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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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Noch Tage nach der ersten Runde sprach ganz Hogwarts von den Drachen und wie die vier Champions sie austricksten, um je ein goldenes Ei zu ergattern. Von den Hufflepuffs erfuhr Julius, daß jedes Ei wohl ein Rätsel barg, das über die zweite Aufgabe Aufschluß geben sollte. Doch alles, was bislang von diesen Goldeiern bekannt war, war, daß sie ein unerträgliches Jammern von sich gaben, wenn man sie öffnete.

Da Julius nicht in einem der Häuser wohnte, die einen Champion beherbergten, bekam er von den Feierlichkeiten in Hufflepuff und Gryffindor nichts mit. Er stellte nur fest, daß weniger Leute die "Ich bin für Cedric Diggory"-Anstecker trugen. Sicher die Hufflepuffs liefen damit herum, und die Slytherins hatten mit ihrer Version, die "Potter Stinkt" zeigte, wenn man auf sie drückte, immer noch einen gewissen Spaß. Doch nach der ersten Runde war die Abneigung gegen Harry Potters Teilnahme verflogen. Die Ravenclaws waren froh, daß keinem Champion was ernstes passiert war. Diggory hatte sich, so Cho Chang, schnell und ohne Folgen von den Verbrennungen erholt, die ihm der schwedische Kurzschnäuzler zugefügt hatte.

In der Zauberkunststunde am Dienstag nach der ersten Runde behandelten sie bei Professor Flitwick die magische Reparatur zerbrochener Gegenstände. Julius, der diese Zauberei schon aus dem Handgelenk beherrschte, erhielt als Zusatzaufgabe, einen Transdimensionierungszauber zu proben, mit dem man den inneren Rauminhalt eines Objektes oder Gebäudes verändern konnte, ohne die äußeren Abmessungen ändern zu müssen.

"Diese Zauberei kommt zwar erst in den Klassen ab der vierten im Unterricht vor, jedoch Ihrem fortgeschrittenen Zaubertalent und Ihren Erfahrungen nach dürfte das für Sie nicht zu früh sein, diesen Zauber zu proben", rechtfertigte Flitwick die Sonderaufgabe und reichte Julius ein Zauberbuch und vier Fingerhüte.

"Sie fangen mit dem temporären Zauber an. Falls Sie es schnell und erfolgreich schaffen, gebe ich Ihnen für die nächste Stunde den permanenten Transdimensionierungszauber auf", legte Flitwick fest.

Julius las in dem "Lehrbuch der Zaubersprüche" Band 4 das Kapitel über die Rauminhaltveränderungszauber nach und sprach den zeitlich begrenzten Zauber immer wieder vor sich hin und machte mit der Hand Bewegungen ohne Zauberstab. Dann nahm er einen der Fingerhüte, schätzte ab, wieviel Wasser in ihn hineinpassen würde und nahm seinen Zauberstab. Er führte die vorgeschriebenen Bewegungen aus, sprach sehr leise die gelernten Formeln und stellte sich vor, wie das hundertfache des Ausgangsrauminhaltes in den Fingerhut hineinpaßte. Dann legte er den Fingerhut zurück und nahm den zweiten. Auch diesen bearbeitete er mit dem Zauber, was ihm schon etwas leichter von der Hand ging, da er Bewegung und Sprechrhythmus besser aufeinander abstimmen konnte. Die letzten beiden waren kein Problem mehr.

Kurz vor Ende der Stunde sammelte Flitwick die absichtlich zerbrochenen Ton-, Glas-, Porzellan- und Holzgegenstände ein, die alle repariert zu werden hatten. Julius, der diese allgemeine Aufgabe in wenigen Minuten erfüllt hatte, reichte Flitwick auch die vier Fingerhüte.

Der kleine Zauberkunstlehrer nahm den ersten davon und verkündete:

"Ich erteilte Mr. Andrews die Zusatzaufgabe, einen zeitlich begrenzten Rauminhaltveränderungszauber zu üben und prüfe nun die Resultate. Wieviel Wasser geht in einen solchen Fingerhut, Ms. Watermelon?"

"Wohl nur zwei Milliliter, Professor Flitwick", antwortete Pina Watermelon.

Flitwick nahm einen mit Wasser gefüllten Messbecher, der in Milliliterschritten unterteilt abgelesen werden konnte. Er enthielt nun einen Liter Wasser. Aus dem dünnen Ausguß des Bechers träufelte der Zauberkunstlehrer vorsichtig Wasser in den ersten Fingerhut. Er schaffte es, zwanzig Milliliter aus dem Becher in den Fingerhut einzufüllen, ohne daß er überlief. Die Klasse staunte. Doch dann schoß Wasser wie eine kleine Fontäne aus dem Fingerhut heraus und spritzte bis zur Decke des Klassenzimmers.

"Oh, nicht schlecht für den Anfang. Aber offenkundig war der Zauber noch nicht stabil genug. Was sagen Sie dazu, Mr. Andrews?"

"Tja, das war der erste Versuch. Offenbar habe ich das noch nicht hinbekommen und es kam zur Revoluminisierung wegen überschreiten einer Belastungsgrenze, die der Zauberer Flato Heron im vierzehnten Jahrhundert beschrieben hat. Davor wird in dem Buch gewarnt, daß Sie mir gerade zu lesen gaben, Professor Flitwick."

"Richtig erkannt. Prüfen wir den zweiten Versuch", entgegnete Flitwick und füllte aus dem Messbecher Wasser in den zweiten Fingerhut. Die Klasse staunte noch mehr, als sich der Fingerhut offenbar mit einhundert Millilitern Wasser füllen ließ, bevor er wieder Wasser wie eine Fontäne ausstieß.

"Gingen Sie bei Ihrer Zauberei immer von derselben inneren Raumerweiterung aus, Mr. Andrews?"

"Ja. Ich wollte den hundertfachen Wert haben, das höchste, was ging", antworttete Julius bereitwillig. Er staunte selber, wie verblüffend seine Arbeit gelungen war.

Der dritte Fingerhut ließ sich mit zweihundert Millilitern Wasser füllen, ohne es wieder auszuspeien, und der vierte faßte laut Messbecher zweihundertundzehn Milliliter, ohne es wieder auszuspeien.

"Jeder Versuch eine gewisse Änderung. Eine sukzessive steigerung mit maximalem Erfolg bei Versuch nummer vier", faßte Flitwick die Sonderaufgabe von Julius zusammen. "Ich gebe Ihnen für den ersten Fingerhut einen Punkt, für den zweiten zwei, für den dritten fünf und für den letzten zehn Punkte für Ravenclaw, Mr. Andrews. Jeder andere von Ihnen erhält zwei Punkte für jede Reparatur, plus einen Bonuspunkt für schnelle Ausführung für Ms. Porter, Mr. Malone und Mr. Gillers. Sie haben zwar auch die Reparaturen in Rekordzeit bewältigt, Mr. Andrews, aber diese Leistung gestehe ich Ihrer Grundkraft zu."

Julius nahm es hin und freute sich über die achtzehn Punkte, die seine Sonderaufgabe eingebracht hatte. Immerhin hatte er etwas getan, was nicht so einfach zu erledigen war.

Als die Glocke zum Ende der Stunde läutete, bat Flitwick die Klasse noch um ein wenig Geduld, weil er noch etwas mitzuteilen hatte.

"Im Rahmen des dieses Jahr in Hogwarts stattfindenden trimagischen Turnieres findet am ersten Weihnachtstag ein Ball zu Ehren unserer ausländischen Gäste und vor allem der trimagischen Champions statt. Alle Schüler ab der vierten Klasse dürfen daran teilnehmen. Allerdings ist es älteren Schülern gestattet, jüngere Schüler zu dieser Veranstaltung einzuladen. Zu diesem Zweck sollten Sie sich für dieses Schuljahr mit Festumhängen ausstatten. Wie gesagt, dieser Ball ist für alle ab der vierten Klasse grundsätzlich zugänglich und für alle Schüler darunter nach offizieller Einladung durch einen teilnahmeberechtigten Schüler oder eine Schülerin.

Falls jemand von Ihnen gedenkt sich eine solche Einladung zu erwerben, sei er oder sie darüber informiert, daß er oder sie sich unter älteren Mitschülern bewegen wird, die mehr Wert auf Disziplin legen könnten. Daher sollten die grundsätzlichen Benimmregeln wohl beachtet werden. Außerdem sollte jeder Interessent sich klarmachen, ob er oder sie in der Lage ist, mindestens einen Tanz mit einem Parrtner zu tanzen. Ich teile Ihnen das nur deswegen mit, damit Sie die wohl in den nächsten Wochen aufkommenden Gerüchte und Vorgänge innerhalb des Schlosses besonnen aufnehmen und nicht der Meinung verfallen könnten, Hogwarts gerate zum Tollhaus.

Ich wünsche noch einen schönen Tag!"

Murmelnd verließ die Klasse den Zauberkunstraum. Draußen tönte Fredo:

"Tanzen, ich? Bin ich von Sinnen, daß ich mich wie der hinterletzte Schleimer an jemanden heranmache, nur um einen langweiligen Ball zu besuchen. Ich fahre nach Hause. Weihnachten ist bei meiner Familie immer noch das Beste."

"Recht hast du", pflichtete Marvin Fredo bei. Pina jedoch sagte:

"Das ist doch was schönes. Außerdem gibt uns das die Gelegenheit, unsere Gäste besser kennenzulernen."

"Wieso? Was willst du denen erzählen?" Fragte Erick.

"Weiß ich doch noch nicht", sagte Pina geknickt.

"Uns wird doch eh keiner einladen. Die wollen doch anbandeln", vermutete Julius. "Wir sind doch für die viel zu klein. Ihr habt doch Fleur Delacour gesehen, wie sie Harry Potter angeguckt hat, bevor die erste Turnierrunde lief."

"Stimmt, Julius", stimmte Kevin seinem Kameraden zu. "Dabei hätte ich gerne mal einen großen Tanzabend besucht, wo ich mit anderen ein paar klassische irische Tänze ausprobieren kann."

"Wenn es bei diesem Turnier keine Toten gibt, kriegen wir in fünf Jahren wieder die Chance, wo mitzutanzen", beruhigte Julius den Kameraden.

"I, nein! Nachher müssen wir noch nach Beauxbatons. Diese Hab-Acht-Schule betrete ich nicht, selbst wenn sie mir tausend Galleonen ohne Turnierteilnahme anbieten. Kuck dir doch an, wie die dressiert sind. Wenn ihre große Madame hereinkommt, hüpfen die fast bis zur Decke hoch."

"Kein Kommentar", erwiderte Julius.

Gloria sah Kevin an und fragte laut:

"Glaubst du nicht, daß du dir ein zu schnelles Urteil erlaubst? Du weißt doch nicht, wie es dort ist. Jeanne und Barbara sind zumindest begeistert von den Trainingsmöglichkeiten dort."

"Soll mir egal sein. Wenn mich keiner einläd, fahre ich auch nach Hause", erwiderte Kevin.

"Keine, Kevin. Dich müßte schon ein Mädchen einladen", berichtigte Gloria den Mitschüler. Darüber lachten sie dann alle, bis sie in die große Halle eintraten, wo sie zu Mittag aßen.

Julius dachte während Kräuterkunde daran, ob er irgendeiner Schülerin aus den höheren Klassen die Frage stellen sollte, ob sie ihn mit zum Ball nehmen würde. Denn er hatte bis zu diesem Tag keine Nachricht darüber bekommen, ob sein Vater die Strafe für den Versuch, ihn von Hogwarts fernzuhalten, bezahlt hatte. Sicher, Glorias Eltern würden ihn vielleicht über Weihnachten bei sich aufnehmen, oder das Ministerium könnte arrangieren, daß er anderswo unterkam. Denn nach den Gesetzen durfte er erst dann zu seinen Eltern zurück, wenn sie eine verhengte Strafgebühr bezahlt hatten.

Nach der Nachmittagsstunde Kräuterkunde besichtigte er mit Pina und Kevin zusammen die Beete, in denen die von Madame Dusoleil geschickten Regenbogenstrauchsamen ruhten. Julius notierte sich, daß die Stellen, wo sie die Samenkapseln unter Drachendung und Erde vergraben hatten, bunte konzentrische Kreise gebildet hatten. Professor Sprout, die nach fünf Minuten zu ihnen trat, fragte Pina, weshalb diese Muster zu sehen waren. Pina überlegte und sah Julius an. Doch Professor Sprout schüttelte den Kopf.

"Ich habe Sie gefragt, Ms. Watermelon?" Bestand die Kräuterkundelehrerin darauf, eine Antwort von Pina zu bekommen.

Pina dachte nach und sagte dann:

"Diese Pflanzen verfärben den Boden, weil sie kurz davor sind, aus dem Erdreich zu wachsen."

"Soweit richtig. Aber wieso verfärben sie den Boden derartig?" Bohrte Professor Sprout nach. Pina sagte:

"Das weiß ich nicht. Darüber habe ich mich noch nicht informiert."

"In Ordnung. Mr. Andrews, wissen Sie das?"

"Die Kreise sind interessant. Ich weiß nur, daß sie sich dort bilden, wo das Erdreich nährstoffreich genug ist. Eigentlich sind das schon winzige Blätter, die aus dem Boden ragen", erklärte Julius.

"Genau. Die Verfärbung der Erde deutet auf den Nährstoffgehalt hin. Kreise mit abwechslungsreicher Färbung zeigen eine hohe Nährstoffqualität an, zu der auch magische Ausstrahlung gehören kann. Offenbar gedeihen unsere Samenkapseln hier sehr gut. Wann rechnen Sie mit den ersten Blättern?" Fragte Professor Sprout in die Runde. Kevin schätzte, daß in einer Woche die ersten Blätter zu sehen sein würden, Pina ging von zwei Tagen aus und Julius von fünf Tagen.

Prudence kam mit den Hollingsworth-Zwillingen und besah sich die Versuchsbeete. Betty sagte:

"Oh, die sind aber schnell. Diese Kreise kommen nur, wenn die Pflanzen kurz davorsind, die ersten Blätter auszutreiben."

Sie besprachen noch die weitere Pflege der angesetzten Pflanzen, als Jeanne Dusoleil um das Gewächshaus 2 herumkam, hinter dem die Versuchsbeete angelegt worden waren. Als sie die verfärbten Stellen im Erdreich sah, freute sie sich sichtlich.

"Oh, die gehen aber gut auf, wenn das so weiter geht", sagte sie in stark französisch akzentuierten Englisch.

"Ah, Mademoiselle Dusoleil. Kennen Sie diese Pflanzen gut?" FragteProfessor Sprout.

"Ich war vier Jahre alt, als ich mit meiner Mutter die ersten ausgesät 'abe, Madame Le Professeur", erwiderte Jeanne und lächelte.

"Ihre Mutter ist ja auch schon eine herrliche, Mademoiselle. Schickt uns einfach diese Pflanzen und hofft, daß wir sie gut hegen können", warf Kevin ein.

"Sie 'at ja auch recht, Monsieur Malone", grinste Jeanne wie ein kleines Kind. Kevin sagte nur:

"Die gehen hier nur so gut auf, weil unsere einheimischen Drachen die besseren Haufen machen."

"Malone, mehr Anstand bitte", maßregelte Professor Sprout den irischen Jungen. Doch Jeanne lachte.

"In Frankreich bevorzugen wir Ein'orndünger. Der ist zwar etwas teurer, dafür aber ertragreicher."

Nachdem die sechs Projektteilnehmer sich Notizen zu den Pflanzen gemacht hatten, gingen sie und Jeanne Dusoleil zum Schloß zurück. Julius folgte in fünf Metern Abstand den Hollingsworths. Kevin eilte im Geschwindschritt vorne weg, während Pina, Prudence und Jeanne hinter Julius hergingen. Vor dem Schloß winkte Jeanne Julius noch einmal zu sich, während Pina schon hineinging. Prudence verhielt auch vor dem Schloßtor, aber weit genug weg, um nicht alles hören zu müssen.

"Ich habe mir vor meiner Reise nach Beauxbatons ein paar Fotos von dir und Claire angesehen", begann Jeanne, wobei sie sich ihrer Muttersprache bediente, die ihr wesentlich lockerer über die Lippen ging als Englisch. "Hast du eigentlich diesen schönen weinroten Umhang mitgenommen, den du in Millemerveilles anhattest?" Wollte sie noch wissen. Julius wußte nicht was er nun sagen sollte. Denn diese Frage kam ihm so vor, als wolle Jeanne mehr wissen, als nur, ob er den Festumhang dabei hatte, den Catherine Brickston ihm zum Geburtstag geschenkt hatte.

"Ja, den mußte ich mitnehmen. Das stand in der Ausrüstungsliste drin."

"Hast du dich schon dazu entschlossen, ob du Weihnachten hier in Hogwarts bleiben möchtest?" Fragte Jeanne. Julius errötete leicht. Denn bei ihm fiel der Groschen, und er wußte, was Jeanne wollte.

"Sie haben uns die Liste noch nicht gegeben. Ist auch noch etwas verfrüht, sich schon festzulegen. Ich weiß nicht, ob ich weihnachten hierbleiben soll oder nicht. Hier habe ich nichts zu tun, hat Professor Flitwick uns erzählt."

"Was hat euer Hauslehrer erzählt?" Fragte Jeanne, die wußte, daß Julius wußte, was sie eigentlich wollte.

"Ja, daß ihr von Beauxbatons und Durmstrang mit den Schülern von uns ab der vierten Klasse einen Weihnachtstanz veranstaltet und sonst keiner daran teilnehmen darf", erzählte Julius, wobei es nur die halbe Wahrheit war.

"Oh, dann hat er euch nicht gesagt, daß wir, also die, die daran teilnehmen dürfen, jüngere Schüler einladen dürfen, wenn wir der Meinung sind, daß wir uns nicht mit ihnen blamieren? - Ich denke, das hat er schon gesagt, oder?" Hakte Jeanne nach und genoß es, Julius verblüft zu sehen. Dann sagte sie kurz und wie eine Lehrerin klingend:

"Du hast den Umhang dabei. Auf Grund der Meinung unserer Tanzrichter kannst du sehr gut tanzen, also nimm dir über Weihnachten nichts vor! Ich benötige einen gut ausgebildeten Tanzpartner. Mein Schulpartner aus Beauxbatons konnte auf Grund der Auswahlbedingungen nicht mitkommen. Nimmst du die Einladung an?"

"Hmm, hast du keine Angst, daß du dich mit mir blamieren könntest?" Fragte Julius frech.

"Ich denke, ein Mädchen, das ich jeden Morgen im Spiegel sehe hat dir bei Claires Geburtstag gesagt, daß sich keine junge Dame zu schämen braucht, dich zum Tanz aufzufordern. Also, ja oder nein?"

Julius überlegte. Er fragte sich, ob er nicht damit hätte rechnen müssen, daß Jeanne ihn ansprechen würde. Vielleicht hatte sie auch von ihrer Mutter den Auftrag bekommen, sich um Julius zu kümmern, ihn zu diesem Weihnachtsball einzuladen, wenn sie das durfte. Andererseits fragte er sich, ob es wirklich richtig war, die Einladung anzunehmen. Immerhin war Jeanne fünf Jahre älter als er, einen Kopf größer als er und bestimmt an anderen Dingen interessiert, als mit einem Zwölfjährigen ein wenig auf einer Tanzfläche herumzuspringen. Doch wenn er jetzt ablehnte verbaute er sich vielleicht ein herrliches Erlebnis. Nach einer halben Minute sagte er dann sicher entschlossen:

"Ich nehme mit Dank Ihre Einladung an, Mademoiselle Dusoleil."

"Gut, dann werden wir uns bald verabreden, wo und wie wir uns vor dem Ball treffen", sagte Jeanne.

Barbara Lumière kam mit Gustav van Heldern, einem schlachsigen Beauxbatons-Mitschüler heran und sah Jeanne und Julius. Dann grinste sie vielsagend und ging ins Schloß, wobei sie Prudence kurz grüßte.

Julius verabschiedete sich von Jeanne und ging auf das Schloß zu.

"Hat Jeanne dich breitgeschlagen, oder offene Türen eingerannt?" Fragte Prudence.

"Wie meinst du das?" Wollte Julius wissen.

