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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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In einer Woche war Halloween. An und für sich sollte das ein Grund zur Freude sein. Denn dann wurde in Hogwarts immer ein großes Fest mit gruselig wirkender Dekoration gefeiert. Doch in diesem Jahr war die Stimmung bereits so finster, daß sich keine rechte Vorfreude einstellen wollte. Gloria Porter fragte sich das x-te Mal, ob sie nicht doch besser die ihr gebotene Chance genutzt hätte und in Beauxbatons geblieben wäre. Seitdem sie hatte mit ansehen müssen, wie alle muggelstämmigen ab der ersten Klasse von sogenannten Sicherheitszauberern im hinteren Wagen des Hogwarts-Express zusammengesetzt worden waren, und mitten auf der Strecke der Zug von Dementoren angehalten wurde und diese die in den Wagen gesetzten Muggelstämmigen herausholten, war ihr doch klar, welcher Wind jetzt wehte. Sie hätte es doch schon längst wissen müssen, als sie von dem Überfall auf das Fest gehört hatte, bei dem ihre Klassenkameradin Pina und ihre Schwester Olivia scheinbar getötet worden waren. Doch sie hatte mit einer Mischung aus Stolz, Sturheit und Zusammenhaltsgefühl für alle in Hogwarts weiterlernenden Kameraden beschlossen, sich nicht von den Todessern aus ihrer Heimat vergraulen zu lassen. Sie hatte mit großer Verbitterung zur Kenntnis genommen, daß Dumbledores mutmaßlicher Mörder Snape der neue Schulleiter wurde. Sie verabscheute die dicke, dumme Alecto Carrow, die seit ihrer ersten Stunde in Muggelkunde nichts besseres zu tun hatte, als alle Muggel als niedere Tiere zu betrachten und ihren Unterricht so auszulegen, daß den Zauberern die Versorgung dieser "armseligen Kreaturen" oblag, auch wenn die Muggel das nicht haben wollten. Sie duldete dabei keinen Widerspruch. Wer sich dennoch traute, was gegen ihre Einstellung zu sagen, wurde kurzerhand dem Folterfluch Cruciatus unterworfen. Doch schlimmer fand sie Alectos Bruder Amycus. Der war auch ein einfältiger Kerl. Das glich der jedoch durch eine unverkennbare Brutalität und Finesse in dunklen Künsten aus. "Wer erst wartet, bis er angegriffen wird hat verloren", hatte er in seiner ersten Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste getönt und mal eben Holly Lightfoot mit dem verbotenen Cruciatus-Fluch drangsaliert. "Wer zu weich ist, einen Gegner gleich außer Gefecht zu setzen stirbt", hatte er dann noch getönt und wie beiläufig einen in einem Käfig gefangenen Wichtel mit dem Todesfluch umgebracht. Der schrille Schrei des kleinen, blauen Zauberwesens klang Gloria heute noch in den Ohren, lärmte in ihren schlimmsten Träumen, in denen sie immer wieder ihre Eltern unter grünen Blitzen niederfallen und ihre Großmutter Jane in einer Wolke aus Feuer schreiend zu Asche verbrennen sah. Die Carrows hatten mit Snape ein Tribunal des Terrors gebildet. Wer sich gegen die erweiterten Schulregeln verging oder nachsitzen mußte bekam nicht nur Strafarbeiten auf, sondern hatte den Oberklassen für Cruciatus-Übungen zur Verfügung zu stehen. Die Saat dieser brutalen Bande keimte bereits auf. Die meisten hatten Angst. Und die mehr Wut als Angst fühlten, lernten, was diese Schwarzmagier ihnen beizubringen wagten, wohl um sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit auszulöschen. Doch jeder hier wußte, daß die beiden Carrows und Snape nur Befehlsempfänger und Handlanger des Unnennbaren waren, und daß dieser das Ministerium kontrollierte. Er konnte die Eltern der auffälligen Schüler als Geiseln nehmen oder zur allgemeinen Abschreckung umbringen lassen. Gloria hatte von Professeur Faucon den dringenden Rat erhalten, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Doch es fiel ihr immer schwerer, Sachen unbeantwortet geschehen zu lassen, nur um eine gute Kundschafterin zu sein. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie Abscheu und Haß auf Professeur Faucon und Julius in ihr aufblitzten, weil diese ihr nur riten, sich nicht in irgendwas hineinziehen zu lassen. Doch sie war Vertrauensschülerin. Sie hatte auf die anderen hier aufzupassen, daß ihnen kein Leid geschah. Sie konnte die Haßgefühle nur mit den Gedanken niederwerfen, daß diese sich auf die falschen Leute richteten und nur zeigten, wie hilflos sie eigentlich war. Denn was könnte sie denn schon tun? Sollte sie jedem Ravenclaw, der doch noch aufzumucken wagte, die Foltersitzungen abnehmen? Sollte sie die Sechst- und Siebtklässler, die aus lauter Angst, ihren Angehörigen könnte was passieren, die Befehle dieser Mördermarionetten ausführten, zwingen, nicht mehr für Snape und die Carrows zu foltern und zu strafen? Sicher, offenbar galt das Verbot der unverzeihlichen Flüche nicht mehr. Sie hätte also mit dem Imperius-Fluch versuchen können, die Mitschüler von diesen Greueltaten abzuhalten. Doch gerade rechtzeitig war ihr noch eingefallen, daß diese Lizenz zum Einsatz der Unverzeihlichen nur für entsprechend markierte Zeitgenossen gelten mochte. Und der Stolz, nicht zu diesen mit dem dunklen Mal verunzierten Hexen zu gehören, hielt sie aufrecht. Auch die beruhigende Erkenntnis, daß die übrigen Lehrer die drei Verwalter im Namen des dunklen Lords genauso verabscheuten und sich mit Bestrafungen so gut sie konnten zurückhielten, half ihr, den fehlgeleiteten Haß zu vertreiben. Außerdem wußte sie genau, daß ihre Eltern in Sicherheit waren. Sie hatten vor Glorias Einschulung viel Gold in Muggelgeld umgetauscht und versorgten sich nun ausschließlich aus der Muggelwelt mit Nahrung, um in ihrem mit Fidelius-Zauber geschütztem Haus bleiben zu können. Zwischendurch erhielt sie eine Mentiloquismus-Botschaft ihrer Mutter, wenn sie nachts im Fünftklässlerinnen-Schlafsaal im Bett lag. Dann war da noch etwas, womit sie ihren Groll und ihre Hilflosigkeit verdrängen konnte. Sie hatte mit Betty, Jenna und Kevin die Peeves-Patrouille wieder aufleben lassen, die sich heimlich traf, von wirksamen Melde- und Schutzzaubern behütet. Gloria hatte von Luna Lovegood erfahren, wie Harry Potters Geheimarmee sich damals verständigt hatte. Den Proteus-Zauber konnte sie auch schon. So opferte sie fünf Galleonen, um diese zu Absprachehilfen zu machen. Außer den beiden Hollingsworths und Kevin war nur noch Glenda Honeydrop aus Gryffindor von der alten Patrouille übriggeblieben. Denn Pina war nun mit ihrer Schwester Olivia an einem sicheren Zufluchtsort und sollte dort außerhalb von Hogwarts unterrichtet werden. Lea Drake, die halbblütige Klassenkameradin aus Slytherin, hatte es wohl auch vorgezogen, nicht nach Hogwarts zurückzukehren. Und Chuck Redwood war schon seit zwei Jahren tot.

"Gloria, Ira Mulligan soll heute nachmittag bei der fetten Doxy nachsitzen", flüsterte Kevin ihr ins Ohr, als sie im Gemeinschaftsraum der Ravenclaws waren. "Rommy Vane hat's gerade rumgehen lassen, daß der die Alte wegen ihrer Äußerung über Muggelgeräte kritisiert hat, weil die uns nix genaues drüber erzählen will."

"Ich weiß, ich war dabei", schnarrte Gloria leise und sicherte schnell in alle Richtungen, ob wer ihnen zuhörte. Denn im Moment würde sie hier niemandem mehr über den Weg trauen, der oder die zu viel Angst hatte, als auch nur heimlich gegen die neuen Machthaber hier vorzugehen.

"Du weißt genau was das heißt, Gloria. Die ziehen dem Cruciatus über. Du weißt doch noch, wie schrill Holly geschrien hat, als dieser Mistkerl sie damit ohne Vorwarnung erwischt hat. Das kann einen wahnsinnig machen, Gloria. Ich hab's dir schon hundertmal gesagt, wir müssen was gegen die machen. Die sind nur drei. Wenn wir aufstehen und alle gegen die kämpfen, können wir die rauswerfen oder meinetwegen gleich zu Flubberwurmfutter verarbeiten."

"Kevin, denkst du, ich würde nicht andauernd wütend, wenn ich höre, wer mal wieder von denen gequält wird? Die machen das nicht nur mit dem Cruciatus. Alecto Carrow hat Mandy Brocklehurst mit einem glühenden Messer alle Haare vom Kopf geschoren, damit sie ihren Kopf "frei von störendem Unrat" kriegt. Madam Pomfrey hat einen ganzen Tag gebraucht, ihr zumindest eine halbwegs ansehnliche Frisur wiederzugeben. Und der wurde auch schon gedroht, die sichtbar gezüchtigten nicht sofort zu behandeln, wenn sie hier noch weiter sein wolle. Du weißt das alles wie ich."

"Ja, und wieso machen wir da nichts gegen, Ms. Zurückhaltend? Denkst du, die heimlichen Sitzungen brächten's, wenn wir nix brauchbares dabei hinkriegen? Du meinst doch nur, hier so brav und eingeschüchtert bleiben zu müssen, weil Julius und seine neue Aufpasserin von dir verlangen, daß du denen steckst, was hier so abgeht. Das ist verdammt feige von denen und ziemlich blöd von dir, dich darauf einzulassen. Ich jedenfalls hab's satt, den Mördern von Tante Siobhan noch länger zitternd die Schuhsohlen zu lecken. Ich habe mich von Rommy mit Neville zusammenbringen lassen. Die hat sich von irgendwem Vielsaft-Trank organisiert. Ich kapier's zwar nicht, wie ihr Mädels in euren Körpern klarkommen könnt. Aber so konnte ich zu dem Typen hin. Der will die aufmischen. Und wenn schon nicht offen, dann zumindest so, daß die hier genausowenig zu lachen haben wie wir bei denen."

"Abgesehen davon, Kevin, daß du das wohl nie richtig kapieren wirst, wie gut "wir Mädels" in unseren Körpern klarkommen, auch wenn du ein ganzes Jahr mit Vielsaft-Trank rummurkst, ist das verdammt unverschämt, Julius einen Feigling zu nennen, nur weil seine Mutter früh genug erkannt hat, daß sie mit ihm besser schön weit wegbleibt und er in Beaux besser aufgehoben ist als hier. Oder wär's dir lieber gewesen, zuzugucken, wie er wie die ganzen unbedarften Erstklässler von den Dementoren aus dem Zug geholt wird? Wer ist also hier der Feigling?"

"Ich bin kein Feigling, Gloria. Das wirst du bald mitkriegen, wenn Dumbledores Armee ..." Gloria hielt ihm den Mund zu und zischte:

"Bist du bescheuert, diesen Namen auszusprechen, solange wir nicht wissen, ob diese Banditen den nicht genauso mit einem Tabu belegt haben wie der Chef der Todesser?"

"Ich sag's ja, ich bin kein Feigling", knurrte Kevin, als Gloria ihre Hand wieder fortnahm. "Außerdem hätte das schon längst wer rausgekriegt, ob dieser Name verflucht ist. Vielleicht geht nur ein Name im Wirkungsbereich. Und ich habe es damals schon immer wieder gesagt, daß wir ihn, der nicht mit Namen genannt werden darf, auch nicht beim Namen nennen. Aber da hatten Sie, Ms. Vernünftig, ja behauptet, das würde nix böses heraufbeschwören. Tja, und dann hat's Vincent Dime erwischt, weil er den Namen gesagt hat und die Carrows den dafür fünf Minuten lang mit Cruciatus und anderen Flüchen fast zerbröselt haben, daß Madam Pomfrey den nur noch zu den Heilern ins St. Mungo schicken konnte. Hat ja gedacht, auf dem Klo diesen Namen rufen zu können."

"Was beweist, daß er, dessen Name wir nicht sagen sollen, ein größerer Feigling ist als Julius, du oder ich, Kevin."

"Der ist irre, das ist was anderes, Gloria. Problem nur, daß der deshalb nicht gleich strohblöd ist. Der weiß genau, wie der sein Ding machen kann. Deshalb wird's Zeit, dem seine Marionetten aufzumischen, oder denen zumindest die freie Bahn hier zuzuschütten, damit die merken, daß denen nicht die Welt gehört. Lunas Daddy macht das auch richtig. Der hat nicht den Mist von wegen "Harry Potter, Unerwünschter Nummer eins" mitgemacht. Der Klitterer bringt immer noch Berichte über das, was echt da draußen passiert."

"So, und du möchtest gerne bei Nevilles Truppe mitmachen und hast dich dafür sogar mit Vielsaft-Trank in Rommy Vane verwandelt. Ich meine, schlecht sieht die ja nicht aus. Hättest du nur bei gewinnen können. Aber ich denke nicht, daß du als deren Zwillingsschwester lange durchgehalten hättest. Insofern sage keiner Hexe, egal wie alt die ist, daß sie feige sei!"

"Ich sprach ja auch von Julius und dieser Alleswisserin Faucon, die meinen, dich hier für die rumspionieren zu lassen. Wozu'n das, wenn eh nix gemacht werden soll?" Schnaubte Kevin. Gloria deutete flüchtig auf die ebenso heimlich tuschelnden Leute an den anderen Tischen. Dann flüsterte sie ihm zu:

"Wenn du je was wirksames machen willst, lern erstmal, das nirgendwo laut rumzuposaunen, bevor es gelaufen ist!"

"Ach, gibst du mir etwa anweisungen?" Fragte Kevin trotzig. Gloria deutete zur Antwort auf das Abzeichen an ihrem Umhang, das bronzene V auf blauem Grund. Kevin verzog das Gesicht und murrte: "Kannst mir ja Strafarbeit aufbrummen. Dann lassen dich die Beißfee und der Höhlentroll sicher in Ruhe, weil du so schön mitarbeitest." Gloria atmete mehrmals hörbar ein und aus, um die in ihr aufflammende Wut abzukühlen. Eigentlich sollte sie Kevins Vorschlag annehmen und ihn an die brutale Bande ausliefern. Doch dann würde sie Schuld auf sich laden. Es reichte schon aus, wenn Malfoy und Genossen genügend Wetzsteine für Alectos magisches Rasiermesser oder Amycus' Zauberstab lieferten. Der von ihr selbst erwählte Auftrag sagte nicht, daß sie sich an Strafaktionen gegen ihre Mitschüler beteiligen sollte, solange sie noch darum herumkam, diese selbst auszuführen. Als Glorias Wut weit genug abgekühlt war sagte sie ihrem Klassenkameraden: "Kevin, Sachen zu machen, die nix wirklich ändern, machen keinen zum Helden. Wenn wir die Carrows und Snape jetzt aus Hogwarts rausschmeißen könnten, was hätten wir davon? Draußen lungern Dementoren rum. Und Nachts kommen Leute wie Rowle und McNair rein und patrouillieren zusammen mit ihren Bundesgenossen. Der Boss der Todesserbande hätte keinen Moment, nachdem die Carrows aus Hogwarts wären neue Marionetten hier drin. Außerdem würdest du dann mit deinen Eltern gleich nach Askaban verfrachtet, falls die Dementoren nicht meinen, dich küssen zu müssen. Wir haben nur eine Chance, den ganzen Unrat loszuwerden, Kevin, und die kommt erst, wenn wir rauskriegen, wie das Ministerium aus seiner Hand gerissen werden kann. Die kriegen wir aber nur, wenn wir uns so ruhig wie möglich verhalten und genau aufpassen, wer was wann und wie macht. Als Ravenclaw sollte das dir doch langsam dämmern, daß wir in Hogwarts nicht viel mehr machen können, als unsere Mitschüler vor möglichen Aktionen der Carrows zu warnen und zu schützen. Das geht aber nicht, wenn wir denen selbst mit irgendwelchen achso wilden Nummern noch mehr Grund zum Quälen liefern."

"Also bleibt das dabei, daß du nur rumhocken willst und zusiehst, wie diese Mörder uns hier mit ihren Flüchen einmachen?" Fragte Kevin verbittert.

"Ich hocke nicht rum, Kevin. Ich passe auf, daß hier niemand was abkriegt, wenn es zu vermeiden ist. Und zu denen, für die ich das mache, gehörst du auch. Außerdem glaube ich nicht, daß Julius dir eine andre Antwort gegeben hätte."

"Neh, ist klar, weil der ja schon soooooo erwachsen war, als der mit uns zum ersten Mal im Zug saß", erwiderte Kevin verdrossen. Gloria erinnerte ihn daran, daß er sich bei Julius' letztem Geburtstag ziemlich kleinlaut verhalten hatte.

"Da habe ich auch gedacht, das Ministerium tut nix, um meinen Leuten zu helfen. jetzt weiß ich, daß es scheißegal ist, ob ich mir in die Hose mache oder denen voll unten reintrete. Wenn auch nur einer von diesen Bastarden danach kein Balg mehr auf den Weg bringen kann, geh ich lieber drauf, als mir weiter anzusehen, wie die meine Leute plattmachen. Und Julius ist schön weit weg. Der hat doch eh keinen Dunst, was hier so abgeht. Snape hätte den auch am liebsten gerne wieder hier gehabt oder den Dementoren ausgeliefert. Dann hätte sich gezeigt, ob Julius nur oberkluge Sprüche bringt oder auch ein Mann ist, der alles riskiert."

"So, ein Mann muß also völlig frei von Verstand alles riskieren, auch wenn's nix bringt außer seinem Tod", knurrte Gloria verärgert. "Lieber sterben als denken, Kevin? Dann kann und will ich dir nicht weiter reinreden. Ich bin ja kein Mann."

"Ich habe nicht gesagt, ich biete mich denen gleich so an. Ich habe nur gesagt, daß ich eher damit klarkomme, denen eine reinzuhauen, wenn ich eh keine andere Wahl habe", schnaubte Kevin. Gloria sah ihn verächtlich an und meinte dann noch:

"Am besten trinkst du noch ein paarmal Vielsaft-Trank mit Rommy Vanes Haaren drin, damit du wieder lernst, mit dem Kopf zu denken, wenn dir solange das Zeug wirkt was anderes zum Denken fehlt!"

"Ey, so redest du nicht mit mir, Gloria. Ich lass mich nicht von einer blöd anquatschen, die nix besseres weiß als ruhig dazusitzen und auf den großen Tag der Rettung zu warten. Der kommt aber nicht, solange keiner echt aufsteht und gegen diese Bastarde kämpft."

"Guten Morgen Kevin! Schon gehört, daß da draußen der Phönixorden rumläuft, dessen Leute gegen ihn und das Ministerium kämpfen? Die reißen aber nichts, wenn sie diesen Obergangster nicht entmachten können. Der hat sich durch dunkle Magie unsterblich gemacht, Kevin. Erst wenn diese Kraft wirksam bekämpft wird und seine Leute sehen, daß er nicht unverwundbar ist, besteht Hoffnung, ihn und seine ganze faule Sippe endgültig zu erledigen. Und um das rauszukriegen, wie das geht, müssen wir beobachten und lernen, Kevin. Tolldreiste Sachen, wie sie Nevilles Freunde vorhaben, bringen da wenig."

"Wenig ist besser als gar nichts, Gloria", versetzte Kevin überzeugt. "Und die Methode, die du bevorzugst bringt gar nichts. Basta!"

"Ich habe dir schon gesagt, daß ich dir dann nicht helfen kann, wenn du meinst, lieber draufzugehen, als genug Mut zum Durchhalten und Geduld zum Abwarten aufzubringen", seufzte Gloria. Kevin lachte nur verächtlich.

"Mut zum Durchhalten? Auch ein tolles Wort für Feigheit", stieß er aus. Einige wandten ihre Köpfe um und sahen sie an. Die meisten hier wußten, daß Gloria und Kevin immer noch gute Freunde waren und hielten das so gut es ging unter der Decke, was die beiden sich ab und zu sagen mochten. Doch Gloria wußte, daß diese Zurückhaltung bei der immer größer werdenden Angst und dem von den Carrows geschürtem Mißtrauen nicht mehr lange durchgehalten würde.

"Ich rede zu tauben Ohren", knurrte Gloria.

"Wenn du meinst", fauchte Kevin und ging davon. Gloria saß alleine auf dem Stuhl und dachte daran, wie sie die trüben Gedanken verscheuchen konnte. Wie oftmals zuvor beschloß sie, sich in der Bibliothek für die nächsten Stunden vorzubereiten. Allerdings stieß es ihr übel auf, wenn sie daran dachte, daß sie lernen sollte, wie der Decompositus-Fluch gewirkt wurde. Das war eine der heimtückischsten Zauberfallen die sie kannte. Das hatte nichts mehr mit Verteidigung zu tun, sondern mit gezielten Angriffen auf arg- und wehrlose Menschen, um sie kaltblütig ums Leben zu bringen. Mit einem Wort: Mord. Andererseits durfte sie nicht den Unterricht verweigern. Es könnte ihr sonst passieren, daß einer ihrer Mitschüler gezwungen wurde, den Fluch anzuwenden und sie zur abschreckenden Demonstration den verfluchten Gegenstand berühren mußte. War das Feigheit? Nein, sie wollte sich von Kevin, der mit der Wut eines in die Enge gedrängten und womöglich verwundeten Tieres nur noch den Ausweg im sinnlosen Kampf sah einreden lassen, feige zu sein. Was wußte der denn schon davon, wie viel sie riskierte, um zwischendurch mit Julius Latierre über die Zweiwegespiegelverbindung zu reden. Der ahnte es nicht einmal, daß sie ab und zu unsichtbare Meldezauber und Anti-Verfolgungsbanne wirkte, um sich irgendwo in der Schule zu unterhalten. Sie hatte auch Kevin nichts davon erzählt, wie ihr beim letzten heimlichen Gespräch beinahe niemand anderes als Bellatrix Lestrange draufgekommen war. Fast hätte sie den Spiegel kurzerhand in die Toilettenschüssel fallen gelassen und darauf gehofft, ihn sicher durch den Abwasserkanal hinauszuspülen. Womöglich blieb ihr beim nächsten Mal keine andere Wahl. Die Lestrange hatte wohl für Alecto Carrow Wachdienst übernommen und einmal die Mädchenwaschräume inspizieren sollen. Dabei hatte sie die Meldezauber ausgelöst, aber dabei wohl auch entdeckt. Sie war trotz aller Niedertracht und Bosheit eine sehr begabte Hexe. Nur die Stimme der Hut, die ihr ihre Großmutter Jane einmal beigebracht hatte, hatte sie noch rechtzeitig gewarnt und sie davon abgehalten, mit Julius zu sprechen. Sie hatte den Spiegel rasch in eine bezauberte Innentasche ihres Umhangs stecken können, bevor sie dieser garstigen Gewitterhexe begegnet war, die versucht hatte, sie zu legilimentieren. Gloria war nur einer Bestrafung entgangen, weil sie angeboten hatte, zu Snape mitzukommen und sich von diesem durchsuchen zu lassen. Wäre sie darauf eingegangen, wäre der Zweiwegespiegel restlos aus ihrer Innentasche verschwunden, weil diese mit dem Vertilgezauber gegen verräterische Objekte behandelt war. Doch Bellatrix Lestrange hatte nur gemein geglotzt und gesagt, daß es nicht mehr lange dauern würde, bis man ihr ihre Verfehlungen nachweisen könne. Auf die unbekümmerte Frage, welche sie denn begangen habe, hatte Bellatrix Lestrange nur mit hämischem Kichern geantwortet und dann verlangt, niemandem zu erzählen, daß sie hier patrouillierte, weil sie dann wirklich Ärger bekäme.

Jetzt war es noch eine Woche bis Halloween. Eine Horror-Woche mehr in diesem Schuljahr.

 

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"Och, das tut mir aber leid, was dem ach so aufrichtigen Minister Grongtschappo passiert ist", sagte Dolores Umbridge scheinheilig lächelnd, als ihr Vorgesetzter, Pius Thicknesse, die "bedauerliche Kunde" überbracht hatte.

"Tja, offenbar war da jemand nicht mehr mit seiner Vorgehensweise einverstanden", sagte der amtierende Zaubereiminister Großbritanniens mit einem leicht abschätzigen Tonfall. "ER hätte mit uns gut auskommen können, wenn er nicht so verdammt stur geblieben wäre."

"Das wäre er nicht, wenn er nicht von irgendwo her etwas in die Finger bekommen hätte, um unsere Dementoren zu verwirren. ich werde das noch herausfinden, was das ist", ließ Dolores Umbridge ihre Maske fallen. "Wir hätten nur noch eine Woche gebraucht, und er hätte uns auf Knien angefleht, sein Land zu verschonen."

"Nichts für ungut, Dolores, aber hierfür habe ich Ihnen nicht die Kompetenz verliehen. Glauben Sie mir, daß Yaxley schon heiß genug darauf ist, dieses Dementorenvernebelungsding zu erwischen, um unsere Streitkräfte wieder voll einsetzen zu können. Und wenn wir das geschafft haben, kriegen wir auch, was wir wollen. Ich habe deren Zaubererzeitung von vor einer Woche noch hier, Dolores. Dieser übermutige Mensch und eine viel zu übermütige Dame namens Tourrecandide haben ja propagiert, daß Frankreich die Fahne und Fackel der Freiheit hochhalten wollen. Was nützt einem Freiheit ohne Sicherheit. Was bringt einem Freiheit, wenn keiner zum Frieden bereit ist? Aber in den anderen Ländern haben sie das gelesen und meinen jetzt, weiter gegen uns angehen zu können. Keiner von uns, der in der Zaubererkonföderation ist, darf noch bei Zusammenkünften dabei sein. Güldenberg hat sogar unseren Agenten auffliegen lassen, der versuchen sollte, das deutsche Ministerium für uns genehm umzustimmen. Tja, und jetzt ist Grandchapeau tot und hat seine liebe Gattin noch mitgenommen."

"Wissen Sie, wie das passiert ist?" Fragte Umbridge.

"tut nichts zur Sache, Dolores. Kümmern Sie sich vordringlich um Ihre Aufgaben! Es laufen immer noch einige Schlammblüter frei herum."

"Vor allem solche, die zu gut zaubern können, um unbemerkt in die Muggelwelt abgeschoben oder mit ihrer Seele in Askaban eingelagert zu werden", schnarrte Dolores Umbridge. "Einigen haben wir zwar beikommen können. Aber wenn wir jemanden öffentlich als Dieb von Zauberkraft aburteilen könnten, der besser ist als die meisten anderen, noch dazu, wenn er bis dahin meinte, gut behütet weiterleben zu können, würden wir jedem verbliebenen Widerstand hier und im Ausland endgültig das Rückgrat brechen."

"Ah, ich verstehe. Ihr persönlicher Dorn im Auge piesackt Sie immer noch, Dolores", erwiderte der Minister leicht verächtlich grinsend. "Da läuft immer noch ein halbwüchsiger Bengel herum, dem wer erzählt hat, er sei was besonderes, weil er angeblich weit zurückliegende Verbindungen in die Zaubererwelt habe. Pech nur für Sie, daß der gerade in Frankreich ist. Die Liste der begangenen Verfehlungen ist ja schon lang, nicht wahr? Mutwilliges, unentschuldigtes Fernbleiben vom Schulbesuch, Nichtanerkennung seiner immer noch gültigen Staatsbürgerschaft, Aufwiegelung von britischen Hexen und Zauberern, Mißachtung einer amtlichen Vorladung in mindestens vier Fällen, Unterstützung einer feindlichen Macht. Habe ich was vergessen?"

"Anstiftung zum Ungehorsam gegen eine ordentliche Amtsperson", knurrte Umbridge. "Immerhin hat er wohl in dem Jahr, wo ich die Geschicke von Hogwarts zu beaufsichtigen hatte, gegen mich und das Zaubereiministerium konspiriert. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß er das immer noch tut, weil er weiß, daß wir bald schon andere Länder überzeugt haben werden, besser in Frieden mit uns zu leben als einen sinnlosen Kampf gegen uns zu führen. An und für sich müssen wir die Situation in Frankreich jetzt nutzen, um diesen Kriminellen endgültig unschädlich zu machen. Wer wird denn dort neuer Zaubereiminister?"

"Im Moment ist es ein gewisser Montpelier. Aber der wird nicht sonderlich hoch geschätzt. Der ist zu hitzköpfig und zu einfältig. Eine Kombination, die jedem Zaubereiminister sehr schnell zum Verhängnis werden kann. Leider weiß ich nur das, was die Zeitung schreibt. Das kann auch sein, daß sie uns gezielt desinformieren wollen. Ich unterhalte derzeit keine Verbindungen dorthin."

"Ähm, und andere, Sir? Unterhalten die keine Verbindungen?" Fragte Dolores Umbridge. Sie wagte nicht offen auszusprechen, daß es dem dunklen Lord wohl ein leichtes sein mochte, wichtige Informationen zu erlangen.

"Die anderen sagen, daß die Zeit für uns arbeitet, Dolores. Auch wenn die Dementoren im Moment kein wirksames Druckmittel sind, werden wir auf kurz oder Lang Erfolg haben, egal, wen sie da als neuen Minister hinsetzen."

"Darauf möchte ich nicht mehr warten, Sir. Ich habe Grund zur Annahme, daß besagtes Subjekt und seine Mutter mit hiesigen Zauberern und Hexen aus dem Widerstand zusammenarbeiten und dabei helfen, noch in Freiheit lebende Schlammblüter außer Landes zu schaffen. Das kann ich als von Ihnen eingesetzte Leiterin der Registrierungskommission für sogenannte Muggelstämmige nicht länger dulden. Wenn ich mich Ihres Vertrauens würdig erweisen will, muß ich dieses Übel endlich an der Wurzel ergreifen. Und wenn nicht gleich an der Wurzel, dann zumindest an den frei sichtbaren Stielen."

"Ah, Sie haben einen Plan?" Fragte Thicknesse.

"Ja, habe ich", bekräftigte Umbridge sehr zuversichtlich. "Ich habe zu lange gezögert, in die Befugnisse von Professor Snape hineinzuwirken, weil Sie mir dringend davon abrieten, in seine Obliegenheiten hineinzureden. Allerdings weiß ich jetzt, daß wir keine andere Möglichkeit mehr haben, dieses landesflüchtige Schlammblut endlich in unser Gewahrsam zu zwingen. Bitte verschaffen Sie mir einen Termin mit Professor Snape, Herr Minister!"

"Das will gut durchdacht sein, Dolores. Dazu möchte ich erst wissen, was genau sie planen. Sonst könnte Professor Snape der Ansicht sein, Sie und mich wegen Einmischung zu belangen", sagte Thicknesse verhalten. Dolores hörte es unzweideutig zwischen seinen Worten heraus, daß Thicknesse die klare Anweisung vom dunklen Lord hatte, Snape gewähren zu lassen und sich nicht an den für Hogwarts zugelassenen Schülern zu vergreifen. Womöglich hoffte Snape darauf, mehr Ansehen bei ihm zu erringen. Wenn sie sich einmischte und dabei einen Fehler machte, konnte er sie als Stümperin und Gefahr für die ganze neue Zaubererwelt brandmarken. Nach dem Patzer mit den Cattamoles und anderen aus ihrer Obhut befreiten Muggelstämmigen stand sie längst nicht mehr so sicher da. Wenn dann noch herauskam, daß sie einen sicher geglaubten Zauberkrafträuber trotz Dementoreneinsatz nicht festnehmen konnte, weil dieser von vier unbekannten Hexen gerettet worden war, wären ihre Tage im Ministerium gezählt, was für sie gleichbedeutend mit dem Rest ihres Lebens war.

"Ich erkläre Ihnen, was ich vorhabe, Herr Minister. Falls Sie finden, daß es zu viele Schwierigkeiten geben könnte, muß ich eben etwas anderes überlegen", sagte Umbridge nach einer gewissen Bedenkzeit und erläuterte dem Minister ihren Plan.

 

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Es war jetzt einen Tag her, daß die Meldung in der Zeitung erschienen war, Minister Grandchapeau und seine Frau seien bei einem heimlichen Besenflug über den Pyrenäen in einen magischen Hinterhalt geraten. Julius Latierre hatte wie alle anderen mit bestürztem Schweigen auf diese düstere Neuigkeit reagiert. Hatte es vorher doch noch ausgesehen, als würde sich die freie französische Zaubererwelt aus dem Sturmlauf der Dementoren herauswinden und dem bösen Nachbarn auf den britischen Inseln trotzen, hatte die Meldung vom Tod des Ministerehepaares alle Hoffnung mit einem Schlag zunichte gemacht. Sicher, gegen die Dementoren hatte man jetzt was. Aber Julius wußte, daß die nur einfache Rollkommandos waren, und die wahre Gefahr bis jetzt nicht einmal zu erahnen war. Dann war da noch das persönliche Verhältnis zu Minister Grandchapeau und seiner Frau. Nach jenen vier Tagen vor fast zwei Jahren hatten seine Mutter und er die Familie Grandchapeau häufig in ihrer Wohnung begrüßen dürfen. Belle hatte bei seiner Mutter Computerstunden genommen, und seine Mutter hatte unmittelbar mit Madame Grandchapeau zusammengearbeitet. Insofern traf es ihn stärker als die meisten hier. Für die war nur ein aufrechter, ehrbarer Minister auf eine ungeklärte Art verschwunden, womöglich umgebracht worden. Doch für Julius und seine Mutter änderte sich dadurch ein wenig mehr. Wer würde Madame Grandchapeaus Nachfolge im Büro für Kontakte zur Muggelwelt? Würde es dieses Büro überhaupt noch länger geben? Würde Montpelier nun als ordentlicher Zaubereiminister im Amt bleiben oder seinen Stuhl für jemanden räumen, der mehr Rückhalt in der magischen Politik hatte? Vor allem, wo war Belle Grandchapeau und wie ging es ihr jetzt? Für sie mußte diese Nachricht die schlimmste von allen Nachrichten gewesen sein, vor allem jetzt, wo sie ihr erstes Kind erwartete. Doch die Zeitung hatte mit keinem Buchstaben darüber berichtet, wo die Tochter des verschwundenen Ministerehepaares gerade steckte und wie es ihr ging. Womöglich wurde sie von Leibwachen und Presseabweisern beschirmt, nicht gleich in das Fadenkreuz sensationslüsterner Reporter zu geraten.

"Montpelier wird wohl morgen schon was wichtiges rauslassen", sagte Millie, als sie ihren Mann am Rand des westlichen Parks traf, um mit ihm den Sonntag zu verbringen. "Du denkst an Belle, nicht wahr?"

"Ist schon komisch, Millie. Offenbar haben die vier Tage mit ihr mich doch heftiger betroffen als ich immer geglaubt habe", seufzte Julius.

"Immerhin hast du dir mit ihr alles teilen müssen und dich irgendwie mit ihr arrangiert, julius. Außerdem war das wohl bisher das einschneidendste Ding außerhalb eines Kampfes, was dir passiert ist, wenn ich mal davon absehe, was du mit Tante Trice gemacht hast, um Orions Rammelfluch auszurotten."

"Ist es wohl. Wir waren immerhin Zwillingsschwestern", spann Julius den Gedanken seiner Frau aus. "Aber das allein ist es nicht. Meine Mutter ist mit Madame Grandchapeau sehr gut ausgekommen. Wenn die nicht für die hätte arbeiten müssen würde ich sogar behaupten, die beiden waren Freundinnen oder zumindest gute Bekannte. Habe ich dir mal die Kiste erzählt, daß Madame Grandchapeau meine Eltern mal im Paris der Muggel getroffen hat. Mein Vater ist da gerade voll in einen Hundehaufen reingelatscht, hat Mum mir mal erzählt."

"Ach, und damals wußten deine Eltern nicht, daß Madame Grandchapeau eine Hexe ... war?" Erwiderte Millie und erschauerte, weil sie in der Vergangenheit reden mußte.

"Nöh, damals wußten sie das nicht. Madame Grandchapeau hat's mir auch erzählt, als ich ihrem Mann damals was über Atombomben erzählt habe und warum die so gefährlich sind", seufzte Julius.

"Stimmt, das hattest du mir erzählt. Du hattest Bammel, daß wegen dieser Überschallknallflugmaschinen über Millemerveilles jemand einen von deren Lenkern imperisieren könnte, so'ne Atomkernspaltungsbombe genau über dem Teich mit den zwölf Statuen runterfallen zu lassen. Professeur Fixus hat dann was gemacht, um das Zeug, woraus die bestehen, nicht durchkommen zu lassen." Julius nickte. Er merkte jetzt, wie erschüttert er durch die Nachricht war. Dann fiel ihm noch die Sache mit der Galerie des Grauens ein, wo er und Minister Grandchapeau unmittelbar zusammengearbeitet hatten. Ohne Grandchapeau hätte er niemals ein Intrakulum bekommen. Ohne Intrakulum hätte er Slytherins Willenswickler nicht erledigen können, und Voldemort hätte wohl heute eine verdammt zuverlässige Überwachungsmethode an der Hand. Und ohne Intrakulum hätte er nicht in die alte Festung gelangen können. Claire würde wohl noch leben, aber dafür hätte er wohl keinen Dunst von den Skyllianri und hätte auch nicht die Zauber lernen können, um Pina, Olivia und einige Mehr zu retten. Ja, und ohne Grandchapeau wäre er jetzt wohl nicht mit Millie verheiratet und könnte den Schutz ihrer Familie genießen, ebenso wie seine Mutter. Tja, und Darxandria wäre wohl dazu verurteilt geblieben, reg- und wirkungslos in ihrer magischen Kettenhaube zu ruhen. Soweit er wußte, fühlte sie sich in Temmies Körper sehr wohl, auch wenn sie jetzt vielleicht was kleines in sich herumkullern fühlte. So viele Sachen wären ohne seine Bekanntschaft mit dem Minister nicht passiert. Und er mußte feststellen, daß er mit dem, was er jetzt davon wußte, alles genauso wiederholt hätte, wenn er die Wahl gehabt hätte. Dann erkannte er, daß er sein nacktes Leben dem Minister verdankte, und zwar zweimal. Denn wer konnte ihm damals so heimlich wie erfolgreich den Temporipactum-Zauber ins Unterbewußtsein gepflanzt haben, mit dem er Hallitti und Bokanowski entkommen war? Dieser Gedanke ließ ihn wieder auf die Zeit mit Belle Grandchapeau zurückkommen. Sie verdankte dem Minister ihr Dasein, er ihm sein Überleben. Sie waren also tatsächlich irgendwie Geschwister geworden.

"Du denkst an alles, was dir mit oder wegen Minister Grandchapeau passiert ist, nicht wahr, Julius?" Fragte Millie ihn leise und bugsierte ihn in einen leeren Pavillon hinein. Er nickte geständig. So saßen sie noch eine Zeit lang zusammen, wobei Millie ihn in einer halben Umarmung hielt und er immer wieder versuchte, nicht zu weinen, weil ihm alles durch den Kopf ging, was an betrüblichen Sachen passiert war. Millie hielt ihn sanft und sicher, während sie über die vergangenen zwei Jahre sprachen, wo für Julius so viel passiert war. Sie munterte ihn behutsam damit auf, daß er geholfen hatte, die Zaubererwelt sicherer zu machen und Minister Grandchapeau sicher sehr stolz war, ihn kennengelernt zu haben. Auf die Frage, ob Julius' Mutter einen neuen Vorgesetzten bekäme sagte sie nur, daß das Büro sicherlich erhalten blieb und Nathalie Grandchapeau genug Empfehlungen für seine Mutter geschrieben habe. Allerdings ergab sich für Julius daraus ein neues Verhältnis. Seine Mutter könnte nun wieder daran denken, das Land zu verlassen, um mögliche Angriffe aus Großbritannien abzuwenden. Millie meinte dazu:

"Wo will sie denn hin? Hier hat sie Freunde und Verwandte. Ich denke schon, daß Madame Eauvive sie sofort in das Château Florissant holen würde, wenn sie in Schwierigkeiten reinrasseln könnte. Und wenn Madame Eauvive das nicht macht, dann Oma Line. Die hat deine Mutter doch wie 'ne Adoptivtochter angenommen." Julius mußte grinsen, wenn er daran dachte, wie sehr seine mutter mal mit Ursuline Latierre verbunden gewesen war. Doch das sollte keiner wissen, auch nicht Ursulines Verwandte. So begründete er sein amüsiertes Grinsen damit, daß seine Mutter die einzige war, die Line Latierre im Schach was entgegensetzen konnte.

"Ich denke eher, sie mag Martha auch, weil sie dich zur Welt gebracht hat." Julius nickte vorsichtig. Dann meinte er: "Ich bin auf jeden Fall froh, daß ich mit wem über die ganze Kiste reden konnte und meine Mutter nicht völlig allein ist, solange ich hier bei euch in Beauxbatons bin."

"Das weiß Martha ganz sicher auch, daß du hier besser aufgehoben bist als anderswo. Und sie weiß das auch, daß ich bei dir bin." Julius schwieg dazu. Er fühlte sich nach der Reise durch die Erinnerungen wieder besser. Was ihm auf der Seele lag wog nun nicht mehr so schwer wie vorhin noch.

"Woher weißt du, daß Montpelier wohl bald was wichtiges sagen wird?" Fragte Julius seine Frau.

"Hat Ma mir gestern abend noch mitgeteilt. Der hat alle um sich rum versammelt, als er zum Pausenminister erklärt worden war. Offenbar will er wen suchen, der nicht nur Ahnung von Sicherheitssachen hat, sondern auch gut mit den ausländischen Zaubereiministerien kann, da vielleicht schon gute Verbindungen hat. Callistos Großvater war ja früher nur Unfallumkehrzauberer und hat sich langsam hochgearbeitet. Mit Auslandsreisen oder Konferenzen hatte der nix."

"Ja, aber im Moment brauchen die hier wohl doch eher einen, der die Sicherheitstruppen gut anleiten kann", warf Julius ein.

"Das kann der ja dann weitermachen, wenn er wen hat, der besser in den großen Chefsessel reinpaßt."

"Hat deine Mutter Lust drauf?" Fragte Julius nun ganz keck.

"Wenn du sie das fragst überlegt sie sich das vielleicht sogar", konterte Millie grinsend. "Das wäre es doch. Du wärest dann der Schwiegersohn einer amtierenden zaubereiministerin."

"Hätte einen Vorteil. Sie könnte das klären, daß mich die Zeitung nicht mehr so blöd hinstellt", erwiderte Julius.

"Ich fürchte nur, Ma läßt sich von Oma Line und Pa, sowie Oma Tetie bequatschen, den Krempel bloß nicht zu machen. Abgesehen davon, daß manche Leute aus der Zaubererwelt was gegen Kobolde und Zwerge in der Verwandtschaft haben und die Schwiegertochter einer aufmüpfigen Zwergin wohl keine gute Zaubereiministerin abgibt, vor allem, wenn's um Gold geht und die Kobolde das ziemlich übelnehmen könnten, sich von 'ner Zwerginnenschwiegertochter in ihre Angelegenheiten reinreden zu lassen. Dann noch die Mutter, die gerne neue Babys kriegt. Immerhin hat sie einen Helden als Vater, der für Frankreich sein Leben gegeben hat. Nix gegen Opa Ferdinand. Der hält Oma Line schon schön im Lot. Aber Opa Roland war schon ein Typ für sich. Der hätte dir gefallen, Julius. Der war 'ne Zeit lang auch sehr aufs Lernen getrimmt, bis er Oma Line kennenlernte und gemerkt hat, daß da doch noch was anderes ist, was das Leben schön macht. Der hätte dich bestimmt auch sehr gern gehabt." Julius mußte sich beherrschen, keine sichtbare Regung zu zeigen. Er hatte Millies Opa Roland schließlich kennengelernt, und zwar nicht gerade so, daß er mit ihm gut Freund geworden wäre. Weil seine Hälfte des Zuneigungsherzens jedoch nicht seine inneren Regungen für sich behielt fragte seine Frau ihn, was denn jetzt sei. Er überlegte nur eine Sekunde und erwiderte:

"Roland Didier war doch der Bruder von diesem Scharfmacher Janus Didier, der gefordert hat, alle kämpfenden Zauberer und Hexen zum Vergeltungsschlag losmarschieren zu lassen. Millie grummelte. Julius sagte dann noch: "Der könnte sich zu Minister Grandchapeaus Nachfolger erklären lassen. Soweit ich von verschiedenen Leuten mitbekommen habe, kennt der diverse Typen im In- und Ausland."

"Dann sollte deine Mutter aber doch einen neuen Arbeitsplatz suchen, falls der Typ meint, ihr seid landesgefährdendes Gesocks, Monju. Hoffe mal lieber, daß Descartes oder ein anderer aus dem Ministerium eingesetzt wird!" Julius nickte. Genau das hoffte er wirklich. Und Millie sprach aus, was er befürchtete: "Mein netter Großonkel könnte sonst finden, daß ihr beiden hier nicht mehr erwünscht seid. Er weiß aber, daß wir beide verheiratet sind. Das würde den nicht davon abhalten, mich gleich mit auszuweisen und Ma und Tine gleich mit rauszuwerfen."

"Eh, ihr wißt, daß ihr nicht so zusammenhängen dürft?" Flötete Deborah Flaubert, die Saalsprecherin der Weißen, die gerade eine Runde durch den Park lief. Millie und Julius sahen sie unschuldsvoll an. Dann sagte Julius ruhig:

"Es ist uns untersagt, uns bei innigen, geschlechtlichen Handlungen sehen zu lassen. Eine lockere Umarmung ist keine rein geschlechtliche Handlung. Das machen auch Freundinnen so, oder Brüder, wenn sie über was ziemlich übles quatschen und sich dabei nicht runterziehen lassen wollen."

"Ich wollt's euch nur gesagt haben, weil zweihundert Meter hinter mir Mademoiselle Lavalette mit einem großen Packen Bücher langläuft. Bis dann noch!" Dann lief Deborah weiter.

"Die hat leider recht. Bernie könnte finden, mir einen reinwürgen zu können und dir gleich ein paar Strafpunkte mitgeben zu können, wo sie dir offiziell keine verpassen darf", schnaubte Millie und zog ihren Arm um Julius Taille zurück. Die beiden standen auf und gingen in einem Anstandsabstand von einem Meter über die anstehende Schulwoche und die Lage in der Zaubererwelt plaudernd in Richtung Palast zurück, wobei sie Bernadettes Weg kreuzten.

"Na, habt ihr euch eine stille Ecke für ungehörige Sachen ausgesucht?" Fragte die stellvertretende Saalsprecherin der Roten. Julius und Millie schüttelten die Köpfe. Julius meinte dazu nur:

"Wovon träumst du nachts, Bernadette, daß du einem Paar gleich die wüstesten Sachen unterstellst, auch wenn es ordentlich verheiratet ist?"

"Pass bloß auf, Engländer, daß du hier nicht wegen irgendwas rausfliegst. Im Moment gibt's ja für dich keinen sichereren Ort auf der Welt."

"Erstens bin ich schon seit zwei Jahren hier, Bernadette. Zweitens heiße ich seit dem zwanzigsten Juli diesen Jahres Latierre mit Nachnamen und bin den Familienstandsrechten nach französischer Staatsbürger. Drittens trage ich wie Sie die silberne Brosche eines stellvertretenden Saalsprechers. Daher lautet die korrekte Anrede Monsieur Latierre und nicht Engländer. Ich bin ja schließlich kein Schraubenschlüssel."

"Ach, kommen der Herr mir jetzt mit der Tour? Bilde dir nichts drauf ein, daß die da dich mit ihrer Schmutzbüchse schwach gemacht hat. Oder habt ihr es noch nicht miteinander getan?"

"Darüber darf ich hier nicht reden, weil das Angabe mit sexuellen Großtaten wäre, die mir hier verboten ist, Mademoiselle Lavalette", konterte Julius. Millie machte Anstalten, die Klassenkameradin anzugehen. Doch Julius stellte sich so, daß sie ihn hätte wegschubsen müssen. Bernadette errötete an den Ohren und fauchte nur, daß Julius hier ganz kleine Brötchen backen müsse, wenn Madame Maxime ihn nicht doch noch rauswerfen wolle. Darauf konterte er ganz entschieden:

"Soweit ich weiß hast du das eher nötig als ich, nach den ganzen Sachen mit Pivert. Schönen Sonntag noch, Mademoiselle Bäckermeisterin!"

"Ich kann das Professeur Fixus weitergeben, daß ihr beiden euch unzüchtig verhalten habt", knurrte Bernadette und erkannte jetzt erst, daß sie sich ein Eigentor fabriziert hatte. Julius lachte und meinte:

"Dann mußt du aber erstmal lernen, deine eigenen Gedanken zu verbergen. Sonst legt die dir alle Strafpunkte auf, die du auf Mildrid und mich verteilen wolltest. Wie erwähnt noch einen schönen Sonntag!" Bernadette zog mit verkniffenem Gesicht weiter.

"Wie hat die Millies kleines Kämmerlein genannt? Schmutzbüchse? Der blanke Neid, weil deren Untergebäude bisher erfolglos nach einem Besucher ruft", zischte Millie, als sie weit genug von Bernadette entfernt waren.

"Die wollte dir Strafpunkte aufladen, weil ich die dann auch gekriegt hätte", erwiderte Julius ruhig. "Weil ich nur geredet habe konnte sie das nicht."

"Ich muß jede Nacht mit der im selben Raum pennen, Julius. Erzähl mir mal was neues!" Grummelte Millie. Dann fügte sie noch hinzu: "Und ich bleibe dabei, die kleine ist nur neidisch, weil ihre Schulleistungen nur von den Lehrern wirklich anerkannt werden und sie nach Hercules keinen echten Typen für länger als die Walpurgisnacht in der Nähe hatte. Die träumt ganz sicher jede Nacht davon, Constance oder ich zu sein und das zu erleben, wie schön das sein kann. Dann soll die sich wen suchen, der die aushält!"

"Dazu steht mir kein Kommentar zu, weil ich nicht Brunhilde Heidenreich oder Professeur Fixus bin", erwiderte Julius darauf nur. Millie nickte. So kehrten sie in den Palast zurück, wo sie sich ganz unverfänglich in die Bibliothek setzten und mit Caroline, Apollo und Leonie über die kommende Stunde bei Professeur Moulin unterhielten.

