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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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An den letzten Tagen im Mai war es im Haus Ravenclaw besonders ruhig. Alle, vom Erst- bis zum Abschlußklässler lasen in ihren Büchern oder Aufzeichnungen, worauf sie bei den bald stattfindenden Jahresabschlußprüfungen zu achten hatten. Julius saß mit Gloria Porter und Kevin Malone in einer Ecke des Gemeinschaftsraumes und diskutierte flüsternd Einzelheiten aus der Geschichte der Zauberei. Er gab Kevin noch einige Tips für den Umgang mit Grünwurzeln und zählte noch mal alle Zutaten für den Entspannungstrank auf, den sie vor vier Monaten gebraut hatten. Gloria fragte Julius alle Sprüche ab, die Flitwick ihnen beigebracht hatte und lächelte, weil alle Antworten stimmten. Julius konnte sogar sagen, wie der Zauberstab zu den entsprechenden Zaubern bewegt werden mußte. Jedoch verzichteten sie darauf, die Zauber auszuprobieren, nachdem sie mitbekommen hatten, wie Dustin McMillan seinem Klassenkameraden einen Elefantenrüssel angehext hatte, nur weil er die Verwandlung nicht korrekt durchgezogen hatte.

Fredo und Pina lernten bei Julius noch mal die Ausrichtung eines Teleskops und den einfachsten Weg, die Bahn von Planeten vorherzuberechnen, damit sie in der Astronomieprüfung besser wegkamen.

Am Vorabend der Prüfungen kam Professor Flitwick noch mal in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws und hielt eine kurze Ansprache für die Erstklässler. Er sagte:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Ab morgen finden Ihre Jahresabschlußprüfungen statt. Ich bin mir sicher, daß Sie alle eine gewisse Beklemmung vor diesen Prüfungen empfinden, insbesondere jene, die sich bislang für unzulänglich gehalten haben. Doch dem ist nicht so. Sie werden die Prüfungen sehr gut bewältigen können, da ich weiß, daß Sie sich dafür gut vorbereitet haben. Sie werden die besten Noten in den einzelnen Fächern dann erreichen, wenn Sie sich entspannen und das Ihnen vermittelte Wissen ruhig in Ihr Bewußtsein einströmen lassen. Und sollten Sie nicht auf einen hohen Notenwert gelangen, so ist dies nicht als Beweis für Ihre Unfähigkeit zu verstehen, sondern als Ansporn, sich weiterzuentwickeln.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei den ersten Jahresabschlußprüfungen in Hogwarts."

Danach hielt er noch eine Rede für die Abschlußklässler, in der er darauf hinwies, daß sie durch ihre Zugehörigkeit zum Haus Ravenclaw die beste Voraussetzung für hochqualifizierte Arbeiten in der Zaubererwelt mitbrachten und daher bestimmt zu Ansehen in der forschenden Zaubererschaft gelangen würden. Doch dafür sei es nötig, sich durch die Abschlußprüfungen bestmöglich zu empfehlen. Auch ihnen wünschte er viel Erfolg für die Abschlußprüfungen, bevor er sich mit den Worten verabschiedete:

"Wir sehen uns dann alle in den Prüfungsstunden wieder."

"Hast du gesehen, wie er dich angeguckt hat, Julius?" Flüsterte Pina, die links neben Julius gesessen hatte, als Flitwick die Ansprache gehalten hatte. Julius nickte und erwiderte:

"Ich weiß nicht, aber ich denke, Flitwick hat Angst, daß ich mich absichtlich hängen lassen könnte. Aber da täuscht er sich. Gerade um meinen Eltern zu zeigen, daß ich hierhergehöre, werde ich rausholen, was rauszuholen ist."

"Das wollen wir dir auch geraten haben", zischte Gloria und schwang einen nur in der Vorstellung bestehenden Zauberstab.

Abends im Schlafsaal murmelte Kevin noch zu Fredo:

"Ich hoffe mal, Sprout und Snape lassen uns nicht extra reinrasseln. Als die mich zu Filch geschickt hat, hat sie ganz böse dreingeschaut."

"Kevin, die wird dich schon nicht reinrasseln lassen", grummelte Fredo. "Dann müßte sie ja zugeben, dir nichts beigebracht zu haben."

"Snape hätte damit keine Probleme", warf Marvin gehässig ein. "Der hält doch sowieso alle Nichtslytherins für unfähige Idioten."

"Dann holen wir das eben bei Zauberkunst wieder raus", sagte Fredo. Julius schwieg dazu nur. Er glaubte nicht, daß die Leiter der anderen Häuser von Hogwarts genauso ihre Schüler bevorzugten wie Snape die Slytherins. Er konnte sich sogar vorstellen, daß Flitwick seinen Schülern Extraaufgaben aufhalsen würde, um sie an ihre Leistungsgrenzen zu führen. Ihm schauderte dabei, daß ihm sowas auch von Professor McGonagall drohen konnte.

In der Nacht träumte Julius davon, daß er zu Hause saß und seinem Vater das Zeugnis überreichte. Sein Vater meinte nur:

"Du bist doch wohl nicht mehr ganz gescheid, dich so reinzuhängen. Ich dachte, die lassen dich von dieser Schule runtergehen, wenn du nicht ihre Anforderungen erfüllst. Verdammt noch mal!"

Julius wachte auf, wischte sich den Schweiß von der Stirn und dachte über diesen Traum nach. Dann lächelte er. Wieso empfand er es als Alptraum, daß er die besten Noten nach Hause brachte? Schön wäre es, fand er.

 

 

Der erste Montag im Juni begrüßte die Hogwarts-Schüler mit einem klaren Himmel und einer warmen orangeroten Sonne, die schon um acht Uhr morgens den großen Saal durchflutete, als die jungen Hexen und Zauberer an ihren langen Tischen beim Frühstück saßen. Die ältesten Schüler, egal von welchem Haus, boten alles vom selbstsicheren gelangweilten Typ, über den selbst zur fröhlichkeit verordneten Typ bis hin zu den nervösen und reizbaren Wesen, denen man nichts falsches sagen durfte. Am Ravenclaw-Tisch saßen eher jene, die das Frühstück vor der ersten Abschlußprüfung nutzten, um ihre innere Ruhe zu festigen. Julius spürte die Spannung, die in ihm aufstieg, von ihm fortfloß und von den Anderen zu ihm zurückströmte. Heute und in den nächsten Tagen entschied sich sein Schicksal. Soviel stand für den Sohn eines fanatischen Naturwissenschaftlers fest. Andererseits dachte er, daß jedes Zeugnis, das er nach diesem Jahr nach Hause bringen würde, seiner Mutter gefallen und seinen Vater dazu veranlassen würde, ihm vorzuhalten, daß er damit keinen Blumentopf in der Nichtmagierwelt gewinnen würde. Seiner Mutter würden schlechte Noten die Beruhigung vermitteln, daß er eher kein Zauberer werden würde und gute, vielleicht sogar hervorragende Noten würden ihr das Gefühl vermitteln, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Sein Vater würde bei schlechten Noten sagen, daß er ein Jahr verschenkt hätte und gute Noten verachten, da sie ihm zeigen würden, daß sein Sohn tatsächlich auf diese angebliche Unsinnsschule gehörte, was ihm nicht gefiel.

"Wie prüfen sie die Erstklässler, Dustin?" Fragte Julius zögerlich seinen älteren Tischnachbarn. Dustin sagte wie beiläufig:

"In den schriftlichen Teilen sitzt ihr an Einzeltischen, so daß keiner vom anderen abschreiben kann. In den praktischen Teilen tritt jeder einzeln vor den Lehrer und muß Aufgaben lösen, die bis auf gewisse Rahmenbedingungen unterschiedlich sind. - Hoffentlich hängt mir McGonagall keine Materialisationsaufgabe an den Hals."

"Ich bin ja mal gespannt, was Lupin mit uns anstellt", meinte Kevin.

"Vielleicht schickt er uns eine Horde dieser Wichtel auf den Hals, die wir vor drei Wochen behandelt haben", meinte Julius. Er erinnerte sich noch zu gut an diese kleinen blauen Unwesen, die Lupin in einem Käfig angeschleppt hatte. Erst hatte er der Klasse erklärt, daß Wichtel äußerst empfindlich auf hohe Töne reagierten, sowie auf brennende Kerzen, bevor er sie auf seine Schüler losgelassen hatte. Julius wäre fast komplett ausgezogen worden, als zehn dieser kleinen Geschöpfe sich an ihn drangehangen hatten. Doch dann brachte er den Sirennitus-Zauber, der den Zauberstab dazu brachte, wie ein Silvesterheuler loszupfeifen, wobei der, der in der direkten Ausrichtung des Stabes stand, beinahe taub werden konnte. So gelang es, die Wichtel zusammenzutreiben und brennende Wachskerzen um sie aufzubauen. Der Geruch des brennenden Wachses wirkte wie ein Schlafmittel, so daß sich die kleinen Quälgeister einsammeln und widerstandslos in den Käfig zurücksetzen ließen. Gloria und Julius hatten dafür je einen Punkt pro überwältigtem Wichtel bekommen, was sich für Gloria in neun und für Julius in zehn Punkten niederschlug. Kevin hatte bei dieser Übung seinen Umhang in Fetzen gerissen bekommen und mehrere Bißwunden erlitten, die Madame Pomfrey behandeln mußte, damit er nicht die Wichtelwut bekam, eine Krankheit, bei der das Opfer immer quirliger und ausgelassener umherrannte, bis es erschöpft umfiel. Deshalb sah Kevin Julius auch etwas verärgert an.

"Erinnere mich nicht an diesen glibberigen Zaubertrank, den mir diese sogenannte Krankenschwester eingetrichtert hat. "Trink das brav aus, Junge. Sonst könntest du in den nächsten Tagen nichts mehr anstellen", hat sie mir gesagt. Buäääh!"

"Vielleicht schickt euch Lupin auch einen Dementor. Es laufen ja im Moment genug draußen rum", höhnte ein Klassenkamerad von Dustin. Dafür fing er sich von Penelope Clearwater einen warnenden Blick ein. Julius unterließ es, darauf zu antworten. Er dachte vor allem an die Prüfung bei Snape. Der würde ihn bestimmt nicht neben einem Mitschüler setzen, der nicht so gut in Zaubertränken war. Konntte sein, daß er ihn sogar höchstselbst prüfte, ohne die anderen im gleichen Raum. Er ärgerte sich darüber, daß er Snape gezeigt hatte, daß er jeden zu brauenden Trank korrekt hinbekommen konnte und sogar die Panschversuche des hakennasigen Lehrers ausbügeln konnte. Um die Prüfung bei Professor Sprout undProfessor Sinistra, der Astronomielehrerin, machte er sich keine großen Sorgen. Auch wenn er extra für diese Prüfungen noch mal gebüffelt hatte, war er sich sicher, daß ihm diese Fächer lagen. Neben Snapes Prüfung machte ihm Sorgen, was Professor McGonagall ihm aufgeben könnte. Doch er zwang sich dazu, nicht daran zu denken. Denn erst einmal war Snapes Prüfung fällig, dann kam Geschichte der Zauberei bei Professor Binns, danach die bei Professor Flitwick, dann kam Professor Lupin, dann Sprout, dann McGonagall und Sinistra zum Schluß. Und wenn das alles durchgestanden war, sollte es noch eine Abschlußprüfung im Besenflug geben, wo die jungen Hexen und Zauberer eine Urkunde erhalten würden, daß sie ausgebildete Flieger waren.

Professor Flitwick ging um den Ravenclaw-Tisch herum und teilte jedem Schüler einen Satz besonderer Schreibfedern aus.

"Diese Schreibfedern dulden keinen Betrug. Sie schreiben nicht oder merken durch besondere Klekse an, wo versucht wurde, abzuschreiben oder nicht aus dem Kopf zitiert zu haben. Prüfungen werden nur mit diesen Schreibfedern zugelassen. Also bewahren Sie sie gut auf und versuchen Sie nicht, zu gewöhnliche Schreibfedern zu benutzen, weil das auffallen würde!" Ermahnte Flitwick die Erstklässler, die die Prozedur nicht kannten. Julius nahm die bezauberten Schreibfedern entgegen und beendete mit den Anderen das Frühstück.

Nach dem Frühstück ging es in die tiefen Regionen des Schlosses, wo der Kerker lag, in dem Snape Zaubertränke unterrichtete. Dabei liefen sie Peeves über den Weg, der sie verhöhnte:

"Hihi, ihr kleinen Erstklässler werdet jetzt niedergemacht. Der alte Snape ist heute wieder wunderbar fies gelaunt."

"Ich auch", raunzte Kevin den Poltergeist an und schüttelte seine Fäuste.

"Heute schon kalt geduscht, Peeves?" Fragte Julius.

"Diesmal wirst du das nicht machen, denn Snape würde dir dafür hundert Punkte wegnehmen", trällerte der Poltergeist und tanzte in der Luft einen merkwürdigen Twist, wobei er die Hände zur Decke hochwarf und grinste.

"Hast recht, Peeves. An so einem wie dir verbrenne ich mir nicht die Finger", sagte Julius kühl. Gloria, die hinter ihm herging, verlor unvermittelt ihren Kessel, der davonflog und sich dabei wild drehte.

"Peeves!" Brüllte sie. Julius hechtete nach dem wirbelnden Kessel und fing ihn ein. Er schaffte es, sich trotz des Schwunges des Kessels auf den Beinen zu halten. Gloria umklammerte den Hauskameraden, bevor er doch noch umgerissen wurde. Dann ließ Peeves von dem Kessel ab und sauste davon. Snape tauchte aus einem Seitengang auf.

"Vor dem kneift der aus, dieser Poltergeist", flüsterte Julius. Gloria ließ von Julius ab und nahm ihren Kessel wieder an sich. Snape sah das und meinte:

"Haben Sie Miss Porter etwas in den Kessel getan, von dem Sie glauben, daß es ihr helfen könnte, Andrews? Oder warum hat sie Sie umarmt?"

"Sie können den Kessel ja kontrollieren, Professor Snape", erwiderte Julius. Gloria Porter hielt dem Zaubertranklehrer den leeren Kessel hin. Der Hauslehrer von Slytherin sah hinein, schnupperte und meinte dann:

"Dann haben Sie ihm wohl beibringen wollen, daß er Ihnen die Sachen hinterherträgt, wie, Miss Porter?"

"Aber gewiß doch", erwiderte Gloria Porter gelassen klingend. Snape hielt sich nicht weiter mit den beiden auf, weil gerade die Hufflepuffs ankamen.

"Hinein in den Kerker mit Ihnen!" Befahl Snape und trieb sie alle in den Zaubertrankraum. Dort eröffnete er ihnen:

"Sie alle, wie Sie hier nun sitzen haben die zweifelhafte Ehre, zuerst bei mir geprüft zu werden. Ich kann nicht davon ausgehen, daß Sie sich dieser Ehre bewußt sind und dementsprechend Ihr bestes geben werden, selbst wenn das auch noch nicht gut genug wäre. Aber Sie sollten sich darüber im klaren sein, daß Sie hier und heute erfahren, ob Sie jemals ohne fachkundige Aufsicht einen Zaubertrank brauen können werden oder besser um jeden Kessel einen weiten Bogen machen sollten, wenn Sie nicht in den Verdacht geraten möchten, einem wirklichen Experten die mühevolle Arbeit ruiniert zu haben. Um Sie sowohl auf Ihre praktischen wie auch verstandesmäßigen Fähigkeiten zu prüfen, werden Sie zunächst zwei Tränke, deren Rezeptur ich an die Tafel schreiben werde, um fehlende Ingredienzien ergänzen und aufschreiben, um welchen Trank es sich dabei handelt. Falls Sie diese anspruchsvolle Hürde nehmen können, werden Sie einzeln, also nicht mehr in den vielen unter Ihnen äußerst genehmen Gruppen einen Trank brauen, den ich vorgebe, ohne Zutatenbeschreibung. Ich werde nur einen Trank brauen lassen, damit ich nicht für jeden von Ihnen ein Gegenmittel bereithalten muß, wenn er mißlingt. Im theoretischen Teil gibt es maximal zehn Punkte für die vollständigen Rezepturen und Bestimmungen der beiden Tränke. Im praktischen Teil zählt nur die korrekte Erscheinung des Trankes und dessen Wirkung. Der Anteil des Theorieteils beträgt sechs Zehntel, der praktische Teil vier Zehntel des gesamtergebnisses. Wer von Ihnen auch nur die halbe Punktzahl erreicht, wird wohl eine Chance haben, sich zu verbessern."

Julius dachte sich nur, daß dies die unverschämteste Prüfungseinleitung war, die er je miterlebt hatte. Selbst noch so unsympathische Lehrer seiner alten Schule hatten immer gesagt, daß jeder es schaffen würde, der genug dafür gelernt hatte.