"Ich habe mir schon gedacht, daß sie dich ansprechen würde. Ich staune nur, daß sie es so eilig hatte. Aber ich bin überzeugt, daß sie das richtige tut. Immerhin habe ich Claire und dich, sowie dich und Virginie tanzen sehen. Größenunterschiede machen nichts aus, wenn die Ausbildung stimmt. Auf ein annähernd gleiches Alter ist es denen, die dich aufgefordert haben auch nicht angekommen, oder?"

"Ja, das war in Millemerveilles, eine reine Unterhaltungsveranstaltung. Aber hier geht es um die Ehre der vertretenen Schulen", wandte Julius ein, während sie an einer Horde kichernder Sechstklässlerinnen vorbeigingen, die sich über ihre Festkleider ausließen. Prudence gab der Versuchung nach, die älteren anzurufen:

"Heh, ihr kichert wie die Kindergartenkinder. Woran sollen wir uns denn ein Beispiel nehmen, um erwachsen zu werden?"

"Du hast doch nicht etwa den Kleinen da eingeladen, mit dir zu tanzen. Kriegst du sonst keinen ab?" Kicherte eine der Sechstklässlerinnen.

"Das wirst du wohl erleben", erwiderte Prudence grinsend und zog Julius mit sich, um von den albernen Schülerinnen wegzukommen.

"Das darf ich keinem erzählen, daß mich eine ältere Schülerin eingeladen hat", flüsterte Julius zu Prudence. "Du hörst doch, wie die Leute blöd daherreden."

"Gut, ich sag's keinem weiter."

Julius schwieg über die Einladung von Jeanne. Doch er wurde den Gedanken nicht los, daß Jeanne ihn wirklich wegen eines Auftrags ihrer Mutter eingeladen hatte. Vielleicht war sie auch auf ihre Schwester Claire eifersüchtig, was Julius nicht mit Sicherheit sagen konnte, weil er keine Geschwister hatte. Doch ob er nun im Auftrag von Madame Dusoleil oder gar Professeur Faucon an diesem Ball teilnehmen sollte oder nicht, er freute sich, daß er eingeladen worden war. Denn als er abends in seinem Bett lag und noch mal den Tag vor seinem geistigen Auge vorbeigleiten ließ, fühlte er sich glücklich, weil er sich nicht mehr mit der Entscheidung herumschlagen mußte, ob er über Weihnachten in Hogwarts bleiben oder irgendwo hinfahren sollte.

 

 

In der zweiten Dezemberwoche erfuhr Julius von Gloria und Pina, daß sie Einladungen zum Weihnachtsball erhalten hatten. Gloria war von einem Fünftklässler der Ravenclaws gefragt worden, und Pina hatte eine Einladung von Darrin Tylor, einem Hufflepuff-Fünftklässler mit dunkelblondem Haar, erhalten. Beide hatten zugesagt. Gloria überrumpelte Julius, indem sie sagte:

"Ich gehe davon aus, daß Jeanne dich schon eingeladen hat. Pina hat gesagt, daß sie bestimmt nicht eurem Regenbogenstrauchprojekt zugeguckt hätte, nur wegen der Pflanzen. Also sehen wir uns auch Weihnachten."

Julius' Gesicht mußte mehr verraten haben als tausend Worte. Denn Gloria lächelte triumphierend.

"Es ist nicht schlecht, daß du es nicht allgemein rumerzählst. Die, die es betrifft, kriegen es früh genug mit."

Am Mittwoch der dritten Dezemberwoche schlenderte Julius durch die Korridore. Er wollte laufen, um wieder richtig wach zu werden. Denn Binns, der Geist, der Geschichte der Zauberei gab, hatte wieder so langweilig und einschläfernd erzählt, daß Julius die Erschöpfung der morgentlichen Verwandlungsstunde richtig gepackt hatte und er fast weggenickt wäre.

Julius bog um eine Ecke in einen Korridor, an dessen Wänden Gemälde von Waldlandschaften und Wiesenstücken hingen, über die Vögel und kleine Tiere hinweghuschten, als er in ungefähr zwanzig Metern entfernung, um die Ecke einer anderen Abzweigung herum Stimmen hören konnte, von denen er eine als die von Henry Hardbrick erkannte. Die andere Stimme gehörte wohl einem älteren Mädchen, das einen starken osteuropäischen Akzent sprach, womöglich aus Rußland stammte.

"... Was bildest du dir ein, mich und Malenka als Hinterweltlerinnen zu bezeichnen, wo du selbst doch nur ein dreckiges Schlammblut bist?"

"Durmstrang", dachte Julius und erinnerte sich an das, was er über die Schule Professor Karkaroffs gehört hatte. Für Leute wie Draco Malfoy wäre sie ideal, weil dort keine Muggelstämmigen zugelassen wurden, und der Schulleiter selbst sollte einst mit Voldemort gemeinsame Sache gemacht haben.

"Ja, Schimpfwörter könnt ihr alle gut, ihr abgedrehten Typen. Nur weil ich eben nach dieser abgedrehten Flugstunde gesagt habe, daß ihr keine Ahnung von richtigen Flugzeugen und sonstigen Geräten habt. Das stimmt doch auch. Ihr lebt doch voll hinterm Mond, nur weil ihr diese unnatürlichen Kräfte habt."

"Du kannst froh sein, daß ich im Gegensatz zu Malenka mehr Verständnis für eure Minderwertigkeitsängste habe, daß ihr euch mit stinkenden und lärmenden Maschinen behelfen müßt, weil ihr es eben nicht fertigbringt, einen guten Besen zu fliegen. Aber von einem Muggelbalg wie dir muß ich mich nicht beleidigen lassen."

"Ich mich von dir auch nicht, Gewitterhexe. Mach doch, daß du mit deinen Genossinnnen zurück in die Arktis kommst! Der Schönling Cedric gewinnt doch sowieso dieses Turnier, da kann euer krummer Krum doch einpacken und abschwirren."

Julius fragte sich, ob Henry nicht wahnsinnig geworden sei, weil er sich derartig über einen Durmstrang-Schüler ausließ, wo doch die meisten hier wußten, daß in Durmstrang bedenkenlos schwarze Magie gelehrt wurde. Nachher brachte er das Mädchen noch dazu, ihn zu verfluchen. Doch Julius war nicht tollkühn genug, hinzulaufen und Henry zurechtzuweisen. Er zog sich leise zur Abzweigung zurück, von der aus er in den Korridor gegangen war und lauschte. Gerade sagte das Durmstrang-Mädchen:

"Ich kann über einiges lachen, aber nicht über jemanden, der so unterentwickelt ist, daß er nicht bemerkt, wann er zu weit geht. Nimm das sofort zurück, was du über Victor gesagt hast!"

"Oder was? Hängst du mir dann einen Fluch an. Bevor du deinen Zauberstab in der Hand hast, liegst du am Boden", tönte Henry.

Julius' Eingeweide verkrampften sich, als habe er einen harten Schlag in den Magen bekommen. Das, was Henry da abzog, war kein Scherz mehr, sondern eine eindeutige Kampfansage. Doch immer noch wagte Julius es nicht, hinzurennen und Henry anzufahren, daß er sich vor derartigen Beleidigungen hüten solle.

"Du würdest ein Mädchen schlagen, du kleiner Wurm? Das geht zu weit. Offenbar hat dein Körper eine vielzuschnelle Entwicklung gemacht, daß Leute dachten, dich in eine höhere Schule schicken zu können. Dabei bist du doch nur ein kleines Kind, das bei seiner Mutter bleiben sollte."

Julius vermeinte, ein verärgertes Knurren und Geräusche eines schnellen Sprunges zu hören. Dann klatschte etwas laut, etwas nicht ganz so schweres schlug auf den Boden, und Henry Hardbrick wimmerte:

"Verdammt! Du kannst ja Karate!"

"Schweig!" Hörte Julius das Durmstrang-Mädchen schnauben. Dann folgte eine Reihe von Worten, die Julius das Blut in den Adern gefrieren ließen. Er kannte diese Worte nicht auswendig. Aber erhörte, daß es ein Fluch sein mußte, der sehr mächtig war. Dann erscholl ein lauter Knall, und danach schnell sich entfernende Schritte. Julius wollte schon aufspringen, um hinzulaufen, wo sich das ganze abgespielt hatte, als ein langezogener Schrei durch das Gefüge der Korridore hallte: Der Schrei eines verängstigten Babys.

Eine Sekunde später spurtete Julius durch den Korridor, schwang sich in den Nebengang hinein, aus dem das verängstigte Babygeschrei drang und fand ein in einen zusammengefallenen schwarzen Umhang liegendes Bündel vor. Einen Meter entfernt lag ein Zaubererhut, leicht verbeult, womöglich schon vorher vom Kopf seines Besitzers geflogen. Julius starrte wie versteinert auf das im Umhang schreiende Etwas. Dann wagte er es, sich zu bücken und den am Boden liegenden Schulumhang fortzuziehen. Er fand ein wimmerndes und krakehlendes Baby vor, mit geröteterr Haut und keinem Haar auf dem großen Kopf. Die blauen Augen waren vor Angst weit aufgerissen und starrten durch die Gegend, als könnten sie sich nicht auf ein bestimmtes Objekt einstellen.

"Oh, Mist!" Fluchte Julius leise. Dann rief er laut:

"Henry Hardbrick!"

Das Baby verstummte und starrte immer noch wie halbblind durch die Gegend, bis es Julius einigermaßen ansah. Dann gab es gurgelnde Laute von sich, als wolle es etwas sagen, könne aber nicht sprechen und heulte wieder los. Dann warf es sich herum und schlug mit seinen Ärmchen und Beinchen um sich.

"Julius, was ist hier passiert?" Fragte ein Mädchen auf Französisch. Julius schrak zusammen und fuhr dann herum, um Jeanne Dusoleil in die braunen Augen zu sehen, die entsetzt und erstaunt zugleich den am Boden liegenden Säugling betrachteten.

"Ich bin mir nicht vollkommen sicher. Aber entweder stimmt das nicht, daß ihr Hexen Kinder genauso zur Welt bringt wie Muggelfrauen, oder dieser Junge hier hat sich den Infanticorpore-Fluch eingehandelt."

"Zum ersten Punkt", sagte Jeanne, wobei sie sich hemmungslos ihrer Muttersprache bediente, "kann ich dir garantieren, daß Hexen genauso Kinder kriegen wie Muggelfrauen. Ich habe es zweimal beobachten dürfen, wie hart meine Maman daran gearbeitet hat, Claire und Denise gesund auf die Welt zu bringen. Zum zweiten Punkt: Da du unser Standardbuch über Flüche und Gegenflüche hast, weißt du sicherlich mehr über den Infanticorpore-Fluch, als nur, daß es ihn gibt."

"Genug, um zu wissen, daß ich nicht zu Professor McGonagall laufen werde, um diesen Plärrgeist da unten zurückverwandeln zu lassen, weil das so nicht geht", antwortete Julius. Dann sagte er laut zu dem am Boden liegenden Säugling:

"Henry, das hast du dir wohl selbst eingebrockt. Hoffentlich kriegt Madame Pomfrey dich wieder hin. Ich denke nicht, daß die in Hufflepuff Verwendung für einen Neugeborenen haben. Ich bringe dich jetzt zu Madame Pomfrey. Ich weiß, daß du mich zumindest hören und verstehen kannst. Also mach keine Zicken und bleib ruhig."

Julius bückte sich und griff nach dem kleinen Körper. Jeanne beugte sich zu ihm herunter und flüsterte:

"Nicht so. Komm, ich nehm ihn. Seinen Umhang! Wir wickeln ihn soweit darin ein, daß er warmgehalten wird."

"Ich mach, was du sagst. Deine Maman hat mir ja schon ein Unfähigkeitszeugnis für sowas ausgestellt."

"Wegen dieser einen Alraune, ich weiß. Also hopp!"

Jeanne griff behutsam nach dem kleinen Körper, umfaßte mit der zweiten Hand den Hinterkopf und hob den verhexten Jungen hoch, der wild um sich strampelte. Julius hob den Umhang vom Boden auf, gab ihn Jeanne, die das kleine Bündel Trotz und Ablehnung darin einwickelte, bis nur der Kopf herauslugte und Arme und Beine wie gefesselt waren. Jeanne drückte den zum Säugling zurückentwickelten Jungen fest an sich und sprach leise und beruhigend auf ihn ein. Doch Henry fand das offenbar völlig widerwertig, sich herumtragen zu lassen. Julius wußte, daß der Fluch nur seinen Körper verändert hatte. Er fragte sich, ob er das gutfinden würde, nicht laufen und sprechen zu können, womöglich ein Jahr oder mehr gewickelt und mit der Flasche ernährt zu werden und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nur verschwommen sehen zu können, was weiter als fünfundzwanzig Zentimeter fort war.

"Ilona?!" Rief eine andere Mädchenstimme durch den Korridor. Keinen Moment später tauchte Lea Drake auf.

Sie sah und hörte den wütenden Säugling, der vor wenigen Minuten noch ein unbeherrschter Erstklässler gewesen war, dann wanderten ihre Blicke von Jeanne zu Julius und zurück. Julius sagte:

"Komm nicht auf falsche Ideen! Das ist nicht unseres. Ich habe den hier gefunden, und die Mademoiselle hier hilft mir, ihn zu Madame Pomfrey zu bringen."

"Infanticorpore? Heftig! Das war bestimmt ein älterer Schüler. - Mmmm! Mir schwant böses", flüsterte Lea, fast nur für sich. Dann sagte sie laut:

"Wer ist denn das? Weiß das jemand?"

"Ich vermute, es ist Henry Hardbrick", sagte Julius kurz angebunden.

"Dann hat ihm der Elefantenrüssel wohl noch nicht gereicht. - Madame Pomfrey wird sich freuen. Das letzte Baby, das in Hogwarts gewohnt hat, ist vor einhundertfünfzig Jahren hier geboren worden, von einer Zauberkunstlehrerin, die ihren Termin nicht richtig mitbekommen hat."

"Stimmt, habe ich auch gelesen", pflichtete Julius Lea bei.

"Gut, ich denke, ich muß woanders suchen, wen ich treffen wollte", sagte die Slytherin-Zweitklässlerin und schenkte dem verhexten Jungen ein böses Grinsen. Dann eilte sie davon, ohne daß jemand ihr noch etwas hätte sagen können.

"Slytherin, wie?" Wollte Jeanne wissen.

"Yep!" Machte Julius.

"Weil sie sich zu gut mit Flüchen auskannte. Du darfst das wissen, weil unsere geehrte Verteidigungslehrerin das erlaubt hat. Aber sie hätte den Infanticorpore-Fluch nicht kennen dürfen, wenn sie nicht speziell nach Flüchen suchen würde."

"Womöglich wollte sie eine der Durmstrangs hier irgendwo treffen. Das würde mich nicht wundern, wenn unser Schreihals hier die glorreiche Idee gehabt hätte, sich mit ihr anzulegen."

"Dann muß sie aus einem seltenen Drang fürsorglicher Pflicht heraus gemeint haben, den Jungen körperlich auf den Stand seines Verstandes zurückzuentwickeln. Professeur Faucon hat diese drastische Maßnahme einmal bei jemanden angewendet, um ihn zu disziplinieren, heißt es in Beauxbatons. Aber pssst! Das erzähl ihr bitte nicht, sonst kriege ich Ärger mit ihr."

"War es einer von euch Schülern?"

"Nein", erwiderte Jeanne und errötete.

"Dann weiß ich's. Neh, Jeanne. Mir liegt auch daran, die gute Dame nicht auf merkwürdige Ideen zu bringen, indem ich sie darauf anquatsche."

Henry Hardbrick versuchte, sich aus dem schwarzen Stoffbündel zu winden. Doch Jeanne hielt ihn sicher und trug ihn schnell hinter Julius her, der im Eilschritt in Richtung Krankenflügel eilte.

Madame Pomfrey besah sich das Baby, fuchtelte kurz mit ihrem Zauberstab herum und fragte:

"Du weißt, wer das ist, Julius Andrews?"

"Ihr spezieller Freund, Henry Hardbrick, nehme ich an", sagte Julius.

"Geben Sie mir bitte den kleinen Trotzkopf, Mademoiselle Dusoleil!" Befahl die Schulkrankenschwester. Jeanne reichte ihr den Jungen.

"Haben Sie mitbekommen, wer das getan hat?"

"Nein, habe ich nicht", sagte Julius sicher. Er log nicht, weil er nicht wußte, wer genau die Durmstrang war, die Henry verhext hatte. Außerdem wollte er sich mit dieser Junghexe keinen Ärger einhandeln.

"Gut, dann erteile ich euch beiden Redeverbot in dieser Angelegenheit. Es würde ein sehr schlechtes Licht auf uns werfen, wenn das bekannt würde, daß hier bedenkenlos mit einem so gravierenden Fluch herumgefuhrwerkt wird, egal, ob es einer von unseren oder einer der Gastschüler war. Lediglich Professor Sprout und Professor Dumbledore sollten Sie erzählen, was passiert ist. Ich lasse sie sofort herkommen", sagte Madame Pomfrey und trug das um sich strampelnde Bündel Leben in einen Nebenraum, wo sie es nicht allzu behutsam auf einen großen Tisch ablegte. Dann nahm sie eine kleine Flasche mit purpurnem Inhalt und flößte es dem Säugling ein. Keine halbe Minute später schlief dieser.

"Wartet hier!" Befahl die Krankenschwester und ging in einen anderen Raum, ihr Büro. Dort schien sie mit jemanden zu telefonieren. Dann kam sie zurück und wies Jeanne und Julius an. Sich zu setzen. Eine Minute später trafen Professor Dumbledore, Madame Maxime und Professor Sprout im Krankenflügel ein. Madame Maxime forderte von Jeanne eine kurze Meldung, warum sie in diesem Korridor herumgelaufen war. Jeanne meldete gehorsam, daß sie auf dem Weg in die Schulbibliothek gewesen sei, bis sie von den Schreien eines Säuglings dazu gebracht wurde, ihren Weg zu ändern. Sie habe Julius getroffen und mit ihm eben jenen Säugling hierhergebracht. Julius mußte dann auf Dumbledores Anweisung hin seine Version erzählen, wobei er sich darauf beschränkte, daß er einen lauten Knall und Babygeschrei gehört habe, sowie schnelle Schritte, die sich entfernten. Er sprach so konzentriert, daß er hoffte, Dumbledore würde sich damit abfinden.

"Du hast nicht gehört oder gesehen, wer Henry Hardbrick verhext hat?"

"Ich hörte nur jemanden weglaufen."

"Nun, das wird uns Mr. Hardbrick wohl bald erzählen können, wer ihn angegriffen hat. Allerdings müssen wir dafür sein Alter bis auf die Stunde genau kennen, bevor er verflucht wurde. Es ist ein ziemlich mächtiger und daher verachteter Fluch, fast unverzeihlich. Aber vielleicht birgt er auch eine gute Seite in sich. Möglicherweise wird Mr. Hardbrick im Umgang mit Zauberern und Hexen etwas manierlicher auftreten."

"Trotzdem ist es gegen die Schulregeln, jemanden derartig zu behexen, daß nicht mit sicherheit gesagt werden kann, ob er oder sie wieder vollständig geheilt werden kann", wandte Professor Sprout ein. Dumbledore nickte beipflichtend. Dann sagte er zu Jeanne und Julius:

"Mademoiselle Dusoleil, Mr. Andrews, Sie werden verstehen, daß ich Sie beide zu strengster Verschwiegenheit in dieser Angelegenheit anhalten muß. Es ist schon schlimm genug, daß diese Sensationsreporterin Rita Kimmkorn das Turnier der Lächerlichkeit preisgibt. Ein Zwischenfall wie dieser dürfte unsere Bemühungen um eine Wiederbelebung internationaler magischer Kontakte zu Nichte machen, wenn Sie verstehen, was ich meine."

"Vollkommen", erwiderte Julius. Dann wurden er und Jeanne entlassen.

"Du weißt, daß sie jetzt prüfen müssen, wie alt Henry ist. Wird es nicht auffallen, daß er fehlt?" Fragte Jeanne Julius.

"Professor Sprout wird das schon so drehen, daß es keinem auffällt. Henry hat, das hast du ja bestimmt mitbekommen, soviele Strafarbeiten zu erledigen, daß ich mich wundere, daß er überhaupt Gelegenheit hatte, sich mit jemanden anzulegen."

"Und wenn sie sein genaues Alter vor dem Fluch nicht herausfinden?" Fragte Jeanne besorgt.