 

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"Ist nicht mehr so einfach, zu euch hinzukommen", sagte Hippolyte Latierre, als sie durch die Hintertür des Hauses Rue de Liberation 13 war und mit Martha Andrews die Treppe hinaufstieg.

 

"Catherine hat mir nach der Meldung über Minister Grandchapeau geraten, den Kamin für's erste ganz zuzumachen, Hippolyte. Ich weiß, deine Mutter wollte heute noch zum Schach zu mir kommen. Aber ich habe jetzt eh keine richtige Muße für das Spiel", seufzte Martha.

"Beri hat mich mit dem bus hergebracht, weil das Haus hier ja nicht anappariert werden kann."

"Wo hast du eure Kleine?" Fragte Martha die Besucherin.

"Bei Maman im Schloß. Babs und Josianne sind auch da. Da wird sie dann nicht verhungern, und ich brauche auch ein paar ruhige Stunden, um das alles zu verdauen, was in den letzten Tagen passiert ist."

"Ist schon schlimm, was Nathalie und ihrem Mann passiert ist", seufzte Martha und ließ ihre Besucherin in die Wohnung ein.

"Schlimm ist, daß keiner weiß oder rausrücken will, was genau passiert ist, Martha. Im Moment ist das ganze Ministerium ein aufgescheuchter Ameisenhaufen. Erst Belenus Chevallier, den ich echt für intelligenter gehalten habe, nicht in einen Dementorenangriff reinzufliegen. Ja, und außer zwei angekokelten Besen hat man nichts vorzuweisen, was auf Armands und Nathalies Schicksal hindeutet. Abgesehen davon hast du dir mit deiner Logik bestimmt schon die entscheidenden Fragen gestellt und mögliche Antworten gefunden, nicht wahr?"

"Wenn du wissen möchtest, ob ich denke, daß es im Ministerium oder dem von Spanien einen Verräter, einen Maulwurf, gibt, dann hast du leider recht, daß ich mich das tatsächlich gefragt und für ziemlich wahrscheinlich erachtet habe, Hippolyte. Dann kann ich mir auch vorstellen, daß das Ministerium in Aufruhr ist, weil jeder jeden verdächtigen könnte."

"Nicht jeder jeden. Die Frage ist ja, wer genau gewußt hat, wo der Minister sich zum Zeitpunkt X aufhalten würde, daß er keine Leibwächter mitnimmt und von seiner Frau begleitet wird. Dann wissen wir eben nicht, ob die beiden Besen mit ihren Reitern drauf angefackelt wurden oder ob da nicht schon vorher was gelaufen ist. Jedenfalls wollte ich dir mitteilen, was ich von einer Kollegin aus dem Muggelverbindungsbüro gehört habe. Es sieht so aus, daß die im Moment keinen haben, der sich mit Nichtmagiern gut genug auskennt, um das Büro zu leiten, außer Janus Didier. Der hält sich aber in dem Punkt gut zurück. Wenn ich mir vorstelle, daß der Zeitgenosse mein leiblicher Onkel ist ..."

"Dein Onkel? Väterlicherseits denke ich mal. Denn sonst hätte deine Mutter ihn mir bestimmt schon vorgestellt."

"Er ist stolz darauf, ein Didier geblieben zu sein, während sein überragender Bruder Roland, mein Vater, seinen Geburtsnamen hergegeben hat, um mich und ein paar andere nette Mitmenschen auf den Weg zu bringen, Martha. Er redet auch nicht gerne über seine Schwiegerverwandtschaft, seitdem mein Vater für die Freiheit der französischen Zaubererwelt gestorben ist, und wir haben ihn bisher in Ruhe gelassen", grummelte Hippolyte. Dann kam sie wieder auf das Muggelverbindungsbüro. "Also, wenn sie keinen Zauberer oder eine Hexe finden, der oder die sich mit dem Thema auskennt, könnte es Montpelier oder seinem möglichen Nachfolger einfallen, das Büro zuzumachen. Außer dir und Belle waren ja da nur noch zwei Leute beschäftigt, und die wurden von der internationalen magischen Zusammenarbeit mit Beschlag belegt."

"Du meinst den Herrn, der mich schon öfter mit dem Auto nach Millemerveilles und anderswo hingefahren hat."

"Neh, der arbeitet für mich und die Personenverkehrsabteilung", sagte Hippolyte. "Er springt halt da ein, wo nichtmagische Leute mit der Zaubererwelt Kontakt bekommen haben und abgeholt werden sollen." Martha nickte. Dann fragte sie, ob Monsieur Didier nicht diese Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit leitete. Hippolyte nickte. Martha verfiel ins Nachdenken, während ihre Besucherin ihren grasgrünen Reiseumhang an der Garderobe aufhängte.

"Nathalie sagte mir vor zwei Wochen schon sowas, daß außer der Computerabteilung nichts mehr in ihrem Büro betrieben würde, weil jemand Roger und Fabrice für schwierige Auslandssachen eingestellt habe, weil die beiden Russisch könnten und wohl was mit dem russischen Zaubereiminister Arcadi zu klären sei."

"Stimmt, die beiden sind jetzt drüben in Moskau. Offenbar wollte Arcadi ihre Expertise wegen Sachen, die da in der Muggelwelt passiert sind, und ob das mit der Zaubererwelt zu tun hätte, weil die bei sich keine entsprechende Abteilung haben. Jetzt ist Nathalie auf ungeklärte Weise verschwunden, und Belle hängt in Millemerveilles, wenn Bruno mir das richtig beschrieben hat. Offenbar haben ihre Eltern das befürchtet, daß was passieren kann und wollten sie mit ihrem Mann und dem Ungeborenen in Sicherheit wissen." Martha nickte. Auch sie hatte von Viviane erfahren, daß Belle noch lebte und in Millemerveilles war. Sie hatte sogar daran gedacht, zu ihr hinzureisen, um mit ihr zu klären, ob sie statt ihrer Mutter das Büro leiten sollte. Dann war ihr jedoch siedendheiß klargeworden, daß Belle womöglich noch in Lebensgefahr schwebte, solange der oder die Mörder ihrer Eltern noch unerkannt waren. Also mußte es auch nicht jeder wissen, wo sie war. Madame Delamontagne, sowie Monsieur Pierre hatten alle Bewohner Millemerveilles, die im Ministerium arbeiteten zu Stillschweigen aufgefordert.

"Hast du schon einen Brief von Julius?" Fragte Hippolyte.

"Der letzte kam vor zwei Wochen. Ich habe ja andere Verbindungen zu ihm, die schneller gehen", sagte Martha. Hippolyte wußte ja, daß das Bild Viviane Eauvives im Flur mit seinem Mehrling in Beauxbatons in Verbindung stand.

"Denke nur, weil ihn die Nachricht bestimmt sehr stark betroffen haben könnte", erwiderte Hippolyte. "Immerhin verbindet ihn mit der Familie doch ein wenig mehr als die anderen in Beaux." Martha nickte. Dann lud sie die Besucherin in die Küche ein, um mit ihr über die letzten Tage zu reden. Sie kamen beide darüber ein, daß Martha besser erst einmal zu Hause blieb, bis ein möglicher Nachfolger von Nathalie Grandchapeau sie wieder zur Arbeit rief. Sollte es keinen geben, wollte Martha erst einmal nach einem Arbeitsplatz in der nichtmagischen Welt suchen.

"Wäre schade, wenn du mit deinem Wissen nicht weiter für uns arbeiten könntest", sagte Hippolyte. "Ich hätte auch kein Problem damit, dir was zuzuschustern, wo du deine Kenntnisse gut einbringen kannst. Aber da warten wir besser, bis die wilden Wogen geglättet sind."

"Mit meinen Zeugnissen könnte ich wohl überall in der westlichen Welt eine Anstellung finden, Hippolyte. Julius kann ja trotzdem weiter hier zur Schule gehen."

"Arbeit ist hoffentlich nicht alles, was für dich zählt, Martha", wandte Hippolyte ein. Julius' Mutter schüttelte den Kopf.

"Alles nicht, aber was zu tun zu haben ist schon wichtig für mich, und das Gefühl, damit meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können ist auch sehr wichtig für mich. Und mit meinen Informatik- und Mathematikkenntnissen komme ich in der magielosen Welt dann doch eher an eine Anstellung dran. Dann ist es auch schon zwei Jahre her, daß ich meinen alten Job gekündigt habe und ... Oha, um wo anders reinzukommen müßte ich nachweisen, was ich in den letzten beiden Jahren gemacht habe", erkannte Martha. Hippolyte dachte kurz nach und nickte. "Muß ich mich irgendwie wohl auf eine Freiberuflerstelle rausreden. War ja im Grunde auch so was."

"Wie gesagt, da warten wir besser noch ein wenig", erwiderte Millies Mutter. Dann sprachen sie noch über die letzten beiden Wochen und die Sicherheitsleute, die jeden Abend um das Haus Stellung nahmen und auf Dementorenangriffe warteten. Doch seit dem zweiten Herbststurm war kein massiver Angriff mehr erfolgt. Womöglich überlegte sich der Feind eine neue Taktik.

"Morgen weiß ich mehr aus dem Ministerium, Martha. Dann werden wir besser planen können", sagte Millies Mutter noch zum Abschied. Als sie wieder aus dem Haus war dachte Martha daran, daß sie wohl bald eine Entscheidung fällen mußte, ob sie nicht doch besser das Land verließ, nachdem sie alles angeschoben hatte, was sie noch anschieben konnte. Dann dachte sie daran, daß in einer Woche Halloween war. Hier in Paris wurde das nicht so groß gefeiert, wenngleich das Fieber des großen Kürbis auch schon hier erste Opfer gefunden hatte. Wahrscheinlich würde sie mit den Brickstons zusammen noch feiern, wobei Babette wohl ein Kostüm anziehen würde, um das Halloween-Gefühl richtig zu würdigen. Letztes Jahr war sie als Schmetterling gegangen. Was es wohl dieses Jahr sein würde? Sie lächelte amüsiert, weil sie an sowas leichtes denken konnte, wo im Moment vieles in der magischen Welt auf einen tiefen Abgrund zurutschte und sie nicht wußte, ob sie davon unberührt bleiben würde.

 

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Thicknesse war beeindruckt. So konnte es gehen. Sollte er direkt mit Snape sprechen oder lieber die Meinung des dunklen Lords einholen? Der in ihm wirkende Befehl zwang ihn zu absoluter Unterwerfung. So verabschiedete er Dolores Umbridge bis auf weiteres aus seinem Amtszimmer und benutzte die für ihn eingerichtete Pseudotoilettenverbindung, um in einer nicht für das sonstige Personal üblichen Bedürfnisanstalt herauszukommen, sondern in einer nach längst überfälliger Reinigung stinkendem Gebäude in Whitechapel. Hier warf er einen kleinen Pergamentzettel in einen halb verrosteten Müllcontainer hinein und hörte es darin leise ploppen. Falls er nicht gerade anderweitig beschäftigt war, würde er wohl in fünf Minuten bei ihm ankommen. Thicknesse sah sich um. Hier regierte seit Jahrzehnten die Armut, auch wenn die Stadtverwaltung alles tat, um daran was zu ändern. Der Ruf, besser der Verruf, der diesem Stadtteil anhaftete, vergraulte immer noch Investoren und mögliche Hauseigentümer.

Plopp! Es hatte nicht einmal drei Minuten gedauert, bis eine hagere Gestalt in einem rabenschwarzen Umhang aufgetaucht war, deren Kapuze zwar weit ins Gesicht gezogen war, durch deren Sehschlitze jedoch zwei scharlachrote Augen glommen, die den amtierenden Minister sehr argwöhnisch anfunkelten. Thicknesse gehorchte dem inneren Zwang, sich vor dieser Erscheinung hinzuknien und solange zu warten, bis man ihm befehlen würde, wieder aufzustehen.

"Steh auf!" Schnarrte eine eiskalte Stimme aus dem schwarzen Kapuzenkopf. Thicknesse gehorchte. "Herr, Dolores wünscht eine Unterredung mit Severus Snape. Sie will diesen Jungen aus Frankreich herüberholen, der ihr so viel Verdruß bereitet, diesen Ruster-Simonowsky-Zauberer."

"Pius, es gibt keine Ruster-Simonowsky-Zauberer", schnarrte die eiskalte Stimme, und die wie bleiche Spinnenbeine aussehenden Finger der rechten Hand deuteten drohend auf den Minister.

"Das will sie beweisen, Herr", sagte Thicknesse sehr unterwürfig. "Deshalb muß er herüberkommen. Da sie ihn dort, wo er ist, zu gut beschützen, will sie die einzige bei uns verbliebene Verbindung nutzen, um ihn herzuholen. Hier ist ihr Plan." Er reichte seinem Herrn und Meister einen Pergamentzettel, auf dem Dolores Umbridge in ihrer runden Schrift aufgeschrieben hatte, wie sie sich das vorstellte. Als der vermummte Besucher gelesen hatte, was seine Helfershelferin sich ausgedacht hatte, klang ein rasiermesserscharfes Lachen über den verlassenen Platz. Dann sagte der Kapuzenträger: "Ich sage Severus Snape, daß sie ihn sprechen möchte. Sie soll ihn um Mitternacht im Todesraum der Mysteriumsabteilung treffen. Sag ihr das!"

"Hey, was geht denn hier?!" Rief ein halbwüchsiger Bursche mit verfilztem Haar und abgerissenen Jeans amüsiert. Er war nicht alleine. Hinter ihm eilten fünf weitere Straßenjungen mit Messern und Schlagstöcken herbei. Voldemort und Thicknesse blickten die ungebetenen Zuschauer wütend an.

"Das hättet ihr nicht wagen sollen", knurrte Voldemort erzürnt. "Dafür werdet ihr sterben, ihr verlausten Muggel."

"Ey, Alter, wie kriegst denn du so'ne Kinderschreckstimme hin, ey?" Lachte einer der angelockten Burschen und schwang seinen eisernen Stock, den er wohl von irgendeinem Gitter abgeschraubt hatte. "Probst schon für Halloween, häh? Zieh mal die Kapuze ab, damit ich deine Fresse seh'n kann, Alter!"

"Das willst du nicht wirklich, Muggel", schnarrte Voldemort, während zwei andere sich Thicknesse näherten, der seinen Zauberstab bereithielt, um die Bande abzuwehren.

"Toller Zahnstocher, Opa", spottete ein Junge mit einem Schmetterlingsmesser. "Aber gegen das hier kannst du mir damit nicht kommen."

"Du verdreckter Muggel bleibst mir vom Leib oder fällst gleich tot um", schnarrte der Minister, während drei andere auf Voldemort zugingen. Der zog seine Kapuze zurück und entblöste seinen bleichen, totenkopfartigen Schädel mit der flachen, geschlitzten Nase. Die scharlachrot glühenden Augen mit den schlitzförmigen Pupillen funkelten grausam die anrückenden Teenager an, die jedoch statt vor Entsetzen zu erstarren laut loslachten.

"Joh, voll krasses Halloweenkostüm, Alter. Was soll das sein, ein Dämon oder der Teufel?"

"Ein ganz gemeiner Zauberer", schnarrte Voldemort so gefährlich er konnte und hob seinen Zauberstab: "Avada Kedavra!" Mit tödlicher Inbrunst erklang diese Beschwörung. Laut sirrend schlug ein gleißendgrüner Blitz aus dem Stab und erwischte den vordersten Jungen am Bauch. Wie ein Taschenmesser klappte er zusammen und fiel ohne weitere Regung hin. Die anderen Jungen erkannten wohl, daß das kein Gag gewesen war und stürmten vor, um den Mörder schnell abzustechen. Da erwischte Thicknesse den ihm nächsten mit dem Todesfluch. Voldemort machte nur eine lockere Bewegung, die die überlebenden Jungen wie mit einer Riesenfaust vom Boden riss und dann brutal auf den Boden schlug. Bevor sie sich von diesem mörderischen Angriff erholen und wieder aufspringen konnten sirrten weitere Todesflüche durch den Abend und fanden alle auserwählten Opfer. Thicknesse erkannte jetzt, daß er wohl einen Fehler gemacht hatte, als er ausgerechnet hier den magischen Schnellzustellungskasten eingerichtet hatte. Voldemort würde ihn sicherlich dafür bestrafen, daß diese Muggel sie hier hatten aufstöbern können. Doch der dunkle Lord tat nichts, was nach Strafe für Thicknesse aussah. Er ließ die getöteten Jugendlichen einfach in leerer Luft verschwinden. "Sieh zu, Pius, daß ich dich nicht genauso zu meiner treuen Nagini hinüberschicke!" Schnarrte er bedrohlich. "Dolores soll sich mit Severus im Todesraum treffen, um Mitternacht. Sieh zu, daß sie dort ungestörter sind als wir beide hier!" Dann konnte Thicknesse nur einen wehenden schwarzen Umhang sehen und das leise Plopp hören. Dann stand er alleine vor dem Müllcontainer. Der in ihm wirkende Fluch unterdrückte seine Gefühle so weit, daß sie ihn nicht daran hinderten, die ihm erteilten Anweisungen auszuführen. Er blickte noch einmal auf den leeren Platz, auf dem gerade sechs Straßenbälger ihr wertloses Leben ausgehaucht hatten. Dann kehrte er in das Toilettenhaus zurück und benutzte das dortige Pseudoklo zur Rückreise in das Ministerium. Womöglich würden die Muggel die sechs nicht vermissen, so zerlumpt und verwahrlost sie ausgesehen hatten. Er bestellte Umbridge noch einmal zu sich in das Büro und gab ihr weiter, daß er mit Snape gesprochen habe und dieser sie um Mitternacht im Raum des Todestores in der Mysteriumsabteilung sprechen wolle. Umbridge lächelte sehr erfreut. Sie zählte bereits die Tage, nach denen sie verkünden konnte, daß sie den einen sogenannten Ruster-Simonowsky-Zauberer unschädlich gemacht hatte.

 

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Betty Hollingsworth blickte verdrossen zu den vier amüsiert grinsenden Burschen hinüber, die an einem anderen Lesetisch der Bibliothek die Köpfe zusammengesteckt hatten. Seitdem Snape hier Schulleiter war spielten die und die anderen Slytherins sich wie Ordnungshüter auf. Das erinnerte sie an das Jahr mit Dolores Umbridge, wo ausgerechnet die brutalsten und hochnäsigsten Typen des Hauses Slytherin diesem I-Kommando angehört hatten. Vor allem Draco Malfoy, der gerade mit seinen beiden lebenden Schatten Crabbe und Goyle sowie Blaise Zabini an diesem Tisch saß, hatte wohl einen besonderen Status, seitdem sein großes Vorbild, der Unnennbare, offiziell wieder in der Welt rumlief. Doch was sollte sie machen? Ihre Eltern wurden vom Ministerium überwacht. Ihre Mutter hatte, um sie und ihre Zwillingsschwester Jenna zu schützen, einen Posten in der Redaktion des Tagespropheten angenommen, wo sie vorher Auslandsreporterin gewesen war. Jeder wußte, wer im Ministerium zu sagen hatte. Alle kannten die Kettenhunde des Unnennbaren. Doch niemand stand wirklich auf und wehrte sich. In der Zeitung erschien immer mehr Müll über angebliche Zauberkraftdiebe, die öffentlich sogar mit diesem Unwort bezeichnet wurden, und die Umbridge hatte eine besondere Machtstellung bekommen. Heimliche Gespräche mit Gloria brachten auf die Dauer doch auch nicht mehr ein. Sicher, die Peeves-Patrouille war wieder belebt worden. Aber was außer Peeves zu ärgern konnte die denn schon machen? Betty war auch betrübt, daß sie dieses Jahr und die beiden, die sie hoffentlich noch erleben würde, kein Quidditch spielen konnte. Nachdem die Gryffindor-Mannschaft durch Snapes Verordnungen keine Spielberechtigung erhalten hatte, waren außer den Slytherins sämtliche Mannschaften solidarisch mit den Gryffindors in Streik getreten. Das hatte die Lage nicht gerade verbessert. Dann waren da noch diese Carrows, so dumm wie gefährlich. Fast hätte sie einmal dieser fetten Alecto im Unterricht eine runtergehauen, weil die behauptet hatte, Muggel würden ja nur deshalb noch leben, weil die sich wie die Kaninchen vermehrten, ohne Rücksicht auf Stammbaum oder Anstand, und es sei doch nicht so, nur weil es weniger Füchse als Kaninchen gebe, die Kaninchen in der Welt zu sagen hätten. Überhaupt war Muggelkundeunterricht ein abscheuliches Fach geworden. Im Wesentlichen redete die Carrow und verlangte, daß alle sich anhörten, was sie sagte. Manchmal verlangte die, daß ihr die Schüler irgendwelche Parolen nachplapperten oder in den Hausaufgaben genau wiederholten, was sie im Klassenraum erzählt hatte. Was wirklich interessantes lernten sie dabei nicht mehr. Für die Carrow waren alle Muggel niedere Tiere, egal was sie zu ihrem magielosen Leben so erfunden hatten. Und wer was anderes zu sagen wagte, handelte sich sofort Nachsitzen ein, was entweder von machtsüchtigen Slytherins der Oberklassen zu Cruciatus-Übungen an den Verurteilten benutzt wurde oder von Filch, der sich trotz der Anspannung recht wohl fühlte, mit Schlägen oder stundenlangem Anketten an einen Pranger in der Eingangshalle geahndet wurde. Ahnte dieser gefrustete Squib denn nicht, daß die drei Todesser Snape, Alecto und Amycus Carrow ihn genauso für Dreck hielten wie Muggel? Offenbar hielten die ihn nur als bereitwilligen Kinderschreck und niederen Hauself. Doch der bekam das einfach nicht so mit.

"Ey, glotz nicht so blöd, Hollingsworth! Fünf Punkte abzug für Hufflepuff", schnarrte Malfoy, als ihn Goyle auf Betty aufmerksam gemacht hatte. Die anderen kicherten dümmlich. Betty sagte keinen Ton. Sie wollte Malfoy nicht noch mehr darauf bringen, Punkte abzuziehen. Abgesehen davon hatte außer Slytherin kein Haus mehr als einhundert Punkte. Dafür sorgten die Carrows schon regelmäßig. Betty erhob sich und verließ die Bibliothek, verfolgt vom triumphierenden Gelächter der vier UTZ-Schüler aus Slytherin. Zumindest war es so geblieben, daß sie in Hufflepuff ungestört sitzen konnte, auch wenn die Stimmung dort schon lange nicht mehr so aufgelockert war wie im letzten Jahr noch. Die meisten hockten für sich und schwiegen oder flüsterten nur noch. Seitdem Snape die Vertrauensschüler angehalten hatte, mögliche Aufrührer zu melden, paßten selbst die sonst so gut miteinander harmonierenden Hufflepuffs auf, kein Wort mehr als nötig zu sagen. Jenna, die in diesem Schuljahr das kanariengelbe Abzeichen mit dem schwarzen V trug, saß mit drei Zweitklässlern an einem Tisch und sprach über Kräuterkunde. Immerhin hatten Flitwick, McGonagall und Sprout es heraus, ihre Schüler nicht unnötig mit Strafen eindecken zu lassen. Sie waren mit Punktabzügen zurückhaltender und gaben sogar schon Punkte für einfache Handreichungen.

"Hallo, Betty, ich dachte, du wolltest für Flitwick noch was nachlesen", grüßte Jenna ihre eine Stunde ältere Schwester.

"Ich habe es gewagt, den Kronprinzen und sein Gefolge zu lange anzugucken, Jenna. Hat uns fünf Punkte Abzug eingebracht. Mehr wollte ich Hufflepuff heute nicht zumuten", erwiderte Betty.

"Die hoffen immer noch, daß sie die anderen Häuser zumachen und wir alle Slytherins werden oder als niedere Hilfskräfte für die schaffen", wisperte Jenna. Betty deutete ein Nicken an. Sie blickte sich um. Keiner hier nahm von den anderen wirklich Notiz. Alle waren mit Feuereifer bei ihren Schularbeiten, nur um nicht aufzufallen. Betty dachte an die Muggelstämmigen, die mitten auf der Strecke aus dem Zug geholt worden waren. Henry Hardbrick aus der vierten war gar nicht erst in den Zug eingestigen. Zwanzig Hufflepuffs waren so gar nicht erst in Hogwarts angekommen. Diese Verbrecherbande und die ihr wie Bluthunde folgenden Dementoren hatten neunzehn Hauskameraden verschleppt und womöglich noch einige Erstklässler, die nach Hufflepuff gekommen wären. Daran mußte sie immer wieder denken, wenn sie sich fragte, ob ein offener Aufstand nicht doch nützen würde. Dieses Jahr hatten sie die Muggelstämmigen von Hogwarts ferngehalten. Wen würden sie im nächsten Schuljahr mitten auf der Strecke entführen? Würde sie, Betty Hollingsworth, überhaupt noch ein nächstes Schuljahr erleben? Wollte sie das überhaupt erleben? Wäre es nicht lohnender, im Kampf gegen die Mörder Dumbledores und womöglich vieler ungenannter Muggelstämmiger zu kämpfen und dabei lieber den Tod zu riskieren als denen untätig bei ihren brutalen Sachen zuzusehen?

"Betty, falls du Lust hast, kannst du mit uns noch mal über die Alraunen reden. Professor Sprout möchte mit der zweiten Klasse wieder welche durchnehmen."

"Wäre 'ne gute Wiederholung für die ZAGs", erwiderte Betty leicht betrübt. Sie setzte sich zu ihrer Schwester und den Zweitklässlern und sprach über die Alraunen, wie sie angefaßt werden mußten, um sie möglichst rasch umzutopfen oder die roten blätter beschnitten werden mußten, um den für die Zaubertrankbraukunst so wertvollen Wirkstoff in den kleinen, quirligen Körpern zu konzentrieren. Betty vergaß dabei fast die innere Anspannung und die allgemeine Frustration und Angst, die die meisten Hogwarts-Schüler ergriffen hatte. Gegen elf Uhr abends zog sie sich mit ihrer Schwester und den anderen Mädchen der fünften Klasse in den Schlafsaal zurück. Sie wollte zumindest für den Montag gut ausgeschlafen sein. Morgen würde eine weitere trübselige Schulwoche vergehen, in der außer Binns keiner außerhalb von Slytherin wirklich fröhlich werden mochte.

 

__________

 

Es sah dem dunklen Lord ähnlich, ausgerechnet diesen Treffpunkt anzuweisen, dachte Dolores Umbridge, als sie kurz vor Mitternacht in die Mysteriumsabteilung geschlichen war. Nach einigen Fehlversuchen mit den zwölf in dem sich drehenden Raum liegenden Türen hatte sie ihn endlich erreicht, jenen Raum, dessen beherrschende Einrichtung ein gigantischer Torbogen aus Stein auf zwei hohen Sockeln war. Sie erschrak immer wieder, wenn sie den dunklen Vorhang ansah, der den Durchgang unter dem Torbogen verhüllte. Immer wieder regte der sich, als wehe ein Wind durch den Raum. Doch hier gab es nicht den winzigsten Hauch. Die Leiterin der Registrierungskommission für Muggelstämmige hütete sich davor, auch nur einen lauten Schritt zu tun. Denn irgendwie war ihr, als beobachteten sie tausend unsichtbare Augen von jenem unheimlichen Tor her. Das mochte daran liegen, daß sie gehört hatte, daß es wohl eine magische Verbindung mit der Totenwelt sein sollte. Nichts lebendiges, was durch den Vorhang unter den Torbogen geriet, kehrte je zurück. Außerdem vermeinte sie, leises Flüstern zu hören, wenn sie den unheimlichen Einrichtungsgegenstand länger als zehn Sekunden anstarrte. Mochte es stimmen, daß hinter diesem Tor die Totenwelt lag und die Seelen der hinübergegangenen in die lebendige Welt zurückblicken konnten? Der Gedanke bereitete ihr, die sonst keine Skrupel oder Scheu kannte, eine gehörige Gänsehaut. Hier sollte sie ihn also treffen. Sie blickte sich um und wartete. Es fehlte nur noch eine Minute bis Mitternacht. Würde Snape kommen? Oder hatte der Minister sie nur hier heruntergeschickt, um sie das Gruseln zu lehren? Würde dem ähnlich sehen, um sie hübsch folgsam zu halten, schlängelte sich ein verräterischer Gedanke durch ihren Verstand. Vielleicht tauchte auch der dunkle Lord persönlich hier auf, um sie an Ort und Stelle zu maßregeln, was ihr einfiele, sich in seine Absichten mit Hogwarts einzumischen. Doch dem durfte es eigentlich sehr gelegen kommen, was sie Snape zu sagen hatte.

In zwanzig Sekunden würde dieser Sonntag vorbei sein, verriet ihre rosarote Armbanduhr, die eine Weck- und Erinnerungsfunktion besaß. Da knallte es, und ein hochgewachsener Zauberer im pechschwarzen Umhang stand von ihr aus Links vor einem der beiden hohen Sockel. Einen winzigen Augenblick dachte sie an Voldemort. Doch das bleiche Gesicht mit der Hakennase, das von langem, fettigem, schwarzem Haar umrahmt wurde, war nicht das Markenzeichen des dunklen Lords. Snape war tatsächlich erschienen, unmittelbar in diesem Raum appariert, wo sonst alle Räume im Ministerium appariergeschützt waren. Er winkte Dolores Umbridge unangebracht verächtlich grinsend zu. Sie trat vor und baute sich in einer respekterheischenden Pose vor ihm auf.

"Guten Morgen Severus", sagte sie leicht ungehalten. Ihre Stimme hallte von den kahlen Wänden wider, und einen Moment lang vermeinte sie, daß der dunkle Vorhang unter dem Torbogen sich in ihre Richtung bewegte.

"Ah, Madam Umbridge", grüßte Snape mit überlegen klingender Stimme zurück. "Der Minister bat mich, mich an diesem gastlichen Ort mit Ihnen zu treffen, auf neutralem Boden sozusagen."

"Ja, das ist richtig", erwiderte Dolores Umbridge. Sie dachte bei sich, daß Snape ihr auch ruhig hätte sagen können, wer ihn eigentlich hierherbeordert hatte. Doch ihr Anliegen war zu wichtig, um sich mit derartigen Nebensächlichkeiten aufzuhalten. "Es geht ihm und mir um diese leidige Angelegenheit, daß zwei Schüler - sagen wir mal den Zug nach Hogwarts versäumt haben. Wissen Sie vielleicht, wo Hardbrick, Henry abgeblieben ist?"

"Es heißt, er und seine Eltern seien umgekommen, Madam Umbridge. Wird wohl unkontrolliert und unerlaubt gezaubert haben. Sowas kann bei Leuten, die damit nicht umgehen können leicht ins Auge gehen", erwiderte Snape verächtlich klingend. "Apropos Auge. Ich hörte, Sie hätten ihr kleines Geschenk von Minister Thicknesse verloren. Haben Sie es mittlerweile wiedergefunden?" Dolores Umbridge mußte sich sehr anstrengen, keinen Funken Wut zu zeigen. Hatte es sich also auch schon zu Snape herumgesprochen, daß sie Moodys magisches Auge verloren hatte, mit dem sie ihre Büroangestellten so trefflich unter Kontrolle gehalten hatte. Und der hakennasige Jüngling da grinste darüber auch noch, als freue er sich.

"Es ist mir gestohlen worden, wie Sie bei der Gelegenheit sicher auch erfahren haben, Professor Snape", zischte sie. "Ich wüßte nicht, was daran so erfreulich wäre. Denn es muß an dem Tag passiert sein, als diese Phönixordens-Leute in den Gerichtssaal eingedrungen waren und Cattamoles Frau und andere Schlammblüter bei der Flucht geholfen hatten."

"Jaja, der gute alte Vielsaft-Trank", schnarrte Snape schadenfroh. "Dagegen haben sie im Ministerium immer noch nichts, nicht wahr?"

"Ich wüßte nicht, daß das ein Grund zur Schadenfreude ist, Snape", fauchte Umbridge, jetzt jede höfliche Anrede vergessend.

"Professor Snape oder auch Direktor Snape, Madam Umbridge", korrigierte sie Snape. "Vergessen Sie bitte nicht, welchen Rang ich bekleide, Madam! Denn dann können Sie sich auch sicher sein, Ihre und meine Zeit nicht unnötig zu verplempern. Also bitte, was möchten Sie von mir?"

"Klare Frage, klare Antwort: Ich möchte, daß der zweite Schüler, der den Zug versäumt hat, zu mir ins Ministerium kommt, um dort vor meiner Kommission Rede und Antwort zu stehen. Oder haben Sie sich etwa damit abgefunden, daß der Schüler Julius Andrews unerlaubt von Hogwarts ferngeblieben ist?"

"Ich fürchte, Ihre Informationen treffen nicht ganz zu, Madam Umbridge. Julius Andrews ist schon seit zwei Jahren kein ordentlicher Schüler von Hogwarts. Aus einem mir damals nicht mitgeteilten Grund hat seine Mutter befunden, mit ihm umzuziehen. Er wurde Schüler von Beauxbatons. Immerhin trug er die blaßblaue Schuluniform dieser Lehranstalt, als er mit Madame Maxime und einigen anderen zu Professor Dumbledores Beisetzung erschien, erfuhr ich von einigen interessanten Leuten. Oder haben Sie ihn dort nicht gesehen, wo Sie ebenfalls zugegen waren?"

"Suchen Sie Streit mit mir, Professor Snape? Dann fahren Sie nur so fort, und ich werde an geeigneter Stelle Bedenken über Ihre Tätigkeit als Schulleiter äußern", schnarrte Dolores Umbridge. Doch Snape ließ das völlig kalt. Er sah sie ganz entspannt an und erwiederte:

"Ich wollte Ihnen lediglich erklären, daß ich diesen überkandidelten Burschen, der die Ehre aller reinblütigen Zauberer beschmutzt hat, nicht als Hogwarts-Schüler ansehe und ihn dort auch nicht mehr eingelassen hätte, wenn er gemeint hätte, die Franzosen wollten ihn nicht mehr haben. Also wie soll ich Ihnen helfen, den aus Frankreich herzuholen, wo dort alle denken, mit allen Mitteln gegen uns ankämpfen zu müssen? Oder glauben Sie, diese verstockte Witwe Faucon würde den wieder zu uns lassen, wo sie denkt, daß der Mörder ihres achso geliebten Ehemannes hier das Sagen hat?"

"Nach den neuen Schulbestimmungen ist jedes in Großbritannien geborene Kind, das durch magische Handlungen auffiel verpflichtet, ausschließlich in Hogwarts in der Handhabung der Magie unterwiesen zu werden. Da Julius Andrews in England geboren wurde und bereits zwei Jahre lang im Gebrauch von Magie unterrichtet wurde, ist er demnach Schüler von Hogwarts und als solcher verpflichtet, nur dort zu lernen. So die neue Gesetzeslage. Sollte bei der Magie, die er ausübt etwas merkwürdig sein, weil seine Eltern beide nicht zaubern konnten, so galt und gilt für ihn dasselbe Verfahren, was die anderen aufgefallenen Kinder nichtmagischer Eltern behandelt. Durch den Aufenthalt in einem anderem Land verfällt diese Verpflichtung nicht, auch wenn er sich aus einem mir bis heute unbekanntem Grund erfolgreich der Rückführung nach England entziehen konnte."

"Ach, und jetzt haben Sie die Idee, ihn doch noch herzuholen. Wollen Sie ihn etwa nach Hogwarts "aufbrechen" lassen, Madam Umbridge? Und wie wollen Sie ihn dazu bekommen, freiwillig in den Hogwarts-Express einzusteigen und reumütig zu uns zurückzukommen, wo die in Beauxbatons ihn als ihren ordentlich aufgenommenen Schüler ansehen und seine Mutter als Begründung anführen, warum er nur noch bei denen lernen soll, die Zauberkräfte zu nutzen, von denen wir beide nicht wissen, wie er sie erworben hat?"

"Sie würden nicht so verächtlich grinsen, wenn Sie die Antwort nicht schon kennen würden, Mr. Snape", fauchte Umbridge. "Sonst wären Sie nämlich nicht hergekommen und würden Ihre achso kostbare Nachtruhe opfern."

"Ich bin hergekommen, weil der Minister mich angewiesen hat, mich hier mit Ihnen zu treffen, Madam Umbridge. Und ich bin ein dem Minister sehr loyal verbundener Zauberer, genauso wie Sie ihm eine loyal verbundene Hexe sind, Dolores." Umbridge schluckte den Ärger hinunter, daß Snape sie jetzt mit Vornamen ansprach. In Hogwarts hatte er es schließlich auch solange getan, bis sie Großinquisitorin und Schulleiterin geworden war. Aber sie stand höher in der Amtshierarchie. Warum begriff dieser Kerl das nicht?

"Sie sagten gerade was, daß dieser aufmüpfige, ungeklärt zaubermächtige Bursche bei Professor Dumbledores Beerdigung dabei war. Und um Ihre Frage zu beantworten, ich habe ihn dort zusammen mit Gloria Porter und dem renitenten Iren Malone in einer Reihe sitzen gesehen, als sei er noch ein Hogwarts-Schüler und als sei er noch sehr gut mit diesen beiden befreundet. Und genau das ist der Punkt." Sie machte eine taktische Pause und fuhr dann fort: "Irgendwie haben sie ihn so gut untergebracht, daß alle meine Methoden, ihn aufzuspüren und seine Mutter zur Rückkehr nach England zu bewegen verpufft sind. Und jetzt grinsen Sie bloß nicht wieder so unangebracht überlegen! So habe ich überlegt, daß wenn ich nicht an ihn oder seine Mutter herankomme, die ihm noch nahestehenden Leute bemühen will, ihn zur Rückkehr zu bewegen, seine Schulfreunde aus Hogwarts, namentlich Gloria Porter, Betty und Jenna Hollingsworth und Kevin Malone. Und die sind - da sind wir beide uns wohl absolut einig - Schüler von Hogwarts und verbringen dort gerade das Schuljahr, also in Ihrem Zuständigkeitsbereich. Deshalb muß ich alle Maßnahmen, die ich zur fälligen Repatriierung von Julius Andrews ergreifen möchte, mit Ihnen besprechen und abstimmen, Professor Snape."

"Repatriierung, klingt sehr erhaben und amtlich", feixte Snape. Dolores Umbridge schnaubte verärgert. Dann starrte sie Snape in die Augen, mußte jedoch höllisch aufpassen, keinen frei zugänglichen Gedanken an der Oberfläche ihres Bewußtseins treiben zu lassen. Sie holte tief Luft und sagte sehr entschlossen:

"Ich werde beim Ministerium anregen, daß die vier namentlich genannten Schülerinnen und Schüler am ersten November von Sicherheitsbeamten des Ministers abgeholt und zum Verhör zu mir gebracht werden, sofern sie mir bis dahin nicht geholfen haben, Julius Andrews zur Rückkehr nach London zu bewegen. Gelingt ihnen das, so werde ich die morgen offiziell von mir einzureichende Anklage wegen Beihilfe zur Flucht eines vom Ministerium gesuchten Kriminellen genauso schnell wieder in der Schublade verschwinden lassen, wie ich sie herausholen kann. Falls sie es nicht schaffen, ihm nicht zu überzeugen, daß seine Flucht auf Dauer sinnlos ist und er besser damit fährt, sich zu stellen, wird die Strafverfolgungsbehörde in Zusammenarbeit mit meiner Kommission befinden, daß sie mit ausländischen Zauberern gegen das Ministerium konspirieren. Sie wissen genau, daß Minister Thicknesse, Strafverfolgungsleiter Yaxley und Aurorenführer Dawlish in dieser Hinsicht sehr empfindlich reagieren. Sie wissen womöglich, was einem neunmalklugen Beamten passiert ist, der es wagte, öffentlich gegen den Zaubereiminister aufzubegehren, Severus?"

"Ich hörte sowas, daß Minister Thicknesse ein Exempel hat statuieren lassen, Dolores", erwiderte Snape kühl. "Ich wußte bisher nur nicht, daß diese Bestrafung nun auch auf minderjährige Hexen und zauberer angewendet werden soll, die ganz ordentlich ihr Schuljahr in Hogwarts begonnen haben."

"Sie halten mich offenbar für einfältig, Snape", fauchte Umbridge. "Haben wir beide nicht vor zwei Jahren schon erörtert, daß die Interessen von Hogwarts und dem Ministerium von Auswärts mißachtet werden und Schüler von Hogwarts gegen das Ministerium aufgehetzt werden sollten."

"Nichts für ungut, aber damals stand ich auf der Liste der von Ihnen zu prüfenden Lehrer, ob ich meinen Unterricht im Sinne einer ministeriell anerkannten Weise erteile, Madam Umbridge. Ich kann mich nicht entsinnen, daß Sie mich wirklich tief ins Vertrauen hätten ziehen wollen. Und als Sie vorübergehende Schulleiterin waren, haben Sie mich auch eher als Erfüllungsgehilfen betrachtet. Genau das versuchen Sie jetzt wieder. Alle Schüler, die in Hogsmeade aus dem Zug ausgestiegen sind, stehen unter dem Schutz von Hogwarts und damit unter meinem. Das hat mir Minister Thicknesse garantiert. Sobald eine Hexe oder ein Zauberer unter achtzehn Jahren durch das Ebertor oder über den See nach Hogwarts gelangt ist, gilt diese Schutzbestimmung. Es sei denn, Sie bringen mir klare Beweise dafür, daß die von Ihnen erwähnten Schüler ein Verbrechen begangen haben. Dann könnte ich sie den Schulregeln gemäß entlassen, weil sie das Ansehen von Hogwarts besudelt haben. Also, ich höre."

"Sie gehen daarauf aus, daß ich Ihnen beweisen muß, daß die vier Schüler gegen den amtierenden Zaubereiminister konspirieren und einem Gesuchten wichtige Informationen zuspielen? Genügt es Ihnen nicht, daß Minister Thicknesse bereits entrüstet ist, daß Sie die erwisenen Schulfreunde des Unerwünschten Nummer eins immer noch in den Mauern von Hogwarts beherbergen? Sie denken vielleicht, Sie stehen in der Gunst des Ministers höher als ich, Snape. Aber sollte dies zutreffen kann sich das sehr schnell ändern, wenn Sie mir Ihre Unterstützung mit von Ihnen selbst nicht so recht befürworteten Argumenten verweigern wollen."

"Wie Sie ganz sicher wissen, gilt das auch für Sie, Dolores, wenn Sie jemanden verärgern, dem der Minister sehr viel zu verdanken hat, vor allem sein Amt", erwiderte Snape. Umbridge erkannte, daß ihre Drohung gerade nach hinten losgegangen war. Dies unterstrich Snape damit, daß er wie beiläufig den linken Ärmel zurückschob. Sie brauchte das schwarze Brandzeichen an seinem Handgelenk nicht zu sehen, um zu wissen, daß er sich in einer besseren Position befand als sie, die kein solches Brandzeichen besaß. wie überaus gnädig klang da für sie, was Snape noch sagte. "Andererseits kann ich mir als Schulleiter keine Untergrundaktivitäten gefallen lassen, die mich und das Zaubereiministerium lächerlich machen oder unsere gerade erst so sichere Ordnung in der Zaubererwelt in Frage stellen. Leute, die derlei wagen, gehören natürlich bestraft. Ich wollte lediglich erfahren, ob Sie konkrete Beweise vorbringen können. Und das können Sie offenbar nicht. Ich selbst lasse die betreffenden Schüler beobachten, nicht nur die vier, die Sie gerade erwähnt haben, sondern jeden, der oder die im Verdacht steht, damals dieser ominösen Bande angehört zu haben, die sich Dumbledores Armee nannte. Doch bisher sehe ich es so, daß wir in Hogwarts das ganz gut unter Kontrolle haben. Und damit das so bleibt, und um jeden Verdacht auszuräumen, in meiner Schule könnte es erwiesene Kriminelle geben, oder diese dann auch der verdienten Strafe zuzuführen, werde ich mit den vieren sprechen und ihnen begreiflich machen, daß sie nur in Hogwarts bleiben dürfen, wenn sie mithelfen, den von Ihnen so heiß ersehnten Bengel Julius Andrews aus Beauxbatons herauszulocken und ihm klarzumachen, daß er gegen seine Pflichten und diverse Gesetze verstoßen hat. Ich warte also Ihre offizielle Anklage ab, damit ich was in der Hand habe, um Ihre Wünsche auch mit dem gebührenden Nachdruck weitergeben zu können."

"Dieser herablassende Ton steht Ihnen nicht gut, Snape", knurrte Dolores Umbridge. "Aber ich bin froh, daß Sie verstanden haben, daß Sie und ich uns nicht länger von Schlammblütern, die aus irgendeinem Grund mehr zauberkraft haben als Sie, auf der Nase herumtanzen lassen müssen." Umbridge wußte, daß diese Bemerkung Snapes Stolz ankratzen würde. Und sie hatte recht. Snape verzog verärgert das Gesicht.

"Er hat nicht mehr Zauberkraft als ich", schnarrte er. "Es gibt keinen Beweis dafür, daß diese übermäßige Zauberkraft, die dem Bengel zugesprochen wird, nicht an einem bestimmten Punkt stagniert, wo bei reinblütigen Zauberern die Begabung durch Übung und Erfahrung weiter ansteigt."

"Ich erkenne also, daß Ihnen auch daran gelegen ist, dieses Mißverständnis aufzuklären, daß jemand ohne magische Eltern mehr Zauberkraft erlangen könnte als ein Reinblüter wie Sie oder ich. Also geben Sie das den vier betreffenden Noch-Schülern weiter!"

"Sie haben ein wichtiges Wort vergessen, Madam Umbridge", knurrte Snape.

"Unverzüglich", erwiderte Dolores Umbridge, die keinen Millimeter von ihrer Autorität preisgeben wollte.

"Wie erwähnt warte ich auf eine offizielle Anklage Ihrerseits oder von Mr. Yaxley oder Mr. Dawlish oder gar dem Zaubereiminister. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch eine geruhsame Restnacht!"

"Glauben Sie nicht, daß Sie sich mir gegenüber mehr wagen als gesund für Sie ist, Severus Snape?" Fragte Dolores Umbridge.

"Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, wenn ich nicht genau wüßte, mit wem ich wie umzugehen habe, Madam Umbridge. Falls Sie glauben, ich würde mich Ihnen gegenüber renitent aufführen, so verweise ich sehr gerne darauf, daß ich mir im Vergleich zu Ihnen bisher keinen unverzeihlichen Fehler erlaubt habe. Ich sage nur Tim Abrahams. Gute Nacht, Dolores!" Snape genoß für einen Moment die sichtliche Erschütterung in Dolores' Umbridges Gesicht. Dann disapparierte er, wobei er einen Sekundenbruchteil dem sich von selbst bewegenden Vorhang zuwinkte. Dolores Umbridge stand eine Minute lang wie eine Salzsäule da. Snape hatte sie doch noch kalt erwischt. Also wußte er von der Pleite mit Tim Abrahams. Dabei hatte sie gedacht, daß seine Todesserkameraden aus lauter Angst vor Strafe nichts darüber ausplauderten. Falls doch, dann stand sie wahrlich übel da. Erst das Versagen mit Tim Abrahams, dann die eiskalte Überraschung, als mindestens drei Eindringlinge ihre Gerichtsverhandlung gestört und mehrere Schlammblüter befreit hatten. Womöglich führte der dunkle Lord eine Fehlerliste. Und niemand außer diesem wußte, wann die tödliche Grenze überschritten war. Snape hatte ihr mit seinem Abschiedsgruß überdeutlich zu verstehen gegeben, daß ihr Schicksal vom Erfolg ihres neuen Planes abhängen mochte. Was würde es nützen, vier mögliche Aufrührer aburteilen oder gänzlich unschädlich machen zu lassen, wenn das eigentliche Ziel nicht erreicht wurde? Ihr wurde schmerzhaft klar, daß sie gerade ihren Kopf unter ein sehr scharfes Schwert gelegt hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht auf die Auslieferung von Julius Andrews zu pochen und ihn als unbedeutenden Flüchtling zu klassifizieren, der nur dann belangt werden sollte, wenn er offen gegen das Ministerium anging. Doch jetzt hatte sie die Flasche geöffnet, und der darin gefangene Dschinn war fröhlich pfeifend entfahren und würde sich wohl nicht mehr in die Flasche zurücklocken lassen. Im Gegenteil. Wenn der befreite Dschinn es für eine gute Idee hielt, würde er sie, Dolores Jane Umbridge, in sein Glasgefängnis hineinstopfen und sie überlegen auslachen. Also mußte sie jetzt den Weg zu Ende gehen. Denn ein zurück gab es nicht mehr.

 

_________

 

Der Schreck saß Tief bei den Schülerinnen und Schülern von Beauxbatons. Der Minister und seine Frau waren tot. Umgekommen bei einem Besenausflug. Zumindest waren sie verschwunden, und im Zaubereiministerium tagte gerade die Versammlung aller Abteilungsleiter, um aus ihren Reihen den neuen Minister zu wählen. Denn Montpelier, der neue Leiter der Strafverfolgungsbehörde, würde es wohl nicht bleiben, wußten sie alle. Der Miroir Magique hatte angekündigt, im Falle einer Entscheidung noch am Abend eine Sonderausgabe herauszubringen, die den Abonenten zugestellt würde.

"Fertigmachen zum Unterricht!" Kommandierte Madame Maxime wie an jedem Schultag. Das gehörte zu den Ritualen, die ein Gefüge von Klarheit und Sicherheit vermittelten, wie das Strammstehen vor der Schulleiterin. Alle befolgten diese Anweisung und zogen los, um die neue Schulwoche anzufangen, die in einer ungewissen Zaubererwelt begann. Denn Julius und alle anderen wußten, daß mit dem Verschwinden von Minister Grandchapeau und seiner Frau die dunklen Wolken über der französischen Zaubererwelt noch dichter geworden waren. Es hing ganz daran, wer der neue Minister würde, ob sich die düstere Stimmung wieder legen würde oder das Gewitter richtig losbrach. Doch sie, die Lehrer und Schüler, konnten daran im Moment nichts ändern.