Die Schüler wurden schön auseinandergesetzt, wobei Julius auffiel, daß die Hollingsworth-Schwestern am weitesten voneinander entfernt und weit genug von Julius oder Gloria entfernt saßen. Überhaupt waren die Hufflepuffs so gesetzt worden, daß sie von jedem Ravenclaw weit genug fortsaßen. Snape schien sich seiner Sache sicher zu sein, daß die Hufflepuffs seiner Vorstellung von Versagern heute voll entsprechen würden. Er ging an die Tafel und schrieb mehrere Namen von Pflanzenteilen und Tierteilen nebeneinander hin. Er trennte nicht zwischen zwei Tränken, wie es wohl ein ordentlicher Prüfer gemacht hätte. Julius erkannte sofort, daß ein Trank ein Mittel gegen Beklemmung war, während aber auch Bestandteile des Kältewiderstandstrankes vorkamen, den sie vor den Weihnachtsferien gebraut hatten. Julius durchdachte die Möglichkeit, daß zwei andere Tränke gemeint sein konnten, dann schrieb er die Listen der Zutaten für die beiden von ihm erkannten Tränke korrekt untereinander auf eine Pergamentrolle. Er prüfte noch mal die Zutaten auf der Tafel mit den Zutaten, die er auf der Liste ergänzt hatte und nickte zufrieden. Dann rollte er das Pergament zusammen und wartete geduldig, bis Snape sagte:

"Genug Zeit vertrödelt! Wer jetzt nicht einmal eine Ahnung hat, welche Tränke ich vorgegeben habe, hat eben Pech gehabt." Mit einem Wink seines Zauberstabes löschte Snape die Kreideschrift von der Tafel und ging herum, um die beschriebenen Rollen einzusammeln. Julius vermied es, siegesgewiß dreinzuschauen und spielte Snape den verlegenen Jungen vor, der nicht weiß, ob er überhaupt was richtig gemacht hatte. Mit diesem Trick hatte er an seiner alten Schule schon einmal eine Notenverbesserung herausgeholt, weil er dem Lehrer so leidgetan hatte. Bei Snape würde es zumindest reichen, um ihn zu beruhigen, damit er nicht Angst bekam, womöglich zu leichte Aufgaben gestellt zu haben. Tatsächlich grinste Snape, als er Julius' Pergamentrolle entgegennahm und zischte fast unhörbar:

"Das war wohl auch für Sie eine harte Nuß, wie?"

"Mhmm", machte Julius schüchtern und sah, wie Snape die restlichen Rollen einsammelte, wobei er die Hufflepuffs mit künstlicher Mitleidsmiene ansah, während er bei Gloria ein lauerndes Gesicht zeigte. Doch Gloria lächelte ihn an und überließ ihm, was sie niedergeschrieben hatte.

Im praktischen Teil wollte Snape einen Magenberuhigungstrank gebraut haben. Er schrieb den Namen des Trankes an die Tafel und postierte sich so, daß er alle Schüler im Blick hatte. Dabei erkannte Julius das triumphierende Grinsen, das wohl andeuten sollte, daß Snape sich seiner Sache sicher war. Denn diesen Trank hatten sie nur einmal im Unterricht besprochen, als es um die Beruhigungstränke ging. Gebraut hatten sie ihn noch nie. Julius legte ruhig los und brachte den Kessel zum sieden, wobei er gewissenhaft die Zutaten zurechtschnitt, wog und in das brodelnde Wasser gab, umrührte, seine Zeit abwartete und die nächsten genau abgewogenen Zutaten beigab. Dabei dachte er daran, wie Snape ihm den Trank wohl verhunzen könnte, und wie er dagegen etwas unternehmen konnte. Jetzt, wo er sich nicht auch auf die Hollingsworth-Schwestern konzentrieren mußte, glaubte Julius, daß dieser Trank zu einfach sei, um als Prüfungsaufgabe dranzukommen. Dann kam er zu einem Punkt, wo der Zeitunterschied von einer Sekunde über Erfolg oder Fehlschlag entschied. Es galt, zerriebene Spinnenbeine mit einem Gewicht von einem Gramm innerhalb von genau zehn Sekunden feinzudosieren, nicht schneller, nicht langsamer. Julius führte die Prozedur aus, als er einen winzigen Mottenflügel ansegeln sah, der wohl ferngelenkt genau auf seinen Trank zuflog. Julius fiel ein, was man gegen eine derartige verpanschung machen konnte, ließ es geschehen, daß der Flügel in seinem Kessel landete, wo er sofort zerkochte. Dann schnitt er einer kleinen Raupe den linken Fühler ab, zerrieb ihn vollständig und ließ ihn in das Gebräu fallen. Zischend änderte sich die Farbe der Flüssigkeit von Trübbraun nach Dunkelgrün. Wirken würde der Trank jetzt immer noch, aber nicht mehr wie im Lehrbuch aussehen, wußte Julius. Um die Verfärbung zu beheben, ohne die Wirkung zu verändern nahm Julius eine ganze rote Waldameise und drückte sie mit der kleinen Pincette aus, daß ihr flüssiges Innere in den Trank fiel. Blubbernd schlug das Gebräu wieder nach Trübbraun um und brodelte dann wieder weiter, wie vorgesehen. Julius vermied es, zu Snape hinüberzusehen. Er dachte sich, daß Snape sich nicht nur auf ihn konzentrieren durfte, sonst könnten die anderen ja ihre Tränke korrekt hinbekommen. Wenn er es doch darauf anlegte, war er dafür bereit.

"Sie glauben doch nicht, daß Sie das alles richtig zusammenmischen", zischte Snape Julius ins Ohr, als der Lehrer einen kurzen Rundgang machte. "Dann eben nicht, Professor. Womöglich wirkt er wirklich nicht so, wie ich denke", antwortete Julius ruhig. Snape verzog das Gesicht und ging weiter.

Julius sah mit Genugtuung, daß Betty und Jenna Hollingsworth korrekte trübbraune Gebräue zustandegebracht hatten und es Snape wohl schwerfiel, sich darüber auszulassen. Auch Gloria, Pina und Kevin hatten ihre Gebräue vorschriftsmäßig braun hinbekommen, während Fredo, Marvin, Gilda und Eric unterschiedlich gefärbte Gebräue vor sich stehen hatten. Leon Turners Gebräu sah eher aus wie geronnene Milch. Snape sah ihn bedauernd an und notierte sich sofort etwas. Julius fürchtete, daß der Hufflepuff-Junge gerade durch diese Prüfung gerasselt war.

Nachdem Snape alle Kessel begutachtet hatte, trat er an die Tafel und schwang den Zauberstab. Der Name des Trankes verschwand und machte einer roten Schrift Platz: "PRÜFUNG BEENDET!

"Wer von Ihnen meint, einen korrekten Zaubertrank gebraut zu haben, sollte sich nun ansehen, was er oder sie hervorgerufen hat. Hier habe ich eine Lösung, die dunkelgrün wird, falls es einem oder einer von Ihnen tatsächlich gelang, korrekt zu mischen und zu brauen. Grün ist die hoffnung", erging sich Snape mit böswilligem Grinsen in den ersten Teil der Nachbereitung. Er füllte soviele Messbecher mit der Kontrollflüssigkeit wie Schüler im Raum waren. Dann nahm er einen einzelnen Messbecher, füllte diesen mit seiner Prüflösung und schüttete aus einer kleinen Flasche, die er aus dem Umhang holte ein trübbraunes Gebräu hinein. Sofort vverfärbte sich der Inhalt des Bechers dunkelgrün. Dann nahm er Bettys Probe des Zaubertrankes, schüttete sie in einen Messbecher mit der angeblichen Kontrollösung und sah, wie diese schlagartig hellgrün mit einem Rotstich umschlug.

"Dicht daneben ist auch vorbei, Miss Hollingsworth Betty", triumphierte Snape, als er sah, wie der Grünton immer dunkler und der Rotstich immer weniger auffallend wurde, bis die Flüssigkeit ein algengrünes Gebräu war.

Snape nahm eine Pergamentrolle und schrieb etwas auf. Dann nahm er Jennas Lösung, füllte sie in einen anderen Probebecher mit Kontrollflüssigkeit und erzielte den selben Farbumschlag. Dann folgten die übrigen Hufflepuffs. Die aufgereihten Messbecher zeigten alle Farbtöne von blaßrosa bis pechschwarz, nur kein dunkles Grün.

"Ich hoffe, daß Sie niemals auf den Gedanken kommen, selbst Heiltränke brauen zu wollen", zischte Snape. Vor allem Leon Turners Gebräu hatte es in sich gehabt. Denn die Prüflösung war regelrecht verdampft.

Die Ravenclaws schnitten besser ab. Zwar erreichten nicht alle das verlangte Dunkelgrün bei der Probe, doch ein gewisser Grünanteil war bei allen zu erkennen, die auch eine farblich korrekte Mischung erzielt hatten. Besonders Pina und Glorias Trank war stark genug, um die Prüflösung fast ins Dunkelgrün zu verfärben. Dann kam Julius' Brauergebnis.

Snape nahm die Probe, die er von Julius' Trank genommen hatte, erklärte, daß er höchst gespannt sei, wie es möglich sein sollte, daß ein derartig gegen alle Vorgaben verstoßender Trank den gewünschten Farbton im Probebecher annehmen sollte und schüttete bedächtig wie ein Artist vor großem Publikum den Inhalt des Probezylinders in die Prüflösung. Sofort sezte eine Reaktion ein. Die Lösung verfärbte sich erst milchigweiß, dann himmelblau, um dann, unvermittelt, dunkelgrün zu werden. Ein erstauntes "Ui!" strich von allen Schülern durch den Kerker. Snape, der schon ansetzen wollte, Julius als unfähigen Pfuscher darzustellen, sagte nur:

"Offenbar kann man diesen Trank tatsächlich anwenden, wenn man vorher weiß, welche Nebenwirkungen er sonst hat und diese mit einem zweiten Trank auffängt."

Keiner wagte, etwas zu sagen. Julius mußte sich beherrschen, um nicht einen alten Druiden zu zitieren, der in einem Buch über Anfänge der Zaubertrankbrauerei in Europa geschrieben hatte, daß es viele Wege zur richtigen Wirkung gebe, aber nicht jeder leicht zu gehen sei.

Snape entließ die Klasse ohne weiteres Wort. Er teilte ihnen mit, daß er die Prüfungsergebnisse den Hauslehrern mitteilen würde. Die Schüler nahmen ihre Kessel, wuschen sie aus und verließen mit hängenden Köpfen den Kerker. Julius war darauf gefaßt, noch einmal zurückgerufen zu werden. Doch Snape beließ es dabei, ihn mit seinen Klassenkameraden gehen zu lassen.

Die Hufflepuffs begleiteten die Ravenclaws ein Stück auf dem Weg zum großen Saal. Dabei fing Julius dankbare Blicke der Hollingsworth-Schwestern auf. Gloria trug ein Siegerlächeln zur Schau, daß sie Snape eventuell eine gute Note abgerungen hatte, während Fredo äußerst bedröppelt dreinschaute.

"Ich werde mal Spezialist für Zauberkunst oder Verteidigung gegen die dunklen Kräfte. Aber mit Zaubertränken sollte ich vielleicht nichts anfangen", sagte der Bettnachbar von Julius. Julius Andrews meinte dazu nur:

"Snape ist ein Ausnahmelehrer. Wenn du bei dem was versiebst, dann nur, weil er nicht bereit ist, dir und uns anderen was beizubringen. Es ist ja auch einfacher, jemanden einen Idioten zu nennen und ihn prompt auflaufen zu lassen."

"Dich hat er aber auf seiner Abschußliste, Julius. Oder wieso hat dein Trank erst diese Farbspiele verursacht, bevor er sich richtig gefärbbt hat?"

"Kein Kommentar", erwiderte Julius kühl. Ihm lag nichts daran, sich zu dem Versuch des Zaubertranklehrers auszulassen, ihm den Trank zu verderben, was jedoch nicht gelang. Er richtete sich schon auf die Geschichtsprüfung bei Professor Binns ein.

Beim Mittagessen konnte Julius an den Gesichtern der anderen Ravenclaws ablesen, wie gut sie sich in der ersten Prüfung geschlagen hatten. Die, die bei Flitwick geprüft worden waren, sahen zwar beruhigt, aber doch irgendwie ausgezehrt aus. Die jenigen, die bei Professor McGonagall geprüft worden waren, wirkten teils zufrieden, teils enttäuscht. Ebenso sah es bei denen aus, die ihre Jahresabschlußprüfung in Kräuterkunde hinter sich hatten. Dustin McMillan, der bei Professor Lupin geprüft worden war, fehlte beim Mittagessen. Julius erfuhr von Terrence Crossley, daß Lupin ihnen einen echten Minotaurus vorgesetzt hatte, der in einer extra dafür errichteten Anlage hinter dem Schloß gehalten wurde. Julius erinnerte sich an die Sage von Theseus und fragte:

"War der in einem Labyrinth eingesperrt?"

"Woher weißt du denn das? Ich dachte, ihr hättet erst die kleinen Quälgeister, die lästig, aber nicht tödlich sind", wunderte sich Terrence.

"Ich dachte nur an eine Geschichte, in der ein Minotaurus vorkam", sagte Julius.

"Ich dachte, in der Muggelwelt gäbe es keine magischen Geschöpfe", staunte der Vertrauensschüler. Gloria kam Julius mit einer Antwort zuvor:

"Sicher gibt es in den Geschichten der Muggel magische Geschöpfe. Nur sie halten die Geschichten für reine Erfindungen und haben sich nur darauf festgelegt, die Geschichten zu erzählen und nicht nachzuforschen, was dahintersteckt."

"Ich verstehe", erwiderte Terrence beruhigt. Offenbar war sein Weltbild jetzt wieder in Ordnung.

"Das mit diesem Eistaugras kam dran, Julius. Ich durfte im Theorieteil beschreiben, wo es wächst, wie es sich vermehrt und wozu es gebraucht wird. War also gut, daß du mich auf dieses Buch hingewiesen hast", sagte Prudence Whitesand und lächelte wie eine große Schwester, deren kleiner Bruder ihr ein schönes Geschenk gemacht hatte.

"Die blüht uns auch noch", stöhnte Kevin. Doch dann war er wieder aufgeheitert:

"Aber davor kommt ja noch Lupins Prüfung. Ich bin gespannt, was der uns bieten wird."

Neben Zauberkunst war Verteidigung gegen die dunklen Künste das Lieblingsgebiet von Kevin Malone. Julius freute sich zwar auch auf die Prüfung bei Lupin, dachte aber daran, daß irgendwer auf die Idee kommen könnte, auszuplaudern, was mit Lupin wirklich loswar und ihm damit die Anstellung in Hogwarts vermasseln konnte. Nach allem, was er von den älteren Schülern gehört hatte, waren Lupins Vorgänger entweder stumpfsinnige Theoretiker, eingebildete Hochstapler und Anhänger des dunklen Lords gewesen. Einer aus der fünften Klasse hatte sogar mal gesagt, daß er lieber bei Snape Unterricht gehabt hätte, als bei Gilderoy Lockhart, Lupins direktem Vorgänger. Julius hatte daraufhin gefragt, was an Lockhart so auszusetzen war und erfahren, daß dieser hauptsächlich nur aus seinen Büchern zitierte und sich was auf sein Aussehen einbildete. Dann sei das mit der Kammer des Schreckens passiert, wo er das Gedächtnis verloren hatte, als er Harry Potter und dessen Freund Ron begleitet hatte.

"Harry und seine Freunde hatten mehr Ahnung von den dunklen Kräften als dieser Wichtigtuer", hatte Penelope daraufhin gesagt und kurz geschildert, daß sie Hermine Granger ihr Leben verdanke, da sie sie vor dem tödlichen Blick des Basilisken gewarnt habe. Julius war daraufhin sehr aufgeregt gewesen und hatte gefragt, ob dieses Monster noch irgendwo herumläge. Er erfuhr, daß die Kammer, in der es gewohnt hatte, nicht mehr zu öffnen war, was bestimmt gut für alle war. Kevin, der enttäuscht darüber war, ein solches Monster nicht einmal besichtigen zu können, hatte sich daraufhin mit Gilda eine Partie Zauberschach geliefert.

 

 

Am Nachmittag traten die Ravenclaws zur Prüfung bei Professor Binns an. Alle außer Julius waren zuversichtlich, diesen Teil der Abschlußprüfungen mit links zu schaffen, da es ja nur ums Auswendiglernen ging. Julius, der trotz Glorias Bekehrungsversuche keinen Sinn in diesem Fach sah, hatte zwar gelernt, aber nicht mit dem Ehrgeiz, den er für andere Fächer aufgebracht hatte. So kam es, daß die Schüler sich an Einzeltischen im Geschichtsraum niederließen, während der Geist Professor Binns die Prüfungsaufgaben verteilte.

Julius sah sich bestätigt in seiner dumpfen Vorahnung. Denn zu den Themen, die abgefragt wurden, hatte er lediglich kurze Sätze zu schreiben, wo zum Beispiel die Druidenzusammenkunft von 50 vor Christus stattfand oder wann die Zaubererkonferenz von England eine Vereinheitlichung der Rechtslage vereinbart hatte. Als er anderthalb Pergamentrollen abgab, sah er, wie Gloria drei Rollen hinlegte. Offenbar hatte sie mehr hinschreiben können.

"Ich hoffe, zumindest den Anwesenheitspunkt zu kriegen", meinte Julius, als er Gloria vor der Klassenzimmertür antraf.

