete sich Harry Potter, dem das ganze zu lange dauerte.

"Harry, dann erzähl diesem Ignoranten doch von Dobby, den du aus der Gewalt der Malfoys befreit hast."

"Hermine, ich habe andere Probleme. Bitte lass die beiden doch in Ruhe!" Erwiderte Harry Potter, der nur vier Meter entfernt über seinem Buch saß.

"Malfoy? Draco Malfoys Eltern? Das kann ich wieder verstehen, daß da keiner freiwillig bleibt. Für diese überheblichen Leute würde ich nicht einmal für fünfzig Galleonen die Woche arbeiten", lachte Julius. Hermine knurrte verächtlich. Doch Julius ließ sie nicht zu Wort kommen.

"Du sagtest was von "dressieren". Dann müßtest du ja auch wollen, daß Arbeitshunde oder Fiffis, die Pantoffeln und Zeitungen bringen ordentlich bezahlt werden und Urlaub kriegen. Hunde lieben es, für ihre Menschen da zu sein, obwohl es Menschen gibt, die ihre Hunde mißhandeln."

"Das ist etwas anderes. Hunde haben eine eigene Lebensweise. Außerdem können sie nicht sprechen."

Julius unterdrückte das Bedürfnis, laut zu frohlocken, weil Hermine ihm in eine Falle gegangen war.

"Aha, jetzt komt's raus. Nur weil Hauselfen sprechen können, sind sie für dich mehr wert als andere Lebewesen. Das ist aber sehr überheblich, Sprache als Grund für bessere Behandlung zu nehmen. Hunde oder Katzen haben auch Bedürfnisse und Ängste, leiden Schmerzen und wollen ihrer Natur folgen. Aber weil sie nicht sprechen können, ist das natürlich für uns nicht wichtig. Hunde leben mit Menschen in einer gegenseitigen Nutzbeziehung, weil sie für das Fressen, das sie kriegen, irgendwelche Sachen tun, die dem Menschen was bringen. So leben auch die Hauselfen. Biologen nennen sowas Symbiose, habe ich gelernt, bevor ich nach Hogwarts kam. Wie gesagt: Ich glaube nicht, daß du noch die Klassenbeste wärst, wenn du Küchendienst machen müßtest und weniger Bücher zum Lesen hättest, nur weil du die Hauselfen zum Streik und Bezahlung in unserem Sinne anheizen willst. Danke, kein Interesse an Belfer."

"Du hast ihn unter Druck gesetzt, Porter", zischte Hermine Granger. "Weil deine verwöhnten Eltern nicht von ihrer Bequemlichkeit lassen können und dich anhalten, das toll zu finden, hast du ihm eingetrichtert, daß das vollkommen in Ordnung sei."

"Na, nun nicht gleich unverschämt werden, Miss Granger! Ob älter oder nicht, lasse ich mich nicht von Ihnen beleidigen. Ich habe durch Julius viel Verständnis für Muggelsachen gelernt, aber dafür hat er sich bereitgefunden, unsere Welt kennenzulernen, ohne an allem was auszusetzen. Meine Eltern arbeiten beide hart, um sich und mir ein gutes Leben zu ermöglichen. Sie sind beide viel unterwegs. Meine Mutter hätte Ihnen für diese Unverschämtheit eine gelangt, und wenn Sie mich noch weiter beleidigen, werde ich Ihnen.."

"Lass es, Gloria! Sie ist es nicht wert, dafür Punkte zu riskieren", flüsterte Julius. Hermine Granger lief rot an und sagte:

"Ich habe gedacht, du würdest mich verstehen. Aber offenbar findest du es schön, dich bedienen zu lassen."

"Wer nicht?" Fragte Julius trotzig.

Hermine Granger packte ihre B.Elfe.R-Anstecker wieder fort und zog sich heftig atmend mit Harry Potter zurück und vergrub sich in einen Stapel Bücher.

Julius und Gloria sprachen erst über den Vorfall, als sie im Ravenclaw-Gemeinschaftsraum saßen und Kevin und Pina erzählten, was passiert war.

"Ich finde es auch nicht so toll, daß Hauselfen von anderen Zauberern herumgescheucht und dumm angequatscht werden, Leute. Aber wenn die arbeiten wollen, weil sie arbeiten wollen, werde ich nicht versuchen, ihnen anderes Zeug einzureden."

"Die hat uns vor einer Woche schon mit diesem Belfer-Kram genervt", sagte Kevin. "Als Glenda, Fredo und ich in der Bibliothek saßen, um den Krempel für Snape nachzulesen. Unsere Familien haben zwar alle keine Hauselfen, aber dafür Leute in der Verwandtschaft, die ohne einen Hauselfen im eigenen Dreck umkommen müßten, weil sie viel unterwegs sind", erzählte Kevin.

"Wie ich zu Hermine gesagt habe: Hunde machen auch alles, solange sie nur zu fressen bekommen, obwohl das, was sie fressen, nicht soviel wert ist, wie das, was der Mensch dafür zurückkriegt", sagte Julius.

"Hattest du den Eindruck, wir würden Nifty unterdrücken oder wie den letzten Dreck behandeln?" Fragte Gloria den Sohn eines Chemikers und einer Computerprogrammiererin.

"Nein, hatte ich nicht", erwiderte Julius. Dann wandte er sich Prudence Whitesand zu, die mit Cho Chang und andren Mädchen aus ihrer Klasse sprach. Als Cho die Klassenkameradin darauf aufmerksam machte, daß Julius wohl etwas von ihr wollte, kam sie kurz herüber.

"Hallo, Prudence. Hermine Granger aus der vierten hat mich vorhin für eine Sache begeistern wollen, die Hauselfen zu mehr Gleichberechtigung in unserer Welt verhelfen soll", begrüßte Julius die Trainingspartnerin aus der fünften Klasse.

"Achso, B.Elfe.R. Ich habe mit Hermine Granger schon eine heiße Debatte gehabt, weil ich ihr erzählt habe, daß Gigie sich zu tode schämen würde, wenn sie gesagt bekäme, daß sie nicht für nichts und wieder nichts arbeiten solle. Ich meine, ich muß Hermine Granger zubilligen, daß sie durch die Muggelerziehung andere Ansichten hat. Aber was sie jetzt vorhat, das könnte sie ziemlich überanstrengen. Nicht, weil sie keine Hexen oder Zauberer findet, die sich überzeugen lassen, sondern wegen der Hauselfen. Sie meinte noch, daß ihr Freund, Harry Potter, einmal einem Hauselfen zur Freiheit verholfen hat, der sich von seinen Herren unterdrückt fühlte. Als ich fragte, welche Zauberer das waren, erzählte sie, daß es die Malfoys gewesen seien. Ich antwortete darauf nur, daß dort niemand auch für noch so viel Geld den Haushalt machen würde, der stolz auf seine Arbeit ist", berichtete Prudence Whitesand von ihrer Begegnung mit Hermine Granger.

"Damit ist eine Frage beantwortet, die ich dir stellen wollte, Prudence. Ich wollte nur von dir wissen, wie du Gigie erlebt hast, weil du doch richtig bei ihren Meistern gewohnt hast."

"Wie gesagt, die würde sich beleidigt fühlen oder total schämen, wenn sie Lohn angeboten bekäme. Du hast es doch selbst erlebt, wie sie errötete, weil du dich bedankt hast, auf dem Sommerball", erinnerte Prudence Julius an eines seiner glücklichsten Erlebnisse des vergangenen Sommers. Julius nickte und erwähnte, daß er dies Hermine gesagt hätte.

"Die Sache mit Barty Crouchs Hauselfe Winky hat sie so verdreht, weil die Elfe Harry Potters Zauberstab in der Hand hatte, als man den Zauberer suchte, der nach dem Weltmeisterschaftsfinale das Mal des dunklen Lords in den Himmel beschworen hatte. Hermine hat mir die Geschichte lang und breit erzählt", berichtete Prudence Whitesand.

"Soso, Potters Zauberstab war das also, mit dem das dunkle Mal an den Himmel beschworen wurde", sagte Kevin nachdenklich. Dann meinte er noch:

"Aber immerhin hat Harry seinen Zauberstab wiederbekommen, wenn er schon meint, am Turnier teilnehmen zu müssen. Wenn damit ein Todesser das dunkle Mal in den Himmel schießen konnte."

Julius sagte dazu nichts. Er war der einzige, der nicht glaubte, daß Harry Potter am trimagischen Turnier teilnehmen wollte.

Am Ende der Woche las er im Tagespropheten ein Interview, daß Harry mit Rita Kimmkorn geführt hatte, aber das so rührselig herüberkam, als würde Harry die ganze Zeit bei dem Interview geweint haben. Julius las den Artikel den Hollingsworths vor. Jenna sagte dazu nur:

"Cedric wurde gar nicht erwähnt. Das ist doch eine bodenlose Gemeinheit. Immerhin hat der sich ordentlich beworben. Außerdem hat Potter das alles nicht so gesagt. Die Kimmkorn hat ihm wohl mit ihrer flotten Schreibefeder eine tränenreiche Story abgeluchst. Selbst schuld, wenn er meint, sich ins Turnier drängen zu müssen. Aber daß Cedric nicht in der Zeitung steht, ist schon ein starkes Stück."

"Und die Anderen Namen hat sie total falsch geschrieben. Fleur Delacour hat sie "Flur Dellackur" geschrieben und Victor Krum hat sie "Vicktor Crumm" geschrieben. Das könnte Ärger geben mit den entsprechenden Abteilungsleitern und Zaubereiministern."

Als Julius wenige Minuten später bei einem Dauerlauf an der Beauxbatons-Kutsche vorbeikam, traf er Jeanne und Barbara, die gerade eine Besenflugübung machten.

"Weißt du, wer diesen melodramatischen Unsinn über diesen Jungen in die Zeitung geschrieben hat?" Fragte Jeanne, wobei sie sich der französischen Sprache bediente. Julius sagte es ihr.