Gérard wollte Professeur Faucon in der Verwandlungsstunde auf den möglichen neuen Minister ansprechen. Doch Professeur Faucon herrschte ihn an, daß sie jetzt Transfiguration als Unterricht hätten und nicht über die Zaubererweltpolitik reden wollten. Julius hörte aus dieser Maßregelung heraus, daß sie selbst nicht an einen würdigen Nachfolger glaubte. So nahm der Unterricht seinen gewohnten Verlauf, als sei Minister Grandchapeau nicht verschwunden.Im Moment konnte er auch nicht mehr tun als alle anderen. Doch zwischendurch fragte sich Julius schon, ob der künftige Zaubereiminister Grandchapeaus Geheimnisse erfahren würde und auch, daß er, Julius, mit ministeriellem Segen ein Intrakulum bekommen hatte. Einen amüsanten Moment lang stellte er sich vor, daß seine Schwiegermutter die neue Zaubereiministerin werden könnte. Die kannte sein Geheimnis ja jetzt schon und würde sich wohl auch nicht auf Unterhandlungsspielchen mit Voldemort einlassen. Doch dann erkannte er sehr deutlich, daß die Abteilungsleiter wohl eher jemanden wählen würden, der internationale Kontakte in verschiedene Bereiche der Magie hatte. Außerdem würden sie wohl einen wählen, der nicht die typischen Eigenschaften des roten Saales aufwies, wenn es darum ging, die Zaubererwelt zu leiten.

Am Nachmittag übten sie den Patronus-Zauber weiter. Endlich schafften es auch drei Leute mehr, einen halbwegsgestaltlichen Patronus zu beschwören. Laurentine brachte das geisterhaft durchsichtige Abbild eines Wildschweins hervor, Céline staunte, als eine mindestens einen Meter lange Libelle aus silbernem Licht ihrem Zauberstab entschwirrte, und aus Gérards Zauberstab schwebte ein silbernes Lichtwölkchen, das auf dem Boden landete und wie auf kleinen Füßen durch den Klassenraum flitzte, bevor es übergangslos verlosch.

"Mist, wird doch 'n Meerschweinchen", knurrte Gérard, als er noch einmal seinen Patronus hervorrief. Zumindest konnte man ein Nagetier erahnen, fand Julius.

"Die innere Tiergestalt ist nicht nur eine Schwäche, sondern vor allem die Konzentration unserer stärksten Eigenschaften, Monsieur Laplace", belehrte ihn Professeur Faucon, während Julius zur Übung die Sonnenlichtmauer auf- und abbaute.

"Was soll denn an einem Meerschweinchen stark sein?" Brummte Gérard.

"Die können sich schnell vermehren, daß es schnell immer mehr Schweinchen gibt", feixte Gaston. "Meine Oma hatte mal zwei Weibchen und ein Männchen. Ein Jahr später hatte sie hundert Stück davon."

"Hahaha", machte Gérard. Professeur Faucon kam hinzu und schnaubte:

"Solange Sie Unterricht haben benehmen Sie sich gefälligst diszipliniert, Messieurs. Ich entsinne mich nicht, daß Ihre innere Tiergestalt imposant groß ausgefallen ist, Monsieur Perignon."

"Ja, aber Eichhörnchen können gut klettern und weit springen", bemerkte Gaston. "Meerschweinchen können das nicht."

"Ey, jetzt reicht's", blaffte Gérard. Das fand auch Professeur Faucon und verhängte gegen beide dreißig Strafpunkte und die Strafarbeit, mit Schuldiener Bertillon das Herbstlaub aus dem ringförmigen Begrenzungswald ohne Zauberkraft zusammenzukehren.

Im Englischkurs am Nachmittag sprachen sie über das trimagische Turnier vor drei Jahren. Gabrielle Delacour wollte vor allem wissen, wie diese Meerleute aussahen, die sie im See festgehalten hatten. Immerhin hatte sie ja im Zaubertiefschlaf unter Wasser gelegen. Julius beschrieb ihr die Wassermenschen. Gabrielle schüttelte sich leicht angewidert. Dann umspielte ein warmes Lächeln ihren kindlich weichen Mund, als sie sagte, daß es sehr mutig von Harry Potter gewesen sei, sie auch noch da wegzuholen.

"Glaubst du, daß sie das trimagische Turnier wieder stattfinden lassen, weil das mit Cedric Diggory ja nicht vorherzusehen war?" Fragte Apollo Arbrenoir. Julius überlegte. Dann sagte er:

"War schon was interessantes und spannendes. Aber solange das mit Hogwarts so weitergeht wie es gerade läuft, denke ich, sollten wir besser kein trimagisches Turnier mehr haben. Stellt euch mal vor, daß Snape nach Beauxbatons kommt und nur Slytherins mitbringt, weil sonst keiner ausreisen darf."

"Professeur Snape, Monsieur Latierre", korrigierte Monsieur Berlios, der Sprachkursbetreuer, den stellvertretenden Saalsprecher der Grünen, während alle anderen grinsten.

"Bei allem Respekt, Monsieur Berlios. Aber ich glaube, daß er Professor Dumbledore ermordet hat und nur deshalb Schulleiter von Hogwarts geworden ist, weil sein Herr und Meister ihn damit belohnen wollte und nicht, weil er sich das anständig verdient hat", begehrte Julius auf. "Und dafür dürfen Sie mir gerne Strafpunkte geben. Denn in dieser Meinung weiß ich mich mit Madame Maxime und sämtlichen Lehrern hier einig."

"Nun, geklärt ist es ja nicht, ob Professeur Snape tatsächlich den Tod seines Vorgängers herbeigeführt hat. Den Berichten nach könnten es auch andere Eindringlinge gewesen sein, die an dem Überfall auf Hogwarts beteiligt waren", beharrte Berlios darauf, Snape zu respektieren.

"Dann hätte Snape zumindest Beihilfe durch Unterlassung begangen, weil er seinen Chef nicht vor den Angreifern beschützt hat", blieb auch Julius stur. Alle anderen lauschten interessiert auf die wie alles andere in diesem Kurs auf Englisch ablaufende Debatte. "Oder möchten Sie etwaa noch die Behauptung einbringen, die der von Marionettenminister Thicknesse in den Tagespropheten gesetzt hat, daß Harry Potter Professor Dumbledore ermordet hat, um es Snape in die Schuhe zu schieben. Bei aller Logik hätte Harry Potter den geringsten Grund, ihn zu töten."

"Nun, unter einem bestimmten Fluch hätte er vielleicht keine Wahl gehabt", versuchte Berlios es weiter, Snapes Unbescholtenheit zu verteidigen. Millie bat ums Wort und sagte in astreinem Englisch:

"Dann wäre das wohl kein Thema gewesen, und Snape hätte sich sofort nach dem Überfall gestellt, um zu erzählen, wie ein Todesser Harry Potter unter den Imperius genommen hat. Aber der ist mit einem Schüler verschwunden, der im Verdacht steht, die Todesser und einen gewaltsüchtigen Werwolf nach Hogwarts reingelassen zu haben. Ich hatte in den Sommerferien genug Möglichkeiten, mich mit Leuten aus Hogwarts zu unterhalten, was da gelaufen ist."

"Bleiben wir besser bei der von Monsieur Arbrenoir gestellten Frage, ob das trimagische Turnier doch wieder stattfinden könnte. Zumindest in dieser Hinsicht pflichte ich Monsieur Latierre bei, daß die Lage auf den britischen Inseln eine Teilnahme von Hogwarts und damit die Beibehaltung der Tradition verhindert."

"Es sei denn, wir nehmen Greifennest als dritte Schule mit rein", wandte Millie ein. "Immerhin wird sowas ja schon angedacht. Und meine Mutter, die ja, wie alle heute morgen in der Zeitung lesen konnten, die magischen Spiele und Sportarten betreut, hat auch schon anklingen lassen, daß da durchaus noch Spielraum für ein internationales Schulturnier mit mehr als drei Schulen möglich ist, wo ja das letzte trimagische gezeigt hat, daß auch vier Teilnehmer Aufgaben lösen können."

"Oh, dann müßten sie den Feuerkelch umbauen, falls die Vermurksung vom letzten Mal nicht mehr wirkt", wandte Julius ein. Berlios räusperte sich und bat Julius darum, einen etwas kultivierteren Ausdruck zu benutzen. Julius schluckte hinunter, daß sie hier alle ja lebendiges Englisch lernen wollten und nicht nur Bücher wälzen wollten. Doch er sagte ruhig, daß nach Harry Potters unvorhersehbarer Teilnahme das Gerücht umging, jemand habe den Kelch rechtswidrig mit einem Zauber belegt, der diesem vorgegaukelt habe, es seien vier Schulen am Turnier beteiligt. Wenn er wollte konnte er ja sehr gehoben daherreden.

"Zumindest wird die Altersbeschränkung wohl beibehalten", wandte Sandrine ein. "Wäre zumindest besser, damit nicht wieder zweit- oder Drittklässler da mitmachen können. Drachen und Riesenspinnen sind ja echt nichts für Leute, die gerade mal Licht an und Licht aus zaubern können."

"Ey, ich kann schon Sirennitus-Zauber und Petrificus totalus", begehrte Gabrielle auf. Julius wandte ein, daß diese Zauber gegen Drachen überhaupt nichts brächten und ihre Schwester ja den Cantasomnius-Zauber benutzt hatte, um ihren grünen Drachen einzulullen.

"Und auf einem Besen fliegen mußt du ja auch gut können", stichelte Edith Messier. Sonst hätte Harry Potter wohl kaum das Hornschwanzweibchen austricksen können."

"Öi, ich kann auch schon fliegen", maulte Gabrielle. Offenbar ärgerte es sie jetzt, daß sie hier die jüngste in der Runde war. Das merkte wohl auch Julius und wandte beschwichtigend ein, daß das mit der Altersbeschränkung schon gut sei, weil Schüler über den ZAGs nun einmal mehr Zauber ausführen könnten. Er wurde dann von Apollo und Millie gefragt, ob er dann nicht schon bei einem trimagischen Turnier mitmachen könne.

"Ich kann wohl einiges zaubern, was ziemlich gut wirkt. Aber wenn ich nicht weiß, was bei einem Turnier so aufgeboten wird, weiß ich auch nicht, welche Zauber ich dafür brauche und ob ich die dann schnell genug lernen kann. Ich denke mal, daß Harry Potter nicht den Besen zu sich gerufen hätte, wenn der Fleurs Cantasomnius-Zauber gekonnt oder wie Victor Krum einen Bindehautentzündungsfluch gegen die Augen des Hornschwanzweibchens hätte schleudern können. Die meisten hier mußten erst in die fünfte Klasse kommen, um die beiden Zauber zu lernen, ich eingeschlossen."

"Ja, aber wer zwei mauretanische Feuerlöwen fertigmachen kann, der kann auch einen Drachen austricksen", stellte Apollo anerkennend fest. Millie und Julius sahen sich kurz an und lächelten dankbar. Sie verloren jedoch kein Wort darüber.

"Das ist eine interessante Idee, dieses mehrstufige Manöver, das Sie gegen die Feuerlöwen ausgeführt haben, als trimagische Aufgabe zu stellen", sagte Berlios. Alle Kursteilnehmer sahen ihn verdutzt an. Julius wollte schon sagen, daß ohne den Todeswehrzauber jeder Versuch, einen Feuerlöwen kampfunfähig zu machen reiner Selbstmord sei. Doch er hatte ja für sich selbst festgestellt, daß keiner außer den unmittelbar beteiligten wissen sollte, daß er vier uralte, aber sehr wirksame Abwehrzauber konnte. So überließ er es Constance Dornier, darauf zu antworten:

"Das war der Mut der Verzweiflung, Monsieur Berlios. Bei einer Aufgabe suche ich mir doch aus, ob ich nicht erst meine eigene Haut schütze, bevor ich so draufhalte wie die beiden." Millie und Julius nickten. So klang der Rest der Zwei Kursstunden aus, und die Schüler verabredeten für nächste Woche, über Quodpot zu sprechen, weil Apollo von Millie gehört hatte, daß das ein sehr spannender Besenflugsport sei. Millie und Julius erklärten sich bereit, über ihre Quodpot-Erlebnisse und die Spielregeln zu reden, wenngleich Julius gerne Brittany Forester hergeholt hätte,damit die darüber sprach. Vielleicht sollte er Kore Blackberry anschreiben und fragen, ob sie Zeit und Lust hatte. Doch die war bestimmt gefrustet, weil dieser Streich der Mora-Vingate-Bande ihr Quodpot vergellt hatte.

Als beim Abendessen mehr als zwanzig Eulen mit dünnen Ausgaben der Zaubererzeitung hereinflogen blickten nicht wenige mit einer Mischung aus gespannter Erwartung und großer Hoffnung zu den Zeitungsvögeln hoch. Als Julius seine Ausgabe erhielt, fühlte er schlagartig, wie nicht nur seine Stimmung in den Keller sackte. Denn auf der ersten Seite prangte das schwarz-weiße Zaubererffoto eines älteren Mannes mit dunklem Haar, mittelhellen Augen und einem Schnurrbart. Unter dem silbrig glänzenden Fotorahmen standen als Bildunterschrift und Schlagzeilen zugleich:

 

JANUS HENRI PHILIPPE DIDIER

 

 

FRANKREICHS NEUER ZAUBEREIMINISTER

 

"Super! Toll!" Maulte Robert. "Jetzt haben die diesen Sesselfurzer tatsächlich zum neuen Minister gemacht." Julius las den Artikel zu Didiers Ernennung und fand darin sehr viele lobende Gründe, warum er und sonst keiner Zaubereiminister werden sollte. Er las aber auch, daß Didier von den fünfzehn anderen Abteilungsleitern und ihren Stellvertretern nur zwölf Stimmen erhalten hatte. Zwei hatten gegen ihn gestimmt und einer hatte sich enthalten. Weil die Wahl in namentlicher Abstimmung erfolgt war, konnte der Miroir Magique sogar die Liste der Zustimmer und Ablehner präsentieren. So las er, daß seine Schwiegermutter, die die Abteilung für magische Spiele und Sportarten leitete, neben Cicero Descartes von der Abteilung für magische Ausbildung und Studien Didier die Zustimmung versagt hatte. Allerdings hatte sich keiner der Abteilungsleiter dazu bereitgefunden, der Zeitung ein Interview zu geben. So mußten die Redakteure wohl aus alten Berichten und eigenen Beobachtungen schöpfen, was drei Seiten der Zeitung in Anspruch nahm. Ganz hinten fand sich dann ein Stehgreifinterview mit dem neu ausgerufenen Zaubereiminister. Julius las es Zeile für Zeile, um mögliche Zwischentöne herauszulesen. Tatsächlich war da zu der Frage, ob er eher bereit sei, mit dem britischen Zaubereiministerium zu unterhandeln nachzulesen, daß er zunächst alle gesetzlich zulässigen Mittel ausschöpfen wolle, um die Freiheit der französischen Zaubererwelt zu sichern. Das hieß aber auch, daß geprüft werden solle, ob in den letzten Jahren zugewanderte Hexen und Zauberer immer so untadelig gewesen seien, daß sie den Schutz der hiesigen Gemeinschaft beanspruchen dürften. Für Julius klang das wie das Warnsignal "Alarmstufe Gelb". Doch er ließ sich nicht anmerken, wie verdrossen er war, weil Didier damit andeutete, daß die nach Frankreich eingewanderten Muggelstämmigen vielleicht doch gesuchte Verbrecher waren. Er setzte seine Hoffnung darauf, daß die übrigen Abteilungsleiter, auch Monsieur Montpelier, der die Strafverfolgung weiterbetreute, nicht auf Thicknesses Beschuldigungen eingehen würden. Madame Maxime hielt dann noch eine kurze Ansprache, in der sie im Namen von Beauxbatons versprach, dem neuen Minister bei allen mit dem Anstand und den Gesetzen der freien Zaubererwelt vereinbaren Anliegen zur Seite zu stehen. Dann gebot sie, das Abendessen fortzusetzen.

"Schachmatt!" Frohlockte der weiße König, dessen Kameraden gerade von Julius zum Sieg gegen Louis Vigniers schwarze Schachmenschen geführt worden waren.

"Ich trainiere zu wenig", grummelte der muggelstämmige Zweitklässler. "Oder ich bin da noch nicht mit klar, daß die Figuren laufen und kämpfen können."

"Vor allem wo deine Dame so empört geschimpft hat, als sie von einem meiner Springer vom Feld geworfen wurde", erwiderte Julius.

"Wir sind immer noch höchst entrüstet", klang es hohl aus Louis' Schachmenschenkasten, als die vor zehn Zügen geschlagene Königin ihrem Unmut Luft machte.

"Wir? Frißt du für zwei oder drei? Dann herzlichen Glückwunsch", entgegnete Louis.

"Beleidigt er unsere Gemahlin, wo er sie schmählichst hat vom Felde verstoßen lassen?" Knurrte der schwarze König, bevor er seine Reichsinsignien wieder an sich nahm.

"Majestätische Mehrzahl, Louis. Wir, Elisabeth, aus Gottes Gnaden Königin", erwiderte Julius.

"Na klar, so siehst du aus", grinste Luis.

"Verzeihung, Messieurs, aber falls Sie keine weitere Partie gegeneinander zu spielen wünschen suchen Sie sich bitte neue Opponenten oder verharren schweigend, bis andere Mitspieler zur Verfügung stehen!" Wies Professeur Paximus die beiden Saalkameraden zurecht.

"Dann spiel ich jetzt gegen deine Schwiegertante, Julius", wisperte Louis jungenhaft grinsend

"Dann mal viel Spaß, Louis. Die hat Schach schon gelernt, wo die noch nicht geboren war", raunte Julius grinsend zurück. Doch Louis blickte sich schon um und bekam Patricia Latierres Einwilligung, gegen sie zu spielen. Julius selbst spielte gegen Giscard Moureau und hielt ihn und sich über dreißig Züge im Spiel.

"Ich habe mit den weißen gespielt, weil das schwarze Königspaar geschmollt hat", grummelte Louis, als Julius mit ihm und den anderen Grünen zum zugewiesenen Wohnbereich ging. "Pattie meinte, daß ich wohl neue Schachmenschen bräuchte, nachdem die mich dreimal hintereinander unangespitzt im Boden versenkt hat. Ich hätte auf dich hören sollen, Julius. Die hat mir dann nämlich einen erzählt, daß ihre Mutter, wo sie noch bei der unten drin war, zwei Turniere gespielt und gewonnen hat. Da hatte ich natürlich echt keine Chance."

"Es ist keine Schande, gegen einen überlegenen Gegner zu verlieren, Louis. Ich habe gegen Patties Mutter auch schon mehrmals verloren."

"Hast du gegen die denn schon mal gewonnen?" Wollte Louis wissen. Julius schüttelte den Kopf. "Neh, dann ist klar, warum du den Spruch gebracht hast", grinste Louis.

"Och, den bringen auch die Klingonen", erwiderte Julius. "Die würden selbst in einer kleinen Raumfähre noch gegen einen romulanischen Warbird kämpfen, auch wenn sie wissen, daß sie von dem im ersten Ansatz zerblasen werden."

"Da würde ich aber vorher fragen, ob dieses Sto-vo-Kor so'n toller Ort ist, daß man da unbedingt für niedergemacht werden muß

"Da mußt du die Wikinger in Walhalla fragen", erwiderte Julius. Beide lachten. Louis meinte dazu noch:

"Um zu denen zu kommen müßte ich mich ja auch umbringen lassen."

"Ja, aber dann mit dem Zauberstab in der Hand", ergänzte Julius. "Sonst holt dich Heel in ihr dunkles Reich."

"Hallo, von was habt ihr's g'rade?" Mischte sich Laurentine leicht verstört ein. "Ist das echt so toll, über's umgebracht werden zu quatschen?"

"Louis wollte nur wissen, ob die ihn in Sto-vo-Kor reinlassen würden", erwiderte Julius unschuldsvoll dreinschauend.

"Das ausgerechnet du so locker über sowas redest, wo deine Schulfreunde in Hogwarts echt Angst haben müssen, daß die oder ihre Eltern ausgeknipst werden wundert mich jetzt aber doch", entrüstete sich Laurentine. Das traf voll. Julius verlor jeden Spaß an diesem Thema. Louis grummelte Laurentine an, daß sie als Mädchen ja keinen Dunst von Heldentaten hätte. Darauf meinte Laurentine:

"Es gibt da Tränke und Zauber, die jemanden in einen anderen oder eine andere verwandeln. Ich kann Yvonne gerne fragen, ob die uns beide mal tauschen läßt, wenn ich die rote Phase im Monat habe." Doch anstatt Louis einzuschüchtern strahlte er.

"Echt, sowas geht. Wollte immer schon wissen, wie ihr Mädels mit so'nem Balkon aufrecht rumlaufen könnt." Laurentine knurrte unwirsch und schob ab. Julius meinte zu Louis, daß das jetzt wohl nicht so doll war, verzichtete aber auf Strafpunkte, weil Laurentine sich ja ungefragt eingeklinkt und das Thema aufgeworfen hatte. Doch ihre Bemerkung über seine Schulfreunde in Hogwarts hatte mit der Wucht einer Fliegerbombe in den Bunker seines Humors eingeschlagen. So war er ein wenig betrübt, als er die Bettkontrolle bei den jüngeren Schülern machte. Während er zwischen der schulweit verordneten Schlafenszeit der Viert- und Fünftklässler im eigenen Schlafsaal wartete, erschien Aurora Dawns gemaltes Ich in ihrem Bild. Es wirkte ziemlich niedergeschlagen. Julius' Alarmglocken leuteten bereits, bevor Aurora ihn mit den lebensecht nachgemalten graugrünen Augen ansah und sagte: "Ich fürchte, Gloria, Betty, Jenna und Kevin kriegen Ärger, Julius. Gloria hat mich von ihrem plüschigen Postdrachen-Bild suchen lassen, um mir mitzuteilen, daß sie dich um ein Uhr eurer Zeit sprechen will. Mehr dürfe ich dir nicht erzählen."

"Schwierigkeiten? Scheiße, was für Schwierigkeiten?"

"Eine Menge Schwierigkeiten, Julius", rückte Aurora mit etwas mehr und doch noch zu wenig heraus.

"Aurora, im Moment läuft keiner von meinen Mitschülern hier im Raum rum. Wenn's was ist, wo ich was dran machen kann, sag's mir bitte, damit Gloria es nicht länger als nötig erklären muß! Je kürzer sie sprechen muß, desto sicherer ist es, daß sie nicht erwischt werden kann. Es sei denn, man hält sie eh schon unter Beobachtung", knurrte Julius. Aurora nickte und erklärte es ihn in kurzen Sätzen.

 

__________

 

Snape saß im Büro des Schulleiters. Obwohl er nun schon fast zwei Monate in diesem runden Turmzimmer residierte war ihm nicht so ganz wohl bei der Sache. Er hatte seinen Vorgänger getötet. Und dieser Vorgänger residierte in einem großen, goldgerahmten Bild hinter seinem Schreibtischstuhl und zwinkerte ihm über die Halbmondgläser seiner Brille stahlblau zu. Gerade eben hatte eine Ministeriumsposteule einen amtlich wirkenden Briefumschlag gebracht. Er sah auf eines der tickenden, klickenden und rasselnden Instrumente, die Dumbledore der Schule vererbt hatte. Dieses Instrument war ein besonders exotischer Chronometer, der nicht wie eine gewöhnliche Uhr mit Zeigern auf einem Zifferblatt die Tageszeit verriet, sondern Durch drei Kügelchen, einer großen gelben, einer kleineren Blauen und einer stecknadelkopfgroßen weißen, die zueinander in Stellung gebracht waren. Auf der Blauen Kugel war eine goldene Längseinteilung angebracht. Snape hatte einen ganzen Tag gebraucht, um an diesem Sonne-Erde-Mond-Instrument die Uhrzeiten abzulesen. Zwar besaß er eine Taschenuhr, die ihm sogar wichtige Termine ansagen oder ihn mit täuschend echt räumlich klingendem Glockenspiel wecken konnte. Aber dieses Modell der Erde vor der Sonne mit dem sie umrundenden Mond faszinierte ihn. Vor allem weil diese Uhr sich an ihren natürlichen Vorbildern ausrichten konnte. Er las darauf ab, daß es jetzt sechs Uhr abends war. Er nahm den Briefumschlag, auf dem ausdrücklich sein Name stand und öffnete ihn. Wie Severus Snape sich denken konnte enthielt der Briefumschlag eine offizielle Anklageschrift. Darin wurden die Hogwarts-Schüler Gloria Porter, Betty und Jenna Hollingsworth und Kevin Malone beschuldigt, mit dem seit dem ersten September wegen mutwilligen Fernbleibens von Hogwarts, Nichtbefolgung einer ministeriellen Vorladung und Diebstahls von mehr als zehntausend Galleonen gesuchten Julius Andrews den Sturz des amtierenden Zaubereiministers Pius Thicknesse zu planen und ihm vertrauliche Informationen aus Hogwarts zukommen zu lassen, um das dortige Lehrpersonal angreifen und gefangennehmen zu lassen. Auf einem beigefügten Pergamentblatt hatte die frühere Großinquisitorin noch notiert:

Im Moment habe ich ein Exemplar. Das zweite haben Sie, Severus. Halten Sie es den vier erwähnten Subjekten unter die Nase und fordern Sie sie auf, den Gesuchten zur Rückkehr nach England zu bewegen! Andrews hat bis zum Halloween-Tag Zeit, sich bei mir im Ministerium einzufinden. Falls er bis dahin nicht bei mir erschienen ist, werden die um Hogwarts postierten Dementoren die vier Beklagten abführen und zum Gamot verbringen, wo ich ihnen den Prozeß machen werde. Sollten sie nach Kenntnisnahme der Klageschrift Widerstand leisten oder zu fliehen versuchen, haben die um hogwarts postierten Dementoren die Genehmigung, sie zu überwältigen und zu küssen. Sollten Sie hingegen aus einem Anfall von Sentimentalität heraus versäumen, den vieren diese Anklage vorzulesen, denke ich, daß eine andere Autorität sich gerne Ihrer annehmen wird, wenn herauskommt, daß Sie dem Zaubereiminister die Gefolgschaft verweigert haben. Denn dieser befürwortet, genehmigt und befiehlt dieses Vorgehen ausdrücklich.

Angenehmen Tag noch!

Snape überprüfte die Anklageschrift auf eingewirkte Flüche und erkannte einen Fluch, der nur dadurch unwirksam wurde, daß der Text laut vorgelesen wurde. Passierte dies nicht, würde der eingelagerte Fluch nach zweiundsiebzig Stunden wie ein verzögerter Heuler losgehen und den Adressaten treffen, egal, wo er zu diesem Zeitpunkt war. Snape grinste erst anerkennend und dann verächtlich. Offenbar bildete sich Dolores Umbridge viel auf ihre Kenntnisse der dunklen Künste ein. Doch Snape hatte diesen allgemein verrufenen Zweig der Magie ausgiebigst studiert. Außer dem dunklen Lord und der in diesen vernarrten Bellatrix Lestrange wußte er niemanden, der ihm in dieser Hinsicht ebenbürtig oder überlegen war. Diesen Fluch hätte er mit Leichtigkeit neutralisieren können. Doch weil an dem auch ein Fernmeldezauber geknüpft war, der wohl verkünden sollte, ob er gelöscht oder ausgelöst wurde und eh vorhatte, die Anklageschrift zu verlesen, sah er davon ab, Umbridges kleine Hinterhältigkeit auszuhebeln. Er überlegte nur, ob er sich nicht angemessen revanchieren konnte, sollte das Vorhaben nicht gelingen und Umbridge zur Vogelfreien erklärt werden. Er dachte an diesen goldenen Ring, den Dumbledore angeschleppt hatte und von dessen ziemlich finsterem Fluch er so arg gebeutelt worden war, das er auch so gestorben wäre, hätte er, Snape, ihn nicht auf dem Astronomieturm mit Avada Kedavra getötet. Zwar glaubten jetzt viele, Harry Potter hätte das getan, obwohl er ihn dort oben nicht gesehen hatte. Aber der Bengel mochte unter seinem Tarnumhang gesteckt haben. Das hatte er auch dem dunklen Lord erklärt, als dieser ihn fragte, wie es angehen konnte, daß Potter ihn so rasch verfolgt hatte.

"Na, Phineas, wissen Sie immer noch nicht, wo die drei abgeblieben sind?" Fragte er einen portraitierten Schulleiter in grünen Gewändern.

"Dieses unverschämte Schlammblut hält mein anderes Bild immer noch gefangen", schnaubte der Portraitierte, Phineas Nigellus Black. Snape starrte ihn verächtlich an. "Wozu habe ich Sie eigentlich auf die drei angesetzt?" Fragte er verdrossen. Der portraitierte Altschulleiter verzog sein Gesicht und schnaubte, daß er nichts dagegen hatte machen können, daß sein anderes Bild von dem ihm angestammten Platz entwendet worden war. Snape meinte dann noch: "Immerhin schleppen die es weiter mit sich herum. Denken wohl, über es an Dumbledore zu kommen, wie?"

"Ich habe ihnen gesagt, daß ich kein Bild eines anderen Schulleiters in ein anderes Bild von mir hinüberbringen kann. Damit habe ich ihnen gründlich die Gemeinheiten ausgetrieben." Snape starrte ihn nun sehr verärgert an. "Phineas, damit sind Sie für mich wertlos geworden", schnarrte er. "Denn wenn die gewußt hätten, daß Sie einen andren Schulleiter durchaus in ein anderes Bild hinüberbringen könnten, würden die Sie häufiger hervorholen und ich wüßte endlich, wo sich diese verdammte Bande herumtreibt. Aber im Gegensatz zu mir haben Sie ja Zeit. Also wachen Sie weiter!"

"Natürlich, Herr Direktor", zischte Phineas Nigellus verdrossen. Snape griff nach der Anklageschrift und überlegte, ob er alle vier zugleich oder jeden nacheinander herzitieren sollte. Dabei fiel ihm ein, daß die Oberklässler der Slytherins seit dem neuen Schuljahr das Schulsicherheitskommando bildeten, um für ihn und seine Stellvertreterin Minerva McGonagall aufzupassen, daß keiner gegen die Schulregeln verstieß. Er überlegte, wer den besten Kontakt zu Julius Andrews gehabt hatte. Zusammengesehen hatte er ihn immer mit gloria Porter, Pina Watermellon, Kevin Malone und den Hufflepuffs Betty und Jenna Hollingsworth. Pina hatte die Explosion im Haus ihres Muggelonkels nicht überlebt. Ja, und vom Haus her war Julius mit Gloria und Kevin zusammengewesen. Außerdem hatte McGonagall die Enkeltochter Jane Porters zur Vertrauensschülerin ernannt. Zudem war Jenna Hollingsworth aus einem ihm nicht ersichtlichen Grund Vertrauensschülerin von Hufflepuff geworden. So brauchte er nur die Portraits alter Schulleiter aus den betreffenden Häusern loszuschicken, um die vier zusammenzutrommeln. Das tat er dann auch.

Gloria Porter ahnte es schon, daß nichts gutes auf sie wartete, als sie von Taliessin Fairfax, dem selbst als Ravenclaw-Bewohner und Hausleiter gewählten Schulleiter von 1569 bis 1643, den Auftrag erhielt, zusammen mit Kevin Malone zum Schulleiter zu gehen. Kevin hatte schon gefragt, ob die alte Hakennase ihn jetzt höchstpersönlich mit dem Cruciatus-Fluch beharken wollte. Gloria hielt ihm den Mund zu und zischte ihm zu, den bloß nicht auf derartige Ideen zu bringen.

Als sie dann vor den Wasserspeiern standen trafen sie auch Betty und Jenna. Gloria erbleichte für einen Augenblick. Hatte Snape die Peeves-Patrouille aufgedeckt? Dann könnten die vier jetzt tatsächlich mordsmäßigen Ärger bekommen, vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Doch sie berappelte sich wieder. Bevor Snape nichts entsprechendes sagte konnte ihnen keiner was. Außerdem hatte er einen Fehler gemacht, sie alle vier zusammen zu sich zu rufen. So konnte sie rasch noch eine Zauberei anbringen, die ihre Oma Jane ihr beigebracht hatte: Das Wort des Vordenkers. Sie zückte ihren Zauberstab und sprach merkwürdig kehlige Laute, wobei sie auf Betty, Jenna und Kevin deutete. Sie fühlte, wie etwas von ihnen auf sie überging. Sie sagte mit einer merkwürdig tief klingenden Stimme: "Bedenkt die Peeves-Patrouille!" Danach richtete sie den Zauberstab gegen sich, blickte sich um und nickte. kein Mensch, kein Geist, kein Bild hatte sie dabei beobachtet. So trat sie näher an den Wasserspeier heran: "Albus". Der Wasserspeier sprang zur Seite und öffnete die Tür zur nach oben laufenden Wendeltreppe, auf der die Vier dann hinaufglitten. Gloria wußte, daß ihr Zauber nur eine volle Stunde vorhielt und die anderen drei solange nicht an die Peeves-Patrouille denken konnten, weil sie diese Gedanken blockiert hatte. Snape galt als sehr guter Legilimentor und Okklumentor. Doch ihre Oma Jane hatte ihr in den letzten Sommerferien in harten Übungseinheiten die Okklumentik und den Mentiloquismus beigebracht, bis Julius zu Besuch kam und sie mit ihm seinen Vater verfolgt hatte. Sie war ein wenig eifersüchtig gewesen, als sie später erfahren hatte, daß Julius die Melo-Technik in wenigen Stunden erlernt hatte, wo sie mindestens drei Übungstage für gebraucht hatte. Aber ihre Oma hatte ihr ja auch nicht erklärt, daß sie bei dieser Kunst ... Warum dachte sie jetzt an das alles, wo sie gerade auf dem Weg nach oben waren, um womöglich gleich eine sehr schlechte Nachricht zu erfahren?

Snape thronte auf jenem hohen Stuhl, auf dem sie ein einziges Mal Dumbledore hatte sitzen sehen können, als sie am Ende des dritten Schuljahres zu ihm gegangen war, um ihm etwas von ihrer Großmutter Jane auszurichten, was längst nicht alle wissen durften. Das ausgerechnet Dumbledores Mörder auf diesem Platz saß war entweihend. Vor allem wenn sie Dumbledores Gesicht hinter dem Schreibtisch in seinem goldenen Bilderrahmen sah, kochte eine schwer zu unterdrückende Wut in ihr hoch.

"Setzen Sie sich!" Zischte Snape und deutete auf vier Holzhocker vor dem Schreibtisch. Ringsum summten, klickten, rasselten und tickten silberne Gerätschaften vor sich hin wie in einem Uhrenladen. Gloria hörte förmlich die ihr davontickende Zeit. Dann kam Snape auch schon auf den Punkt.

"Ich glaube sehr stark, daß ihr vier immmer noch sehr gut mit Julius Andrews in Verbindung steht, obwohl der zwei Jahre lang nicht bei uns war. Vor allem du, Gloria Porter, hast ja wohl auch deshalb ein Austauschjahr in Beauxbatons absolviert, um den Kontakt dorthin zu pflegen, nicht wahr?"

"Ich kann nicht verhehlen, daß es mir in Beauxbatons nicht schlecht ergangen ist", sagte Gloria kalt. Jetzt, wo sie dem Drachen in seiner Höhle gegenübersaß, war die Erschütterung und Ertapptheit dem Mut der Verzweiflung und dem Drang nach kalter Überlegung gewichen. Snape blickte sie konzentriert an. Sie lächelte mild. Sie fühlte zwar, daß er versuchte, ihre Gedanken zu erfassen. Doch sie hielt dagegen. Sie hatte eine verdammt strenge Lehrerin gehabt. Falls er das nicht schon längst wußte, sollte er es zumindest ahnen. Tatsächlich wandte Snape sich dann an Kevin Malone: "Stehst du mit Julius Andrews noch in Kontakt, Malone?" Fragte er. Kevin überlegte kurz. Dann sagte er ruhig: "Ich habe von ihm seit Dumbledores Beerdigung keinen Brief mehr bekommen. Der letzte war eine Geburtstagseinladung, zu der ich hingegangen bin, Sir." Gloria dachte überlegen, daß das nicht einmal gelogen war. Betty und Jenna nickten. Denn was Kevin gesagt hatte galt auch für sie beide.

"Und niemand von euch hat ihm seit dieser Einladung einen Brief geschrieben oder sonst wie mit ihm Kontakt gehalten? Ihr alle wart oder seid doch mit ihm befreundet", schnarrte Snape.

"Nach dem Wechsel im Ministerium habe ich keinen Brief mehr von Julius bekommen", sagte Gloria. kevin nickte beipflichtend, während die Hollingsworth-Zwillinge Snape ansahen wie zwei Kaninchen eine Schlange. Snape befand wohl, die beiden seien leichtere Beute für sein Verhör. Er straffte sich, richtete seine Hakennase auf Betty und fixierte sie mit seinen Blicken. Gloria dachte schon, daß Snape gleich alles über Julius Latierre wissen würde, was Betty wußte. Doch der durch Mord und Voldemort zum Schulleiter aufgestiegene Unsympath blickte verdutzt umher, als er Betty lange genug angestarrt hatte. Dann schnaubte er:

"Wer hat euch alle so präpariert?" Fragte er zornig. "Ihr wollt mir doch nicht erzählen, daß ihr keinen Kontakt mehr mit diesem Strolch habt. Irgendwer hat euch mit Schutzzaubern versehen, daß ihr wohl nicht ausplaudern wollt oder könnt, wie ihr mit dem Kontakt haltet, seitdem ihr bei seiner Geburtstagsfeier wart. Aber ich denke, was für einen Gedächtniszauber ihr abbekommen habt, spätestens im Ministerium werdet ihr aussagen, wie und wann ihr mit diesem Flüchtling Kontakt haltet. Ich habe hier die offizielle Anforderung der Leiterin der Registrierungskommission für Muggelstämmige. Sie klagt euch an, Beihilfe zu mehreren Gesetzesverstößen geleistet zu haben und wohl immer noch zu leisten." Gloria verzog das gesicht, während Betty und Jenna kreidebleich wurden und Kevin trotzig auf den schwarzhaarigen Kerl auf dem Schulleiterstuhl blickte. Snape zog eine Schublade auf und fischte einen dünnen Packen Pergamentblätter heraus und hielt ihn Gloria Porter unter die Nase. Sie sah das amtliche Siegel des Ministeriums und erkannte die runde Handschrift von Dolores Umbridge, die sie im dritten Schuljahr mehr als ausreichend zu lesen bekommen hatte. Dann verlas Snape laut und völlig emotionslos die Anklageschrift. Gloria beherrschte sich am besten. Wie das von Snape verriet auch ihr Gesicht keine Regung. Betty und Jenna setzten immer wieder an, zu protestieren, während Kevin Anstalten machte, aufzuspringen. Doch Snapes warnender Blick zwang ihn dazu, sitzen zu bleiben. Als er Umbridges Anklage verlesen hatte sagte er:

"Ich hätte gerade dich für klug genug gehalten, rechtzeitig zu erkennen, daß heimliche Absprachen mit einem von der Zaubererwelt nicht gern gesehenen Typen früher oder später ans Licht kommen, Gloria Porter. Der Minister hat der Anklageerhebung zugestimmt, geht aber davon aus, daß zumindest du und dein hitziger, irischer Hauskamerad da", wobei er abfällig auf Kevin deutete, "genug Grips im Schädel habt, zu erkennen, daß ihr in ziemlichen Schwierigkeiten steckt. Tja, das habt ihr davon, daß ihr euch mit einem Jungen mit zweifelhaften Zauberkräften eingelassen habt."

"Warum nennen Sie ihn nicht Schlammblut, Mr. Mördergolem. Das ist doch seit Thicknesses Umsturz mit Hilfe Ihres eigentlichen Herrn und Meisters ein angesagtes Wort", spie Kevin trotzig aus. Gloria wollte ihn schon mit einem warnenden Blick bedenken, als Snape ihn bereits anfuhr:

"Du wagst es hier, in meinem Büro, dein Maul derartig weit aufzureißen?! Was bildest du irischer Trottel dir ein, was gerade los ist? Das Ministerium bringt dich vor Gericht und verbuddelt dich und deine Spießgesellinnen in Askaban, falls denen nichts heftigeres einfällt. Da kommst du mir noch frech, dem amtlichen Schulleiter von Hogwarts?"

"Ich hab das schon kapiert, daß Ihr durchgeknallter Führer will, daß ich draufgehe, weil ich keine Probleme mit Julius ... habe." Kevin hatte irgendwie mitten im Satz pausiert, als könne er nicht weitersprechen. Snape vermutete, daß der Fünftklässler doch eine gewisse Angst hatte und fuhr ihn noch wütender an:

"Das ist eine Lüge, daß der dunkle Lord der Zaubereiminister ist. Pius Thicknesse ist der Zaubereiminister."

"Dunkler Lord sagen nur seine Anhänger und Todfeinde zu dem", warf nun Gloria ein. "Also welcher Seite gehören Sie an, Professor Snape?"

"Euch ist offenbar nicht klar, was ich hier gerade vorgelesen habe. In einer Woche holen die Dementoren euch hier ab. Ich bin gehalten, euch noch eine Woche Zeit zu lassen, um eure Lage zu verbessern. Interessiert euch das überhaupt?!"

"Wie denn verbessern", knurrte Kevin. "Die Kröte Umbridge hat uns doch voll auf der Mistgabel, weil sie meint, ihre Anti-Schlammblut-Kommission käme nicht recht klar, wenn ihr das Superschlammblut Julius so schön weit außerhalb ihrer Reichweite ist. Womöglich hat Ihr Boss, dessen Name keiner nennen soll, sogar Angst, weil der rumläuft könnten andere auch die Biege machen."

"Kevin ist gut jetzt!" Schrillte Gloria unerwartet laut. Snape warf seinen Kopf in ihre Richtung herum, daß sein langes, schwarzes, schmieriges Haar wild nach außen schwang. "Hier, in meinem Büro, brülle nur ich, Gloria Porter. Offenbar meint dein Hauskamerad, gleich schon aus Hogwarts rausfliegen zu können. Kann ich erledigen. Draußen sind mindestens fünfzig Dementoren. Ich brauche nur einmal laut zu rufen. Na, Großmaul, immer noch so mutig?!" Kevin erkannte, daß er haarscharf am Abgrund entlangbalancierte und beließ es bei einem trotzigen Blick. Gloria sah Snape an und sagte mit einer Gefühllosigkeit, die einem Golem Ehre gemacht hätte:

"Ich gehe sehr stark davon aus, daß Sie uns diese Anklageschrift und die Frist nur deshalb vorgetragen haben, weil Sie etwas anzubieten haben oder von uns erwarten, um die Schwere der Vorwürfe zu mildern. Also bitte, sagen Sie uns, was diese Sache hier soll, damit wir Ihre Zeit nicht länger vertun müssen!" Snape funkelte sie wütend an. Doch als er antwortete, klang seine Stimme leise aber unverkennbar gefährlich zischend wie die einer Königskobra vor dem Zubeißen:

"Immerhin besitzt du tatsächlich etwas wie Verstand, Mädchen. Ja, ich bin ermächtigt, etwas anzubieten, um die Situation für euch, auch für diesen Frechling da", wobei er wieder abfällig auf Kevin deutete, "erheblich zu erleichtern. Minister Thicknesse und Madam Umbridge haben mir zugesichert, daß alle Punkte auf der Anklageliste fallen gelassen werden, sofern ihr es hinbekommt, den Gesuchten Julius Andrews zur freiwilligen Rückkehr nach England zu bewegen. Bis zum ersten November möchte er sich im Ministerium einfinden und der Befragung durch die Registrierungskommission stellen. Tut er dies, ist Madam Umbridge bereit, die Anklage fallen zu lassen und euch weiterhin in meiner Obhut hier in Hogwarts zu belassen, weil das Ministerium keinen Wert darin sieht, reinblütige Hexen und Zauberer, vor allem zwei aus einer sehr alten Familie", wobei er die Zwillinge ansah "aus der magischen Gemeinschaft auszuschließen. Falls ihr diesen Bengel nicht dazu bewegen wollt oder könnt, reumütig zu uns zurückzukehren und sich für die von ihm und seiner Muggelmutter begangenen Verfehlungen zu verantworten, werdet ihr am Tag nach Halloween von den erwähnten Dementoren abgeholt und vor den Gamot gebracht und in allen hier gerade aufgeführten Punkten angeklagt. Ihr könntet dabei lebenslänglich in Askaban verschwinden, falls Minister Thicknesse oder Madam Umbridge nicht finden, daß ihr eine zu große Gefahr für den Frieden unserer magischen Welt darstellt und euch dazu verurteilt, den Kuß des Dementors hinzunehmen. Bei der Gelegenheit darf ich euch drauf hinweisen, daß jeder aktive Widerstand gegen die erwähnten Strafmaßnahmen oder auch nur der kleinste Fluchtversuch genau diese Bestrafung nach sich zieht. Nur, damit deine kleinen grauen Zellen nicht irgendwas verkehrtes ausbrüten und Mr. Hitzig hier nicht meint, ein Angriff auf mich oder die Wachen von Hogwarts sei ein Heldenstück und brächte ihm zumindest schulweite Anerkennung ein. Keiner hier würde sich daran ein Beispiel nehmen, wenn ein offiziell angeklagter vor aller Augen von einem Dementor geküßt wird. Damit wir das ganz deutlich geklärt haben." Kevin erbleichte nun wie Betty und Jenna. Gloria sah den beiden an, daß sie wohl gerne alles taten, um ihr Schicksal zu mildern. Gloria befand, ihnen eine gewisse Last von den Seelen nehmen zu können und sagte immer noch ganz frei von Gefühlsausbrüchen:

"Wie erwähnt, habe ich mit Julius Andrews seit dem Machtwechsel im Ministerium keinen Brief mehr ausgetauscht. Ihnen dürfte auch klar sein, daß Madam Umbridges Vorstoß nichts anderes ist als ein Erpressungsmanöver, bei dem es darum geht, unsere seelische Unversehrtheit gegen seine zu tauschen. Also ist sein Leben und seine Freiheit wohl viermal so viel wert wie meine, Kevins oder die unserer Klassenkameraden Betty und Jenna. Da mir und meinen Eltern viel an meiner seelischen Unversehrtheit liegt und ich nicht zusehen will, wie meine Freunde wegen meiner Untätigkeit leiden müssen, werde ich auf dieses schändliche Spiel eingehen und meinem Freund in Beauxbatons schreiben, was Sie gerade vorgetragen und angedroht haben, Mr. Snape. Sicher wird er dann darum bitten, um unser Leben willen nach England gelassen werden zu dürfen, auch wenn er weiß, daß weder das Wort eines Pius Thicknesse noch einer Dolores Umbridge irgendwas wert ist und wir trotzdem wohl vor den Gamot gebracht werden. Sie sind ein sehr intelligenter Zauberer, Mr. Snape, sonst hätten Sie ihre Funktion als Doppelagent für den Unnennbaren und Dumbledore nicht ausüben und überleben können. Daher erzähle ich Ihnen da nichts neues, wenn ich konstatiere, daß Madam Umbridge den größten Fehler ihres Lebens begeht, indem sie dieses Erpressungsmanöver durchführt. Denn wie auch immer es ausgeht, Julius Andrews wird dadurch zum Märtyrer oder Freiheitsidol. Sofern sie ihn überhaupt aus Beauxbatons herauslassen wird er zum Sinnbild der weltweiten Hetze gegen muggelstämmige Zauberer und weckt damit jeden bis jetzt verängstigten oder unentschlossenen Zauberer zum offenen Widerstand auf. läßt er sich nicht darauf ein, herzukommen oder wird gewaltsam davon abgehalten, sich für uns zu opfern, steht er als Symbol für die Fähigkeit, Ihrem wahren Herrn und Meister Widerstand entgegensetzen zu können, auch wenn er noch so viele Hexen und Zauberer mit fadenscheinigen Vorwürfen nach Askaban schaffen kann oder tötet. Ich werde den Hilferuf an meinen Freund Julius schicken und damit einen Nagel zum Sarg von Madam Umbridge schmieden und womöglich das Ende Ihres Herrn und Meisters einleuten, auch wenn ich es selbst nicht mehr erleben werde. Ich werde die mir drohende Aburteilung in der festen Überzeugung abwarten, daß Sie und alle Ihre Mitstreiter am Ende in der Dunkelheit verrotten werden, die Sie über unsere ehrwürdige Heimat bringen, Mr. Snape."

"Professor Snape, Porter", schnaubte Snape. "Ich überhöre mal diese lächerlichen Anfeindungen und Unverschämtheiten, die du gerade von dir gegeben hast und stelle dir und jedem deiner drei anderen Kameraden eine Expresseule zur Verfügung, die den Brief in einem Tag überbringen kann. Allerdings behalte ich mir vor, die Briefe vorher zu lesen, um nicht teures Geld für hetzerische Tiraden auszugeben, die in Beauxbatons Stimmung gegen Minister Thicknesse machen sollen. Wir brauchen keine Einmischung von außen, um unsere Geschicke in friedliche Bahnen zu lenken", zischte Snape. Dann beschwor er ein Tintenfaß und mehrere Pergamentblätter herauf und materialisierte einen Federhalter mit vier Adlerfedern auf dem Schreibtisch. "Also bitte, schreibe den Brief und schicke ihn ab, Gloria. Ach ja, und wenn du endlich auf erträgliches Maß heruntergekühlt bist, Malone, kannst du deinem Schlafsaalkameraden auch einen Brief schreiben. Pass aber dabei auf, daß dir die Feder nicht so ausrutscht wie dein Mundwerk!" Gloria sah die drei Kameraden an und sagte dann Snape zugewandt:

"Ich erledige das, weil ich die genaue Anschrift kenne. Ihr dürft dann unterschreiben, und falls Sie möchten, Professor Snape, unterschreiben Sie auch. Dann sieht es zumindest offiziell genug aus." Snape verzog sein Gesicht. Doch er schluckte Glorias Anmaßung hinunter und nickte ihr zu. Sie schrieb also den Brief an "Julius Andrews, grasgrüner Tisch, Speisesaal der Beauxbatons-Akademie Frankreich" und faßte zusammen, daß sie, Betty, Jenna und Kevin angeklagt werden sollten, ihn als gesuchten Kriminellen unterstützt zu haben und mit ihm eine Verschwörung zu planen und schilderte ohne Gefühlsregung in ihren Worten, welches Schicksal ihr und den drei anderen drohte und daß es ein Ultimatum der Kommissionsleiterin gebe. Falls er sich bereitfände, freiwillig nach England zurückzukehren und sich dieser Kommission zu stellen, sei ihr und den drei anderen versprochen worden, straffrei auszugehen und weiter in Hogwarts zu lernen. Falls nicht, könne es pasieren, daß sie nicht einmal bis Hogsmeade kämen, ohne von den Dementoren geküßt zu werden. Als sie dann fertig war unterschrieb sie und ließ von Kevin, Betty und Jenna mitunterschreiben. Snape nahm Glorias Angebot an und schrieb noch einen kurzen Kommentar darunter.