"Dann schicken sie Henry nach Hause, mit einem Gruß von Hogwarts, daß seine Eltern noch mal neu mit ihm anfangen können. Wenn er dann körperlich wieder die elf Jahre vollhat, ist er geistig schon zweiundzwanzig. Dann wird er liebendgerne herkommen, um Zauberei zu lernen, um sich vor derartigen Sachen zu hüten."

"In Ordnung! Du sagst nichts. Ich sage nichts. Hoffentlich kann man das unter dem Teppich halten", schloß Jeanne das Thema ab.

 

 

Es ging tatsächlich gut. Zwar bemerkten die Hufflepuffs, daß ihr streitlustiger Neuzugang zwei Tage lang fehlte, doch Professor Sprout und Madame Pomfrey hatten eine Ausrede gefunden, weshalb er nicht in sein Haus zurückgekehrt war, nämlich die Behauptung, er habe sich absichtlich mit einem selbstgebrauten Zaubertrank vergiftet, so heftig, daß er nur im Krankenflügel unter Ausschluß der Öffentlichkeit genesen könne. Zumindest erzählten das Betty und Jenna, als Julius wie beiläufig nach Henry fragte.

Als Julius Henry nach einer gelungenen Rückverwandlung allein in einem Seitengang traf, wirkte der Erstklässler nicht mehr so streitlustig. Er sah Julius an und sagte nur:

"Ich wollte mich nur bedanken, weil du mich gefunden hast. Ich hoffe, daß ich nie wieder in Windeln machen und glibberigen Babybrei aus Flaschen trinken muß. Dabei weiß ich noch nicht einmal, wie das Mädchen hieß, daß mir diesen Fluch angehängt hat."

"Ich auch nicht. An deiner Stelle würde ich das auch nicht breittreten. Die Durmstrangs sind gemeingefährlich. Sie lernen schwarze Magie so nebenher. Dieses Mädchen hatte wohl noch viel Humor. Sie hätte dich auch in einen Fußabtreter verwandeln oder auf Streichholzgröße einschrumpfen lassen können", erwiderte Julius.

"Was ist mit dieser Slytherin, die euch beide erwischt hat?"

"Dumbledore hat sie unter einem Vorwand zu sich kommen lassen, vernommen und dann mit einem Gedächtniszauber belegt, so daß sie nichts verraten kann. Sonst weiß auch keiner davon, was passiert ist."

"Gut", antwortete Henry erleichtert.

"Noch was, Henry: Ich weiß, daß ich nicht dazu verpflichtet oder berechtigt bin, dir sowas zu sagen, aber ich denke, ich weiß, wovon ich spreche. Nutze die Chance aus, die sich hier bietet! Die haben dich als Zauberer erkannt. Du kannst Magie anwenden. Du kannst auf einem Besen fliegen, auch wenn Muggel das für unmöglich halten. Du bist nicht abnormal, nur weil deine Eltern und dein Bruder nicht zaubern können. Hier bist du einer von sehr vielen, wie ich auch. Ich habe am Anfang auch Probleme gehabt, mich damit abzufinden. Aber heute freue ich mich, daß ich mich nicht habe breitschlagen lassen, meine wahre Natur zu verachten. Du kannst was lernen, was andere Kinder nicht lernen können. Du wirst, wenn du dich reinhängst und rausholst, was geht, keine Probleme haben, ein normales Leben zu führen. Sicher, du kannst hier keinen Computer benutzen oder Handys. Aber dafür haben wir eben Eulenpost und die große Bibliothek.

Du bist nicht ich. Aber du kannst es wie ich schaffen, Freude daran zu finden, ohne daß dich wer dazu zwingt, Sachen zu tun, die du nicht tun willst."

"Ich habe gewettet, daß ich nach einem Vierteljahr hier wieder rausbin", sagte Henry kleinlaut. "Wenn Dumbledore und Sprout nicht gewesen wären, hätten die mich als Baby nach Hause geschickt und gesagt, daß das wegen meiner Missetaten die gerechte Strafe sei."

"Wie gesagt: Du allein kannst hier für dich das beste rausholen. Jemand anderes tut das nicht. Da ich nicht an deiner Stelle bin, werde ich mich nicht bei den Mitschülern aus meinem Haus dafür entschuldigen, daß ich absichtlich wertvolle Leistungspunkte verspielt habe. Weil ich nicht du bin, muß ich auch nicht versuchen, das wieder gut zu machen. Insofern freue ich mich, daß ich in meinem ersten Schuljahr weniger Probleme hatte. Mach's gut!"

Julius ließ Henry bedröppelt im Gang stehen und eilte davon, richtung Ravenclaw-Eingang.

Als eine Liste ausgehängt wurde, auf der sich die Schüler eintragen konnten, die über die Weihnachtsferien in Hogwarts bleiben wollten, zögerte Julius ein wenig. Doch dann schrieb er seinen Namen mit sicherer Hand auf die Liste. Er hatte von seinen Eltern nichts gehört, und die Einladung von Jeanne war für ihn verbindlich.

Julius organisierte auf einen Tipp von Gloria hin bei einem Eulen-Express-Versand Weihnachtsgeschenke für seine Freunde in Hogwarts, die Dusoleils und Aurora Dawn. Gloria schenkte er ein Buch über gallische Druiden und ihre Zauberkräfte, das er sich bei nächster Gelegenheit selber zulegen wollte. Die Hollingsworths sollten ein Buch über große Pyro-Pingpong-Spieler Großbritanniens bekommen, Pina bastelte er aus Ton eine Ballerinapuppe, die in ein kurzes Tanzkleid gehüllt war, das er knallrosa anmalte. Für Madame Dusoleil und Madame Faucon malte er Naturbilder, Blumenwiesen und Bergwälder unter einer auf- oder untergehenden Sonne. Aus dem Buch "Lebende Bilder", welches ihm die Beauxbatons-Lehrerin zu seinem Geburtstag geschenkt hatte, lernte er den Pictocircadius-Zauber auswendig, der die Tageszeit auf einem Bild an die wirklichen Tagesabläufe ankoppelte. An einem Probebild, welches er nicht verschenken wollte, übte er den Zauber, bis es gelang, daß es auf dem Bild Nacht wurde, wenn es draußen Nacht wurde. Dann erst bezauberte er die vier zu verschenkenden Bilder und belebte die über den Blumenwiesen fliegenden Schmetterlinge noch, wie es im Buch stand, so daß sie von Blüte zu Blüte flogen. Er wußte, daß Madame Dusoleil und Madame Faucon eher etwas selbstgemachtes zu Weihnachten haben wollten als alleweltsdinge, die jeder bestellen konnte. Für Jeanne bestellte er ein Besenpflegeset, wie er es selbst von den Porters bekommen hatte, als Vorwarnung, daß er einen eigenen Besen kriegen würde. Für Catherine und Babette bestellte er einen farbenwechselnden Untersetzer und für Claire Dusoleil ein Bilderbuch mit Motiven aus England zum nachmalen. Aurora Dawn bestellte er für zwei Galleonen einen Reinigungskristall, der, legte man ihn in einen Krug oder ein Faß, Wasser von allen Schadstoffen freihalten würde, bis ein Jahr vergangen war.

Als Julius nun um die zehn Galleonen ausgegeben hatte, atmete er durch. So würden die Geschenke schnell vor Ort sein. Dann packte er für Kevin noch den blauen Drachen ein, den er aus Ton geformt und bemalt hatte. Mrs. Jane Porter hatte das kleine Kunstwerk bezaubert, daß es herumlaufen und seine Körperhaltung verändern konnte. Er schrieb dazu:

"Dies ist der einzige Drache, den du halten darfst."

Als er alle Geschenke bestellt oder per Schuleule oder Francis auf die Reise geschickt hatte, ging er von der Eulerei durch die Korridore zur Bibliothek. Unterwegs hörte er eine der bezauberten Ritterrüstungen, die vor Weihnachten leiernd und lückenhaft irgendein Weihnachtslied sang. Er hörte Schritte und sah Barbara Lumière, die aus einem anderen Korridor in Richtung Bibliothek unterwegs war. Unvermittelt quäkte es blechern aus der Rüstung:

"Ein Kindelein kommet, so polternd und schwer. Es ächzet und stöhnet, es trampelt daher."

"Welcher Cretin hat diese Rüstung bezaubert?" Fluchte Barbara, die rot angelaufen war, rot vor Zorn, wie Julius feststellte.

"Das ist Peeves, unser Quäl- und Poltergeist", wußte Julius zu verraten.

"Einst nahm ein Zauberer sich ein Weib, zu seinem reinen Zeitvertreib. Aus diesem Bunde ging heraus, ein Gör welches sieht garstig aus", spottete Peeves, während die Rüstung wieder mit ihrem eingezauberten Weihnachtslied loslegte, jedoch so neben der Tonlage, daß Julius sich fast die Ohren zuhalten mußte. Dazu jaulte Peeves noch wie eine rostige Kreissäge.

"Monsieur Poltergeist, Sie 'aben die letzte Gelegen'eit, die gegen mich 'ervorgebrachte Unverschämt'eiten zurückzunehmen."

"Oho, wie wird mir Angst und bang, bei dieser lauten Stimme klang", reimte der Poltergeist mit Spott in der Stimme.

"Raus aus der Rüstung!" Bellte Barbara Lumière und fuchtelte mit ihrem Zauberstab herum. Peeves kicherte und sang weitere Spottverse auf die Beauxbatons-Hexe, in denen er sie als storchbeinige Vogelscheuche beleidigte, deren Aussehen wohl vom Verzehr von Fröschen und Schnecken kommen mußte.

"Iovis!" Stieß Barbara Lumière unvermittelt aus.

Ein lauter Knall ertönte, während aus ihrem Zauberstab ein greller blaßblauer Blitz zu der Rüstung hinüberzuckte. Scheppernd erzitterte die rüstung unter der Wucht des auftreffenden Zaubers. Weiße und rote Funken stoben knisternd davon, und Julius roch den Gestank von Ozon, das bei überspringenden elektrischen Entladungen entsteht. Das Weihnachtsgeleiere brach unvermittelt ab, und aus der Rüstung ertönte ein gepeinigtes Quieken und zetern. Keine Sekunde später schnellte Peeves aus der Rüstung heraus und schüttelte sich. Julius sah, wie sein glockenförmiger Hut qualmte und dann richtig brannte.

"Peeves, ich glaube, bei dir brennt's!" Rief Julius und zückte seinen Zauberstab. "Extingio!" Rief er, wobei er sich flüssigen Stickstoff vorstellte, in den eine Rosenblüte eingetaucht und sofort tiefgefroren wurde. Ein eisblauer Lichtkegel trat aus Julius' Zauberstab aus, hüllte Peeves ein, löschte den brennenden Hut, aber kühlte Peeves auch wieder stark ab.

"Brrr!" Bibberte Peeves und flog schnell davon.

"Ach, dieser Zauber geht auch gegen Poltergeister? Wunderbar!" Staunte Barbara, wobei sie sich ihrer Mutttersprache bediente.

"Der weiß das, daß er von mir meistens diese kalte Dusche abkriegt. Dennoch wird der nicht für einen Knut vorsichtiger", erwiderte Julius auf Französisch. Dann lauschten sie. Denn die Ritterrüstung sang, laut und blechern, diesmal ohne Tonschwankungen:

"Ein Ritter zog hinaus, eine Schlacht zu schlagen. Ein Ritter und sein Pferd, gingen, eine Schlacht zu schlagen."

"Oh-Oh!" Bedachte Julius dieses neue Lied der Rüstung mit Unbehagen.

"Komm, lass uns zusehen, daß wir hier wegkommen!"

Barbara Lumière nickte und eilte mit Julius davon, gerade als die Rüstung von Zwei Rittern sang, die eine Schlacht schlagen wollten.

Sie waren eben um eine Ecke des Ganges gebogen, als sie das Wutschnauben des Hausmeisters Filch hörten.

"Diese Bande hat die Rüstung verhext! So eine Gemeinheit! Das büßen die mir. ..."

In der Bibliothek erkundigte sich Julius bei Barbara Lumière, ob dieser Fluch ein elektrischer Blitz war.

"Das war magische Elektrizität. Steht in "Die Macht der Elemente" von Donatus Dufeux. Ich denke mal, daß ihr sowas erst ab unserem Alter lernen dürft."

"Kann sein", sagte Julius und hoffte, sich das Buch vielleicht irgendwie organisieren zu können. Denn Elementarmagie war etwas, das ihn schon vor seiner Zeit in Hogwarts fasziniert hatte, als er in Kerker-und-Drachen-Abenteuern einen Elementarzauberer gespielt hatte, der Feuerkugeln und Blitze schleudern, Erdbeben auslösen oder Erdspalten schaffen und Wassermassen und Wind steuern konnte.

Ohne Vorwarnung wurde Julius in der Sektion mit den Büchern über Zaubertrankzutaten von zwei Personen seiner Größe angesprungen, die lange dunkelbraune Haare besaßen. Bevor er es verhindern konnte, hatte er eine der beiden mit einem Armstoß von sich gestoßen und ins wanken gebracht.

"'schuldigung, Betty! Das wollte ich nicht. War ein alter Verteidigungsreflex. Den konnte ich nicht unterdrücken."

"Schon in Ordnung", stöhnte Betty, die sich von dem Stoß und dem Schrecken erholte. Dann klammerten sich beide Zwillingsschwestern Hollingsworth an Julius. Fredo Gillers, der sich gerade zwei Bücher über pulverisierte Tierprodukte unter den Arm klemmte sah Julius an und tönte:

"Hast du was dagegen, daß dich Mädchen umarmen? Dann hast du aber ein Problem beim Weihnachtsball."

"Habe ich nicht, Fredo. Ich wußte nur nicht, ob das eine Begrüßung oder ein Angriff sein sollte", erwiderte Julius selbstsicher. Fredo knurrte dann nur:

"Dann schöne Weihnachtsferien!" Dann schob er mit den beiden Büchern ab.

"Was hat er denn?" Fragte Betty, als Julius mit ihr und Jenna an einen freien Lesetisch getreten waren und Fredo die Bibliothek verlassen hatte.

"Der ist wohl eifersüchtig auf mich. Als rauskam, daß ich am Ball teilnehmen darf, hat er versucht, sich eine Einladung einer älteren Schülerin zu ergattern, auch von Beauxbatons oder Durmstrang. Alle haben ihm einen Korb gegeben, also abgelehnt, ihn einzuladen."

"Und jetzt hält er sich für minderwertig, weil er nicht mittanzen darf und du schon?" Fragte Jenna flüsternd.

"Kann sein, daß er gehofft hat, durch den Ball für weiterentwickelt gehalten zu werden. Ich persönlich finde es einfach nur schön, wieder zu tanzen. Kevin will sowieso lieber mit seinen Verwandten feiern, hat er gesagt, und Marvin und Erick denken, daß es eine Zeitverschwendung ist, sich älteren Mädchen anzubiedern, die einen gar nicht erst ansehen", erwiderte Julius. Dann fragte er:

"Was macht ihr eigentlich Weihnachten?"

"Ja, wir tanzen auch auf dem Ball mit. Die Brüder Timberland haben uns eingeladen, weil sie zwei gleichaussehende Partnerinnen haben möchten, da sie selbst Zwillinge sind. Du kennst sie doch."

"Ach, die strohblonden Jungs aus der Fünften. Wieso haben die nicht die Patil-Schwestern gefragt? Nichts für ungut, aber die sind schließlich nur ein Jahr jünger als Aron und Barney Timberland", erkundigte sich Julius.

"Weil sie gerne mit Hufflepuff-Mädchen tanzen wollen. Padma ist doch eine von euch, und ihre Schwester ist eine Gryffindor."

"Jedem das seine oder auch suum cuique", entgegnete Julius. Dann fragte er:

"Wieso habt ihr mich eben so stürmisch begrüßt? Weihnachten ist doch erst in acht Tagen."

"Weil wir dir danken müssen, daß Mr. Henry Hardbrick beschlossen hat, sich nicht mehr gegen uns zu stellen. Er hat sich vorgestern bei uns allen Entschuldigt und gestern die ersten zehn Punkte für Hufflepuffgewonnen. Wenn er sich jetzt ranhält, können wir unseren Punktestand zumindest über einhundert halten", erläuterte Jenna.

"Wieso kommt ihr darauf, daß ich ihm dazu geraten haben könnte?" Fragte Julius.

"Weil er eindeutig gesagt hat, daß ein Schüler, dessen Eltern auch keine Zauberer sind gesagt hat, daß es dumm sei nicht zu lernen, wie man zaubern kann, wenn man schon eine Schule besucht, die so gut ist, wie Hogwarts", gab Betty wider, was Henry gesagt hatte.

"Kommt mir irgendwie bekannt vor", gestand Julius ein.

"Aha! Auf jeden Fall können wir jetzt wohl alle wieder Punkte sammeln, ohne daß jemand sie absichtlich verspielt", sagte Jenna.

"Ja, Snape wird ihm auch weiterhin Punkte wegnehmen. Da kann er sich noch so anstrengen", unkte Julius.

"Dafür hat er uns lange keine mehr weggenommen", flüsterte Betty übervorsichtig. Julius nickte nur als Antwort.

Nach dem Besuch der Bibliothek schlich sich Julius noch einmal in den Korridor, wo die verzauberte Rüstung stand, in der vorher Peeves gesteckt hatte. Mittlerweile sang sie:

"Einhundert Ritter zogen aus, eine Schlacht zu schlagen. Einhundert Ritter neunundneunzig Ritter, achtundneunzig Ritter ..."

"Diese verflixte Gaunerbande hat die Rüstung vermurkst", jaulte Filch verzweifelt, während Professor Flitwick ein piepsiges Kichern hören ließ. Dann saagte der Zauberkunstlehrer:

"Das geht vorbei, Mr. Filch. Diese Rüstungen können nur einhundertfünfzig Strophen singen. Sind die überstanden, hört die Rüstung mit dem Lied auf und fängt ein neues an."

"Wie kann sowas passieren?" Schnaubte Filch.

"Hmm, der Carminatus-Zauber kann nur von starken Gegenzaubern oder einer elementaren Energieüberlastung verändert werden. Womöglich hat jemand einen magischen Blitzstrahl auf die Rüstung geschleudert. Ich sehe keinen Grund, da nun herumzufuhrwerken. Wenn die Rüstung mit ihrem Lied fertig ist, hören Sie, ob sie die vorgesehenen Lieder wieder singt. Falls nicht, suchen Sie mich nochmals auf!" Ordnete Flitwick an.

Julius zog sich zu einer Abzweigung des Korridors zurück und suchte sich seinen Weg zum Ravenclaw-Eingang.

am nächsten Freitag, es war der letzte Schultag vor den Ferien gewesen und Julius hatte in Kräuterkunde noch mal zwanzig Punkte für sein Haus errungen, wurden er und Kevin Zeuge, wie Ron Weasley auf Fleur Delacour zuging, die sich mit strahlendem Lächeln um Cedric Diggory bemühte, der Mühe hatte, seine Beherrschung zu behalten. Julius hörte, wie Ron fragte:

"Entschuldigung, Fleur! Möchtest du nicht mit mir zum Ball gehen?"

Fleur Delacour ließ von Cedric ab und sah Ron an, als habe er ihr gerade eine besonders eklige Sache erzählt. Dann schüttelte sie den Kopf, Ron trollte sich wie ein begossener Pudel und ließ Fleur mit Cedric zurück, während alle umstehenden ein schadenfrohes Grinsen nicht unterdrücken konnten. Dann verzog Fleur wieder das Gesicht, wohl aus Enttäuschung. Denn Cedric schüttelte bedächtig den Kopf und verbeugte sich kurz, um dann fortzugehen.

"Boing! Wie kam der Weasley-Junge denn darauf, diese arrogante Mademoiselle anzuquatschen? Nur weil die toll aussieht, ist sie doch nicht gleich das beste Mädchen auf Erden."

"Frag sie doch, weshalb er sie angebaggert hat!" Schlug Julius vor. Kevin nickte und ging schnurstracks auf das Beauxbatons-Mädchen zu. Julius sah genau hin und nahm mit gehässigem Grinsen zur Kenntnis, wie Kevin von einer Sekunde zur andderen daherging, als habe Fleur ihn mit ihrem Trance-Zauber erwischt, mit dem sie den Drachen im Turnier ausgepunktet hatte. Kevin lief leicht rot an, schaffte es nicht, seine Frage zu stellen und stand nur so da. Als Fleur sich dann umwandte und prinzessinnengleich davonstolzierte, dackelte Kevin ihr nach, womit er sich lautes Gelächter der Umstehenden einhandelte, bis eine Viertklässlerin der Hufflepuffs auf ihn zulief und ihm kurz aber eindrucksvoll den Ellenbogen in die Seite rammte. Das weckte Kevin aus der Trance oder was es war. Kevin sah sich um, sah Julius und lief auf ihn zu.