"Ich habe dir doch gesagt, daß Binns die Druidenkonferenz abfragen würde", erwiderte Gloria Porter. Julius sagte dazu nur:

"Das war nicht mein Problem. Mein Problem war die Konferenz von 852. Die Frage war, was und warum alles dort besprochen wurde. Ich konnte nur die Rechtsangleichung aller britischen Zaubereransiedlungen erwähnen."

"Mehr war da auch nicht, Julius. Du hättest nur noch auf die soziale Stellung von Hexen im Vergleich zu Zauberern eingehen können, was aber nicht immer belegt ist", sagte Gloria.

"So gesehen kann es nur noch besser werden", bemerkte Julius abschließend.

 

 

Die Prüfung bei Professor Flitwick wurde einzig und allein praktisch abgehalten. Die Prüflinge mußten sich vor der Klasse hinsetzen, und jeder einzelne mußte in der Klasse seine Aufgaben lösen. Flitwick bestellte jeden in alphabetischer Reihenfolge der Vornamen zur Prüfung. Julius war froh, diesmal nicht der erste zu sein, der an die Reihe kam. So wartete er geduldig, während Fredo, Gilda und Gloria vor ihm ihre Prüfungen ablegen mußten. Es dauerte jeweils zehn Minuten, bis die Erstklässler den Klassenraum verließen. Fredo sah etwas enttäuscht drein, als habe er etwas tun müssen, worauf er sich nicht vorbereitet hatte. Gilda kam erfreut aus der Prüfung. Gloria sah sehr zufrieden aus, als habe sie alles bekommen, was sie wollte. Dann mußte Holly Lightfoot, ein sehr scheues Mädchen mit dunkelbrauner Kurzhaarfrisur zur Prüfung antreten. Nach zehn Minuten kam sie heraus, jedoch nicht zeigend, wie sie das Ergebnis empfand. Dann rief Flitwick:

"Julius Andrews!"

Julius betrat ruhig den Zauberkunstraum. Er begrüßte Professor Flitwick und setzte sich hin und holte seinen Zauberstab heraus.

"Sie haben die Prüfungen bei Professor Snape und Professor Binns schon hinter sich?" Erkundigte sich der kleine Zauberkunstlehrer.

"Ja, habe ich", antwortete Julius kurz angebunden. Er wollte nicht darauf eingehen, wie er die Prüfungen empfunden hatte.

"Dann ist dies die allererste Prüfung, die Sie im Bezug auf Ihre Zauberkräfte ablegen. - Dann wollen wir doch beginnen", eröffnete Flitwick die Einzelprüfung.

Jetzt erst kam die Aufregung durch, die Julius sonst bei Prüfungen empfand. Er atmete tief durch, um sich wieder zu entspannen. Dann erhielt er die erste Aufgabe.

"Heben Sie diesen Tisch mit Zauberkraft hoch, halten Sie ihn eine halbe Minute lang knapp unter der Decke und lassen Sie ihn dann langsam wieder absinken!" Befahl der Zauberkunstlehrer und deutete auf einen der Tische im Klassenraum. Julius nickte und richtete den Zauberstab auf den Tisch.

"Wingardium Leviosa!" Murmelte er, nachdem er eine schnelle Abfolge von Bewegungen mit dem Zauberstab ausgeführt hatte. Der Tisch zitterte kurz, dann stieg er senkrecht nach oben. Julius konzentrierte sich darauf, ihn nicht zu schnell aufsteigen zu lassen und mußte sich anstrengen, ihn nicht gegen die Decke prallen zu lassen. Er hielt den schwebenden Tisch mit Blick und Zauberstab im Visier, zählte im Geist dreißig Sekunden herunter und ließ den Tisch dann durch einen konzentrierten Gedanken sinken. Vorsichtig dirigierte er mit dem Zauberstab die Landung. Der Tisch setzte auf, ohne ein lautes Geräusch zu verursachen. Flitwick nickte, nahm ein Maßband und maß kurz den Abstand des Tisches zu seinem Nachbartisch.

"Fast punktgenau wieder am alten Platz. Es fehlten nur vier Zentimeter. Sie haben Ihre Zauberkraft gut dosiert eingesetzt, Mr. Andrews. Die volle Punktzahl für diese Übung. Nun versetzen Sie bitte diese Untertasse dort auf dem Tisch in eine Drehbewegung gegen den Uhrzeigersinn, wobei Sie darauf achten müssen, sie nicht zu stark zu beschleunigen!" Ordnete Flitwick die nächste Aufgabe an. Julius nickte wieder und murmelte den entsprechenden Zauberspruch, wobei er mit seinem Zauberstab auf die aufgestellte Untertasse deutete und ihn kurz nach rechts pendeln ließ. Sofort begann die Untertasse sich zu drehen, wobei sie leicht vom Tisch abhob. Julius Andrews ließ sie etwas schneller rotieren, dann wieder langsamer, bis Flitwick befahl, sie anzuhalten und in die entgegengesetzte Richtung rotieren zu lassen. Julius stoppte die Drehung der Untertasse und ließ sie sogleich in die entgegengesetzte Richtung rotieren. Dann, nach einer weiteren halben Minute sagte Flitwick, die Übung zu beenden.

"Gleichförmige Bewegungen und Kraftübertragungen beherrschen Sie ausgezeichnet. Machen wir eine Fernlenkübung. Bewegen Sie die kleine Schachtel von meinem Pult durch den Raum, lassen Sie sie dann im Zickzack zurückkommen, wobei die Schachtel nicht höher als einen Meter über den Tischen fliegen darf! Sie haben wieder eine halbe Minute Zeit!"

Julius ließ die Schachtel vom Lehrerpult aufsteigen, dann bewegte er sie mit Bewegungen des Zauberstabes wie gewünscht durch den Raum und ließ sie wieder zurückkehren und auf dem Pult landen, wobei er darauf achtete, daß sie genauso ausgerichtet dastand wie sie vor der Fernlenkung gestanden hatte. Dabei fragte sich Julius, ob jeder diese drei Prüfungen hatte ablegen müssen, oder ob Flitwick eine Sonderprüfung für ihn angesetzt hatte, weil die Lehrer wußten, daß er eine starke Grundzauberkraft besaß.

"Fernlenkungen beherrschen Sie auch hervorragend. Sie haben die Aufgabe präzise erledigt und das Versuchsobjekt exakt zurückgebracht, wo es stand. Ich habe aber weniger Zauberworte von Ihnen gehört als von anderen Erstklässlern. Mentale Kontrolle über Zauberei ist also stark bei Ihnen ausgeprägt. Holen Sie bitte die Schachtel noch mal vom Tisch zu sich, möglichst, ohne ein Wort zu sagen!"

Das war in der Tat eine Extraaufgabe. Denn den Accio-Zauber, so wußte Julius, würden erst Viertklässler lernen. Noch dazu sollte er ihn durch reines Denken auslösen, was bestimmt nicht einfach war. Er schloß die Augen, dann ließ er explosionsartig den Gedanken "Accio Schachtel!" in seinem Verstand aufflackern. Er fühlte, wie sich seine Hand, die den Zauberstab fest umklammerte, leicht erwärmte. Dann sah er, wie die Schachtel vom Pult herunterglitt und auf dem Boden landete. Julius konzentrierte sich noch mal und dachte kräftig:

"Accio Schachtel!"

Die Schachtel hob ab, torkelte auf ihn zu und fiel fast wieder zu Boden. Doch Julius schaffte es, sie festzuhalten.

"Phantastisch. Normalerweise muß ein Zauberschüler wie Sie diesen Zauber verbalisieren, um ein Objekt zu beschwören. Daß Sie es immerhin schafften, es in zwei Anläufen zu holen, ohne das Zauberwort zu rufen, zeichnet Ihre Grundkraft aus. Kennen Sie die Gegenformel?"

"Ich habe sie mal gehört", antwortete Julius Andrews. Flitwick forderte ihn auf, die Schachtel an ihren Platz zurückzuschicken. Julius nickte und führte die Anweisung korrekt aus.

"Wie oft haben Sie die Umkehrung des Accio-Zaubers gehört?" Wollte Flitwick wissen.

"Nur einmal, als Professor McGonagall mit Ihrem Einverständnis meinen Chemiebaukasten inspizierte."

"Dieses Zauberwort ist nicht gerade einprägsam. Aber immerhin haben Sie die Aufgabe vollständig erledigt."

Es folgten noch mehrere Übungen zur Bildung verschiedener Funken, das Anzünden und Löschen von Kerzen, bis hin zu einem Brandlöschzauber, mit dem Julius einen großen Stapel Holz löschte, den Flitwick herbeigerufen und in Brand gesteckt hatte. Diesmal mäßigte sich Julius bei der Löschung, so daß diesmal keine Eisschicht auf den Holzscheiten zu erkennen war.

"Wunderbar! Sie haben alle Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit gelöst, selbst jene, die ich als für Ihre fortgeschrittene Grundkraft als notwendigen Test extra in das Prüfungsprogramm hineingenommen habe. Das ergibt eindeutig eine Eins plus. Nehmen Sie zudem noch fünf Punkte für Ravenclaw wegen Bewältigung einer Bonusaufgabe. Herzlichen Glückwunsch!"

Julius zwang sich, nicht triumphierend dreinzuschauen als er sich verabschiedete. Ihm folgte Marvin Sallers.

"Und? Wie lief es?" Wollte Gloria wissen.

"Was ich befürchtet habe, ist eingetreten. Er hat mich Extrasachen machen lassen", sagte Julius leicht frustriert klingend.

"Aber du hast sie geschafft. Ich sehe es in deinen Augen, du Tiefstapler", zischte Gloria Porter. Julius sagte dazu nichts. Solange noch nicht alle geprüft waren und die Endergebnisse feststanden, wollte er über die überragende Leistung in dieser Prüfung kein Wort verlieren. Er dachte auch schon an die Prüfungen bei Lupin und McGonagall, die wohl ähnliche Vorstellungen von ihm hatten und wohl auch schon daran dachten, seine Leistungsgrenzen zu testen.

Als alle Ravenclaw-Erstklässler geprüft waren, versammelte Professor Flitwick sie noch mal im Klassenraum. Dann gab er die Endnoten bekannt.

"Die Endergebnisse werden am Jahresende bekanntgegeben. Das gilt für alle Prüfungen, um den Druck, der jedem Prüfling auferlegt ist, nicht noch zusätzliche Wirkung zu geben. Nehmen Sie jede Prüfung als für sich wichtig! Dann brauchen Sie sich um Ihre Endergebnisse keine Sorgen zu machen."

Die Schüler der ersten Klasse verließen aufgeregt schwatzend den Zauberkunstraum und gingen zum Mittagessen.

"Was hat er euch denn alles machen lassen?" Wolte Julius wissen.

"Ach, wir durften Dinge schweben lassen, die so groß waren wie eine Untertasse oder eine Schachtel. Dann haben wir mit Fernlenkung herumgezaubert und Kerzen an und wieder ausgemacht. Schließlich durften wir Feuer löschen", erklärte Gloria. Julius verriet, daß er einen Tisch hatte anheben und unter der Decke schwebend halten müssen.

"Das kann doch nicht sein. Ein ganzer Tisch? Jetzt übertreibst du aber", meinte Kevin. Julius lief leicht rosa an und beteuerte, nicht übertrieben zu haben. Gloria sagte dazu:

"Wieso sollte Flitwick ihm nicht gleich einen Tisch hinstellen zum hochheben? Er und McGonagall haben doch immer wieder davon gesprochen, daß sie ihm mehr zutrauen, weil sie hohe Grundkräfte bei ihm gefunden haben. So wurde Julius zumindest gefordert. Wenn er einen Tisch nicht hätte schweben lassen können, hätte Flitwick ihm auch nur eine Schachtel zum Schwebenlassen gegeben, und er hätte dieselbe Note wie du und Ich gekriegt. Flitwick hat doch gesagt, daß man nichts für sein Talent kann, es aber immer besser ausnutzen sollte."

"Ist ja gut, Gloria. Ist ja gut. Ich weiß, daß dich das interessiert, Julius nach besten Kräften voranzutreiben. Ich frage mich nur, wieso wir alle nicht erst einen Tisch hätten anheben sollen?" Wollte Kevin wissen. Fredo meinte dazu nur:

"Haha, Kevin! Du hättest den Tisch vielleicht hochsteigen lassen und dann Flitwick auf den Kopf purzeln lassen."

"Haha, Fredo. Du mußt das gerade sagen", maulte Kevin. "Wer hat denn bei der vorletzten Zauberkunststunde fast den Lehrertisch zerlegt, weil er nicht richtig gezaubert hat?"

"Das ist Geschichte", wandte Fredo ein und lief rot an. Pina lachte leise darüber.

"Spart eure Kräfte für Lupin!" Schlug Marvin vor. "Nicht daß wir nachher mit den Wichteln oder Grindelohs nicht fertig werden, weil ihr euch um alte Klamotten zankt."

"Was die Grindelohs angeht, so wollte ich Lupin fragen, wieviel einer kostet, wenn man ihn bei Bestiarium Versand für magische Kleingeschöpfe kaufen will", griff Kevin den Faden auf, den Marvin hingeworfen hatte.

"Wer kauft schon einen Grindeloh?" Fragte Gilda Fletcher.

"Mein Großvater hat einen Gartenteich. Da würde so ein Geschöpf bestimmt gut reinpassen", erwiderte Kevin. Julius ulkte dann:

"Oha, dann zähl schon mal dein Geld. Die sind nämlich nicht so leicht zu füttern."

"Sei's drum", sagte Kevin dazu nur. Julius meinte dann noch:

"Ich würde eher einen Irrwicht als Einbruchsschutz für den Safe meines Vaters anschaffen. Das würde bestimmt spaßig."

"Was hat uns Lupin über Irrwichte erzählt, Mr. Andrews?" Fragte Gloria im Ton einer erbosten Lehrerin.

"Ja, ich weiß, Gloria. Irrwichte kommen nur da vor, wo auch Zauberer und Hexen leben, weil sie deren magische Ausstrahlung brauchen. Bei Muggeln würden die keine zwei Tage aushalten. Schade drum!"

"Ihr seid ja lustig. Anstatt euch darüber zu unterhalten, wie man solche Biester loswird oder zumindest außer Gefecht setzt, diskutiert ihr, ob man sich nicht so ein Geschöpf ins Haus holen kann", mischte sich Penelope in die scherzhafte Unterhaltung ein. Kevin berichtigte sie:

"Nicht ins Haus. Nur in den Gartenteich, Penny." Alle lachten.

"Du bist ein Chaot, Kevin Malone", sagte die Vertrauensschülerin, der sonst nichts einfiel.

Am Nachmittag trafen sich die Ravenclaw-Erstklässler im Klassenraum von Professor Lupin. Der Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste begutachtete die angetretenen Zauberschüler und sagte:

"Ich weiß, ich werde wohl vielen heute arge Probleme bereiten, weil die Prüfung sie hart rannehmen wird. Doch weiß ich auch, daß ihr alle im ganzen Jahr gut mitgearbeitet habt und daher mit allem fertig werdet, was ich euch vorsetze. Diese Prüfung zusammen mit allen praktischen Leistungen des letzten Jahres und den schriftlichen Beiträgen ergibt dann eure Schlußnote. Wer also heute vielleicht einen schlechten Tag erwischt haben könnte, wird nicht gleich ins bodenlose abgleiten, nur weil ein oder mehrere Punkte in der Prüfung nicht gelingen. Also geht es ruhig und konzentriert an, dann gelingt es allen!"

"Ich habe da noch eine Frage", wandte sich Kevin an den Lehrer im zerschlissenen Umhang. Lupin sah ihn erwartungsvoll an und nickte.

"Wieviel kostet ein Grindeloh?"

Die Klasse lachte. Lupin schmunzelte und sagte:

"Hmm, das hat mich bis jetzt noch niemand gefragt. Nun, die, die wir im Unterricht hatten stammen aus den seen im schottischen Hochland. Sie leben dort wild und kosten offenbar nichts. Nur der Transport hätte was gekostet, wenn nicht die Abteilung für Lehrmaterialien im Zaubereiministerium derartige Aufwendungen bezahlen würde. Falls du einen Grindeloh bei euch zu Hause in einen Teich setzen möchtest, Kevin, so empfehle ich dir, vielleicht mal im See auf dem Schulgelände nachzuforschen. Dort kommen sie ab und an vor."

"Wie komme ich denn so tief ins Wasser runter, ohne abzusaufen?" Fragte Kevin.

"Dianthuskraut, Kevin. Eine mediterrane Tangpflanze, die nur bei Neumond blüht", wandte Julius ein. Lupin räusperte sich und sagte:

"Das könnt ihr bei der Kräuterkunde ausbaldowern. Jetzt geht es erst einmal gegen die Kreaturen der dunklen Kräfte. Also folgt mir."

"Habe ich meine Silberkugeln eingesteckt, wenn doch noch Werwölfe auftauchen", meinte Marvin. Julius grinste zwar, dachte aber daran, daß das eigentlich nicht witzig war.

"Am Tag scheint der Mond nicht", sagte Lupin nur und führte die Klasse hinaus auf das freie Land vor dem Schloß.