Ich würde deinen vier Freunden sehr gerne helfen, weiter in Hogwarts zu bleiben. Aber ich muß einsehen, daß du mit ihnen offen gegen das Zaubereiministerium konspiriert hast. Das kann ich als Schulleiter nicht ungeachtet hinnehmen. Also sieh zu, daß du ihnen helfen kannst!

 

Prof. Severus Snape

 

Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn in einen gelben Umschlag mit dem Wappen von Hogwarts, schrieb die Adresse darauf und zog an einem haardünnen Glockenseil, das hinter einem der Fenstervorhänge versteckt war. Das Fenster schwang alleine auf, und ein majestätischer Uhu schwebte von draußen herein. An seinem rechten Bein hing ein Drachenhautbeutel, der mit einem goldenen Ring befestigt war, in den wohl was eingraviert war. Der Uhu schuhute einmal laut und wartete, bis Snape ihm den Briefumschlag in den Drachenhautbeutel gesteckt und diesen dann zugebunden hatte. Dann flog der große Eulenvogel mit zu drei Vierteln ausgespannten Flügeln und schnellen aber leisen Flügelschlägen zum offenen Fenster hinaus, bevor er seine Flugextremitäten voll entfaltete und mit steigender Geschwindigkeit in den Herbstabend hinausflog.

"Die Zeit läuft jetzt für oder gegen euch, die Herrschaften. Ihr bleibt entweder bis zum ersten November oder bis zum ZAG-Abschluß hier und werdet weiterhin den Unterricht besuchen. Erfahre ich, daß ihr auch nur einem Mitschüler oder Mitarbeiter in Hogwarts irgendwas davon erzählt, was ich gerade mit euch besprochen habe, lasse ich euch auf der Stelle abführen. Erfahre ich, daß ihr euch nicht mehr ordentlich am Unterricht beteiligt, und damit meine ich vor allem Muggelkunde, Gloria Porter und Kevin Malone, lasse ich euch zehn Stunden nachsitzen. Und was das heißt wißt ihr wohl alle ganz genau. Die Dementoren haben Anweisung, jeden, der nicht in Begleitung von mir oder einem Lehrer das Schloß verläßt festzunehmen und abzuführen. Also denkt nicht einmal an Flucht! Ach ja, fast hätte ich noch was vergessen: Wegen deiner Frechheiten und Unverschämtheiten ziehe ich Ravenclaw fünfzig Punkte ab, Malone. Als Strafarbeit wirst du Filch beim Laubeinsammeln helfen, ohne Accumulus-Zauber versteht sich. Wegen deiner unangebrachten Respektlosigkeit mir gegenüber ziehe ich Ravenclaw noch einmal fünfzig Punkte ab, Gloria Porter. Du wirst Madam Pomfrey bei der Reinigung des Krankenflügels helfen, alle Bettpfannen und Nachttöpfe Scheuern, natürlich auch ohne einen Funken Magie zu benutzen. So, und jetzt raus aus meinem Zimmer!"

Gloria winkte ihren Freunden und verließ ohne weiteres Wort Snapes Turmzimmer.

Als sie durch die von den Wasserspeiern bewachte Tür waren zischte Gloria den anderen dreien zu:

"Das sind die hinterlezten Kakerlaken. Macht euch keine falschen Hoffnungen, daß die Kröte Umbridge oder der Mördergolem ihr Wort halten! Aber das ist kein Grund, jetzt schon aufzugeben. Was ich Snape gesagt habe meine ich so. Die haben sich mit diesem Ding ihre eigene Fallgrube geschaufelt. Und bis wir von den Dementoren abgeführt werden, gibt es keinen Grund, die Hoffnung auf Rettung aufzugeben."

"Du bist echt gut, Gloria. Keiner kann uns hier rausholen", knurrte Kevin. Betty und Jenna schluchzten. "Außerdem werden die Julius nicht aus Beauxbatons rauslassen, um dem Obergangster Unnennbar nicht seinen Willen zu lassen. Diese Marionetten Thicknesse und Umbridge tanzen doch nur nach der Pfeife des Unnennbaren, genauso wie dieser Mörder da oben im Turm."

"Mag alles stimmen, Kevin, und ich habe genauso Bammel vor dem Tag nach Halloween wie du. Nur rumzuschnauzen und den sofortigen Rauswurf zu riskieren macht die Sache nicht besser", schnaubte Gloria. "Der Brief ist unterwegs, und ich denke, den wird Julius nicht alleine lesen, wenn ihr versteht, was ich meine." Betty und Jenna nickten.

"Was geht am Morgen auf vier, am Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen?" Flötete der Bronzeadler, der seit dem Schuljahresanfang die neue Tür der Ravenclaws zierte. Gloria grummelte verächtlich und antwortete: "Das ist der Mensch, der am Morgen seines Lebens krabbelt, in seiner Mittagsblüte auf zwei Beinen läuft und an seinem Lebensabend einen Stock wie ein drittes Bein benutzt."

"Wohl wahr gesprochen", flötete der Adler und schwang mit der Tür zur Seite.

"Das ist doch wohl eines der ältesten Rätsel der Welt", schnaubte Gloria. "Das hätte selbst die fette Furie gewußt." Kevin sah sie erstaunt an. Offenbar hatte er diese Antwort nicht gewußt. Doch er wollte es Gloria nicht zeigen und sagte nur: "Deshalb haben die die uralte Fragevogel-Tür ja auch wieder eingesetzt. Was hat Flitwick dir gesagt, daß die vor vierzig Jahren mal Ravenclaw bewacht hat, bis befunden wurde, daß sie 'ne Portraittür wie bei den Gryffindors hintun wollten, um die Leute nicht zu lange vor der Tür hängen zu lassen."

"Aurora Dawn jedenfalls hat diese alte Tür schon nicht mehr miterlebt", erwiderte Gloria. Dabei mußte sie überlegen lächeln. Sie sagte Kevin, daß er besser zu Fredo und Marvin hinübergehen sollte, um sich von dem Ding von eben besser abzulenken, bevor es ihm jeder von der Nasenspitze ablesen könne, daß er tierischen Druck habe. Er fauchte Gloria an, was sie in der Zeit machen wolle. Sie wisperte ihm zu: "Was wohl, einen Brief an meine Eltern schreiben, daß die mich wegen angeblicher Beihilfe drankriegen wollen. Davon hat Snape nämlich nix gesagt, daß wir unsere Eltern nicht anschreiben sollen." Kevin verstand. Gloria sah ihm erleichtert nach, als er zu seinen Klassenkameraden hinüberging. Fredo hatte immer noch die gezackte Brandwunde an der rechten Backe, als Alecto Carrow, die Gloria als fette Furie bezeichnete, ihre verhexte Folterklinge darüber geführt hatte. Sie betrat den Mädchentrakt und ging in den Fünftklässlerinnenschlafsaal, in dem sie sofort einen Klangkerker aufbaute, sowie einen Annäherungsmeldezauber auf die Tür legte, der durch ein leises Summen in ihren Ohren funktionierte. Dann betrachtete sie ein Bild mit einem kleinen, plüschig wirkenden, blauen Drachen darauf. "Smokey, such Aurora und bring sie her!" Zischte sie. Der gemalte Zwergddrache stieß ein lautes Pfeifen und eine Dampfwolke wie eine Lokomotive aus und flog durch den Bilderrahmen hinaus. Was war sie froh, den Delegierdrachen geschenkt bekommen zu haben. Kevin hätte bestimmt auch gerne einen gehabt. Aber die kleinen Bilder gab es nur bei den Dexters im Weißrosenweg in den Staaten. Das tolle an diesem Drachen war auch, daß er sich vor andren Leuten in einen Baum oder einen harmlosen Hund verwandeln konnte, um nicht als Drache erkannt zu werden. Es dauerte nur eine Minute, da schwirrte Smokey von rechts her in das Bild zurück, dicht gefolgt von einem schwarzhaarigen Mädchen im blauen Ravenclaw-Spielerumhang. Diesem berichtete Gloria nun so ruhig sie konnte, was passiert war und bat sie, weiterzugeben, daß sie Julius um zwölf Uhr Mitternacht über den Spiegel sprechen wolle. Das auf dem Bild gerade ein Jahr älter wirkte als Gloria war, nickte betrübt und fragte, ob es keine Möglichkeit gebe, das Schloß zu verlassen, ohne Julius in Gefahr zu bringen. Gloria verwies auf die patrouillierenden Dementoren. Dann bat sie noch darum, Julius nicht vorher schon alles zu erzählen. Das Mädchen auf dem Besen nickte sehr betroffen. Dann sagte sie: "Dir ist klar, daß die ihn natürlich nicht weglassen werden. Aber vielleicht finden die eine Lösung, um ihn und euch vor dieser giftigen Kröte zu schützen. Bin ja froh, daß Snape noch nichts von der Verbindung weiß."

"Deshalb habe ich's Kevin und den Hollingsworths auch nie erzählt", erwiderte Gloria. Ihre gemalte Gesprächspartnerin nickte. Dann flog sie schnell davon, um nicht länger als nötig fortzubleiben. Abends wollte sie dann weitermelden, was Gloria ihr anvertraut hatte.

 

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Julius schnaubte vor hilfloser Wut, als Aurora Dawns gemaltes Ich widerwillig berichtet hatte, was in Hogwarts passiert war. Dann erkannte er, worauf das ganze hinauslief. War es nicht zu erwarten gewesen, daß die Verbrecherbande in England sich nicht damit abgeben würde, daß ein Superschlammblut außerhalb ihrer Machtsphäre lebte? War es nicht naheliegend gewesen, die alten Schulfreunde und/oder deren Familien unter Druck zu setzen, um ihn zur Rückkehr zu zwingen, damit der Psychopath Voldemort seinen Triumph bekam, vielleicht auch diese opportunistische Sabberhexe Umbridge? Also hatte er doch immer damit rechnen müssen, daß das passierte, was nun passierte. Mit Wut konnte er das nicht wegkriegen. So setzte er sich auf sein Bett und dachte seine persönliche Selbstbeherrschungsformel: "Was mich stört verschwinde! Mein Geist herrscht über meinen Körper. Mein Geist herrscht über meine Gefühle. Mein Geist herrscht über meine Gedanken. Was mich stört verschwinde!" Er mußte diese Formel wie ein indisches Mantra immer und immer wieder denken, bis er endlich keine Wut und Verzweiflung mehr fühlte, sondern innere Ruhe. in diesem Moment betraten Robert und Gérard den Schlafsaal.

"Ach, wolltest du uns zudecken, Julius?" Fragte Gérard. Julius sagte nur dazu, daß er erst wieder runtergehen wolle, wenn er hier die vorgeschriebene Kontrolle durchgezogen habe. Als dann alle Fünftklässler ohne Saalsprecherstatus in ihren Betten lagen verließ Julius Latierre den Schlafsaal und ging noch einmal in den Aufenthaltsraum hinunter. Er beschloß, sich mit Yvonne, Giscard und Céline noch ein wenig über den neuen Zaubereiminister zu unterhalten, um sich abzulenken. Erst wenn er mit Gloria gesprochen hatte, wollte er Professeur Faucon unterrichten.

Gegen zwölf Uhr Ortszeit lag er im Bett und dachte nach. Voldemort hatte seine Marionetten zum Angriff gegen ihn geschickt. Ihm war es völlig egal, ob Gloria, Kevin, Betty und Jenna dabei draufgingen oder nicht. Es würde sogar so laufen, daß sie doch noch angeklagt wurden. Das waren doch alles Kriminelle oder unter Imperius versklavte. Die hielten doch nicht Wort. Andererseits konnte er nicht einfach so tun, als sei es ihm egal und in der sicheren Zuflucht Beauxbatons bleiben, von der er im Moment auch nicht wußte, ob die wirklich so sicher war, wenn dieser Didier echt meinte, mit den Gangstern in England verhandeln zu müssen. Außerdem mußte er seiner Frau erzählen, was los war. Millie würde ihn nicht weglassen, auch nicht, wenn sie damit Gloria und die drei anderen auf dem Gewissen hätte. Nein! Genau so durfte er nicht denken. Denn das wollten Massenmörder Voldemort und seine Marionetten und Mördergolems haben, daß er und jeder andere sich schuldig fühlte, wenn die vier verhaftet und bestenfalls zu allen angeblichen Muggelstämmigen in Askaban eingesperrt wurden. Das würde denen sowieso passieren. Und wenn er Aurora richtig verstanden hatte, ging Gloria auch davon aus, daß sie wohl ihre letzten Lebenstage vor sich hatte. Ihr würde wohl noch die Gnade gewährt, ihren sechzehnten Geburstag am neunundzwanzigsten Oktober zu erleben. Betty und Jenna taten ihm leid. Mit denen war er immer sehr gut ausgekommen. Jetzt sollten sie dafür büßen, sich mit ihm angefreundet zu haben. Kevin traute er zu, daß er in seiner größten Verzweiflung versuchen mochte, mit bloßen Fäusten gegen die Dementoren zu kämpfen. Er lag hier in einem Bett in Beauxbatons, weit genug fort von London und dem britischen Zaubereiministerium. Doch er fragte sich, ob Dementoren nicht wie bei der Rue de Liberation 13 einen Belagerungsangriff auf die Akademie fahren konnten, wenn sie wußten, wo diese lag. Dann war er immer noch zu nahe an diesem Drecksack dran.

"Hi, Honey, noch wach!" Wisperte es über seinem Bett. Er prüfte, ob sein grasgrüner Bettvorhang ganz geschlossen war und machte mit dem Zauberstab Licht. In Auroras Bild stand die in ein geblümtes Kleid gehüllte Jane Porter. Die kam jetzt gerade richtig, dachte er verdrossen. "Kann nicht richtig schlafen", log er.

"Ich auch nicht, wenn ich weiß, daß dieser Irre und seine niederen Kreaturen meine Enkeltochter den Dementoren vorwerfen wollen", zischte Jane Porter. "Aurora hat Viviane und den anderen Gründern erzählt, was sie gehört hat. Gloria hat ihr ja nur verboten, dir sofort alles zu erzählen."

"Ach du großer Drachenmist, dann weiß es bald die halbe Lehrerschaft", schnaubte Julius.

"Zuerst einmal wissen nur die Gründer und ich davon. Wenn Glo dich anruft, höre ich zu, solange halte ich dich wach, auch wenn das Viviane nicht ganz gefallen mag", sagte Jane Porter. Julius meinte dann, er könne ja den Reinitimaginus-Zauber auf das Bild legen, um sie hinauszuwerfen.

"Das würde ich Aurora nicht antun. Sie ist wohl jetzt gerade bei ihrem Original und berät sich mit ihm. Abgesehen davon habe ich alles Recht der Welt, mitzuverfolgen, was mit meinen Angehörigen passiert. Und jetzt komm mir bloß nicht damit, daß ich offiziell tot bin, Honey!"

"Im Moment sind Sie für mich ein magisch animiertes Bild, daß die gleichen Eigenschaften hat wie die Jane Porter, die ich im März bei Professeur Faucon getroffen habe", erwiderte Julius frech. Jane Porter grinste überlegen.

"Es würde nur fünf Sekunden dauern, und ich würde dir fröhlich in die Arme Fallen", sagte sie. Julius grinste zurück und erwiderte: "O ich fürchte, mein Bett würde uns beide zusammen nicht aushalten."

"Dann solltest du abnehmen, Süßer", parierte Jane diese Frechheit und fügte halb lachend das Wort "Lümmel" an. "Außerdem will ich diesen Petzzauber nicht auslösen, der unerlaubten Damenbesuch im Jungentrakt verpfeift. Bläänch könnte in arge Erklärungsnot geraten, wenn man mich in deinem Bett erwischt, und das will ich der guten nicht antun. Aber zum Ernst der Lage zurück. Du weißt genau, daß Glo und die anderen nicht gerettet werden, wenn du dich für sie vor Umbridges Füße wirfst und alle Verbrechen gestehst, die du nicht begangen hast."

"Tarkin und Vader haben Leias Heimatplaneten trotzdem mit dem Todesstern in glühenden Staub zerblasen, auch als die angeboten hat, den Stützpunkt ihrer Rebellengruppe zu verraten. Natürlich ist mir klar, daß Gloria und die anderen trotzdem von den Dementoren kassiert werden. Aber ich kann doch nicht so tun, als wenn mir das total egal wäre oder ich nichts davon mitgekriegt hätte, daß die vier meinetwegen dran glauben müssen. Hätten wir alle ja mit rechnen müssen."

"Richtig, auch Glo", warf Jane Porter ein. "Aber sie wollte nicht auf Plinius und Di hören, nicht auf Bläänch und auch nicht auf dich. Ich hätte ihr schon eingebläut, nicht freiwillig in diesen Sumpf zu gehen, wo klar war, das der Kerl, der sich Voldemort nennt, Hogwarts als persönliche Obsession hat und gleichfalls von der fixen Idee besessen ist, der Erbe von Slytherin zu sein. Aber Glo hat einen bemerkenswerten Sturkopf von ihrem Vater geerbt und einen gewissen Trotz von ihrer Mutter. Womöglich hat sie sich eingebildet, mein Andenken damit ehren zu müssen. Aber das klären wir dann, wenn die fällige Blumenschau zu diesem Thema stattfindet."

"Ich fürchte, die werden mich nicht hier weglassen. Ihre Brieffreundin Professeur Faucon und Millie werden sich darum käbbeln, wie sie mich am wirksamsten zurückhalten können."

"Ach, da gibt's einiges. Incapsovulus, Verwandlung in was leicht versteckbares, Imperius, Fügsamkeitstrank oder Iterapartio."

"Iterapartio? Ich glaube nicht, daß Millie den mit mir bringen würde."

"Die nicht, aber Bläänch. Die führt sich doch auf wie deine Adoptivoma", erwiderte Jane Porter. "Da wäre es wohl möglich, deine zweite Mutter zu werden." Julius fragte sich, ob die gerade in der Bilderwelt steckende Jane Porter ihn veralbern wollte und erwiderte darauf:

"Da hätte Millies Oma aber was gegen, wenn der Vater ihrer Urenkel noch mal zur Welt kommen müßte."

"Verstehe, Julius. Wenn also Iterapartio, würde die große, runde Ursuline diesen Zauber mit dir wirken", entgegnete Jane Porter. Dann fragte sie Julius über die Ereignisse der letzten Tage aus und sprach mit ihm über den neuen Minister und ob das bisherige Ministerehepaar tatsächlich tot sei. Immerhin hatte Glorias Oma ja selbst einen ähnlichen Trick gebracht, um untertauchen zu können. So verflog die Zeit bis eins. Dann holte Julius den mit Gloria verbundenen Spiegel hervor. Tatsächlich erschien Glorias Gesicht im Glas. Ihre graugrünen Augen blickten erleichtert zu ihm auf. Julius sagte sofort:

"Schimpf Aurora nicht aus, weil sie mir schon alles wesentliche erzählt hat, Gloria. Die Umbridge will dich, die Zwillinge und Kevin wegen Unterstützung eines flüchtigen Kriminellen drankriegen und hat über Mördergolem Snape ein Ultimatum an mich gestellt, daß ich bis Halloween bei der im Ministerium anzukriechen habe."

"Deshalb habe ich es Aurora auch gesagt, sie soll dir sagen, daß nur ich es dir verraten will, weil du sonst wohl nicht nachgehakt und es aus ihr herausgefragt hättest", erwiderte Gloria kalt lächelnd. "Ich habe nämlich nicht viel Zeit. Ich sitze gerade in einem der Bücherschränke im Gemeinschaftsraum und habe den zugemacht und einen Klangkerker eingerichtet. Drei Sachen, Julius: Ich habe unter Snapes Nase einen Brief an dich geschrieben. Der hat wohl noch was daraufgekritzelt. Was auch da drinsteht, ich weiß, daß wir vier eh von dieser Giftkröte angeklagt werden. Auch wenn du dich ihr auslieferst. Also bleib besser in Beaux! Zweitens, ich habe einen Brief an meine Eltern geschickt. Der wird sicher abgefangen. Aber das tat ich, weil ich davon ausgehe, daß die damit rechnen, daß ich meine Eltern anschreibe. Das wiegt die in Sicherheit. Drittens möchte ich, daß du Professeur Faucon die Angelegenheit erklärst, weil ich echt nicht mehr weiß, ob die mir nicht doch draufkommen können. Wenn der was einfällt, wie ich mich trotz der Dementorenwache mit Betty, Jenna und Kevin absetzen kann, möchte sie mir das bitte über Auroras Bild mitteilen. Achso ja, falls ihr irgendwas findet, was mir nicht einfällt, könnte es Bettys Eltern und Kevins Eltern übel ergehen. Also wenn ihr irgendwas hinbiegen könnt, ohne dich unnötig zu opfern, bitte denkt dabei auch an unsere Eltern! Mehr möchte ich im Moment nicht dazu sagen."

"Inn Ordnung, Gloria. Ich versuche es mit Professeur Faucon zu klären. Darf ich Millie einweihen?"

"Falls du das bisher nicht gemacht hast mach's besser so bald wie möglich! Sie könnte sonst ziemlich gemeine Gedanken hegen, dich für den Rest ihres Lebens an sich zu binden. Außerdem hat sie gute Beziehungen, die vielleicht helfen können. Dann mach ich mal Schluß, bevor noch wer um diese Zeit an den Schrank will."

"Gib das so unauffällig wie es geht an Kevin und die beiden anderen weiter, daß wir euch nicht hängen lassen!" Sagte Julius noch. Gloria nickte. Dann verschwand ihr Gesicht aus dem Spiegel.

"Ich kriege dann mit, wann ihr euch unterhaltet", sagte Jane Porter nur. "Es ist nur bedauerlich, daß ich nicht ins Institut rein kann, ohne aufzufallen. Quinn Hammersmith hätte da bestimmt ein paar interessante Möglichkeiten, die vier rauszuholen, ohne daß Dementoren oder Todesser euch einkriegen können."

"Es ist ja nicht damit getan, daß wir die vier rausholen, Mrs. Porter. Wir müssen auch die Hollingsworths und Malones retten, damit die Wut der Todesser nicht sofort auf die umgeleitet wird. Da habe ich überhaupt nicht dran gedacht, verdammter Drachenmist!"

"Na, nicht fluchen, Honey. Davon wird das nicht besser", maßregelte Jane Porter den im Bett liegenden Schüler. Dieser fragte dann, wer dieser Hammersmith sei.

"Wenn du mir erklärst, was ein Todesstern ist", erwiderte Jane Porter. Julius ging auf den Handel ein und erfuhr so, daß ein sehr talentierter Thaumaturg und Alchemist namens Quinn Hammersmith die Mitarbeiter des Marie-Laveau-Institutes mit wirkungsvollen Zaubergegenständen und -tränken ausstattete und dabei immer zwischen Chaot, Lausbub und Wissenschaftler schwinge. Julius erwähnte, daß er ja selbst viele tolle Sachen bekommen habe. Jane nickte ihm zu. Dann stellte sie fest, daß Glorias früherer Schulkamerad vielleicht doch besser noch ein paar Stunden schlafen sollte und wünschte ihm eine zumindest erholsame Nacht.

Julius lag noch lange wach. Ihm spukten Schreckensbilder von Dementoren durch den Kopf und Ideen, wie man die bedrohten Freunde vor diesen Monstern retten konnte. Sicher war, daß an einen direkten Angriff auf Hogwarts nicht zu denken war. Vielleicht mußten sie es indirekt angehen, und am besten vor Halloween durchziehen. Sie hatten also nur noch knapp eine Woche zeit, was wasserdichtes auszutüfteln, um seine Freunde und deren Eltern zu retten. Darüber schlief er ein.

 

__________

 

Es schien ein ganz normaler Morgen zu sein. Erst kamen die Mexikaner zum unbestellten aber doch irgendwie hingenommenen Weckdienst. Dann ging Julius raus zum Frühsport, wo er seiner Frau zwischen den Schwermacherübungen zuflüsterte, was Gloria und den anderen Freunden in Hogwarts blühen sollte. Millie zeigte sich erwartungsgemäß verärgert darüber. Dann meinte sie:

"Danke für die Mitteilung, Monju. Ich schicke nachher 'ne Nachricht an Ma und Pa raus. Immerhin haben die in allen magischen Sachen bei dir jetzt mitzureden. Und Gloria hat gesagt, du sollst mit deinem Hintern hier bei uns bleiben?"

"Weil sie denkt, daß ihr und den drei anderen eh nichts hilft, wenn ich mich dieser Bande ausliefere."

"Trotzdem sie ein Eierkopf ist hat sie recht, Monju. Du bleibst bei uns und kriegst mit uns raus, wie wir die da wegholen können. Muß doch irgendwie machbar sein."

"Und wenn ich doch rübergehe?" Fragte Julius.

"Um dir die Seele raussaugen zu lassen, Monju? Vergiß das. Oder ich hol mir die Erlaubnis von Madame Maxime, Professeur Fixus und Professeur Faucon, dich mit Walpurgisnacht-Ringen an mir festzubinden. Diesen Schleimbeuteln ist doch nicht zu trauen, und das weißt du genauso wie Gloria. Aber das klären wir mit meinen Eltern und deiner Saalvorsteherin. Die könnte ja schon im Bilde sein."

"Und das wortwörtlich, wenn ihr Aurora Dawns ... Ups! Interessante Idee", erwiderte Julius, dem bei Millies Antwort ein hundertarmiger Kronleuchter aufgegangen war. Millie fragte ihn, was er meine. Er antwortete, daß er das nicht gerade auf dem Sportplatz bereden wolle. Dann meinte er noch: "Wir klären das, wo keiner zuhört und uns nicht vermißt."

"Na, was du wohl wieder vorhast, Monju. Denk dran, daß du mir dein Leben gewidmet hast. Kinder von einem Toten oder Seelenlosen will ich nicht kriegen. Also komm nicht auf Sachen, die dich zum einen oder dem andren machen!"

Beim Frühstück warteten alle auf die neueste Zeitung. War wieder ein Dementorenangriff über Frankreich hinweggerollt? Was hatte der neue Minister schon angeleiert? Würde der die beiden, die ihm nicht das Amt gegönnt haben abstrafen? Julius wartete jedoch vordringlich auf Glorias Brief aus Hogwarts. Würde der ihn überhaupt erreichen? Umbridge hatte es bestimmt schon probiert, ihm zu schreiben. Und Gloria hatte vor Snapes Augen den Brief schreiben müssen. Sein Familienname war tatsächlich ein Geheimnis geblieben. Sonst hätte Gloria das sofort gesagt, wenn Snape es herausbekommen hätte. Wenn dieser hakennasige Mörder hier und jetzt vor ihm auftauchte, womöglich hätte er den sofort mit bloßen Händen erwürgt. Doch erstens würde Snape hier nicht auftauchen, weil ihn dann ein paar mehr Leute gleich niederfluchen würden. Zweitens würde die Zahl der Mörder auf der Welt nicht sinken, wenn er, Julius, diesen Bastard ohne Vorankündigung erwürgen würde. Dann kam der Brief tatsächlich. Gloria hatte ihm den Uhu beschrieben. Doch der Eulenbogel kreiste wie ein orientierungsloser Hubschrauber über dem Tisch und machte keine Anstalten, zu landen. Julius stand auf und rief dem Vogel zu: "Hallo, hier sitze ich. Ich bin Julius geborener Andrews!" Alle am grünen Tisch blickten ihn an. Auch an den andren Tischen drehten sich die Köpfe in seine Richtung. Professeur Faucon schnellte von ihrem Stuhl hoch und kam mit weit ausgreifenden Schritten und wehendem Umhang herbei, als der Vogel vor Julius niederging und ihn leicht argwöhnisch ansah.

"Fassen Sie den Umschlag nicht an, Monsieur Latierre!" Bellte Professeur Faucon und zückte ihren Zauberstab. Julius zuckte zurück. Siedendheiß fiel ihm ein, was seine Mutter ihm über Briefe aus der alten Heimat geschrieben hatte. Professeur Faucon apportierte eine silberne Schachtel und ein paar Handschuhe, die sie überstreifte. Dann wollte sie nach dem Uhu langen, der jedoch wieder abhob und wütend schuhuend auf das nächste Fenster zuflog. "Impedimenta!" Rief Professeur Faucon. Mitten in der Luft blieb der Eulenvogel stehen. "Accio Briefumschlag!" Rief die Lehrerin in die schlagartig entstandene Stille hinein. Der drachenhautbeutel sprang auf, und der darin steckende Briefumschlag sauste wild flatternd zu ihr hinüber. Sie fing ihn mit der behandschuhten Linken auf. Sofort glühte der silbriggraue Handschuh blau auf. Auch um den gefangenen Briefumschlag pulsierte ein blaues Leuchten. Professeur Faucon nickte und legte den Umschlag in die apportierte Schachtel, in deren Seitenwände Runen eingraviert waren. Sie schloß die Schachtel. Die Runen glühten nun giftgrün und schienen in Funken zu zerfallen. Dann erstarb das magische Leuchten wieder. Alle sahen dem Spektakel zu, während der impedimentierte Uhu immer noch wie festgebacken in der Luft stand und nicht herunterfiel. Professeur Faucon öffnete die Schachtel und fischte den Umschlag heraus. Diesmal erglühte ihre behandschuhte Hand nicht. Auch der Umschlag veränderte sich nicht. Die Lehrerin gab ihn Julius in die Hand. "Er ist jetzt fluchfrei, Monsieur Latierre. Könnte ein harmloser Markierungsfluch gewesen sein, aber vielleicht auch ein Gefühlsvergifter, um Sie in eine dem Absender genehme Verfassung zu zwingen. Beides hat die Dismaledictus-Schachtel jedenfalls neutralisiert. Sie gebn mir das Schreiben ohne Kommentar an ihre Mitschüler, sobald Sie dessen Inhalt zur Kenntnis genommen haben!" Befahl sie halblaut. Dann ließ sie die Schachtel und ihre Anti-Fluch-Handschuhe wieder verschwinden.

"Dieser Mördergolem wollte es offenbar wissen", schnaubte Julius nur, als er den Umschlag öffnete, darauf gefaßt, gleich vielleicht noch Bubotubler-Eiter abzukriegen. Doch im Umschlag steckten nur ein paar Zettel. Er las den Brief, in dem Gloria Porter ausführlich beschrieb, was ihr bevorstand und welches scheinheilige Angebot ihr Umbridge machte. Dann las er noch Snapes Kommentar unter den Unterschriften seiner Freunde und verzog das Gesicht. "Dieser Heuchler", dachte er verdrossen. Dann stand er auf und übergab Professeur Faucon den Brief.

"Warum darfst du uns nicht sagen, was man dir geschickt hat? Das war doch das H von Hogwarts mit dem Dachs, dem Adler, dem Löwen und der Schlange drum rum", bohrte Robert nach.

"Ich habe Anweisung, dazu nichts zu sagen, Robert. Das sind mir die hundert Strafpunkte nicht wert, diese Anweisung zu mißachten."

"Ey, das ist jetzt fies. Wenn die dir 'nen offiziellen Brief aus Hogwarts schicken, dann betrifft uns das wohl auch. Könnte ja sein, daß die echt noch eine Hintertür gefunden haben, warum du wieder zu denen zurücksollst", knurrte Robert.

"Netter Versuch, Robert", erwiderte Julius kalt. "Wenn Professeur Faucon findet, daß ihr anderen das wissen sollt, sagt die uns das schon früh genug."

"Robert hat recht. Wenn dieser Snake oder wie der heißt verfluchte Briefumschläge losschickt, und Professeur Faucon so'n Theater macht, den zu entfluchen, dann ist doch wohl klar, daß uns das interessiert, was dieser Drecksack dir geschrieben hat oder mit dem Umschlag zugeschickt hat."

"Der arme Uhu", quängelte eine Zweitklässlerin vom gelben Tisch. "Der kann doch nicht die ganze Zeit da hängen."

"Der Zauber klingt in spätestens fünf Minuten wieder ab", erklärte Professeur Faucon. "Die Zeiten sind vorbei, wo man den Boten einer unangenehmen Nachricht nach Empfang der Botschaft umgebracht hat." Alle sahen sie verunsichert an. Julius erinnerte sich, von seiner Mutter mal gehört zu haben, daß diese Unsitte, den Boten schlechter Nachrichten zu töten, vor etlichen Jahrhunderten weit verbreitet war. Aber zur Beruhigung der besorgten Schülerin begann der Uhu bereits wieder mit den Flügeln zu schlagen, sackte erst durch und flog dann eilig durch das nächste, offenstehende Fenster hinaus. Wieder wollten sie wissen, was denn so brisant an dem verfluchten Brief sei. Doch Julius schwieg sich aus. Madame Maxime übernahm es, die Schüler und Schülerinnen zu beruhigen. Sie verkündete, daß Professeur Faucon Kunde erhalten habe, daß von Hogwarts aus ein Brief unterwegs sei, der Julius wohl dazu zwingen sollte, sich in Beauxbatons unwohl zu fühlen und freiwillig nach England zurückzukehren. Das war noch nicht mal so sehr gelogen, fand Julius. Über den Inhalt verlor sie nur die Worte, daß dieser dazu gedacht war, dem Adressaten die Gedanken in den Kopf zu setzen, die den eingewirkten Fluch entfalteten. Das reichte den anderen wohl erst einmal.

Vor den Unterrichtsstunden und in den Pausen versuchten zwar noch ein paar Mitschüler, Julius den Inhalt des Briefes zu entlocken. Doch Julius blieb dabei, daß er nicht verraten durfte, was drinstand. Er sagte nur einmal: "Könnte immerhin sein, daß der Fluch wieder anspringt, wenn ich laut ausspreche, was im Brief stand. Ich verlasse mich da besser auf Professeur Faucon, wenn die sagt, ich soll keinem was drüber erzählen."

Als Julius und Millie zum Zauberwesenseminar gingen, war Julius mit seinen Gedanken bei Gloria und den anderen in Hogwarts. Wie hatten sie den Tag überstanden? Denn sie sollten ja so tun, als sei nichts nennenswertes passiert und hübsch brav am Unterricht teilnehmen. Als sie dann das Thema Zentauren abgeschlossen hatten, gab Madame Maxime ihren Freizeitkursteilnehmern auf, sich bis nächste Woche auf das Thema Veelas vorzubereiten. Julius dachte daran, daß Gloria, Betty, Jenna und Kevin die nächste Woche wohl nicht mehr als fühlende Wesen miterleben würden, falls sie nicht nur zur Haft in Askaban verurteilt würden wie die ganzen angeblichen Zauberkraftdiebe, die Umbridges Schergen nicht entgangen waren oder die zu gutgläubig gewesen waren, der Vorladung freiwillig nachzukommen. Er überhörte das Getuschel seiner Kurskameraden, wo die Jungen sich schon die Mäuler zerrissen, ob Madame Maxime es bringen würde, eine echte Veela in die Schule zu holen und ob die Vollveelas wirklich noch mehr Ausstrahlung hatten als die Viertel-Veelas, die sie bisher kennengelernt hatten. Er überhörte auch das genervte Geschnaube der Mädchen, die den Jungen klarmachen wollten, daß die wohl nur im Traum einer Veela näher als fünf Meter kommen würden.

"Die werden bestimmt Fleurs und Gabrielles Oma einladen", sagte Millie ihrem Mann. "Am besten setzen wir beide uns nächste Woche nebeneinander, damit ich dich nicht an die schöne Dame verlieren kann."

"Sie beide begleiten mich zunächst einmal in meinen Arbeitsbereich", schnarrte Madame Maxime von ihrer hohen Warte herab. Millie wollte schon ansetzen, zu fragen, ob sie und Julius sich irgendwie falsch benommen hätten, als die Schulleiterin noch anfügte: "Sehr rasch, die Dame und der Herr." Julius verstand und stupste Millie an, die ihn verstört ansah. Dann klickte es wohl auch bei ihr. Sie nickte Madame Maxime zu und lief mit Julius hinter dieser her. Unterwegs erzählte Madame Maxime laut genug, daß alle es mithören konnten, die des Weges kamen, daß sie einen Brief von Millies Eltern erhalten habe, über den sie mit ihr und Julius sprechen müsse.

Nach der Strafe Viviane Eauvives war der gemalte König jetzt sehr zuvorkommend, als Julius nach Nennung des Passwortes seine Hand ausstreckte. So gelangten sie hinüber in Madame Maximes Räume. Dort warteten schon Professeur Faucon, Catherine Brickston, Hippolyte und Albericus Latierre und Martha Andrews. Gabrielle fehlte jedoch, so daß die Sub-Rosa-Gruppe nicht vollständig war. Außerdem gehörten Millies Eltern nicht gerade dazu, ebensowenig wie Madame Rossignol, die keine Minute nach Madame Maxime und den jungen Eheleuten durch das Bildertor hereinkam. Julius fiel auf, daß statt der weißen eine rote Rose vom Deckenleuchter herabbaumelte. Also war es eine außerordentliche Sub-Rosa-Zusammenkunft. Madame Maxime bat sie alle, sich an den Konferenztisch zu setzen. Nach den Begrüßungsworten sagte keiner ein Wort, bis Madame Maxime zu sprechen begann:

"Professeur Faucon und ich erfuhren in den frühen Morgenstunden davon, daß die kriminellen Machthaber in Großbritannien einen hinterhältigen Plan erdacht haben, um Monsieur Latierre, mit dem Sie alle hier gut bis sehr gut vertraut sind, zur Rückkehr in sein Geburtsland zu zwingen. Da ich als amtierende Schulleiterin von Beauxbatons nicht zulassen kann, darf und will, daß auch nur einer der mir anvertrauten Schüler zum Opfer krimineller Machenschaften wird, solange er sich unter dem Schirm dieser Akademie aufhält, und Professeur Faucon als die für seine Unterbringung verantwortliche Kollegin und ranghohes Mitglied der Liga zur Abwehr dunkler Künste befürchtet, daß dies der Auftakt einer Kampagne gegen andere muggelstämmige Schüler nicht nur in Frankreich werden könnte, haben wir Sie, Madame Andrews, Madame Mildrid, Madame Hippolyte und Monsieur Albericus Latierre, Madame Brickston und Madame Rossignol zusammengerufen, um zu beraten, wie wir diesen heimtückischen Akt vereiteln können, ohne unschuldige Opfer zu riskieren." Sie verlas daraufhin den Brief von Gloria Porter. Julius Mutter sah ihren Sohn erschrocken an, während Millies Eltern immer zorniger dreinschauten und Catherine immer wieder angespannt und beklommen dreinschaute. Madame Rossignol blieb zunächst gelassen. Als Madame Maxime den Brief ganz durchgelesen hatte und auch noch den Kommentar von Snape verlas, sprang Millie förmlich von ihrem Platz auf und rief: "So ein Rabenaas!" Ihre Eltern sahen sie zwar tadelnd an, nickten jedoch beipflichtend.

"Im Sinne dieser Zusammenkunft überhöre ich diesen Ausbruch jetzt mal, Madame Mildrid Latierre", erwiderte Madame Maxime. "Immerhin könnte dieser Appell ja tatsächlich dem Mitgefühl eines verantwortungsbewußten Schulleiters entstammen. Oder hätten Sie diesen Ausruf auch getan, wenn mein bedauerlicherweise zu früh von uns gegangener Kollegen Dumblydor diese Zeilen verfaßt hätte."

"Professor Dumbledore hätte sich niemals auf dieses Spiel eingelassen und lieber sein eigenes Leben riskiert, als einem Schüler etwas zustoßen zu lassen", wandte Julius ein. Millie nickte. "In letzter Konsequenz hat er das ja dann auch getan", fügte er noch verdrossen an.

"Ist leider unbestreitbar", bekräftigte Madame Maxime. Dann kam sie auf die aussichtslos erscheinende Situation zurück. Während sie eindeutig klarstellte, daß Julius keine Genehmigung erhalten würde, nach Großbritannien zu reisen, um sich dort auszuliefern, erschien Jane Porter in einem der Zaubererbilder und hörte zu. Martha sah hilfesuchend Catherine und Millies Eltern an. Diese nickten Madame Maxime zu. Albericus bat ums Wort.

"Keiner hier in dem Raum denkt doch wirklich ernsthaft daran, daß diese Bande die drei Mädchen und den Jungen in Ruhe läßt, wenn mein Schwiegersohn zu denen hinfliegt, oder?" Alle schüttelten die Köpfe, auch Jane Porter. "Dann ist die Sache klar, daß Julius da nicht hinfliegt, weil es keinen Sinn macht. Wenn die wirklich die vier einkassieren, würden die sich ja selbst alles wegnehmen, um ihn weiterzuerpressen."

"Hinge davon ab, was sie mit ihnen anstellen", seufzte Julius. Er dachte an den Cruciatus-Fluch oder andere schwarzmagische Gemeinheiten, mit denen man einen Menschen die Hölle auf Erden bereiten konnte. Millie hob die Hand und bat ums Wort:

"Ich will auch nicht, daß Julius sich dieser Bande ausliefert. Aber die Gemeinheit ist, daß die uns eintrichtern wollen, daß wir dann Gloria, Betty, Jenna und Kevin auf dem Gewissen hätten. Was ist eigentlich mit deren Eltern?"

"Glorias Eltern haben sich versteckt und den Fidelius-Zauber angewendet, Millie", erwiderte Julius. "Kevins Eltern stehen offenbar unter Beobachtung, seitdem seine Tante Siobhan verschwunden ist, und Mr. und Mrs. Hollingsworth wurden zum Innendienst im Ministerium eingeteilt, sind also wohl ständig unter beobachtung." Jane Porter nickte ihm schweigend zu. Professeur Faucon ergriff nun das Wort.

"Es wäre sehr vermessen zu glauben, wir könnten die vier bedrohten Schüler befreien, und den Eltern würde nichts geschehen. Bedenken Sie, daß wir es hier mit absolut skrupellosen Leuten zu tun haben, die um der eigenen Macht und ihrem Vergnügen an der Angst anderer wegen vor nichts zurückschrecken. Außerdem wollen sie beweisen, daß sie jeden kriegen, den sie jagen, allein schon, um heimlichen Abtrünnigen in den eigenen Reihen die Moral zu nehmen und den ohne Imperius unterworfenen jeden Widerstandsfunken auszutreiben. Aber, Messieursdames, wir werden nicht zulassen, daß diese Bande und vor allem ihr Anführer die gierigen Klauen nach unserem Land ausstrecken. Monsieur Latierre ist durch die zeremonienmagisch bekräftigte Ehe mit Madame Mildrid Latierre Bürger der französischen Zauberergemeinschaft. Und was die vier bedrohten Schüler und ihre unmittelbaren Angehörigen angeht, so gilt es, sie dem Zugriff dieser Verbrecher zu entziehen. Kommen wir also zu den Möglichkeiten. Zwei Alternativen sind jedoch von vorn herein auszuschließen: Monsieur Julius Latierre wird sich nicht diesen Verbrechern ausliefern, und wir werden nicht untätig abwarten, ob die mit dem Ultimatum jener mir früher schon unangenehm aufgefallenen Person Dolores Jane Umbridge verbundene Drohung wahrgemacht wird." Jane Porter verzog das Gesicht, als Professeur Faucon Umbridges vollen Namen aussprach. Julius' Mutter fragte dann nach möglichen Verbündeten in Großbritannien, weil ja der Ausländervernichtungsfluch wirke. Professeur Faucon sah sie anerkennend an und sagte dann:

"Wie die meisten hier wissen unterhalte ich trotz der Lage in Großbritannien noch wertvolle Verbindungen dorthin. Natürlich habe ich bereits an Unterstützung gedacht, um dort aktiv werden zu können. Ich habe auch schon eine positive Rückmeldung erhalten, daß es durchaus möglich wäre, mehrere Leute, sofern sie zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Punkt zusammenkommen, auf einen Schlag in Sicherheit zu bringen. Allerdings hängt ein solches Unterfangen von sehr vielen Risikofaktoren ab, unter anderem, daß die fraglichen Personen bewacht und/oder gefangen sind und somit nicht frei herumlaufen und sich mal eben an einem Zielpunkt X einfinden können, ohne gleich ein Heer von Verfolgern dorthinzulocken."

"Das hieße, wir müßten erst klären, wer von den zu rettenden wie und wo untergebracht ist, bevor wir daran denken dürfen, sie zu befreien", sagte Martha Andrews. Professeur Faucon nickte ihr zustimmend zu. Dann hob Julius die Hand. Er wußte, daß er gleich für große Unruhe sorgen würde. Aber er wollte diese Möglichkeit nicht unerwähnt lassen.

"Sie sagen alle, daß ich nicht zu Umbridge ins Zaubereiministerium gehen soll. Das sehe ich ein. Aber vonHogwarts hat keiner was gesagt. Ich könnte, das Einverständnis von Madame Maxime und Professeur Faucon vorausgesetzt, ganz schnell da rein, meine ehemaligen Schulkameraden vorbereiten und mit denen schnell wieder raus. Allerdings bräuchte ich dafür einen bestimmten Gegenstand und womöglich eine Begleitung, die Gefahren und Feinde aus sicherer Entfernung erkennen kann. Dann wären vielleicht noch ein paar großflächige Ablenkungsmanöver wie das Inferno Delux oder Wetterbomben aus dem Hause Forcas ziemlich nützlich."

"Julius, das hast du also gemeint", knurrte Millie. Professeur Faucon verzog das Gesicht. Madame Maxime schüttelte erst den Kopf und wiegte ihn dann, während Martha, Catherine und Millies Eltern sehr verdutzt dreinschauten. Madame Rossignol funkelte Julius sehr ungehalten an. Sagte jedoch genauso keinen Ton wie alle anderen. Professeur Faucon überlegte wohl, während Millie leicht verstimmt fragte:

"Meinst du, du hättest noch mal so viel Glück wie damals, wo du diese Nummer schon einmal gebracht hast, Julius?"

"Deshalb will ich ja Goldschweif mitnehmen, um mich optimal abzusichern, nicht aus dem Hinterhalt umgemäht zu werden", sagte Julius darauf ganz gefaßt. Jetzt, wo es heraus war, fühlte er sich wesentlich leichter. Auch wenn sie diesen Vorschlag als zu wahnwitzig abtaten, hatte er zumindest eine Möglichkeit angeboten.

"Den meisten hier ist offenbar geläufig, was eigentlich ein ministerielles Geheimnis bleiben sollte", knurrte Madame Maxime. alle nickten. Die Latierreswußten es eh schon, Martha hatte es von Antoinette Eauvive erfahren, Catherine und Madame Rossignol kannten es auch. Also was sollte es?

"Da haben wir wieder das Problem, die zu Rettenden zu einem ganz genau bestimmten Zeitpunkt frei von allen Verfolgern an einem bestimmten Punkt zusammenzuführen, um einen derartigen Drachenkitzler erfolgreich auszuführen", sagte Professeur Faucon. Da meldete sich Jane Porter.

"Bläänch, das ist ja schon längst geklärt, wie das gehen kann. Es muß halt nur dafür gesorgt werden, daß die Bewacher und Gegner vom Treffpunkt - wie nannten Sie ihn? - X - ferngehalten werden, bis die Nummer gelaufen ist. Da hat Julius schon ganz recht angeführt, daß hier wirksame Ablenkungsmanöver ablaufen sollten, die nach ihrem Auslösen nicht weiter betreut werden müssen."

"Oha, ich glaube nicht, daß wir weitersprechen sollten, wenn gemalte Leute zuhören", befand Albericus Latierre. Jane Porter zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

"Es bleibt dann jedoch das Risiko, daß alle fünf ergriffen und per Sofortvollstreckung unschädlich gemacht werden", stellte Madame Maxime klar. Professeur Faucon wandte dann noch ein, daß Julius darüber hinaus vier Einschrumpfungszauber ausführen müsse, um die Kameraden unter der Kleidung zu verbergen, weil er sie sonst nicht mitnehmen könne. Dann wäre noch die Frage, wohin die vier Geretteten gebracht werden könnten, um sicher zu sein. in diesem Zusammenhang sprach sie etwas aus, was die meisten Hexen und Zauberer in diesem Raum zwar dachten, aber wohl nicht laut zu äußern wagten. "Die derzeitige Situation in Frankreich ist mehr als bedenklich. Ich traue dem neu eingesetzten Minister Didier nicht über den Weg. Seine Äußerungen in der Presse sind sehr alarmierend für alle, die mit Wissen und Verstand die Lage in Großbritannien beurteilen können."

"In dem Zusammenhang kann ich gleich erklären, daß der neue Minister mich heute beauftragt hat, eine Reise nach Großbritannien anzutreten, um dort die Aussichten zu prüfen, ob Irland, England, Schottland und Wales an der Quidditch-Weltmeisterschaft teilnehmen wollen und werden", sagte Hippolyte Latierre. Professeur Faucon, Millie und Julius bekamen einen Schreck. Dann sagte Professeur Faucon:

"Bei allen früheren Animositäten zwischen Ihrer Mutter und mir kann ich dies nicht unkommentiert zur Kenntnis nehmen, Madame Latierre. Sie wissen wie ich, daß über den britischen Hauptinseln ein verderblicher Fluch lastet, der alle nicht dort selbst geborenen Hexen und Zauberer tötet. Ich hatte selbst das Mißvergnügen, mich diesem Fluch zu einem winzigen Teil auszusetzen. Sie wissen natürlich auch, wieso ich ihn überstehen konnte, während nicht entsprechend präparierte wohl einen schnellen, aber qualvollen Tod erleiden werden."

"Dies ist mir vollkommen klar, Professeur Faucon. Ich werde diese Dienstreise auch nicht antreten. Ich wollte es nur zur Sprache bringen, um zu verdeutlichen, daß der neue Zaubereiminister nicht daran glaubt, daß dieser Fluch existiert."

"Und dich bei der Gelegenheit gleich über den Jordan schickt, Belle-Maman", knurrte Julius. Millie nickte ihrem Mann zu. "Will sagen, du solltest für Minister Didier als Minensuchgerät herhalten. Überlebst du die Reise, kann er rumerzählen, daß es den Fluch nicht gibt. Stirbst du, hat er eine seiner Ablehnerinnen ausgeschaltet, ohne Hand an sie zu legen."

"Übermorgen soll ich losfliegen. Er will nur prüfen, ob ich dort drüben auch willkommengeheißen werde. "

"Ähm, wo alle Welt hier weiß, daß dort drüben Kriminelle regieren?" Fragte Martha Andrews argwöhnisch. "Zumindest stand es so in der Zeitung. Immerhin hat dieser neue Minister ja selbst eingeräumt, daß in meiner alten Heimat Feinde leben. Was denkt der sich dabei? Olympischer Gedanke oder sowas?"