"Heh, du wußtest das. Diese Hexe steht unter dem Auraveneris-Fluch!" Rief Kevin laut und ohne Rücksicht auf Diskretion. Alle umstehenden verfielen in Schweigen. Fleur Delacour, die den Ausruf wohl gehört hatte, wirbelte herum, wobei ihr silberblondes Haar nur so flog und stürzte durch die sich teilende Schar der Hogwarts-Schüler auf die beiden zu. In dem Moment kam Jeanne mit einigen Büchern unter dem Arm aus der Bibliothek und erreichte Julius in dem Moment, in dem Fleur Delacour sich vor ihm aufbaute, nicht mehr anmutig, sondern wie eine Furie, die ein Opfer in die Enge treibt.

"Hast du ihm diesen Unsinn erzählt?" Fragte die Beauxbatons-Turnierteilnehmerin Julius auf Französisch. Julius schluckte und erwiderte:

"Von mir hat er das nicht. Ich weiß schließlich, daß das nicht zutrifft."

"Warum streut er dann solche unverschämten Gerüchte in die Welt?" Zeterte Fleur auf Französisch und deutete mit einer wilden Handbewegung auf Kevin.

"Was will sie?" Fragte Kevin, der im Moment nicht unter Fleurs besonderem Einfluß stand.

"Sie wundert sich nur, daß ein Zweitklässler mal was von diesem Fluch gehört hat, unter dem zu stehen du ihr unterstellt hast."

"Dann soll sie mich fragen. Die kann doch englisch. Ich spreche kein Froschfresserisch."

"Wie war das?" Fragten Jeanne und Fleur gleichzeitig.

"Kevin, mit zwei älteren Hexen solltest du dich besser nicht gleichzeitig anlegen. Am besten nimmst du das zurück, was du eben gesagt hast und entschuldigst dich bei Mademoiselle Delacour, daß du sie falsch eingeschätzt hast!" Schlug Julius ruhig sprechend vor.

"Gut, ich sehe ein, daß diese Dame nicht unter dem Auraveneris-Fluch steht, weil der mich ja sonst wieder gepackt hätte. Außerdem hätte Cedric dann ja auf sie eingehen müssen, als sie ihn umgarnt hat."

"Woher 'ast du das mit dem Fluch, Kevin?" Fragte Jeanne Dusoleil mit lauerndem Blick.

"Davon hat mein Opa mal erzählt. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß es auch etwas anderes sein könnte. - Entschuldige, Fleur, daß ich dir unterstellt habe, daß du mit diesem Zauber belegt wurdest."

"Ich akzeptiere diese Entschuldigung. Aber die Froschfresser solltest du auch zurücknehmen. Jeanne und ich sind sehr gute Verwandlungskünstlerinnen", zischte Fleur Kevin zu.

Kevin entschuldigte sich auch für diese sprachliche Entgleisung und atmete auf, als die beiden Beauxbatons-Hexen davonmarschierten.

"Jetzt sag aber mal, woher du wußtest, daß sie mich und Ron so benebeln konnte!" Verlangte Kevin von Julius. Julius berichtete ihm kurz, daß er genauso einmal hinter Fleur Delacour hergedackelt war und danach erfahren hatte, daß sie eine Veela in der Verwandtschaft hatte.

"Natürlich! Ich Idiot! Diese Wesen traten als Maskottchen der Bulgaren bei der Weltmeisterschaft auf. Die haben uns Jungen heftig berauscht. Einer wäre fast über die Sitze vor ihm gesprungen. Wenn Gwyneth und Mum mir nicht die Ohren zugehalten hätten, hätte es mich auch vom Sitz geholt. Dann kann diese Dame natürlich herumstolzieren und mit einem Augenaufschlag jeden Jungen oder Mann aus dem Tritt bringen."

"Ich glaube nicht, daß das jeder wissen muß", sagte Julius leise, froh darüber, daß er so glimpflich davongekommen war.

"Wieso ist Cedric eigentlich nicht auf Fleur eingegangen?" Wollte Kevin noch wissen.

"Das kannst du dir denken. Sie wollte ihn zum Ball mitnehmen, und er hat sich schon anderweitig verabredet. Dann wird sie sich wohl jemanden neuen suchen müssen, der zu ihr paßt", vermutete Julius.

 

 

Als Kevin, Fredo, Marvin und Erick in die Ferien fuhren, verabschiedeten sie sich von Julius.

"Hoffentlich bereut das Mädchen nicht, dich eingeladen zu haben", sagte Fredo gehässig. Kevin widersprach:

"Die hat sich den Besten ausgesucht, Mr. Gillers. Nur weil die anderen Mädchen lieber mit gleichgroßen tanzen wollten oder deine Sprache nicht verstanden, ist Julius nicht dein Feind."

"wird so sein", grummelte Fredo.

"Hoffentlich mußt du nicht dafür einen bestimmten Preis bezahlen, daß du eingeladen wurdest", sagte Marvin. Erick lachte darüber.

"Noch mehr als die hundert Galleonen, die ich schon hingelegt habe, Marvin?" Fragte Julius mit gespielter Verwunderung. Damit brachte er alle zum lachen, auch Fredo.

"Dumme Sprüche fordern dumme Antworten", gestand Marvin ein und hob seinen schweren Koffer an.

"Mach's gut, Julius! Ich wünsche dir ein fröhliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr", verabschiedete sich Kevin Malone.

"Grüß mir deine Verwandten unbekannterweise! Ebenfalls ein fröhliches Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr, Kevin.!"

Eine Minute später stand Julius in einem leeren Schlafsaal und sah die Betten an, die nun mehr als eine Woche nicht belegt sein würden. Dann ging er zu seinem Koffer, kramte ein Stück Papier heraus und schrieb einen Weihnachtsgruß an seine Eltern. Dann verließ er den Schlafsaal und ging zu Professor Flitwicks Büro. Dort warteten noch zwei Sechstklässler, die wohl etwas wichtiges besprechen wollten. Julius wartete geduldig, bis die beiden älteren Schüler wieder aus dem Büro des Zauberkunstlehrers kamen. Julius ging hinein und unterhielt sich kurz mit Flitwick über die Entwicklung im Falle der ausstehenden Strafe, die sein Vater zahlen mußte, weil er Julius von Hogwarts fernzuhalten versucht hatte.

"Es sieht im Moment so aus, daß die Kontaktsperre bis auf wenige Ausnahmen aufrecht erhalten bleibt. Sie dürfen Ihren Eltern Weihnachtsbotschaften oder Geschenke zukommen lassen und von diesen Geschenke oder Botschaften zum Fest entgegennehmen. Allerdings haben Professor Dumbledore und ich beschlossen, daß Sie sich im Bezug auf letztes Schuljahr mehr auf Ihre Zaubereiausbildung konzentrieren und nicht die von ihren Eltern angeratenen Zusatzarbeiten zu erbringen haben. Sollte Ihr Vater also wieder versuchen, Ihnen Bücher zu schicken, um seine Auffassung von Bildung erfüllt zu bekommen, muß auch diese eingeschränkte Kontaktmöglichkeit unterbunden werden. Aber das nur, damit Sie nicht glauben, Ihre Eltern wollten nichts mehr von Ihnen wissen", sagte Flitwick. Julius nickte und verabschiedete sich von seinem Hauslehrer. In der Eulerei gab er einer kleinen grauen Eule den Weihnachtsgruß an seine Eltern mit, da Francis immer noch in Frankreich unterwegs war, um die Geschenke zu verteilen. Dann fiel ihm ein, daß er für seine Eltern kein Geschenk besorgen konnte. Was aus Ton zu basteln wäre zwar möglich gewesen, aber seine Eltern hielten nicht viel von Kunstwerken. Sein Vater hielt Dinge, die man ansehen oder aufhängen konnte für wertlosen Plunder. Daß überhaupt Bilder und Blumenvasen in seinem Elternhaus enthalten waren, lag an der Verwandtschaft, die regelmäßig zu Besuch kam oder an den wichtigsten Mitarbeitern seines Vaters oder seiner Mutter, die ihre Geschenke gerne immer wieder sehen wollten.

 

 

Um sich die restlichen Ferien freizuhalten, ackerte Julius die von den Lehrern aufgegebenen Hausaufgaben in den Tagen vor Weihnachten durch. Das führte dazu, daß er sich außer zu den Mahlzeiten nirgendwo sehen ließ. Einmal kam Dustin McMillan in den Schlafsaal, der für Julius das ruhigste Arbeitszimmer war, seitdem seine vier Bettnachbarn in die Ferien gefahren waren.

"Die Damen Porter, Watermelon und Whitesand haben mich geschickt, um dich zu fragen, ob du dich mit Gewalt von allen Weihnachtsvorbereitungen fernhalten willst, Julius. Wir haben nämlich beschlossen, Musikstücke zu lernen. gloria und Prudence sagten, daß du auch ein Instrument spielen kannst."

"Ich wollte nur noch den letzten Punkt zu Binns' Aufgabe schreiben, weil ich dazu in einem Buch noch mehr nachlesen konnte. Dann bin ich auch mit allem durch, Dustin", sagte Julius und schrieb noch zwei Absätze auf die vierte Pergamentrolle, die er für seine Geschichtsaufgabe vollgeschrieben hatte. Rings um auf seinem Bett lagen diverse Bücher. Dann klaubte Julius alle Aufgaben zusammen, sortierte sie in seinen Koffer und packte die Bücher weg. Er nahm seine Musikinstrumente aus seiner Practicus-Reisetasche und folgte Dustin.

Einen Tag vor Heiligabend führten die zusammengewürfelten Musikgruppen aus Ravenclaw Weihnachtslieder auf. Julius erntete mit Pina zusammen großen Beifall für ein Duett, bei dem Pina die Harfe gespielt hatte und Julius auf der Blockflöte die Melodie von "Green Sleeves" gespielt hatte. Dabei hatte er sich die Spieltechnik irischer Flötenspieler zu Nutze gemacht, die ihm Kevin einmal gezeigt hatte. Julius genoß den Beifall und stellte sich vor, nun jedes Jahr über die Ferien hierzubleiben. Denn hier hatte er nach langer Zeit wieder das Gefühl, Weihnachten zu erleben, wie es in sein Herz einströmte und ihn mit den anderen Menschen in Frieden und Freude vereinigte, nicht unter dem Zwang, freundlich zu allen sein zu müssen und darüber nachzudenken, wie man durch Geschenke Freundschaften erhalten oder Anerkennung erlangen mußte. Dieses Gefühl, mit anderen zusammen zu feiern, sich einzubringen, ohne daß Geld oder Herkunft eine Rolle spielten, hatte er seit seinem sechsten Lebensjahr nicht mehr verspürt. Hier, so empfand er es, war es egal, daß er mindestens zwei Jahre jünger war als die Mehrheit der hiergebliebenen Mitschüler. Hier spielte es keine Rolle, daß seine Eltern keine Zauberer waren oder wieviel Geld sie hatten. Er machte einfach Musik mit seinen Schulkameraden oder hörte anderen beim Musizieren zu. Er sang mit ihnen Weihnachtslieder ein- oder merhstimmig und unterhielt sich mit den Ravenclaw-Mitschülern über alles, was nicht mit der Schule zu tun hatte.

Um elf Uhr abends schickte Penelope Clearwater die drei Zweitklässler zu Bett.

"Ihr habt morgen einen langen Tag vor euch, auch wenn ihr euch noch munter fühlt", betonte sie und wünschte Gloria, Pina und Julius eine gute Nacht.

"Bis morgen!" Verabschiedeten sich die drei von den restlichen Ravenclaws im Gemeinschaftsraum und gingen in ihre Schlafsäle.

 

 

Als Julius am nächsten Morgen erwachte, war es bereits acht Uhr. Julius wollte sich aus dem Bett erheben, um schnell in den Waschraum zu kommen, um sich für's Frühstück anzuziehen. Da fiel ihm der Berg von kleinen und großen Päckchen am Fußende seines Bettes auf. Staunend betrachtete er die Geschenkpakete und fragte sich, wer die nachts so heimlich an sein Bett gebracht haben konnte? Dann nahm er eines der kleinen Päckchen, daß oben auf dem Stapel thronte, wog es in einer Hand, horchte, ob mehrere lose Teile darin waren, drückte vorsichtig auf der Verpackung herum, um zu prüfen, ob es etwas weiches oder hartes war und wickelte das Geschenk vorsichtig aus seiner Pergamentverpackung. Ein Zettel und eine flache Schachtel kamen zum Vorschein. Julius nahm den Zettel und las:

 

 

Für Julius Andrews mit dem Wunsch nach fröhlichen Feiertagen und einem reibungslosen Übergang in ein neues Jahr!

Familie Marita und Keneth Hollingsworth

 

 

Julius nahm die Schachtel, öffnete sie und fand eine silberne Armbanduhr mit vier Zeigern vor. Daneben lag ein Beipackzettel, den er sofort las.

"Der Pangeochronometer, die universelle Weltzeituhr, bietet jedem, der viel auf dem Globus herumreist die Möglichkeit, die an seinem Standort gültige Uhrzeit mit der Uhrzeit einer vorher von ihm bestimmten Heimat zu vergleichen. Hierzu muß die Uhr nur einmal aufgezogen und am Handgelenk ihres Besitzers befestigt werden. Sie stellt sich dann selbsttätig auf die genaue Uhrzeit am Ausgangsort, dem bestimmten Heimatort ein. Dabei zeigt der schwarze Zeiger die Stunden am gewählten Heimatort, der rote kleine Zeiger zeigt die Stunde an dem aktuellen Standort. Der große goldene und der halblange silberne Zeiger sind für die Minuten und Sekunden zuständig. Bei Ersteinstellung zeigen der schwarze und der rote Zeiger die gegenwärtige Tagesstunde des erwählten Heimatortes an, bis der Träger der Uhr in eine andere Zeitzone wechselt. Durch die Arm- und Körperbewegungen, sowie die Eigenbewegung von Erde, Sonne und Galaxis wird das Uhrwerk in Gang und auf der genauen Uhrzeit gehalten. Der Pangeochronometer ist unzerbrechlich und wasserabweisend. Der Armbandverschluß kann durch ein bei aufgesetztem Zauberstab gesprochenes Schlüsselwort so bezaubert werden, daß der Träger es nur bei erneuter Nennung des Schlüsselwortes wieder lösen kann, was diesen wertvollen Begleiter auf allen Reisen diebstahlsicher macht.

Der Pangeochronometer ist ein Produkt der Prazap-Kompanie zur Herstellung praktischer Zauberprodukte und genießt thaumaturgischen Patentschutz."

Julius nahm das Naviskop aus seiner Reisetasche, daß er zum Geburtstag bekommen hatte und tippte es mit dem Zauberstab an. Es zeigte keinen Längen- und Breitengrad. Das lag an der Unortbarkeit von Hogwarts, wußte Julius. Aber würde diese Weltzeituhr, die bestimmt mehr als eine Galleone gekostet hatte, hier funktionieren? Julius zog die kleine Uhr auf, schnürte sich das Armband um und sah, wie sich alle vier Zeiger in weniger als einer Sekunde auf acht Uhr und fünf Minuten einstellten und dann langsam weiterwanderten, wobei der große goldene Zeiger die Minuten zeigte, während der kleine silberne Zeiger Tick für Tack die Sekunden abwanderte. Der Rote Standort-Stundenzeiger blieb haargenau über dem einen Millimeter längeren schwarzen Heimat-Stundenzeiger. Julius verglich die selbsteingestellte Zeit der magischen Armbanduhr mit der Zeit auf seiner einfachen Armbanduhr und nickte.

"Zumindest läuft hier die Zeit genauso ab wie im restlichen England", flüsterte Julius und grinste. Er legte seine alte mechanische Armbanduhr in den Koffer zurück und ließ die neue Armbanduhr am Handgelenk. Er wollte sie gleich unter Schlachtfeldbedingungen testen, im Waschraum unter dem Wasserhahn. Denn wenn da stand, daß sie wasserabweisend war, sollte sie eigentlich nicht naß werden. Er tippte mit seinem Zauberstab den Verschluß des Armbandes an und sagte: "Kandal", ein Wort, das er sich leicht einprägen konnte. Der Verschluß schien zu einem durchgehenden Metallstreifen zu verschmelzen. Offenbar hatte Julius nun die Uhr für sich allein. Denn, das wußte er, der Mihisolo-Diebstahlsschutzzauber wirkte nicht auf metallische Gegenstände.

Mit dem ersten diesjährigen Weihnachtsgeschenk am linken Arm packte er die nächsten Geschenke aus. Von den beiden Zwillingsschwestern Hollingsworth bekam er ein Buch "Jäger und ihre erfolgreichsten Spielzüge", von Pina bekam er ein unbeschmutzbares weißes Reinigungstuch und eine Tüte Berty Botts Bohnen in jeder Geschmacksrichtung. Gilda Fletcher schenkte ihm das Buch "Gallische Druiden und ihre Zauberkräfte", das er original für Gloria bestellt hatte. Kevin Malone hatte ihm zwei Puppen geschenkt, eine verkleinerte Ausgabe von Aidan Lynch, dem irischen Sucher und Moran, einer Jägerin des irischen Nationalteams. Dabei lag ein Zettel:

"Hallo, Julius! Ich wünsche dir auch im Namen meiner Familie fröhliche Weihnachten und überlasse dir die Stars unserer ruhmreichen Mannschaft, Aidan Lynch und Colleen Moran, damit du zumindest einen Eindruck von unseren großen Spielern gewinnst."

Die beiden Quidditch-Figuren gingen auf dem Nachttisch herum, als Julius sie dort abgestellt hatte. Von Gloria bekam er ein Fläschchen mit einer blaßrosa-durchsichtigen Flüssigkeit, die, so das Etikett, in eine Bürste oder auf einen Kamm geträufelt jede Frisur für einen vollen Tag wind- und wetterbeständig halten sollte. Sie schrieb dabei:

"Mum, die mir dieses Elixier für dich besorgt hat, geht davon aus, daß du beim Tanzabend gutgepflegt aussehen möchtest. das wirkt auch bei Jungen. Also nicht das du wieder behauptest, meine Eltern und ich würden dich wie ein Mädchen behandeln. Fröhliche Weihnachten, Julius!"

Julius zählte die ausgepackten Geschenke zusammen und stellte fest, das er noch fünf Päckchen übrighatte. Vier davon waren unheimlich groß. Er nahm das letzte der kleinen Päckchen und las in rubinroter Tinte:

"Pour toi, Julius! Joyeux Noel!"

Julius wickelte das kleine Päckchen aus und fand darin eine dreißig Zentimeter langeRolle Leinwand, die er vorsichtig aufrollte. Auf der einen Seite winkte ihm ein goldblond gelockter Weihnachtsengel in silberweißem Gewand mit zerbrechlich wirkenden Flügeln aus Gold entgegen, der auf einer schneeweißen Wolke über den Dächern eines Dorfes schwebte. Auf der anderen Seite der Leinwand befand sich ein großer Baum mit ausladenden Ästen in einer Winterlandschaft unter der fahlroten Morgendämmerung des Winters. In der Krone des Baumes thronte ein Baumhaus, aus dem heraus ein Junge und ein Mädchen in fuchsroten Pelzen zuwinkten. Der Junge sah Julius ziemlich ähnlich, während das Mädchen mit seiner braungetönten Haut, den dunkelbraunen Augen und dem schwarzen welligen Haar Claire oder Jeanne, vielleicht sogar ihrer beiden Mutter in jungen Jahren ähnelte. Julius sah, wie die beiden ihm zuwinkten und hörte, wie sie riefen:

"Hallo! Tolles Wetter heute!"

Julius schluckte. Dann hängte er das Bild neben die Miniausgabe von Rowena Ravenclaw, die er vor einem Jahr geschenkt bekommen hatte. Er nahm die Seite mit dem Weihnachtsengel zuerst. Der Engel lächelte ihm zu und holte eine goldene Harfe hervor, um mit süßem sphärischen Klang eine französische Weihnachtsmelodie zu spielen. Unvermittelt kamen weitere Weihnachtsengel herbeigeflogen und ließen sich auf der weißen Wolke nieder. Alle hatten sie Musikinstrumente dabei, Flöten, Trompeten, Schellentrommeln. Bald war ein achtstimmiges Weihnachtsorchester zusammengekommen, das "Oh du fröhliche" und "Stille Nacht, heilige Nacht" intonierte.