"Der Parcours der dunklen Künste beginnt hier und endet auf der Nordseite des Schlosses. Ich werde mich in der Nähe jedes Prüflings aufhalten, um notfalls eingreifen zu können. Ich hoffe, ich werde nicht über einen ruhigen Spaziergang hinauskommen. - Julius, dem Nachnamenalphabet nach bist du der Erste. Wollen wir?"

"Wie Sie wollen, Professor", sagte Julius und marschierte los.

Zunächst ging es auf zu einer Quelle, wo ein Wassergeist versuchte, ihn zu fassen zu bekommen. Julius löste das Problem dadurch, daß er einen grellen Lichtblitz aus seinem Zauberstab schießen ließ, der den kleinen glitschigen Wassergeist blendete, so daß dieser den Jungen durchlassen mußte.

Die nächste Hürde bot eine Fallgrube, die gut getarnt war. Julius konnte gerade noch mit einer Rolle landen, als er durch das dünne Laub- und Grasgeflecht gebrochen war. Dann brach eine Rotkappe über ihn herein, ein garstiger kleiner Mann mit einer blutroten Mütze, der sofort anfing, auf den Jungzauberer einzuprügeln. Julius wollte den Zauberstab nehmen, um, so wie er es gelernt hatte, dem Angrreifer einen Erstarrungszauber anzuhexen, um ihm die Mütze wegzunehmen, was ihn außer Gefecht setzen sollte. Doch der kleine Mann hieb ihm den Stab aus der Hand und landete fast einen Schlag in Julius' Gesicht. Julius, durch gute Karate-Reflexe auf sowas gefaßt, wich dem Schlag aus und konterte mit einer Zweierkombination von Handkantenschlägen, die einmal im Brustbereich und an der Nase der Rotkappe trafen. Der koboldartige Kerl zuckte jaulend zurück und griff erneut an, sprang dabei genau in einen aufwärts führenden Fußtritt hinein, den Julius ausführte. Krachend landete die Rotkappe auf dem Rücken und rollte sich schnell herum, dabei mit dem Kopf nach vorne losstürmend. Julius flankte zur Seite, versuchte, seinen Zauberstab zu kriegen, doch schaffte es nicht, bevor die Rotkappe ihn erreicht hatte. So verteidigte sich der Junge mit weiteren Schlägen aus der Karatetechnik, die er vor vier Jahren zu lernen begonnen hatte. Die Rotkappe nahm jeden Treffer hin und schaffte es einmal, Julius an der Schulter zu treffen. Der Junge brach fast zusammen, schaffte es jedoch noch, einen Fußtritt im Gesicht des Angreifers zu landen, was diesen mehrere Meter nach hinten trieb. Julius fischte schnell nach seinem Zauberstab und rief:

"Stupor!"

Ein Blitz traf den Angreifer und warf ihn zu Boden. Im nächsten Augenblick war der Zauberschüler aus einer Muggelfamilie über ihm und entriß ihm mit einem Ruck die rote Kappe. Schnell krackselte er aus der Fallgrube heraus, wo Lupin auf ihn wartete.

"Das war ja höchst interessant. Schade, daß er dich erst überrumpelt hat. Deshalb kann ich dir nur neun von zehn Punkten für diesen Teil geben. Aber deine Kampfsporteinlage war sehr beeindruckend. Geht es dir soweit gut?"

"Der Kerl hat mich an der linken Schulter erwischt und einmal am rechten Bein getroffen", sagte Julius.

"Zeig mal!" Forderte der Professor für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Julius hob den Umhang und zeigte die getroffenen Körperpartien vor. Lupin besah sich die Treffer und sagte:

"Du bist hart im Nehmen. Ich denke, wenn du nach der Prüfung sofort zu Madame Pomfrey gehst, hast du damit keine Probleme. Gib mir die erbeutete Kappe!"

Julius sah, wie Lupin die blutrote Kappe zurück in die Grube warf, wo sie der besiegten Rotkappe auf der Brust landete. Dann winkte der Lehrer mit dem Zauberstab und ließ die Fallgrube wieder unter dem wie eine feste Wiese aussehenden Deckgeflecht verschwinden.

Die nächsteHürde war ein flacher Tümpel, wo ein Grindeloh Julius am Bein packte und umzureißen versuchte. Julius reagierte schnell und ließ dem grünen Wasserdämon einen heißen Strahl Funken ins Gesicht schießen, worauf dieser sich zurückzog. Dann ging es durch ein Labyrinth aus niedrigen Büschen, aus dem heraus eine Horde Wichtel über Julius herfiel. Der Junge, durch den Angriff der Rotkappe auf alles gefaßt, schickte eine Serie lauter Heultöne aus seinem Zauberstab gegen die kleinen blauen Quälgeister. Diese wichen zurück und sammelten sich zu einem neuen Angriff. Julius überlegte kurz und rief dann:

"Accio Wachskerze!"

Keine Sekunde später flog eine handgedrehte Bienenwachskerze vom Schloß her zu Julius herüber. Dieser fing sie geschickt auf und tippte kurz mit dem Zauberstab an ihren Docht. Sofort flammte der Docht auf und verströmte den typischen Geruch verbrennenden Wachses. Julius hielt die Kerze vor sich und ging weiter. Die Wichtel wichen vor dem Duft der brennenden Kerze zurück und ließen Julius unangefochten passieren. So gelangte der Junge aus dem Labyrinth heraus und auf die Freie Fläche auf der Westseite des Schlosses. Dort wartete Lupin und strahlte.

"Also, ich ging davon aus, daß der Sirennitus-Zauber der einzige wäre, mit dem du die Wichtel in Schach halten könntest. Aber das mit der Kerze war genial. Kannst du die Kerze dorthin zurückschicken, wo du sie hergeholt hast?"

"Ja, kann ich", sagte Julius. Er blies die Flamme aus und sprach die Gegenformel zum Herbeirufungszauber. Die Kerze schwirrte davon, zurück zum Schloß.

"Ich hoffe, das gibt keinen Ärger", murmelte Julius.

"Denke ich nicht. Hierfür gebe ich dir neben den zehn Punkten einen Sonderpunkt für geistesgegenwärtiges Zaubern. Schließlich sollte man alles anwenden können, was bekannt ist."

Die letzte Hürde war eine Kiste, die sich öffnete. Mit einem Satz fuhr ein monsterhaftes Insekt heraus, eine zwei Meter große Wespe, die ihre zwei Flügelpaare ausspannte und wie ein altes Propellerflugzeug brummend auf Julius zuflog, einen mörderischen Giftstachel aus dem Hinterleib hervortreibend. Julius war eine Sekunde lang angsterstarrt stehengeblieben, bevor er den Zauberstab hochriß und mit dem Wort "Riddiculus" und der Vorstellung, das Monster in einen Haufen Geschenkband aus rosa Seide einzuwickeln, dem Spuk ein komisches Ende machte. Die Riesenwespe verhedderte sich absolut in den Geschenkbändern, die mit einer großen Schleife über dem eingeschnürten Kopf abschlossen, bevor das Monster sich mit einem lauten Knall in eine Rauchwolke verwandelte, die in die Kiste zurückglitt.

"Du hast seit der ersten Begegnung mit einem Irrwicht viel Kreativität bei seiner Bekämpfung entwickelt. Aber Angst macht es dir doch noch, wie?" Fragte Lupin.

Julius gab dies zu.

"Ich denke im ersten Moment immer, so ein Monster sei echt und ich könnte nur wählen zwischen wegrennen und mich umbringen lassen."

"Das ist eben das Spiel der Irrwichte", bemerkte Lupin.

"Genauso wie Sie Angst davor haben, was der Vollmond mit Ihnen anstellt?" Wagte Julius eine Frage zu stellen, die ihm seit mehreren Wochen im Kopf herumschwirrte.

"Wie kommst du darauf?" Erwiderte Lupin, den die Frage offenbar nicht erschreckt hatte.

"Weil der Irrwicht am Schuljahresanfang wie eine Vollmondscheibe aussah. Und Sie haben erzählt, daß Irrwichte nicht unmittelbar das verkörpern müssen, was einem die meiste Angst macht, sondern das, was damit zusammenhängt."

"Genau. Gut gelernt. Übrigens bekommst du die volle Punktzahl auch für diese Prüfung. Und was meinen Irrwicht angeht, beziehungsweise das, worin sich ein Irrwicht verwandelt, so weiß ich schon längst, daß einige von euch da gewisse Vermutungen hegen. Ich werde jedoch nicht auf deine Frage antworten", sagte der Professor ruhig.

"In Ordnung, Professor", sagte Julius gelassen. Ihm lag ja nichts daran, sich mit Lupin zu verkrachen. Er hatte sich nach dem Triumph über den Irrwicht sowieso schon zu weit vorgewagt.

"Sie bekommen für diese Prüfung eine Eins plus wegen spontaner Fähigkeiten und erfolggreicher Bewältigung der gestellten Aufgaben. Dies dürfte sich als glatte Eins in deiner Gesamtnote niederschlagen. Dafür, daß du vor einem Jahr noch überhaupt nichts von der Zaubererwelt wußtest, ist das ein sehr guter Einstieg."

"Das werden die Professoren Snape und Binns womöglich anders sehen", dachte Julius laut. Lupin grinste. Dann erwiederte er:

"Für alles gibt es Experten. Für Zaubertränke wie für Geschichte. Aber wenn es um Kreaturen der dunklen Kräfte geht, sollte jeder sich selbst zu helfen wissen. Denk jetzt nicht, daß ich das nur sage, weil ich eben dieses Fach unterrichte. Ich weiß, wovon ich spreche."

"Sie mögen recht haben", sagte Julius und kehrte mit Lupin zu den anderen zurück.

Kevin kam sehr ramponiert zurück. Der Grindeloh hatte ihn unter Wasser gezogen, bevor Kevin ihn außer Gefecht setzen konnte. Außerdem hatte er es wieder mit den Wichteln zu tun bekommen und nicht sofort den richtigen Abwehrzauber anbringen können. Gloria kehrte fröhlich von ihrer Prüfung zurück. Marvin hinkte, als er zurückkehrte und schimpfte auf die Rotkappe, die ihm fast das rechte Bein gebrochen hätte.

Lupin versammelte alle Prüflinge noch mal außerhalb des Schlosses und verteilte noch mal offiziell die Noten. Gloria und Julius bekamen als einzige die Bestnoten, während Kevin und Marvin mit einer Drei minus in der Prüfung abgeschnitten hatten. Dann sagte Lupin noch:

"Den Herren Andrews, Malone und Sallers empfehle ich dringend den Besuch im Krankenflügel, falls sie darauf wert legen, daß sie morgen auch noch an Prüfungen teilnehmen können."

Gloria und Gilda begleiteten die drei vom Kampf um gute Noten zerzausten Jungen in den Krankenflügel, wo Madame Pomfrey schon auf sie wartete.

"Habt ihr Prügel dafür einstecken müssen, daß ihr schlechte Noten bekommen habt? Oder habt ihr schlechte Noten bekommen, weil man euch so zugerichtet hat?" Wollte die Schulkrankenschwester wissen. Julius grinste und sagte:

"Wir haben siegreich gefochten und den Gegner in den Staub getreten."

"Soso. Nun, ich bin es ja gewohnt, daß Jungen in eurem Alter sich nicht in Acht nehmen können. Also laßt mal sehen, was ihr habt!" Erwiderte Madame Pomfrey. Julius wollte den anderen den Vortritt lassen, doch diese lehnten ab. So ging Julius zuerst mit der Krankenschwester in das Behandlungszimmer. Dort besah sie sich die Prällungen, die die Rotkappe Julius beigebracht hatte.

"Gegen was hat Professor Lupin dich denn kämpfen lassen?"

"Eine Rotkappe. Ich wollte sie zuerst wie gelernt erstarren lassen, doch mir ging der Zauberstab verloren, und ich mußte nach Muggelart gegen den Kerl kämpfen. Falls der auch noch hier eingeliefert wird, ich lasse schön grüßen."

"Gegen Blutergüsse habe ich einen Schnellheiltrank. Sei froh, daß er dir nicht was gebrochen hat", sagte Madame Pomfrey und holte aus ihrem Schrank eine gelbliche Flüssigkeit in einer bauchigen Flasche.

"Sind Sie sicher, daß Sie die richtige Flasche rausgeholt haben? Das sieht mir eher nach einer Probe aus, die Sie jemandem abverlangt haben", meinte Julius beklommen. Die Krankenschwester entkorkte die Flasche und hielt Julius die leicht sprudelnde Flüssigkeit unter die Nase.

"Du kannst mich nicht ärgern, junger Mann. Dazu fehlt dir das Wissen. Und jetzt trink das!"

Die Krankenschwester füllte ein winziges Glasgefäß mit der Flüssigkeit und gab es Julius. Dieser holte tief Luft und trank das Gebräu in einem Zug hinunter. Sofort prickelte es wie tausend Nadelstiche auf seiner Haut, und vor seinen Augen sprühten blaue und rote Funken. Dann war es schon vorbei. Julius spürte die Prällungen und Beulen nicht mehr. Er besah sich die Stellen, wo ihn die Rotkappe getroffen hatte und konnte keine Verletzung mehr erkennen.

"Ich habe gehört, du wärest so bewandert in Zaubertränken. Dann kannst du mir doch bestimmt erzählen, wie dieser Trank zusammengesetzt ist", vermutete Madame Pomfrey lächelnd.

"Das hat uns Professor Snape nicht beigebracht", antwortete Julius.

"Soso. Dann schicke mir bitte den Herren mit der rotblonden Haartracht herein! Der sieht mir so aus, als hätte er meine Hilfe nötiger." Julius nickte bestätigend und ging aus dem Behandlungszimmer.

"Kevin, du darfst", verkündete er bösartig grinsend. Kevin Malone zuckte ungläubig die Achseln und deutete auf Marvin.

"Dem hätte die Rotkappe fast das Bein ausgerissen. Ich will dieses Glibberzeug nicht noch mal saufen, Mann. Das hält noch vor", lamentierte Kevin. Doch die Schulkrankenschwester stand bereits vor ihm und fragte:

"Wie kommst du darauf, daß du den Wichtelwutwegtrank noch mal zu dir nehmen mußt? Haben dich etwa wieder welche gebissen?"

"Nur einer", sagte Kevin.

"Komm rein und laß mich sehen, was alles mit dir angestellt wurde!" Forderte Madame Pomfrey und deutete auf das Behandlungszimmer. Kevin trottete hinter ihr her, wie ein nasser Hund und verschwand.

"Du bist ja gut weggekommen, Julius", meinte Marvin.

"Nur weil meine Reflexe noch funktionieren. Ich dachte, die wären eingerostet. Aber es ging ziemlich gut."

"Ich hoffe, ich muß nicht so'n Zeug trinken, wie diesen Wichtelwutwegtrank", sagte Marvin mit Beklemmung in der Stimme.

Kevin kam wieder aus dem Behandlungszimmer und starrte in die Runde der wartenden Mitschüler.

"Auf daß ich diesen Glibberbrei nie wieder auch nur ansehen muß. Brrrr!"

Marvin humpelte ins Behandlungszimmer und kam fünf Minuten später wieder heraus, als habe er sich nie besser gefühlt.

"Alles klar, Leute. Man sollte zwar nicht fragen, was in dem Trank oder in der Salbe drin ist, die ich einnehmen mußte, aber gewirkt hat es mal wieder."

"Sei froh, daß es gewirkt hat. Sonst hätte man dich in eine Muggelklinik einweisen müssen. Da hätten dir die Ärzte einen Gipsverband ums Bein gemacht und dich an Schläuche gehängt, um dich zu ernähren", sagte Julius gehässig. Madame Pomfrey warf ihm einen mitleidsvollen Blick zu.

"In so einer Welt kann man aufwachsen?" Fragte sie und maß Julius noch mal mit ihren Blicken ab, als müsse sie sich vergewissern, daß er wirklich normal beschaffen sei.

"Bisher ging's", sagte der Sohn eines Chemikers lässig und entzog sich weiteren Fragen dadurch, daß er seine Mitschüler aufforderte, mit ihm in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren. Gloria ließ es sich nicht nehmen, Marvins und Kevins Frisur zu richten.

"Wieso hat die Rotkappe dich eigentlich nicht verwamst?" Wollte Kevin von der blondgelockten Mitschülerin wissen. Gloria lächelte und sagte:

"Vielleicht weil ich ein Mädchen bin."

"Gemeinheit", erwiderte Marvin darauf nur.

"Ich habe nach dem Fall in die Grube sofort einen Verlangsamungszauber in die Mitte der Grube geschickt, so daß die Rotkappe nicht mehr reagieren konnte, bevor ich ihre Mütze hatte. Sollte man immer so machen, wenn man an einem unbekannten Ort landet, wo bestimmt was gefährliches lauert", erläuterte Gloria schulmeisterisch.

Abends im Schlafsaal der Jungen sagte Fredo noch:

"Seid froh, daß der uns nicht gegen Riesen oder Werwölfe hat kämpfen lassen."

"Du hast ja gehört, was Lupin gesagt hat. Der Mond scheint am Tag nicht", antwortete Julius müde und zog den Bettvorhang zu. Morgen würden die Prüfungen bei Professor Sprout und McGonagall drankommen.