"Interessant, jetzt wo du das sagst, Martha", erwiderte Hippolyte. "Dürfte der eigentlich nicht darauf bestehen, daß die britischen Mannschaften mitspielen. Julius, ich fürchte, du hast recht." Martha Andrews nickte auch.

"Nichts für ungut, aber hier und jetzt sollten wir die Angelegenheit diskutieren, die uns zusammenführte", wies Madame Maxime ihre Gäste auf das eigentliche Thema hin. "Monsieur Julius Latierre, Sie gedenken also, wenn wir Ihnen eine umfangreiche Ausrüstung zur Initiation magischer Ablenkungsmanöver und die Knieselin Goldschweif mitgeben, mit Hilfe des auf Sie abgestimmten Intrakulums direkt nach Hogwarts überzuwechseln und dort ihre vier früheren Kameraden zusammenzubringen, einzuschrumpfen und dann mit dem Intrakulum durch die Bilderwelt zu einem Ausgang außerhalb Großbritanniens zu bringen." Julius nickte. "Dann bleibt jedoch immer noch das Unterfangen, die unmittelbaren Angehörigen der vier Schüler aus möglicher Gefangenschaft zu befreien und ebenso in Sicherheit zu bringen, um sie nicht als Vergeltungsziele anzubieten. Abgesehen davon würden die vier ehemaligen Schulkameraden sich wohl weigern, gerettet zu werden, wenn sie ihre Lieben in der Machtsphäre der Verbrecherbande zurücklassen müßten."

"Hinzu kommt noch etwas, was Sie alle nicht überlegt haben", mischte sich Jane Porter ein. "Alle zu rettenden oder nur ein einziger könnte bereits dem Imperius-Fluch unterworfen sein und somit als das fungieren, was die Muggel ein trojanisches Pferd nennen. Im Laveau-Institut wurde ein entsprechendes Szenario immer wieder als schwer zu kontrollieren durchgespielt, weil es kein wirksames Mittel gibt, freie von imperisierten Menschen zu unterscheiden, wenn keine Zeit bleibt, sie legilimentisch zu untersuchen. Mr. Hammersmith, der für das Institut spezielle Zaubergegenstände und -Tränke herstellt, arbeitet zwar an einer sogenannten Souveränitätssonde, die einen unterworfenen von einem freien Willen unterscheiden soll, scheiterte bisher jedoch an der Individualität jedes Geistes. Man kann keine magicomechanischen Werkzeuge entwicklen, die die Willensfreiheit objektiv messen können."

"Nichts für ungut, Madame Porter", knurrte Madame Maxime. "Aber diese Unterredung betrifft nur lebendige Teilnehmer. Ich werde mich nicht mit der bildhaften Form einer bereits verstorbenen in langen Debatten ergehen."

"Na, dann passen Sie mal schön auf", knurrte Jane Porter und zog aus ihrem Kleid einen kreisrunden Gegenstand, den sie nach Vorne stieß und mit ihrem Zauberstab berührte: "Per Intraculum excedo!" Rief sie. Unvermittelt wand sich eine Lichtspirale aus dem runden Gegenstand, breitete sich über das ganze Bild aus und streckte sich aus dem Bild heraus, daß eine hell leuchtende, bunte Energiespirale entstand, die völlig Geräuschlos rotierte und den Boden berührte. Dabei konnten sie alle sehen, wi im Inneren der Spirale eine leuchtende Erscheinung wie ein von innen glühender Schemen entstand, und von Sekunde zu Sekunde feste Form erhielt, bis die Lichtspirale mit einem mal verpuffte, und Jane Porter als eindeutig aus Fleisch und Blut bestehende Hexe vor ihnen stand. Professeur Faucon verzog verärgert das Gesicht, Martha Andrews starrte die unerwartete Besucherin total perplex an, die Latierres warfen sich hilfesuchende Blicke zu, und Julius fragte sich, ob das jetzt wirklich so gut gewesen war.

"Ich gehe mal davon aus, Madame Maxime, daß Sie mir einen Platz angeboten haben und seze mich dankbar", sagte Jane Porter in bestem Französisch und setzte sich auf einen freien Stuhl. Millie sah sie an wie ein Weltwunder, als habe sie nicht damit gerechnet. Julius erkannte, daß er jetzt so tun mußte, als habe er das nicht gewußt.

"Sie sind nicht gestorben, Jane?" Fragte Martha Andrews, die als erste die Sprache wiedergefunden hatte.

"Reichenbach, Martha", sagte Jane Porter und deutete auf die Rose. "Ich gehe doch sehr stark davon aus, daß diese schöne Blume da für alles gilt, das in diesem Raum geschieht und besprochen wird, Madame Maxime." Die Schulleiterin nickte unwillkürlich, während Julius' Mutter die neue Besucherin verstehend anblickte. Das Wort Reichenbach hatte sofort bei ihr die richtigen Saiten zum klingen gebracht. "Bevor ich meinen exotischen Eintritt hier in Ihren Konferenzraum ausführlich erläutere, Madame Maxime, darf ich doch jetzt davon ausgehen, daß meine Sachkompetenz hier doch noch gewürdigt wirdd", sagte Jane Porter, die es offenbar genoß, alle bis auf einige wenige überrumpelt zu haben. Madame Maxime starrte sie total verstört an. Madame Rossignol blickte sie wütend an. Julius schwante, daß die Heilerin ihr zürnte, weil die Nachricht von ihrem Tod Gloria sehr tief erschüttert hatte. Offenbar erkannte das Jane Porter auch und sagte der Heilerin zugewandt: "Es ist mir klar, daß Sie mir das jetzt wohl sehr übelnehmen, daß ich allen, vor allem meiner Enkeltochter Gloria, einen derartigen Schrecken eingejagt und sie tieftraurig gemacht habe. Aber falls Ihre zeit das zuläßt, erfahren Sie nachher alles wesentliche und warum ich meiner Enkelin und allen anderen Verwandten derartig heftig zugesetzt habe." Madame Rossignol starrte sie kurz und verärgert an, nickte dann aber. So sprachen sie weiter über die Gefahren und Möglichkeiten, Gloria und die anderen zu befreien. Julius fragte, ob Kniesel nicht auch spüren könnten, wenn jemand unter einem bösen Zauber stehe. Immerhinkönnten sie Magie wie leises Singen wahrnehmen. Jane Porter sah ihn erst erstaunt und dann erfreut an. Sie bat anständig ums Wort und sagte dann:

"Du hast die Interfidelis-Mixtur benutzt, um sie zu verstehen, hat Gloria mir damals geschrieben. Daher weißt du das natürlich mit der Wahrnehmung. Unsere Tierwesenexperten vermuteten zwar schon lange, daß Kniesel Zauber orten und einordnen können, aber mit Imperius-Opfern wurde dieses noch nicht ausprobiert. Sie können jedoch gutartige und bösartige Wesen und magische Täuschungen durchschauen, weiß ich sicher. Aber das würde nur für den per Interfidelis-Trank mit einem Kniesel verbundenen Zauberer ausschlaggebend sein, ob das Tierwesen Imperius-Opfer von Menschen mit freiem Willenunterscheiden kann."

"Käme dann auf den Versuch an", sagte Julius. "Im Zweifelsfall würde sie mich auf jeden Fall warnen, wenn jemand was gegen meine Interessen tun will." Madame Maxime und Professeur Faucon nickten. Julius' Mutter bat nun ums Wort, während Millie Jane Porter immer wieder anstarrte und auch Professeur Faucon immer wieder fragend anblickte.

"Also grundsätzlich denke ich, für alle hier zu sprechen, wenn ich sage, daß das nicht gerade meine Zustimmung findet, Julius. Du machst vielleicht genau das, was diese Banditen von dir erwarten. Schon mal daran gedacht, daß Snape erfahren haben könnte, was du im vorletzten Schuljahr gemacht hast?"

"Ja, und die Antwort ist, daß wenn er es wüßte, ich keine Verbindung mehr über Auroras Bild hätte und dieser Oberirre mit dem unaussprechlichen Namen hätte schon längst Jagd auf mich gemacht, weil ich ihm die Tour mit der verhexten Bildersammlung vermasselt habe. Dann hätte er schon als Snape Schulleiter wurde darauf hingearbeitet, mich zu sich zu holen und nicht Umbridge vorgeschickt." Seine Mutter nickte. Das erschien ihr zumindest plausibel. "Und ich denke auch nicht, daß Professor Dumbledore ihm oder einem anderen Lehrer gegenüber rausgelassen hat, was da im Mai 1996 in Hogwarts passiert ist. Weil dann hätte er nämlich auch erzählen müssen, wer die Mördernummer angeleiert hat. Dann säße ein gewisser hochnäsiger Kronprinz nämlich nicht mehr in Hogwarts, sondern würde mit den anderen Todessern rumziehen, allerdings ohne ZAGs."

"Man hätte diesen verwöhnten Bengel wirklich zur Verantwortung ziehen sollen", schnarrte Jane Porter. Madame Maxime holte sich mit einem Räuspern das Rederecht zurück und erinnerte sie daran, daß es nicht nur um die vier in Hogwarts ginge. Dazu sagte Professeur Faucon etwas:

"Mir mißfällt es auch, Madame Andrews, Ihren Sohn erneut in Gefahr zu bringen. Andererseits mißfällt es mir - wie damals auch schon - bei Verfügbarkeit einer erfolgversprechenden Gegenmaßnahme untätig zu bleiben und zuzusehen, wie unschuldige Menschen zu Schaden kommen. Es ist richtig, Madame Andrews und Madame Mildrid Latierre, daß Ihr Angehöriger ein gewisses Risiko eingeht und noch nicht volljährig ist, um eine derartige Entscheidung ohne die Erlaubnis eines Fürsorgebeauftragten zu fällen. Doch wenn es wirklich die einzige Möglichkeit ist, dieses Verbrechen zu vereiteln, wenn wir schon nicht alle anderen Verbrechen vereitlen können, die gerade in Großbritannien geschehen, sollten wir dies tun. Ich habe Julius damals mit zusätzlichem Wissen und einer schützenden Ausrüstung ausgestattet, um das Risiko erheblich zu verringern. Ähnliches können wir jetzt auch tun, indem wir ihm die Knieselin Goldschweif als Gefahrenspürerin und eine umfangreiche Ausrüstung zur Durchführung von Ablenkungsmanövern überlassen. Ich gehe sehr stark davon aus, daß Monsieur Julius Latierre wie damals keinen Übermut entfaltet und jede Situation mit der gebotenen Besonnenheit meistern wird." Julius nickte ihr und dann seinen Angehörigen von seiner Mutter, über Millie und ihren Eltern bekräftigend zu. "Dann kommen wir also zu dem wirklich schwierigen Teil, nämlich die Angehörigen der vier in dem Moment in Sicherheit zu bringen, wo sie selbst in Sicherheit gebracht werden. Hierzu werde ich mich mit meinen Kontakten auf den Inseln, die ich bis jetzt für integer und verläßlich halten darf, abstimmen. Es gilt, den Aufenthaltsort und die Umgebung der Eheleute Hollingsworth und Malone zu klären und einen minutiös ablaufenden Plan zu entwickeln, um sie in Sicherheit zu bringen, womöglich unter Betäubung, damit das von Ihnen, Jane, erwähnte Pferd aus der Antike uns nicht tritt. Dann gilt es zu ergründen, ob die Geretteten ihre Willensfreiheit behalten durften oder bereits unter dem Imperius-Fluch stehen, den es dann zu überwinden gilt. Soweit ich weiß hat ihr trickreicher, wenn auch sehr verspielter Ausrüstungsspezialist in dieser Hinsicht etwas anwendbares entwickelt, Jane."

"Ja, aber er benutzt es nicht oft, weil es die üble Nebenwirkung hat, alles, was nach dem Fluch passiert ist aus dem Gedächtnis zu löschen. Und diese Erinnerungslücke kann nicht durch Magie wieder geschlossen werden. Aber in den meisten Fällen hat es schon geholfen, die Opfer weit genug weg vom Auslöser und Ziel ihres Fluches unterzubringen, bis der Zwang erloschen ist." Julius sah Catherine an und dann Professeur Faucon.

"Ähm, Sanctuafugium unterdrückt oder zerstreut den Imperius-Fluch doch, sofern der Auslöser nicht im Wirkungsbereich des Zaubers selbst steht, oder?"

"Ich werde alt", schnarrte Professeur Faucon. Catherine grinste Julius erfreut an, und Jane Porter schenkte ihm ein anerkennendes Lächeln. Doch Julius hatte das Feuer seines Geistesblitzes noch nicht ganz verbraucht. "Dann ist die Kiste so einfach, das es schon wieder weh tut. Professeur Faucon, Sie bitten Ihren Hauptkontakt in Großbritannien, nach der Aufklärung und hoffentlich durchführbaren Rettungsaktion, die betreffenden Leute genau da hinzubringen, wo ich nach der Party bei den Sterlings einen Ferientag verbracht habe und dann, wenn die Kopfschmerzen abgeklungen sind, die ein von Sanctuafugium zerstreuter Imperius nach Madame Brickstons Aussage auslöst, auf exakt dieselbe Weise aus England rauszubringen, mit der ich damals ungesehen ausreisen konnte. Wenn Sie ihrem Kontakt das so sagen, weiß dieser schon, was gemeint ist." Professeur Faucon strahlte wie ein Weihnachtsbaum. Catherine sah Julius jedoch verhalten an, ebenso Albericus und Hippolyte.

"Will sagen, Julius, du möchtest deine Frau und uns hier tatsächlich dazu zwingen, dir zu gestatten, nach Hogwarts zu gehen, wohl auf dieselbe Weise wie die Dame mit dem Blumenkleid da", sagte Albericus und deutete auf Jane Porter. Julius nickte Millie zu, die ihn erst sehr verärgert ansah. Doch die Entschlossenheit in seinem Blick imponierte ihr offenbar. Sie nickte auch. Dann sagte der kleine Zauberer, der Millies Vater war: "Dann möchte ich aber, daß du den Talisman meiner Mutter mitnimmst, den du schon einmal ausprobiert hast. Dann bräuchtest du sogar nur nach Hogwarts rein, deine Kameraden zusammenzutrommeln und sie an der Hand zu halten. Du brauchst dann nur zu erwähnen, daß der Talisman einen Rettungszauber enthält, der seinen anerkannten Benutzer und dessen Begleiter unverzüglich an den ausgewählten sicheren Ort bringt. Ich habe das mal ganz unbefangen erwähnt, wo ich das Ding in der Nähe hatte und wurde prompt von diesem Zauber ergriffen und weggebracht. Hat meine Kumpels ziemlich amüsiert, weil sie gerade nicht in meiner nähe saßen."

"Wenn du das Ding mitnimmst kannst du meinetwegen gehen und Gloria und die drei anderen da rausholen. Sonst schlafe ich nachher noch schlecht, weil ich die dann immer im Traum sehe, wenn diese Dementoren die knutschen", knurrte Millie und sah ihren Vater dankbar an. Julius nickte heftig. Das war noch besser als die vier einzuschrumpfen, obwohl er das wohl jetzt gut genug beherrschte. Professeur Faucon, die besagtes Hilfsmittel und erwähnten Zauber zur selben Zeit ausprobieren durfte wie Julius, nickte einverstanden. Somit wurde entschieden, daß es das Restrisiko wert war, nach Hogwarts zu gehen und die vier ehemaligen Mitschüler rauszuholen. Allerdings schlugen Professeur Faucon und Jane Porter vor, es so hinzustellen, als sei eine Organisation von mehreren Leuten zeitgleich mit unortbaren Portschlüsseln eingedrungen und wieder abgezogen. Es sollten Hinweise hinterlassen werden, die die Todesser glauben machten, daß dies nur eine Aktion von später zu erwartenden sei, falls das Ministerium sich an Hogwarts vergreife. Es sollte der Eindruck erweckt werden, daß alle Schülerinnen und Schüler auf einen Schlag herausgeholt werden könnten, falls Umbridge oder jemand anderes noch einen davon anzuklagen wünsche. So entstand in zwei Stunden ein vorläufiger Einsatzplan, der nur noch mit den Befreiungsmöglichkeiten für die Hollingsworths und Malones abgeglichen werden mußte. Julius merkte an, daß die Wetterzauber von Forcas schon genial seien und irgendwie welche beschafft werden mußten, ohne daß rauskam, wer sie haben wollte. Darauf wußte Madame Maxime die Antwort.

"Jedes Jahr schaffen es immer wieder welche, unzulässige Artefakte nach Beauxbatons einzuschmuggeln. Da viele dieser Dinge ziemlich teuer sind, ist es laut Schulregeln verboten, noch nicht ge- oder verbrauchte Güter zu zerstören, sondern sie bis zum Schuljahresende einzuziehen und den Eltern der Schüler zuzuschicken, mit dem entsprechenden Vermerk, das sie unzulässig seien. Auch dieses Jahr wurden diverse Dinge beschlagnahmt und in unserer Aservatenkammer sichergestellt. Da Sie, Monsieur Latierre, dieses Jahr offenbar nichts beschlagnahmenswertes finden konnten, haben Sie diese Kammer natürlich noch nicht aufgesucht. Dann folgen Sie mir mal bitte!" Julius stand auf und folgte der Schulleiterin hinaus aus dem Konferenzraum, durch die Bilder und dann durch das Treppenhaus bis zu einer Wand, die wie das Saalsprecherbad auf Berührung mit der Brosche ansprach. Eine Geheimtür ging auf, und Julius fand sich in einem sauber geordneten Lagerraum wieder, in dem mehrere Leuchtkristallsphären sofort Licht spendeten. Julius sah Flaschen, Kistchen, Dosen, Ledersäcke, sogar Rollen von Langziehohren, sowie flache Dinger wie Platzdeckchen, die laut Madame Maxime Deterrestris-Fallen waren, die jeden, der auf sie trat, nach oben fliegen ließen. "Ich bin einem solchen Schabernack selbst einmal zum Opfer gefallen, den ein Scherzbold unter einem Teppich versteckt hatte", knurrte sie. Julius staunte. Für einen nicht ganz von Streichen und Scherzen entwöhnten Jungen war das hier ein Schlaraffenland der magischen Gemeinheiten. Er deutete auf die sortierten Wetterzauber und überlegte, ob er den Flaschenschneesturm, die Nebelbombe oder einen eingesackten Sandsturm oder gleich mehrere Exemplare davon mitnehmen sollte. Dann fragte er, ob das nicht Diebstahl sei.

"Das werde ich dann wohl verantworten. Notfalls muß ich jemanden delegieren, die entnommenen Objekte und ihre Stückzahl bei diesem Chaoten Forcas nachzukaufen." Julius deutete auf einen Zaubererhut mit rosa Feder. "Damit hat einer aus der UTZ-Klasse eine Erstklässlerin der Blauen erschreckt. Kopfloser Hut nennt sich dieses Unding."

"Für mich eigentlich die ideale Tarnung. Gesetzt den Fall, mich sieht doch wer, der mich nicht sehen soll, kann der oder die nur meinen Körper sehen", meinte Julius. "Auf jeden Fall flexibler als ein Tarnumhang. Die Dinger gibt's bei den Weasley-Zwillingen in der Winkelgasse."

"Soll Sie das ehren, daß Sie wissen, wo derlei Unfug zu erwerben ist, Monsieur Latierre?" Schnarrte Madame Maxime. Doch dann mußte sie doch lächeln. Julius führte ihr den kopflosen Hut vor. Sie erkannte, daß damit wirklich eine zureichende Maskerade möglich war. So machten die beiden eine Liste der von Julius für sinnvoll und gut zu verstauen erachteten Scherzartikel, darunter den kopflosen Hut, vier Nebelbomben, zwei Schneesturmflaschen und fünf Sandsturmsäcke. Dazu wollte er seine bisherige Sonderausstattung wie das Vielzeug und die Goldblütenhonigphiole mitnehmen. Damit war der Teil Sonderausrüstung abgehakt.

Wieder zurück im Konferenzraum erzählte Jane Porter ihre Geschichte, warum sie sich in der Bilderwelt versteckt hatte, wie und warum sie ihren Tod vorgetäuscht hatte und verwies noch einmal darauf, daß es nicht nur gegen den Massenmörder in Großbritannien ginge, sondern auch gegen die Wiedergekehrte, die wie der Unnennbare ihren ersten Körper überdauert hatte. "Das mit dem Reichenbachfall hat mir damals imponiert, Martha. Daher habe ich dieses zugegeben sehr einschneidende Manöver als Operation Reichenbach betitelt. Meine Familie darf vorerst nichts davon wissen. Ich schütze sie durch mein Totsein mehr als durch meine unverhoffte Auferstehung, falls Sie verstehen."

"Es ist bestimmt nicht Ihre Absicht gewesen, Gloria und all die anderen, die Ihren Tod betrauern derartig zu belügen", sagte Martha. Catherine nickte zustimmend. "Andererseits stimmt es schon, daß im Institut wohl Verräter waren oder sind und Ihr Auftauchen die Gegnerin warnen wird. Ich werde also Gloria gegenüber nicht erwähnen, daß Sie nicht nur in unseren Erinnerungen weiterleben, Mrs. Porter. Ich hoffe nur, daß Sie ihr exotisches Exil irgendwann wieder verlassen dürfen."

"Das hoffe ich auch, Martha, Madame Rossignol. Doch hier zu sein war nötig, weil ein Grund für mein - wie nannten Sie es so schön? - exotisches Exil der Schutz meiner Enkeltochter Gloria ist. Und der gerät durch diese opportunistische Sadistin Umbridge, mit der ich mir einen Vornamen teilen muß, arg ins Rutschen. Ich empfehle mich deshalb besser jetzt auch und hoffe, daß Sie und ihr alle alles tun könnt, um sie zu retten, ohne dabei selbst auf der Strecke zu bleiben. So long!" Dann ging sie an das Bild, aus dem sie herausgetreten war und benutzte das Intrakulum, um sich wieder in die gemalte Welt zurückzuversetzen. Julius' Mutter sah ihr dabei zu und dachte wohl daran, daß ihr Sohn auch dieses mächtige Artefakt benutzen konnte, womöglich schon bald wieder einsetzte, um seine vier Freunde aus Hogwarts-Zeiten zu retten.

Es ist jetzt später als Mitternacht. Ich bringe Sie in Ihren Wohnsaal zurück", sagte Professeur Faucon zu Julius. Martha Andrews nickte ihrem Sohn zu. Madame Maxime geleitete Mildrid. Damit wurden die beiden Schüler der üblichen Ausgangsfristregel enthoben.

"Können wir diesmal nicht anders durch den Kamin?" Fragte Martha Andrews Catherine.

"Ich schick dich vor. Keine Sorge, bin gleich wieder bei dir", sagte Catherine und machte eine rasche Abfolge von Zauberstabbewegungen. Martha verabscheute das immer noch, auf diese Weise den Standort zu wechseln. Als sie sich weit ab von Beauxbatons stark verkleinert fand, dachte sie daran, daß sie zumindest nicht dort angekommen war, wo sie nach diesem verflixten Materievertauschungszauber üblicherweise landete.

Als Julius im Bett lag stellte Madame Rossignol noch einmal eine Sprechverbindung mit ihm her. "Wenn du deine Freunde aus Hogwarts rausgeholt hast, Jungchen, sprechen wir zwei noch mal über dieses Reichenbach-Manöver. Ich hatte da nämlich den dumpfen Verdacht, daß du nicht so überrascht warst wie wir anderen. Und jetzt schlaf!"

"Gute Nacht, Madame Rossignol", wünschte Julius. Als das Abbild der Heilerin verschwand dachte er: "Ich werde mich wohl freuen, wenn ich mich von ihr ausschimpfen lassen darf." Dann drehte er sich um und schlief.

 

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Julius ist wieder so aufgeregt. Offenbar hat er wieder was gehört, was ihm Angst macht. Doch jetzt merke ich das auch, daß er auf irgendwas wartet. Ich liege auf dem neuen Schlafstein, den er vor seine Schlafhöhle gelegt hat. Irgendwie ist das so, als würde er bald wieder gegen jemanden kämpfen. Das macht mich auch aufgeregt. Denn einmal hat er mich nicht mitgenommen, als er gegen jemanden gekämpft hat. Wie soll ich denn auf ihn aufpassen, wenn er dann, wenn er wo hingeht, wo es ziemlich gefährlich ist, mich einfach hierläßt? Deshalb passe ich jetzt auf ihn auf. Wenn er irgendwo hingehen will, werde ich mitgehen, wenn die nicht wieder diesen Schlafdunst machen, um mich müde zu machen.

 

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Gloria wunderte sich wirklich, daß dieser Mördergolem Snape keinem anderen erzählt hatte, was ihr bald blühte. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, daß die Slytherins es irgendwie zugespielt bekämen. Doch die zogen weder sie, noch den leicht erregbaren Kevin Malone damit auf. Zumindest kam sie durch die ersten zwei Unterrichtstage, ohne sich von überheblichen Anhängseln der Verbrecherbande im Zaubereiministerium dumm anquatschen lassen zu müssen. Irgendwie irritierte sie das. Snape hatte doch früher nie eine Gelegenheit ausgelassen, die Slytherins auf mögliche Schwächen der Gryffindors, Ravenclaws und Hufflepuffs zu stoßen.

Betty und Jenna hielten sich wohl auch an Snapes Anweisung, niemandem in der Schule zu erzählen, daß ihre Zeit in Hogwarts ablief. Und die beiden wußten ja nicht, daß Gloria bereits mit Julius Latierre Kontakt aufgenommen hatte. Die wären wohl auch nicht davon begeistert gewesen, wenn sie erführen, daß sie aus Hogwarts rausgeholt werden solten, ohne ihre Eltern in Sicherheit zu bringen. Zumindest konnte sich Gloria nicht vorstellen, daß Julius und die Lehrer von Beauxbatons in der kurzen Zeit ein Mittel fänden, um die Hollingsworths und Malones zu retten. So oder so, Voldemorts Marionetten würden wieder einmal unschuldige Hexen und zauberer vernichten.

"Und die fanzähnigen Geranien sind sehr empfindlich", dozierte Professor Sprout in der Kräuterkundestunde am Mittwochmorgen. "Vorsicht, Ashton!" Warnte sie Melissa Ashton, die sich mit ihrer dürren Jahrgangskameradin Carol Ridges unterhielt und ihre Finger ziemlich nahe an den bissigen Blütenkelch einer fangzähnigen Geranie hielt. Gerade noch rechtzeitig zog sie die Finger ein, als die Pflanze zuschnappte und ihre aus hartem Holz bestehenden Zähne klackernd zusammenschlugen. Gloria stand mit Kevin und Holly zusammen vor einem Topf mit vier dieser Pflanzen. Es galt, die Blütenkelche mit den holzigen Zähnen mit einem silbernen Messer abzutrennen. Das geraspelte Holz der Zähne konnte zu Knochenn-, Zahn und Nagelfestigungstränken benutzt werden. Gloria wußte auch von ihrer Mutter, das das geraspelte Holz fangzähniger Geranien in Haarverstärkungslotionen angewendet wurde. Und ihre Cousine Mel hatte ihr von Brittany Forester erzählt, daß mit diesem Holz auch Sättigungskekse gebacken werden konnten, von denen einer reichte, den Hunger für einen ganzen Tag zu stillen. Gerade bog sich der Stengel einer Geranie durch, um den Blütenkelch nach Glorias Hand schnappen zu lassen, als sie mit einer fließenden Bewegung ihr scharfes Silbermesser führte und den Kelch genau unter dem Grund vom Stengel trrennte. Die so enthauptete Pflanze zitterte noch zwei Sekunden lang, bevor der Stengel sich spiralförmig zusammenzog.

"Schon grausam, nicht?" Meinte Holly Lightfoot. "Nur wegen dieser fünfzig kleinen Holzsplitter."

"Wie viele genau, Ms. Lightfoot?" Fragte Professor Sprout, die gerade ihre Runde machte, um die einzelnen Gruppen zu überwachen. Holly überlegte, während Gloria den erbeuteten Blütenkelch in den Korb legte, in dem bereits zehn abgetrennte Blütenkelche lagen.

"Vierundfünfzig, Professor Sprout", erwiderte Holly. Die kleine, runde Kräuterkundelehrerin nickte und lächelte. "Sehr gut. Zehn Punkte für Ravenclaw." Sie begutachtete noch einmal die Ausbeute und vergab dafür noch einmal zehn Punkte für Ravenclaw.

"Was nützt das, wenn die uns von den drei Wasserträgern wieder weggenommen werden?" Seufzte Kevin. Holly wußte, wen er meinte und machte nur leise "Schschsch". Denn wenn sie mit den Slytherins zusammen Unterricht hatten, waren immer zwei Ohren zu viel in der Nähe. Zwar war denen schon lange klar, daß ihre zwei Lieblingslehrer und der von ihnen so hofierte Schulleiter Snape als Du-weißt-schon-wers Wasserträger angesehen wurden. Aber sie ließen das den anderen Häusern nicht durchgehen, sie so zu nennen, wenn sie dabeistanden. Holly hatte das selbst mal zu spüren bekommen, als sie das gesagt hatte, wo der Slytherin Calligula in der Nähe gewesen war.

Gloria konzentrierte sich auf die Aufgaben. Sie hatte sich vorgenommen, nicht an Umbridges Ultimatum zu denken. Auch wenn ihr Verstand ihr sagte, daß ihr Lerneifer am Ende umsonst sein würde, widersprachen ihr Trotz und ihr Stolz. Sie wollte diesen Bastarden keinen Grund geben, sie vor dem tödlichen Schlag am Boden zu sehen. Kevin hingegen war nur bei der Sache, weil er sonst die Wände hochgegangen wäre. Sie war wie die Katze, die den Hund riecht und sich zum Sprung bereithält. Er war wie ein Pferd bei Gewitter, aufgescheucht und aggressiv vor Angst.

Nach Kräuterkunde hatten sie Zaubertränke mit den Hufflepuffs. Slughorn war guter Dinge, als sei die Welt außerhalb von Hogwarts nur halb so schlimm. Mit seiner Begeisterung für Zaubertränke hatte er die von Snape fast unrettbar geschädigten Schüler für das Fach interessiert und hielt dieses Interesse in Gang wie ein munteres Kaminfeuer. Er bot Gloria und Kevin die beste Ablenkung. Kevin dachte dabei immer daran, daß Slughorn Snape abgelöst hatte. Vor allem war ihnen Slughorn trotz seiner Anbiederung an talentierte Schüler sympathisch, weil er tatsächlich gute Leistungen gleichberechtigt lobte und Nachlässigkeiten gleichberechtigt tadelte. Das mochten die Slytherins zwar nicht so recht. Aber er war ihr Hauslehrer und früher einer von ihnen gewesen.

Nach Zaubertränke stand Verwandlung auf dem Plan. Gloria hatte es schon gut raus, kleinere Lebewesen verschwinden zu lassen, während Kevin immer noch damit Probleme hatte. Professor McGonagall war neben ihrer üblichen Strenge auch noch sehr angespannt. Sie konnte nicht recht verbergen, daß ihr die neue Führung und Ausrichtung von Hogwarts total gegen den Strich ging. Doch wie wohl alle anständigen Lehrer hier hatte sie den Schülern zu Liebe nicht das Schottentuch geworfen und sie den Carrows und Snape überlassen. Kevin sah sie immer wieder an, als wolle er ihr auftischen, was Snape ihm und seinen drei Freunden vorgeknallt hatte. Doch Gloria mentiloquierte ihm dann sofort: "Nichts sagen, Kevin!" Dafür winkte er sie nach dem Mittagessen in einen stillen Winkel des Ravenclaw-Gemeinschaftsraums und zischte sie an:

"Nur, weil du anderen ins Hirn reinquatschen kannst, hast du mich noch lange nicht rumzukommandieren, Gloria. Was hast du denn gedacht, was ich der McGonagall sagen wollte?"

"Erstmal kühlst du deinen Kessel mal runter, Kevin, bevor du dich mit einer Vertrauensschülerin anlegst", schnarrte Gloria. "Zum zweiten habe ich dir angesehen, daß du Professor McGonagall gerne erzählen würdest, wozu uns Snape verdonnert hat. Die kann nix dagegen machen. Die ist nur stellvertretende Schulleiterin geblieben, weil die fette Furie zu blöd dafür ist. Kapier das endlich mal."

"Da du so schön erstens und zweitens bringst mach ich das jetzt auch mal, Ms. vollkommene Vertrauensschülerin: Erstens bin ich nicht so blöd, daß ich nicht wüßte, daß McGonagall nur zur Zierde hier bleiben durfte und nix groß zu sagen hat. Zweitens weißt du genau wie ich, daß deine Stellung hier bald nix mehr wert ist, wenn die in diesem Todesserstall überhaupt noch was wert war. Also lass dieses Reinquasseln in meine Gedanken bleiben, sonst brauchst du deine Tage nicht mehr zu zählen! Klar?"

"Das war eine Drohung, Kevin. Wenn wir nicht befreundet wären müßte ich Ravenclaw deshalb Punkte abziehen. Aber zum einen würde es dich nicht anders stimmen. Zum anderen hat Ravenclaw auch so schon zu wenig Punkte. Aber damit du nicht denkst, Drohungen ausstoßen zu können verheiße ich dir, wenn du wem was erzählst, um mich fertigzumachen, nehme ich dich überall hin mit, wo immer die mich dann hinbringen wollen. Hast du das verstanden?"

"Du tust so, als wenn wir zwei und die Zwillinge hier ganz locker weiterlernen können. Immer schön brav den Unterricht mitmachen und so tun, als wenn das alles wunderbar wäre."

"Ja, und wenn du noch lauter redest können wir es gleich mit Sonorus durch die ganze Schule brüllen", zischte Gloria. Kevin erbleichte für einen Moment. "Wie gesagt, kapier es endlich, daß Wut und Trotz uns da nicht raushelfen!"

"So, und was soll uns da raushelfen, Ms. Porter?" Schnaubte Kevin. Gloria überlegte kurz und flüsterte ihm dann zu:

"Der Brief ist heute ganz bestimmt schon angekommen, Kevin. Ich habe beschlossen, andere nachdenken zu lassen. Die haben mehr Überblick."

"Na klar. Julius hält sich dran, was in diesem Erpresserbrief steht, kommt rüber, und wir sind raus aus dem Sumpf. Das glaubst du doch nicht echt", fauchte Kevin und blickte sich um, ob ihnen jemand zuhörte.

"Nein, das glaube ich nicht, daß wir dann aus dem Sumpf rauswären, wenn Julius auf diese Erpressung eingeht", fauchte Gloria zurück. "Aber bevor wir uns von unserer Angst auffressen lassen, um denen Grund zur Freude zu geben, sollten wir zusehen, den anderen hier mit gutem Beispiel voranzugehen und zeigen, daß wir hier trotz allem lernen wollen, was die uns beibringen, von dem Schund, den die Carrows unterrichten abgesehen."

"Du hast es noch in deinen von Mumms Mittelchen gepflegten Ohren, was Snape dazu gesagt hat?" Schnaubte Kevin. Gloria blickte ihn geradeheraus an und nickte dann. Dann sagte sie:

"Die sollen nicht denken, daß wir nicht wüßten, welchen gefährlichen und obendrein dummen Müll sie da verzapfen. Aber ich will denen auch keine Gelegenheit geben, ihre krankhaften Neigungen an uns auszuleben. Und wenn du wirklich einen Stolz hast, dann zeige denen nicht, wie sehr dich das runterzieht, was hier läuft oder was uns noch so alles blühen kann!"

"Nach Halloween ist eh alles egal", schnaubte Kevin. Gloria unterdrückte die Regung, ihm dafür eine Ohrfeige zu verpassen. Sie blickte ihn nur verärgert an und fauchte: "Dann weiß ich nicht, was du noch hier willst. Geh zu Snape und sag dem, du möchtest schon raus aus Hogwarts. Am besten haust du dem die Nase platt. Dann hast du keine Probleme mehr." Das wirkte. Kevin holte laut fauchend Luft und grummelte dann: "Wenn die mich hier raushaben wollen, müssen die mich tragen, mit den Füßen voran." Gloria wertete diese Behauptung als einen Sieg ihrer Vernunft. Damit war hoffentlich alles geklärt. Mehr konnte sie nicht tun. Zwar lief ihnen die Zeit davon. Doch mit jeder Stunde, die unweigerlich vertickte, konnte auch eine Stunde vergehen, in der irgendein Rettungsplan gestalt bekan. Jedoch konnte sie sich nicht vorstellen, wie dieser Plan funktionieren sollte.

Im Zauberkunstunterricht bei Flitwick übten sie den Schweigezauber weiter ein. Unzählige Frösche, Raben und Meerkatzen quakten, krächzten und kreischten im Klassenraum, während alle Schüler mal laut mal leiser "Silencio!" riefen. Gloria hatte es einmal probiert, den Sprechbann auf die Versuchstiere zu sprechen. Doch dieser verfing nicht. Nur wer bewußt Gedanken in Sprache ausdrücken konnte, war damit zum Schweigen zu bringen.

Nach dem Abendessen half Gloria den Zweitklässlern bei ihren hausaufgaben. Zumindest für diese Schüler würde es irgendwie weitergehen. Doch in der von Voldemort und seiner Bande beherrschten Welt konnte es passieren, daß irgendwann die Lebenden die Toten beneideten. Nein! Diesen düsteren Gedanken wollte und durfte sie nicht weiterdenken. Solange sie atmen konnte, solange sie denken und fühlen konnte, war die Welt für sie noch nicht verloren. Und für alle anderen hatte das auch zu gelten. So verging der zweite Tag nach der Verkündung von Umbridges Ultimatum. Als Gloria in ihrem Bett lag dachte sie daran, daß sie in wenigen Tagen Geburtstag haben würde. Sollte sie ihren Eltern schreiben, daß sie bitte keine Geschenke schicken sollten, weil die eh abgefangen würden? Außerdem hatte sie keine rechte Lust zum feiern.

 

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"Da pflichte ich Ihnen sehr gerne bei, Professeur Faucon", sprach die hochgewachsene, schlanke Hexe mit den fast weißen Haaren zu einem Spiegel, den sie in der linken Hand hielt. "Wenn wir schon eine Möglichkeit haben, dem Psychopathen eine Niederlage beizubringen, sollten wir dies tun. Sie können auf mich zählen, daß ich meine Kontakte auf die Malones und Hollingsworths ansetze. Marita Hollingsworth arbeitet ja jetzt im Innendienst, seitdem der Tagesprophet dem Ninisterium direkt unterstellt ist. Meine Kontakte ins Ministerium könnten sich ihrer annehmen."

"Es gilt, sie, ihren Mann und die Malones möglichst simultan fortzuschaffen. Julius Latierre hat einen Vorschlag gemacht, den ich sehr unterstütze. Um sicherzustellen, daß die hoffentlich bald zu rettenden nicht unter dem Imperius-Fluch zu Handlangern des Psychopathen geworden sind, möchten Sie sie zunächst dorthin verbringen, wo sie Julius nach der Flucht aus dem Sterling-Haus verbargen, da dort der Sanctuafugium-Zauber wirke."

"Ich wußte schon, warum ich den Jungen so gern habe", grinste die Hexe und zwinkerte dem Gesicht Blanche Faucons im Spiegel zu. "Allerdings haben Sie wohl immer noch das Problem, wie die vier bedrohten Schüler aus Hogwarts geholt werden sollen. Da Sie offenbar nicht erwarten, daß ich gute Bekannte von mir nach Hogwarts schicke, wäre es vielleicht langsam an der Zeit, mir zu erklären, wie sie durch den Ring der Dementoren durchkommen wollen. Oder beabsichtigen Sie, Hauselfen dorthin apparieren zu lassen. Den Vorschlag hätte ich Ihnen nämlich sonst gemacht."

"Der Weg nach Hogwarts und zurück ist bereits geklärt. Ich möchte Ihnen, bei aller Notwendigkeit, unsere Kräfte zu koordinieren, nicht erläutern, wie dieser Weg beschaffen ist und wer ihn gehen wird. Es geht lediglich um den abgestimmten Zeitpunkt. Da muß ich mich wohl auf Ihre Kompetenz und Ortskenntnisse verlassen. Soviel noch. Falls es nicht möglich ist, die Eheleute Hollingsworth und die Familie Malone fortzubringen, möchte ich sie bitten, sie zumindest vor Nachstellungen des Verbrechers und seiner Marionetten zu schützen."

"Das versteht sich ganz von selbst, Professeur Faucon", erwiderte die weißblonde Hexe sehr ernst. "Und ich denke, eine befreiende Entführung läßt sich eher bewerkstelligen als eine dauernde Bewachung zum Schutz vor Vergeltungsaktionen. Ich lasse prüfen, ob die beiden Familien am Wochenende in ihren Häusern sein dürfen und dort bewacht werden. Falls man sie nicht unter ständiger Bewachung hält, empfehle ich die Nacht vom Sonntag auf den Montag für die Aktion. Falls sie so bewacht werden, daß es nicht genau zu sagen ist, wie lange es dauert, die Wächter auszuschalten, empfehle ich die Nacht vom Montag auf den Dienstag, also den neunundzwanzigsten Oktober. Denn wir dürfen davon ausgehen, daß die letzten beiden Tage des Ultimatums verschärfte Überwachung für die vier Schüler angeordnet wird, besonders weil ja am einunddreißigsten noch Halloween gefeiert wird. Es sei denn, Sie spielen mit dem Gedanken, die vier während der Schulfeier aus der großen Halle herausholen zu lassen, wo sämtliche Lehrer anwesend sind. Bekanntermaßen feiern sie in Hogwarts Halloween bis Mitternacht. Danach werden wohl viele noch wach sein, vor allem die törichten Jugendlichen, die vermeinen, für den Wahnhaften arbeiten zu wollen und deshalb das Marionettentribunal unterstützen. Aber näheres dann, wenn ich auch Gewißheit habe, wann und wie die Eltern fortgeschafft werden können. Eine andere Frage, die Sie mir hoffentlich beantworten dürfen, Professeur Faucon: Was wird mit den vier Kameraden von Julius, wenn die Aktion erfolg hat? Wie Sie wohl wissen, beherberge ich bereits eine ehemalige Mitschülerin von Julius Latierre bei mir."

"Ihr geheimer Ort dürfte wohl ziemlich überlaufen sein, wenn da noch vier Gäste hinzukommen. Außerdem beinhaltet der Weg nach und von Hogwarts keinen Zwischenhalt in Großbritannien. Das heißt, daß die vier Schüler unverzüglich außer Landes geschafft werden. Ich habe bereits mit Madame Maxime erörtert, ob wir Gloria Porter nicht wieder bei uns aufnehmen sollen. Aber im Moment ist unser Zaubereiministerium im Umbruch, und der Amtsinhaber hat nicht gerade behutsam anklingen lassen, daß er aus Ihrem Land zu uns übergewechselte Hexen und Zauberer auf ihre Integrität prüfen will. Sollte Gloria Porter bei uns aufgenommen werden, wird der Minister die Akademie womöglich auffordern, sie ihm auszuliefern. Es könnte ihm dann einfallen, sie postwendend nach London zu schicken. Abgesehen davon hatte ich am Ende des Schuljahres den Eindruck, daß Mademoiselle Porter trotz aller Verdienste und Leistungen bei uns die Rückkehr nach Beauxbatons ablehnt. Daher werde ich noch in dieser Nacht eine andere, meines Erachtens nach sicherere Unterbringung prüfen, wo alle vier ihre Ausbildung gemäß den internationalen Richtlinien fortsetzen können. Allerdings gilt es dort, eine Mauer der Überbesorgtheit und Feigheit zu überwinden."

"Thorntails oder Dragonbreath?" fragte Professeur Faucons Gesprächspartnerin.

"Die Frage beantworten Sie sich bitte selbst, damit Sie mir nicht vorwerfen können, Ihre Intelligenz zu unterschätzen", kam die Antwort aus dem Spiegel.

"Da Sie das nicht tun verwundert es Sie sicher nicht, daß ich weiß, daß es im Moment auf Grund der von Ihnen bedauerten Überfürsorge und Feigheit nicht möglich ist, hinzukommen. Wie ich von Portraits erfahren habe, die Gegenstücke in Übersee besitzen, hat der amerikanische Zaubereiminister Wishbone sämtliche Fernverkehrswege geschlossen. Will sagen, daß weder mit Flohpulver, noch über die alte Reisesphäre in New Orleans, noch über den fligenden Holländer dort hinzugelangen ist. Und apparieren wollen Sie diese riesige Entfernung wohl doch nicht mit den Schülern."

"Definitiv nicht. Wenn es sich nicht anders machen läßt, werden wir die vier mit den Flugmaschinen der Muggel dort hinreisen lassen. Ich habe dieses Verkehrsmittel ja selbst schon benutzen müssen, als ich wegen Julius und seinem Vater in die Staaten mußte. Immerhin werden diese Wege nicht beeinträchtigt."

"Das muß man denen lassen, daß ihre Flugmaschinen zu Weilen was taugen, auch wenn heutzutage mehr als genug davon herumfliegen. Aber ich will mich jetzt nicht mit ihnen in einer Grundsatzdiskussion versteigen."

"Das würde auch länger dauern als bis zum Sonntag", erwiderte Professeur Faucon leicht verdrossen. "Seien Sie nur dessen gewiß, daß wir die vier Schüler und hoffentlich auch ihre Eltern sicher und vor allem ohne Wissen unseres Ministeriums aus dem Lande schaffen müssen!"

"Nun, junge Dame, dessen bin ich mir ganz gewiß", erwiderte die Hexe mit dem weißblonden Haar. "Dann bleiben wir mal dabei, daß ich die Befreiung der Hollingsworths, Porters und Malones vorbereite und Sie die weitere Unterbringung klären."

"Die Porters leben, so weiß ich von Gloria Porter, im Schutze eines Fidelius-Zaubers bereits seit Schuljahresanfang in Sicherheit. Gloria wurde wohl nur nach Hogwarts zurückgelassen, weil Jane Porter, ihre Großmutter, als mögliche Feindin des Psychopathen aus der Welt ist."

"Ich hätte Ihre Rede zu ihrer Beisetzung gerne gehört, Professeur Faucon. Aber mein Vetter hat mir alles wortwörtlich geschrieben, was er und Sie gesagt haben. Das sie ausgerechnet von einer ungeduldigen, skrupellosen Hexe getötet wurde beschämt mich heute noch."

"Die dabei selbst umkam", knurrte Professeur Faucon. "Also lassen wir das bitte. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und Mithilfe, diesem Verbrecher eine lohnende Beute abzujagen, auch wenn ich weiß, daß wir das nur einmal machen können."

"Unsere anderen Aktionen laufen auch noch weiter, Professeur Faucon. Gestern hat meine Vertrauensperson in Wales mit Hilfe ihres Gastes fünf weitere Ziele auf Umbridges Liste sicher in ein Flugzeug nach Übersee gesetzt. Es erleichtert mein Gewissen doch sehr, daß wir hier nicht untätig herumsitzen müssen. Untätigkeit ist in diesen Tagen wie Beihilfe."

"Dieser Ansicht stimme ich vollkommen zu", bekräftigte Professeur Faucon. Dann verabschiedeten sich die beiden Hexen respektvoll voneinander.

Als Sophia Whitesand ihren Zweiwegespiegel wieder fortgepackt hatte, lächelte sie. Sie hatte der guten Blanche Faucon nicht verraten, daß sie über andere Kanäle längst erfahren hatte, wie es möglich sein konnte, direkt in Hogwarts aufzutauchen, wenn man kein Hauself war. Sie hoffte nur, daß der Junge, der sich und ihr am ersten August das Leben gerettet hatte, sein Leben nicht mutwillig und unbesonnen aufs Spiel setzte. Daß er ein versierter Duellant war wußte sie. Auch beruhigte sie der Gedanke, daß er irgendwie von irgendwem mächtige Schutzzauber aus dem alten Reich erlernt hatte, von denen sie selbst bis dahin nichts gewußt hatte. Sie hoffte, daß der Emporkömmling auch nicht damit vertraut war und Julius Latierre deshalb einen Vorteil besaß, auch wenn sie inständig hoffte, daß er dem Verbrecher niemals von Angesicht zu Angesicht begegnen würde.

 

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"Magistra Eauvive, bitte suchen Sie Ihr Gegenstück in Viento del Sol auf und geben Sie dort eine Nachricht an Schulleiterin Wright weiter!" Sprach Professeur Faucon zu der gemalten Viviane Eauvive, als sie ihren Zweiwegespiegel fortgepackt hatte. "Ich erbitte eine Auskunft, ob es möglich sei, vier ZAG-Schüler, die wegen diverser Nachstellungen aus Hogwarts abgehen mußten, bei ihr unterzubringen. Bitte bringen Sie mir die Antwort so schnell wie möglich!"

"Das werde ich tun", sagte die gemalte Viviane Eauvive und verließ das Bild des Weizenfeldes in Professeur Faucons Sprechzimmer, um von ihrem Stammbild aus nach Viento del Sol überzuwechseln. Dann überlegte sich die Lehrerin, ob sie bereits jetzt nach Flugzeugen suchen sollte, die die aus England geretteten über den Ozean bringen konnten, ohne Minister Didier davon wissen zu lassen. Sie verwarf den Gedanken, die alten Straßen von Altaxarroi zu benutzen, weil nur vier lebewesen zugleich darüber gehen konnten. Zumindest hatte Julius nur die Zauberwörter für bis zu vier Lebewesen erlernt. Sonst wäre die Reise nach Übersee überhaupt kein Thema. Sie wartete eine halbe Stunde. In Kalifornien war es jetzt genau drei Uhr nachmittags, rechnete sie nach der Zeit auf ihrer Wanduhr aus. Ja, und da war Viviane auch wieder zurück und verkündete:

"Ich habe dem mit Thorntails verbundenen Gemälde ausgerichtet, daß wohl bald zuwachs zu erwarten sei. Prinzipalin Wright läßt Ihnen durch das Portrait mitteilen, daß rinzipiell Quereinsteiger aufgenommen werden könnten, deren Eltern aus beruflichen Gründen mitten im Jahr in die USA einwanderten. Berufliche Gründe heißt, daß die Eltern dieser Schüler nachweisen müssen, daß sie bereits einer Beschäftigung in den Staaten nachgehen, die sie mindestens so lange ausüben, bis ein laufendes Schuljahr beendet ist. Abgesehen davon sei es im Moment schwierig, ausländische Familien ins Land zu holen, weil Minister Wishbone jede Zuwanderung untersagt hat."