"Wenn die das selbst gemalt hat, ist das eine Heidenarbeit gewesen", stellte Julius mit großer Anerkennung fest und las einen Brief, der in der eingerollten Leinwand gelegen hatte. In französischer Schönschrift las er:

 

Hallo, Julius!

Ich wünsche dir recht fröhliche und friedliche Weihnachten aus dem winterlichen Millemerveilles. Ich freue mich, daß ich dir eine Probe meiner fortgeschrittenen Zaubermalkunst schenken kann, mit der du, da bin ich sicher, viel Freude haben wirst. Ich hoffe auch, daß du meine dreimonatige Anstrengung, dieses Doppelbild zu schaffen, würdigen und es immer offen aushängen wirst.

Auf der einen Seite befindet sich eine Gruppe Wesen, die für bestimmte Anlässe auftreten. Wenn du das Bild auspackst, wird es eine recht gut gelungene Gruppe Weihnachtsengel sein, die dir, solange es hell ist und ihr Bild zu sehen ist, unsere beliebtesten Weihnachtsmelodien in ständig wechselnder Besetzung vorspielen, leise genug, daß du dich mit deinen Schlafsaalmitbewohnern unterhalten kannst oder anstehende Hausaufgaben erledigen kannst, ohne abgelenkt zu werden.

Auf der anderen Seite der Leinwand habe ich ein Bild von uns beiden in einem Baumhaus gemalt. Es ist mir gelungen, uns in zwölf unterschiedlichen Kleidungen und Jahreszeiten zu malen, so daß dieses Bild wie ein Kalender wirkt, den ich, wofür ich vor kurzem erst eine gute Note in Malerei bekam, an Tageszeit und Jahresverlauf angekoppelt habe.

Ich freue mich, daß Jeanne mit dir zu eurem Weihnachtsball geht. Maman und ich waren sehr froh, als wir von ihr die Nachricht bekamen, daß dich vor ihr noch keine andere eingeladen hat.

Amüsiere dich und komme gesund und glücklich ins nächste Jahr hinein!

Claire

 

Julius holte pfeifend Luft. Drei Monate hatte die mittlere der Dusoleil-Schwestern daran gesessen, dieses Bild zu malen. Wozu dieser Aufwand? Er hatte ihr nur ein Buch besorgt. Die Bilder für Claires Mutter und Madame Faucon hatten zwar auch je vier Tage gebraucht, aber den Aufwand hielt er für ausreichend für Weihnachten.

"Kommt all ihr Gläubigen!" Spielte das Engel-Oktett gerade auf, während die weiße Winterwolke langsam über tief unter ihr liegende Dachgiebel hinwegschwebte. Julius malte sich aus, daß zu Ostern eine Gruppe Osterhasen über eine Wiese hoppeln würde.

"Fröhliche Weihnachten, Langschläfer!" Trällerte die Stimme der gemalten Aurora Dawn von 1982, bevor die dazu gehörende Quidditchspielerin im blauen Umhang genau in die Wolke der Weihnachtsengel hineinschwirrte.

"Hups! Interessant", sagte die gemalte Aurora Dawn und zirkelte mit ihrem Besen um die Wolke herum, während die acht Engel sie flügelschlagend anlächeldten und ihr auf Englisch und Französisch fröhliche Weihnachten wünschten.

"Du läßt dir viel Zeit.Die meisten anderen sind schon aufgestanden. Deine Freundinnen warten im Gemeinschaftsraum."

"Dann flieg hin und bitte sie in meinem Namen, noch eine Viertelstunde zu warten! Bin ich dann noch nicht bei ihnen, möchten sie ohne mich in die große Halle gehen", trug Julius der gemalten Quidditchspielerin auf. Diese nickte, riß ihren Besen wild nach oben und brauste im Höllentempo aus dem Bild heraus. Die Weihnachtsengel spielten wieder ein Lied, während Julius sich die anderen Geschenke betrachtete.

Aus einem der großen Pakete zog er einen warmen Pulli in marineblau und eine Weihnachtskarte, auf der ihm die Familie Brickston ein frohes Fest und einen unbeschwerten Jahreswechsel wünschte.

Aus dem zweiten großen Paket zog er einen reichverzierten Blumentopf, eine Tüte Einhorndünger und ein Seidentütchen kleiner Samenkörner. Dazu kam noch ein lindgrün gebundenes Buch, auf dem Madame Dusoleils Bild zu erkennen war. Die Kräuterhexe aus Millemerveilles trug eine blattgrüne Arbeitsschürze und hielt in der linken Hand eine hellgrüne Gießkanne und in der rechten Hand einen Strauß bunter Blumen mit großen Blüten. Julius las den Titel:

NUTZ- UND ZIERPFLANZEN ZUM HEGEN UND NACHZIEHEN

Julius schluckte, als er den französischen Klappentext las:

"Die hochangesehene Gartenbau-Fachhexe Camille Dusoleil, die die Grünanlagen und Privatgärten des Zaubererdorfes Millemerveilles hegt, gibt in ihrem allerneusten Nachschlagewerk und Ratgeber nützliche Hilfestellungen und interessante Hintergrundinformationen zu den beliebtestenNutz- und Zierpflanzen der Zaubererwelt, von der Rotblattstaude bis zum Fliegengras, vom Hexenkelch bis zum Regenbogenstrauch. Hierbei vermag es die fachkundige GartenHexe, auf spielerische Weise in allgemein verständlichen Worten zu vermitteln, was sie vermitteln möchte. Somit bildet dieses Buch eine willkommene Ergänzung zu ihren Vorgängerwerken "Die exotischen Pflanzen der Provence" und "Grüne Inseln im Alttag" und kann sich mit ähnlichen Werken wie "Der kleine Hexengarten" oder "Erde, Sonne und Magie" rühmen, nicht einem exklusiven Expertenpublikum allein vorbehalten zu sein, jedoch auch nicht zu oberflächlich zu sein, um nicht für wahre Gartenbauexperten wertvolle Details bereitzuhalten."

"Ich glaube, ich frage Professor Sprout, ob sie mich nicht besser bei Madame Dusoleil entschuldigt, da sie schließlich meine Kräuterkundelehrerin ist. Reiche einer Hexe den kleinen Finger, und sie nimmt gleich den ganzen Arm", seufzte Julius. Er fand noch einen kurzen Brief der Kräuterhexe vor in dem stand:

 

Hallo, Julius!

Erst einmal die herzlichsten Weihnachtswünsche von mir, Florymont und Uranie! Wir hoffen, es ist nicht zu kalt bei euch und du verstehst dich immer noch gut mit Jeanne.

Ich war sehr froh, daß sie dich eingeladen hat, sie zum trimagischen Weihnachtsball zu begleiten. Sicher hast du daran gedacht, ich hätte sie dazu animiert. Nun, ich werde nichts schreiben, was dies bestätigt oder verneint. Ich sage nur, daß ich dir viel Vergnügen und große Anerkennung wünsche, wenn du als einer der wenigen aus deiner Klasse unter soviel altem Volk herumtanzen mußt. Ich bin jedoch zuversichtlich, daß bei dir kein Minderwertigkeitskomplex aufkommen wird, da du dieses Jahr bereits Gelegenheit hattest, dich unter erwachsenen Hexen und Zauberern zu bewegen, was, wie ich zuversichtlich hoffe, nicht das letztemal war.

Du magst jetzt denken, ich würde eurer Kräuterkundelehrerin die Arbeit abnehmen oder dich daran hindern, ihre Hausaufgaben zu bewältigen. Doch ich weiß zuversichtlich, daß du mit meinen kleinen Hilfestellungen und Anregungen keine Probleme hast und deine wichtigen Aufgaben erledigen kannst, ohne auf meine Anregungen zu verzichten.

Zum Weihnachtsfest schenke ich dir daher Wissen in Form meines neuen Ratgebers für Nutz- und Zierpflanzen und Verantwortung in Form von vier Samenkörnern des Hexenkelches Aureofacies mirabilis. Ich hänge dir nichts an, was du nicht bewältigen kannst, ohne deine ganze Freizeit dafür zu opfern oder deine Schularbeiten zu vernachlässigen.

Deine Berichte über die Regenbogenstrauchaussaat habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen. Dieses bescheidene Buch von mir wird dir und denen, die sich bereitgefunden haben, dich zu unterstützen, weitere nützliche Tipps geben.

Alles gute und auf ein baldiges Wiedersehen!

Familie Dusoleil

 

Im dritten Paket fand Julius vier Dinge vor: Ein Buch in englischer Sprache, das "Die Geschöpfe der Düsternis" hieß, eine Phiole mit einer goldenen Flüssigkeit, die jedoch völlig abgeschlossen war, ein neues Liederbuch und einen Brief. Julius nahm die Phiole und sah, wie sich die goldene Flüssigkeit durchsichtig färbte. Er prüfte, ob sie wirklich nicht zu öffnen war und wunderte sich. Dann fiel ihm ein, was in seinem Buch über die Erben der Druiden stand:

"Der Honig der Goldblütenblume ist eines der mächtigsten Mittel gegen Flüche. Wird er in fest verschlossenen Phiolen aufbewahrt, vermag er das körperliche Wohlbefinden desjenigen zu schützen, der die Phiole berührt oder bei sich trägt."

Julius las den Brief:

 

Ich grüße dich, Julius Andrews!

Ich wünsche dir auch im Namen meiner Tochter Catherine ein frohes und friedliches Weihnachtsfest und einen unbeschwerten Übergang in das neue Jahr.

Da ich es für wichtig halte, dich nicht mit halben Sachen aus den Ferien entlassen zu haben, liegt diesem Schreiben das Buch "Geschöpfe der Düsternis" bei, das sich auch mit den Dementoren beschäftigt. Lerne daraus, was du lernen kannst, um auf die Gefahren vorbereitet zu sein, die unsere Welt bereithält!

In einer unzerbrechlich gehexten Phiole befindet sich die reine Essenz des Honigs der Goldblume, die auch Lichtkelch heißt, deren Verwendung zur Zeit der Druiden sehr hohes Ansehen genoß. Die Flüssigkeit schützt den, der die Phiole bei sich trägt, vor körperlichen Flüchen, sofern sie nicht den Tod herbeiführen können. Er mildert die Folgen des verbotenen Fluches Cruciatus und hat, dank einer Ergänzung von mir, durch die Zugabe von Phönixtränen die Kraft, Abwehrflüche zu verstärken.

Diese Gabe solltest du in einem deiner diebstahlsicheren Behälter bergen, sofern du sie nicht ständig bei dir tragen willst. Bedenke dabei, daß euer derzeitiger Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste mit seinem magischen Auge Dinge und Verhüllungen durchschauen kann und argwöhnisch werden dürfte, wenn du diesen Schutz mit dir herumträgst!

Ich hörte davon, daß Mademoiselle Jeanne Dusoleil dich zur Teilnahme am trimagischen Weihnachtsball einlud. Erweise dich dieser Ehrung als würdig! Doch ich zweifle nicht, daß du dieser Wertschätzung wert bist.

Schreibe mir weiterhin, wie sich bei euch die Dinge entwickeln, ob es außergewöhnlichkeiten gab oder gibt oder auch noch so gewagte Ideen, die dir bei Beobachtungen kommen könnten!

Hochachtungsvoll

Prof. Blanche Faucon

 

Julius betrachtete noch mal die Phiole. Sowas, dachte er, schenkte eine Mutter doch eher ihrem Kind als eine Lehrerin einem nicht einmal in ihrem Zuständigkeitsbereich lernenden Schüler. Lag ihr so viel an ihm, daß sie derarrtig seltene Zauberessenzen für ihn suchte? Oder tat sie dies Catherine zum Gefallen.

Julius konnte auf diese Fragen keine Antworten finden. Deshalb öffnete er das letzte Paket, daß wie die große Grußschrift auf dem dünnen Pergament verhieß, von Aurora Dawn kam.

Er befürchtete schon, noch mehr Bücher, noch mehr Zusatzaufgaben zu kriegen. Doch in dem großen Karton, den er ausgewickelt hatte, lag nur ein blauer Quidditchumhang und eine große flasche Sonnenkrauttinktur. Eine Weihnachtskarte aus Australien lag bei, auf der Aurora Dawn mitteilte, daß sie ihm den Umhang überlassen wolle, den er letztes Jahr bei ihr getragen hatte. Julius sah, wie der sommerlich gekleidete Weihnachtsmann auf einem Schlitten von sechs schneeweißen Känguruhs über das australische Buschland gezogen wurde. Dann verstaute er alle Geschenke sorgfältig, während die gemalten Weihnachtsengel "Green Sleeves" spielten. Die Phiole mit dem heilkräftigen Honig verbarg er in der kleinen Practicus-Tasche zusammen mit seinem Gringottsverliesschlüssel und der Flasche mit dem Breitbandgegengift. Die Tüten mit den Samenkörnern und dem Einhorndünger warf er in den großen Blumentopf, den er ebenfalls von Madame Dusoleil bekommen hatte. Dann ging er in den Waschraum, wusch sich gründlich. Er probierte aus, ob die Weltzeituhr der Hollingsworths wirklich funktionierte. Tatsächlich perllte alles Wasser von Uhr und Armband ab, so das das magische zeitmessgerät knochentrocken blieb. Danach zog Julius seine Schulsachen an. Den spitzen Zaubererhut noch zurechtrückend, sprang er behände die Stufen zum Gemeinschaftsraum hinunter, wo Gloria, Cho und Pina warteten. Dann sah Julius noch Roger Davis, der einen total glücklichen Eindruck machte.

"Fröhliche Weihnachten euch allen!" Begrüßte Julius die Ravenclaws. Der Gruß wurde erwidert.

"Haben sie dir alle Geschenke gemacht, die du letztes Jahr getroffen hast?" Fragte Gloria.

"Fast alle. Die Delamontagnes haben darauf verzichtet, mich mit nutzlosem Plunder zu beladen. Aber was ihr mir geschenkt habt ist schon sehr toll. Ich probiere das Frisurelixier nachher aus, wenn ich mich umziehe. Danke für das Reinigungstuch, Pina."

"Diese Tonfigur ist auch sehr schön geworden. Schade, daß du sowas nicht bezaubern kannst, daß sie tanzen kann", sagte Pina.

"Wer hat dir denn sonst noch was geschenkt?" Fragte Gloria.

"Madame Faucon hat mir ein Buch geschenkt, daß ich mir hier vor einigen Wochen schon ausgelihen habe. Madame Dusoleil testet, ob ich ihr neues Buch verstehen kann, daß sie auf dem Markt hat und hat mir zu dem noch Hexenkelchsamen zugeschickt. Von Aurora Dawn habe ich Sonnenkrauttinktur bekommen und von den Hollingsworths ein Buch über erfolgreiche Spielzüge von Quidditchjägern."

"Was ist denn das für eine Uhr? Hast du die von deinen Eltern?" Fragte Pina. Julius schüttelte den Kopf und flüsterte, daß das ein Geschenk von Betty und Jennas Eltern war.

"Jeder Leistungspunkt, den ihre Töchter dir verdanken zehn Knuts, wie", erwiderte Pina. Gloria sah die Schlafsaalmitbewohnerin an und sagte:

"Wenn sie meinen, daß sie Julius dafür bezahlen müssen, sollen sie doch. Ich habe das Teil sogar schon gesehen. Mein Dad hat sich letzten Frühling eine solche Uhr besorgt. Ist genauso praktisch wie ein Naviskop, wenn man viel in der Weltgeschichte herumreist."

"Klar. Wenn ich heute in England bin, morgen in Australien oder sonstwo, ist das schon praktisch, die Uhr nicht andauernd umstellen zu müssen", sagte Julius.

"Deine Eltern dürfen dir nichts schicken?" Fragte Gloria leise, während sie in Richtung große Halle gingen.

"Das schon. Aber sie haben noch nichts geschickt."

Julius staunte über den Weihnachtsschmuck in der großen Halle. Ein Dutzend turmhoher Weihnachtsbäume mit großen goldenen Eulen, die schuhuten und faustgroßen Glaskugeln in allen Farben, standen längs der Wände. Mistelzweige, Girlanden und Lichter verzierten die große Halle ebenso. Julius sog die Erhabenheit der Dekoration in sich auf und staunte.

Julius wünschte den am Ravenclaw-Tisch sitzenden Beauxbatons-Schülern auf Französisch fröhliche Weihnachten. Gloria tat es ihm gleich. Dann nahmen sie ein reichliches Frühstück ein.

Anschließend tobte eine Schneeballschlacht, bei der Julius gegen die Weasley-Zwillinge antrat und es durch geschickte Fernlenkzauber schaffte, die Schneebälle auf ihre Werfer zurückzulenken. Das ging solange gut, bis Professor McGonagall einschritt und allen, die an diesem "Kindischen Unsinn" teilgenommen hatten, je fünf Punkte abzog. Doch für Julius war der Spaß diese Strafe wert.

Nach dem Mittagessen probierte Julius seinen Besen bei klirrender Kälte aus und freute sich, noch gut damit fliegen zu können. Dabei traf er Jeanne, Barbara und César aus Beauxbatons und Victor Krum von den Durmstrangs, die ebenfalls einen Weihnachtsrundflug über das Gelände von Hogwarts machten. Als sie wieder landeten, tauchte Madame Pomfrey mit Aufwärmtränken auf, die den Mädchen und Jungen die erstarrten Finger und kalten Nasen und Ohren wieder auftauten.

"Im Sommer zu fliegen ist zwar angenehmer, aber die Winterlandschaft unter sich zu lassen hat was für sich", sagte Julius. Dann machte er Victor Krum ein Kompliment über dessen Flugmanöver. Einige ältere Mädchen, die Krum zugesehen hatten, nickten und drängten sich wieder um den bulgarischen Nationalspieler.

"Schade, daß das Quidditchfeld komplett gesperrt wurde. Sonst hätten wir mal so richtig trainieren können", sagte Julius zu Jeanne.

"Dafür geht es in Millemerveilles wieder richtig zur Sache. Auf jeden Fall hast du deinen Besen immer noch sehr gut im Griff. Hattest du nicht vor, Soziusflug-Prüfungen zu machen?"

"Im Frühling sind wir fällig", sagte Julius.

Um fünf Uhr gab es Weihnachtstee, bei dem es jedoch nicht viel zu essen gab, da ja beim Weihnachtsball ein Festessen stattfinden sollte.

Als die Ravenclaws um halb sieben herum in ihren Gemeinschaftsraum zurückgingen, sahen sie, daß die Skyland-Schwestern um einen großen Weihnachtsbaum saßen und mit einigen anderen gemalten Hexen und Zauberern sangen. Als Petra Skyland aus dem Gemälde herausblickte, bedeutete sie ihren Gästen, still zu sein. Dann ließ sie sich das Passwort geben und schwang mit dem Gemälde herum.

mit Klopfendem Herzen betrat Julius den leeren Schlafsaal, wo die Weihnachtsengel auf dem von Claire gemalten Bild "Winterwunderland" spielten. Julius summte die Melodie mit, während er seinen weinroten Festumhang und die roten Tanzschuhe aus seinem Koffer holte und das von Glorias Mutter geschenkte Haartrachthalt-Elixier auf seinen Kamm träufelte.

Im Jungenwaschraum unterzog sich Julius noch mal einer gründlichen Wäsche, bevor er in den Festumhang schlüpfte, der sich mühelos anlegen ließ, daß Julius fast nichts mehr zurechtzupfen mußte. Ebenso saßen die von Madame Faucon geschenkten Tanzschuhe noch immer so gut wie vor dem Sommerball von Millemerveilles. Julius wunderte sich. Denn er war in den fünf Monaten bestimmt um einen Zentimeter, wenn nicht noch mehr, gewachsen und hatte wahrscheinlich auch eine halbe Schuhgröße zugelegt. Dennoch fühlten sich Schuhe und Umhang so an, als seien sie ihm erst jetzt gekauft worden und nicht schon viel früher. Julius betrachtete sich im Spiegel und drehte sich mal schnell und mal langsam nach links oder rechts, verbeugte sich, streckte sich bis zum Anschlag oder verdrehte Oberkörper und Unterleib zueinander, daß jedes andere Kleidungsstück da Falten geworfen hätte. Dann ging er mehrere schnelle und tragende Tanzschritte ab, um den Sitz der Schuhe zu prüfen und sprang mehrmals. Dann kämmte er sich das blonde Haar, daß seit seinen Ferien wieder so lang gewachsen war, daß es ihm in den Nacken reichte so, daß er einen glatten, nach hinten fallenden Schopf erhielt, schaffte es mit einiger Mühe sogar, leichte Wellen einzukämmen. Wenn dieses Wunderelixier wirklich den Sitz der Frisur für einen Tag garantierte, konnte er nun ohne Probleme den Hut drüberziehen. Er wartete eine Minute, dann setzte er den Hut auf, der, so fand Julius, gut mit dem weinroten Stoff zusammenpaßte.