"Fleur ist ja fast an die Decke gegangen, als sie ihren Namen gelesen hat. Noch dazu werden die Champions in einem Halbsatz erwähnt. Das ist eine bodenlose Frechheit", sagte Jeanne aufgebracht.

"Was schreibt denn der Miroir Magique über das Turnier?" Fragte Julius.

"Ich habe den Artikel in unserer Kutsche. Möchtest du ihn lesen?" Fragte Jeanne.

"Wenn ich ihn verstehen kann", sagte Julius frech. Jeanne sah ihn nur mitleidig an und legte ihren Ganymed-8-Rennbesen hin.

"Macht ihr keine Flugübungen? Ich dachte, ihr müßtet immer im Training bleiben", wandte sich Barbara Lumière an Julius.

"Doch schon. Aber wegen des trimagischen Turniers ist das mit dem Quidditch-Training nicht so hoch im Kurs", erwiderte Julius.

Jeanne kam mit einer Ausgabe der französischen Zaubererzeitung zurück und gab sie Julius.

"Lies dir den Artikel durch und komm zu uns, wenn du was nicht verstanden hast. Aber du kannst ruhig deinen Besen holen und mit uns einige Runden drehen. Madame Maxime hat nicht verboten, daß wir mit euch zusammen Flugübungen machen."

"Mein Besen funktioniert noch sehr gut, Jeanne. Aber im Moment habe ich wegen der Hausaufgaben keine Zeit zum fliegen. Danke für das Angebot", antwortete Julius.

Madame Maxime kletterte aus der Kutsche. Julius hielt es für besser, nicht von ihr angesprochen zu werden und zog sich zum Schloß zurück.

Nachdem er seine Hausaufgaben erledigt hatte, las er den französischen Zeitungsartikel über das trimagische Turnier:

 

 

FRAGLICHE AUSWAHL

VIERTER TEILNEHMER AUF MYSTERIÖSE WEISE AUSGEWÄHLT

Mit spannung erwartete die internationale Zauberergemeinschaft die Auslosung für das 422. trimagische Turnier, das nach einer längeren Pause endlich wieder einen ehrenvollen Wettstreit zwischen den drei führenden Zaubererschulen Europas ermöglichen sollte. Unsere großartige Schule, die Akademie von Beauxbatons, entsandte unter der Auswahl und Führung von Madame Maxime, eine Abordnung von zwölf Junghexen und Jungzauberern, die sich um die Teilnahme am Turnier bewerben sollten. Gemäß einer international abgesprochenen Regeländerung sollten nur Schüler ab siebzehn Jahren für die Teilnahme in Frage kommen.

Der Feuerkelch, ein starker magischer Gegenstand, diente dieses Jahr erstmalig wieder als unparteiischer Richter für die Auswahl der Schüler, die am trimagischen Turnier teilnehmen sollten. Professor Dumbledore, der Leiter der gastgebenden Schule Hogwarts, garantierte, durch eine Alterslinie alle minderjährigen Schüler von der Bewerbung ausschließen zu können.

Am 31. Oktober dieses Jahres wurden nun drei Teilnehmer ausgewählt. Vom Durmstrang-Institut wählte der Feuerkelch den berühmten bulgarischen Sucher Victor Krum aus, von unserer Schule Beauxbatons fiel die Wahl auf die liebreizende Fleur Delacour und von Hogwarts selbst wurde im Rahmen der ordentlichen Auslosung der attraktive und fleißige Schüler Cedric Diggory ausgewählt. Als dann die Anweisungen für die drei Turnierteilnehmer ausgegeben werden sollten, geschah das fragwürdigste, was jemals bei diesem altehrwürdigen Wettstreit vorfiel. Der Feuerkelch warf einen vierten Namen aus, den Namen des zur Zeit die vierte Klasse von Hogwarts besuchenden Harry Potter, dessen Ruhm durch sein Überleben eines heimtückischen Angriffs von Du-weißt-schon-wem in die Annalen der Zaubereigeschichte Einzug erhielt. Doch seine Ernennung zum Turnierteilnehmer widerspricht den internationalen Absprachen und der alten Regeln, wonach nur drei Schüler teilnehmen dürfen. Da jedoch die bindende Klausel überwiegt, der nach jeder teilnehmen muß, dessen Name der Feuerkelch ausgibt, wurde von drei der fünf Turnierrichter verfügt, daß Monsieur Harry Potter trotz seines geringen Alters von 14 Jahren teilzunehmen hat. Madame Maxime und Professor Karkaroff, der Direktor des Durmstrang-Institutes, reichten zwar Beschwerden ein, hatten jedoch damit keinen Erfolg.

Drei Fragen stellen sich uns und unseren gebildeten Lesern:

Wie konnte es passieren, daß von einer Schule zwei Turnierteilnehmer ausgewählt werden konnten? Hat Professor Dumbledore die anderen Schulleiter arglistig getäuscht, als er ihnen zusicherte, durch eine Alterslinie die Bewerbung jüngerer Schüler auszuschließen? Wurde sogar ermöglicht, daß der berühmte Harry Potter unbedingt am trimagischen Turnier teilnehmen muß, um den Ruhm von Hogwarts künstlich zu mehren, auch gegen die berechtigten Interessen der beiden anderen Schulen?

Professor Dumbledore hat es bislang nicht für angemessen oder gar notwendig erachtet, sich zu diesen Fragen zu äußern. Ebenso verweigerten die Abteilungsleiter für internationale magische Zusammenarbeit und magische Spiele und Sportarten in Frankreich und England jede Stellungnahme, die diesen unglaublichen Vorfall lückenlos aufklären könnte.

Dies ist, so läßt sich unverhohlen anmerken, der zweite große Skandal nach der desaströsen Quidditch-Weltmeisterschaft. Offenkundig haben die zuständigen Ministerialbeamten einen Hang zur Lässigkeit entwickelt, die derartige Ausfälle bei internationalen Großveranstaltungen durchgehen läßt, ohne aus Fehlern zu lernen.

Unsere Turnierteilnehmerin, Fleur Delacour, die in allen Zauberfächern genauso glänzende Noten erzielt hat, wie die übrige Abordnung von Beauxbatons, muß sich nun gegen den Versuch durchsetzen, Hogwarts durch einen ehrgeizigen Versuch, mindestens einen von zwei Teilnehmern den trimagischen Pokal nebst der 1000 Galleonen Preisgeld, zu größerem Ruhm unter den Zaubererschulen Europas zu verhelfen. Wir vom Miroir Magique wollen niemandem unterstellen, daß Harry Potter gezielt ins Turnier geschmuggelt wurde, um Hogwarts' Interessen zu erfüllen. Wir halten es für möglich, daß er einen Trick benutzt hat, seine Teilnahme zu erzwingen. Doch wundern würde es uns nicht, wenn Potter das Turnier bis zum Ende durchstehen und als Sieger herauskommen würde.

Eine strenge Überwachung der Turnieraufgaben ist daher oberste Pflicht aller trimagischen Richter, denen es nicht auf einen Sieg von Hogwarts ankommt, sondern die einen gleichberechtigten Wettstreit beaufsichtigen wollen, unerheblich, wer am Ende gewinnt.

 

 

Dann las Julius noch eine kurze Beschreibung von Fleur Delacour, die ohne überflüssige Gefühlsduselei oder übertriebene Beschreibungsformeln auskam und faltete die Zeitung wieder zusammen.

Am nächsten Tag gab er sie Jeanne zurück und sagte:

"Alle gehen davon aus, daß Harry Potter seines Ruhmes wegen teilnimmt. Was werden sie schreiben, wenn er bei einer Runde verletzt oder getötet wird?"

"Weiß ich nicht. Es ist mir auch gleich, ob er gezielt ins Turnier geschmuggelt wurde, oder ob er sich durch einen Trick eine garantierte Teilnahme erzwungen hat. Er muß sich denselben Regeln unterwerfen, wie die anderen auch. Ich garantiere dir, daß seine Ausbildung nicht weit genug gediehen sein kann, um mit Fleurs Zauberkraft mitzuhalten. Du hast einen winzigen Teil davon mitbekommen. Wie wir aus Beauxbatons von Professor McGonagall und Flitwick mitbekamen, hast du dieses Wissen nutzbringend umgesetzt und gelernt, es auch zu vermitteln, wodurch du deinen anderen Klassenkameraden in gewisser Weise überlegen bist. Daher solltest du dir vorstellen können, was Fleur, Barbara, César und ich können, die wir in der sechsten oder siebten Klasse sind."

"Ja, und Krum könnte auf die Idee kommen, sich der dunklen Künste zu bedienen, die angeblich in seiner Schule unterrichtet werden", erwiderte Julius.

"Falls er seine Mitstreiter behext wird er disqualifiziert", sagte Barbara Lumière.

"Wir werden es erleben", erwiderte Julius.

 

 

Nach dem Rita-Kimmkorn-Artikel brach eine Welle von Schmähungen und Verachtungsbekundungen über Harry Potter herein. Julius, der zwischendurch mitbekam, wie vor allem die Slytherins gerne und ausgiebig den Artikel kommentierten und Harry wegen seiner angeblich immer noch fließenden Tränen hänselten, war heilfroh, nicht so im Rampenlicht zu stehen. Als er einmal bei den Hollingsworths Anstecker mit der roten Schrift "Ich bin für Cedric Diggory, den wahren Hogwarts-Champion" sah, sagte er:

"Jeder darf verehren, wen er will. Aber habt ihr schon ausprobiert, was passiert, wenn man draufdrückt?"

"Nein", antworteten Betty und Jenna wie aus einem Mund und drückten auf die Anstecker. Giftgrün leuchteten sie nun "Potter stinkt" in den Raum.

"Oh, verdammt! Sowas wollten wir nicht. Wir dachten, die wären von einem aus Hufflepuff. Dann haben wir wohl von den Slytherins welche abbekommen", bemerkte Jenna mit erschütterter Stimme und nahm ihren Anstecker ab.

"Wenn ihr Cedric unterstützen wollt, laßt euch von seinen Freunden aus Hufflepuff welche geben", schlug Julius vor.