"Ich hätte nicht übel Lust, diesem Feigling die Meinung in einem Heuler kundzutun", knurrte Professeur Faucon. Doch Viviane lächelte amüsiert und sagte dann noch:

"Allerdings gibt es da eine Ausnahmeregel, die in den letzten Jahrzehnten nur einmal angewandt wurde, und die Wishbone Madam Wrights Angaben nach noch nicht außer Kraft gesetzt habe. Wenn nämlich bereits in den Staaten geborene Verwandte ersten bis vierten Grades das Erziehungsrecht übertragen bekommen, können die Schüler auch in Thorntails eingeschult werden. Allerdings müßten sie dann bis zum Ende der Ausbildung dort bleiben, da das Erziehungsrecht nicht beliebig gewechselt werden könne. Diese Sonderregel wurde eingeführt, um damals kinderreiche Zaubererfamilien am Leben zu halten und die Anzahl von Hexen und Zauberern zu steigern, als die großen Zuwanderungswellen der Muggel einsetzten und die Anzahl der Zauberer und Hexen im Vergleich dazu immer geringer ausfiel. Und bevor Sie mich noch einmal losschicken, um die entsprechenden Bedingungen zu prüfen habe ich bereits veranlaßt, daß nach zaubererweltverwandten der besagten Schüler gesucht wird."

"Dann könnte Gloria Porter bei ihrem Großvater oder ihrer Tante Geraldine unterkommen", erkannte Professeur Faucon. Bliebe also nur noch zu klären, ob die Hollingsworths Verwandte bis zum vierten Grad in den Staaten besaßen. Bei den Malones war sie sich sicher, daß sie mal von einem Liga-Mitglied gehört hatte, das mit jener Siobhan verwandt war, die Kevins Tante war und die mutmaßlich von den Todessern getötet oder in Gefangenschaft gehalten wurde.

"magistra Eauvive, soweit ich erfahren habe verfügten die Porters über eines dieser tragbaren Telefone. Martha Andrews besitzt die Zahlenkombination, um dieses Gerät zu erreichen. Sie möchte bitte dort anrufen und die beiden bitten, sich für meinen Rückruf bereitzuhalten!"

"Ihnen ist bekannt, welche Tagesstunde wir haben, Blanche?" Grummelte Viviane. Professeur Faucon nickte. Dann bat sie Viviane darum, Martha um acht Uhr morgens diese Bitte zu überbringen. Viviane nickte und verließ das Weizenfeldbild.

"Auch wenn es nur ein Tropfen ist, den wir vergießen, wird er den Grundstein deiner Machtier netzen und auszuhöhlen beginnen, Tom Vorlost Riddle", schnarrte Professeur Faucon. Dann dachte sie unhörbar: "Und Sie, Dolores Jane Umbridge, werden eine herbe Niederlage einstecken und lernen, daß sie niemanden aus Frankreich herausscheuchen können, der hier einmal Schutz gefunden hat."

 

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Julius mußte seine Selbstbeherrschungsformel immer wieder denken, wenn ihn die Anspannung zu sehr von wichtigen Sachen abzulenken drohte. Jetzt waren es schon zwei Tage her, das er von Umbridges Ultimatum und der Drohung gegen Gloria und seine anderen Schulfreunde aus Hogwarts erfahren hatte. Er hatte seinen Weckdienst versehen und sich so gut er konnte auf den Unterricht konzentriert. Der Mittwoch war vergangen, ohne daß er erfahren hatte, ob die Hollingsworths und Malones gerettet werden konnten oder nicht.

Am Donnerstagmorgen las er in der zeitung, daß der neue Zaubereiminister das Büro für Kontakte zur nnichtmagischen Welt einstweilen geschlossen habe, da Madame Belle Grandchapeau, die neben "einer Muggelfrau namens Martha Andrews", und zwei Zauberern die einzigen Angestellten war, auf private Empfehlung ihrer Eltern ein Urlaubsjahr in Millemerveilles verbringe, um dort in Ruhe ihr erstes Kind zu erwarten. Sie lehne es auch ab, jetzt schon eine Trauerfeier für ihre Eltern abhalten zu lassen, da sie nicht daran glaube, daß sie wirklich tot seien. Er las das Interview mit Belle Grandchapeau, die sich mit sichtbarem Umstandsbauch hatte fotografieren lassen. In diesem Interview sagte sie, daß sie Minister Didier nur für einen geschäftsführenden Zaubereiminister halte, solange keine eindeutigen Beweise gefunden würden, die ihr und allen anderen Verwandten verdeutlichten, daß ihre Eltern wirklich tot seien. Diese Haltung bedauerte Didier in einem anderen Interview, äußerte jedoch auch Verständnis dafür, daß die Tochter der unglücklich verschwundenen besonders im Zustand der Schwangerschaft damit leben lernen wolle, daß ihre Eltern wohl nicht mehr wiederkämen und bot an, daß sie den Zeitpunkt der Trauerfeier bestimmen möge, wenn sie dies für geboten erachtete.

"Ist das ein Heuchler. Da sagt die dem doch glatt durch die Zeitung, daß sie ihn nicht für den richtigen Minister hält, und der tut mitfühlend und bietet ihr an, zu ihm zu kommen, wenn sie es glaubt, daß ihre Eltern tot sind", bemerkte Julius. Robert fragte ihn dann:

"Kannst du dir vorstellen, daß Belle Grandchapeau wegen der Schwangerschaft nichts davon wissen will, daß ihre Eltern tot sind?"

"Da ich wegen deiner zukünftigen Schwiegernichte Cythera den Ruf des Mutter-Kind-Betreuers weghabe behaupte ich jetzt mal, daß ich das nicht ausschließen kann. Andererseits kann ich als Belles ehemalige Zwillingsschwester mit Sicherheit sagen, daß sie sehr schnell über heftige Sachen wegkommt. Sonst hätten wir beide vor zwei Jahren nicht so gut durchgehalten."

"Na gut, aber ein Baby im Bauch verdreht schon eine Frau. 'ne Tante von mir wurde ganz schreckhaft und fing manchmal aus den blödesten Gründen zu heulen an, als meine Cousine Françoise bei ihr im Unterbau gewohnt hat", wandte Robert ein. Gérard fügte dem noch hinzu, daß seine Mutter, wo sie für ihn mitgegessen hatte, auch ziemlich leicht wütend werden konnte und dann plötzlich total lustig drauf war und sein Vater nie genau gewußt hatte, wie sie jetzt gerade aufgelegt war.

"Also ich habe ein paar Hexen erlebt, die im letzten Jahr Mutter wurden. Catherine hat sich ziemlich gut gehalten, obwohl die genug um die Ohren hatte", sagte Julius dazu. "Und bei Constance war das eben, weil ihr Körper ja selbst noch nicht ganz fertig ausgewachsen ist. Werde ich wohl irgendwann mitkriegen, wie das ist, mit einer werdenden Mutter zusammenzuleben. Deshalb lasse ich das Thema jetzt ganz weg."

"Jedenfalls ist deine ehemalige Zwillingsschwester deinem Schwiegergroßonkel gut ins Besenende reingekracht, weil sie als direkte Verwandte jede frühe Trauerfeier ablehnt, was heißt, daß Didier von keinem wirklich als vollwertiger Nachfolger gesehen werden darf, solange keine Leichen auftauchen", grinste Robert.

"Ruf den Drachen besser nicht, Robert. Falls die Grandchapeaus nämlich nicht restlos verbrannt sind und irgendwo auftauchen könnte es Didier einfallen, die mal eben totzufluchen, um die beiden Leichen vorweisen zu können. Hat's alles schon gegeben, Robert. Meine Mutter hat mehrere Bücher mit solchen Geschichten drin, wo jemand für tot erklärt wurde und später ermordet wurde, weil einer, der tot ist, ja nicht noch mal sterben kann und die Erbverwandtschaft endlich ihr Geld haben wollte. Außerdem, wenn einer erstmal für tot erklärt wurde, verliert der alle Rechte und Ansprüche. Vermutlich will Belle deshalb auch nicht, daß ihr Vater jetzt schon für tot erklärt wird. Verhindern kann sie es wohl nicht. Aber nach dem Interview hat sie das zumindest für's erste hinausgezögert. Fragt sich nur, für wie lange", antwortete Julius.

"Ja, und wenn derjenige irgendwann auftaucht und beweisen kann, der angeblich tote zu sein?" Fragte Gérard.

"Dann wird's wie gesagt schwierig, die ganzen Entscheidungen zurückzudrehen, die getroffen wurden", erwiderte Julius. Einen Moment dachte er daran, was passieren würde, wenn sein Vater, den alle für tot hielten, aus irgendeinem Grund sein ganzes Gedächtnis zurückbekommen würde und als im Moment wohl etwas mehr als ein Jahr alter Windelmatz darauf bestehen wollte, Richard Andrews zu sein. Dann konzentrierte er sich wieder auf den anstehenden Unterricht.

Es ist wirklich bedauerlich, daß ich Ihnen erst dann Unterweisungen in vollendeter Selbstverwandlung erteilen darf, wenn Sie volljährig sind, Monsieur Latierre", sagte Professeur Faucon. "Ich hätte keine Bedenken, Ihnen diese Fertigkeiten jetzt schon beizubringen, so wie Sie mittlerweile die eingeschränkte Autotransfiguration beherrschen. Wenn ich Sie nicht mit dem Zauberstab hantieren sähe, könnte ich meinen, Sie seien ein Metamorphmagus."

"Hatten Sie in Beauxbatons mal einen? In den Bulletins steht nichts davon."

"Aha, Sie wissen also, was das ist", erwiderte die Lehrerin ganz gelassen. Julius erklärte es ihr und erwähnte auch, schon einen gesehen zu haben.

"Hmm, ja erfuhr davon, daß in den Staaten gerade wieder einer aufwächst. Um Ihre Frage zu beantworten, Monsieur Latierre, ich persönlich hatte bisher nicht das Vergnügen, einen Metamorphmagus zu unterrichten. Es soll sich, so hörte ich von meiner Kollegin Professeur McGonagall, auch als nicht gerade einfach für den Lehrer erweisen. Sie hatte vor einigen Jahren eine Schülerin mit dieser seltenen Begabung. Soweit ich erfuhr wurde diese Schülerin eine Aurorin, also eine Bekämpferin dunkler Magier."

"Wahrscheinlich hat die in der UTZ-Klasse hunderte von Punkten für ihr Haus abgeräumt", vermutete Julius.

"So wie Sie hier, wo wir alle wissen, daß Ihr Potential überdurchschnittlich hoch ist?" Fragte Professeur Faucon. Julius verstand. Er bekam hier nur viele Punkte, wenn er was wirklich überragendes machte. Wenn er die Standards seiner Klasse erfüllte, konnte er mit einem Punkt schon sehr zufrieden sein, wo die anderen bei gleicher Leistung schon fünf oder zehn bekamen.

"Heute abend nach Ihrer Freizeit-AG bei Madame Maxime", flüsterte sie ihm noch zu. Das war für Julius wie ein Aufputschmittel. Wenn sie ihn so konkret dorthin bestellte, stand die Aktion wohl bald an. Dann jedoch schlich sich ein trüber Gedanke in seine steigende Stimmung. Vielleicht wollte Madame Maxime ihm aber auch nur beibringen, daß die Aktion nicht durchführbar war. Doch das hätten sie ihm dann wohl schon gestern gesagt. Mit dieser Beruhigung, daß es wohl doch möglich war, Snape, Umbridge und ihrem Herrn und Meister mit dem Horror-Gesicht ein Ei zu legen, setzte Julius seine Übungen fort.

Abends bestellte er Giscard Moureau, daß Madame Maxime ihn noch mal zu sich gebeten habe, weil jetzt, wo das Muggelkontaktbüro geschlossen worden sei, geklärt werden sollte, ob seine Mutter weiter in der Zaubererwelt arbeiten oder einen Muggelberuf ergreifen solle. Das war ja noch nicht mal so sehr gelogen. Denn ob seine Mutter jetzt wieder einen magielosen Beruf ausüben würde war nicht sicher.

Als er in Madame Maximes Konferenzzimmer ankam, sah er die rote Rose unter dem Kronleuchter baumeln. Millie war nicht da. Dafür saßen ihre Eltern, Catherine Brickston und seine Mutter Martha am Konferenztisch.

"Guten Abend zusammen!" Grüßte Julius höflich. "Konnten oder wollten Sie meine Frau nicht dazubitten, Professeur Faucon?" Fragte er noch. Madame Maxime schüttelte den Kopf und deutete auf einen freien Stuhl neben seiner Mutter. Als er saß erklärte die Schulleiterin:

"Ich hielt es für besser, sie nicht noch einmal über den Saalschluß hinaus zu bemühen, da Mademoiselle Lavalette eine nicht ganz unberechtigte Neugier entwickelt hat und von mir erfahren wollte, weshalb ich Ihre Gattin mehr als zwei Stunden über Saalschluß beansprucht habe. Sie geht jedoch davon aus, daß Sie ihr auf eine Ihnen vertraute Weise Berichten mögen, was wir jetzt erörtern. Übrigens erwarte ich noch Madame Jane Porter."

"Hast du Claudine schon im Bett?" Fragte Julius Catherine.

"Ich kann sie nicht immer mitnehmen. Joe ist mit Babette und ihr zu Hause. Sie haben sich eingeschlossen, damit unsere Aufpasser vom Ministerium nicht denken, zu uns reingehen zu müssen. Im Moment lassen uns die Dementoren ja in Ruhe."

"Womit wir fast schon beim Thema sind", unterbrach Professeur Faucon die kurze Unterhaltung. "Madame Maxime, Madame Andrews, Madame und Monsieur Latierre, sowie Madame Brickston und Monsieur Julius Latierre, ich habe um diese Zusammenkunft gebeten, um Ihnen mitzuteilen, daß nun alle Fragen geklärt sind, die das Rettungsunternehmen für die Hogwarts-Schüler Gloria Porter, Betty und Jenna Hollingsworth und Kevin Malone, sowie ihre unmittelbaren Angehörigen betreffen." Da erschien Jane Porter in jenem Bild, aus dem sie zwei Tage vorher einmal herausgestiegen war. Dies tat sie auch jetzt, ohne Zeit mit einer Begrüßung zu vertun. Erst als die Intrakulum-Spirale sie in Madame Maximes Konferenzraum freigegeben hatte, winkte sie den Anwesenden zu und wünschte allen einen guten Abend. Sie durfte sich hinsetzen und lauschte Professeur Faucons Ausführungen.

"Es galt, folgende Fragen zu beantworten: Wo sind die Eltern der vier Schüler? Wie geht es ihnen? Werden sie überwacht? Falls ja, wie gut? Welchen Tagesablauf haben sie? Wann wäre der bestmögliche Zeitpunkt, sie dem Zugriff des britischen Zaubereiministeriums zu entziehen? Wohin sollen die Geretteten endgültig gebracht werden? Wie soll das bewerkstelligt werden? Ich habe in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch die Klärung dieser Fragen in Auftrag gegeben. Heute mittag erst hatte ich alle Antworten, die ich benötigte. Madame Maxime, Sie erhielten nach dem Abendessen den ausführlichen Bericht von mir." Madame Maxime nickte. "Demnach empfiehlt mein Kontakt in Großbritannien, die Nacht vom Sonntag auf den Montag zu nutzen, um in Hogwarts einzudringen, dort die erwähnten Ablenkungsmanöver zu initiieren, die vier Schüler an einem zu dieser Zeit nicht leicht zu erratenen Anlaufpunkt zu bestellen und dann mit dem von Monsieur Albericus Latierre erwähnten Rettungszauber aus Hogwarts herauszubringen. Sobald Sie ihre Kameraden beisammen haben und den Rettungszauber anwenden wollen, teilen Sie mir mit, daß sie unterwegs sind. Das werde ich dann weitergeben, sodaß so zeitnahe wie möglich die unmittelbaren Angehörigen der vier in Sicherheit gebracht werden. Mein Kontakt hat bestätigt, daß die Verlegung zu ihr und die Weiterreise zu uns keine Schwierigkeiten bereiten wird. Es gilt, ohne Wissen des hiesigen Zaubereiministeriums die drei Familien ins Land hinein und aus dem Land hinauszuschaffen. Und zwar haben sich Mr. Donovan Mahoney, der Großonkel Kevin Malones, Mr. Marcellus und Mrs. Geraldine Redlief, Onkel und Tante Gloria Porters, sowie Mr. Vincent und Mrs. Calliope Hollingsworth, Großonkel und Großtante der Zwillinge Betty und Jenna, bereiterklärt, die Unterbringung in der von Prinzipalin Wright geführten Thorntails-Akademie zu beantragen, sofern Gloria Porter nicht zu uns nach Beauxbatons zurückkehren möchte und die leiblichen Eltern einer formellen Übertragung des Erziehungsrechtes auf die erwähnten Familien in den Vereinigten Staaten zustimmen. Es ist leider auch nötig, daß das US-amerikanische Zaubereiministerium nicht sofort erfährt, das die drei Familien in seinen Hoheitsbereich einreisen. Das erhält zwar den Ruch der Illegalität. Aber das Problem wird zur Zeit in Thorntails auf eine halbwegs rechtliche Lösung hin überprüft. Sind die drei Familien erst einmal offiziell in den Staaten registriert, können sie sogar den Schutz vor Verfolgung in Anspruch nehmen, der von der internationalen Zaubereikonföderation und der globalen Magierkonferenz zur Zeit von Grindelwalds Schreckensherrschaft in Kraft gesetzt wurde. Da der US-amerikanische Zaubereiminister lucas Wishbone die offiziellen Zugangswege aus Furcht vor Übergriffen aus Großbritannien versperrt hat, können sie sich eben auf dieses Schutzrecht berufen. Wie erwähnt sollten wir diese Aktion in der Nacht vom achtundzwanzigsten auf den neunundzwanzigsten durchführen und hoffentlich mit vollem Erfolg abschließen. Kommen wir also nun zu den Einzelheiten. ..."

In den folgenden anderthalb Stunden besprachen Sie das Vorgehen. Julius sollte um genau sieben Minuten nach zwölf Uhr aus dem grünen Saal aufbrechen. Professeur Faucon wollte ihm wie damals ein Schlafgas mitgeben, um seine Kameraden zu betäuben. Unterwegs sollte er wie damals auch schon Goldschweif zu sich rufen und mit dieser dann bei Professeur Faucon in die gemalte Welt einsteigen. Wieder bei sich im Schlafsaal sollte Aurora Dawns Bild ihn nach Hogwarts bringen. Dort selbst sollte Julius die Unwetterzauber freisetzen, die er mitnehmen wollte. Ihm wurde von Madame Maxime empfohlen, erst die Nebelzauber zu entfesseln, weil die lautlos losgingen. Die anderen Zauber sollte er zeitverzögert freisetzen, wie das ging erklärte ihm Professeur Faucon. Wenn die Ablenkungsmanöver abliefen hieß es, seine Schulkameraden an einem von ihnen schnell erreichbaren Treffpunkt zu versammeln. Julius schlug vor, sie vor dem Zaubertrankkerker hinzubestellen. Es sollte der Eindruck entstehen, daß der Angriff und der Rückzug über die Türme erfolgen würde, weil man da gut mit Besen landen und Starten könne. Also wäre es günstig, die Ablenkungen so zu platzieren, daß alle nach unten rannten, und die Türme scheinbar nicht beachteten. Irgendein Schlaukopf, ziemlich sicher Snape, mochte dann davon ausgehen, daß der Angriff von den Türmen aus erfolgte und mögliche Helfer dorthin schicken, um ihn zurückzuschlagen oder den Rückzugsweg zu blockieren. Martha Andrews nickte sehr begeistert. Goldschweif sollte Julius vor dem Ausstieg aus der Bilderwelt verraten, ob der Raum dahinter sicher sei. Außerdem könne sie ihm helfen, den Wachen auszuweichen. Julius verwies auf den Poltergeist. Madame Maxime knurrte verbittert.

"An und für sich müßten Sie diesen Unruhestifter in Ihre Aktion einspannen, Monsieur Latierre. Aber ich wüßte jetzt nicht wie."

"Ich denke, wenn im Schloß der Teufel los ist ist Peeves nicht mehr weit weg vom Chaos", erwiderte Julius. "Sonst könnte ich den ja suchen und mit Imperius behandeln. Er ist ja kein Mensch."

"Ja, aber auch kein Lebewesen im eigentlichen Sinne und daher für Imperius unempfänglich", korrigierte ihn Professeur Faucon. "Sonst wäre es ja ein leichtes gewesen, ihn der Schule zu verweisen." Das erschien Julius logisch. So wurde ganz zum Schluß der zeitlich enggefaßte Ablaufplan ausgearbeitet, den Madame Maxime niederschrieb und eine Kopie für Julius und Professeur Faucon anfertigte. Die Latierres verwiesen noch einmal darauf, daß Julius mit seinen Freunden zu ihnen hingebracht würden, wenn der Rettungszauber einmal aufgerufen war. Allerdings würden sie ihn dann sofort ins Château Tournesol weiterreichen, um mit dem dort vorhandenen Sanctuafugium-Zauber endgültige Gewißheit zu bekommen, daß keiner der vier dem Imperius-Fluch unterworfen war. Professeur Faucon fiel dabei noch etwas ein.

"'tschuldigung, was ist, wenn dieser Markierungsfluch auf einem der vier oder allen vieren klebt?" Fragte Martha Andrews.

"Das ist ein Fluch, der nur von toten Gegenständen ausgeht, die mindestens eine Minute lang nicht berührt werden dürfen, sobald der Fluch aufgerufen wird. Er kann nicht direkt auf Personen gelegt werden", beruhigte sie Professeur Faucon. Jane Porter nickte bestätigend. Damit hatten sie dann alle vorhersehbaren und ausführbaren Punkte des Plans besprochen und niedergeschrieben. Was davon wie umgesetzt wurde, hing nicht zuletzt von Julius' Ortskenntnissen in Hogwarts, der Nachtzeit und der Zahl der Wachen ab. Wenn alles klappte wie es sollte, sollte Julius in einer halben stunde wieder aus Hogwarts herauskommen. Falls er innerhalb dieser Zeit nicht mit seinen Freunden herauskam, sollte er den Rettungszauber alleine benutzen, nicht wieder in die Bilderwelt eintreten. Jane Porter und Julius fanden das zwar nicht in Ordnung. Doch Hippolyte Latierre bestand darauf.

"Wenn du merkst, du kannst denen nicht helfen, verschwinde! Ich würde mein Lebtag keinen Frieden mehr mit Mildrid haben, wenn ich zuließe, daß du dich umbringst oder das den Todessern überläßt. Wir wissen nicht, wie viele von denen Nachts in Hogwarts herumgeistern. Also halt dich ja dran! Sonst mache ich besser gleich hier und jetzt mit dir, was Catherine mit Martha angestellt hat, um sie herzubekommen." Julius verstand. Er wußte nicht, wie weit der Zauber reichte. Ausprobieren wollte er das dann auch nicht. Zum Schluß packten sie noch die während der Sitzung verfaßten Ablenkungsschreiben in eine kleine Tasche. Damit war die Aktion so weit geplant. Dann sprachen sie noch über Marthas Zukunftspläne. Da sie den Schlüssel zu jenem Büro besaß, in dem die Rechner standen, mit denen sie die Zaubererwelt geheimhalten wollten, würde sie warten, bis jemand auf die Idee kam, den von ihr zurückzufordern. Ansonsten wollte sie bei den Brickstons im Haus wohnen bleiben.

"Falls dir da die Decke auf den Kopf fällt, Martha, ziehst du halt zu meiner Mutter ins Château um. Da ist immer genug Leben, und meine Geschwister und Maman finden bestimmt was, um dir eine sinnvolle Beschäftigung zu geben", bot Hippolyte Latierre an. Ihr Mannn nickte.

"Nun, so weit sind wir noch nicht", erwiderte Professeur Faucon. Catherine nickte zustimmend.

"Dann sehen wir uns also um zehn Minuten nach Mitternacht, Professeur Faucon. Madame Maxime hat ja die Liste der kleinen Gemeinheiten, die ich mitnehmen möchte", sagte Julius. Die beiden ranghöchsten Hexen von Beauxbatons nickten. Julius verabschiedete sich von seiner Mutter, Catherine und zum schluß von seinen Schwiegereltern. Als er Jane Porter umarmte sagte sie ihm:

"Glaub mir, ich würde dich begleiten, um meine Glo und die anderen da rauszuhauen. Aber wenn ich deine Hauslehrerin richtig verstanden habe, würde ich sofort tot umfallen, sobald ich da aus der Bilderwelt austrete, vielleicht sogar schon, wenn ich im Wirkungsraum Großbritannien bin. Also mach das für mich mit und hol die vier da raus aus diesem Giftsumpf!"

"Ich hoffe, wir sehen uns in einer Woche mal wieder, Mrs. Porter", sagte Julius. Jane nickte ihm zuversichtlich lächelnd zu. Dann verließ Julius den Konferenzraum.

Per Wandschlüpfsystem wollte er in den grünen Saal zurückkehren. Doch wie schon einmal fiel er nicht dort heraus, wo er hinwollte, sondern im Sprechzimmer Madame Rossignols.

"Also, es ist schon eine Unverfrorenheit, mich nicht einzuweihen, daß dieser Wahnsinn wohl bevorsteht, Julius. Also wirst du mir jetzt gütigst den genauen Zeitrahmen hinschreiben. Ich rede dann morgen mal mit meiner achso gestrengen Vorgesetzten", knurrte die Schulheilerin. Julius wußte, daß er von hier aus wohl nicht wegkam, wenn er die Anweisung nicht befolgte. So schrieb er Datum und Zeitpunkt auf und notierte noch, daß er wohl am Ende im Château Tournesollanden würde. Madame Rossignol las die Niederschrift und legte sie in eine Schublade ihres Schreibtisches. Hoffentlich war sie da sicher. Erst dann konnte Julius in seinen Wohnsaal zurückwandschlüpfen. Es fehlte noch eine Viertelstunde bis Mitternacht. Yvonne Pivert saß alleine im Aufenthaltsraum und las.

"Auch wenn ich nicht hinterfragen darf, was Madame Maxime so mit dir bereden muß, Julius, mußtest du jetzt wirklich so lange bei der sein um zu klären, ob deine Mutter sich 'ne andere Arbeit suchen soll?"

"Es ging nicht nur darum, sondern auch um die Vorwürfe, die der neue Minister gegen Zugereiste Muggelstämmige erhoben hat. Das hast du ja wohl auch gelesen, daß der immer noch meint, besser alle ausländischen Muggelstämmigen ausweisen oder hier vor Gericht stellen. Da meine magischen Fürsorger auch dabei waren ging es eben lange, weil ja geklärt werden mußte, ob sie dann noch da wohnen bleiben darf, wo sie wohnt. Und jetzt bin ich müde. Nacht Yvonne!

"Schlaf gut!" Grummelte Yvonne. Julius winkte ihr noch einmal zu und zog sich dann in den Jungentrakt zurück. In seinem Bett durchdachte er den ganzen Ablauf noch einmal. Das war wie ein Mondflug. Es gab vieles, was vorherberechnet und einstudiert werden konnte, aber noch mehr was nicht sofort bekannt war oder schiefgehen konnte.

 

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Am frühen Morgen weckte ihn Millies Gedankenstimme um fünf uhr. Er dachte erst, er stehe mit ihr in einer weiten Halle. Dann wachte er richtig auf. "Monju, guten Morgen! Habt ihr das jetzt raus, wann du deinen Hintern riskierst?"

"Morgen, n Mamille. Ja, ich riskiere meinen Hintern von Sonntag auf Montag in der Geisterstunde. Wir haben alles soweit geklärt, was ich machen kann und soll."

"Wenn ich nicht letzte Nacht davon geträumt hätte, daß Gloria von so einem Dementor geküßt worden ist und ich ihre Seele in dem noch schreien gehört hätte würde ich sagen, du bleibst hier und läßt die in England ihren Krempel machen", gedankenknurrte Millie. "Aber ich will diesen Traum nicht noch mal träumen. Aber auch nicht, daß ich deine ausgesaugte Seele in so einem Biest verschwinden höre. Vergiss das bloß nicht, Monju!"

"Deine Mutter hat mir schon angedroht, mich in Miriams Schnuller zu verwandeln, falls ich mir zu viel vornehme", schickte Julius zurück.

"Damit meine kleine Schwester an dir rumnuckeln kann? Das wüßte ich aber", kam Millies Antwort zurück. "Du kuckst zu, daß du mit Goldschweif so schnell es geht da reingehst und die vier da rausholst!"

"Für diese eine klare Anweisung haben wir gestern bald zwei Stunden geredet", erwiderte Julius.

"Mußt du heute wieder wecken gehen?" Wollte seine Frau dann noch wissen.

"Ja, muß ich", gedankengrummelte Julius. Dann hörte er die Mariachis in einem der anderen Schlafsäle.

"Um fünf Uhr morgens. Die sind doch nicht ganz klar", mentiloquierte er seiner Frau noch und bestätigte, daß er die Mexikaner meinte.

"Die waren noch nicht bei uns. Ich bin nur schon um fünf wach geworden, weil mich das nicht in Ruhe gelassen hat, was jetzt los ist."

"Wollen hoffen, daß wir uns am Montag immer noch in Gedanken zureden können."

"Das wird aber dann für's erste der letzte Tanz mit dem Drachen, Monju. Aurore und Rose wollen irgendwann mal los."

"Wenn die nicht schon in den letzten Monaten abgesprungen sind", schickte Julius zurück.

"Neh, die lassen alle anderen vor, die keine Lust drauf haben, Maman zu mir und Papa zu dir zu sagen", schickte Millie zurück. Julius verzichtete auf eine Antwort und wartete, bis die Mexikaner mit ihren beschwingten Trompeten und Gitarren durch die Bilder des Fünftklässlerschlafsaals zogen. Damit begann für Julius der Freitag.

Nach Wecken, Frühstücken und Unterricht traf er seine Frau in der Zauberkunst-AG noch einmal. Doch sie sprachen nicht über den Plan. Millie meinte nur einmal:

"Offenbar ist das der Preis dafür, daß du so überragend zaubern kannst, daß du mit mehr zurechtkommen mußt als wir anderen. Aber du bist immer noch ein Mensch, und ich hoffe, daß wir beide unsere Enkelkinder noch groß werden sehen."

"Ich hoffe das auch, Mamille", seufzte Julius. "Das ist auch der Grund, warum ich so gut aufpasse wie's geht."

"Das beruhigt mich", erwiderte Millie. Dann konzentrierten sie sich wieder auf die Übungen.

Abends schickte Julius Aurora Dawn los, Gloria zu informieren, daß er sie gegen Mitternacht britischer Zeit sprechen wolle.

Als er um ein Uhr französischer Zeit Glorias Gesicht im Zweiwegespiegel sah sagte er leise:

"Die Nacht vom Sonntag auf Montag läuft es. Versuche bitte mit Kevin und den Zwillingen bis halb zwölf eurer Zeit vor dem Zaubertrankkerker zu sein! Da werdet ihr dann abgeholt. Wundert euch nicht, wenn es in der Schule dann laut ist oder Sturmgeheul losbricht. Das ist für Snape und seine Bande."

"Der Bruder der Carrow hat heute versucht, mir den Imperius überzubraten, Julius. Ich habe Oma Janes geheime Abwehrgedanken gedacht und den Befehl damit weggedrückt. Mit Kevin hat er es geschafft. Der hat die englische Nationalhymne gesungen und die englische Königin hochleben lassen."

"Hoffentlich ist er jetzt wieder frei, Gloria", erschrak Julius. "Nicht das du, er oder die Zwillinge dieser Bande unterworfen seid." Dann dachte er, ob sie ihm das nur erzählte, um ihn abzulenken, daß sie immer noch unter diesem Fluch stand. Daran hatte er überhaupt nicht gedacht, daß diese Bande den im Unterricht bringen könnte.

"Ich sage denen kurz vor dem Termin bescheid. Aus den Häusern kommen wir raus. Da stehen keine Wachen vor. Aber die strolchen in den Hauptkorridoren rum. Meistens die Carrows, Snape und drei andere Todesser. Sage denen, die uns da abholen wollen, daß die schon einmal Schülern den Cruciatus übergezogen haben, die nachts noch durch die Schule strolchen wollen. Vor allem sollen die bloß nicht über Land kommen. Da hängen Dementoren rum. Wenn die wirklich zu uns reinkommen wollen, geht's nur über den Astronomieturm oder besser gleich über den Ravenclaw-Turm. Sag denen das!"

"Dann sieh zu, daß du von den Türmen wegbleibst. Sollten da welche Wache stehen haben sie dich sofort. Außerdem sollt ihr alle vier zusammenstehen. Es ist nicht geplant, euch einzeln einzusammeln. Sage Kevin auch irgendwie, daß seine Familie in dem Moment rausgeholt wird, wenn ihr in Sicherheit seid. Wir wollen ja schließlich nicht, daß deine Eltern oder seine Familie die nächsten Ziele seid."

"Smokey, mein Drachenbild, hat mir eine Nachricht von deiner Mum zugeflötet. Die hat meine Eltern angerufen und die aufgefordert, sich für diese Aktion bereitzuhalten, weil sie dann eh nichts mehr in England verloren hätten. Aber wo geht's dann hin?"

"Madame Maxime hält das noch aufrecht, dich in Beaux wieder aufzunehmen, Gloria. Ansonsten habe ich gehört, daß die Redliefs euch aufnehmen wollen und du dann noch in Thorny reinkommst."

"Du machst Witze. Wishbone hat die Staaten dichtgemacht wie ein Grab. Da kriegen die uns doch nicht mehr ungesehen hin."

"Ich würde es dir nicht erzählen, wenn das nicht schon längst wasserdicht geregelt wäre."

"Wird Kevin freuen. Da wohnt Mirella."

"Ist denn das mit Gilda Fletcher nicht schon längst gelaufen?" Fragte Julius.

"die hält sich von uns allen fern, seitdem ihr Opa auf Thicknesses Abschußliste steht. Sie hat Bammel, daß man sie hoppnimmt, wenn sie ihn nicht kriegen oder über sie an ihn rankommen. Wenn die wüßte, was Kevin und mir blühen soll."

"Ich hatte echt Lust, Mr. Mördergolem einen Brief zu schreiben, in dem ich ihm die freundliche Empfehlung ausspreche, mir den Buckel runterzurutschen und mit der Zunge abzubremsen. Aber ich hab's gelassen. Der soll ruhig hoffen, daß ich zu euch rüberkomme und mich der Umbridge zu Füßen werfe."

"Du bleibst auf jeden Fall da wo du bist. Ist nett, daß du das losgemacht hast, daß man uns abholt. Ich geh mal davon aus, daß wir nicht wissen dürfen, wer das ist."

"Nicht bevor ihr abgeholt werdet, Gloria."

"Hat was für sich. Also um halb zwölf?"

"Wenn ihr es hinkriegt, schon fünf Minuten vorher da anzukommen vielleicht besser", erwiderte Julius. "Die Aktion ist dann schneller vorbei."

"Und wenn keiner von denen durchkommt, die uns abholen sollen."

"Ihr wartet bis viertel vor zwölf. Kannst du einen Tarnzauber?"

"Ganz unsichtbar geht nicht. Da wollte Oma Jane im Sommer noch mit mir dran arbeiten. Aber den habe ich nie richtig hingekriegt. Aber den Umgebungsanpassungszauber kriege ich hin."

"Gut, den machst du, und wenn du die anderen siehst machst du den auch bei denen. Am besten haltet ihr euch dann an einer Wand stehend an den Händen fest. Das ist auch wichtig für die schnelle Rettungsaktion."

"Portschlüssel?" Fragte Gloria.

"Darf ich nicht sagen, weil wir nicht wissen, ob ihr vier dann auch wirklich noch frei denken könnt. Wenn eine Falle wartet, wird die Sache sofort abgebrochen."

"Ich für meinen Teil bin imperiusfrei." Julius hoffte, das das stimmte. "Ich kann Kevin auch noch prüfen, ob Carrow ihm diesen Fluch fest angesetzt hat. Da gibt's 'ne Methode, die aber nur funktioniert, wenn man den betreffenden über Jahre kennt. Aber das ist Laveau-Geheimnis, sagte Oma Jane."

"Ich war mit ihr in dem Institut drin. Also dürfte ich die eher wissen als du", stellte Julius fest.

"Ja, aber sie war meine Oma, Julius. Ich kann nicht einfach alles ausplaudern, was sie mir beigebracht hat, und vor allem nicht wo sie ... nicht mehr da ist." Julius fühlte einen Stich im Herzen, als er Gloria fast weinen sah. Doch sie fing sich schnell wieder und sagte nur noch:

"Ich seh zu, uns vier zum Kerker zu kriegen, Julius. Sage denen, die uns helfen, daß wir uns erkenntnlich zeigen würden, vor allem, wenn's Pinas Patentante und Dumbledores Cousine sind." Julius bestätigte das. Dann verschwand Glorias Gesicht aus dem Spiegelglas.

"Oha, das kann noch lustig werden", grummelte Julius. Das mit dem Imperius-Fluch hatte ihm schon einen gewissen Schrecken eingejagt, obwohl sie ja darüber gesprochen hatten.

"Ja, Glo ist sehr loyal", quäkte Jane Porters Stimme aus Auroras Bild.

"Wußte nicht, daß man jemanden auf Imperius testen kann", grummelte Julius.

"Ist auch noch nicht so gut erprobt. Hammersmith wollte ja ein Instrument bauen, mit dem das geht. Aber bis dahin geht es nur über das Gedankenlabyrinth. Das ist ein Frage- und Antwortspiel, bei dem belanglose und heikle Fragen gestellt und die Antworten im Bezug zur Bedenkzeit und Körpersprache ausgewertet werden. Klappt wie meine Enkeltochter dir erzählt hat nur mit Leuten, die man Jahre kennt und genug Zeit hat, die Fragen alle zu stellen. Aber daß du ihr nicht sagen wolltest, daß du sie holen gehst war nicht verkehrt, Julius. Sie hätte es nämlich sonst entschieden abgelehnt."

"Außerdem soll der Eindruck entstehen, daß mindestens drei oder vier Angreifer landen. Ich habe mir sogar überlegt, vier Besen auf einem Turm abzulegen. Aber das würde Zeit kosten."

"Neh neh neh, mach du genau das, was wir gestern abgesprochen haben. Bis spätestens viertel vor eins solltest du da wieder raus sein, und zwar mit Glo und den anderen."

"Ich halte mich an den Plan", versicherte Julius Glorias Oma.

"Gut, dann gute Nacht!" Wünschte sie ihm noch.

 

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"Und sie fliegen heute noch dahin, Madame Latierre, oder ich lasse Sie wegen Befehlsverweigerung festnehmen", knurrte Janus Didier, der neue Zaubereiminister, als er Hippolyte Latierre am Samstag zu sich bestellte und fragte, warum sie noch nicht nach Großbritannien unterwegs sei. Doch Madame Latierre hatte ganz ruhig geantwortet, daß sie sich auf die Aussagen von Professeur Faucon und Professeur Tourrecandide stütze, daß über den britischen Inseln ein Fluch liege. Didier hatte sie daraufhin wütend angesehen und ihr den Befehl erteilt, hinzufliegen.

"Ich sagte Ihnen, daß ich mich nicht diesem Risiko aussetzen werde, Herr Minister. Ich habe eine Familie und werde mein Leben nicht riskieren, um eine sowieso schon klare Antwort zu erfragen. Die Briten werden wohl nicht zur Weltmeisterschaft kommen. Wenn Sie möchten, kann ich gerne den zuständigen Ministerialbeamten dort anschreiben. Aber selber hinfliegen werde ich nicht."

"Sie haben damals wie ich einen Eid geleistet, dem amtierenden Minister zu gehorchen", knurrte Didier.

"Sofern seine Anweisungen nicht gegen bestehende Gesetze sind oder in unnötige Gefahrensituationen führen. Und jetzt frage ich Sie, wie nötig wollen Sie diese Leute in Großbritannien um eine Stellungnahme bitten? Ich zweifle daran, daß die im Moment viel für ein internationales Quidditchturnier übrig haben. Und falls Sie denken, dieser Fluch existiere nicht, so steht es Ihnen frei, Ihren Kollegen Thicknesse zu besuchen und sich ihm vorzustellen."

"Sie wagen es, mir vorzuschlagen, was ich zu tun und zu lassen habe, Hippolyte? Ich habe hier wichtigeres zu tun."

"Ich auch", knurrte Madame Latierre zurück. "Ich muß die laufende Saison beaufsichtigen. Außerdem wurden wir in den letzten Wochen von Dementoren heimgesucht. Die kamen doch aus Großbritannien. Das haben Sie selbst gesagt und in die Zeitung schreiben lassen. Dann sind das unsere Feinde, und es wäre total töricht, die wegen was auch immer auf ihrem eigenen Gebiet zu besuchen. Nicht wahr?"

"Es ist also ihr letztes Wort, daß Sie nicht nach Großbritannien fliegen wollen?"

"Gemäß den von Ihnen verbreiteten Bedenken gegen die dortigen Machthaber lehne ich das ab."

"Dann sehen Sie zu, daß sie in einer Stunde Ihren Schreibtisch geräumt haben, Madame Latierre. Ich kann renitente Mitarbeiter nicht gebrauchen", knurrte der Minister.

"Sie widersprechen sich, Herr Minister. Vor nicht einmal einer Woche haben Sie "Den bösen, britischen Feind" in tiefster Schwärze an die Wand gemalt, obwohl der schwärzer ist, als Sie den malen können. Und jetzt, seit Sie aus einem rein tragischen Zufall heraus Minister sind, soll das alles nicht mehr gelten? Sollen wir so tun, als hätten die Überfälle nicht stattgefunden? Aber ich sehe es ein, daß Sie und ich wohl nicht mehr miteinander auskommen werden. Ich bin in einer Stunde aus meinem Büro. Soll mein Stellvertreter wieder übernehmen, oder wollen Sie den gleich mit entlassen?"

"Nein, der soll übernehmen. Geben Sie ihm alle laufenden Vorgänge. Womöglich schicke ich ihn übermorgen nach London, wenn er sich eingearbeitet hat."

"Morgen ist Sonntag", stellte Hippolyte Latierre fest.

"Was Sie nicht sagen", schnaubte Didier. Dann deutete er auf die Tür. Hippolyte Latierre nickte verdrossen und verließ ohne Abschiedswort das Ministerbüro. Janus Didier konnte ihr beim Hinausgehen ansehen, daß sie wie ein Kessel vor dem Überkochen brodelte. Er haßte dieses Weib, weil es ziemlich gemeine Sachen über ihn erzählt hatte und fast noch fünf weitere Stimmen gegen ihn zusammenbekommen hätte. Diese ehemalige Rote und der Eierkopf Descartes störten ihn. Wenn er seine Reformvorhaben durchsetzen wollte, durfte er niemanden im Ministerium gegen sich haben.

Hippolyte Latierre mußte sich arg zusammennehmen, nicht gleich außerhalb des Büros mit Füßen und Fäusten die Wände zu bearbeiten. jetzt hatte sie fast solange in dieser Abteilung gearbeitet, wie Mildrid auf der Welt war, und nun dieser Rauswurf. Ihr war natürlich klar, daß Didier sie wegen ihrer Gegenstimme loswerden wollte. Das hatte ja auch geklappt. Denn wenn sie seine total inkonsequente Anweisung befolgt hätte, wäre sie durch den über Britannien liegenden Fluch umgekommen. So war sie einfach nur gefeuert. Sie war froh, daß sie keine Geldsorgen haben würde und das Honigwabenhaus ihr und ihrem Mann gehörte.

Sie brauchte weniger Zeit, ihren Schreibtisch leerzuräumen und mit Ratzeputzzauber so glatt zu scheuern, daß sie sich fast drin spiegeln konnte. Sie packte ihre Bilder, die ihre Familie in verschiedenen Lebensabschnitten zeigten zusammen. Zuletzt ließ sie die zwei Bilder mit sich im neunten Monat vor Miriams Geburt und mit der bald sechs Monate alten Miriam in die Tasche gleiten. Julius hatte es ihr vorausgesagt, daß Minister Didier sie so oder so loswerden wollte. Aber würde ihm deswegen nicht böse sein. Sie verließ das Büro, in dem sie fünfzehn Jahre lang gearbeitet hatte, die letzten fünf Jahre als Abteilungsleiterin. Sie hatte die Quidditch-Weltmeisterschaft nach Millemerveilles geholt. Und ausgerechnet wegen dieser Weltmeisterschaft sollte sie jetzt gehen. Widersinnig war das! Als sie die Tür hinter sich verschlossen hatte, verschwand das silberne Türschild mit dem Schriftzug: HIPPOLYTE LATIERRE, LEITERIN DER ABTEILUNG FÜR MAGISCHE SPIELE UND SPORTARTEN. In wohl nicht einmal zwei Stunden mochte hier ein anderes Schild hängen. Womöglich würde ihr Stellvertreter dorthin umziehen, allein schon wegen der größeren Illusionsfenster, die den individuellen Wünschen des Büroinhabers entsprachen. Sie ging zum Büro ihres Stellvertreters und übergab ihm die Akten der laufenden Vorgänge, vor allem den Bericht über die Vorbereitungen der Quidditch-Weltmeisterschaft in Millemerveilles. Dann holte sie sich noch ihre offizielle Entlassungsurkunde und bestand auf die Auszahlung des Überbrückungsgeldes, daß jedem nicht von sich aus gekündigtem Ministerialbeamten zustand. Immerhin waren das viertausend Galleonen. Denn sie wollte Didier nicht so billig davonkommen lassen.

"Das wundert mich, wo Sie einer so wohlhabenden Familie entstammen, daß Sie ein Überbrückungsgeld nötig haben. Aber das sollen Sie haben", knurrte der Minister und stellte ihr eine Zahlungsanweisung für die Kobolde in Gringotts Paris aus. Er verzichtete jedoch auf ein Empfehlungszeugnis für einen freien Arbeitgeber.

"Sie haben Ihre Dokumente und die Entlassungsurkunde. Sehen Sie zu, wo Sie damit unterkommen, falls Sie nicht als einfache Haushexe weiterleben wollen, wie Ihre gebärsüchtige Mutter."

"Grüßen Sie Ihre Frau, Herr Minister! Leben Sie wohl und vor allem, sehen Sie zu, daß immer mehr Leute sie ehren als hassen. Ihr Vorgänger hat das wenigstens geschafft."

"Jetzt aber raus", knurrte Didier und wies auf die Tür, die von selbst aufsprang. Hippolyte Latierre erkannte, daß sie hier nichts mehr verloren hatte und verließ das Büro und nach einer Minute auch das Ministerium. Sie ließ sich die viertausend Galleonen von den Kobolden auf ihr Verlies gutschreiben und kehrte in das Honigwabenhaus zurück, wo sie erst einmal eine Runde Schattenboxen machte, um sich weit genug zu erschöpfen, um dann ganz für ihre jüngste Tochter da zu sein. Martine war im Moment unterwegs in Avignon, wo sie mit Sabine und Sandra Montferre einen reinen Hexenabend verbringen wollte. Würde Tine der unberechenbaren Laune des Ministers auch noch zum Opfer fallen? Sie war ja keine Abteilungsleiterin. Ebenso hatte Babs wohl auch nichts zu befürchten, weil sie nur eine Büroleiterin unter dem eigentlichen Abteilungsleiter für magische Geschöpfe war. Als sie sich von der Abfuhr bei Didier weit genug heruntergekühlt hatte und sich dem erhabenen Gefühl hingab, ihre jüngste Tochter zu stillen, dachte sie an Julius. Der würde morgen abend zu einer riskanten, ja gefährlichen Reise aufbrechen. Im Grunde war es gut, daß sie dann hier im Haus bleiben und auf das Eintreffen der Glücksflasche warten konnte.

 

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In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag träumte Julius, er müsse auf Temmies Rücken zwischen hunderten von Dementoren hindurchfliegen, zwischen denen immer wieder Todesser in ihren schwarzen Kapuzenumhängen auftauchten und versuchten, Temmie und ihn mit Todesflüchen abzuschießen. Er wendete seine Zauber an, die irgendwie merkwürdige Leuchteffekte produzierten, komische Töne auslösten oder wie Irrlichter tanzten. Dann war er aus der Gefahrenzone heraus. Temmie hatte mit irrsinnigen Werten beschleunigt und sich und ihn dabei so hoch in den Himmel getrieben, daß er trotz hellichtem Tag eine dunkelblaue Kuppel mit vereinzelten Sternen über sich sehen konnte.

"Nicht zu hoch, Temmie, sonst ersticken wir beide noch!" Rief er.

"Hier kommen die nicht hin, diese bösen Schattenmacher", sprach Temmie mit jener tiefen Stimme, die wie ein kräftig aber sauber gespieltes Cello klang. "Ich wollte dir auch nur sagen, daß Babs mich zum Schloß mit den Baumblumen hingebracht hat. Da soll ich mit ein paar anderen bleiben. Die haben ja auch eine große Wiese da."

"Und der große Hof?" Fragte Julius.

"Da sollen meine Körpermutter und die Männlichen und zwei andere tragende bleiben. Ich kann noch gut fliegen. Wenn ich jetzt auch was trage, dann merke ich das noch nicht."