 

 

Am nächsten Morgen saßen die Ravenclaws schweigend beim Frühstück. Julius sah, wie ihn Fredo und Kevin immer wieder ansahen, doch dann schnell in eine andere Richtung schauten. Eine Posteule lieferte einen Briefumschlag für Julius ab, den dieser erst einmal in seinem Umhang verschwinden ließ. Ihm lag nichts daran, zu lesen, was demnächst alles von ihm erwartet wurde. Seine Eltern wußten schließlich, daß im Juni die Jahresabschlußprüfungen anstanden. Da konnten sie ihm nicht noch mit gewöhnlichen Wissenschaften kommen. Er lauschte, um sich abzulenken, auf das Geraune, Gemurmel und Geschnatter von den Nebentischen. Dabei erfuhr er, daß die Viertklässler der Hufflepuffs heute mit der Zaubertrankprüfung an der Reihe waren. Julius sah, wie Betty und Jenna von ihren Hauskameraden angesehen wurden, wie zwei Weltwunder. Offenbar, so dachte Julius, glaubten sie nicht daran, daß ein Hufflepuff es bei Snape zu einer annehmbaren Note bringen konnte. Also mußten die Hufflepuffs schon Noten aus der Prüfung bei Snape bekommen haben. Julius fragte sich, warum Flitwick noch keine Ergebnisse bekanntgegeben hatte.

Die Slytherins zogen über Lupins Unterrichtsweise her. Vor allem die Drittklässler, allen voran Draco Malfoy, hetzten über Lupins Kleidung und die Art, mit dunklen Kräften umzugehen. Die Fünftklässler der Gryffindors hatten am Nachmittag des Vortages Kräuterkunde und äußerten sich sehr beklommen über die schwierigen Prüfungsaufgaben. Julius schnappte Wortfetzen auf, wie sie sich über Bodenanalysen unterhielten, aus denen man schließen konnte, welche Pflanzen am besten in dem analysierten Boden angesetzt werden konnten. Julius erinnerte sich an die Worte von Professor Sprout, als er ihr zum erstenmal in seinem Leben begegnet war:

"...Wissenschaftler. Was glauben Sie, was ich mache, oder Professor Snape oder Professor Flitwick? ..."

Wohl wahr! Magische Kräuterkunde war genauso anspruchsvoll wie die Botanik und Landwirtschaftschemie der technischen Welt seiner Eltern, empfand Julius.

Nach dem Frühstück ging es zu den Gewächshäusern hinaus. Die Junisonne stand bereits klar und hell am Himmel und schickte wärmende Strahlen zu den Hogwarts-Schülern. Sie postierten sich vor dem ersten Gewächshaus, in dem sie das ganze Jahr gearbeitet hatten und warteten, bisProfessor Sprout herbeikam.

"Wir machen das folgendermaßen. Ich rufe Sie einzeln herein, prüfe Sie auf Ihr Fachwissen und Ihre Fertigkeiten, danach hat jeder oder jede noch die Gelegenheit, eine Pflanzenart, die er oder sie besonders interessant fand, eigenständig zu erläutern. Für den Vortrag und die Präzision gibt es Extrapunkte. - Mr. Andrews, folgen Sie mir bitte!"

"Wer immer das A an den Anfang des Alphabets gestellt hat, sollte ... OK, ich komme schon", sagte Julius und folgte der rundlichen Hexe im stark beanspruchten Arbeitsumhang. Er sah noch, wie sich Gloria Porter und die Slytherin Lea Drake einander ansahen. Offenbar tauschten Sie ungesprochene Kommentare über ihn oder sonst was aus.

Professor Sprout führte Julius zu einer Pflanze, die im wesentlichen aus einem runden Stumpf bestand, aus dem heraus hunderte von winzigen blaßlila Blüten mit je zehn Blütenblättern herauswuchsen. Die Pflanze war einen meter hoch und stand in einem ovalen Behälter, der mit einer sehr wasserhaltigen Erde gefüllt war.

"Ich würde mich schwer wundern, wenn Sie mir nicht sagen könnten, wie die Pflanze heißt, vor der wir jetzt stehen", begann Professor Sprout und kramte eine Pergamentrolle aus ihrem Arbeitsumhang. Sie schrieb den Namen des Prüflings auf und nickte, Julius möge erzählen, was ihm zu dieser Pflanze einfiel.

"Das ist der sommerblühende Sumpfwinkelbusch. Er treibt nur einmal in zwei Jahren zwischen Juni und Juli Blüten aus und vermag, neugierige Wesen durch einen berauschenden Duft zu verwirren, wenn die Blüten am dichtesten ausgetrieben sind. Bei dieser Pflanze ist das noch nicht so, weil noch einige Zweige mit Knospen besetzt sind und die Blüten selbst noch nicht völlig geöffnet sind. Die Pflanze wächst nur in Morast, in dem Tier- und Pflanzenteile verrotten und vermehrt sich durch schwimmende Pollen, die unter Wasser liegende Blüten einer benachbarten Pflanze erreichen können. Hier haben wir schon die ersten Ansätze für diese Blüten zu sehen, wenn Sie die den Wurzeln nächsten Triebe betrachten. Der sommerblühende Sumpfwinkelbusch dient in der magischen Heilkunde dazu, Essenzen zur Senkung von Fieber zu gewinnen. Jedoch kann die Essenz, die den Verwirrungsduft erzeugt, auch als starkes Rauschmittel zubereitet werden, das starke positive Gefühlsausbrüche hervorruft. Daher wird diese Pflanze auch als Glücksquell bezeichnet, zumindest im Buch "Rauschpflanzen der gemäßigten Breiten" von Professor Lorena Sophia Dewdrop."

"Sehr gut!" Lobte die Kräuterkundelehrerin und notierte sich etwas auf der Pergamentrolle. "Dann werden Sie mir wohl auch sagen können, wielange ich diese Pflanze noch hier aufbewahren darf, bevor sie ihre verwirrenden Düfte verströmt und hier kein Unterricht mehr möglich sein dürfte."

"Moment", bat Julius um Geduld und betrachtete die Pflanze noch einmal genau. Dann sagte er:

"Vom Blütenstand und der Blütenanzahl her muß die Pflanze spätestens am 16. Juni umgesetzt werden, falls sie nicht vorher abgeerntet werden soll."

"Exakt. Hervorragend. Dann zeigen Sie mir bitte den Kartoffelbauchpilz!" Verlangte die Kräuterkundelehrerin. Julius wandte sich um und suchte jene bauchige Pflanze, die sie in den ersten Stunden bearbeitet hatten. Dort, wo sie früher gestanden hatte, wuchs ein breitblätteriger Strauch mit veilchenblauen Früchten. Dann, so nach einer Minute, deutete Julius auf eine Ansammlung von Töpfen, aus denen die gewünschten Gewächse herauslugten.

"Sehr gut. Sie Konnten sich ja denken, daß ich die Pflanze nicht dort aufbewahren würde, wo Sie sie schon einmal gesehen haben, oder?"

"Selbstverständlich. Wäre auch zu einfach gewesen", sagte Julius lächelnd.

Die nächsten Minuten verstrichen damit, daß Julius Auskünfte über diverse Pflanzen erteilte, die im Unterricht drankamen. Dann wurde er gefragt, ob er eine Pflanze besonders gut studiert habe. Julius überlegte kurz und rief sich den Artikel im grünen Magier ins Bewußtsein zurück. Dann sagte er:

"Ja, ich habe eine Pflanze. Das nordafrikanische Sonnenkraut, Herba africana heliotropa."

"Gut, erzählen Sie!" Forderte Professor Sprout. Julius berichtete, daß die Pflanze in der Wüste Sahara wachse, nur dort keime, wo einen Monat zuvor ein Tier durch Hitzschlag gestorben sei, lange weißgelbe Halme austrieb, an deren Enden kleine weiße Kapseln wuchsen, die in der heißen Mittagssonne zerplatzten und Samen und Pollen ausbrachten. Aus den pulverisierten Halmen und Wurzeln konnte in Verbindung mit australischen Wüstenblumen und dem Blut von Feuersalamandern eine wirksame Sonnenbrandheilsalbe zusammengestellt werden. Julius berichtete auch, wie man die Pflanze in einem Garten züchten konnte.

"Hierzu sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen muß die Aufzucht unter freiem Himmel erfolgen, da die unsichtbaren Anteile des Sonnenlichts ungefiltert die Pflanzen erreichen müssen. Zum zweiten kann diese Pflanze nur in heißen Gebieten der Erde, vorzugsweise in den Subtropen oder Tropen gezüchtet werden. Um sie anzusetzen bedarf es getrockneter Erde, vermengt mit Asche aus Insekten und Eidechsen, wahlweise mit Drachendung oder Einhorndung angereichert."

"Dann müßte jemand, der derartige Pflanzen züchtet in einer von Ihnen beschriebenen Gegend wohnen", wandte die Kräuterkundeprofessorin ein.

"Richtig. Auf den britischen Inseln würde die Aufzucht nicht gelingen. Deshalb wurde diese Pflanze wohl auch von einer in Australien lebenden Kräuterexpertin beschrieben", erwiderte Julius, der wußte, woraufProfessor Sprout hinauswollte.

"Wunderbar zusammengefaßt, Mr. Andrews. Haben Sie vielleicht die Pflanze einmal zu sehen bekommen?"

"Nein, habe ich nicht", antwortete Julius ruhig.

"Sehr gut zusammengefaßt. Da wir die Pflanze ja nicht selber bearbeiten konnten, erkenne ich Ihre Vorbereitung mit der höchsten Punktzahl bei der Extrafrage an. Ich habe aber noch eine theoretische Frage, die Sie mir beantworten können, um die maximale Punktzahl der gesamten Prüfung zu erwerben."

Professor Sprout holte aus ihrem Umhang ein Zaubererfoto heraus, das einen Zauberer in grünem Umhang zeigte, der gerade in die Erde griff, aus der rote Blätter herausragten. Julius besah sich das Bild genau. Dann kam die Frage:

"Welchen schweren Fehler begeht der dargestellte Zauberer?"

Julius überlegte, dann fiel es ihm ein.

"Er hat vergessen, seine Ohren zu verschließen. Bei der Pflanze, die er gerade ausgräbt, handelt es sich um eine Alraune. Ihre menschenähnlich gestaltete Wurzel stößt beim ausgraben laute Schreie aus, die tödlich für jeden sind, der sie hört."

"Sehr gut. Absolutes Punktemaximum. Hätte mich auch sehr gewundert, wenn Sie das nicht erreicht hätten", sagte die Kräuterkundelehrerin.

"Ich habe mich nur bemüht, das Fach gut vorzubereiten", sagte Julius.

"Ich habe schon gehört, daß Sie gerne tiefstapeln. Aber Sie haben zuviele Punkte für Ihr Haus bei mir erworben, um mich daran glauben zu lassen, daß Sie dieses Fach nur der Prüfung wegen sogut vorbereitet haben wie Zaubertränke."

Julius wollte schon ansetzen, danach zu fragen, wieso Professor Sprout gerade auf Zaubertränke kam und wieso sie meinte, daß er sich darauf ebensogut vorbereitet habe wie auf Kräuterkunde. Doch er schluckte die Frage hinunter und sagte:

"Muß an meinen Erbanlagen liegen, daß diese Fächer für mich zugänglicher sind als andere Fächer."

"Das lasse ich mal so stehen. Wie gesagt: Sie haben soeben die maximale Punktzahl und damit die bestmögliche Note in dieser Prüfung errungen. Bitte holen Sie nun Miss Melissa Ashton herein. Ich habe noch genug Pflanzen, über die man mir etwas erzählen kann."

Julius verließ das Gewächshaus und wandte sich der Slytherin-Erstklässlerin mit der rotbraunen Borstenfrisur zu, die sich mit Brutus Pane zusammengestellt hatte. Sie wartete, bis Julius zu seinen Hauskameraden zurückgekehrt war, bevor sie ins Gewächshaus ging.

"Und, wie lief es?" Fragte Kevin, der ein Gesicht zur Schau trug, als ginge er zu seiner eigenen Hinrichtung.

"Ich darf nächstes Jahr weiter bei ihr Unterricht haben", sagte Julius. Gloria kicherte albern über diese Antwort.

"Tolle Antwort. Aber ich geh mal davon aus, daß du alles gewußt hast, was sie dich gefragt hat", sagte Kevin.

"Was wollte Lea denn von dir?" Flüsterte Julius Gloria zu.

"Sie hat nur angezeigt, daß die Slytherins schon die Zaubertrankprüfungsergebnisse haben und Snape irgendwie nicht daran vorbeikam, dich besser zu benoten als manchen anderen von uns", flüsterte Gloria, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß Lea Drake und Chuck Redwood sich so angeregt miteinander unterhielten, daß sie nicht bemerken konnte, daß man über sie sprach.

"Die Hufflepuffs wissen das auch schon. Ich denke, Flitwick rückt noch nicht damit heraus, weil er uns die Laune nicht verderben will", erwiderte Julius.

"Wie er meint", sagte Gloria. "Meine Laune wird dadurch nicht verdorben."

"Aber meine", knurrte Fredo, der sich mit Holly Lightfoot zusammen in die Nähe seiner Hauskameraden gestellt hatte, weil Brutus Pane, nachdem seine Hauskameradin Melissa zur Prüfung bestellt wurde, gelangweilt die Muskeln spielen ließ.

"Dafür wirst du in den anderen Fächern besser wegkommen", sagte Gilda Fletcher tröstend zu ihm. Julius nickte zustimmend. Snape war nicht das Maß aller Dinge. Selbst wenn er Fredo oder anderen Ravenclaws eine Sechs geben sollte, könnte darüber verhandelt werden, inwieweit diese Note wirklich auf mangelnde Leistung zurückzuführen war.

"Darfst du erzählen, was du gefragt wurdest?" Wollte Pina Watermelon wissen.

"Sie wollte was über eine Pflanze wissen, die sie mir zeigte. Dann sollte ich ihr einige Pflanzen zeigen und über eine Zauberpflanze sprechen, über die ich mich schlau gelesen habe. Sowas ähnliches wird wohl allen blühen."

"öh, was für eine Sonderpflanze denn? Ich habe nur das Zeug gelesen, daß wir im Unterricht gehabt haben", lamentierte Kevin.

"Das genügt doch", erwiderte Gilda.

Die Reihenfolge der zu prüfenden setzte sich fort. Melissa Ashton kam mit beruhigtem Lächeln aus dem Gewächshaus. Ebenso geschah es mit Lea Drake und Fredo Gillers. Als Kevin ins Gewächshaus gerufen wurde, sah Julius, wie Brutus Pane einen hämischen Blick nach ihm warf.

"Du kommst auch noch dran", dachte Julius bei sich, weil er Brutus einen glatten Reinfall gönnte. Als Kevin wieder aus dem Gewächshaus herauskam, wirkte er zwar immer noch so, als habe er seinem Henker gegenübergestanden, aber so, als sei das endgültige Verhängnis noch einmal von ihm abgewendet worden.

"Drei minus", flüsterte er Gloria und Julius zu, als Brutus Pane mit siegessicherem Schritt das Gewächshaus betrat.

"Wo hat es denn bei dir gehangen?" Fragte Julius vorsichtig.

"Die hat mir ein Bild von einem Strauch gezeigt und wollte wissen, wann es aufgenommen wurde. Weiß ich sowas?"

"Kommt auf den Strauch an", erwiderte Julius und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, um einem möglichen Wutausbruch Kevins aus dem Weg zu bleiben.

"Dazu sage ich jetzt nichts, um nicht den anderen den Spaß zu verderben", erwiderte Kevin.

Mit einem empörten Ausruf schoß Brutus Pane aus dem Gewächshaus und rannte beinahe Lea Drake um, die sich mit Melissa Ashton unterhielt.

"Diese Fettel hat mir 'ne glatte Fünf verpaßt, Mann! Ich geh zu Professor Snape."

"Mach das", sagte Melissa Ashton und sah so aus, als müsse sie sich entscheiden, ob sie jetzt mitleidsvoll oder schadenfroh gucken sollte. Brutus polterte einfach in Richtung Schloß davon und verschwand aus dem Blickfeld der übrigen Schüler.

"Dem möchte ich aber in den nächsten Tagen nicht in die Finger geraten", murmelte Julius. "Bei dem ist das Gehirn gerade wegen Überlastung ausgeschaltet worden."

"Wo ist Mr. Pane? Er sollte Ms. Gloria Porter zu mir schicken", ertönte Professor Sprouts Stimme aus der offenen Gewächshaustür.

"Du machst das. Schlimmer als dieser Kraftmeier kannst du es sowieso nicht versieben", gab Julius der blondgelockten Klassenkameradin ein paar aufmunternde Worte mit auf den Weg.

"Slytherins haben doch noch einen Nutzwert", kicherte Kevin. "Sie zeigen einem, daß es einem noch gut ergangen ist."

"Hat was für sich", grinste Julius.

Gloria kam mit erleichtertem Gesicht aus der Prüfung. Sie lief zu Julius und klopfte ihm auf die Schultern.