"Für wen bist du eigentlich?" Fragte Betty.

"Wenn Jeanne Dusoleil teilgenommen hätte, wäre die Frage einfach für mich. Aber so sage ich, daß ich es dem gönne, der es mit Fairness und Leistung schafft zu gewinnen."

Julius verschwieg den Mädchen, daß er insgeheim die Vermutung hegte, daß jemand Harry ins Turnier geschmuggelt hatte, um ihn entweder zu töten oder ihm zum Sieg zu verhelfen, um sich dann am Gewinn zu beteiligen.

Mitte November, an einem Dienstag, kehrte Francis von seinem Postflug zu Catherine zurück. Er brachte Julius mit den anderen Posteulen zusammen einen Brief in die Große Halle. Hinter Francis flog Viviane her, hinter der noch eine Posteule flog, die eindeutig Julius Andrews als Empfänger aufzusuchen hatte. Julius verzog das Gesicht zu einer angespannten Fratze, als er die Waldohreule erkannte. Jeanne, die nur durch Gloria von Julius getrennt rechts neben ihm saß, sah vielsagend die dritte Eule an. Dann lächelte sie Viviane an.

"Zu dir wollte sie, nicht zu mir. Ist ja lustig", sprach sie in schnellem Französisch. Julius nahm erst den an Francis' rechtes Bein gebundenen Briefumschlag. Dann nahm er Viviane zwei Umschläge ab, von denen einer an Jeanne adressiert war. Julius schnippte den für Jeanne bestimmten Umschlag zu der französischen Junghexe hinüber, die ihn verspielt auffing. Dann nahm er den Umschlag vom Bein der Waldohreule. Alle Umschläge verstaute er sorgfältig in seinem Umhang. Er wollte nicht bei Tisch lesen, was Catherine oder Claire geschrieben hatten. Die dritte Eule, so wußte er, stammte aus dem Eulen-Vorrat von Professeur Faucon. Was wollte die Beauxbatons-Lehrerin von ihm? Wollte sie ihm lediglich schreiben, wer zum Turnier kommen würde. Oder wollte sie ihn fragen, was er von der Sache mit Harry Potter hielt? Doch auch das würde er nicht hier und jetzt am Frühstückstisch in der großen Halle lesen, wo alle dabeisaßen.

Jeanne hatte ihren Brief auch fortgesteckt, was Julius beruhigte. Er wußte, daß die französischen Hexen und Zauberer mehr von Privatheit hielten als die englischen Junghexen und -zauberer.

Nach den Dienstagsstunden zog sich Julius in den Schlafsaal der Ravenclaw-Zweitklässler zurück und las die drei Briefe. Erst las er den Brief von Catherine. Sie schrieb ihm:

 

Hallo, Julius!

Nett, daß du an mich denkst und mir dein Vertrauen schenkst. Deshalb möchte ich dir zu deinen Vermutungen die verdienten Antworten geben:

Ich habe es einige Tage später sowohl von Maman als auch aus der Zeitung erfahren, was bei euch passiert ist. Aber dein Brief kam nur einen Tag später zu mir. Deshalb bin ich über alles soweit es öffentlich gemacht wurde, und soweit Maman mir Madame Maximes Mitteilung zugänglich machte, im Bilde.

Zum einen: Deine Gedanken sind nicht dumm, sondern, wie du selbst festgestellt hast, nur nicht eindeutig zu belegen. Denn wahrlich, es ist möglich, einen starken magischen Gegenstand derartig zu verhexen, daß seine ursprüngliche Zauberkraft zweckentfremdend genutzt werden kann. Viele nützliche Zaubergegenstände wurden gerade in der Ära des dunklen Lords zu Werkzeugen der schwarzen Magie umfunktioniert. Im Falle des Feuerkelches mußte jedoch darauf geachtet werden, daß zunächst die übliche Auswahlprozedur durchgeführt wurde. Die Ausgabe des Namens von Harry Potter erfolgte, wie du geschrieben hast, wenige Minuten nach der Bekanntgabe des dritten Namens. Das spricht für einen verzögerten Täuschungszauber, der allerdings schon angebracht werden mußte, als Potters Name in den Kelch kam. Ich wundere mich, daß Dumbledore da nicht drauf geachtet hat. Allerdings ist der öffentliche Druck bei solch einem Anlaß zu groß, um alles gründlich zu hinterfragen. Deine logische Schlußfolgerung, daß Potter als einziger Kandidat einer vierten Schule ausgeworfen werden mußte, unterstützt meine Vermutung, es mit einem verzögerten Verwechslungsmanöver zu tun zu haben.

Zur Frage nach dem Warum akzeptiere ich deine Vermutungen, wenn ich sie auch nicht unterstützen kann. Denn es könnte sich auch um einen Trick eines Hogwarts-Schülers handeln, der will, daß zwei Hogwarts-Champions teilnehmen. Falls es sich um einen Handlanger des dunklen Lords handelt, so wirst du dir wohl denken können, daß ich dich um große Vorsicht bitten muß, falls der oder die, welcher oder welche das Manöver durchgeführt hat, noch im Schloß weilt. Gib also gut Acht auf dich und lasse dir nicht anmerken, daß du mißtrauisch bist, was Potters Teilnahme angeht! Dafür sind eure Lehrer zuständig!

Was das mit den programmierbaren Zaubergegenständen angeht, so ist es anders als bei den Rechenmaschinen der Muggel. Hier spielt keine logisch aufbauende Befehlskette eine Rolle, sondern aufeinander abgestimmte Zauber, die nicht durch einen leichten Fehler oder eine Abweichung vom üblichen aus dem Ruder laufen können. Wenn Potter selbst oder einer seiner Mitschüler den Namen für Hogwarts eingeworfen hätte, wäre er entweder als einziger oder gar nicht ausgegeben worden. Wenn der Kelch einen ihm unbekannten Schulnamen bekommt, verbrennt das Pergament ohne sichtbare Anzeichen, daß es akzeptiert wurde. Womöglich hast du es beobachten können, daß jeder eingeworfene Name kurz rot aufflammte, bevor das Pergamentstück verschwand. Falls sowas nicht passiert und das Pergament verschwindet, ist es ungültig.

Du kannst mir ruhig weiterschreiben, was bei euch so passiert. Maman hat mich gebeten, dich daran zu erinnern, daß du auch sie ruhig anschreiben kannst. Aber ich erfuhr, daß sie sich sowieso an dich wenden wollte.

Herzliche Grüße

Catherine

 

Julius überlegte, was er mit dem Brief machen sollte. Denn wenn er zur Vorsicht angehalten wurde, sollte er den Brief nicht herumliegen oder in falsche Hände fallen lassen. Also verbarg er ihn in seiner großen Reisetasche, die tief in seinem Schrankkoffer ruhte und die Zauberbücher enthielt, die er von Professeur Faucon bekommen hatte. Diese Tasche war gegen Diebstahl gesichert und barg alles in ihr, was nicht aus metall war, besser als ein Banktresor der Muggel.

Julius nahm Claires Brief und las:

 

Hallo, Julius!

Ich denke, wenn Viviane dir den Brief bringt, sitzt Jeanne mit euch am Tisch. Sie schrieb mir direkt nach der Ankunft, daß sie mit Gloria, Prudence und dir am Tisch sitze, wenn Essenszeit ist. Daher kann ich einen Brief für sie gleich mitschicken. Viviane soll erst diesen Brief für dich abgeben und dann Jeanne aufsuchen, falls sie nicht bei dir ist, wenn du den Brief bekommst.

Nun, jetzt weißt du ja, daß Jeanne zu den zwölf ausgesuchten Kandidaten gehört, die Madame Maxime mitnehmen wollte. Ich habe ihr gesagt, daß es bei euch kalt werden würde.

Hier ist alles soweit in Ordnung. Professeur Faucon hält uns alle auf Trab, besser fast als Madame Maxime. Leider gibt es dadurch, daß César, Jeanne und Barbara zu euch gereist sind, kein Quidditch-Turnier. Sicher, wir haben Reservespieler für alle Positionen, aber unsere Schulregeln sehen nur vor, daß sie von den Kapitänen aufgestellt werden dürfen, und von denen sind ja drei bei euch.

Wie ist deine erste Begegnung mit Fleur Delacour ausgegangen? Hast du dich jetzt besser auf sie eingestellt, oder läufst du ihr immer noch hinterher? Falls ja, kann sie dich ja am Jahresende mitbringen. Maman hat dich nämlich fest in ihre Feriengestaltung eingeplant.

Schreibe mir ruhig, wenn die erste Turnieraufgabe vorbei ist, wer gewonnen hat! Ja?

Herzliche Grüße

Claire

P.S. Übe fleißig malen und musizieren!

 

"Dieses Gör und ihre Mutter meinen wohl, ich könnte mich frei entscheiden, ob ich zu ihnen fahre oder nicht", knurrte Julius und legte den Brief zur Seite. Er wollte ihn später noch beantworten. Dann nahm er den Brief, den ihm höchstwahrscheinlich Professor Faucon geschickt hatte. Tatsächlich las er seine Anschrift in ihrer energischen Schönschrift auf dem beigen Pergamentumschlag. Er holte eine Pergamentseite vorsichtig heraus, als müsse er darauf gefaßt sein, daß sie ihm in den Händen explodiere. Dann las er, was seine Sommerferienmutter schrieb:

 

Monsieur Julius Andrews,

wie ich von meiner Tochter erfuhr, haben Sie sich ihr gegenüber über das außerordentliche Ergebnis des Auswahlverfahrens für das trimagische Turnier ausgelassen. Sicher taten Sie recht daran, eine Person ihres Vertrauens, die obendrein eine große Kompetenz in der Angelegenheit besitzt, die Ihrem Schreiben zu Grunde lag, zu benachrichtigen. Ich möchte Sie jedoch dazu anhalten, mir persönlich jedes künftige Ereignis außerhalb des üblichen zuerst zu beschreiben und Ihre daraus resultierenden Vermutungen getrost meiner Sachkunde mit anzuvertrauen. Sicherlich erfahre ich durch meine hochgeschätzte Vorgesetzte, Madame la Directrice Maxime, was im Rahmen des trimagischen Turniers von Statten geht, jedoch bin ich auch höchstlich an einer unbefangenen Meinung aus jugendlicher Perspektive interessiert, da ich aus meiner langjährigen Berufserfahrung weiß, daß Kinder und Jugendliche wie Sie eine höhere Beobachtungsgabe Ihr eigen nennen und darüber hinaus nicht davor scheuen, auch die noch so aberwitzigsten Vermutungen zu äußern, bis Sie entweder bestätigt oder verworfen wurden. Deshalb - hier wiederhole ich mich der Verständlichkeit wegen - fordere ich von Ihnen, jede Außerordentlichkeit im Ablauf des Turniers vordringlich mir zukommen zu lassen!