"Hoffentlich gefällt es dir da, wo Babs' Mutter wohnt", sagte Julius. Dann wachte er auf. Er fühlte sich sichtlich geschlaucht, als habe er den Luftkampf gegen die Todesser tatsächlich geführt. Bei dem Gedanken, daß diese Massenmörder tatsächlich nach Frankreich vordringen mochten wurde ihm etwas unwohl. Doch im Moment waren die mit ihrem eigenen Land zu sehr beschäftigt. Und Julius hoffte, daß der Ausflug, den er in nur noch neunzehn Stunden antreten würde, diesen Bastarden eine bleibende Lektion verpassen mochte. Er hatte einige der wie zufällig zu verlierenden Wurfzettel gelesen. Darauf stand in bestem Englisch, daß "Die Ritter des Sonnenlichtes" wie Professeur Faucon und seine Mutter diese angebliche Hilfstruppe nannte, eine magische Vorrichtung in Hogwarts untergebracht hätten, die sofort, wenn ein Dementor das Schloß beträte, eine heftige Explosion auslösen würde. "Wir haben vier der Schüler befreit, von denen wir wußten, daß sie euch zu großen Widerstand leisten wollten. Wenn ab jetzt ein Schüler gegen seinen Willen aus Hogwarts hinausgeschickt wird, wird unsere Vernichtungsvorrichtung alle töten und die Schule ein für alle Mal vom Erdboden tilgen. Denn sie wurde schmählich entweiht und zu einem Hort des Bösen verstümmelt. Slytherin wird hier nie wieder Fuß fassen." Julius hoffte, daß dieser Bluff wirkte und die Schüler fortan in Hogwarts einigermaßen sicher weiterlernen konnten. Professeur Faucon hatte ja erzählt, daß Voldemort von Hogwarts förmlich besessen war. Somit würde er es nicht riskieren, daß die Schule unrettbar vernichtet wurde, auch wenn dabei viele Schüler sterben mochten. Doch das waren ja alles Rein- oder Halbblüter, kostbares Zaubererblut, das dem Wahnsinnigen fehlen würde, wenn alle Schüler und die Lehrer umkämen. Er hoffte nur, daß Professeur Faucons Analyse des Irren korrekt war. Nicht das dieser nachher wirklich versuchte, die Schule in die Luft zu jagen, weil seine Ansichten dort nicht zogen. Auf jeden Fall würden so schnell keine Dementoren ins Schloß gelassen. Denn Snape würde es bestimmt nicht darauf anlegen, sich seinen Arbeitsplatz unterm Hintern wegzublasen. Er beschloß, den Sonntag so ruhig anzugehen wie es ging.

Um sieben Uhr weckte er seine anderen Mitschüler, wobei er weniger streng durchgriff wie unter der Woche. Nach dem Frühstück verbrachte er mehrere Stunden in der Bibliothek, wo er Kräuterkundebücher wälzte. Nach dem Mittagessen fragte ihn Millie, ob sie nicht im Ostpark frische Luft genießen sollten. Er ging darauf ein. Selbst in den Herbsttagen war es hier immer noch so warm wie in England im Frühsommer. Millie erzählte ihm, daß ihre Mutter von Didier gefeuert worden war, weil sie nicht für ihn nach England fliegen wollte. Davon hatte bisher nichts in der Zeitung gestanden. Offenbar wollte der Minister im Moment kein großes Aufsehen darum machen.

"Im Grunde hat sie ja damit gerechnet, weil Didier ihre Stimme nicht gekriegt hat, Monju. Der fängt schon gut an, wenn er fähige Leute rauswirft."

"Das ist dein Großonkel, Hippolytes leiblicher Onkel. Vielleicht hatte der auch private Gründe und hat sich richtig ausgetobt."

"Monju, der mag unsere Familie nicht. Der weiß bis heute nicht, warum Opa Roland sich auf Oma Line eingelassen hat. Dem ist bestimmt einer abgegangen, als er Ma die Entlassungspapiere hingeknallt hat."

"Schon ein merkwürdiger Typ. Dabei habe ich immer gedacht, hier in Frankreich sei die Familie das allerhöchste. Zumindest habe ich das von den Dusoleils und euch so rüberbekommen."

"Mit dem kleinen Unterschied, daß Janus Didier sich uns nicht aussuchen wollte. Er hat Oma Line als Gebärsüchtige bezeichnet. Da hörst du doch schon die Verachtung heraus. Immerhin sind acht der zwölf Kinder von seinem eigenen Bruder", grummelte Millie.

"Die alle Onkel zu dem sagen sollten", erwiderte Julius. Millie schnaubte dazu nur unwirsch.

"Also du mußt zu dem Typen wenigstens nicht Schwiegergroßonkel sagen, auch wenn der das rein familienmäßig ist, Monju. Der würde dich nicht mit dem Hintern angucken, weil du dich auf mich eingelassen hast."

"Vielleicht waren dem die Trauben auch nur zu sauer, weil er sie nicht erreichen konnte", erwiderte Julius trocken. Er fand es trotz der angespannten Stimmung Millies entspannend, über die Verwandtschaft zu reden. Eigentlich könnte er Millie jetzt damit aufziehen, daß er stolz war, einen echten Zaubereiminister in der Verwandtschaft zu haben. Doch da würde er sich selbst belügen. So hoffte er darauf, daß seine Schwiegermutter bald etwas neues zum arbeiten finden würde.

"Die hätte Miriam durch das erste Jahr bringen sollen, ohne sich mit dem Ministerium rumzuschlagen."

"Zumindest können deine und meine Mutter jetzt einen Club der entlassenen Ministeriumsangestellten aufmachen", feixte Julius.

"Das wäre es wohl noch", grummelte Millie. Dann gingen sie noch eine Weile schweigend durch den Ostpark, dessen äußere Baumreihen fast nahtlos in den dichteren, naturbelassenen Wald übergingen, der Beauxbatons ringförmig umschloß. Hier wohnten auch magische Tiere wie Hippogreife oder Einhörner. Doch die waren so scheu, daß sie sich eher versteckten, wenn Schüler in ihr Revier eindrangen. Die Bäume trugen nur noch sehr wenig Laub. Vieles davon hatten die beiden größeren Herbststürme der vergangenen Wochen fortgeweht. Sie wandelten auf dem raschelnden, knisternden Teppich aus orangen, goldenen und braunen Blättern, bis Julius fand, daß er besser wieder zum Palast zurückkehrte, um noch einige Hausaufgaben für Professeur Faucon zu machen. Millie fragte ihn leicht verstimmt, ob es Verwandlung oder Verteidigung gegen dunkle Künste sei. Er sagte, daß er für die Verwandlungsstunde morgen noch was über die Apportation von Gegenständen zusammenfassen sollte, weil er seiner Klasse das morgen vorführen sollte, wie er Gegenstände zeitlos von einem anderen Ort zu sich holen konnte. Das beruhigte Millie ein wenig. Wenn Julius schon an die Stunde morgen dachte, würde er wohl auch darauf achten, sie mitzuerleben. Doch sie verloren über die nun nicht mehr ferne Nacht und was sie mit sich bringen würde kein Wort. Es konnten ja durchaus Leute mithören. Julius fühlte zwar, wie es in Millie rumorte, daß sie ihn in diese gefährliche Sache reinlaufen lassen sollte. Aber sie zeigte nach außen hin wenig von ihren Gemütsbewegungen. Er blieb ruhig und gefaßt. Damals, wo er Slytherins Galerie des Grauens besucht hatte, hatte er sich ohne Abschiedsworte an Claire auf den Weg gemacht. Jetzt wußte er, wie wichtig das war, wenn die Partnerin wußte, was ihn umtrieb. Sie kannte einige der Geheimnisse, die ihm aufgeladen worden waren und hatte sogar mitgeholfen, daß er unversehrt wieder aus Khalakatan und aus dem Haßdom der Todesser herausgekommen war. Das wollte und das durfte er nicht vergessen. Sie hatte ihm mit ihrer Liebe, die ihm vor einem Jahr noch lästig erschienen war, das Leben gerettet. Jetzt würde er es wieder riskieren. War das ihr gegenüber nicht unfair? Ja, und wenn er diesen Ausflug heute Nacht überstehen sollte, wartete in wohl einem Monat die nächste Wahnsinnsreise, die Suche nach Ailanorars Stimme.

"Du warst vorhin so ruhig und locker, Monju. Versuch das wieder hinzukriegen!" Riet ihm seine Frau. Das war auch etwas, was ihn selbst heftig überrascht hatte. Millie und er waren anständig miteinander verheiratet, obwohl sie beide gerade etwas mehr als fünfzehn Jahre alt waren. Viele in Beauxbatons kamen damit noch nicht so zurecht. Zwar hatte Belisama Frieden mit Millie und ihm geschlossen. Doch Leute wie Bernadette oder Jacques Lumière machten keinen Hehl daraus, daß sie diese Entwicklung nicht besonders mochten. Die einzige, die sich damit ganz und gar arrangiert hatte war die Hexe, von der er das am wenigsten erwartet hätte: Professeur Faucon. Doch diese wußte ja wie keine zweite hier, wie hilfreich diese Verbindung für Julius war. Allein schon, daß sie in seinem Geburtsland Probleme hatten, ihn zu verfolgen, mochte ihr sehr gefallen. Er sah auf seine Uhr. Er hatte noch knapp sieben Stunden Zeit, um sich auf den bevorstehenden Ausflug vorzubereiten.

Alles, was jetzt Routine war, wirkte für ihn wie eine erhabene Sache. Ein solches Gefühl hatte er vor anderthalb Jahren nicht verspürt, als er Slytherins Bilderwelt aufgesucht hatte. Mochte es daran liegen, daß er nicht einfach gegen eine nicht so richtig faßbare Gefahr wie die grünen Würmer kämpfen mußte, sondern sein Leben riskierte, um das seiner Freunde aus früheren Zeiten zu retten, das ja nur deshalb in unmittelbare Gefahr geraten war, weil sie eben seine Freunde aus früheren Zeiten waren. Er genoß das Abendessen, half jüngeren bei den Hausaufgaben, musizierte mit Céline und anderen im grünen Saal und kontrollierte, ob alle zu den vorgeschriebenen Zeiten im Bett lagen. Dann war es nur noch eine Stunde. Diese brachte er damit zu, mit Yvonne und Giscard über die gestern abgehaltene Saalsprecherkonferenz zu plaudern. Die Einsetzung von Didier war ein Thema gewesen. Der Unterricht von Professeur Moulin ein anderes. Julius hatte zuerst gefürchtet, Hercules' Vater würde vor allem ihm grollen, weil sein Sohn jetzt weit fort bei einer doch nicht ganz vertrauenswürdigen Person wohnte. Er dachte daran, daß Gloria wohl in den nächsten Tagen auch dort ihre Heimat suchen und hoffentlich finden würde.

 

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Martha Andrews verbrachte den Sonntag hauptsächlich am Computer. Sie hatte sich vorgenommen, neben der Abarbeitung der Liste gefährdeter Muggelstämmiger auch ihre für diese Aktion geschriebenen Programme zur Auskundschaftung von Reisemöglichkeiten zu testen. Eines war ein Schlupflochsucher für Hintertüren in den Datenbanken großer Reiseunternehmer, Bahn- und Fluggesellschaften. Das zweite löschte alle Spuren, die Programm eins im Datennetz hinterließ und neutralisierte sogar die bei vielen Hauptrechnern eingeführten Benutzerprotokolle, daß sie zum Zeitpunkt X nicht aufzeichneten, wenn jemand auf die Daten Zugriff. Catherine hatte ihr einmal dabei zugesehen, wie sie diese beiden Programme verwendete und fragte, ob sie da was verbotenes tat, weil Joe ihr mal erklärt habe, daß bestimmte Informationen in Computern Geheimsache oder Eigentum der Firmen waren, die diese Rechner betrieben. Sie hatte ihr erklärt, daß es per Gesetz verboten war, was sie tat, aber vom moralischen Standpunkt her zulässig sei, wenn damit hunderte Menschenleben gerettet werden konnten, solange keine der ausgekundschafteten Firmen einen Schaden hinnehmen mußten. Natürlich wußte sie, auf welch dünnem Eis sie balancierte. Aber sie besaß ausreichende Computerkenntnisse, um alle auf sie deutenden Spuren zu verwischen. Der Gedanke, ein Spionagevirus in vielversprechende Rechner einzuschleusen, hatte sich jedoch nur einige Minuten halten können. Selbst wenn sie ein solches trojanisches Pferd in die sonst gut gesicherten Verwaltungsrechner einschmuggeln konnte, bestand die Gefahr, daß die Informationspakete des Virus ohne zeitgleiche Spurenlöschung irgendwann doch mit ihr in Verbindung gebracht werden konnten. Jetzt suchte sie nach Flügen nach Übersee, vorzugsweise in die USA. Dabei galt es nicht, den Fluglinien zu überlassen, auf welchen Flug Plätze gebucht wurden, sondern vorab zu prüfen, für welche Flüge noch Plätze frei waren, und das mit mehreren Ausweichmöglichkeiten, daß ein Flug eine Stunde vor dem Start noch gebucht wurde. Weil sie wußte, daß sie rein rechtlich Datendiebstahl beging, löschte sie die ausgekundschafteten Passagierlisten sofort wieder, wenn sie erkannte, daß es zu schwierig sein mochte, diesen Flug zu nehmen. Seitdem in Großbritannien auch die Flughäfen verstärkt von Leuten des Zaubereiministeriums überwacht wurden hatte sie die Suche auf Privatfirmen beschränkt, die nicht von den Großflughäfen losflogen. Die eigentlich kritische Frage war die Finanzierung. Denn die Firmen sollten ja nicht geschädigt werden. Da hatte sie mit Catherine und ihrer Mutter außerhalb der Sitzungen Goldreserven der Liga gegen die dunklen Künste in Banknoten umwechseln lassen. Doch hauptsächlich schafften es die frühzeitig gewarnten, eigene Sparguthaben abzuheben und Marthas spontanen Flugservice damit zu bezahlen. Hauptsache runter von den Inseln und weit genug weg von Thicknesses Leuten und den Verbrechern, die ihn an die Macht gebracht hatten.

Der Abend verlief mit Klackern und leisem Piepen, wenn der Rechner in Marthas Arbeitszimmer wieder an einer Sperre auf der weltweiten Datenautobahn ankam. Joe durfte davon überhaupt nichts wissen. Er hätte sie als Hackerin bestimmt in Grund und Boden verteufelt. Irgendwie war es auch kurios. Sie hatte ordentlich studiert und sich dabei nicht auf die Spielchen mancher Mitstudenten eingelassen, die einen Sport daraus gemacht hatten, sich in geheime Rechenzentren einzuwählen oder Tricks zur Datenspionage zu testen. Zwar hatte sie einmal mit einem Mitglied eines deutschen Computerclubs gesprochen, der sich das Knacken scheinbar bombensicherer Zugangssperren zur Aufgabe gemacht hatte, aber eine wirkliche Hackerin mit Leib und Seele war sie nicht geworden. Wahrscheinlich auch deshalb, weil sie eher die Komplexität von Programmen interessierte als die Geheimnisse auf fremden Festplatten.

"Von Paris oder Marseille aus geht was", dachte sie leise, während sie Flüge innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden auf freie Plätze absuchte. Zielflughäfen waren New York und Los Angeles. Aber auch eine Touristenmaschine nach Tijuana in Mexiko erschien ihr brauchbar, weil dort noch fünfzig freie Plätze zu haben waren.

"Martha, bist du zu Hause?" Hörte sie Hippolytes Stimme aus dem Wohnzimmer. Sie wählte das Speichern in einem passwortgesicherten Verzeichnis ihrer Festplatte und klickte dann mit der Maus auf den von ihr kreierten Schalter "Geordneter Rückzug". Jetzt würden sich das Spionageprogramm und seine virtuelle Rückendeckung aus allen laufenden Suchen ausklinken und dabei alle angefallenen Protokolldaten und Adressverweise ummodeln, daß keine Spur mehr zu ihr führte, bevor sie sich selbst beendeten.

"Ich bin in meinem Arbeitszimmer!" Rief Martha und minimierte sämtliche Fenster auf dem Bildschirm. Sie stand auf und ging hinüber ins Wohnzimmer. Sie zog dort den einen halbrunden Sperrstein aus seiner Nische heraus. "Du kannst jetzt ganz rein, Hippolyte", sagte sie zu dem Kopf Madame Latierres. Dieser ruckte einmal vor und zurück. Dann schob er sich aus den kleinen Flammen heraus, als wüchse Hippolyte aus dem Kaminrost. Mit einem gewandten Schwung zog sie ihre Beine frei und landete federnd vor dem Kamin. Das Feuer ging sofort aus.

"Beri und ich möchten dich fragen, ob du mit zu meiner Mutter ins Château rüberkommst. Hier alleine rumzusitzen läßt dich noch die Wände hochgehen, wo das heute losgeht", sprach Millies Mutter.

"Ich war gerade dabei, Reiserouten zu überprüfen", sagte Martha Andrews leise. "Außerdem soll ich mit Glorias Eltern telefonieren, ob es bei dem Termin bleibt."

"Achso, das wissen wir ja nicht, ob diese Telefondinger auch im Château gehen", grummelte Hippolyte. Dann bleibe ich bei dir. Du hast ja ein Bild von Viviane im Flur. Ich geb mal eben an meine Mutter weiter, daß ich solange bei dir bleibe, bis wir wissen, ob alles geklappt hat."

"Nur zu warten bringt es auch nicht, Hippolyte. Deshalb habe ich mich ja in Arbeit vergraben. Ich hätte vielleicht den Kamin ganz zumachen sollen."

"Na, das meinst du nicht wirklich, Martha", sagte Hippolyte. Martha fragte sie, wo sie Miriam gelassen hatte.

"Die und ihre Vettern Boreas und Notus sind mit Babs im Château. Ich hoffe mal, sie schläft jetzt gut. Ansonsten kann Babs sie versorgen."

"Ich finde das immer noch seltsam, daß ihr beim Stillen die Kinder hin und her tauscht", wandte Martha ein.

"Du kennst das halt nicht. Aber bei uns fördert das die Beziehungen zwischen den Kindern und den weiblichen Verwandten und damit sowohl die Liebe der Tante zum Neffen oder den Respekt des Neffen vor der Tante. Aber ich denke nicht, daß wir uns über Säuglingspflege von Hexen unterhalten wollten."

"Zumindest haben wir damit eine minute rumgebracht", stellte Martha fest. Dann lud sie die Schwiegermutter ihres Sohnes ein, sich hinzusetzen. Sie bot ihr an, den Fernseher einzuschalten oder Musik auf der Anlage abzuspielen. Doch zwanzig Sekunden später rauschte es wieder im Kamin, und Ursuline wirbelte aus einer smaragdgrünen Funkenwolke heraus.

"Du mußt hier warten, um Glorias Eltern anzurufen, hat Hipp mir zumentiloquiert?" Fragte sie Martha. Diese nickte. "Wie wär's dann mit einer Partie?" Fragte die gut genährte, Martha um mindestens einen Kopf überragende Hexenoma. Martha grinste einen moment und nickte dann. Schach war natürlich eine geniale Beschäftigungstherapie. Hippolyte grummelte zwar, weil ihre Mutter mal wieder eine Gelegenheit für ihr Lieblingsspiel gefunden hatte, sagte jedoch nichts dagegen.

 

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Julius zauberte den geräuschlosen Raum. In dieser fortgeschrittenen Zauberkunst hatte er sich, seit dem er sie von Sabine und Sandra Montferre gelernt hatte immer mal wieder geübt. Jetzt kam sie richtig zur Geltung. Er fühlte zwar, daß der Schlafsaal als größerer Raum mehr Zauberkraft abverlangte, war jedoch nicht erschöpft, als er die zweistufige Zauberei erfolgreich beendet hatte. Dann nahm er aus seinem Brustbeutel eine Glasphiole, die Professeur Faucon ihm gegeben hatte und tippte sie mit dem Zauberstab an. In dreißig Sekunden würde sie vollständig zu Glasstaub zerfallen und genug geruchloses Schlafgas freisetzen, um seine Kameraden für mindestens fünf Stunden nicht wach werden zu lassen, falls niemand die Tür öffnete und das freigesetzte Gemisch entweichen ließ. Er verließ mit seinem Vielzeug, der Nacht-und-Nebel-Brille, der Goldblütenhonigphiole und seinem Practicus-Brustbeutel den Schlafsaal. Gleich würde die Gasladung freigesetzt. Er horchte, ob in den anderen Schlafsälen noch wer aus dem Bett war, hörte nichts und schlich hinunter in den Aufenthaltsraum. Von dort aus wandschlüpfte er in die Nähe von Professeur Faucons Sprechzimmer. Madame Rossignol war ja eingeweiht. Der Weg zurück durch die Bilder würde länger dauern, wußte er. Aber die Zeit lief. Jetzt waren es genau sieben Minuten und fünfzig Sekunden nach Mitternacht. Er klopfte an die Tür und las "Herein" auf dem Türschild. Als er eintrat, saß Professeur Faucon auf ihrem Stuhl und kraulte die auf ihrem Schoß zusammengerollt liegende Goldschweif.

"Ich weiß, du wolltest sie von hier aus rufen. Aber ich habe mir die Freiheit genommen, sie schon hereinzubringen. Da liegen deine Sachen. Ich kleide dich eben um." Julius wollte gerade was erwidern, als die Lehrerin bereits den Zauberstab schwang. Er fühlte, wie ihn etwas anhob und einmal um seine Achse drehte. Dann stand er in einem weiten, dunkelblauen Umhang mit vielen großen Außen und mehreren Innentaschen da. Seine Füße steckten in dunkelbraunen Schnürschuhen. seine eigene Oberbekleidung faltete sich gerade zusammen. Er sah noch die silberne Brosche seiner Saalsprecherwürde blinken.

"Ich wollte dir eigentlich das Pflegehelferarmband abnehmen, weil dich das verraten könnte, aber Madame Rossignol drohte damit, die ganze Aktion zu verbieten, wenn sie nicht wisse, wo du dich aufhieltest", sagte die Lehrerin, hier auf die förmliche Anrede Monsieur Latierre verzichtend. Julius schaffte es, das silberne Armband ein wenig weiter nach oben zu schieben und schlug die Ärmel so um, daß sie es und seine Uhr verbargen. Dann steckte er die Goldblütenhonigphiole in eine Innentasche und steckte die vier Nebelbomben, die zwei Schneesturmflaschen und die fünf Sandsturmsäcke so, wie er sie laut dem Einsatzplan in Hogwarts verteilen wollte. Das Vielzeug und die zwei Deterrestris-Fallen steckte er so, daß es gut geschützt und doch noch schnell zu greifen war. Dann griff er die Flugblätter und platzierte sie so, daß er bei jedem Wetterzauber eines davon fallen lassen konnte. Schlußendlich setzte er erst die Nacht-und-Nebel-Brille und dann noch den Kopflosen Hut auf.

"Es ist und bleibt ein Unfug", knurrte Professeur Faucon.

"Ja, aber ein sehr praktischer, Bläänch", ertönte Jane Porters Stimme aus dem Bild mit dem Weizenfeld, wo Viviane ebenfalls wartete.

"Ich hieß Aurora Dawn, in ihrem Stammbild zu warten und dich ohne große Worte zu ihrem Hogwarts-Ich hinüberzubefördern", sagte Viviane. "Diese Dame hier will bei Professeur Faucon verweilen, um den Verlauf dieser waghalsigen Aktion zu verfolgen."

"Deine zweiwegespiegel hast du mit?" Fragte Professeur Faucon. Julius deutete auf seinen Brustkorb. "Gut, dann nimm nun noch die Silberflasche und das Intrakulum!" Julius gehorchte nur zu gerne. Er prüfte die Zeit auf Professeur Faucons Wanduhr. Jetzt waren es gerade elf Minuten nach zwölf. Als er alle praktischen Gegenstände hatte, schnalzte er mit der Zunge und lockte Goldschweif, die mit einem großen Satz auf seine linke Schulter überwechselte. Dann mußte er noch einen kleinen Schluck Wachhaltetrank einnehmen, für den Fall, doch wieder starke Zauber aufrufen zu müssen. Um genau zwölf nach zwölf drückte er das Intrakulum gegen das Weizenfeld-Bild und rief: "Per Intraculum transcedo!"

Er kannte dieses Gefühl, von der ihm zugewandten Spirale auf dem Intrakulum in Licht gehüllt zu werden und sich in einer rotierenden Leuchtspirale wiederzufinden. Ein kräftiger Sog zog ihn nach vorne, holte ihn aus seinem Raum-Zeit-Gefüge heraus und ließ ihn in die durch Magie lebendige Welt gemalter Wesen und Dinge hinüberwechseln. Vier Sekunden später stand er mitten auf dem Weizenfeld. Hinter sich sah er einen von Horizont zu Horizont reichenden Ausschnitt der Welt, die er gerade verlassen hatte. Dieses Weltenfenster, wie er es damals genannt hatte, zeigte Professeur Faucons Kopf. Er sah an sich herunter. Beim letzten Mal, wo er das Intrakulum benutzt hatte, war er in der Bilderwelt jünger aussehend herumgelaufen. Doch jetzt war er so geblieben wie er vor dem Übergangszauber gewesen war. Goldschweif hielt sich mit ihren Krallen an dem dicken Stoff des Umhangs.

"Wir gehen wieder rüber, wo wir damals waren. Aber keine Angst. Die großen Brummer sind nicht mehr da", sagte Julius.

"Du wirst wieder kämpfen?" Fragte Goldschweif.

"Nicht direkt gegen jemanden. Ich will gute Freunde von mir da wegholen. Gloria hat Angst, die Dementoren wollen sie und drei andere angreifen. Ich will sie wegbringen. Ich lege Sachen hin, die schlimmes Wetter machen. Du sagst mir, ob wer da ist, wo ich die Sachen hinlegen will und wo genau, damit ich sofort zuschlagen oder weglaufen kann."

"Ich sage dir das", sagte Goldschweif. Julius winkte Jane Porter zu und folgte Viviane durch die farbigen Lichttunnel zwischen den Bildern hinüber zu Aurora Dawn, die nun wie ihr Original aus Fleisch und Blut aussah. Er grüßte wortlos und ließ sich von ihr umarmen, um im nächsten Moment aus ihrem Stammbild herausgetragen zu werden. Sie trieben zehn Sekunden in einem Lichttunnel, bevor er sich unvermittelt hinter ihr auf einem Besen wiederfand. Sie sah nun jünger aus und trug den blauen Spielerumhang der Ravenclaws. Goldschweif warnte leise: "Böse Jungen hinter uns!" Julius richtete schnell den Zauberstab nach hinten und dachte "Creato Nebulam!" Zischend quoll weißer, kalter Dunst aus dem Zauberstab und breitete sich hinter ihm aus. "Los, erst richtung Slytherin!" Wisperte Julius. Aurora flog los, während hinter ihnen aufgebrachte Jungenstimmen durch den Nebel tönten. "Eh, was soll das denn?" "Welcher von den Eierköpfen hat hier Nebel hingemacht, ey?!"

"Wenn wir verfolgt werden sag mir das, Goldschweif!" Wisperte Julius seiner Knieselin zu, während Aurora mit ihm auf dem Nimbus 1500 davonbrauste, schneller als er zu Fuß laufen konnte durch mehrere Dutzend Bilder flitzte und den ersten Austrittspunkt ansteuerte. Goldschweif blieb ruhig. Offenbar hatten die bösen Jungen, wohl die von einer Slytherin-Quidditchmannschaft, wegen des dichten Nebels nicht mehr sehen können, wo Aurora Dawn hingeflogen war. Dann kamen sie in einem Bild heraus, in dem vier wild aussehende Zauberer auf dem Boden lagen und ein Wälder zersägendes Schnarchquartett aufführten. Julius belegte die vier ungesagt mit einem für eine Stunde wirkenden Schlafzauber und fragte Goldschweif, ob sie jemanden hinter dem großen Fenster hören konnte.

"Schlafende Jungen etwa hundert Gehschritte von uns weg. kein großes Männchen oder Weibchen zu hören." Julius atmete auf. Hier würde er eine der Nebelbomben hinlegen und den ganzen Korridor damit in dicksten Dunst einhüllen. "Per Intraculum excedo!" Murmelte er. Tatsächlich reichte das schon aus, um ihn mit Goldschweif aus dem Bild herauszutragen. Goldschweif ruckte.

"Böses Weibchen links von uns", fauchte die Knieselin. Julius war froh, sie auch außerhalb der Bilderwelt verstehen zu können. Er wandte sich um, den Zauberstab in der Hand. Er sah jedoch niemanden. Dann hörte er schwere Schritte in der Ferne. Da kam tatsächlich wer. Julius wartete, bis er einen Schatten und dann eine ziemlich dicke Hexe im schwarzen Umhang sehen konnte. Bevor die reagieren konnte dachte er schon: "Stupor!" Mit einem Knall schlug ein roter Blitz aus seinem Zauberstab und traf die Hexe, die gerade ihren Zauberstab hochreißen wollte, um das kopflose Etwas im dunkelblauen Umhang anzugreifen. Dann handelte er schnell. Er platzierte die erste Nebelbombe und tippte sie mit dem Zauberstab an: "Retardo", murmelte er, wobei er die Zahl sechzig vor seinem inneren Auge aufleuchten ließ. Professeur Faucon hatte ihm erklärt, daß bei dem Zauber zur Verzögerten Auslösung anderer Zauber an die Zahl der Sekunden gedacht werden müsse, die bis zum Auslösen vergehen sollten. Jetzt würde die Nebelbombe in einer Minute lautlos losgehen. Eigentlich würde er gerne sehen, wie die Slytherins damit fertig wurden. Doch er hatte keine Zeit.

"Einige der Jungen sind wach geworden, bleiben aber wo sie sind", mmaunzte Goldschweif. Julius lief noch zu der niedergestreckten und behandelte sie mit dem Zauber "Mikramnesia". Dann hastete er vor das Bild mit den vier Schnarchern zurück und rief den Übertrittszauber so leise er konnte auf.

"Dieses war der erste Streich", grinste er, als er Aurora anwies, nun vor die große Halle zu fliegen, wo er den zweiten Nebel loslassen wollte. Als er dort ankam ließ er von Goldschweif horchen, ob jemand in der Nähe war. Als er dann aus dem Bild in der Nähe der Halle heraus war, mußte er noch zwanzig Meter zurücklegen, um genau vor der Tür zu stehen. Julius platzierte die Nebelbombe und eines der Flugblätter. Den Auslöser setzte er mit "Retardo!" auf einhundertzwanzig Sekunden später und lief zu dem Bild zurück.

"Böses Männchen von vorne, läuft schnell her!" Fauchte Goldschweif. Julius sah nach vorne, konnte aber keinen erkennen oder hören. Da entschied er, den Sprung in die Bilderwelt zu machen, statt den Gegner zu erwarten, warf sich herum und stieß das Intrakulum mit seinem Zauberstab gegen das Bild. "Per Intraculum transcedo!" Zischte er schnell. Das mächtige Artefakt gehorchte und zog ihn mit sich hinüber in die magische Kunstwelt. "Aurora, nach oben durch die Bilder. Wir kriegen Besuch!" flüsterte er ihr ins Ohr, saß hinter ihr auf dem Besen auf und klammerte sich fest. Im steilen Winkel startete seine virtuelle Partnerin und stieß gleich in ein Bild einen Stock weiter oben hinein.

"Wenn der deine kleine Ladung findet, Julius", zischte Aurora.

"Die sind dafür gebaut, nicht gefunden zu werden, wenn die einmal auf dem Boden liegen. In dem Moment, wo du die losläßt werden die getarnt, bis der Zauber losgeht", wisperte Julius. "So, und jetzt zu Filchs Büro. Der wird sich heute nacht noch richtig freuen." Julius Latierre blickte schnell auf seine Uhr. Er hatte für das Anbringen der ersten beiden Ablenkungszauber zwei Minuten gebraucht. Das hieß, das der erste Nebel jetzt schon vor Slytherin waberte und die dicke Hexe, die Goldschweif als böse gemeldet hatte, vollkommen unter diesem weißen Dunst zugedeckt war.

Alle gemalten Menschen, die sie passierten, schliefen tief genug, daß sie den über sie hinwegsausenden Besen nicht hörten.

"So, jetzt wird es etwas lauter", wisperte Julius Aurora zu, als sie in einem Bild in der Nähe von Filchs Büro ankamen. "Ein Weibchen wie ich, nur niderer", fauchte Goldschweif. Julius schmunzelte. Damit hatte er gerechnet. Er fragte, wo sie sei. Goldschweif konnte jedoch nur hören, daß sie außerhalb des Weltenfensters war und näherkam. Offenbar hatte die spindeldürre Katze die ungewöhnlichen Geräusche gehört. Julius wisperte Aurora zu, in den hier hin abzweigenden Korridor zurückzufliegen. Das waren zwar zwanzig Meter mehr. Aber für Julius stand fest, daß er die Hausmeisterkatze handlungsunfähig machen mußte, wenn er Filch einen Schneesturm aus der Flasche präsentieren wollte. So verließ er so leise er konnte das Bild am Abzweig und lauerte. Ja, da kam sie angelaufen, diese weithin unbeliebte Begleiterin des ewig miesgelaunten Hausmeisters. "Maneto", dachte Julius. Die Katze verstolperte ihren Lauf, weil sie plötzlich ihre Beine nicht mehr bewegen konnte, rutschte einige Meter weiter und fiel mit ausgestreckten Beinen hin. Julius hatte nicht vor, Mrs. Norris zu töten. Dann hätte er ja gleich den Todesfluch anbringen können. Er hoffte jedoch, daß das Tier sich bei der Bauchlandung nicht ernsthaft verletzt hatte. Goldschweif knurrte zwar einmal verdrossen, gab aber keine für Julius verständlichen Äußerungen von sich. Der Beauxbatons-Schüler auf wahnwitziger Mission erkannte jetzt erst, daß Professeur Faucon ihm besondere Laufschuhe gegeben hatte. Denn die Sohlen machten nicht das leiseste Geräusch. So konnte er richtig rennen, um die zusätzlichen Meter zu überwinden. Goldschweif gab kein weiteres Warnzeichen von sich. Julius zog eine der schneeweißen Flaschen aus seinem Umhang, die mit einem silbernen Wolkensymbol verziert waren und stellte sie an die Korridorwand. "Retardo Decanto", wisperte er, den Zauberstab an die Flasche tippend. Dann erhob er sich. Er lauschte selbst. Doch Filch schlief entweder oder patrouillierte anderswo.

"laut Luftholendes Männchen von hinten", knurrte Goldschweif. Julius erkannte, daß er nicht früh genug an das Bild herankommen würde, um schnell hineinzuschlüpfen. Das hieß also, er mußte ungesehen an Filch vorbeilaufen. "Creato Nebulam!" Dachte er. In zwanzig Sekunden würde der Flaschenschneesturm losbrechen und den ganzen Korridor und alle daran abzweigenden ausfüllen. Doch zuerst breitete sich eine dichte Nebelwolke vor Julius aus. Jetzt wechselte die Ansicht vor ihm. Die Wände erschienen auf einmal dunkelblau. Und da vor ihm tauchte ein von einer dunkelroten, wabernden Aura umhülltes Wesen aus orangerotem Licht auf, das ziemlich verdächtig nach Argus Filch aussah.

"Heh, was soll das hier!" Rief der Hausmeister. Julius wartete, bis sein Nebelzauber endgültig freigesetzt war und wisperte "Silencio!" Filchs Tirade brach mit einem würgenden Laut ab. Dann startete Julius durch, rannte in den von ihm beschworenen Nebel hinein. Filch fuchtelte mit den Armen, um eine Wand zu finden. Julius sah den rechten Arm auf sich zukommen, tauchte darunter hindurch und wetzte zu dem Bild zurück, aus dem er hier angekommen war. Schnell wisperte er die drei Zauberworte und ließ sich erleichtert hinüberziehen. Kaum war er in der Bilderwelt angekommen, ploppte es außerhalb des Weltenfensters, und ein urwelthaftes Fauchen, gefolgt von einem Heulen, als sängen hundert Geister im Chor, hallte durch die Korridore. Julius sah amüsiert, wie erst eine komprimierte Nebelwand vor dem Weltenfenster vorbeiflog, der dann ein wildes, weißes gewimmel folgte, das von urgewaltigen Kräften vorangepeitscht wurde.

"Was ist mit Filch?" Fragte Aurora über das Getöse hinweg.

"Erstmal weiter", raunte Julius ihr ins Ohr. Sie startete durch und flog von Filchs Büro weg. In der Ferne hörte Julius ein irres Giggeln. Das war Peeves. Offenbar hatte der Poltergeist Filchs Schimpftirade gehört und wollte jetzt nachsehen, was seinem Lieblingsfeind so übel aufgestoßen war.

"Ich habe ihm nur den Schweigezauber aufgeladen, damit er nicht rumbrüllt. Jetzt kann er laufen und versuchen, wen zu alarmieren", grinste Julius.

"Wohin jetzt?" Fragte Aurora.

"Schulleiterturm!" War Julius' Antwort. Aurora Dawn flitzte mit ihm durch die Bilder weiter. Unterwegs mußten sie jedoch aufgescheuchten Slytherin-Quidditchspielern ausweichen. Goldschweif konnte sie früh genug erfassen, so daß diese die drei auf dem Besen nie zu sehen bekamen.

"Die suchen mich", wimmerte Aurora Dawn. "Damals hat Lady Medea die alle mit Gedächtniszaubern bearbeitet. Aber wenn uns einer von denen sieht ..."

"Mist, daß die ausgerechnet dann in dein Bild reinwollten, als wir losfliegen wollten."

"Die patrouillieren auch."

"Nett, das noch rechtzeitig von dir zu erfahren", grummelte Julius. "Das hätte eigentlich zu den Sachen gehört, die ich vorher hätte wissen müssen. Okay, dann ändern wir die Abfolge. Erst in Madam Hoochs Büro zurück!"

"Was hast du vor?" Wollte Aurora wissen.

"Ich hol die alle zurück, wo immer die rumhängen. Ich lasse im Büro einen eigenen Nebelzauber los. Dann sehen die nicht, wer das macht. Dann häng ich die alle ab und werf die auf den Boden. Wollen doch mal sehen", knurrte Julius kampfeslustig. Aurora verstand und flog zu ihrem Stammbild zurück. Dank Goldschweif konnten sie den ausgeschwärmten Slytherin-Quidditchspielern weiträumig genug ausweichen. Sie brauchten jedoch fünf Minuten, um anzukommen. Sofort verließ Julius das Bild, nachdem Goldschweif verkündet hatte, daß kein böses Junges in der Nähe war. Dann ließ er noch einmal dichten Nebel aufwallen, der die magische Brille auslöste, die ihm ein Infrarotbild vermittelte. Aurora gab ihm anweisungen, wo die Slytherinbilder hingen. Er fand sie und vollführte sechsmal hintereinander den Reinitimaginus-Zauber. Triumphales Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, wenn er das erschreckte Aufheulen der gewaltsam in ihre Ausgangsbilder zurückgerissenen Spielerinnen und Spieler hörte. Als sie da waren warf Julius die Bilder einfach auf den Boden. Er wußte, daß Gemälde ohne Kontakt zu einer Wand nicht mehr verlassen werden konnten. Als er alle angesagten Bilder erfolgreich entschärft hatte, zischte er über das abklingende Wimmern und zetern der ausgetricksten Spieler hinweg: "Per Intraculum transcedo!"

"Ey, was sollte das. Wieder aufhängen! Mist Nebel! Welcher Schlammblutfreund war das?!" Hörte er noch, bevor er hinter Aurora Dawn auf dem Besen landete. Die Ansicht wurde wieder wie er sie kannte, als sei die Brille nur aus Fensterglas. Er wisperte Aurora zu, daß sie nun zum Schulleiterturm fliegen sollten. Dort wollte er eine weitere Schneesturmflasche aufbauen. Um Sicherzugehen, nicht voll in einen Meldezauber Snapes reinzurasseln, stieg er an der Abzweigung vor den Wasserspeiern aus dem Bild.

"Tanzende Kraft vor uns!" Warnte Goldschweif. "Gut oder böse?" Fragte Julius. "Suchend", erwiderte Goldschweif. Julius atmete auf. Er hatte richtig gehandelt. Außerdem würde der Flaschenschneesturm hier genausogut hinpassen. Er baute die zweite Flasche auf und zauberte so, daß sie in zehn Sekunden aufspringen sollte. In der Zeit intrakulierte er sich wieder zu Aurora Dawns jüngerem Abild und saß auf dem Besen auf. Plopp! Fauch! Huuiiiii! Wieder war einer von Felix Forcas' formidablen gemeinen Schneestürmen losgelassen.

"Die Spielchen wiederholen wir jetzt auf jedem Stockwerk von eins bis sieben, wobei wir nicht in die Nähe von Hufflepuff geraten dürfen", wies Julius seine Begleiterin an. Er hatte es ja so ausgetüftelt, daß er die anderen Unwetter an Stellen loslassen wollte, wo sie sich möglichst gleichmäßig in den Gängen und Nischen ausbreiteten. Er hörte noch das Heulen des einen und das ferne Fauchen des anderen Schneesturms. Wenn die genug Wasser aus der Umgebung ansammelten, konnten die bis zu zwei Stunden vorhalten, hatte Céline ihm erklärt, als er sie mal nach den ganzen Wetterscherzen gefragt hatte. So brachte er schnell den dritten und vierten Schneesturm unter. Als er auf dem dritten Stock angekommen war, warnte Goldschweif ihn vor einem bösen Männchen. Doch was war das? Als Julius schon überlegte, erst weiter oben die Wetterzauber auszulösen hörte er das Zauberwort "Stupor!" Er warf sich nach vorne, weil er fürchtete, jemand könne den Schocker auf das Bild loslassen. Doch der typische Knall ertönte, ohne das er einen roten Blitz auf sich zukommen sah. Ein schwerer Körper fiel außerhalb des Weltenfensters um. "Böses Männchen schläft", bemerkte Goldschweif. "Was man schlafen nennt", grummelte Julius darauf. "Junges Weibchen läuft weg."

"Häh?! War das Gloria?" Fragte Julius.

"Nein, nicht die Gloria", erwiderte Goldschweif. Julius fragte sich, wer außer Gloria und den Hollingsworths noch durch das Schloß laufen konnte. Dann fragte er sich, ob er die Stimme kannte, die den Schockzauber aufgerufen hatte. Auf jeden Fall schien die Luft jetzt rein zu sein. Er stieg mit Goldschweif aus dem Bild und tippte eines der beigen Säckchen an, die sich sehr warm anfühlten und mit ganz feinem Sand gefüllt schienen. Er legte fest, daß der Auslösezauber eine Minute nach der Zauberstabberührung erfolgen sollte. Dann pappte er ein weiteres Flugblatt der "Ritter des Sonnenlichtes" daran, ließ das Säckchen durch den Flur schliddern und intrakulierte zurück. Dabei stellte er fest, daß das nicht mehr so schnell ging. Die Lichtspirale war weniger intensiv und der Sog nicht so stark. Julius schnaubte. Damit hätte er rechnen müssen, daß sein Artefakt die vielen Einsetze der letzten Minuten nicht unerschöpft überstehen mochte. Wie Lebewesen konnten Zauber, die in kurzer Zeit immer wieder benutzt wurden irgendwann auslaugen, wenn nicht genug Ruhephasen zwischen ihnen lagen.

"Huch, das sah so aus, als kämst du nicht durch", stellte Aurora Dawn fest.

"Ich hoffe, vier Zauber kann das ding noch ab. zum sechsten Stock hoch! Hoffentlich komme ich da raus."

Aurora flog mit ihm hinauf zum sechsten Stockwerk. Julius atmete tief durch, als ihm bezauberte Goldschweif verkündete, daß niemand auf ihn wartete. Von unten konnte er das Heulen der freigelassenen Schneestürme hören. Hoffentlich waren Gloria, Kevin und die Hollingsworths schon in Richtung Kerker unterwegs. Er rief den Zauber des Intrakulums auf. Er fühlte, wie die Spirale ihn einsaugte und gemächlich dahintreiben ließ. Einmal hatte er das Gefühl, als löse er sich auf. Dann fand er sich mit einem lauten Knall außerhalb der Bilderwelt wieder. Er betrachtete das Intrakulum. Es sah noch unversehrt aus. Er verstand die Warnung. Er sollte es besser nicht noch einmal bemühen. Bestenfalls würde es gar nichts mehr machen, schlimmstenfalls könnte es ihn noch einmal in die Bilderwelt tragen und dann unrettbar kaputt gehen. Also mußte er von hier oben zu Fuß runter, durch die Unwetter, die er gezaubert hatte. Das würde Zeit kosten, die er nicht hatte. Also noch mal das Intrakulum? Nein! Er fragte Goldschweif, ob sie böse Wesen fühlen konnte, die in der Nähe waren. Sie antwortete, daß sie weit entfernt was sehr hungriges, lauerndes fühlte, aber es doch weit genug weg sei. Da kam ihm die Idee.

"Aurora, vielen Dank für's herbringen. Im Moment geht das Intrakulum nicht", wisperte er der gemalten Aurora zu. "Ich lass hier noch was los und seh dann zu, in den Kerker runterzukommen. Ich habe 'n Portschlüssel mit", fügte er noch hinzu.

"Die haben Hogwarts gegen Portschlüssel abgeriegelt", warnte Aurora.

"Ja, gegen die üblichen", erwiderte Julius. "Ich habe einen neuen, der die Sperren austrickst. Glaub's mir bitte, daß ich hier nicht bleiben möchte. Noch mal danke für's herbringen!"

"Mach's gut, Julius!" Wünschte Aurora Dawn ihm.

"Wenn ich hier rauskomme, dann melde ich mich bei dir", wisperte Julius und zog zwei der verbliebenen Sandsturmsäcke und setzte sie darauf an, in zwei Minuten loszugehen. Hoffentlich schaukelten die sich dabei nicht so auf, daß die ganze Schule davon erfüllt war. Das wäre zwar das heftigste Ablenkungsmanöver. Aber die Leute hier alle im Sandsturm verrecken lassen wollte er dann doch nicht. Er lief los, zu einem Fenster, das er erst von Goldschweif prüfen ließ. Es war keine böse Kraft darin wirksam. So ließ er es mit Alohomora aufspringen und kletterte hinaus, er dachte die fünf Worte des freien Fluges, die er von Altmeister Garoshan gelernt hatte und sprang ab. Die Magie der alten Worte wirkte. Er wollte nicht steigen, sondern nur langsamer fallen. Jetzt dankte er Professeur Faucon für den Wachhaltetrank. Denn der Zauber war ihm als sehr kraftzehrend beschrieben worden, wenn er ihn nicht fleißig übte. So flog er an den bereits sturmdurchwehten Etagen vorbei und segelt bis fast vor die große Halle.

"Unangenehmes Männchen oben!" Warnte Goldschweif. Julius sah nach oben und erblickte ein erleuchtetes Fenster. Das war der Schulleiterturm. im Lichtviereck des Fensters sah er einen kopf. Vom Widerschein des Lichtes getroffen schimmerte sein Gesicht glutrot. Julius erkannte ihn nicht mit den Augen. Doch sein Verstand bot ihm nur eine Lösungsmöglichkeit an. Und so sah er ihn über sich aus dem Fenster blickend. Snape blickte herunter. Julius hielt sich schnell an einer Fensterbank und dachte: "Alohomora!"

"Halt!" Hallte Snapes gebieterische Stimme durch die Nacht. Julius vermeinte, etwas in dieser Stimme lähme seine Glieder. doch da fühlte er seine Goldblütenphiole vibrieren, und er konnte sich wieder bewegen. Also hatte Snape seine Stimme bezaubert, daß sie wie eine lähmende Droge wirkte. "Bleib wo du bist, Bursche!" Erscholl diese Stimme noch einmal. Doch sofort zuckte die Phiole und wehrte die dunkle Magie ab, die von ihr getragen wurde. Julius turnte in die Halle hinein und dankte in Gedanken allen, die ihm zu guter Körperertüchtigung geraten und dabei geholfen hatten. Wieder erklang Snapes lähmende Stimme. Doch sie brachte nur die Goldblütenhonigphiole zum ruckeln.

"Hast du feiger Mörder dir so gedacht, mir mit einer Saruman-Stimme zu kommen", grummelte Julius. Goldschweif auf seiner Schulter wirkte ganz steif wie tot. Doch er beruhigte sich, daß die Knieselin wohl nur gelähmt war. Er prüfte, ob ihre Krallen fest genug in seinem Umhang festgehakt waren und hastete dann zur Tür der großen Halle. Jetzt könnte ihm Goldschweif ruhig sagen, ob dahinter jemand auf ihn lauerte. Doch einerseits hatte sich wohl schon der dicke Nebel ausgebreitet, durch den er locker hindurchsehen konnte. Andererseits waren es nur noch fünf Minuten bis halb zwölf britischer Zeit. Er wolte gerade den Türöffnungszauber anbringen, als ein Geräusch von hinten ihn herumwirbeln ließ. Sofort schottete er seinen Geist ab, denn er sah die nun als Wärmeansicht erscheinende Gestalt Snapes durch das immer noch geöffnete Fenster hereinfliegen.

"Hast du dir so gedacht, Bursche! Accio Hut!" Schnarrte Snape. Julius dachte nur "Stupor!" Als sein kopfloser Hut sich gerade vom Kopf löste traf der Schocker Snape voll an der Hakennase und warf ihn um. Der Zauberhut mit der Feder segelte hoch in der Luft auf Snape zu, sackte jedoch durch und landete klappernd zwischen den Füßen von Dumbledores Mörder.

"Mau, ganz fiese Stimme hat mich ganz festgehalten!" Maulte Goldschweif.

"Zumindest bist du wieder klar", freute sich Julius. "Der hätte mir sofort Imperius oder was anderes überziehen sollen. Offenbar hat der sich mir hinterherfallen lassen."

"Unangenehmes Männchen schläft jetzt", bemerkte Goldschweif.

"Unangenehm? Der Typ ist der Oberböse hier in dem Laden", entrüstete sich Julius und holte sich seinen Hut mit dem Aufrufezauber zurück.

"Der ist nicht so böse", widersprach Goldschweif.

"So, ist der nicht. Der hat einen ganz lieben Menschen totgemacht, Goldie", knurrte Julius. "Das ist ziemlich böse. Aber jetzt weg hier!" Er öffnete die mächtige Flügeltür zur Großen Halle und wetzte in den Nebel hinaus. Jetzt kam er sich vor wie der bionische Geheimagent Steve Austin, nur mit dem Unterschied, das der nur ein besonderes Auge hatte, um bei Nacht und Nebel was erkennen zu können. Zumindest aber war hier im Moment niemand anderes. Oder doch?

"Junges Weibchen von eben hinter uns!" Warnte Goldschweif. Julius drehte sich um und blickte in die Richtung, aus der die Schülerin wohl gerade kam. Doch trotz der Infrarotsicht konnte er niemanden ausmachen. Moment! Da war etwas! Es sah aus wie ein sich verwirbelnder Schemen, dunkelorange gegen das dunkelblau der Wände glimmend. Es wirkte wie ein überdimensionales Gespenst, schwebend und durchscheinend, wie eine Dunstwolke, die einen total dunklen Kern umgab.

"Tolle Tarnung, Julius!" Lachte eine erheiterte Mädchenstimme. Julius hob den Zauberstab. "Neh, besser nicht. Ich darf hier genauso wenig rumlaufen wie du", erwiderte die Stimme, die aus der dunkelorangen, wabernden Wolke kam. "Eine Infrarotbrille? Gut ausgestattet."

"Lea Drake?" Wunderte sich Julius, den Zauberstab fest in der Hand haltend. "Goldie, wie ist die?" Schnarrte er.