Als Julius festlich angekleidet aus dem Waschraum kam, suchten die nächsten Ravenclaw-Jungen den Waschraum auf. Wie gegen eine Glaswand geprallt blieben sie stehen und staunten.

"Wau! Wo hast du den denn her?" Fragte ein Fünftklässler.

"Eine französische Hexe hat mir den geschenkt, zum Geburtstag", antwortete Julius, ohne zu sehr auf Einzelheiten einzugehen, wie er an den Umhang gekommen war.

"Heftig! Man sieht sich", sagte der Fünftklässler.

Julius fragte sich, wie erst die Mädchen dreinschauen würden, wenn der Umhang bereits auf die Jungen so wirkte. Er ging noch mal in den Schlafsaal, um den Kamm und den Schulumhang zurückzulegen. Die auf Claires Leinwand gemalte Gruppe Engel unterbrach ihre Musik und rief wie aus einem Mund und erhaben widerhallend:

"Frohes Fest und Glückseligkeit!"

"Danke!" Rief Julius lächelnd zurück. Er war es ja gewohnt, mit gemalten Wesen genauso normal zu reden wie mit lebenden Menschen. Die Engel griffen Blechbblasinstrumente und schmetterten einen beschwingten Weihnachtsmarsch, zu dessen Rhythmus Julius den Schlafsaal verließ und die Tür hinter sich schloß.

"Ich werde mir das Zaubermalbuch gründlich durchlesen, wenn die Feiertage vorbeisind", dachte Julius und stieg in den Gemeinschaftsraum hinunter. Unterwegs begegnete ihm die graue Dame, der Hausgeist von Ravenclaw und wünschte ihm fröhliche Weihnachten. Julius fiel auf, daß sie an Stelle ihres grauen Kleides nun eine silberweiße Festrobe mit Schleppe trug. Er erwiderte den Weihnachtswunsch und fragte:

"Nehmen Sie und die anderen Geister auch am Fest teil?"

"Nicht an Ihrem, junger Sir. Wir feiern in einem der unbenutzten Kerker. Es werden auch Geister von auswärts erscheinen."

"Peeves wird auch dabeisein?" Erkundigte sich Julius.

"Ja, das wird er. Der blutige Baron hat ihm eingeschärft, sich nicht in die Festlichkeiten der Lebendigen einzumischen und ihn dazu verpflichtet, unserer Feier beizuwohnen, was Ihnen und uns eine gewisse Sicherheit gibt, ungestört den Weihnachtsabend zu feiern. Ich wünsche eine wohlgefällige Festveranstaltung?"

"Ihnen auch, Mylady", erwiderte Julius und sah, wie der Geist durch eine reichverzierte Wand den Gang verließ.

Im Gemeinschaftsraum war bereits großer Andrang. Julius ließ seine Blicke über die Farbenpracht schweifen, die sich hier bot. Nicht das schwarze Einerlei der Schulumhänge, sondern Farbtöne der unterschiedlichsten Stärke und Ausprägung herrschten heute abend vor. Julius hoffte, in seinem Festumhang nicht sofort aufzufallen. Immerhin trugen die hier versammelten Jungen und Mädchen auch keine schlichten Festgewänder. Julius sah Prudence Whitesand in ihrem azurblauen Festumhang, der, wie er wußte, auch aus Frankreich stammte. Er sah Dustin McMillan, der einen Lindgrünen Samtumhang mit breitem Kragen und einer smaragdgrünen Fliege trug. Er hatte seine Klassenkameradin Carmela Ambermoon als Partnerin neben sich stehen, ein Mädchen mit brünettem Haarschopf, den sie zu einer fülligen Lockenfrisur getrimmt hatte. Sie trug einen mauvefarbenen Festumhang, eher ein Kleid, sowie je zehn silberne Armbänder an jedem Arm.

Julius sah Gloria, die neben einem sportlich wirkenden Jungen stand, den Julius einmal als Jason Nelson vorgestellt bekommen hatte. Er besaß pechschwarzes Haar, das ordentlich gescheitelt war und hellblaue Augen. Er überragte Gloria, die für ihre dreizehn Jahre schon ziemlich groß war, um einen ganzen Kopf. Gloria trug das fliederfarbene Festkleid, daß sie Julius bei ihren Eltern gezeigt hatte. Dazu hatte sie sich eine dünne Silberkette und eine Kette aus weißen Perlen umgehängt und trug je ein goldenes Armband an jedem Handgelenk. Jason trug einen mitternachtsblauen Samtumhang mit Stehkragen und wirkte sehr zufrieden.

Pina stand allein im Gemeinschaftsraum, ohne Partner. Sie trug eine wasserblaue Festrobe, die wunderbar mit ihren ebenfalls wasserblauen Augen zusammenpaßte. Ihren hellblonden Zopf hatte sie mit silbernen und goldenen Bändern durchflochten. Ansonsten trug sie eine silberne Gliederkette und um die Taille einen graublauen Schmuckgürtel. Sie winkte Julius, als sie sah, daß er sie musterte. Dann wanderten ihre Augen an Julius hinauf und hinunter. Sie kannte seinen Umhang ja schon von den Fotos, die er ihr, Gloria und Kevin bei seiner Rückkehr aus Frankreich gezeigt hatte.

Gloria sprach kurz mit Jason. Dieser drehte sich um und starrte Julius an, als habe er das achte Weltwunder vor sich. Dann ging er gemessenen Schrittes mit Gloria zu Julius hinüber. Gloria grüßte Julius und sagte:

"Der Umhang von dir sitzt wirklich sehr gut. Jason fragte mich gerade, wo du ihn herhast."

"Den hat mir eine Hexe aus Frankreich zum Geburtstag geschenkt, die erfahren hat, daß ich einen Festumhang brauchen könnte. Fast hätte sie den umsonst bezahlt", erwiderte Julius zu Jason gewandt.

"Aber du weißt, wo man die kaufen kann? Meine Eltern geben jeden Sommer eine Party, weil mein Daddy ein hohes Tier in der Vereinigung britischer Zauberer ist. Da tragen sie fast alle den Umhang, den ich auch habe."

"In Paris gibt's den. Ich weiß, daß Prudence Whitesand ihren auch daher hat", erwiderte Julius. Dann fügte er noch hinzu: "Aber die suchen einem die Umhänge nach Wohlbefinden aus, nicht nach Augen- oder Haarfarbe."

"Na und? Meine Lieblingsfarbe ist grün. Dann werden die mir eben einen grünen Umhang geben."

Prudence Whitesand kam mit Alan Dayrose, Julius' und ihrem Quidditch-Trainingspartner aus dem Reserveteam herüber. Alan trug einen heidelbeerfarbenen Umhang und eine dazu passende Krawatte. Auch er staunte über Julius' Umhang. Doch dann sagte er:

"Du hast deinen auch aus Paris. Der fließt genauso schön wie der von Prue."

"Alan, nenne mich bitte nicht so", wies Prudence Whitesand den Klassenkameraden leise aber bestimmt zurecht. Alan grinste nur.

"Schöner Umhang, Julius", sagte eine Mädchenstimme von hinten. Julius drehte sich verlegen um und sah Cho Chang in einem cremefarbenen Ballkleid. Neben ihr stand Padma Patil in einem grünen festumhang.

"Danke! Ihr seht aber auch toll aus", erwiderte Julius.

"Ich bin gespannt, wie mein Partner herumläuft. Parvati hat mich überredet, mit Ron Weasley zu gehen", sagte Padma.

"Ich hoffe doch mal, daß er dich würdigt, egal was er anhat", sagte Julius.

"natürlich, das ist wichtiger. Aber was hermachen sollte er doch schon", erwiderte Padma Patil.

"Mit wem tanzt denn Parvati?" Fragte Julius.

"Sie wird mit Harry Potter den Ball eröffnen. Sie hat es mir vor einigen Tagen erzählt. Hoffentlich hat sie Spaß an diesem Abend. Sie tanzt wie ich sehr gerne."

"Dann wünsche ich dir und deiner Schwester einen schönen Abend", erwiderte Julius. Cho lächelte Julius noch an. Julius wünschte auch ihr einen schönen Abend.

Unvermittelt standen fast alle Ravenclaws um Julius herum und fragten ihn, woher er seinen Umhang hätte und ob er gerne tanzen wollte. Sicher hatte es sich herumgesprochen, daß Julius seine Teilnahme einer Beauxbatons-Schülerin verdankte, die er im Sommer getroffen hatte.

Um zehn Minuten vor acht gingen die Ravenclaws aus ihrem Gemeinschaftsraum Richtung Eingangshalle. Dabei sah Julius Cedric Diggory, der Cho Chang zuwinkte und Harry Potter, der mit Parvati Patil und Ron Weasley die Treppe herunterkam. Julius bewunderte Parvatis knallroten Umhang, ihre goldenen Haarbänder und Armklammern und stellte fest, daß Harry sich in seinem grünen Umhang gut machte, da dieser zu seinen hellgrünen Augen paßte. Ron Weasley hingegen sah aus, als habe er seinen Festumhang von der Straße aufgelesen oder sei in eine Prügelei geraten, weil Kragen und Ärmelsäume leicht zerfleddert aussahen. Ähnlich mußte sich wohl auch Padma fühlen, die Ron als Tanzpartner abbekommen hatte. Julius hörte, wie sich Pina von ihm verabschiedete und zu einem breitschultrigen Jungen in taubenblauem Festumhang mit einer dunkelblonden Igelfrisur hinüberging, der zusammen mit den strohblonden Timberland-Zwillingen, die beide den gleichen kupferroten Samtumhang trugen und am rechten Arm je eine Hollingsworth-Schwester führten auf seine Tanzpartnerin aus Ravenclaw wartete. Jenna und Betty trugen jedoch nicht die gleichen Umhänge. Jenna hatte sich eine saphirblaue Ballrobe angezogen und durch ihre dunkelbraunen Haare goldene Bänder gewirkt. Betty trug einen meergrünen Umhang und eine rote Haarspange. Sie winkten Julius zu. Sie kannten ja auch seinen Umhang von den Fotos vom Sommerball.

Roger Davis drängte sich an Julius vorbei. Der Kapitän der Ravenclaw-Hausmannschaft sah überglücklich aus und warf sich in seinem haselnußbraunen Festumhang aus Samt in eine erhabene Pose. Als ihm ein Mädchen in silbergrauer Ballrobe zuwinkte, strahlte er mit der Sonne um die Wette und schwebte wie auf einer Wolke zu ihr hinüber. Julius erkannte das Mädchen: Fleur Delacour.

"Deshalb hat der Typ so gegrinst. Der muß sich ja fühlen wie auf Wolke sieben", dachte Julius grinsend. Dann sah er sich um, wo seine Tanzpartnerin wartete und fuhr zusammen, als eine sanfte Mädchenstimme auf Französisch fragte:

"Suchst du jemanden bestimmten, Julius Andrews?"

"Nein, ich suche nicht mehr. Ich habe bereits gefunden, wen ich suche", erwiderte Julius nach der Schrecksekunde schlagfertig und wandte sich um.

Jeanne Dusoleil sah hinreißend aus in ihrer weiten rosa-goldenen Ballrobe, die aussah wie ein Stück Morgenröte und mit kirschroten Schmuckperlen verziert war. Jeanne hatte in ihr schwarzes Haar goldene und rubinrote Bänder gewirkt und trug eine Kette aus Bernsteinen an vergoldeten Gliedern und je ein ebenso gearbeitetes Armband um jedes Handgelenk. Ihre Füße steckten in erdbeerroten Tanzschuhen. Als sich beide Tanzpartner gegenseitig begutachtet hatten, trafen sich ihre Blicke, und Jeanne nickte Julius zu.

"Da Jungen und auch die Männer nicht auf farbliche Abstimmung zu Haaren oder Augen ausgehen müssen, fällt es besonders angenehm auf, wie gut dir der Umhang steht. Wie findest du meine Aufmachung?"

"Wie die Aufgehende Sonne an einem wolkenlosen Himmel, die einen herrlichen Sommertag verheißt", schwärmte Julius.

"Das war Maman die Geldmenge wert, die sie hingelegt hat. Sie sagte, daß ich bestimmt an einem Festabend teilnehmen werde,wenn ich zu den Bewerbern für das Turnier gehöre. Warum hast du den Umhang eigentlich nicht an Claires Geburtstag schon getragen? Damit hättest du uns alle unüberwindlich beeindruckt."

"Weil ich zu einem Kindergeburtstag normalerweise nicht im superfeinen Anzug gehe. Das haben selbst meine Eltern mit ihrem Hang zur noblen Kleidung nie von mir verlangt, weil ich ja da bestimmt dumm aufgefallen wäre", erwiderte Julius, wobei er sich wie in Millemerveilles fließend auf Französisch unterhielt.

"Dann wollen wir mal!" Sprach Jeanne und hakte sich an Julius' rechtem Arm unter, obwohl der Größenunterschied das irgendwie leicht komisch aussehen ließ.

Die gebildeten Paare nahmen Aufstellung vor der Flügeltür zur großen Halle. Neben Julius stellte sich Barbara Lumière hin, die einen himmelblauen Umhang und eine silberne Haarspange trug. Sie ging mit Gustav van Heldern, der seine weizenblonde Haartracht zu einem helmartigen Schopf gekämmt und gebürstet hatte und einen lindgrünen Samtumhang trug.

"Heh! Ich habe ja doch was verpaßt, als ich bei der Weltmeisterschaft war", säuselte Barbara Julius ins Ohr. "Ich hörte davon, daß du meinen Bruder vor Neid hast erblassen lassen. Aber wie genau, wollte er nicht erzählen. Aber Maman war schwer beeindruckt."

"Ich auch", sagte Julius nur.

Von draußen kam die Abordnung aus Durmstrang herein, angeführt von Victor Krum und einem Mädchen in immergrünblauem Festumhang. Julius staunte. Dann suchte sein Blick Gloria. Doch diese stand mit Jason Nelson zu weit fort, um sie noch rufen zu können, ohne aufzufallen. Sie sah ihn jedoch an, deutete auf das Mädchen neben Victor Krum und nickte.

"Das ist doch die Viertklässlerin, die Belle und mir vor einer Woche vorgeschlagen hat, daß wir uns für eine Besserstellung der Hauselfen engagieren", bemerkte Jeanne, nachdem Julius wieder zu Krums Begleiterin hinüberblickte.

"Genau, Jeanne. Aber wie hat die das mit ihren Haaren angestellt, daß die jetzt so glatt und ordentlich liegen?"

"Seidenglanzgel, Julius. Die Kosmetik der Hexen ist vielfältig", sagte Jeanne.

Als die Flügeltüren zum großen Saal aufschwangen, befahlProfessor McGonagall, die einen Festumhang aus rotem Schottentuch und einen fragwürdigen Distelkranz auf ihrem Hut trug, daß die Champions und ihre Partnerinnen und Partner neben der Tür Aufstellung nahmen. So zogen die übrigen Schüler alle ann den acht Ehrengästen vorbei in die große Halle. Julius sah kurz noch mal auf Parvati Patil, Fleur Delacour, Roger Davis und - Hermine Granger, Krums Tanzpartnerin.

In der Großen Halle standen an die Hhundert Tische, an denen je ein Dutzend Gäste Platzfinden konnten. Jeanne führte Julius zu einem Tisch, an den sich Prudence, Barbara und die Timberlands mit ihren Partnern begaben. Julius wagte erst wieder einen Rundblick, als er zwischen Jenna Hollingsworth und Jeanne auf einem der bequemen Stühle saß. Er beobachtete, wie sich die Lehrer an zwei Tischen gesondert hinsetzten und alle anderen Schüler sich auf die Tische verteilten. Erst dann marschierten die vier Champions mit ihren Tanzpartnern ein, wobei Harry Potter mehr von Parvati geschoben wurde als er selbst ging und Roger Davis neben Fleur wie auf Wolken schwebte, während die Beauxbatons-Turnierteilnehmerin stolz und von sich überzeugt einherschritt. Die vier Paare nahmen an einem auf einem Podium stehenden runden Tisch Platz, an dem die fünf Turnierrichter saßen. Allerdings, so fiel Julius auf, war anstelle des auf Regeln und Ordnung erpichten Mr. Crouch ein junger Mann in marineblauem Umhang da, der eine blasierte Miene und eine wichtig anmutende Körperhaltung zur Schau stellte.

"Ach neh, hat man den jetzt zum Abteilungsleiter gemacht?" Fragte Julius leise. Jenna wandte den Kopf und flüsterte:

"Wen, Julius?"

"Percy. Percy Weasley, Jenna", erwiderte Julius flüsternd. Jeanne räusperte sich und zupfte Julius sanft aber bestimmt am Ärmel.

"Ich bitte mir jede Anbandelung mit anderen jungen Damen aus, bis der Eröffnungstanz vorbei ist, Monsieur Andrews", flüsterte Jeanne diesmal auf Englisch. Julius lief leicht rot an. Barbara Lumière und ihr Partner lächelten schadenfroh.

Als alle saßen, sah Julius, wie Dumbledore nach einer Speisekarte auf seinem Tisch griff und darin las. Julius wartete und sah zu, wie Dumbledore sich etwas aussuchte und dann zu seinem Teller sprach, auf dem dann Schweinekottletts erschienen.

"Achso geht das heute", sagte Julius zu Jenna und Jeanne. Dann nahm er seine Speisekarte neben dem goldenen Teller auf und las darin. Prudence, Barbara und Jeanne taten es ihm gleich. Als Julius ausgewählt hatte, sprach er zu seinem Teller:

"Steak mit Bratkartoffeln- Medium!"

Keine fünf Sekunden darauf lag ein mittelgut durchgebratenes Steak und Bratkartoffeln auf seinem Teller. Nebendran erschien mit leisem Plop noch ein Salattellerchen. Jenna guckte zwar verwundert, bestellte dann aber auch bei ihrem Teller. Jeanne ließ sich Rotbarschfilet mit gekochten Kartoffeln auf den Teller legen und bestellte bei ihrem Trinkkelch Weißwein. Julius ließ sich in seinen Kelch Kürbissaft hineinzaubern. Dann sah er zu, wie alle anderen an seinem Tisch bestellten, warf einen Blick zum Tisch mit den Champions und wartete, bis Gustav van Heldern allen einen guten Appetit gewünscht hatte. Er erwiderte den Wunsch und begann, zu essen.

"Wieso kamst du auf die Idee, wie Dumbledore bestellt hatte?" Fragte Jenna laut zu Julius gewandt.

"Weil ich mir nichts anderes vorstellen konnte. Eine Bedienung war ja nirgends zu sehen", antwortete Julius. Er schluckte hinunter, daß er in Zukunftsfilmen ähnliche Vorgänge gesehen hatte, wo Leute bei Maschinen Dinge oder Speisen bestellten und sie dann hingezaubert bekamen.

Das Festmahl verlief schweigsam, bis auf Kommentare von Gustav und Barbara, die die Weihnachtsdekoration in Hogwarts mit der von Beauxbatons verglichen.

"Wir haben mehr Gemälde in unseren Korridoren und große Kerzenleuchter, die unseren Palast erhaben ausleuchten", erwähnte Barbara Lumière. Barney fragte, was auf diesen Gemälden so abgemalt sei und erfuhr, daß es hauptsächlich Landschaftsbilder waren, wenn nicht vereinzelt erhabene Persönlichkeiten der Geschichte von Beauxbatons darauf abgebildet waren.

"Ich finde es hier richtig feierlich", sagte Julius in die Runde. "Der Weihnachtsschmuck, die Kerzen, und über allem hängt ein Sternenhimmel, obwohl wir mehrere Stockwerke unter dem Dach sitzen."