Was den Inhalt des von Ihnen an meine Tochter gerichteten Briefes angeht, so teile ich einen Großteil Ihrer Vermutungen, selbst wenn Madame Maxime sich darauf festgelegt hat, die Teilnahme von Monsieur Harry Potter als Akt der Vorteilsnahme seitens der Schulleitung von Hogwarts zu betrachten. Die Auslosung des Jungen Harry Potter stellt für mich ein weiteres Mosaiksteinchen in einem noch nicht ganz zu vervollständigenden Bild dar, dessen Gesamterscheinung jedoch nichts gutes vorausahnen läßt. Einfach ausgedrückt:

Falls Ihre Vermutungen im Bezug auf die Veränderung der Magie des Kelches und dem Grund dafür zutreffen, paßt das zu anderen Dingen, die mir bekannt geworden sind und nicht gerade gutes vorhersagen. Denn, um Ihre Vermutung bezüglich Auftraggeber und Beweggrund aufzugreifen, wenn sich der dunkle Lord durch einen Helfershelfer oder ehemaligen Anhänger vergewissert, daß Harry Potter teilnimmt, jener Zauberer, der seinen Sturz verschuldet hat, so kann Rache das Motiv sein, wenn Potter zu tode kommt. Oder der Dunkle versucht, sich Harry Potters bei einer Gelegenheit im Turnierverlauf zu bemächtigen, um vielleicht einen Weg zu finden, seine alte Macht zurückzugewinnen, wenn er ergründet, was ihn damals hat scheitern lassen.

Ich kann diese Mutmaßung nicht Madame Maxime mitteilen, da mir, wie Ihnen, keine Anhaltspunkte vorliegen, die diese Vorgänge belegen. Daher ist es nicht nötig, daß Sie sich mit Madame Maxime darüber ins Benehmen setzen, daß Sie mit mir in dieser Angelegenheit Korrespondieren.

Verwahren Sie dieses Schreiben entweder an gesichertem Orte oder vernichten Sie es, wenn Sie es eingehend genug gelesen haben!

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Blanche Faucon

 

 

 

Julius brummte der Kopf. Die Sprache war für ihn nicht das Hindernis. Seine Französischkenntnisse, die er durch die Sprachlernbücher und den Wechselzungen-Zaubertrank während der Sommerferien erworben hatte, sowie seine Erfahrung mit wissenschaftlichen Texten und Beispielbriefen seines Vaters, der ihm mal gezeigt hatte, wie ein Direktor an einen Mitarbeiter schreibt oder einen Geschäftspartner anschreibt, ließen ihn mit dem Stil des Briefes klarkommen. Aber die Aussage des Briefes machte ihn schwindelig.

Einmal hatte sich die Beauxbatons-Lehrerin eines übermäßigen Schreibstils bedient, wo sie früher in einer allgemeinen bis persönlichen Form an ihn geschrieben hatte. Zum anderen schrieb sie nicht, daß Julius dummes Zeug geschrieben habe, sondern bestätigte ihn indirekt. Hinzu kam die unverkennbare Anordnung, erst und vor allem an sie, Professeur Faucon, zu schreiben, wenn ihm noch mal sowas merkwürdiges wie die Auswahl der Champions begegnete.

Er legte den Brief zu Catherines Brief in die diebstahlgesicherte Reisetasche und saß eine Weile auf seinem Bett. Dann schrieb er eine kurze Antwort an Claire:

 

Hallo, Claire!

Die große Kutsche, mit der Jeanne und die anderen gekommen sind, ist ja toll. Ich weiß, daß deine Schulkameraden da drinnen schlafen und wohl auch den Großteil ihrer Freizeit verbringen. Außerdem, so finden Kevin, ein guter Schulfreund von mir, und ich, daß die fliegenden Pferde sehr stark sind. Ich hatte schon Lust, Madame Maxime zu fragen, wie teuer so eine Reisekutsche mit Pferden ist. Denn in der Muggelwelt gibt es Wohnmobile, große selbstbewegende Fahrzeuge, in denen man Wohnraum, Küche und Badezimmer hat. Viele davon sind sehr teuer und brauchen viel Platz und Treibstoff, also etwas, was die Maschine antreibt, mit der ein Auto fährt.

Ich werde nicht hinter Fleur Delacour herlaufen. Nachher muß ich noch mit ihr zusammen die Turnieraufgaben lösen. Denn sie ist ja, wie du mit Sicherheit schon weißt, zur Turnierteilnehmerin eurer Schule ernannt worden. Dabei gab es zwar eine merkwürdige Abweichung vom Normalplan, aber jetzt geht das Turnier erst einmal richtig los, wenngleich auch mit vier Champions.

Außerdem, wenn ich Fleur hinterherlaufen wollte, müßte ich mich ganz weit hinten anstellen. Soviele Jungs, wie ihr schon nachgesehen haben, als sie hier ankam, kann die Kutsche nicht mitnehmen.

Ich habe schon Lust, zu euch in die Ferien zu kommen. Aber ich bin ein Kind und muß tun, was Erwachsene mir sagen. Da wird auch deine Mutter nichts gegen machen können. Es hat mir schon sehr gut gefallen bei euch. Aber wenn ich daran denke, daß ich nun für drei Regenbogensträucher zuständig bin, möchte ich lieber nicht daran denken, was sie mir durch die Hintertür noch für Gemüse anhängt, wenn ich noch mal zu euch komme.

Ich hoffe, bei euch ist es immer noch wesentlich wärmer als bei uns. Hier klirrt die Kälte, so daß eure Mitschüler nicht selten Schals umwickeln müssen, wenn sie von der Kutsche zu uns ins Schloß kommen.

Ich schreibe dir noch mal, wenn die erste Runde vorbei ist.

Lass dich nicht von Professeur Faucon unterkriegen!

Bis zum nächsten Brief

Julius

 

In der Eulerei traf Julius Jeanne, die ebenfalls einen Brief abschicken wollte. Da Viviane noch da war, gaben sie ihr beide Briefe mit und verließen lachend den Eulenturm von Hogwarts.

"Ich dachte schon, ich würde Viviane zurückschicken. Aber so ist es praktischer."

"Sie hat uns beiden mit einer Eule Post geschickt, dann können wir auch eine Eule mit Briefen von uns beiden zurückschicken, oder?" Erwiderte Julius.

Jeanne ging mit Julius zusammen in die große Halle, um zu Abend zu essen.

 

 

Am 24. November sollte die erste Runde im trimagischen Turnier stattfinden. In der letzten Woche vor dem großen Tag schwirrten Gerüchte durch Hogwarts, was die Aufgabe für die Champions sein würde. Julius ließ sich jedoch nicht von Kevin zu Wetten verleiten, ob es gegen einen Zauberer ging, der mit verschiedenen Flüchen die Champions traktieren würde oder eine magische Falle zu bewältigen sei. Julius, derProfesseur Faucon eine kurze Antwort geschickt hatte, in der er sie beruhigte, daß er ihr demnächst zuerst schreiben würde, fühlte sich immer noch etwas bedrückt von ihrer Nachricht. Er hielt sie nicht für so verstört, wie es Moody war. Deshalb dachte er, sie würde sich genau überlegen, was sie sagte.

Am Donnerstag nachmittag schlenderten Gloria, Pina und Julius von der Zauberkunststunde zurück ins Schloß. Als sie durch die Eingangshalle waren und die erste Treppenflucht in Richtung Ravenclaw-Eingang erstiegen hatten, hörten sie aus der Ferne ein trompetenartiges Schnauben und Tröten. Julius fragte:

"Huch, hat McGonagall jemanden in einen Elefanten verhext?"

"Klingt so", meinte Pina. Die drei Zweitklässler gingen den Geräuschen nach und kamen in einen Korridor, von dem Julius wußte, daß irgendwo von dort der Weg nach Hufflepuff führen mußte, der Gang selbst aber ein wichtiger Weg zum Krankenflügel war, wenn man es eilig hatte.

Mitten im Korridor sahen die beiden Mädchen und Julius drei Erstklässler, die Julius als Hufflepuffs kannte. Laura Medley, Bruster Hencock und Henry Hardbrick. Letzterer tobte herum, wie von wilden Hornissen umschwärmt und dabei stieß er die elefantenartigen Laute aus, die Julius neugierig gemacht hatten, und zwar mit einem langen fleischfarbenen Rüssel, der Henry von der Nasenwurzel bis zur Brust herabreichte, sich zwischenzeitlich einkringelte oder armlang nach vorne streckte.

"Kann uns einer mal helfen, bitte? Moody hat ihn mit einem Fluch getroffen, weil Henry gemeint hat, ihn mit einem Kitzelzauber angreifen zu müssen, als er uns die Hausaufgaben für die nächste Stunde geben wollte", quiekte Laura Medley. Das zierliche Mädchen versuchte mit seinem Klassenkameraden, den tobenden Jungen zu bändigen. Doch dieser warf sich nicht nur herum, sondern schlug um sich, mit Handkantenschlägen, die Julius als einfache Karate-Hiebe erkannte.

"Oha! Hast du den grimmigen Professor Moody geärgert, und er hat dir dafür die Nase langgezogen?" Flötete Julius. Gloria und Pina wollten Julius zurückhalten. Doch er beruhigte sie.