"Das lernen mit dir hat sich ausgezahlt. Eins", verkündete sie leise.

Chuck Redwood kam ebenfalls strahlend aus der Prüfung zurück und warf Julius und Gloria einen kurzen erfreuten Blick zu, bevor er sich zu Lea stellte und mit ihr lachte.

"Kuck mal, da hat sich noch jemand gefreut", flötete Kevin gerade so laut, daß nur die direkt bei ihm stehenden es mitbekamen.

Als Carol Ridges aus dem Gewächshaus zurückkehrte und sich zu ihrer Freundin Persie Knightfall stellte, war ihr anzusehen, daß sie eine gewisse Genugtuung empfunden hatte.

"Die denkt jetzt wohl, sie hätte eine bessere Note als du erwischt", raunte Kevin Julius zu. Julius sagte nichts dazu. Immerhin war er mit einem mehr gleichgültigen Gesichtsausdruck aus der Prüfung gekommen, der alles vom erwarteten Erfolg bis zur hingenommenen Niederlage hätte anzeigen können.

Als Pina aus der Kräuterkundeprüfung zurückkehrte sah sie wie Julius gleichgültig aus, bis sie neben Gloria stand und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Dann wandte sie sich Julius zu und hauchte:

"Zwei plus. Mit soviel hätte ich nicht gerechnet, weil ich mich zu sehr auf Zaubertränke konzentriert habe."

"Immerhin besser als Brutus Pane", sagte Julius gehässig.

Professor Sprout versammelte die Prüflinge der ersten Klasse noch mal vor dem Gewächshaus und stellte mit befremdlichen Nasenrümpfen fest, daß Brutus Pane nicht mehr dabei war. Dann verkündete sie noch mal die Prüfungsnoten, und Julius sah belustigt, daß Carol Ridges überlegenes Grinsen einer enttäuschten Miene wich, als sie Julius' Ergebnis erfuhr. Daß auch Gloria mehr als die Zwei bekommen hatte, die die Slytherin erzielen konnte, machte ihren schönen Triumph gänzlich zu Nichte. Lea hatte wie Chuck eine glatte Eins erzielt, während die meisten übrigen nicht über eine Drei hinausgekommen waren. Dann meinte die Kräuterkundelehrerin:

"Ich hatte eigentlich nicht gesagt, daß jeder nach bestandener Prüfung einfach fortgehen soll. Offenbar hielt Mr. Pane es für erforderlich, sich direkt mit seinem Hauslehrer zu beraten. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihre Einsatzbereitschaft und denke doch, daß jene, die heute nicht so erfolgreich abgeschnitten haben, im nächsten Schuljahr bessere Ergebnisse erzielen werden."

Professor Sprout ging zum Schloß zurück, und die Erstklässler folgten ihr in respektablem Abstand.

"Jetzt bleiben nur noch zwei Hauptprüfungen und der Tanz auf dem Hexenbesen", meinte Julius, als sie in die große Halle eintraten.

"Bei dir mache ich mir da keine Sorgen. Verwandlung schaffst du wegen deiner hohen Grundkraft, und in Astronomie hast du uns alle immer wieder übertrumpft", sagte Gloria und erntete ein zustimmendes Nicken von Pina, Gilda und Kevin.

"Astronomie ist ja auch ein Hobbby von mir. Ich verstehe ja auch die Leute, die sagen, daß sie das Thema überhaupt nicht interessiert, weil ja nicht viel für die Zauberei dabei herumkommt."

"Soso. Die Mondphasen sind nicht wichtig? Die Planetenstellungen sind für eventuelle Zauber nicht wichtig? Oha, das laß Professor Sinistra bloß nicht hören", widersprach Gloria.

"Ach die Mondphasen. In einigen Tagen ist Vollmond."

"Genau", sagte Kevin.

Julius und Kevin beobachteten, wie am Lehrertisch eifrig diskutiert wurde. Die professoren Sprout und Snape schinen sich zu streiten, zumindest nicht einer Meinung zu sein. Doch dann nickte Snape schwerfällig und beendete die gestenreiche Auseinandersetzung.

"Er wollte wohl die Note für seinen Schützling Brutus raufhandeln, und Sprout hat wohl verlangt, einige Hufflepuff-Noten dafür höher setzen zu lassen", vermutete Julius, als Snape sich mit Dumbledore unterhielt.

"Nein, das gibt's hier nicht", wandte Dustin McMillan ein. "Dumbledore hat die Beiden nur angeguckt. Ich denke, er hat gesagt: "Wer prüft vergibt die Noten, und sonst keiner." Immerhin dürften die Hufflepuffs bei Snape im großen und ganzen schlechter weggekommen sein als die Slytherins bei Sprout."

"Du hättest das mal erleben sollen, Dustin. Brutus Pane kommt aus dem Gewächshaus, brüllt rum, daß er eine verdammt schlechte Note gekriegt hat und galoppiert sofort zu Snape, wie ein Kind, daß seinem Vater verpetzt, daß der Nachbarsjunge ihm eine reingehauen hat", erzählte Julius, nicht ohne ein schadenfrohes Grinsen.

"Die Panes sind eben impulsiv, wie diese Fußballrandalierer bei den Muggeln", ließ sich Dustin zu einer Bemerkung hinreißen. Julius wiegte nur den Kopf und dachte sich seinen Teil.

"Was droht euch heute Nachmittag noch?" Fragte Dustin seinen jüngeren Sitznachbarn.

"Das absolute Prunkstück der Hexenkunst. Verwandlung", antwortete Julius bedrückt.

"Mist, gerade da hat es auch bei mir in den errsten zwei Jahren immer gehakt", mußte Dustin einräumen. Sein Klassenkamerad Leonard Pinetree kicherte, als er das hörte und sagte:

"Hat gehakt, Dusty? Ich würde sagen, daß der Prozeß noch nicht beendet ist."

"Ich lache später drüber, Lenny", entgegnete Dustin genervt.

"Bei mir habe ich nur den Eindruck, daß die Dame McGonagall mich so richtig rannehmen will, weil ich eben kein reinblütiger Zauberer bin."

"Geht das schon wieder los? Ich dachte, da wärst du jetzt drüber hinweg", meldete sich Gloria Porter wieder zu Wort. "Für McGonagall gibt es keine rein- Halb- und muggelblütigen Zauberer, sondern nur Könner und Nichtskönner. Dazwischen mußt du dich einordnen. Und ich denke, daß du näher an die Könner herankommst als an die Nichtskönner."

"Wieso hörst du dem eigentlich noch zu, Gloria? Seitdem Julius hier ist, muß er das zwischendurch mal rauslassen, daß er angeblich nichts hier zu suchen hat und Bla-bla", drängte sich Kevin in das Gespräch hinein.

"Ein Muggelpolitiker vor über sechzig Jahren hat mal behauptet, daß etwas nach hundertmaliger Wiederholung zur Wahrheit wird, auch wenn es gelogen ist", wandte Gloria ein.

"Das war einer von den Nazis", wußte Julius zu ergänzen. "Die haben damals ihr eigenes Volk verschaukelt, um es in einem Krieg zu verheizen."

"Mag sein. Aber du solltest wissen, wo du hingehörst. Mittlerweile solltest du das wissen."

"Ich habe auch nicht gesagt, daß ich nicht hier hingehöre, wie Mr. Malone es auslegt. Ich habe nur gesagt, daß McGonagall mich extra hart rannimmt, weil ich eben aus einer Muggelfamilie komme, die mit Zauberei absolut nichts am Hut hat", tönte Julius gereizt. Seine schöne Selbstbeherrschung war geschwächt.

"Und eben das habe ich dir eben auszureden versucht", erwiderte Gloria laut. Penelope Clearwater zischte ein energisches "schschsch!" Dann sagte die Vertrauensschülerin:

"Was soll denn das? Zu solchen dummen Zankereien besteht weder der Anlaß, noch eine Notwendigkeit. Julius hat recht, daß er einräumt, daß er nicht weiß, wie die Leute hier mit ihm umgehen, weil er aus einer Muggelfamilie kommt. Und Gloria hat recht damit, daß Professor McGonagall keinen Unterschied in der Herkunft macht. Basta! Da Ravenclaws im Ruf stehen, gegebene Tatsachen schnell zu erfassen, gehe ich davon aus, daß dieses leidige Thema nun erschöpfend diskutiert wurde."

"OK", sagte Julius. Er hatte "Schon gut, Mum" sagen wollen, es sich jedoch verkniffen. Jetzt und wegen dieser Unsinnigkeit noch Punkte wegen Respektlosigkeit einer Vertrauensschülerin gegenüber zu verlieren war wirklich pure Dummheit. Gloria lächelte wohlwollend. Dann sah sie sich nach den anderen Tischen um.

"Betty und Jenna haben erzählt, daß sie heute nachmittag bei Lupin geprüft werden", schnitt die blondgelockte Klassenkameradin von Julius ein neues Thema an.

"Ich hoffe, sie packen das gut", sagte Julius.

"Denke ich doch", sagte Pina, die einige Stühle weiter saß.

Der Rest des Mittagessens wurde in ruhiger Atmosphäre eingenommen. Dann ging es zur vorletzten Hauptprüfung zum Verwandlungsraum.

Die Ravenclaw-Erstklässler bildeten eine dichte Traube vor der Tür, die noch verschlossen war.

"Ob die uns auch einzeln drannimmt. Padma hat gesagt, daß ihre Schwester Parvati mit den anderen Gryffindors zusammen in einem Raum geprüft wurde."

"Kunststück! Du kannst ja wohl schlecht bei jemandem Abschreiben, ob sich dein Versuchsobjekt nun in das gewünschte Ding verwandelt oder nicht", meinte Kevin, als Gilda das erzählt hatte.

"Nöh, das wäre genial", sagte Fredo.

"Einen schönen guten Nachmittag, alle zusammen", begrüßteProfessor McGonagall die wartende Klasse und ging zur Klassenzimmertür. Wortlos gaben ihr die Schüler den Weg frei. Als dann alle in den Raum hineindrängten, versuchte Julius, sich möglichst zurückfallen zu lassen, um einen der hinteren Sitze zu besetzen. Doch die Verwandlungslehrerin sah das und klatschte in die Hände:

"Jeder setzt sich bitte dorthin, wo er oder sie sonst sitzt, damit hier kein falsches Bild entsteht. Ich werde umverteilen, wenn ich das für nötig halte."

Julius ging mit bleischweren Beinen nach vorne und ließ sich schweigend neben Gloria nieder.

"Da ich davon ausgehe, daß Sie bei meinen Kollegen Professor Snape und Professor Sprout bereits geprüft wurden, erwarte ich, daß Sie alle damit vertraut sind, daß unsere Prüfungen nicht nur in praktischer Anwendung, sondern auch in theoretischem Wissen bestehen. Ich werde also gleich einige Fragebögen verteilen, die Sie bitte auszufüllen haben. Wenn dies erledigt ist, händige ich Objekte zur Verwandlungsprüfung aus. Für den Theorieteil vergebe ich maximal zehn und für den praktischen Teil je einen Punkt pro geglückter Verwandlung und fünf Punkte für einwandfreie Resultate. Theorie und Praxis werden zu gleichen Teilen im Gesamtergebnis berücksichtigt. Und um jeden störenden Hintergedanken endgültig verklingen zu lassen:

Es kommt mir nicht darauf an, welche Eltern jemand hat, der die Prüfungen belegt, sondern nur, wie diese Prüfungen enden. Ich gehe davon aus, daß dies verstanden wurde."

Keiner sagte dazu etwas, obwohl Gloria, Kevin und Julius wußten, daß sie gemeint waren.

Die Verwandlungslehrerin überzeugte sich, daß alle die besonderen Schreibfedern benutzten. Dann teilte sie die Fragebögen aus.

"Für die Beantwortung der Fragen haben Sie genau eine halbe Stunde Zeit. Danach sammel ich die Fragebögen wieder ein", verkündete die Hexe mit den viereckigen Brillengläsern.

Julius nahm den Fragebogen und atmete durch. Fragen zu beantworten hatte nichts mit seiner Herkunft oder seinen Grundkräften zu tun.

Er las die Frage nr.1: Welche Materialien können nicht umgewandelt werden?

Julius grinste und schrieb hin, daß sämtliche Edelmetalle nicht umgewandelt werden könnten, weder vergrößert, verkleinert oder in andere Materialien umgewandelt werden konnten.

Frage Nr.2 lautete: "Wie nennt man Verwandlungen toter Obbjekte in andere tote Objekte?"

Julius schrieb daneben: "Invivo ad invivo"

Die dritte Frage bezog sich auf die Grundzauberworte bei den unter Frage 2 angesprochenen Verwandlungen, und Julius schrieb alle Zauberwörter und Bewegungsweisen der Zauberstäbe hin, die ihm einfielen. Die vierte Frage lautete: "Wie heißen Verwandlungen vom toten zum lebenden Objekt?" Julius beantwortete die Frage mit dem Satz:

"Solche Verwandlungen werden als animierende Transformation oder Invivo ad vivo bezeichnet."

Frage nr.5 verlangte eine Aussage über Objektvergrößerungen und die Umkehr dieser Vergrößerung. Julius schrieb die Zauberwörter "Engorgio" und "Reducio" als Antwort auf und erläuterte die Anwendung.

So ging es weiter, über die Verkleinerung von Objekten und deren Umkehrung, über Materialwandlung, Zaubersprüche für die Belebung toter Objekte wie Schachfiguren oder die Schwierigkeit von Verwandlungen ineinander gesteckter Objekte, wie Federn in einem Federhalter. Frage nr.10 ließ Julius kurz zusammenfahren:

"Wieso ist es schädlich für ein Lebewesen, wenn ein von diesem festgehaltenes Objekt aus toter Materie umgewandelt wird?"

Julius mußte einige Sekunden Pause machen. Denn ihm fiel die Szene von vor fast einem Jahr wieder ein, wo Professor McGonagall seinem Vater einen Revolver aus der Hand gehext und diesen dann in ein buntes Sofakissen umgewandelt hatte. Sie hatte damals gesagt, daß es schädlich für Lebewesen sei, wenn man Objekte in ihren Händen verwandelte, und daß Julius das noch bei ihr lernen würde. Tatsächlich hatte Julius im Verlauf des zweiten Schulhalbjahres erfahren, daß ein direkter Kontakt lebender Materie mit einem toten Objekt den Verwandlungszauber stören und zu einer körperlichen Schädigung des Lebewesens führen konnte. Er tunkte die Feder kurz in sein Tintenfaß und schrieb:

"Direkte Berührung zwischen lebender und toter Materie führt zu einer Streuung der Magie, mit der totes in totes umgewandelt werden soll. Zeitweilig kann es zu einer Verschmelzung zwischen der toten und der lebenden Materie kommen, was einen schwer zu behebenden Verletzungsschaden bei dem betroffenen Lebewesen herbeiführt. Besonders kritisch ist es, wenn metallische Objekte in nichtmetallische Objekte verwandelt werden. Ein Fall im Jahre 1891 beschreibt die Verwandlung eines Armes in einen Eisenklotz, als ein Zauberer im Alkoholrausch versuchte, den Zinnkelch seines Zechgenossen in ein großes Taschentuch zu verwandeln. Der Fall ist in der Abhandlung über spektakuläre Zauberunfälle und im Jahrgangsbuch "Verwandlungen 1891" dokumentiert worden."

Julius atmete wieder tief durch und las die weiteren Fragen, in wie weit der augenblickliche Gefühlszustand des Zaubernden bei Verwandlungen Auswirkungen auf das Resultat habe und wieso es leichter sei, ein Objekt mit einer bestimmten Farbe durch Verwandlung zu erschaffen als bereits in der Endform befindliche Objekte umzufärben. Hierzu schrieb er, daß bei Umfärbungen bereits fertiger Objekte eine genaue Einteilung der Zauberkraft nötig sei, um nicht eine angleichung des Objektes mit der vorgestellten Farbgrundlage zu erzielen. Er schilderte in dem freien Feld neben der Frage, daß er dies bereits praktisch erfahren habe, daß Himmelblau bei einer Umfärbung zur Auflösung des zu behandelnden Objektes in kalte Luft geführt hatte.

Die restlichen zehn Fragen drehten sich noch um geeignete Zauberstabzusammensetzungen, Materialverwandschaften und Materialmengen, die alle bei Verwandlungen eine Rolle spielten. Als die vorgegebene Zeit um war, klopfte Professor McGonagall kurz mit ihrem Zauberstab auf ihr Pult, dann ging sie herum und sammelte die Fragebögen ein.

Die praktische Übung bestand darin, große Käfer in Hosenknöpfe zu verwandeln, etwas, das sie in den letzten Stunden ausgiebig gelernt hatten. Julius schaffte es, seine sechs Käfer in gleichförmige Hosenknöpfe zu verwandeln. Gloria, die ebenfalls nicht schlecht dabei war, vermochte, die aufgegebenen Verwandlungen an fünf der sechs Käfer durchzuführen. Der sechste wurde zwar verzaubert, aber nicht in einen Hosenknopf, sondern in ein unförmiges Objekt, aus dem noch sechs Beine herausragten. Danach sollte noch je eine Maus in eine Schnupftabaksdose verwandelt werden. Julius schaffte auch diese Aufgabe, wobei er sich den Spaß gönnte, die Tabaksdose noch mit Verzierungen zu versehen, die in verschiedenen Farben glänzten. Dafür brauchte er lediglich eine Viertelminute, während die übrigen damit zu tun hatten, ihre Versuchsobjekte oder -tiere richtig vor den Zauberstab zu kriegen und die Zauberformeln zu sprechen, bevor sie ihnen wieder wegliefen.