"Fehlt nur noch, daß es schneit", fügte einer der Timberland-Brüder grinsend hinzu. Dabei lag schon genug Schnee vor den Toren des altehrwürdigen Schlosses herum.

Als alle Gäste ihr Hauptgericht und den Nachtisch verzehrt hatten, verschwanden die leeren Teller und Kelche, Bestecke und Beilagentellerchen. Eine unsichtbare Macht wischte in einer Sekunde den Tisch von Krümeln frei. Dann hörte Julius das Gequäke und Gezupfe noch mal abgestimmter Musikinstrumente und sah, daß dort, wo eine große Bühne aufgebaut worden war, Musikinstrumente und dazugehörige Musikerinnen und Musiker in kunstvoll zerrissenen Umhängen erschienen waren. Julius hatte zwar davon gehört, daß man die Schwestern des Schicksals als Tanzkapelle bestellt hatte, doch er kannte nichts von ihnen. Dennoch erkannte er sofort, daß sie nicht die erhabene Art von Tanzmusik aufspielen würden, die das Orchester "Melodia Magica" zum Sommerball in Millemerveilles gespielt hatte. Hier, so wußte Julius, würde auch nicht vorher angesagt, welcher Tanz als nächstes getanzt werden sollte.

Die Lampen an den Tischen erloschen, so daß nur die Hallenbeleuchtung noch Licht spendete. Die ersten Takte eines langsamen Stückes klangen auf. Alle sahen zum Podiumstisch hinüber, wo gerade drei der vier Champions ihre Partner unterhakten und auf die Tanzfläche hinunterstiegen. Der vierte Champion, Harry Potter, mußte von seiner über die Maßen hübschh herausgeputzten Partnerin dazu angestubst werden, mit ihr auf die Tanzfläche zu gehen, wo sie, das sah Julius mit dem Blick des ausgebildeten Tänzers, Harry in die richtige Ausgangsstellung brachte und dann zu führen begann.

"Das hätte Dumbledore vielleicht vorher ankündigen sollen, daß die Champions auch tanzen müssen", grinste Julius. Dann erhob er sich. Jeanne hakte sich unter, und zusammen gingen sie im Rhythmus der Musik auf die Tanzfläche. Dort stellten sich Jeanne und Julius ohne Worte in eine Ausgangsposition für einen langsamen Walzer und begannen sogleich zum ersten Stück zu tanzen, wobei Julius die einen Kopf größere Beauxbatons-Schülerin führte, wie er es gelernt hatte. Bald sah er um sich herum Pina, Gloria, Prudence und die Hollingsworths mit ihren Tanzpartnern, wobei jedes Paar eine andere Schrittfolge ausführte. Darrin Tylor geriet einmal aus dem Tritt, weil er statt Pina Julius ansah und wohl so sehr staunte, daß er seinen Fuß nicht rechtzeitig aus Pinas Reichweite bewegte und unvermittelt aufschrie, als Pina mit ihren hohen Absätzen auf seinen großen Zeh trat. Pina entschuldigte sich sofort. Julius, der Jeanne ruhig aber konzentriert ansah, bekam davon nur den kurzen Schmerzensschrei mit. Er wandte sich aus einer zum Tanz gehörenden Drehung herum Pina zu und sah, wie sie mit rotem Gesicht übervorsichtige Schritte machte.

"Wo hast du das noch mal gelernt?" Fragte Jeanne Julius auf französisch.

"Meine Eltern haben das damals bezahlt, weil eine Grundschulkameradin einen Partner für Tanzstunden brauchte. Eigentlich wollte mein Vater lieber was anderes für das Geld kaufen, daß meine Ausbildung gekostet hat. Immerhin hat er dadurch etwas unterstützt, was ich hier in Hogwarts gut gebrauchen kann."

"Wie gesagt: Du kannst mit jeder tanzen, egal wie alt sie ist. Maman hätte dich bestimmt nicht beim Sommerball aufgefordert, wenn sie zu überlegen ausgesehen hätte oder du ihr auf die Füße hättest treten können."

"Die hat mir übrigens ihr neues Buch geschenkt. Offenbar mißtraut sie dem Eifer unserer Kräuterkundelehrerin", sagte Julius leise auf Englisch. Dann sah er, wie Professor Flitwick und Professor Sprout auf sie zutanzten. Julius sagte schnell:

"Aber wahrscheinlich hast du dieses Buch auch schon."

"Ach, das Buch über Nutz- und Zierpflanzen. Das ist aber noch nicht in englischer Sprache erschienen. Dann bist du wohl der erste in England, der es in seinem Besitz hat. Aber du hast recht, das Buch haben Claire und ich auch bekommen. Ich denke zumindest, daß Claire es zu Weihnachten bekommen hat", sagte Jeanne.

"Dann muß ich das wohl als erster englischer Leser kritisieren. Aber dazu habe ich heute keine Lust", erwiderte Julius. In dem Moment bewegten sich Professor Sprout und Professor Flitwick an ihnen vorbei. Julius stellte mit Genugtuung fest, daß es wirklich nichts ausmachte, einen Kopf kleiner als seine Tanzpartnerin zu sein. Denn Flitwick mußte sich schon auf die Zehenspitzen stellen, um seiner Tanzpartnerin in die Augen sehen zu können, ohne daß sie sich zu ihm hinunterbeugte. Flitwick sah Julius an, grinste schelmisch und wünschte noch einen schönen Abend. Professor Sprout wünschte Jeanne ebenfalls einen schönen Abend.

Nach dem Eröffnungstanz eilte Harry Potter schnell zu einem Tisch, an dem Ron und Padma Patil saßen. Parvati Patil, seine Tanzpartnerin, schien davon nicht besonders begeistert zu sein. Das nächste Stück war etwas schnelles. Julius tanzte mit Jeanne darauf einen Foxtrott, während er schnell zu Dumbledore hinübersah, der gerade mit Madame Maxime tanzte.

"Hallo, wo guckst du hin?" Fragte Jeanne Julius. Julius sah sofort wieder seine Tanzpartnerin an und sagte nur:

"Ich habe gerade geprüft, ob ich der einzige hier bin, der mit übergroßen Partnerinnen so gut klarkommt. Unsere beiden Schulleiter beweisen, daß es durchaus normal sein kann, gut zu tanzen, ohne gleichgroße Partner zu sein."

"Ja, das ist richtig. Wenn wir in Beauxbatons unseren Walpurgisnachtball haben, tanzt Madame Maxime auch mit jedem Lehrer.

Julius wagte es zwischendurch, noch mal herumzublicken, wer wo mit wem auf der Tanzfläche war oder daneben an den Tischen saß. Er erkannte, wie Madame Maxime und Hagrid, der Wildhüter und Lehrer für die Pflege magischer Geschöpfe in Hogwarts ein Paar bildeten und sich durch erschrocken zur Seite springende Paare tanzten. Dann sah er die Weasley-Zwillinge, die wie aufgezogen herumwirbelten.

"Jeder für sich allein", sagte Julius nur, als er bemerkt hatte, wie jedes Paar einen eigenen Tanzstil prägte.

Nach vier Stücken, einem weiteren schnellen und zwei langsamen, zu denen Jeanne und Julius Rumba und Cha-cha-cha tanzten, beschloß Jeanne, daß sie mal eine Pause einlegen und etwas trinken sollten. Zusammen gingen sie an eine Theke, wo Hauselfen Butterbier, Meet, Kürbissaft, Wein oder Tee anboten. Dort trafen sie auf Victor Krum, der Getränke für sich und seine Partnerin organisierte.

Anschließend gingen sie an einen Tisch, wo Barbara und Belle Grandchapeau, ein dunkelblondes Beauxbatons-Mädchen alleine saßen.

"Nanu, wo sind denn eure Tanzpartner hin?" Fragte Jeanne, nachdem sie für sich und Julius die Erlaubnis erfragt hatte, sich zu den beiden setzen zu dürfen.

"gustav hat die ganze Zeit dieses Mädchen im roten Festkleid angesehen, daß mit Harry Potter getanzt hat. Als dieser offenbar nicht mehr mit ihr tanzen wollte, hat er sie aufgefordert und ist dann mit ihr irgendwo in der Menge verschwunden", knurrte Barbara. Belle sagte zu Julius in astreinem Englisch:

"Für Ihr junges Alter tanzen Sie aber sehr manierlich und wohlkoordiniert, Monsieur Andrews. Wo wurden Sie so professionell ausgebildet?"

Julius nannte den Namen der Tanzschule und fügte an, daß dort aber keine Zauberer und Hexen lernten, da in Muggelwährung bezahlt werden mußte.

"Ich habe davon gehört. Sie hatten vorher keine Kenntnis von Ihrer Zauberkraft. Muß eine schwierige Umstellung gewesen sein, oder?"

"Was mich anging nicht. Es war nur eine Umstellung, ohne elektrische Geräte auskommen zu müssen", antwortete Julius. Ihn wunderte es, daß die Beauxbatons-Schülerin so förmlich zu ihm sprach, wo die meisten anderen Beauxbatonss, mit denen er seit ihrer Ankunft einige Sätze gewechselt hatte, die direkte Anrede wählten. Sicher, Barbara Lumière, César Rocher und natürlich Jeanne Dusoleil kannten ihn von Millemerveilles her und hatten es nicht nötig, die förmliche Anrede zu gebrauchen. Aber bis auf Belle Grandchapeau legte auch sonst kein Beauxbatons-Schüler Wert auf förmliche Anrede, nicht einmal Fleur Delacour, die meistens wie eine Prinzessin auftrat, oder eben eine Diva.

"Sie waren doch mit dem Jungen im mitternachtsblauen Nadelstreifenumhang zusammen, als wir in die Halle gingen. Adrian Colbert", erinnerte sich Julius an Belles Tanzpartner. Sie nickte.

"Adrian sah es als seine Selbstbestätigung, sich die Zwillingsschwester von Monsieur Potters Tanzpartnerin zu erwählen. Ist sie es nicht, die mit Ihnen im selben Schulhaus wohnt?"

"Welche, die in Rot oder die im grünen Umhang?" Forschte Julius nach.

"Adrian hat sich einer Mademoiselle in grünem Umhang vorgestellt", sagte Belle Grandchapeau verächtlich, als würde sie es der Schülerin übelnehmen, daß sie ihr den Tanzpartner abspenstig gemacht hatte. Deshalb verzichtete Julius darauf, zu bestätigen, daß es Padma Patil, die in Ravenclaw lebende Schwester Parvatis war.

Nachdem Julius seinen Becher Tee geleert hatte, spielte die Band ein schwungvolles Stück auf. Barbara fragte Jeanne, ob sie was dagegen habe, ihr Julius für diesen Tanz zu überlassen und bekam die Erlaubnis. Julius, der höflich wartete, bis Barbara ihn offiziell aufforderte, ging mit der athletischen Junghexe auf die Tanzfläche und warf sich hemmungslos mit ihr in ein Gemisch aus Samba und Foxtrott.

"Virginie hat uns auf der Fahrt nach Beauxbatons erzählt, daß du erst Hemmungen hattest, am Sommerball teilzunehmen aber dann keinen Tanz ausgelassen hast. Du hast da was von Modetänzen der Muggel erzählt. Was würdest du zu so einem Stück tanzen?" Fragte Barbara Lumière, die hellauf begeistert war, wie ausdauernd Julius tanzen konnte. Julius zeigte ihr als Antwort die Grundschritte und Figuren des Rock'n-Rolls, wobei er einmal heftig mit der größeren Hexe zusammenprallte.

"Ui, das ist ja heftig", sagte die Hüterin der Blumentöchter, der Mädchen-Quidditchmannschaft von Millemerveilles, während sie Julius fest umklammert hielt, damit dieser nicht nach hinten umfallen konnte.

"Das ist noch harmlos. Wenn ich dreimal so stark wäre wie ich bin, würde ich dich, wie die höhere Form dieses Tanzes es vorsieht, über meine Schultern herumkugeln."

"So ungefähr?" Fragte Barbara und hob Julius aus einer schnellen Drehung heraus von den Beinen und schleuderte ihn kurz über ihre Schulter herum, bevor sie ihn wieder auf die Füße kommen ließ.

"Huch! Das war ja fast original, wie es gemacht werden muß!" Staunte Julius.

"Heh, was ist denn das für eine Tanzart?" Rief Fred Weasley, der mit Angelina Johnson in Julius' Nähe tanzte. "Ist ja stark."

"Rock'n-Roll heißt das, Fred oder George. Das ist ein Modetanz in der Muggelwelt", erwiderte Julius gerade laut genug, daß nur der Weasley-Zwilling und seine Tanzpartnerin verstehen konnten, was er sagte.

Als das Stück ausklang führte Barbara Julius an den Tisch zurück, wo Jeanne und Belle gesessen hatten. Doch Jeanne und Belle waren nicht mehr da. Stattdessen saßen Gloria und Pina am Tisch und sahen grimmig drein.

"Heh, was ist denn hier los?" Fragte Julius besorgt.

"Nicht mehr als das Jason sich Mademoiselle Grandchapeau zum Tanz geholt hat, weil ihm auffiel, daß sie wohl wichtigere Eltern hat als ich", sagte Gloria. Pina meinte nur:

"Und Darrin hat gerade drei Tänze ausgehalten. Dann hat er gesagt, daß er sich wieder zu seinen Kumpeln setzen will. Aber die Hollingsworths haben gute Partner erwischt."

"Ja, ich suche meine Tanzpartnerin. Habt ihr Jeanne gesehen?"

"Die wurde von einem Hufflepuff aus der siebten aufgefordert, weil du sie hast herumsitzen lassen", sagte Gloria kühl. Dann fragte Pina:

"Hättest du Lust, mit mir zu tanzen, solange diese Jeanne nicht da ist?"

"Kein Problem", antwortete Julius. Barbara Lumière sah ihn zwar etwas merkwürdig an, vermied jedoch eine Antwort.

Pina hakte sich bei Julius unter und ging mit ihm zu einem langsamen Tanz aufs Parkett. Pina freute sich, als Julius mit ihr mühelos zum Takt der Musik tanzte.

"Es ist schon heftig, wenn man merkt, wie abhängig man von älteren Typen ist", klagte Pina ihr Leid.

"Da fragen sie einen, ob du gerne mit ihnen zum Ball gehst, um dann, nachdem sie mit dir angegeben haben, einfach Schluß zu machen."

Da kann ich nichts zu sagen, Pina. Ich bin froh, daß ich hier bin und mich so richtig austoben kann. Das lenkt mich von trüben Gedanken ab."

"Welche trüben Gedanken?"

"Was zu Hause los ist? Ob ich überhaupt noch dort willkommen bin? Und dergleichen mehr. Aber hier kann ich zumindest was machen, was mir immer mehr Freude macht, seitdem ich erkannt habe, daß ich viel damit anfangen kann", sagte Julius.

"Auf jeden Fall gehörst du eher auf diese Veranstaltung als einige Ignoranten, die nur herumhüpfen und das Tanzen nennen. Ich habe dich zwischendurch beobachtet. Du hast eine gründliche Ausbildung und wirklich Freude dran, zu tanzen. Parvati und Padma tun mir leid. Dafür hängt Parvati jetzt mit diesem Belgier herum, Gustav."

"Was der Grund dafür ist, daß mich Mademoiselle Barbara fast in hohem Bogen über die Tanzfläche geschleudert hätte", lachte Julius. Dann sah er Padma in ihrem grünen Umhang, wie sie mit einem der Beauxbatons-Jungen tanzte. Sie winkte ihm zu. Er winkte zurück.

Nach dem Tanzz mit Pina, für den er sich anständig bedankte, kehrte Julius an den Tisch zurück, an dem er vorhin mit Jeanne gesessen hatte. Dort saßen Jeanne, Barbara und Gloria. Julius entschuldigte sich bei Jeanne dafür, daß er nicht sofort nach ihr gesucht hatte. Sie lächelte nur und sagte auf Englisch:

"Der Abend ist noch lang. Es wäre gemein von mir gewesen, dich festzu'alten, wenn soviele Jung'exen gerne mit dir tanzen möchten. Aber ich 'abe gesehen, daß die junge Mademoiselle auch sehr gut tanzen kann."

"Mercie beaucoup, Mademoiselle Dusoleil", bedankte sich Pina. Dann unterhielten sich die zwei Schülerinnen von Beauxbatons und die Zweitklässler von Hogwarts ein wenig über die Band, die geradespielte. Anschließend bat Gloria Jeanne darum, auch einen Tanz mit Julius zu tanzen. Julius ging mit Gloria auf die Tanzfläche und drehte sich mit ihr zu einem Stück, auf das man gut einen Wiener Walzer tanzen konnte.

"Der Abend gefällt dir bis jetzt, Julius?" Fragte Gloria.

"Oja", antwortete Julius. "Immerhin konnte ich ein paar neue Tanzschritte ausprobieren, die bei anderen Festen nicht so gut ankommen."

"Mum wollte dieses Jahr Ende August einen Tanzabend für ihre Kollegen und Kolleginnen aus der Kosmetikbranche geben. Das wechselt sich alle zwei Jahre ab. Wenn du das möchtest, bringe ich dich als Festgast ins Gespräch."

"Gloria, du kennst mein dummes Problem. Ich würde allem zustimmen, was mir jemand anbietet, solange es mir gefällt oder ich denke, daß das wichtig oder interessant für mich ist. Aber da haben andere das letzte Wort. Ich wollte im Sommer zur Quidditch-Weltmeisterschaft, aber meine Eltern schickten mich nach Paris. Ich wollte mir bei Mr. Brickston das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft ansehen, aber das hatten mir meine Eltern auch versaut. Zumindest konnte ich danach selbst viel Quidditch trainieren, habe seitdem einen guten Flugbesen und eine eigene Posteule. Ich weiß ja noch nicht einmal, wie das in den Osterferien laufen soll."

"Darum würde ich mir jetzt keinen Kopf machen. Ostern kannst du auch hierbleiben, wenn du nicht weißt wohin. Abgesehen davon stand doch da was aus, was Kevin dir vorgeschlagen hat, oder?"

"Ja, die irische Osterparty, wo seine Verwandten hinkommen. Aber da spreche ich ihn nicht drauf an, wenn er es nicht tut."

"Okay", sagte Gloria.

"Entschuldigung! Habt ihr Professor Karkaroff gesehen?" Fragte ein Mädchen mit starkem osteuropäischen Akzent. Julius zwang sich zur totalen Selbstbeherrschung, bevor ihn der Schreck ereilen konnte. Er drehte sich um und sah ein Mädchen mit rotem Haar, das einen dazu passenden kupferroten Umhang mit Rotfuchskragen trug.

"Ist der immer noch nicht wiedergekommen? Ich sah ihn vorhin mit Professor Snape hinausgehen", sagte Gloria ruhig.

"Danke", sagte das Mädchen, unverkennbar eine der Durmstrangs.

"Du warst eben so voll konzentriert, als habe sie dir einen Angriff angedroht", flüsterte Gloria, als das Mädchen zu einem seiner Schulkameraden zurückkehrte.

"Das hast du gemerkt? Mist! Ich wußte nicht, was die eigentlich wollte. Man hat mich vor den Durmstrangs gewarnt. Vielleicht hat Moody mich mit seinem Verfolgungswahn angesteckt", sagte Julius. Er wollte Gloria nicht die Wahrheit erzählen. Er durfte nicht zugeben, daß er dieses Mädchen an der Stimme wiedererkannt hatte. Denn seinem Gedächtnis nach war es jene, mit der sich Henry Hardbrick angelegt und daraufhin im Körper eines Neugeborenen wiedergefunden hatte.

"Das war übrigens Ilona Andropova. Jeanne ... Ach da kommt sie ja", sagte Gloria und sah, wie Jeanne auf sie zuschritt.

"Wollte diese Giftmischerin was von euch?" Fragte Jeanne ohne höfliche Zurückhaltung.

"Neh, nicht von uns", sagte Julius. "Sie suchte ihren Schuldirektor."

"Achso. Ich fürchtete schon, sie wollte dich auch noch zum Tanz auffordern, Julius."

"Woher kennst du die denn, Jeanne?" Fragte Julius.

"Nicht sie persönlich. Aber ich kenne ihre Tante. Sie ist Mitglied in der internationalen Vereinigung der Kräuterkundler, zu der auch meine Mutter und eine gewisse Mademoiselle Dawn gehören. Sie vertritt merkwürdige Auffassungen vom Umgang mit Pflanzen und Menschen."