"Der Fluch wirkt nur auf die Nase, Mädels. Die Toberei ist nur die pure Panik, weil ihm was passiert ist, was kein Muggelwissenschaftler mal erwähnt hat."

"Tröööööt! Dieser verdammte Kyborg hat mich verunstaltet", trompetete Henry Hardbrick mit näselnder Betonung.

"Selbst Schuld, was jagst du ihm auch einen Kitzelfluch an den Hals", belehrte Julius den Jungen, der im Moment nicht mehr um sich schlug. Unvermittelt tauchte Peeves, der Poltergeist in der Luft vor Henry auf und packte ihn keck an den angehexten Rüssel.

"Oh, welch großes Nasenrohr. Kommt das bei dir häufig vor?"

"Verschwinde, du fliegender Flohbeutel", trötete Henry und hieb nach dem Poltergeist aus, der versuchte, in den angefluchten Rüssel einen Knoten zu machen. Peeves lachte schrill und gemein. Julius fischte nach seinem Zauberstab.

"Mit so'ner langen Nase, da trinkst du aus der Vase", spottete Peeves. Im nächsten Augenblick erfaßte ihn ein gefrierender eisblauer Lichtkegel. Julius hatte den Brandlöschzauber auf Peeves losgelassen. Schlagartig erstarrte der Poltergeist, ließ von der verhexten Nase des Hufflepuff-Erstklässlers ab und torkelte bibbernd in der Luft davon.

"Wau! Was war denn das?" Fragte Laura Medley.

"Die übliche kalte Dusche für Poltergeister, die übermütig werden", sagte Gloria, die ebenfalls ihren Zauberstab in der Hand hielt, aber wegen Julius' schneller Zauberei nicht einzugreifen brauchte.

"Warum haust du eigentlich so um dich, Henry?" Fragte Julius nach dem Grund, weswegen Henry Hardbrick sich gegen seine Mitschüler gewehrt hatte.

"Die wollen mich zu dieser Kurpfuscherin bringen. Nachher gibt die mir noch mal so einen Gifttrank", näselte Henry.

"Du meinst Madame Pomfrey? Gute Idee. Dann werden wir dich jetzt dahinbringen", nahm Julius den Faden auf, den Henry ihm hingelegt hatte. Dieser trötete laut:

"Versuch das. Ohne deinen Zauberstab bist du doch gegen mich wehrlos!"

"Stimmt. Deshalb halte ich ihn noch in der Hand. Gehen wir also los!"

"Nix da!" Trompetete Henry und trat nach Julius' Zauberstab. Julius war auf diesen Angriff zwar nicht gefaßt, reagierte jedoch schnell genug, um seinen Stab schnell hochzureißen, so daß der Fuß Henrys ins Leere trat. Dann rief Julius:

"Stupor!"

Ein roter Blitz schoß aus seinem Zauberstab und traf Henry voll in den Magen. Mit einem kurzen lauten Tröter sank er bewußtlos zu Boden.

"Idiot!" Fluchte Julius. "Das ist doch absolut nicht nötig. Hilfst du mir mal, Bruster?"

"Wobei?" Wollte der Erstklässler wissen, den Julius' Schockzauber imponiert hatte.

"Wir tragen unseren Elefantenjungen in den Krankenflügel."

"Okay", stimmte Bruster zu und half Julius, den besinnungslosen Jungen zu schultern. Die Mädchen gingen hinter den beiden Jungen her.

Auf dem Weg in den Krankenflügel trafen sie auf Professor Moody. Sie hörten ihn schon von weitem, weil das typische "Klonk! Klonk!" seines Holzbeines nicht zu dämpfen war.

"Ihr da! Wo verfrachtet ihr diesen Knirbs hin?" Knurrte der Lehrer mit dem magischen Auge, das suchend umherschweifte.

"Dahin, wo er hingehört, in den Krankenflügel", erwiderte Julius mutig.

"Gut! Er hat ohnehin zuviel Krach gemacht. Warum ist er ohnmächtig?"

"Weil er sich dagegen gesträubt hat, in den Krankenflügel zu gehen", sagte Laura Medley, auf deren Gesicht das magische Auge gerade blickte.

"Dann macht, daß ihr weiterkommt!" Grummelte der unheimliche Lehrer, der früher einmal, so die Berichte der älteren Schüler, ein berühmter Auror im Kampf gegen schwarze Magier war. Moody hinkte klonkend davon. Julius und Bruster trugen den besinnungslosen Rüsselträger durch die Korridore bis zzum Krankenflügel. Hier gönnte es sich Julius, den Geschockten mit dem Ennervate-Zauber wieder zu sich zu bringen.

"Verdammter Kerl, ich bring dich noch mal um ..!" Trötete henry und wollte seinen eigenen Zauberstab hervorholen. Doch da erschien Madame Pomfrey.

"Wer macht hier solch unangemessenen Lärm? Außerdem wird hier keiner umgebracht!" Rief sie. Dann sah sie Henry, beziehungsweise, dessen zum Rüssel verunstaltete Nase.

"Oh, hat sich der Herr auf eine magische Dummheit eingelassen oder den falschen Zauberer beleidigt?" Wollte sie wissen.

"Dieser wahnsinnige Kyborg, der hier zauberkämpfen gibt, hat mir das angehext", näselte Henry.

"Wer hat das gemacht?" Fragte Madame Pomfrey.

"Es ist am Ende von Professor Moodys Stunde passiert, Madame Pomfrey", berichtete Laura Medley.

"Warum hat Professor Moody ihm das angetan?" Fragte die Krankenschwester, die Henry mit schnellem Griff gepackt hatte und ruhighielt.

"Weil er ihm Rictussempra an den Hals gehext hat. Moody mußte erst laut lachen. Dann hat er sich davon befreit und Henry wie aus dem Handgelenk heraus diesen Rüssel angehext. Es war richtig gruselig, wie seine Nase von Sekunde zu Sekunde länger wurde, bis sie so lang war, wie sie jetzt ist", antwortete Bruster Hencock mit Schaudern in der Stimme.

"Was ist denn das, ein Kyborg? Irgendein Muggel-Schimpfwort?" Fragte Madame Pomfrey.

"Sage ich nicht", trötete Henry. "Fragen Sie den da doch. Aber der weiß das wohl auch nicht." Er wandte den Kopf Julius zu und streckte den angehexten Rüssel aus wie einen Gewehrlauf.

"Ach neh! Kyborg, das heißt kybernetischer Organismus. So heißen bei den Muggeln Menschen, bei denen Maschinen zerstörte Körperteile oder Sinnesorgane ersetzen, die so funktionieren wie die früheren lebenden Organe. Er meint damit, daß Professor Moody ja ein magisches Kunstauge hat."

"Trööt!" Kam es empört von Henry.

"Barbarisch! Wie kann man Menschen mit seelenlosen Apparaten verschmelzen. Nein, das trifft auf Moody nicht zu, was du ihm da anhängst, junger Herr. So, und jetzt nehme ich dir diesen unpassenden Rüssel wieder weg. Stillhalten!" Erläuterte Madame Pomfrey. Dann wies sie den fünf anderen Schülern die Tür und wartete, bis die fünf hinausgegangen waren.

"Der mag Madame Pomfrey nicht", zischte Bruster den vier Mitschülern zu, als sie vor der Krankenflügeltür standen.

"Weil sie ihn damals wieder so schnell zusammengeflickt hat, als er diese Zirkuseinlage auf dem Besen hingelegt hat?" Fragte Julius.

"Unter anderem. Sein Vater ist Arzt, sagt Henry. Der hält nichts von Heilmagie."

"Dabei ist es einfach, sich vom Rhinotruncus-Fluch befreien zu lassen. Der Heiler setzt mit der Zauberstabspitze an der Nasenwurzel an und spricht den Gegenzauber. Dann schrumpft der Rüssel wieder auf Normalmaß zusammen", wußte Julius.

"Woher ...? - Kennst du denn die Gegenformel?" Fragte Gloria Julius.

"Gelesen habe ich sie schon. Aber ich habe es nicht gewagt, sie anzuwenden. Nachher hätte der noch Hörner oder Eselsohren gekriegt, wenn ich irgendwo falsch betont hätte", sagte Julius. "Sowas würde ich nur bei Peeves ausprobieren."

"Ja, Rhinotrunco! So hat Moody kurz gerufen. Dann schlug ein greller blauer Blitz aus seinem Zauberstab und traf Henry ins Gesicht", erinnerte sich Laura.

Als Henry in Begleitung von Madame Pomfrey wieder aus dem Krankenflügel kam, sah er mürrisch zu Julius hinüber, dann zu seinen Klassenkameraden. Dann lief er einfach davon, ohne sich noch mal umzusehen.

"Rachsüchtig sah er nicht aus", sagte Gloria.

"Mußte das sein, ihn mit dem Schockzauber zu lähmen?" Fragte Madame Pomfrey Julius.

"Er widersetzte sich der Behandlung. Wir hätten ihn nicht herbringen können, wenn ich das nicht gemacht hätte", rechtfertigte Julius sein Vorgehen. Madame Pomfrey nickte.

"Immerhin kannst du die Gegenformel. Gut, dann macht, daß ihr in eure Häuser zurückkommt!" Befahl Madame Pomfrey mit energischer Stimme.

Julius kehrte mit Gloria und Pina in den Ravenclaw-Gemeinschaftsraum zurück, nachdem sie sich von Bruster und Laura verabschiedet hatten.

"Wetten, daß Moody dem Knilch dafür fünfzig Punkte abgezogen hat?" Wandte sich Pina an Julius.

"Ich halte es mit Kevin. So sichere Sachen sind mir keine Wette wert", lehnte Julius Pinas Wettangebot ab.