Nach einer Viertelstunde beendete Professor McGonagall die Prüfung und sammelte die Produkte der praktischen Versuche ein. Dann sagte sie noch:

"Die Ergebnisse der Prüfungen werden Sie von Ihrem Hauslehrer erfahren, wenn die Prüfungswoche vorbei ist. Ich bedanke mich für Ihre Einsatzbereitschaft und Disziplin. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag!"

Die Schüler verließen die Klasse. Julius und Gloria ließen sich Zeit, den Raum zu verlassen. Denn sie wollten nicht unbedingt jetzt schon von den anderen mit Beschwerden und Neidbekundungen bestürmt werden, die nicht die Resultate erzielt hatten, die erwartet wurden.

Als die beiden gerade durch die Tür gingen rief die Verwandlungslehrerin sie noch mal zurück.

"Gut, daß Sie beide sich nicht so schnell verdrücken wollten. Kommen Sie bitte noch mal zurück und schließen Sie die Tür!"

Julius machte ein Gesicht, als müsse er sich bei einer ungeliebten Tante für ein unerwünschtes Geschenk bedanken. Doch er kehrte in die Klasse zurück und setzte sich.

"Ich habe mit großer Befriedigung zur Kenntnis genommen, daß Sie sich trotz Ihrer vorhandenen Grundpotentiale sehr kollegial und bescheiden Ihren Mitschülern gegenüber verhalten. Das ist zwar nicht meine Aufgabe, Sie dafür zu beurteilen, da ich nicht Ihre Hauslehrerin bin. Doch da ich es war, die Sie davon überzeugen konnte, daß Sie ein Mitglied unserer Welt sind, gestatte ich mir diese Bewertung. Wenn Sie Ihren Eltern schreiben, Mr. Andrews, dann teilen Sie ihnen ruhig mit, daß ich nichts von dem zurücknehme, was ich damals angemerkt habe. Ich weiß, daß Sie selbst immer noch gewisse Zuordnungsängste haben und zwischenzeitlich dem Gedanken anhängen, Ihre positive Entwicklung als Fehlschlag fehlzudeuten, weil Sie von einigen Mitschülern Ihrer Herkunft wegen herabgewürdigt zu werden glauben. Ich weiß auch, da mir Ihr Vater einen sehr merkwürdigen Brief geschickt hat, daß er Sie am liebsten nicht mehr hierher kommen lassen möchte. Ich erkenne den Wunsch der Eltern nach korrekter Ausbildung als wichtige Grundlage für eine gute Ausbildung an. Doch sollten Sie sich nicht davon einschüchtern lassen. Da ich davon ausgehe, daß Professor Flitwick diesbezüglich noch etwas zu Ihnen sagen wird, sage ich nur noch, daß Sie im nächsten Jahr wieder hier in diesem Zimmer sitzen und bei mir lernen werden, wie auch immer sich in den Ferien die Dinge entwickeln.

Sie wundern sich vielleicht, Ms. Porter, daß ich Sie bei dieser Unterredung im Raum belassen habe. Dies begründet sich schlicht daraus, daß ich natürlich mitbekommen habe, daß Sie eine der wenigen sind, die ohne Hohn und Spott auf Mr. Andrews' Selbstkritik eingehen und ihm die soziale Basis bieten, auf der er seinen Weg aufbauen wird. Ich sage nicht kann sondern wird, weil seine Natur keine andere Möglichkeit zuläßt. Da Sie auch darüber orientiert sind, daß ich diejenige war, die Mr. Andrews auf unsere Lehranstalt aufmerksam machte, hegte ich keine Bedenken, Sie an dieser kurzen Unterredung teilhaben zu lassen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Ich gebe Ihnen keinen Auftrag, Ihre Bemühungen fortzusetzen, sondern drücke nur meine Hoffnung aus, daß sich Ihre Bemühungen auszahlen. Professor Snape würde vielleicht jetzt sagen, daß die Dosis den Unterschied zwischen belebendem Trank und tödlichem Gift ausmacht, und ich hege keinen Zweifel daran, daß Sie wissen, was damit gemeint ist. Wenn Sie oder Mr. Andrews sich noch dazu äußern möchten, dann haben Sie jetzt die Gelegenheit."

"Zunächst einmal möchte ich mich für die Unterstellung entschuldigen, die ich mehrfach geäußert habe, nämlich daß Sie versuchen, nach Herkunft zu urteilen und Leuten aus Muggelfamilien extraharte Aufgaben stellen, um sie zu zwingen, an ihre Grenzen zu gehen", begann Julius Andrews schüchtern. "Darüber hinaus kann ich für das, was meine Eltern tun nichts. Wenn meine Eltern beschließen, mich von Hogwarts herunterzunehmen, werde ich nichts dagegen ausrichten können. Wenn Sie die Zahlungen unterlassen, werde ich nicht länger hier zur Schule gehen können. Abgesehen davon weiß ich natürlich sehr wohl, daß ich einer unter vielen Zauberern bin, selbst wenn in meiner lebenden oder über die letzten zwei Generationen zurückreichenden Verwandtschaft keine Hexe oder ein Zauberer zu finden ist. Also an mir soll es nicht liegen, daß Sie mich nächstes Schuljahr wieder hier begrüßen dürfen."

"Das ist eigentlich eine gute Gelegenheit, dir Julius zu sagen, daß ich deine Art, dich zurückzuhalten, nicht auffallen zu wollen sehr bewundere. Ich habe von meinen Eltern gehört, daß manche Nachwuchshexen und Zauberer aus Muggelfamilien meinten, sich in allem bestmöglich hervorzutun und sich heftigst um Anerkennung zu bemühen. Und die konnten nicht sofort zu gut zaubern wie du. Deshalb, und nicht weil ich mich von irgendwem beauftragt fühle, will ich, daß du deinen Weg gehst und werde auch da sein, wenn du mal wieder Angst vor deiner eigenen Courage hast. Und Ihnen Professor McGonagall kann ich verbindlich versichern, daß es mir nicht darauf ankommt, von irgendeiner Seite Aufträge zu erhalten, wenn ich der Meinung bin, daß etwas außerschulisches richtig ist, solange Weg und Ziel richtig sind. Sie wissen wahrscheinlich besser als ich, daß Julius Kontakt zu einer ehemaligen Hogwarts-Schülerin hat, die dieselbe Ansicht teilt wie ich. Die hat auch keinen Auftrag dazu erhalten. Oder täusche ich mich da?"

"Ich weiß, von wem sie sprechen und kann Ihnen versichern, Ms. Porter, daß ich aus eigenster Erfahrung weiß, daß die besagte Hexe ihren ganz eigenen Dickschädel hat und nur das tut, wovon sie felsenfest überzeugt ist. Und ich bin froh, daß unser junger Hoffnungsträger an sie geraten ist. Falls Sie ihr in den Ferien begegnen sollten oder von ihr Post erhalten, fragen Sie sie doch mit einem schönen Gruß von mir nach der Begebenheit mit dem Springbeerenbaum. Würde ich Wetten abschließen, so würde ich darauf setzen, daß Sie eine sehr interessante und abwechslungsreiche Geschichte erzählt bekommen werden."

"Das wird sich zeigen", sagte Julius und lächelte. Die Verwandlungslehrerin sah beide streng an, als wolle sie sicherstellen, daß nichts, was hier gesagt wurde, nach außen drang. Dann verabschiedete sie die beiden Schüler.

"Ich fürchte, Gloria, daß ich in diesen Sommerferien weder an die frische Luft kommen, noch irgendwen treffen werde, der auch nur entfernt was mit Zauberei zu tun hat. Du hast ja den Briefumschlag gesehen, den ich heute morgen gekriegt habe. Ich fürchte, da steht nichts nettes über Hogwarts drin", sagte Julius, als Gloria und er auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum der Ravenclaws waren.

"Und wenn schon. Padma hat erzählt, daß man das bei Harry Potter andauernd versucht, ihm die Zauberei auszutreiben und das bisher nicht verhindern konnte, daß er von seinen Freunden hörte."

"Und woher weiß Padma das? - Achso, ich vergaß es, daß sie und ihre Zwillingsschwester ja auf zwei Häuser verteilt wurden. Parvati wohnt in Gryffindor, richtig?"

"Aber sicher doch. Vielleicht erzählt dir Padma mal die Geschichte von dem fliegenden Auto, mit dem Harry und Ron hier gelandet sein sollen."

"Huch? Haben die den Zug verpaßt?" Wollte Julius wissen. Gloria lachte.

"Ja, haben sie. Aber nicht absichtlich, wie sich herausstellte. Aber vielleicht will Padma dir das nicht erzählen."

"Ich weiß von Pina, daß sie, Cho und Padma sich darüber unterhalten haben, daß ich in Australien den Zaubergarten Hidden Groves besucht habe. Kam da noch was genaues bei euch an?" Fragte Julius.

"Nichts, was du uns nicht schon erzählt hättest. Die beiden Patil-Schwestern waren eben zur selben Zeit da wie du. Padma habe sich nur gewundert, daß deine Eltern dich nicht begleiten wollten, aber zuließen, daß jemand außerhalb der Familie mit dir in der Weltgeschichte herumreisen konnte."

"Meine Eltern wundern sich da auch drüber. Zu dem Zeitpunkt war meine Mutter allein zu Hause und hat nicht eingesehen, warum ich mir nicht mal die freie Zaubererwelt angucken sollte", sagte Julius Andrews.

"Ich habe mir mal die alten Jahrbücher vorgenommen und nur gutes über deine Ms. Dawn herausgefunden", sagte Gloria.

"Ich dachte schon, du würdest mir gleich erzählen, daß sie ins Geheim für den dunklen Lord gearbeitet hat", erwiderte Julius gehässig.

"Als der sich an Harry Potter übernahm war sie gerade in der fünften Klasse hier. Ihre Eltern waren dem dunklen Meister nicht wichtig genug, um sie in seinen Dienst zu zwingen oder zu töten. Aber sie hat hier interessante Veränderungen durchgesetzt, mit dem von Professor McGonagall erwähnten Dickschädel. So ist es erst seit einigen Jahren üblich, daß Quidditchspiler ihre eigenen Besen benutzen dürfen. Vorher mußten die auf den billigsten Rennbesen spielen. Vor zehn Jahren war es nämlich noch ganz verboten, daß Schüler ihre eigenen Besen hatten, nicht nur denen der ersten Klasse. Und sie hat dafür gesorgt, daß auch unterhaltsame Bücher in der Bibliothek auszuleihen sind, wenngleich viele Ravenclaws und Slytherins doch eher die Sachbücher lesen. Außerdem hat sie mehrmals mit der Hausmannschaft den Quidditchpokal geholt und dadurch viel Ansehen auch bei den anderen Schülern gewonnen."

"Ich habe auch den Eindruck, daß diese Frau genau weiß was sie will und von wem. Trotzdem werde ich sie wohl erst einmal nicht mehr zu sehen kriegen. Mein Vater hat das nämlich schon angedeutet, daß er sowas nicht noch mal durchgehen läßt", sagte Julius.

"McGonagall hat recht, daß es wichtig ist, sich danach zu richten, was Eltern von ihren Kindern erwarten. Nur ob sie das auch kriegen, ist die Frage. Mein Vater würde mich gerne bei Gringotts reinbringen, meine Mutter will erst einmal sehen, wohin meine Befähigung geht. Aber das kennst du ja schon von mir", sagte Gloria Porter.

"Du hängst nachher im historischen Archiv des Zaubereiministeriums herum und sortierst alte Quellen geschichtlicher Urkunden", erwiderte Julius.

"Interessant ist das Fach schon, aber einen Beruf würde ich im Moment nicht aus diesem Fach machen wollen."

Die beiden Nachzügler der Ravenclaw-Erstklässler traten vor das Gemälde mit dem Kuhhirten Bruce und seiner Maggy. Doch weder Bruce, noch Maggy waren in ihrem Bild. Nur die Blumenwiese war zu erkennen, deren Grashalme in einem merkwürdigen Wind wehten.

"Wo ist denn dieser verhinderte Großbauer abgeblieben?" Schnaubte Julius.

"Hmm, mal wieder auf der Jagd nach seinem lieben Vieh", vermutete Gloria. Gerade in dem Moment schwirrte Peeves aus einem Seitengang heran.

"Huhu, der Bruce sucht seine Kuh! Der Bruce sucht seine Kuh!" Sang der Poltergeist und vollführte eine herrliche Serie von Saltos und Schrauben.

"Ihr seid jetzt ganz allein, und ihr kommt nicht mehr rein!" Spottete Peeves und streckte den beiden seine belegte Zunge raus.

"Kann man da nicht was gegen machen, daß die Eingangshüter andauernd woanders herumlaufen, wenn sie einen Hauseingang bewachen?" Wollte Julius wissen.

"Kann man nicht. Gut, dann gehen wir noch etwas spazieren. Und du Fliegenfänger ziehst Leine!" Rief Gloria mit schriller Stimme, als Peeves ihr mit den langen Fingern durch das Lockenhaar wühlte.

"Ich wüßte nicht warum", quäkte Peeves und zupfte Gloria ein Haar aus.

"So, Junge. Das heißt Krieg", schnaubte die junge Hexe und zückte ihren Zauberstab.

"Zeit für den Winterschlaf, du Mottensack", sprach Julius und hielt seinen Zauberstab fest in der Hand.

"Moment, meine Herrschaften! Bevor Sie hier herumzaubern, möchte ich gerne wissen, wieso das Gemälde leer ist?" Piepste es von hinten. Peeves, der eben noch in der Gefahr schwebte, von zwei wütenden Musterschülern behext zu werden, sah Professor Flitwick und zischte davon wie eine Kanonenkugel.

"Wir stehen hier seit nun einer Minute herum und wollten an und für sich in unseren Gemeinschaftsraum, Professor Flitwick", sagte Julius und stekcte seinen Zauberstab wieder fort.

"Achso. Sie kennen natürlich den Reinitimaginus-Zauber nicht. Allerdings ist der Zauber sehr riguros gegenüber gemalten Lebewesen, die ihr Stammbild verlassen haben", sagte Flitwick.

"Wir wollten sowieso ein wenig in die Sonne gehen, wenn sie noch scheint", meinte Gloria.

"Wie Sie wünschen, Ms. Porter. Ich hoffe nur, daß Bruce eine glaubhafte Begründung für seinen nachmittäglichen Ausflug vorweisen kann. Immerhin wollte ich etwas mit den Abschlußklässlern besprechen", sagte der kleine Zauberkunstlehrer.

"Gut, wir suchen noch einmal die Sonne, bevor es zur Astronomieprüfung geht, morgen abend."

"Die werden gerade Sie wohl gelassen erwarten, Mr. Andrews. Professor Sinistra fragte mich bereits, womit Sie Ihnen eine wirkliche Herausforderung bereiten könne", trällerte Professor Flitwick und grinste dabei wie ein Lausbube, der einen tollen Streich angezettelt hat.

"Bestellen Sie ihr schöne Grüße, ich wäre auf einiges vorbereitet. Allerdings weiß ich nicht, ob man nicht den Mond per Accio-Zauber auf die Erde holen könnte."

"Der letzte Zauberer, der das versucht hat, den Mond auf Sicht zu beschwören, ist spurlos verschwunden. Das war 1965. Das Zaubereiministerium der USa erfuhr davon, daß er wohl selbst auf dem Mond gelandet war, als die Muggelastronauten dort landeten und einen im Sand vergrabenen Menschen fanden. Die Sache wurde sofort durch die Vergißmichs behoben, damit nicht der Wahn von Besuchern von den Sternen zu ungeahnten Größen anwachsen konnte."

"Das wäre vielleicht sogar in einem Atomkrieg ausgeufert, wenn die Amerikaner gegglaubt hätten, daß andere schon vor ihnen auf dem Mond waren", vermutete Julius. Dann sagte Gloria:

"Also, du Komiker, bevor du noch meinst, die Sonne vom Himmel holen zu können, sollten wir uns lieber die Beine vertreten, bevor sie untergeht", bestimmte Gloria energisch und nahm Julius bei der Hand.

"Wieso haben eigentlich die anderen Häuser schon ihre Zaubertrankprüfungsergebnisse? Wollte Professor Snape Ihnen nichts sagen?"

"Oh, selbstverständlich habe ich Ihre Prüfungsergebnisse. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß gerade die Bewohner von Ravenclaw eher alle ausstehenden Prüfungen erledigen möchten, bevor sie die Ergebnisse kriegen. An Ihrer Stelle würde ich mir um die Zaubertrankprüfung keine Sorgen machen. Professor Snape wird sie auch weiterhin unterrichten, Mr. Andrews", orakelte Professor Flitwick.