"Andropova? Natürlich. Aurora Dawn hat mir geschrieben, daß sie mit einer Kräuterexpertin in Verbindung steht, die eine Nichte in Durmstrang hat."

"Höchstwahrscheinlich hat sich deine Brieffreundin sachlich über diese Dame geäußert, ohne auf Ansichten oder Fachkenntnisse einzugehen", warf Jeanne ein.

"Ja, das ist richtig", sagte Julius. Er verschwieg, daß Aurora Dawn ihm den entscheidenden Tipp gegeben hatte, daß die drei führenden Zaubererschulen Europas an einem wichtigen Ereignis beteiligt werden sollten, womit er Draco Malfoy gut aus dem Konzept gebracht hatte.

Der restliche Abend verlief für Julius zwischen Tanzen und Teetrinken. Die meisten Tänze bestritt er mit Jeanne Dusoleil. Doch er fand auch Gelegenheit, mit Parvati und Padma Patil zu tanzen, deren vorübergehende Partner aus Beauxbatons von den eigentlichen Tanzpartnerinnen zur Ordnung gerufen worden waren. Beide Schwestern bedankten sich bei Julius für seine hervorragende Art, zu tanzen.

"Harry Potter entgeht wirklich was, wenn er keine Lust zum tanzen hat", wagte Julius eine Vermutung, als er mit Parvati tanzte. Diese erwiderte:

"Der brauchte nur ein Mädchen für die Eröffnung. Gut, ich gebe zu, das war schön, am Podiumstisch zu sitzen und den ersten Tanz zu eröffnen. Aber ich wollte doch ein bißchen mehr von dem Abend haben. Aber das habe ich ja bekommen. Um meine Schwester tut es mir leid, daß sie auch mit so einem Muffel zusammengekommen ist, nur damit der Junge nicht völlig alleine herunterkommen mußte. Aber woher kannst du so gut tanzen?" Fragte Parvati, nachdem sie ihren Frust von der Seele gesprochen hatte.

"Da haben meine Eltern viel Geld für ausgeben müssen, bevor ich zehn Jahre alt war. Immerhin ist das etwas, was ich in der Zaubererwelt gebrauchen kann, wenn man mal von diesem Chaos hier absieht, wo jeder tanzt, was er will."

"Aber das ist doch gerade das schöne hier. Keinem wird gesagt, was er oder sie zu tanzen hat. So kann jeder tanzen, ohne Pausen machen zu müssen", sagte Parvati.

Nach dem Stück, zu dem sie beide getanzt hatten, übergab Parvati Julius an ihre Schwester, mit der er einen Tango tanzte, wofür er anschließend sehr gelobt wurde.

Da Jeanne nichts von einer Samba hielt, die auf eines der letzten schnellen Stücke getanzt werden konnte, durfte Barbara Lumière, deren Tanzpartner sich zwischenzeitlich zu Freunden aus Beauxbatons verdrückt hatte, noch mal mit Julius aufs Parkett. Doch nach dem Stück fiel er fast aus den Schuhen, so geschlaucht fühlte er sich.

Julius mußte auf Anordnung von Jeanne Dusoleil vier Stücke pausieren, während derer sie sich mit ihm über die mögliche nächste Turnieraufgabe unterhielt. Julius vermutete, daß irgendwann ein Irrgarten mit Monstern und Zauberfallen fällig werden könnte oder ein Zaubererduell. Jeanne ging von einem Wettbewerb aus, wer welche Zauber am besten bewerkstelligen konnte.

"Dann hätte Potter aber die schlechteren Karten, Jeanne", sagte Julius dazu.

"Stimmt. Er kann ja noch nicht soviel wie Fleur, Cedric und dieser Victor Krum", antwortete Jeanne.

"Sogesehen hat er immer die schlechteren Karten. Aber wir werden sehen, wie weit er kommt. Allerdings ist mir nicht so wohl dabei, wenn ich mir vorstelle, daß ihn jemand absichtlich ins Turnier geschmuggelt hat. Ich weiß, ihr glaubt alle, er habe jemanden beauftragt, ihn einzubringen. Doch wenn nicht, dann hat irgendwer mit dem Jungen eine große Schweinerei vor."

"Hast du das mal Catherine geschrieben?" Fragte Jeanne. Julius nickte nur.

"Und was hat sie geschrieben?"

"Das das zwar möglich sei aber nicht bewiesen werden könne", erwiderte Julius. Er verschwieg, daß auch Professeur Faucon seine Ansicht geteilt hatte, daß Harry Potter nicht zu seinem Vergnügen oder in der Aussicht auf den hohen Gewinn von 1000 Galleonen ins Turnier geschmuggelt worden war. Aber daß Catherine Brickston Julius' Ansicht indirekt bestätigte, stimmte Jeanne nachdenklich. Julius konnte sich sogar ausmalen, daß Jeanne genau erkannte, daß nicht nur Catherine mit Julius Kontakt hielt. Falls ihre Verwandlungs- und Verteidigungslehrerin von Catherine Brickston erfuhr, was Julius vermutete, könnte sie sich auch einschalten, weil sie sich berufen fühlte, ihre Meinung weiterzugeben, dachte Julius, daß Jeanne überlegen könnte.

"Das wäre dann aber nur möglich, wenn jemand, der für große Schweinereien, wie du es nennst, berüchtigt ist oder ein Handlanger für Potters Teilnahme verantwortlich ist. Daran möchte ich jetzt nicht denken, weil es zu schrecklich wäre."

"'tschuldigung, Jeanne. Ich habe dich mit meinen düsteren Gedanken behelligt. Dabei wolltest du dich amüsieren."

"Dem steht nichts entgegen", sagte Jeanne und nahm Julius wieder auf die Tanzfläche mit.

Nachdem Jeanne und Julius den Abschlußtanz, einen langsamen Walzer getanzt und die Schwestern des Schicksals ein schottisches Abschiedslied gesungen hatten, bedankte er sich bei Jeanne für ihre Geduld und die hervorragenden Tänze. Dann verabschiedete er sich von ihr und ging mit den übrigen Ravenclaws in das ihnen zugewiesene Schulhaus zurück. Julius schaffte es noch, seinen Festumhang auszuziehen und wieder feinsäuberlich zusammenzulegen, seinen Pyjama anzuziehen und den Schulumhang bereitzulegen. Dann fiel er ins Bett und schaffte es nicht einmal mehr, den Vorhang zuzuziehen. Aber da er den Schlafsaal allein bewohnte war es ihm auch egal. Er schlief ein und träumte vom Sommerball in Millemerveilles und vom Weihnachtsball in Hogwarts. Ihm hatte dieser Abend sehr gut gefallen.

 

 

Am nächsten Morgen lag am Fußende seines Bettes ein verspätetes Weihnachtsgeschenk. Es war in richtiges Geschenkpapier eingeschlagen und mit einer Pappkarte "Fröhliche Weihnachten" versehen. Julius ahnte, daß es nur von seinen Eltern stammen konnte. Er packte das Paket aus und holte einen piekfeinen Anzug in seiner Größe heraus. In einer Tasche des Jacketts steckte ein kurzer Brief:

 

Hallo, Julius!

Für den Fall, daß Sie dich zwingen wollen, irgendwelche Festlichkeiten mitzumachen, trage bitte diesen Anzug, um zu zeigen, daß du aus einem Haus kommst, in dem eine gehobene Kleiderordnung beachtet wird!

Fröhliche Festtage!

Richard Andrews

 

Julius schwankte zwischen Empörung und Amusement. Sein Vater bildete sich immer noch ein, daß er in Hogwarts Muggelsachen tragen durfte. Was sollte er also jetzt mit dem Anzug anstellen?

Er legte ihn sofort in seinen Koffer, so tief, daß er nicht auffiel.

Nach dem Frühstück schrieb er Briefe an Madame Dusoleil undProfessor Faucon, in denen er sich für die Weihnachtsgeschenke bedankte und ausführlich über den Weihnachtsball berichtete.

"... So kann ich Sie beruhigen, Madame Faucon, daß ich mich an diesem Abend nicht blamiert und Mademoiselle Dusoleil damit Ungemach erspart habe", beendete er den Brief an die Beauxbatons-Lehrerin. Ihr hatte er auch geschrieben, daß Snape und Karkaroff zwischenzeitlich lange nicht in der Festhalle gewesen waren. Er wollte wissen, ob sie seine Vermutung teilte, daß die beiden sich von früher her kannten, was für Snape nicht gerade empfehlenswert war, wie Julius dachte.

Dann schrieb er noch einen Brief an Claire Dusoleil:

 

Hallo, Claire!

Ich hoffe, du hattest schöne Weihnachtsfeiertage. Ich weiß ja nicht, ob ihr über Weihnachten nach Hause fahren dürft. Falls ja, denke ich, daß deine Eltern und deine Tante mit dir und Denise ein tolles Fest gefeiert haben.

Ich danke dir für die drei Monate Arbeit, die du dir gemacht hast, um mir das Bild zu malen und zu bezaubern. Ich weiß zwar nicht, womit ich das verdient habe, werde es jedoch in Ehren halten.

Im Moment schlafe ich allein in unserem Schlafsaal, weil die anderen vier Jungen aus meiner Klasse nach Hause gefahren sind. Ist schon irgendwie unheimlich, einen ganzen Saal für sich zu haben. Aber deine Weihnachtsengel machen zumindest gute Musik.

Jeanne und ich haben uns gestern sehr gut amüsiert auf dem Weihnachtsball. Sie hat mich ständig mit Beschlag belegt. Alle anderen Mädchen, die mit mir tanzen wollten, mußten bei ihr um Erlaubnis fragen. Falls ich bei eurem Sommerball wieder mittanzen sollte, worüber ich wie oft geschrieben nicht befinden kann, müßtest du dich vorsehen, daß deine ältere Schwester nicht meint, ältere Rechte an mir geltend machen zu müssen.

Doch ich bin Jeanne zu großem Dank verpflichtet, weil sie mir geholfen hat, mir ein außergewöhnliches Weihnachtsfest zugänglich zu machen und mir gezeigt hat, daß es nicht darauf ankommt, wie alt oder wie groß ein Tanzpartner im Vergleich zum anderen ist, sondern daß sie gut zusammen tanzen können.

Grüße mir bitte deine Eltern, deine Tante und Denise und bestelle Virginie auch schöne Grüße von mir, falls ihr in Beauxbatons miteinander sprechen dürft.

Au revoir!

Julius

 

Julius schickte Francis, der von seiner Weihnachtspostzustellung zurückgekehrt war, mit den Briefen für Professor Faucon und Claire los. Er sollte erst Claire anfliegen und dann Professor Faucon. Francis nickte und flog mit beiden briefen davon. Dann schickte er noch einen Waldkauz aus dem Eulenvorrat der Schule zu den Dusoleils. Aurora Dawn, den Hollingsworths und wer ihm sonst noch geschenke gemacht hatte, wollte er nach Neujahr Dankschreiben schicken.

Der Silvesterabend in Hogwarts war, da die meisten Schüler ab der vierten Klasse und die zum Ball geladenen jüngeren Schüler die große Halle ausfüllen konnten, ein weiteres Festereignis.

Sich kräuselnde Luftschlangen, die ständig die Farben wechselten, hingen unter der verzauberten Decke der großen Halle. Rot, grün, blau, Phiolett und orange leuchteten große Luftballons, die frei im Raum oder an den Wänden schwebten. Auf den vier Haustischen standen große Leuchter, in die erst normale Kerzen eingehängt waren. Nach einem leichten Festmahl verzauberten Madame Maxime, Professor Dumbledore und Professor Flitwick die Halle, so daß an den Wänden zu den Leuchtballons noch schillernde Irrlichter tanzten. Dazu klang aus einer magischen Quelle Musik. Die Schüler schwatzten über alles mögliche, was sie im nächsten Jahr machen wollten. Die Siebtklässler eröffneten den Jüngeren, was sie nach Hogwarts machen wollten. Dustin McMillan erwähnte, daß er sich in der Abteilung für magischen Personenverkehr bewerben wolle. Leonard Pinetree warf ein, daß er dazu ja eine gute Apparitionsprüfung ablegen mußte.

"Wo lernst du das denn, apparieren, wenn es hier nicht geht?" Fragte Julius leise.

"Außerhalb von Hogwarts, aber nur in den Ferien, im intensivkurs", verriet Dustin. Jeanne, die Julius' Interesse für diese Art des Reisens kannte, beugte sich an Gloria vorbei und teilte Julius mit:

"Wenn alles klappt, mache ich noch vor meinem achtzehnten Geburtstag die Prüfung."

Penelope Clearwater wußte noch nicht, was sie nach Hogwarts anfangen wollte. Aber daß sie im Zaubereiministerium anfangen würde, stand außer Frage.

Zehn Minuten vor zwölf Uhr bat Dumbledore alle Schüler und Gäste hinaus aus dem Schloß. Auf der großen Wiese, wo sie vor drei Monaten die Abordnungen aus Durmstrang und Beauxbatons empfangen hatten, stellten sich alle auf. Dumbledore beschwor einen Dudelsack und eine Flöte herauf. Er nahm den Dudelsack und spielte das schottische Lied, mit dem das alte Jahr in Großbritannien verabschiedet zu werden pflegte.Professor McGonagall blies die Flöte dazu. Julius sah auf seine neue Uhr und beobachtete, wie der goldene Minutenzeiger und der silberne Sekundenzeiger Tick für Tack auf die Zwölf zuwanderten, wo die beiden Stundenzeiger fast angekommen waren. Dann sah er Dumbledore, der seinen Zauberstab hob. Rechts neben sich standen Gloria, Pina, Jeanne Dusoleil und Padma Patil. Dann war es soweit.

Dumbledore riß den Zauberstab hoch. Laut fauchend schoß ein blaugrüner Feuerball heraus, senkrecht in den Himmel, stieg fünfzig Meter auf, bevor er in goldenen Flammen explodierte. Dann tippte sich Dumbledore an den Kehlkopf und sprach eine Sekunde später:

"Ich wünsche euch und Ihnen allen ein glückliches neues Jahr!"

Alle stimmten in den Wunsch ein.

Unvermittelt schwebten bis zum Rand gefüllte Weingläser in der Luft, senkten sich herab und suchten freie Hände. Julius staunte, wie dieser Zauber ging, ohne das etwas von dem goldenen Inhalt verschüttet wurde. Nun prosteten sich alle zu, die beieinanderstanden. Mit Wangenküssen und umarmungen wünschten sich die Hogwarts-Schüler ein schönes und gesundes, erfolgreiches und kurzweiliges, interessantes und problemloses neues Jahr. Als Julius sich von Prudence, Gloria, Pina, Jeanne und Padma absetzen konnte, ging er zu den Hollingsworths, Barbara Lumière und seinen Trainingspartnern im Quidditch. Die herbeigezauberten Gläser lösten sich sofort in Luft auf, sobald sie bis zum letzten Tropfen geleert waren. Julius sah, wie alle Schüler ihre Zauberstäbe herausgeholt hatten und Funkenregen aller Farben in den Himmel sprühten. Jeanne feuerte Leuchtkugeln in den Himmel, die in allen Farben glühten. Julius ließ mit dem Sirennitus-Zauber einen lauten Heulton in den Himmel schallen und fragte Jeanne, ob sie den Regenbogenlicht-Zauber konnte. Julius erklärte ihr, daß er den bei ihrer Mutter während des Hecate-Leviata-Konzertes gesehen hatte. Er schaffte es, mit Jeanne diesen Zauber zu wirken, während Flitwick und Dumbledore Knallfrösche, Feuerfontänen und weitere Feuerbälle verschossen. Unvermittelt trieb Hagrid eine Horde krabbenartiger Monster über die Wiese, die Feuerspeiende Hinterleiber besaßen. Als alle Schüler jedoch stöhnten oder schrieen, mußte der übergroße Wildhüter seine Tiere wieder einsammeln.

"Diese knallrümpfigen Kröter", fauchte Cho. "Damit traktiert er im Moment alle Klassen in Pflege magischer Geschöpfe."

"Sehen irgendwie gemeingefährlich aus", stellte Julius fest. und bekam von Padma recht, die wieder neben ihm stand.

Nachdem alle Schüler Licht- und Knallzauber gewirkt hatten, die das neue Jahr begrüßen wollten, gingen sie alle zurück in die große Halle. Hier brannten jetzt bunte Wunderkerzen in den Leuchtern. Dann krachten unzählige Filibusterfeuerwerkskörper los, die bunte Sterne, glühende grinsende Fratzen oder herumwirbelnde Nebelringe bildeten. Eine halbe Stunde lang erfüllte das Spektakel die große Halle. Dann tranken die Schüler an ihren Haustischen noch einen Schluck Kürbissaft. Um ein Uhr nachts bedankte sich Dumbledore bei den Schülern und schickte sie zu Bett.

"Wo war eigentlich Peeves?" Fragte Julius Gloria leise.

"Den haben die Schloßgeister in Beschlag genommen. Der dicke Mönch hat mir das heute nachmittag noch erzählt, als er zusammen mit der grauen Dame durch das Schloß geschwebt ist", wußte Gloria.

Julius ging in den nur von ihm bewohnten Schlafsaal. Unvermittelt glühte es an der Wand über seinem Bett auf. In einer Fontäne aus Feuer und Farben erschienen vier Hexen und vier Zauberer in weiß, grün, gelb und rotgold auf seinem neuen Wandbild, warfen mit Feuerbällen umsich und wünschten:

"Ein frohes neues Jahr!"

Dazu rasten sie auf Besen herum, die funkensprühend über den Dächern des Dorfes dahinrasten, über dem bis vor zwei Tagen noch die Wolke mit den Weihnachtsenggeln geschwebt war. Julius bedankte sich für den Gruß und wünschte ebenfalls ein frohes neues Jahr. Dann zog er seine Schulsachen aus, stieg in seinen Pyjama und legte sich ins Bett. Die Neujahrsboten verschwanden in dem Moment, in dem Julius den Bettvorhang zuzog. Doch schlafen konnte er noch nicht. Denn die Aurora Dawn von 1982 flog in das neue Wandgemälde von Julius hinein und rief:

"Bis man mal durch alle Bilder ist, ist das Jahr wieder um. Frohes neues Jahr, Julius!"

"Danke!"

"Auch von mir ein frohes neues Jahr, Mr. Andrews", wünschte eine erhabenklingende Frauenstimme. Julius machte mit seinem Zauberstab Licht und leuchtete nach oben. Er sah die kleine Ausgabe von Rowena Ravenclaw, der Hausgründerin, wie sie in Julius' neuem Wandbild stand, gehüllt in ein langes blaues Kleid.

"Vielen Dank, Madame Ravenclaw!" Bedankte Sich Julius noch. Dann erst konnte er sich umdrehen und schlafen.

 

 

" Die restlichen Ferientage verbrachte er mit lesen, Schneeballschlachten und Diskussionen über die Hausaufgaben, die er mit den Hollingsworths, Pina und Gloria in der Bibliothek bestritt. Als dann die restlichen Schüler unterhalb der vierten Klasse wieder ankamen, freute sich Julius darauf, wieder mit Kevin, Fredo und den anderen zu schwatzen und nicht mehr allein in einem übergroßen Schlafsaal zu nächtigen. Das Bild von Claire hatte er so gedreht, daß nun die Szene mit dem Baumhaus zu sehen war, das unter einer dichten Wolke aus Schnee fast verschwand. Kevin fragte ihn nach seiner Rückkehr:

"Wozu soll das gut sein?"

"Das ist ein gemalter Kalender, Kevin. Der hat für Feiertage bestimmte Sachen drauf und für den Rest des Jahres eben dieses Baumhaus in verschiedenen Jahreszeiten", antwortete Julius. Fredo gefiel das, einen sichtbaren Ablauf für die Jahreszeiten zu haben. Er sagte jedoch:

"Dieses Mädchen, das dir dieses Bild geschenkt hat, will dich wohl schon vor deinem siebzehnten Geburtstag buchen, wie? Ich würde mir für eine Sommerbekanntschaft nicht soviel Arbeit aufhalsen, so einen Kalender zu malen."

"Jedem das seine, Fredo", sagte Julius ruhig. Ihm gefiel es zwar nicht, wie Fredo sich über ihn und Claire, überhaupt über seinen Aufenthalt in Millemerveilles und die dort geknüpften Bekanntschaften äußerte, aber damit konnte er besser leben als mit einem tollen Anzug, den sein Vater ihm geschenkt hatte.

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