 

 

Wohin die Tage verflogen waren, die seit dem Freitag verstrichen waren, wußte Julius nicht. Er wußte nur, daß alle Hufflepuffs auf Cedric Diggory schworen und sich ausrechneten, daß er den ersten Platz in der anstehenden Runde machen würde. Jeanne unterhielt sich häufig mit Fleur Delacour, was Julius veranlaßte, den beiden Beauxbatons-Mädchen aus dem Weg zu bleiben, da er sich nicht noch mal von Fleurs Veela-Zauber benebeln lassen wollte, der, wie er beruhigt festgestellt hatte, nicht nur auf ihn wirkte, sondern auch andere, zumeist ältere Jungen berührte.

"Schade, daß wir heute keine Kräuterkunde haben", sagte Kevin zu Julius, als sie am Mittagstisch saßen. Julius meinte dazu nur:

"Dafür wissen wir in zwei Stunden, was man sich für das Turnier ausgedacht hat."

"Ich nehme noch Wetten an, was es gibt. Ich sage, die müssen gegen einen anderen Zauberer kämpfen."

"Womöglich haben sie aber auch Drachen aufgeboten", sagte Julius gelangweilt.

"Machst du Witze? Diese Tiere kann man doch nicht so einfach transportieren!" Erwiderte Kevin.

"Dann eben nicht", beendete Julius das Thema.

Um zwei Uhr nachmittags sammelte Flitwick seine Schüler ein und führte sie zu einer großen Tribüne, in deren Nähe ein großes Gehege lag. Julius ärgerte sich heimlich, daß er Kevin nicht doch auf die Wette festgenagelt hatte. Denn als sich die aufgebauten Sitzreihen füllten, hörte er in nicht allzugroßer Entfernung lautes Brüllen und Fauchen.

"Mit dir wette ich nicht mehr. Du gewinnst zu häufig", meinte Kevin. "Wie bist du dahintergekommen?"

"Ich habe das unheimlichste angenommen, was mir außer einem Dementor einfiel. Aber sowas kann ja auch noch passieren."

Julius sah, wie die Hufflepuff-Zweitklässler links von ihm platznahmen und sah, daß sich die Hollingsworth-Schwestern ganz in die Nähe von Kevin und Julius setzten. Rechts von Julius nahmen Gloria und Pina platz. Julius suchte die Schüler aus Durmstrang und Beauxbatons und sah sie auf Seitentribünen sitzen. Offenbar wollte man sie nicht einfach über die aufgebauten Tribünen verteilen.

"Was brüllt denn da so laut?" Fragte Pina. "Das sind doch wohl keine Drachen?"

"Können auch Minotauren oder Mantikore sein", sagte Julius.

"Auch nicht harmloser.

Als sich alle Sitzreihen gefüllt hatten, Professor Sprout hatte die Erstklässler in ihrer Nähe plaziert und- welch ein Zufall - Henry Hardbrick unmittelbar im Blick, trat Ludo Bagman aus einem Zelt heraus und tippte sich mit dem Zauberstab an die Kehle. Mit magisch verstärkter Stimme sprach er:

"Meine sehr geehrten Zuschauer. Hier und heute beginnt das trimagische Turnier mit der ersten von drei Runden. In dieser Runde ist Mut und Gewandtheit gefordert, da unsere Champions sich einer unbekannten Gefahr zu stellen haben. Wir beginnen gleich."

Dann trat Bagman noch mal vom Platz, in ein Zelt hinein, wo er einige Minuten blieb, wohl um den Champions letzte Anweisungen zu erteilen. Indes nahmen Professor Dumbledore, Professor Karkaroff, Madame Maxime und Mr. Crouch auf einer erhöhten Tribüne Platz, die mit goldenen Stühlen bestückt war. Dann sah Julius, wie zwanzig Mann etwas gigantisches in das Gehege bugsierten. Julius sah das Etwas unter einer grauen Decke hervorlugen. Dann wurde die Decke abgenommen, und ein echter Drache mit graublauer Schuppenhaut und kurzer Schnauze lag auf dem Boden. Dann kamen weitere Zauberer, die auf einer großen Decke zementgraue ovale Gegenstände hereintrugen, zwischen denen es golden schimmerte.

"Ach, du meine Güte! Die lassen brütende Drachenweibchen auf die Champions los", stöhnten Julius und Kevin gleichzeitig.

"Was für ein Biest ist das?" Fragte Gloria.

"Wenn das Buch, das mir der irische Dudelsack zum Geburtstag geschenkt hat stimmt, ist das ein schwedischer Kurzschnäuzler. Die Weibchen legen bis zu zwölf Eiern, die sie in der Hitze ihres eigenen Feuers vier Wochen lang ausbrüten", erklärte Julius. Kevin, den die Hollingsworths angeblickt hatten, als wisse er noch mehr, erklärte den beiden Mädchen links neben sich, was für ein Drache das war.

"Wie kämpft man gegen so ein Tier?" Fragte Gloria.

"Am besten gar nicht", meinte Julius. "Drachen sind gegen die meisten Zauber immun, weil ihre magisch aufgeladene Haut alles abwehrt, was nicht stark genug ist. Obwohl, wenn du mich so fragst, fielen mir schon einige Mittel ein, einen Drachen zu beschäftigen, um nicht selbst frittiert zu werden."

"Was müssen denn die Champions machen?" Fragte Pina.

"Kuck da, dieses goldene Ding. Das ist wohl zu holen. Es liegt genau im Gelege des Drachens", sagte Julius und deutete auf den goldenen Gegenstand, der in der Herbstsonne blinkte. Es war ein großes Ei, so groß wie die zementgrauen Eier des Drachen selbst.

"Könnte man das nicht einfach wegholen, mit einem Aufrufezauber?" Fragte Gloria.

"Denke ich nicht. Denn einmal siehst du es, daß der Drache fast daraufliegt. Dann denke ich, daß der Aufrufezauber nicht funktioniert, wie bei den Quidditchbällen auch nicht."

"Stimmt, die würden keine so einfach zu lösende Aufgabe stellen", gestand Gloria ein.

Als Drache und Eier ordentlich im Gehege lagen, erweckten die zehn Zauberer das große Tier mit einem gemeinsamen Wiederbelebungszauber aus seiner Starre und zogen sich zurück. Der schwedische Kurzschnäuzler reckte sich, ließ den Schwanz wie eine gigantische Peitsche ausschlagen und brüllte laut auf. Dann hockte er sich über dem Gelege hin. Ein schriller Pfiff ertönte, und Ludo Bagman verkündete, daß Cedric Diggory als erster antreten würde.

Der hochgewachsene Hufflepuff-Junge trat leicht bedröppelt aus dem Zelt, in dem Bagman die Champions versammelt hatte. Er ging in das große Gehege und sah sich den blaugrauen Drachen an, der argwöhnisch über seinem Gelege hockte und den Eindringling sehr lauernd ansah.

Es vergingen Minuten, in denen Cedric vor dem Drachen herumging, sich aus seiner Reichweite haltend. Dann zielte Cedric auf einen großen schwarzen Felsbrocken, der im Gehege herumlag und vollführte schnelle Bewegungen, zu denen er Zauberworte sprach.

"Trick eins!" Rief Julius, als sich der Felsen innerhalb von Sekunden in einen großen schwarzen Hund, einen Labrador, verwandelte, der erst aufsprang, um dann loszulaufen, quer vor dem Drachen her.

Der Drache spieh Feuer gegen den Hund, während Cedric losjagte, um sich aus dem Gelege das goldene Ei zu holen. Bagman kommentierte die Aktion.

Zunächst sah es aus, als würde Cedric unbehelligt an das zu erbeutende Ei herankommen. Doch dann warf der Drache, der den schnell dahingaloppierenden Hund wieder und wieder mit Feuerstößen einzudecken versucht hatte, den Kopf herum und fauchte Cedric eine glühendheiße Flammenfahne entgegen, die ihn knapp am Kopf verfehlte, gerade, als er sich bücken wollte. Cedrics Haar fing an zu brennen, und Julius sah mit etwas Ekel, daß auch die Haut in Cedrics Gesicht versengt war. Doch Cedric tauchte unter dem sich erneut öffnenden Maul des Drachens hindurch, klaubte das Ei auf und jagte mit brennendem Haar davon. In diesem Moment schlugen sieben rote Schockblitze gleichzeitig gegen den blaugrauen Schuppenpanzer des Drachens, der laut brüllte und dann betäubt niedersank, während ein anderer Zauberer den Brandlöschzauber mit voller Wucht gegen Cedric anwendete, um die brennenden Haare zu löschen.

"Hui! Das ging fast daneben", meinte Kevin.

"Wenn der Flammenstoß ihn voll erwischt hätte, wäre er jetzt tot oder schwer verletzt", bemerkte Julius.

Cedric wartete, während ein Zauberer ihm eine nasse Decke um den Kopf legte, bis die Turnierrichter ihre Wertung abgaben. Hierzu hoben sie einer nach dem anderen den Zauberstab und ließen silberne Zauberfäden daraus herausschlängeln, die sich zu Zahlen formten. Bagman betonte, daß jeder Richter maximal zehn Punkte vergeben konnte. Dumbledore ließ eine große Sieben erstehen. Madame Maxime zeigte ebenfalls eine Sieben. Mr. Crouch ließ eine Acht erstehen. Mr. Bagman zeigte eine Neun, undProfessor Karkaroff schließlich zeigte auch eine Sieben wie die ersten beiden Richter. Als nun alle Wertungen klar für alle zu lesen waren, johlten alle Hogwarts-Schüler, wobei die Hufflepuffs am lautesten ihre Freude über diese unerwartet hohe Punktzahl kundtaten.

"Das hätte auch schlechter ausfallen können", sagte Julius, nachdem sich der Lärm gelegt hatte.

Der graublaue Drache wurde schnell und ohne großes Gezerre aus dem Gehege befördert. Cedric wurde von Professor Sprout energisch und bestimmt zu einem Zelt aus weißem Tuch geführt, auf dem eine große rote Äskulapschlange prangte. Hier hatte sich Madame Pomfrey eingerichtet, um verletzte Turnierteilnehmer zu behandeln.

"Uhuuu! Offenbar werden die Drachen jedesmal eine Nummer heftiger", unkte Kevin, als ein glattschuppiges grünes Ungetüm in das vorbereitete Gehege gebracht wurde, ebenfalls unter dem Einfluß eines Massenschockzaubers.