Julius folgte Gloria Porter, die ihn mit sich zog und durch das Schloß zum Eingangsportal führte. Unterwegs trafen sie den dicken Mönch und die graue Dame, zwei der Schloßgeister. Julius dachte daran, wie er beim Quidditchendspiel fast den Anpfiff verschlafen hätte und in der Hektik quer durch den Hausgeist der Ravenclaws hindurchgerannt war. Seitdem wußte er, wie es sich für Peeves angefühlt haben mußte, von ihm fast eingefroren worden zu sein.

"Einen wunderschönen Tag wünsche ich euch. Seid ihr mit den Prüfungen schon durch?" Grüßte der Geistermönch.

"Astronomie fehlt noch", sagte Julius und tauschte einen kurzen Blick mit der grauen Dame aus, durch deren Körper das Sonnenlicht hindurchfiel, wie durch einen Nebelschleier und farbig gebrochen wurde.

"Es ist so ein schöner Tag. Endlich freut man sich in Hufflepuff mal richtig. Eure Klassenkameradinnen haben die besten Noten im Zaubertrankunterricht seit fünfzehn Jahren erhalten", frohlockte der dicke Mönch und grinste dabei von einem Ohr zum anderen.

"Wer? Betty und Jenna?" Fragte Gloria.

"Genau. Sie haben eine Drei minus, alle beide."

"Und darüber freuen die sich in Hufflepuff", grinste Julius und bekam von Gloria einen Tritt auf den rechten Fuß.

"Das ist wichtig. Das hebt das Selbstbewußtsein", rechtfertigte der Mönch die Freude der Hufflepuffs.

"Wohin sind Sie nun unterwegs?" Fragte die graue Dame.

"Wir suchen die Sonne. Müßte eigentlich leicht zu finden sein, so groß wie sie ist", erwiderte Julius etwas ungezogen.

"Als wir gerade von draußen hereinkamen befand sie sich noch am Himmel", bemerkte der dicke Mönch lachend und hüpfte in der Luft.

"Dann werde ich in unser Haus zurückkehren und dort aufgeschobene Angelegenheiten erledigen", verkündete die graue Dame und verabschiedete sich vom dicken Mönch.

Gloria und Julius verabschiedeten sich höflich und verließen das Schloß, um noch ein wenig auf den Ländereien herumzulaufen.

Dabei sahen sie die Gryffindor-Drittklässler zusammen mit den Hufflepuff-Drittklässlern aus einem Gewächshaus kommen.

"Die sind aber spät dran", meinte Julius.

"Vielleicht hat Professor Sprout ihnen noch die frohe Botschaft erzählt, daß Snape zwei Hufflepuffs zumindest eine Drei geben mußte", sagte Julius.

Am rande des verbotenen Waldes trafen sie Kevin, der mit Gilda gerade zur Hütte des Wildhüters unterwegs war.

"Da würde ich jetzt im Moment nicht hingehen", sagte Julius statt einer Begrüßung.

"Wieso nicht?" Ffragte Kevin.

"Weil Hagrid gerade in ziemlich schlechter Stimmung ist. Es geht um den Hippogreif, der Draco, die Drecksau Malfoy angefressen und sich danach höllisch übergeben hat. Glenda hat doch was erzählt, daß der Hippogreif womöglich getötet wird."

"Was? Gemeinheit! Wo ist der denn jetzt?" Wollte Kevin wissen.

"Der muß wohl bei der Hütte herumhängen", gab Julius voreilig Auskunft. Damit brachte er Kevin dazu, im Geschwindschritt zur Hütte von Hagrid zu laufen.

"Wenn der Riese Kevin erwürgt oder erschlägt hexe ich dir den Schrumpfzauber an, Mr. Julius Andrews", schnaubte Gilda Fletcher und eilte Kevin hinterdrein.

"Komm, Gloria! Falls Kevin in Schwierigkeiten kommt, will ich ihm doch helfen", sagte Julius und spurtete unvermittelt los. Bei der Hütte holte er Gilda und Kevin ein, die sich gerade von Hagrid anbrüllen ließen:

"Was wollt ihr denn hier?! Wollt ihr sehen, wie so ein schönes Geschöpf den letzten Tag verlebt, wie?! Macht, daß ihr wegkommt!"

Julius machte kehrt. Er sah noch, wie hinter der Hütte ein großes Flügelpaar auf und niederwippte.

"Ui, der Typ ist aufgeladen wie ein Filibusterkracher", brachte Kevin heraus, als sie in sicherem Abstand von der Hütte waren.

"Das war keine Wut, sondern Verzweiflung", bemerkte Gilda Fletcher.

"Das ist bei uns in der Gegend auch schon passiert, daß ein Nachbar seinen Schäferhund abgeben mußte, weil der angeblich wen gebissen hatte. Die Polizei hat ihn abgeholt und zu einem Tierarzt gebracht", erzählte Julius.

"Und was hat der Tierarzt mit dem Hund gemacht?" Fragte Kevin.

"Vergiftet. Eingeschläfert", antwortete Julius geknickt.

"Mist. Und das passiert dem Hippogreif auch noch", knurrte Kevin.

"Der Kronprinz aus dem Hause Malfoy wird seine dumme Rache kriegen", sagte Gilda Fletcher verachtungsvoll. Julius konnte darauf nichts mehr sagen.

 

 

Am Abend spielten Gloria und Julius mit Kevin, Gilda und Pina noch einige Partien Schach. Sie mußten leise sein, denn die meisten Hauskameraden hingen noch über ihren Büchern für die letzte Prüfung. Als Julius die dritte Parrtie gegen Pina gewonnen hatte, sagte Penelope:

"Ich denke, das war genug für heute. Ihr müßt ja morgen noch Astronomie machen."

"Jawohl", sagte Kevin und sah Julius hilfesuchend an.

"Das wird schon gehen", sagte Julius. Dann gingen sie zu Bett.

Im Schlafsaal holte Julius noch mal den Briefumschlag seiner Eltern hervor und las im kleinen Licht seines Zauberstabes, daß Aurora Dawn angerufen habe, um um die Erlaubnis zu bitten, Julius zur Quidditch-WM mitzunehmen. Seine Eltern hätten das abgelehnt. Das hatte Julius erwartet. Und so legte er sich ruhig hin, sagte "Nox!", worauf sein Zauberstablicht erlosch und schlief ein.

 

 

Als die Ravenclaws der ersten Klasse am nächsten Morgen in den Theorieraum von Professor Sinistra eintraten, waren Julius und Gloria die einzigen, die entspannt dreinschauten. Die übrigen Mädchen und Jungen sahen so aus, als müßten sie eine ungeliebte Arbeit verrichten und wüßten nicht einmal, welche.

Als die Astronomielehrerin hereinkam, empfing sie gespanntes Schweigen. Sie trat an die Tafel und wedelte kurz mit ihrem Zauberstab. Sogleich formten sich eliptische Strichmuster um einen hellgelben Kreidekreis im gemeinsamen Zentrum.

"Sie haben heute die letzte Hauptprüfung in diesem Schuljahr, meine Damen und Herren. Ich gehe davon aus, daß diese Prüfung hier Sie nicht unter- aber auch nicht überfordert. Sie haben in diesem Jahr genug über die Planeten und die sichtbaren Sterne gelernt, um die von mir ausgearbeiteten Aufgaben lösen zu können. Daher gehe ich davon aus, daß nicht nur die erwiesenen Spezialisten in diesem Unterricht", sie sah flüchtig Julius, Pina und Gloria an, "gute Noten erzielen, sondern auch jene, die mit dem Fach nur soviel anfangen konnten, daß es was mit guter Beobachtungsgabe zu tun hat. Da praktische Prüfungen am späten Abend erwiesenermaßen keine hohen Leistungen erbringen können, werden wir uns nur auf dem theoretischen Bereich konzentrieren.

Auf der Tafel sehen Sie eine grobe Darstellung des Sonnensystems. Ein Teil der Aufgaben bezieht sich auf die Planetenbewegung, die Monde großer Planeten und die Bahnberechnung. Ein anderer Teil der Aufgaben befaßt sich mit den Sternbildern, ihren Hauptsternen und Erscheinungszeiträumen im Jahresverlauf.

Der dritte Teil der Prüfung wird sich mit der Sonne befassen. Hierbei geht es um die besprochenen Eigenschaften und Vergleichen mit anderen Sternen. Ich verteile jetzt die Aufgaben."

Professor Sinistra ging herum und händigte jedem zwei Pergamentblätter aus. Als sie an Glorias Tisch vorbeikam, sah sie kurz auf ihre übriggebliebenen Aufgabenzettel und legte der blondgelockten Junghexe zwei Pergamentblätter hin.

Schließlich kam sie zu Julius Andrews und legte ihm die Pergamentseiten hin.

"Schreiben Sie, was Sie wissen!" Sagte sie leise. Dann ging sie an die Tafel zurück und rief:

"Sie haben jetzt zwei Stunden Zeit, die Aufgaben zu lösen."

Mit diesen Worten begann es zu rascheln. Alle Schüler legten die Aufgabenblätter vor sich hin und lasen.

Julius schrieb die verlangte Liste der Planetennamen in der Reihenfolge von der Sonne aus. Dann sollten die Planeten der Größe nach sortiert werden. Anschließend ging es um die Bahnberechnungen, Umlaufzeiten, Umlaufbahnformen und Tabellen, wann welcher Planet in welcher Himmelsrichtung zu sehen war.

Julius legte die von Professor Sinistra verlangte Bahnberechnungstabelle dar und schrieb, weil er sich besonders engagieren wollte, wie man ohne hinsehen ermitteln konnte, wo jeder Planet im Verlauf mehrerer Jahre zu finden war.

Im Aufgabenteil über die Planetenmonde ging es um die Einordnung der Jupitermonde nach Größe, wobei Julius auch die Daten einer Weltraumsonde einbezog und einige Mondnamen mit Daten über Größe und Entfernung versah. Er schrieb unter diesen Aufgabenteil, woher er diese Angaben hatte und wandte sich dann dem Teil zu, der mit den Sternbildern zu tun hatte. Mühelos warf er die Leitsterne der zwölf Sternbilder des Tierkreises hin und gab dann noch an, wie man sie am Himmel finden konnte. Dann verfaßte er noch eine kurze Abhandlung über die Navigationsmöglichkeiten und Entfernungsbestimmungen, bevor er sich damit beschäftigte, eine grobe Sternenkarte des nördlichen Himmels zu zeichnen.

Den Prüfungsabschnitt, der sich mit der Sonne befaßte, erledigte er ebenfalls umfangreich. Er wiederholte noch mal die Methode, die Sonnenflecken ohne Gefahr für die Augen sichtbar zu machen und erläuterte den 11-Jahres-Zyklus der Sonnentätigkeit. Dann schrieb er noch etwas zu der Vorhersagbarkeit von Sonnenfinsternissen. Er dachte auch daran, über die unsichtbaren Anteile in der Sonnenstrahlung zu schreiben und sich über Magnetfelder auszulassen. Doch dann entsann er sich, daß nur sichtbare Dinge wichtig waren.

Nach den zwei Stunden reichte Julius genauso drei ganze Rollen Pergament an die Astronomielehrerin zurück wie Gloria. Die übrigen Mitschüler atmeten auf, daß sie zumindest eine Sternenkarte mit etwas Begleittext abgeben konnten.

"Danke. Die Prüfungsergebnisse werden Ihrem Hauslehrer mitgeteilt", verabschiedete Professor Sinistra die Klasse kurz und knapp und löschte die Tafel.

"Drei Rollen, Julius. Hoffentlich steht da auch was wichtiges drauf und nicht nur schönes Geschreibsel", meinte Gloria schelmisch grinsend.

"Wenn sie nicht alles wegwirft, was sie nicht mit dem Teleskop nachprüfen kann", antwortete Julius.

"Wieso sollte sie? Sie hat doch schon einmal gesagt, daß sie zumindest anerkennt, daß die Muggel eine umfangreichere Forschungstechnik besitzen, um den Weltraum zu erforschen", sagte Gloria.

"Sag mal, Julius, wie ging das mit diesen Bahnberechnungstabellen?" Fragte Kevin.

Julius beschrieb noch mal kurz, was Johannes Keppler und nachfolgende Astronomen ausgerechnet hatten und sah, daß Kevin ein etwas entspannteres Gesicht zeigte.

"Huch, dann geht vielleicht doch was in Ordnung."

Beim Mittagessen hörten die Erstklässler, das Flitwick die endgültigen Ergebnisse aller Prüfungen und Jahresendnoten am Ende des Schuljahres offiziell verkünden würde.

Am Nachmittag fand noch die Besenflugprüfung statt, die lediglich dazu dienen sollte, den Schülern der ersten Klasse eine Beurteilung zu erstellen, ob sie gute Flieger waren oder nicht.

Madame Hooch prüfte jeden einzeln, indem sie zusammen mit jedem Mädchen oder Jungen kurze Strecken zurücklegte und dabei die Flugtechnik und die Manövrierfähigkeit beurteilte. Die Hollingsworths, Kevin und Julius erhielten je 11 von 12 Gesamtwertungspunkten, was sie zu besonders erfolgreich ausgebildeten Fliegern machte. Pina, Fredo und Marvin bekamen je 10 Punkte, was ihnen eine erfolgreiche Flugausbildung bescheinigte. Gloria, Leon und Erick brachten es auf 8 von 12 Punkten, was als oberer Durchschnitt gewertet wurde. Gilda, Holly und die übrigen Erstklässler der Ravenclaws und Hufflepuffs belegten mit 6 oder 7 Wertungspunkten den unteren Durchschnitt.

"Also niemand von euch fällt vom Besen, wenn er oder sie einen besteigt. Mr. Andrews und Mr. Malone hätten sogar die zwölf Punkte kriegen können, wenn sie nicht zu leichtsinnige Manöver geflogen hätten. Ansonsten hoffe ich darauf, daß ihr alle auch ohne in der jeweiligen Hausmannschaft eingesetzt zu werden im Training bleibt. Mit den Beurteilungen erhält jeder und jede von euch die Erlaubnis, ab der zweiten Klasse einen eigenen Besen zu besitzen. Womöglich sind manche, die im Moment noch Schwierigkeiten haben in der Lage, sich auf nicht so ausgereizten Schulbesen zu verbessern. Also, wir sehen uns dann ab nächstes Jahr nur noch bei den Spielen. Ansonsten darf jeder von euch trainieren, wenn die Zeit es zuläßt.

Viel Erfolg noch in den nächsten Jahren!" Sprach Madame Hooch abschließend zur Klasse und sah zu, wie die jungen Hexen und Zauberer ihre Schulbesen in die Gerätehütte zurücktrugen und sich dann zerstreuten.

"Elf von zwölf in nur einem Jahr. Die hätten dich schon früher auf einen Besen lassen sollen", meinte Kevin zu Julius.

"Wo denn? Mal abgesehen davon, daß ich fürchte, daß ich in den Ferien nicht einmal in die Nähe eines Besens kommen kann. Die Urkunde kann ich mir hier übers Bett hängen und drunterschreiben: "Schön wär's!""

"Ach Blödsinn! Du findest bestimmt Gelegenheiten, auch in den Ferien zu trainieren. Du mußt nur einen gescheiten Besen kriegen. Irgendwo in eurer Muggelsiedlung muß es doch Ländereien geben, wo niemand zuschauen kann", vermutete Kevin.

"Hach! Nicht da, wo ich wohne. Und meine Eltern werden es nicht zulassen, daß ich alleine irgendwo hingehe, um auf einem Flugbesen zu trainieren. Vielleicht bleibe ich dann besser in den Weihnachts- und Osterferien hier", sagte Julius.

"Joh, das wäre die einzige Möglichkeit. Aber es gibt, wenn ich mich richtig entsinne, einen Park in der nähe von London, wo gerade Zauberer und Hexen ihre Freizeit verbringen. Ich lese mich darüber noch mal klug und sage dir das noch vor der Rückfahrt", entschloß sich Kevin.

"Wo wir es vom lesen haben: Ich wollte mir doch die Bücher über die Zauberergesetze im Bezug auf Kontakte zu den Muggeln durchlesen. Jetzt geht das ja", erinnerte sich Julius und ging mit Kevin in die Bibliothek.

Auf dem Weg zur Bibliothek hörten sie Draco Malfoy tönen:

"Hach! Dieser verdammte Hippogreif hat jetzt nur noch ein paar Stunden zu leben! Rache ist süß!"

"Unverschämter Kerl", knurrte Kevin Malone und bog in einen Seitengang ein, um nicht Crabbe und Goyle über den Weg zu laufen, die als Draco Malfoys Begleitung den Hauptkorridor entlangkamen.

"Vergiß den Typ, Kevin. Der kennt nichts anderes als Bosheit und Undankbarkeit. Der wird sich noch umgucken, wenn er mal ohne seinen allmächtigen Vater klarkommen muß", sagte Julius.

"Ja, aber das Tier gleich umbringen zu lassen ist doch eine Schweinerei", beklagte sich Kevin.

"Wer weiß, vielleicht wird der Hippogreif doch nicht getötet", äußerte Julius eine Hoffnung, die er selbst nicht hegte.

"Das wäre natürlich genial", freute sich Kevin.

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