"Ein gemeiner walisischer Grünling", erkannte Julius laut, so daß Gloria, die neben ihm saß, nickte.

"Ist der noch heftiger als der schwedische Drache?" Fragte sie.

"Oh, das kann man so sagen. Während der schwedische Kurzschnäuzler ein genügsamer Lauerjäger ist, geht der Grünling auf direkte Jagden, wobei er alles frißt, was nicht kleiner als ein Schwein und nicht größer als ein Elefant ist. Gemäß Berichten über Ministeriumszauberer, die in der Abteilung zur Regulierung der durch Drachen verursachten Schäden arbeiten, müssen sie häufig verstörte Bauern mit Gedächtniszaubern belegen, die ansehen mußten, wie ihnen ganze Rinderbestände weggefressen wurden", wußte Julius zu erwähnen.

"Dann viel Glück, wer immer den Kriegt", wünschte Kevin.

Nach einem schrillen Pfiff rief Bagman Fleur Delacour ins Gehege.

"Weißt du, wo sie am besten drin ist?" Fragte Kevin Julius.

"Nöh! Ich habe mit ihr kein Wort gewechselt. Es heißt nur, daß sie in allen Zauberfächern Spitzennoten hat. Aber das gilt für alle Beauxbatons-Kandidaten hier."

"Was macht die denn? Will sie den schweren Brocken verwandeln?" Fragte Jenna laut zu Kevin und Julius herüber.

"Das sollte sie nicht erst versuchen. Drachen widerstehen den meisten Transfigurationszaubern. Sonst würde ich so ein Biest erst einmal auf Kaninchengröße einschrumpfen. Aber ich denke - ja, sie wendet einen Schlafzauber an", schloß Julius aus der Bewegung des Zauberstabes und den Lippenbewegungen der jungen Hexe mit dem silbrigblonden Haar.

"Häh? Den hatten wir aber noch nicht im Unterricht. Woher willst du wissen, ...? - Ich ziehe meine Frage erstmal zurück", wunderte sich Kevin. Dann sahen sie alle zu, wie der Drache, der zunächst lauernd auf die Beauxbatons-Schülerin im blaßblauen Kostüm mit Rock und Bluse gestarrt hatte, immer dösiger wurde, sich langsam zur Seite legte und die gefährlichen Pranken schlaff zusammenlegte.

Fleur Delacour wiederholte den Zauber, mit dem sie den Drachen eingeschläfert hatte noch mal, bevor sie sich traute, auf das nun nicht mehr bewachte Gelege zuzurennen. In dem Moment ertönte ein ohrenbetäubendes Rasseln vom Drachen Her. Die Nüstern bebten richtig, als das Ungeheuer tief Luft einsog. Dann stob eine orangerote Stichflamme aus den Nasenlöchern des behexten Drachens und fauchte knapp an Fleur vorbei, die gerade soeben noch einen Sprung zur Seite schaffte, um nicht getroffen zu werden. Doch ihr schöner blauer Seidenrock hatte Feuer gefangen und drohte, in hellen Flammen aufzugehen. Fleur Delacour schwang ihren Zauberstab und stieß hektisch eine kurze Zauberformel aus, nach der aus der Zauberstabspitze ein dicker Wasserstrahl schoß. Diesen ließ sie über ihren brennenden Rock hinwegspülen, bis alle Flammen erstickt und keine qualmende Stellen mehr zu sehen waren.

"Wieso hat sie nicht den Extingio-Zauber gebracht?" Flüsterte Kevin.

"Probier ihn bei dir selbst aus, und du stellst keine so dummen Fragen mehr", schlug Julius gehässig vor.

Fleur tauchte schnell nach dem goldenen Ei, während der Drache den zweiten Schnarcher errtönen ließ. Sie klemmte sich das goldene Objekt unter den linken Arm und hastete davon, gerade als der Drache wieder erwachte und einen wütenden Brüller losließ, das alles und jeder auf der Tribüne erzitterte. Bagman verkündete den Erfolg der Aufgabe. Für die Drachenwärter hieß das, den Grünling wieder unter Massenschockzauber zu nehmen. Sieben rote Schocker trafen den Drachen und ließen ihn nach wenigen Sekunden reglos und ungefährlich am Boden liegen.

Madame Maxime ließ eine Zehn aus ihrem Zauberstab erstehen. Dumbledore eine Neun, Crouch und Bagman zeigten je eine Acht und Karkaroff eine Vier.

"Vier? Der Typ hat wohl gehofft, mehr Angriffe des Drachens zu sehen zu kriegen, wie?!" Rief Julius, während der Jubel der Beauxbatons-Schüler laut über die Tribüne tönte, und die Hogwarts-Schüler fair Beifall spendeten.

"Das war gut. Hast du das auch als Möglichkeit angenommen, Julius?" Fragte Gloria, die sich daran erinnerte, daß Julius gegen seine Art groß behauptet hatte, trotz der Größe und magischen Widerstandskraft gewisse Dinge gegen Drachen anwenden zu können.

"Ich habe nicht gewußt, ob der bei Drachen geht. Aber ja. Hat nur vier Durchläufe gebraucht, bis das Vieh richtig weggenickt ist. Normalerweise kannst du mit dem Zauber eine Gruppe von bis zu zehn Leuten einschläfern. Ich hätte in dem Fall vielleicht eher einen Illusionszauber gebracht, ein Trugbild, mit dem ich den Drachen ablenke, ähnlich wie Diggory das gemacht hat. Verwandlung von totem zum Lebenden hätte ich auch ausprobiert."

"Kommt jetzt schon Potter oder erst dieser krumme Krum?" Fragte Kevin in die Runde.

"Ich frage mich eher, was für Drachen die uns noch anbringen. Nach dem Grünling könnten noch der Stachelbuckel aus Norwegen, der chinesische Feuerball oder der pyräneische Purpurpanzer kommen. Der sibirische Eisbrecher ist schon wieder zu harmlos, wenn man mal davon absieht, daß jeder Drache locker zehn Nichtmagier plattmachen kann."

"Du hast dieses Drachenbuch auch, Kevin?"

"Yep!" Erwiderte Kevin lässig.

"Kann mir das einer von euch mal ausleihen? Ich komme mir hier richtig ungebildet vor", sagte Gloria und stupste Julius an.

"Langsam macht es dir Spaß, dein Wissen zu zeigen, wie?"

"Drachen sind verdammt interessant, Gloria. Die haben bei mir Dinosaurier und Raumschiffe locker aus dem Rennen geworfen. Na ja, es sind ja ähnliche Biester wie Dinosaurier, und Feuer speien sie auch und fliegen, wie es Raketen können."

"Du meinst also, auf einer Drachenskala von eins bis vier kämen jetzt die von dir gennanten Drachen, Julius. Was käme denn dann auf die höchste Stufe?"

"Bretonischer Blauer oder ungarischer Hornschwanz", stellte Julius eine Vermutung an.

"Befor die den dritten Drachen anbringen, Julius: Wollen wir wetten, was kommt?"

"Okay, Kevin. Was nimmst du?"

"Ich nehme den norwegischen Stachelbuckel. Der erscheint mir sehr heftig als noch stärker als dieser Grünling", bot Kevin an.

"Ich nehme den chinesischen Feuerball, weil die davon ausgehen können, daß die Beauxbatons-Leute den Purpurpanzer schon kennen könnten. Deshalb sage ich auch, daß der letzte der Hornschwanz sein wird, nicht der bretonische Blaue."

"Gemacht. Ich nehme den bretonischen Blauen dann als vierten, weil der doch ziemlich gemein ist", hielt Kevin dagegen.

"Um was geht es?" Fragte Julius.

"Ein Schokofrosch pro richtig erkanntem Drachen", bot Kevin an. Julius nahm an.

"Wettet mal lieber, welche Zauber noch kommen", schlug Gloria vor, die die Wettleidenschaft der beiden Jungen immer etwas befremdlich betrachtete.

"Jo! Krum wird es mit einem heftigen Fluch probieren", sagte Kevin. Julius überlegte. Dann sagte er:

"Okay, du sagst, daß Krum einen Fluch anbringt. Dann wette ich auf einen Trugbild-Zauber. Schade, daß nur Zauberstäbe mitgenommen werden durften, sonst .. Kevin, ich wette mit dir, daß sich Potter seinen Wunderbesen herbeiholt, wenn er dran ist."

"Wie soll denn das gehen?" Fragte Kevin.

"Aufrufezauber. Den habe ich doch schonmal angewendet", sagte Julius.

"Das wäre aber ziemlich weit hergeholt, der Besen. Aber dann sage ich, daß Potter es mit Fernlenkungszaubern versucht und dem Drachen Brocken um die Schnauze fliegen läßt", nahm Kevin an.

Als der dritte Drache hereingebracht wurde, quakte Julius kurz.

"Ein Schokofrosch für mich", bedachte er den roten Drachen mit dem goldenen Hornkranz auf der Stirn. Kevin grummelte.

"Mr. Krum, bitte!" Rief Ludo Bagman den dritten Champion in die Arena, als die Zauberer, die den Drachen hereingebracht hatten, das Ungetüm aufgeweckt hatten. es hockte nun mit beiden Vorderklauen über den Eiern und starrte drohend umher, bis Krum aus dem Zelt kam.

"Wieso hast du eigentlich nicht gesagt, daß Krum sich seinen Besen holt, Julius? Der hat ihn doch sicher irgendwo im Gepäck", flüsterte Gloria.

"Ich habe eine Vermutung gebracht. Die halte ich jetzt", erwiderte Julius.

Krum tänzelte vor dem Drachen herum und schleuderte verschiedene Flüche gegen ihn. Doch die meisten Flüche prallten funkenstiebend vom Panzer des Untiers ab, das jedesmal, wenn ein Fluch abprallte, Feuer nach Krum spie, der immer unter den Flammen wegtauchen konnte. Dann stand Krum kerzengerade vor dem Drachen, zielte mit dem Zauberstab auf eines seiner großen Augen und stieß eine kurze Verwünschung aus.

Ein gleißender Blitz aus weißem Licht bohrte sich mit Macht in das angepeilte Auge des Drachens, das sofort rot anlief und tränte. Der Drache brüllte und tobte herum, wobei einige seiner Eier zerbrachen, wälzte sich vor Schmerzen und robbte davon, so daß Victor Krum schnell an das goldenne Ei gelangen und es forttragen konnte. Dem Drachen war dies gleich. Er mußte höllische Augenschmerzen haben, vermutete Julius.

"Quak!" Machte Kevin.

"Eins zu eins", stellte Julius fest.

Der Drache wand sich so heftig, daß ihn seine Wärter nicht alle auf einmal anvisieren konnten. So dauerte es einige Minuten, bis sieben Schocker gleichzeitig auf dem Schuppenpanzer des gepeinigten Feuerballs aufschlugen und der rote Koloss betäubt zu Boden krachte.

"Na, wieviel Punkte rücken wir dafür raus?" Sprach Julius durch die Zähne.

Madame Maxime und Professor Dumbledore ließen aus ihren Zauberstäben je eine Sieben erstehen. Julius vermutete, daß sie wegen der zerstörten Eier Punkte abgezogen hatten. Mr. Crouch und Mr. Bagman zeigten je eine Acht, wohl auch nach Punktabzug. Karkaroff jedoch machte keinen Hehl, wem seine Sympathien galten und zauberte eine große Zehn für alle sicht- und lesbar.

"Buh!" Riefen einige Gryffindors und Hufflepuffs, die mit dieser Wertung nicht zufrieden waren. Der Rest der Schüler spendete Beifall, während die Durmstrangs johlten und jauchzten. Denn im Moment führte ihr Champion. Die Beauxbatons klatschten nur soviel, wie es die Höflichkeit von ihnen verlangte.

"Also dann! Die zwei Schokofrösche kommen noch zu mir", prophezeite Julius, daß er wohl die ausstehende Wette um die Drachenart und die Art, wie Potter mit ihm fertig werden würde, für eine ausgemachte Sache hielt.

Die Zuschauer erschauderten, als ein fünfzehn meter großes, schwarzes Ungeheuer in das Gehege geschafft wurde. Alle starrten auf die tödlichen Fangzähne, sowie die tödlichen Stacheln am Schwanz des Drachens. Alle bangten um Harry Potter, mit Ausnahme der Slytherins.

Als Harry Potter in die Arena trat, wirkte er so, als wolle er gleich wieder davonlaufen. Einige Slytherins riefen spöttisch:

"Na, das kommt davon, wenn man das Maul zu voll nimmt, Potter. Renn doch weg, solange das Vieh dich läßt!"

Julius fühlte, wie die Angst des vierten Champions auf ihn übergriff. Was würde er tun, wenn er wirklich einem solchen Biest gegenübertreten und etwas aus seiner Reichweite holen müßte? Doch Harry Potter mußte sich dem nun stellen.

Harry trat soweit in das Gehege hinein, daß der riesige schwarze Drache nicht auf die Idee kam, auf ihn loszugehen, ohne das Gelege zu verlassen. Dann hob der kleine Junge mit der Blitznarbe seinen Zauberstab und rief etwas. Julius' Angst wich großer Siegesgewisßheit, weil er die Worte "Accio Feuerblitz!" an den Lippenbewegungen erkannt zu haben glaubte.

"Na, was gibt das?" Fragte Kevin leise.

"Den zweiten Schokofrosch für mich", erwiderte Julius und deutete auf den Rand des verbotenen Waldes, wo gerade etwas schnell fliegendes auftauchte.

"Verdammt noch mal!" Fluchte Kevin, als Harry Potters Rennbesen auf seinen Besitzer zuschwirrte und zum Aufstieg bereit neben ihm anhielt.

".. Welch außergewöhnliche Variante, Ladies and Gentlemen! Der Junge hat Ideen. Das wird jetzt richtig spannend", kommentierte Ludo Bagman Harrys Manöver. Als Harry dann mit einem Gewaltstart aufstieg und erst einmal über den Drachen hinwegflog, rief Bagman noch:

"Dann zeigen Sie mal, was Sie können, Harry!"

Alle Hogwarts-Schüler, mit Ausnahme der Slytherins, die Harrys Aufrufezauber die Sprache und damit auch den Spott verschlagen hatte, klatschten rhythmisch und skandierten "Harry! Harry"

Alle, sogar die Hufflepuffs, die sich von Harry um den Ruhm für Cedric Diggory betrogen gefühlt hatten, feuerten Harry Potter an, der erst einige schnelle Manöver flog, um den Drachen zu verwirren. Beinahe wäre er in einen Feuerstoß des Hornschwanzes geraten, dem er nur durch die Wendigkeit seines Besens und seine Flugfertigkeit entgehen konnte.

"Hui! Das ist aber haarscharf vorbeigegangen", bemerkte Kevin, als Harry erneut den Drachen umschwirrte und dann noch mal anflog. Wieder mußte er einem Feuerstoß ausweichen, wurde dafür jedoch von einem Stachel des mächtigen Schwanzes an der Schulter verletzt.

"Ein Zentimeter weiter links, und Potter hätte es vom Besen geholt", erkannte Kevin.

"Den hätte es aufgespießt, Kevin!" Rief Jenna Hollingsworth.

"Achtung! - Oooo!" Rief Julius, als Harry erneut einen Annäherungsflug durchführte und noch rechtzeittig aus der Reichweite des Drachen gelangte. Danach kreiste er wie wild über dem Kopf des Drachens herum, immer herum. Der Drache sah ihm immer wieder nach, drehte dabei den Kopf und schnaubte wütend.

"Was soll das?" Fragte Gloria. Dann meinte sie:

"Der will den Drachen zum fliegen zwingen."

"Wenn er das durchhält, dreht er dem Hornschwanz den Kopf aus dem Gewinde", lachte Julius.

Dann spannte der Drache seine großen lederartigen Flügel aus, stieß sich kurz ab und flatterte nach oben. Doch Harry war wie ein Raubvogel herabgestoßen und hielt auf das Gelege zu. Ehe der Drache das Manöver erfassen konnte, griff sich Harry Potter im Vorbeiflug das goldene Ei. Die Menge tobte.

"Jääääääh!!!" Brüllten alle Zuschauer und klatschten und stampften mit den Füßen, während Harry aus dem Sturzflug heraus über die Tribüne hinwegraste, das goldene Ei sicher unter dem unverletzten Arm. Blut tropfte hinter Harry her wie ein roter Sprühnebelstreifen.

"Madame Pomfrey kassiert den erst ein, bevor sie die Punkte rauslassen", sagte Kevin. Julius nickte.

Als Harry mit seinem Fang landete, zog Professor McGonagall ihn zum Sanitätszelt. Hagrid beglückwünschte Harry, ebenso Professor Moody.

Es dauerte einige Minuten, bis Harry aus dem Zelt kam. Die Schulterverletzung war vollständig verheilt. Nur am blutigen und zerrissenen Umhang konnte man erkennen, daß ihn das Hornschwanzweibchen mit dem Schwanz gestreift hatte.

"Jetzt bin ich gespannt", gestand Julius ein.

Die Punktrichter hoben ihre Zauberstäbe und ließen ihre Wertungen erstehen. Madame Maxime zeigte eine Acht. Julius hatte damit gerechnet, daß sie Harry Punkte abziehen würde. Aber daß sie doch noch so viele Punkte vergab, freute ihn für Harry. Dumbledore und Crouch ließen eine Neun erstehen, was Julius noch toller fand, wenngleich auch Dumbledore einen Punkt abgezogen haben mußte. Mr. Bagman ließ eine Zehn erstehen, die höchste mögliche Einzelwertung.

"Häh?" Wunderte sich Julius zusammen mit Gloria.

"Bagman ist ein alter Quidditch-Profi. Dem hat das gefallen, wie Harry Potter geflogen ist", vermutete Kevin.

Als Karkaroff seine Wertung sehen ließ, zog er sich Unmut der Zuschauer aus Hogwarts zu. Denn er ließ eine Vier erstehen.

"Auch wenn du noch so parteiisch bist, hat Harry jetzt genausoviel Punkte wie dein Victor!" Gröhlte Kevin verächtlich.

Auf dem Rückweg ins Schloß beglückwünschte Julius Cedric Diggory und Harry Potter kurz. Dann sah er Jeanne, die mit den anderen Beauxbatons-Mädchen um Fleur herumstand. Julius atmete tief durch, konzentrierte sich und trat schnell zu den Gästen hinüber.

"Herzlichen Glückwunsch zum Erfolg der ersten Runde!" Wünschte Julius Fleur auf Französisch. Diese sah ihn an, lächelte und bedankte sich. Julius zwang sich dazu, sich nicht von der merkwürdigen Ausstrahlung fesseln zu lassen, die von Fleur ausging. Er sah sie ruhig an und verabschiedete sich wieder. Jeanne Hielt ihn mit einem Wort auf, als Fleur sich von den anderen Beauxbatons-Schülern mit Glückwünschen und Lobpreisungen bestürmen ließ.

"Und, gefällt es dir bis jetzt?" Fragte sie.

"Solange ich zuschauen und nicht selbst gegen Drachen kämpfen muß, ist es richtig aufregend", erwiderte Julius.

"Dann bis später", entließ Jeanne den Zweitklässler.

"Sag mal, wirkt dieses Mädchen nicht auf dich, oder wieso bist du da so cool hingegangen?" Fragte Kevin.

"Ich wurde vorgewarnt, daß sie so einen tollen Einfluß hat. Konzentration ist der halbe Sieg, hat mir mein Karate-Lehrer beigebracht. Das gilt ja auch für Quidditch."

"Jenna und Betty wollen uns in der Bibliothek treffen. Betty wollte sich ein Drachenbuch ausleihen und noch ein wenig mit uns über die verschiedenen Drachenarten quatschen", verkündete Kevin.

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