"Lauernd aber gut", maunzte Goldschweif.

"Ja, ich bin das, Julius. Aber wir sollten hier nicht rumstehen. Snape könnte dir draufkommen", klang Leas hektische Antwort aus der Wolke.

"Snape schläft in der Halle. Der achso große Meister im Duellieren hat verpeilt, mich im ersten Zug mit einem Lähm- oder Schockzauber zu erwischen oder mich Dumbledore hinterherzuschicken."

"Ups, schon komisch", meinte das nicht klar erkennbare Mädchen und kam näher. "Dann mach am besten Mikramnesia bei dem, wenn du den kannst." Julius zuckte zusammen. Natürlich, das hätte er machen müssen. Er eilte zurück in die Halle und holte das versäumte nach. Goldschweif hatte ihm ja gesagt, daß Lea im Moment nicht böse war.

"Böse Männchen von drinnen oben kommen runter!" Warnte ihn die Knieselin.

"Dann haben die sich wohl Verstärkung geholt", knurrte Julius. Er rannte zurück auf den Gang und fast in die wabernde Wolke hinein. Da ergriff ihn eine schlanke, warme Hand am Arm.

"Du bist wegen Gloria, Kevin und den Hollys hier, nicht war?" Zischte Lea.

"Woher du das auch immer weißt, ja bin ich", grummelte Julius. "Wieso du hier bist weiß ich nicht. Gloria hat mir zukommen lassen, daß du nicht im Zug und am Slytherin-Tisch warst."

"Zwischendurch war ich da schon. Nur konnte mich keiner sehen, genau wie deine Brille wohl 'ne dunstige Aura von mir zeigt, nicht wahr?"

"Dann frage ich mal, wieso du meine Brille sehen kannst?"

"Weil das, was mich unsichtbar macht, alles unsichtbare von mir durchblicken läßt. Aber mehr erzähle ich besser nicht. Mein Voldimeter zeigt, daß seine Bluthunde von oben runterkommen."

"Dein ... Vergessen wir's! Ich hab' auch sowas mit", versetzte Julius und zielte Mit dem Zauberstab in den Gang. Ja, da kamen drei klobige Figuren in üblicher Wärmebildansicht die Treppe heruntergepoltert. "Malleus Lunae!" Fauchte Julius, während Lea zeitgleich "Stupor!" Rief. Die drei Todesser kamen nicht dazu, irgendwohin zu zielen. Sie flogen von einem silbernen Lichtfächer getroffen zurück. Leas Schocker zischte über einen hinweg und krachte in die Wand. In der Wärmebildansicht meinte Julius, eine hellrote Blume erblühen zu sehen.

"Der Schulwechsel hat sich wohl doch gelohnt", lobte Lea ihn. Julius überhörte es und bezauberte die niedergeworfenen Todesser mit "Mikramnesia!". Dann meinte er zu Lea:

"Okay, ich muß zum Treffpunkt. Was immer du mit dir angestellt hast, auch ohne Tarnumhang unsichtbar zu sein, bleib auch unauffindbar!"

"Ich komm noch mit zum Treffpunkt. Oder willst du dich mit mir duellieren, Julius Muggelkind?"

"Dafür habe ich keine Zeit, und meine Wächterin hier hat dich als unbedenklich eingestuft, obwohl der alte Hut dich zu den durchtriebenen Slytherins reingeschickt hat."

"Was mal wieder beweist, daß nicht jeder, der nach Slytherin geschickt wird diesem Emporkömmling und seinen Stiefelleckern nachrennt", schnaubte Lea Drake. Dann stupste sie Julius an, das er losgehen sollte. Er verzichtete darauf, sie mit einem Zauber aufzuhalten oder mit einem Karateschlag anzugreifen. So lief er los und hoffte, daß die lautlosen Sohlen seiner Schuhe Lea in dem Nebel abhängen konnten. Er lief richtung der Kerker.

"Vier Junge unten, drei Weibchenund ein Männchen!" Wisperte Goldschweif. "Ein Weibchen ist Gloria", fügte das Zaubertier noch hinzu. Julius beschleunigte sein Tempo. Seine Nachtsichtbrille wechselte die Darstellung. Jetzt wirkte es so, als beleuchteten angenehm helle Scheinwerfer die Treppe. Das mochte eine Restlichtverstärkung sein. Er sollte sich bei der nun doch irgendwie möglichen Rückkehr die Funktionsbeschreibung durchlesen, dachte er und hüpfte die letzten Stufen hinunter. "Weibchen Lea noch hinter uns", zischte Goldschweif. Julius nahm es nur zur Kenntnis. Falls es sein mußte, würde er sich gleich umdrehen und den Bewegungsbann auf sie legen und den dann mit dem Spätauslöser zusammen verschwinden lassen, wenn sicher war, daß sie ihn nicht mehr zurückhalten oder verpfeifen konnte. Dann bog er um die letzte Ecke.

"Goldie, sind die vier frei von böser Kraft?" Fragte er seine Begleiterin.

"Sind nur ängstlich und aufgeregt. Keine Böse Kraft an und in denen drin", erwiderte Goldschweif. Julius atmete auf. Dann mochten die vier ohne Imperius-Fluch sein.

"Ihr Taxi nach Übersee ist da!" Rief Julius, wobei er einen amerikanischen Akzent immitierte. Er sah nur merkwürdige Verwirbelungen, die vor der Kerkertür an der Wand tanzten.

"Deine Oma hätte dir einen besseren Tarnzauber beibringen sollen, wo sie es konnte, Gloria", feixte Lea Drake von hinten. Julius fürchtete schon, gleich in ein Hexenduell reinzugeraten und rief schnell: "Die darf hier genausowenig sein wie ich, Gloria, Betty, Jenna und Kevin."

"Dann soll die unter dem Tarnumhang rauskommen, verdammt noch mal", schnarrte Gloria, während sich etwas von der Wand löste, das in der Bewegung wie das Abbild eines Menschen bei sehr schlechtem Fernsehempfang wirkte.

"Hab keinen Tarnumhang an, Gloria", flötete Lea erheitert.

"Dann hat dir irgendwer diesen verflixten Trank der Verborgenheit eingetrichtert?" Schnarrte Gloria. Das war der beinahe unsichtbare Schemen von der Wand.

"Vergiss es, Kevin. Mich kriegst du nicht zu packen", lachte Lea.

"Ich brat dir was über, daß du im Hui durch den Gang fliegst", schnaubte Kevin. Julius befand, daß dafür keine zeit mehr war. Seine Uhr verriet ihm, daß gleich die angesetzte halbe Stunde um war. "Kevin lass sie!" Schnaubte Julius. Dann fiel ihm was ein. "Sie möchte uns helfen, hier wegzukommen, ohne daß die Todesser mitkriegen, wie." Dann lief er auf Lea zu, wobei er fast mit Kevin zusammenprallte. Er zog drei Zettel aus seinem Umhang und präsentierte noch die beiden verbliebenen Sandsturmsäcke. "Lea, wenn du wirklich nicht für die Bande arbeitest, bring die beiden Dinger hier auf den Astro-Turm und lege den Zettel dazu, bitte!"

"Forcas' Sandsturmsäcke? Hat 'ne Großtante von mir ihren beiden Strolchen abgezogen, als die ihr damit das Haus versanden wollten", okay gib her!" Julius warf die beiden Säcke und den Zettel in Leas Richtung. Sie fing sie wohl auf. Denn die Säcke und der Zettel wurden übergangslos unsichtbar.

"Ich zieh der noch eins über", knurrte Kevin. "Die verpetzt uns doch bei den Carrows und Snape."

"Kevin, macht die nicht. Dann müßte die ja zugeben, daß sie schon länger hier ist", fauchte Gloria. "Komm jetzt her, damit Julius uns erklärt, warum er doch hergekommen ist und wie wir hier jetzt noch wegkommen sollen."

"Erst wenn die weg ist", knurrte Kevin und schlug nach Lea. Offenbar erwischte er sie oder sie ihn. Denn mit einem lauten "Autsch!" unterlegt von einem verärgerten Grummeln, flackerte die Luft bläulich, und Kevin erschien. Dann hob ihn jemand oder etwas an und schleuderte ihn durch die Luft zu Julius hinüber.

"Bring den endlich raus hier, bevor da oben noch wer hört, daß er hier ist!" Schnarrte Lea. Dann meinte sie noch: "Wenn ihr abrückt, habt ihr in Beaux und anderswo keinen mehr, der euch erzählt, was hier abgeht. Also sage mir bitte wer, wie ihr Kontakt gehalten habt!"

"Das dürfen wir nicht verraten", sagte Gloria.

"Also doch die Aurora Dawn", grinste Lea triumphierend. "Hat damals geklappt und kann noch weiterklappen, sonst wär euer Süßer ja nicht wie der hilfreiche Geist aus der Flasche hier aufgetaucht. Dann empfehle ich mich mal." Kevin rappelte sich auf und wollte ihr nachspurten. Doch sie war schon in dem Korridor. Julius hörte noch ein merkwürdiges Rauschen wie ein zusammenfallender Sandhaufen. Dann sagte Goldschweif:

"Weibchen Lea ist durch die Wand und weg."

"Was?" Entschlüpfte es Julius. "Kevin komm jetzt her, die hat einen Trick gebracht, mit dem sie durch Wände gehen kann. Muß ja auch sein, wenn man die ganze Zeit unsichtbar ist."

"Wie durch Wände?!" Rief Kevin. Julius fürchtete schon, daß trotz des weiter oben tobenden Sturmes doch jemand hörte, was hier los war und holte Kevin zu Fuß ein und führte ihn zurück.

"Hat dir die Faucon den Hut wiedergegeben, den die dicke Trulla Delamonti abgezogen hat?!" Schnaubte Kevin.

"Zwei böse Männchen und ein böses Weibchen nicht weit von hier", warnte Goldschweif.

"Kennen wir die schon?" Wisperte Julius.

"Nein, das Weibchen ist sehr stark und sehr sehr böse."

"Und Snape hast du als nur unangenehm bezeichnet", knurrte Julius.

"Du kannst mit der Knieselin reden?" Fragte Kevin und entspannte sich.

"Ja, habe ich gelernt. Deshalb habe ich die auch mitgenommen. Aber jetzt aber weg mit Warpgeschwindigkeit. Goldschweif hat gerade Alarmstufe Rot gegeben, daß ein ganz böses Weibchen im Schloß ist."

"Ihr seid solche Idioten und Schlafwandler!" Schrillte eine überaus wütende Frauenstimme durch das Schloß. "Laßt euch von ein paar simplen Wetterzaubern auskontern."

"Das ist die Lestrange", erschrak Kevin. "So keifen kann nur eine, die keine Angst vor den Mordfressern hat, und das ist nur die Lestrange."

"Diesmal hattest du recht, Goldie", seufzte Julius.

"So, dann komm jetzt her und verrat uns mal, wie wir noch vor dieser Kreatur da oben flüchten wollen", knurrte Gloria und kam aus einem Luftflimmern zum Vorschein.

"Ich habe hier was, das uns alle locker hier rausbringt."

"Portschlüssel?" Fragte Kevin. "Haben die wohl dichtgemacht."

"Ich bin hier, Kevin. Also kam ich rein, und ich kriege euch auch wieder raus."

"Dann mach das, bevor die Mörderbiene da oben durch deinen Sturm ist", schnarrte Gloria. "Und nimm bitte diesen blöden kopflosen Hut ab! Betty und Jenna kriegen noch Angst."

"Okay, wenn ihr euch enttarnt und an der Hand haltet", erwiderte Julius und holte die kugelförmige Flasche aus Silber hervor, die ihm um den Hals hing.

"Vermaledeit und verdorben!" Schrillte Bellatrix Lestranges Stimme wütend. Ein höhnisches Gelächter antwortete ihr. "Wer den Wind der Wüste wieder einfangen will, darf kein Kamel sein!" Donnerte eine überaus erheiterte Zauberstimme in bestem Englisch. Kevin lachte.

"Ich kauf mir so'n Sandsturmsack auch, falls ich hier wieder rauskomme."

"Du bist echt ein komischer Vogel unter den Sternen", knurrte Gloria. Julius setzte den kopflosen Hut ab und lächelte alle an. Betty und Jenna wurden nun auch sichtbar. Gloria ergriff Kevins Hand, der noch von Julius gehalten wurde. Jenna hielt die Hand ihrer Schwester und die Glorias.

"Dann bin ich mal gespannt, wie du uns hier rausbringen willst", schnaubte Gloria. Sie sah immer noch wütend aus. Indes krachte und knallte es weiter oben. Offenbar kämpfte Bellatrix Lestrange immer noch gegen den Sandsturm-Zauber.

"Diese schnuckelige Silberflasche hier enthält einen sehr praktischen Zauber, der den, der sie trägt und seine Kameraden retten kann, indem er diese einschrumpft und dann mit der Flasche ..." Pling-Plong! Julius hatte seine Erklärung noch nicht beendet, als die Silberflasche aufsprang. Gleichzeitig löste sich die Kette um Julius' Hals. Ein mächtiger Sog hob alle fünf vom Boden und wirbelte sie hoch. Dabei war es so, als dehne sich der Gang ins unendliche aus. Sie sahen noch die vor ihnen wie ein Ballon anschwellende Flasche, bevor sie in ihren kurzen Hals hineingerieten, der gerade die Breite eines Fußgängertunnels besaß. Es wurde dunkel um sie. Mit einem lauten, metallischen Klong, das in der runden Wand nachhallte, schlug der deckel zu und schloß bombenfest. Dann ertönte von draußen rund um sie herum ein Heulen, das in Tonhöhe und Lautstärke anstieg. In dieses Heulen mischte sich für eine Sekunde das Heulen des Schneesturms und das Fauchen des Sandsturms. Dann fielen die Geräusche der Wetterzauber unter ihnen zurück. Das Heulen stieg noch weiter in der Tonhöhe an. Dann, für einen winzigen Augenblick, schlug ihnen eisige Kälte entgegen, und Julius vermeinte, einen wütenden Wespenschwarm und eine menschengroße, grüne Feuersäule zu sehen. Dann verschwanden Kälte und Schreckensbilder auch schon wieder.

"Dementoren?" Fragte Kevin, als mehr als zehn Sekunden vergangen waren, ohne daß etwas weiteres passiert war.

"Die sind wohl aufgescheucht worden, als wir noch im Steigflug über sie weggezischt sind", sagte Julius ruhig. "Aber die konnten uns nicht mehr einholen. Wir fliegen jetzt mit Schallgeschwindigkeit zur Heimatbasis dieser schnuckeligen Flasche.

"Komische Kraft", maunzte Goldschweif. "Singt ganz anders als eure."

"Zwergenmagie, Leute. Ich durfte mir diese Flitzeflasche von einem ausleihen, der mit 'ner Zwergin verwandt ist", sagte Julius. Gloria schnaubte nur, daß er doch gleich sagen könne, daß sein Schwiegervater ihm dieses Ding gegeben habe. Dann machte sie mit dem Zauberstab licht. Julius dachte auch: "Lumos!" Bald leuchteten alle fünf Zauberstäbe. Dann sah Gloria Julius sehr kritisch an, das Goldschweif leise knurrte.

"Habe ich dir nicht gesagt, daß du bloß nicht rüberkommen sollst?! Die hätten dich kriegen können."

"Hätten die das, Goldie?" Fragte Julius auf französisch.

"Konnten die nicht, weil ich auf dich aufgepaßt habe", schnurrte die Knieselin. Julius übersetzte es.

"Der kann mit der reden, Gloria. Dann konnte die dem sagen, wo böse Leute rumhingen", sagte Kevin begeistert.

"Und so konnte ich ein paar Todesser umschmeißen und sogar vor Snape abhauen", sagte Julius ruhig.

"Snape hat dich gesehen?" Erschrak Betty. "Es heißt, der kann Gedanken lesen."

"Aber nicht meine, da habe ich was gegen gelernt", erwiderte Julius. Gloria nickte.

"Rat mal wer noch, Julius. Aber trotzdem war das ziemlich riskant, alleine zu kommen. Oder wo sollen die anderen sein, von denen du mir was erzählt hast?"

"Die kümmern sich gerade um eure Eltern. Oh, Moment, da fällt mir ein ..." Julius fingerte den Zweiwegespiegel aus dem Brustbeutel, über den er mit Professeur Faucon Kontakt aufnehmen konnte. Hoffentlich störte die Magie der Glücksflasche die Verbindung nicht. Doch Melo war ja auch gegangen. Er rief dem Glas zugewandt: "Professeur Faucon!" Leicht flimmernd erschien das Gesicht Professeur Faucons im Glas. Sie sagte leicht verzerrt klingend:

"Madame Rossignol hat schon gemerkt, daß du mit großer Geschwindigkeit Richtung Süden unterwegs bist, Julius. Alle anwesend und wohl auf?"

"Alle sind mit. Keiner stand laut Goldschweif unter einem Zauber. Fliegen jetzt zur besprochenen Endhaltestelle. Könnten in ungefähr einer Stunde oder so ankommen."

"Gut, Phase zwei ist angelaufen. Erwartet eure Eltern und Geschwister am Endhaltepunkt!"

"Verstanden, Professeur Faucon. Grüße an Madame Rossignol und meine Frau, die bestimmt noch wach ist, wie ich fühle."

"Wird weitergegeben", erwiderte die unklar übertragene Stimme der Lehrerin. Dann verschwand ihr flimmerndes Gesicht aus dem Spiegel.

"Wer holt denn unsere Eltern ab?" Fragte Betty.

"Leute, mit denen Professeur Faucon in Kontakt steht", sagte Julius. "Wer genau, weiß ich nicht."

"Noch mal belügst du mich nicht, Julius. Das sind doch bestimmt die, die Pina und Olivia gerettet haben, als du mit denen bei ihrem Onkel warst."

"Entschuldigung, Gloria. Ich weiß, du fühlst dich von mir jetzt tierisch angepinkelt, weil ich nicht rauslassen wollte, daß ich euch abholen komme. Aber kapier es bitte, daß ich nicht alles rauslassen kann oder darf", versetzte Julius sehr verärgert. "Die ganze Aktion hängt daran, daß nur die was davon wissen, die sie durchführen. Oder willst du, das das morgen im Tagespropheten steht, daß ich euch aus Hogwarts rausgebracht habe und eure Eltern zeitnah abgeholt wurden. Ich hoffe mal, die kommen genauso gut weg wie wir. Je weniger davon wissen, wer, wie und wann, desto sicherer kriegen wir euch mit ihnen zusammen außer Landes."

"Pina lebt noch? Gloria und Julius, das habt ihr uns nicht erzählt", warf Betty ein. Jenna nickte bestätigend. Julius grinste Gloria an und sagte: "Weil Gloria eben weiß, daß es manchmal besser ist, wenn nicht die halbe Welt erfährt was passiert. Pina und Olivia sollten verschwunden bleiben, weil bei den ganzen Zaubern, die im Sterling-Haus passiert sind, das Büro für den vernunftgemäßen Gebrauch der Zauberei auf ihrer Anzeige hatte, daß die beiden in der Nähe waren. Um sicherzustellen, daß Lord Massenmörder und seine Marionetten und Nachläufer nicht hinter den beiden her sind, gelten sie für tot und werden an einem sicheren Ort weiter unterrichtet, ohne, daß erwähntes Büro das mitkriegen kann, weil Fidelius und Sanctuafugium."

"Stimmt, ich war da. Ich habe den Namen gehört, wie das heißt, kann ihn aber nicht aussprechen", bekräftigte Gloria. Dann sagte sie noch: "Deine Frau weiß also davon, daß du uns rausholen wolltest. Dann hat die dich wohl schon ordentlich genug zusammengestaucht."

"Sie wollte mich erst nicht weglassen. Aber als sie dann davon geträumt hat, wie ein Dementor dir die Seele ausgesaugt hat und die dann im Bauch des Dementors laut gewimmert hat fand sie, daß ich dich da rausholen soll, damit sie nicht jede Nacht davon träumen muß", antwortete Julius lässig. Kevin erschauerte. Die Hollingsworths starrten angsterfüllt umher.

"Also wie du dich von der hast einfangen lassen können verstehe ich immer noch nicht", knurrte Gloria. "Aber offenbar hält die doch einiges von mir. Sonst wäre ich der wohl komplett egal gewesen. Die hängt also auch mit in dieser Rettungsverschwörung. Wer noch, den du kennst, Julius?"

"Professeur Faucon, Millies Eltern, Catherine Brickston, meine Mutter, Millie und Madame Maxime. Die hat übrigens gesagt, daß im weißen Saal noch ein Bett im Mädchenschlafsaal der ZAG-Klasse steht."

"Da kann's auch bleiben", knurrte Gloria. "Wenn ich das richtig mitbekommen habe, wie du uns gerade begrüßt hast und was ich mir selbst schon denken konnte, sollen wir, wenn das mit unseren Eltern klappt, rüber in die Staaten. Wie soll denn das gehen, mit Muggelflugzeugen? Da hängt ziemlich viel Papierkram dran. Außerdem müßten wir das irgendwie bezahlen. Und wenn unsere Eltern alle mal eben aus England rausgeholt werden, dann ganz bestimmt ohne Gold in den Taschen."

"Oh, Mist, wußte doch, daß da noch was hakt", knurrte Julius. Kevin grummelte nur. Doch dann grinste er.

"Wenn das wirklich 'ne komplett durchgeplante Kiste sein soll, Leute, dann haben die doch auch an sowas gedacht, oder?"

"Also wenn deine Eltern deinem Großonkel Donovan erlauben, dein Erziehungsberechtigter pro Forma zu sein, und Glorias Onkel und Tante in den Staaten das auch übernehmen dürfen, und Bettys und Jennas Verwandte, die da leben, könnt ihr wohl morgen schon in Thorny anfangen, falls Gloria nicht heute nacht schon in das besagte Bett im weißen Saal klettert."

"Vergiss es, die Halbriesin sieht mich da nicht mehr, sofern wir nicht gleich da landen", schnaubte Gloria.

"So heftig hast du es da aber nicht abbekommen, daß du so biestig wirst", feixte Kevin. "Die haben halt alles aus dir rauskitzeln wollen, was du konntest."

"Sei du mal ganz still, Kevin Malone", erwiderte Gloria. "Du hättest da keine Woche ausgehalten. Das hat sich ja schon im vorletzten Sommer gezeigt, wo du denen den tragbaren Sumpf in den Park geworfen hast." Kevin erschauerte.

"Landen wir etwa in Millemerveilles, Julius?"

"Nein, wir landen an einem anderen Ort", sagte Julius.

"Ich kann nicht fühlen, wo wir hingehen", knurrte Goldschweif. Julius übersetzte es. Womöglich waren sie einfach zu schnell für die Knieselin, oder die Einschrumpfung störte ihren Ortssinn. Julius fragte Gloria, was es mit dem Trank der Verborgenheit auf sich habe. Gloria knirschte mit den Zähnen und antwortete:

"Einer der hochpotenten Zaubertränke, Julius. Er macht einen magisch begabten Menschen und seine im Umkreis von einem halben Meter um den Körper angebrachten Kleidungsstücke völlig unsichtbar. Allerdings hat der eine kleine, aber gemeine Nebenwirkung: du alterst viermal so schnell, solange er wirkt. Deshalb wurde er von der Konferenz der Zaubertrankbrauer 1929 als Trank der Stufe 8 klassifiziert, also einer der permanente Körperveränderungen bewirkt und zudem noch zu fragwürdigen Zwecken gebraucht werden kann. Und jetzt wundert es mich doch, daß du noch nie von dem gehört hast, Julius." Alle anderen stimmten ihr durch Nicken zu.

"Dann steht der in einem Buch, daß ich noch nicht gelesen habe", erwiderte Julius ruhig. Dann fiel ihm was ein, was die Angelegenheit irgendwie amüsant machte. "Wenn lea den Trank also in ausreichender Menge schluckt, um bloß nicht entdeckt zu werden, dann läuft deren biologische Uhr viermal so schnell wie sonst. Oha!"

"Eben deshalb muß sich jemand, nicht nur eine Hexe, schon ziemlich an die Wand gedrückt fühlen oder total fanatisch sein, um diesen Trank zu schlucken. Überleg mal. Für die vergeht jede Woche ein körperlicher Monat. Überhaupt wird sie halt älter, daß sie in einem Jahr vier Jahre älter ist als jetzt. Und wozu das ganze, nur um heimlich mitzukriegen, was in Hogwarts los ist?"

"Hast du doch mitgekriegt, Gloria, du bist aufgeflogen", schnarrte Kevin.

"Daß ich dir nicht gleich mal richtig eine runterhaue, Kevin Malone", knurrte Gloria. "Und dir bei der Gelegenheit auch, Julius."

"Das würde ich hinnehmen, weil ich weiß, daß du das nur kannst, weil ich meinen Hintern riskiert habe, um eure Hintern da rauszuholen", erwiederte Julius sehr ernst.

"Ja, toll, uns ohne Gold und andere Sachen in ein Land zu schaffen, wo uns keiner kennt", erwiderte Kevin. "Außerdem wird der Unnennbare sich das nicht bieten lassen. Denn euch ist doch klar, daß die Umbridge dem zuarbeitet. Die wollten dich haben, Julius. Und jetzt sieht das für die so aus, als hätten irgendwelche ganz mutigen Leute uns da rausgepaukt, um klarzustellen, daß keiner an dich rankommt. Denkst du, der läßt das so stehen?"

"Denkst du, lieber Kevin, daß wir, also alle, die ich aufgezählt habe und ich, uns nicht klar sind, daß er vielleicht zum Gegenschlag ausholt? Aber er weiß nicht, gegen wen er losschlagen soll, weil ich Spuren gelegt habe, die sagen, daß eine internationale Gruppe von Zauberern, die sich als Ritter des Sonnenlichtes ausgeben, den Streich gespielt hat, um ihm zu zeigen, daß er mit Hogwarts nicht alles machen kann. Sicher wird das Imperium auch wieder gegen Frankreich zurückschlagen. Aber wenn es ging, ihm ein paar sichere Opfer wegzunehmen, dann ist das keine Blödheit, sondern ein Erfolg, Kevin. Oder möchtest du morgen zu Tante Dolores und ihr erzählen, was für ein ganz böser Junge du doch warst, dich mit einem stinkenden Schlammblut anzufreunden?" Schnaubte Julius noch. Gloria funkelte ihn wütend an, während die Hollingsworths bei dem Schimpfwort zusammenfuhren. Julius meinte dazu sarkastisch: "Och, habt ihr euch noch nicht dran gewöhnt, wo dieses Wort doch fast jeden Tag im Tagespropheten auftaucht und es sogar eine Broschüre gibt, die das Wort im Titel führt?"

"Okay, ich kapiere es, Julius. Du wolltest das nicht laufen lassen, daß wir wegen dir dran glauben sollen. Aber es ist schon blöd, dafür gleich alles stehen und liegen zu lassen", lenkte Kevin halbherzig ein.

"Wir kennen außer Glorias Cousinen da auch keinen. Und Mel ist schon raus aus Thorntails", warf Jenna ein.

"Aber Mirella ist noch da, Kevin", zog Gloria Kevin auf.

"Die hat doch an jeder Hand und sonst noch wo einen dranhängen", erwiderte Kevin.

"Julius, Nachricht aus Großbritannien, die Familien Porter, Malone und Hollingsworth in sicherer Obhut. Keiner der Geretteten zeigte Anzeichen für einen beigebrachten Fluch", meldete sich Professeur Faucons Stimme aus dem frei liegenden Spiegel. Julius bestätigte es und fragte, wann die Familien zusammentreffen könnten.

"Sie werden in zehn Minuten per Portschlüssel aus dem Machtbereich des Todesser-Imperiums fortgebracht. Womöglich trefft ihr euch an der vereinbarten Endhaltestelle."

"Verstanden", sagte Julius. Kevin rief dann noch, daß die auch ruhig englisch reden könne, wo er das jetzt wisse.

"Ich sitze hier in Frankreich und pflege meine Muttersprache", erwiderte Professeur Faucon auf Französisch. Julius übersetzte es.

"Dann gut, daß wir zu den Amis gehen und nicht zu den Froschfressern und Schneckenlutschern", spie Kevin aus.

"Ich gebe das gerne so weiter", erwiderte Professeur Faucon sehr verärgert.

"Du bist und bleibst ein Großmaul", knurrte Gloria Kevin an. "Dieses Artefakt, daß uns gerade befördert, sowie die Leute, die uns geholfen haben, sind Franzosen. Und wir landen bei denen, werden womöglich mehrere Stunden deren Gäste sein. Und du hast nix besseres zu tun als sie alle pauschal zu beleidigen. Ich frage mich wirklich, was man machen muß, um von dir Dankbarkeit zu erwarten."

"Blasen Sie sich nicht so auf, Ms. Ex-Vertrauensschülerin!" Schnarrte Kevin. "Ich kann es halt nicht ab, wenn jemand mir andauernd was verheimlicht oder vorlügt. Da kriegt der oder die die passende Antwort, egal ob's Julius' Hauslehrerin ist, die den mal eben unter ihrem Rock hat rauskrabbeln lassen oder diese dicke Trulla in Millemerveilles oder die Dusoleils."

"Moment, Kevin, Camille und Claire Dusoleil haben dir nie was vorgeflunkert oder verheimlicht, damit wir das ein für allemal vom Tisch haben", schritt Julius ein. "Und damit das auch gleich vom Tisch ist, Millie ist dir gegenüber auch immer ehrlich gewesen. Und was Professeur Faucon angeht, so hat die mich nie unter ihrem Rock gehabt oder darunter hervorkrabbeln lassen. Sonst wäre ich bestimmt nicht in Hogwarts zur Schule gegangen."

"Ja, und wir hätten dich nicht kennengelernt und jetzt die ganzen Dementoren am Hals", erwiderte Kevin. Gloria schnaubte nur wütend, während Betty und Jenna den Kameraden nur verstört ansahen. Julius meinte dann nur noch: "Ich kapiere es, daß du nicht zeigen möchtest, daß du froh bist, aus Hogwarts raus zu sein und was für eine Scheißangst du hattest, daß Umbridge und Genossen dich fertigmachen. Ich kapiere es, daß du keinem zeigen willst, wie hilflos du dich gefühlt hast. Aber wenn du weiter so um dich beißt, dann interessiert das irgendwann keinen Troll mehr, was mit dir ist und ob es was bringen könnte, dir zu helfen. Ende der Durchsage."

"Steck's dir", knurrte Kevin angenervt. Jenna fragte dann, ob das für Lea nicht ziemlich schlimm sei, unsichtbar zu bleiben und mit keinem reden zu dürfen. Da fiel Kevin ein, daß die wohl einen Zauber benutzen konnte, um durch Wände zu gehen.

"Ist dann wie'n Gespenst. Kann nicht mit anderen zusammen essen und spukt durch das Schloß."

"Ein Gespenst aus Fleisch und Blut", seufzte Gloria. "Deshalb muß das schon ziemlich wichtig oder dringend für Lea sein, so in Hogwarts rumzulaufen. Aber auch unheimlich, daß sie vielleicht hinter uns durch die Tür von Ravenclaw spaziert sein könnte oder bei uns im Unterricht mitgehört hat."

"Ja, oder Jungs beim Pinkeln zugeguckt hat", fand Kevin noch was einzuwerfen. Julius nickte. Dann unterhielten sie sich über die letzten Wochen, daß in Frankreich ein neuer Zaubereiminister an die Macht gekommen war, den Julius nicht für besonders vertrauenswürdig hielt und daß sie bereits häufiger von Dementoren heimgesucht worden seien. Gloria und Jenna erzählten von den Carrows und von Dumbledores Armee, die sich heimlich neu gegründet hatte. Kevin warf Julius vor, durch die Aktion in dieser Nacht was losgetreten zu haben, daß die anderen Schüler jetzt noch mehr leiden mußten. Gloria rammte ihm dafür die Faust in den Magen.

"Die hätten uns doch glatt als Exempel hingestellt, daß die sich da rausnehmen können, was die wollen, Kevin. Vielleicht hätte Amycus Carrow das sogar als Vorwandt benutzt, um über junge Mädchen herzufallen. Das wird er sich jetzt dreimal überlegen, wenn Thicknesse und Umbridge erfahren, daß Leute aus Hogwarts rausgeholt werden können."

"Na klar, die bleiben jetzt da eingesperrt", erwiderte Kevin.

"Falsch, die Eltern würden dann fragen, warum nur ihr aus Hogwarts rausgeholt wurdet", wandte Julius ein. "Im Grunde bleibt ihnen nichts übrig, als alle Schüler da gedächtniszumodifizieren, das keiner mehr weiß, daß es euch da gegeben hat, wenn die wissen, daß kein Hahn und keine Henne mehr nach euch kräht."

"Meinst du echt, Julius?" Fragte Gloria verwundert über diese Vermutung. Dann wiegte sie den Kopf und sagte: "Das wäre eine Lösung für die Todesser, die Blamage zu vermeiden. Sonst müßten sie ja zugeben, daß jemand heimlich in ein von ihnen bewachtes Gebäude reingehen, Leute zusammentrommeln und mit denen fast ungesehen wieder verschwinden kann. Die Ablenkungsmanöver wären dann vielleicht nicht nötig gewesen, Julius."

"Waren sie doch, weil der Eindruck entstehen mußte, daß mindestens zwei Leute an der Aktion beteiligt waren und ihr nur im Schutz dieser Ablenkungen zusammenkommen konntet", sagte Julius. "Denn sonst hätte ja jeder Idiot von denen gleich gewußt, daß ihr mit irgendwem Kontakt gehalten habt. Und den hätten die dann eiskalt abgebrochen oder hunderte von Schülern gefoltert, um rauszukriegen, wer da mit wem in Verbindung gestanden hat. So sind jetzt alle weg, die was drüber wissen, wie es ging, Pina, Olivia, ihr vier und ich."

"Moment, dann könnte man den anderen Verwandten von uns ins Gehirn brennen, daß es uns nicht gegeben hat?" Fragte Kevin erschüttert.

"Bei denen werden sie's einfach so machen, daß wir schlicht weg zu frech waren und deshalb auf Nimmerwiedersehen verschwunden sind", entgegnete Gloria. Julius nickte. Damit konnten die Todesser wunderbar leben. Aber das Imperium würde trotzdem auf die eine oder andere Art zurückschlagen. Er hoffte nur, daß er dann früh genug das entscheidende Mittel in der Hand hatte, um die Sturmtruppen aus Altaxarroi zurückzuschlagen. Dann fiel ihm noch was ein. Er blickte auf seine Uhr. Ja, jetzt war es schon zwölf Uhr durch.

"Achso, bevor ich vor lauter Reisestress nicht mehr dazu komme, Herzlichen Glückwunsch zum sechzehnten Geburtstag, Gloria!" Er umarmte die von dieser Offenbarung überrumpelte Kameradin. Dann schlossen sich auch die anderen Freunde an. Die Stimmung war für einige Minuten wieder in bester Ordnung.

 

__________

 

"Severus, du Idiot. Wie bist du hier runtergekommen?" Herrschte Bellatrix Lestrange Snape an, als sie ihn aus dem Schock aufgeweckt hatte. Snape erinnerte sich jedoch nicht daran. Doch das wollte er Bellatrix nicht auf die Nase binden. Stattdessen erzählte er was von vier Zauberern, die ihn überrascht und niedergeflucht hatten und ließ nicht aus, daß Bellatrix wohl auch nicht mit ihnen fertig geworden wäre. Als sie ihn zu legilimentieren versuchte schirmte er sich so massiv ab, daß er einen Moment lang in ihre Erinnerungen eindrang und sah, wie sie gegen einen mörderischen Sandsturm gekämpft hatte, aus dem ihr zwischendurch ganze Kieselbrocken ins Gesicht geflogen waren.

"Der dunkle Lord wird es nicht dulden, daß hier einfach fremde Leute reinkommen konnten", schnarrte Bellatrix.

"Er wird es auch nicht gerne hören, daß du gegen einen simplen Zauber wie einen konservierten Sandsturm nichts ausrichten konntest, Bella", erwiderte Snape höhnisch grinsend. Bellatrix Lestrange lief wutrot an.

"Finde raus, was die hier wollten und ob Potter dahintersteckt. Falls ja, dann solltest du schon einmal dein Testament machen."

"Ich habe mein Testament bereits geschrieben, als ich mir klar wurde, wie gefährlich es wird, mit euch und dem dunklen Lord zusammenzuarbeiten, Bella. Aber vielleicht solltest du dein Testament überdenken."

"Du wagst es?" Schrillte Bellatrix Lestrange. Snape nickte. "Ich stehe in der Gunst des dunklen Lords nicht tiefer als du, Bellatrix. Denn ich habe ihm all die Jahre treu gedient und auf seine Rückkehr gewartet und Albus Dumbledore getötet, was dir in der Halle der Prophezeiungen nicht gelungen ist."

"Das wirst du mir büßen!" Keifte Bellatrix und zog den Zauberstab. Da polterte McNair in die große Halle.

"Wir brauchen wen wegen dieser verdammten Schnee- und Sandstürme. Oben im Astronomieturm ist auch einer ausgebrochen. Yaxley hat 'nen Zettel gefunden." Er reichte Snape den Zettel. Bellatrix wollte ihn ihm wegnehmen. Doch Snape sah sie mit einer unbeschreiblichen Entschlossenheit an und las:

An Severus Snape, den Mörder Dumbledores und Handlanger eines geistig umnachteten Zauberers,

Wir, die Ritter des Sonnenlichtes, haben seinem Treiben und dem seiner Kumpane lange genug zugesehen, weil wir hofften, es rege sich genug Widerstand in diesem Land, um das unerträgliche Joch abzuschütteln, unter das ihr alle die rechtschaffene Zaubererwelt zwingen konntet. Konnten wir es schon nicht verhindern, daß ihr einfach Schüler habt verschleppen lassen, nur weil es zu groß für eure Spatzenhirne ist, daß Kinder auch ohne magische Eltern magische Kräfte haben können, so haben wir nicht zulassen dürfen, daß redliche Schüler wegen falscher Anschuldigungen den Dementoren zum Fraß vorgeworfen werden sollten. Unsere Aktion diente zwei Zwecken. Der eine war, die unschuldigen Schüler aus ihrer unmittelbaren Gefahr zu befreien. Der zweite bestand darin, euch zu zeigen, daß ihr nicht allmächtig und alles überragend seid. Das wir ziemlich unangenehme Unwetter auf kleinem Raum zaubern können, die mit üblichen Wetterberuhigungszaubern nicht zu bändigen sind wißt ihr jetzt. Doch aus Gründen der Fairness und weil wir nicht wollen, daß aus purer Unwissenhheit ein Unglück geschieht, teilen wir euch mit, daß wir bei unserem Angriff nicht nur die Unwetter losgelassen haben, sondern auch mehrere stationäre Zauber eingerichtet haben, die alle zusammen losgehen, wenn ein einziger Dementor die Schwellen in das Schloß überschreitet. Denn dann wird Hogwarts mit allen Schülern und Lehrern darin in einer großen Feuerwolke verschwinden. Wir wissen, daß der, dessen Name zu lächerlich ist, als ihn hier zu erwähnen, dieser Schule eine besondere Aufmerksamkeit widmet. Wenn ihr sie zerstört oder einem der Schüler einen Dementorenangriff androht, wird er jeden bestrafen, der an ihrer Zerstörung schuld ist, sofern er oder sie nicht das Glück hatte, bei der Vernichtung mit aus der Welt geblasen zu werden.

Wir, die Ritter des Sonnenlichtes, vermögen unsere Kämfer gegen Klingsors Fluch zu schützen, weil wir Wissen aus der Zeit des Alten Reiches besitzen, das alle Kräfte der Dunkelheit schwächt und zerstört. Das Wissen ist für euch nicht zu bekommen, weil ihr zu dumm und zu mordgierig seid. Nur weise Leute, die zum lieben und zur Achtung anderer fähig sind, haben Zugang zu diesen alten Schätzen der Magie. Drum seid gewarnt! Wir haben vier von euren Schülern mit uns genommen, um sie außerhalb eures Wahnsinns zu erziehen. Sollte es irgendwem noch einmal einfallen, Hogwarts-Schüler unrechtmäßig zu verdächtigen, werden wir das gerne wiederholen, bis kein Schüler mehr von euch drangsaliert werden kann. Fangt also besser an, eure Missetaten zu bereuen und nutzt eure Macht aus, konstruktiv zu handeln. Slytherin war so schlau. Er schätzte das Bestehen der Schule höher als seine eigenen Vorlieben.

Auch wenn ihr es nicht verdient grüßen wir euch.

Snape verzog das Gesicht und gab den Zettel Bellatrix zu lesen. Diese schnaubte, stampfte mit den Füßen auf und versuchte, den Zettel zu zerreißen. Doch das Pergament war zu fest. Dann fiel ihr ein, den Schreiber sichtbar werdn zu lassen. Doch als sie den bestimmten Zauber aufrief, verging der Zettel mit einem lauten Knall in einer gelben Rauchwolke. McNair, Snape und Bellatrix Lestrange husteten. Dann fauchte Snape:

"Das darf keiner wissen, daß diese Bande den Fluch überwinden kann. Ich sage es Umbridge, daß die vier zu fliehen versucht haben und erzähl das auch den Schülern so. Die Wetterzauber waren halt ablenkungsmanöver von denen. Wir müssen ja keinem Sagen, daß Hogwarts angegriffen wurde."

"Welche Schüler sollen das sein?" Zischte Bellatrix Lestrange. Snape nannte die Namen und versprach, es dem dunklen Lord nicht zu sagen, daß ausgewachsene Todesser nicht gegen Sand- und Schneestürme hatten kämpfen können. Soofern kein anderer Schüler wach geworden sei, wäre nichts passiert."

"Und die Drohung?" Wollte Bellatrix wissen.

"Wenn die vier geflohen sind und von Dementoren geküßt wurden, wird niemand hier es noch mal darauf anlegen, daß ein Dementor ins Schloß kommt", erwiderte Snape. "Und jetzt zeige ich euch mal, wie man diese Wetterzauber auflöst."

Snape ging mit seinen Kumpanen durch das Schloß. So einfach, wie er sich das vorgestellt hatte, wollten die Nebelbänke, die Schnee- und Sandstürme aber nicht verschwinden. Selbst mit inverser Logik, also dem Verstärken des unerwünschten Effektes, erzielte er keine Wirkung, bis er die genau entgegengesetzten Unwetter aufrief. Flitwick, den sie aus dem Bett geholt hatten, hatte da weniger Probleme. Grinsend betrachtete er das Wetterchaos und vollführte Zauber, die nach wenigen Durchgängen die Unwetter verschwinden ließen. Die angefallenen Sandmengen und der Schnee an Decke, Wänden und Boden waren für den Zauberkunstlehrer ein Klacks. Snape schickte die Todesser danach fort. Dann sagte er zu Flitwick:

"Offenbar hat hier jemand Scherzartikel reingeschmuggelt, obwohl wir allen Postverkehr überwachen. Könnte sogar sein, daß die Weasley-Zwillinge uns noch nette Andenken hinterlassen haben und die mit einem Verzögerungszauber versehen haben."

"Nun, wenn Sie das sagen", quiekte Flitwick nicht mehr ganz so vergnügt. Dann ging er zu Bett. Snape überlegte sich, wie er das Verschwinden der vier Angeklagten begründen sollte. Außer dem dunklen Lord, Thicknesse und Umbridge wußte ja keiner, daß sie angeklagt waren. Dann dachte er daran, ob nicht nur die vier Schüler, sondern auch die Eltern von denen fortgeschafft worden sein mochten. Das würde er morgen früh nachprüfen und dann mit dem Minister eine glaubhafte Ausrede erfinden müssen. dem dunklen Lord wollte er erzählen, daß sie auf dem Weg zur Gerichtsverhandlung in Selbstmordabsichten vom Besen gesprungen seien. Als er dann in seinem runden Turmzimmer ankam fragte er sich erneut, ob es wirklich mehrere gegen den mächtigen Fluch gefeite Zauberer gewesen sein mochten. Dumbledores Portrait hinter seinem Schreibtisch fragte ihn, was geschehen sei. Er konnte jedoch nur das erzählen, woran er sich noch erinnern konnte.

"Sie haben jemanden mit der fesselnden Stimme angerufen, Severus und sind dann aus dem Turmfenster gesprungen", sagte Dumbledore mit einem merkwürdig vergnügten Grinsen. "Offenbar haben sie dort unten jemanden überrascht."

"Offenbar reichen die Kontakte von Julius Andrews doch schon weiter als für diesen Burschen zu erwarten war. Ich fand Schreiben, daß jemand die vier rausgeholt haben soll, die Dolores Umbridge am ersten November abholen lassen wollte. Es war also doch gut, sie den Brief schreiben zu lassen."

"Oh, dann haben sie es geschafft, zu flüchten, Severus? Fragte Dumbledores Portrait. Snape überlegte. Dann verließ er durch das Turmfenster noch einmal das Schloß und flog ohne Besen zu den Dementoren hinaus. Diese fragte er harsch, ob sie etwas ungewöhnliches bemerkt hätten. Einer von ihnen erwiderte mit seiner durch Ohren und Verstand zugleich dringenden Stimme:

"Niemand wagte es, hineinzugehen. Aber für einen ganz kleinen Augenblick haben wir was gespürt, fünf menschliche Wesen, die ganz schnell auf uns zuflogen und über unsere Kraft weggestiegen sind. Wir haben sie nicht fangen können."

"So, dann sind die nicht auf einem Besen geflogen?" Fragte Snape.

"Nein, dafür waren die zu dicht beieinander und zu schnell."

"Das solltest du niemandem erzählen. Denn sonst wird jeder denken, ihr seid zu schwach", sagte Snape. "Und das wollt ihr doch nicht."

"Niemals", dröhnten ihm mehrere dieser unheimlichen Stimmen entgegen. Snape nickte und kehrte im freien Flug in das Zimmer des Schulleiters zurück. Als er das Fenster geschlossen hatte baute er einen Klangkerker auf.

"Fünf Flüchtige, ohne das vorher jemand an den Dementoren vorbeigekommen ist", berichtete Snape. "Sie flogen sehr dicht beieinander und sehr schnell vom Schloß fort. Also war es nur einer, der irgendwie hier eingedrungen ist und sie rausgeholt hat."

"Dann ist doch genau das passiert, womit wir rechnen konnten, Severus. Jetzt wird Dolores Umbridge wohl keinen Schüler in Hogwarts mehr behelligen. Ich denke, wo immer sie mit diesem mir selbst nicht ganz bekannten Fluggerät hingeflogen sind, man wird sie nicht mehr nach England zurücklassen."

"Sie hatten also recht, daß dieser überhebliche Bursche ein Mittel kent, nach Hogwarts vorzustoßen. Wollen Sie mir jetzt verraten, wie er das gemacht hat?"

"Severus, bei allem Vertrauen, das Sie mir immer noch beweisen, möchte ich dieses Rätsel lieber nicht für sie auflösen. Seien wir lieber froh, daß Sie jetzt ruhig schlafen können und sich keine Sorgen mehr zu machen brauchen!"

"Wie Sie meinen, Albus", grummelte Snape. Doch ein feines, zufriedenes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Als er dann in das Schlafzimmer ging, das hinter einer geheimen Tür lag, konnte Dumbledores Portrait nicht an sich halten und lachte befreit auf. Freundschaft, Liebe, gesunder Verstand und Kameradschaft waren eben doch die stärksten aller Waffen.

 

__________

 

Das leise Singen draußen fiel in der Tonhöhe, wurde wieder zum Heulen und ebbte schließlich ab. Es rumpelte laut. Die vier befreiten schraken aus dem leichten Dämmerschlaf, in den sie nach der hitzigen Diskussion gefallen waren. Julius hatte während des Fluges mit Millie Mentiloquiert und ihr versichert, bald wieder in Beauxbatons zu sein.

"Julius, seid ihr alle wohlauf?" hörte er nach der Landung Hippolytes Gedankenstimme. Julius schickte ein "Ja" zurück. "Dann wartet noch. Ich bringe euch rüber zu Maman", empfing er noch eine Botschaft von ihr. Sie fühlten, wie ihr Transportmittel angehoben wurde. Sie hörten stampfende Schritte. Kevin rief schon: "Was wird das denn jetzt?! Ich dachte, wir wären angekommen!"

"Kevin, meine Schwiegermutter versteht dich wohl nicht. Wir sind zu winzig", erwiderte Julius. Kevin klopfte mit den Fäusten gegen die Innenwand des Kugelkörpers.

"Wir sind gleich da", klang eine laute Frauenstimme von außen. "Julius hat euch doch erzählt, daß ihr an einen bestimmten Ort gebracht werdet." Goldschweif fauchte wütend.

"Jetzt ist genug mit dieser Glitzerhöhle. Ich will raus hier!"

"Goldie, wir sind gleich da, wo wir alle hinkommen sollen", sagte Julius beruhigend. Dann fühlten sie alle totale Schwerelosigkeit. Goldschweif ruderte mit Schwanz und Beinen in der Luft und kreischte, daß es klirrend widerhalte. Dann kehrte die Schwerkraft zurück. Wieder schaukelte die Glücksflasche. Erneut drangen Schritte wie die eines Riesen an ihre Ohren. Julius sah seine Freunde an und fragte, ob sie sich wohlfühlten.

"Erst wenn ich aus diser komischen Kugel wieder raus bin", maulte Kevin. Gloria hatte nichts zu beanstanden. Und auch Betty und Jenna empfanden nichts, was unangenehm war.

"Okay, Hipp, du kannst uns rauslassen. Keiner hat Kopfschmerzen oder andere Probleme", mentiloquierte Julius seiner Schwiegermutter. "Aber geh schön weit zurück. Goldie ist fuchsteufelswild. Sie könnte dich anspringen."

"Danke für die Warnung", erhielt er die Antwort. Dann hörten sie ein Flüstern: "Hier ist es sicher." Mit einem donnerlauten Pling-Plong flog über ihren Köpfen der gerade gigantische Flaschendeckel hoch, und eine starke Kraft blies die sechs Passagiere hinaus. Wieder kreischte Goldschweif, als sie durch die Luft flogen, die erst sirupdick und dann wieder flüchtig war.

Hui, ist das 'ne risenhalle", staunte Kevin. Goldschweif flitzte derweil herum und sprang einmal über eine Kommode. Julius rief sie zurück. Das Katzenwesen wedelte einmal mit dem Schwanz. Dann beruhigte es sich wieder.

"Das ist nur Millies Mutter, Goldschweif. Ist auch ein sehr feines Mädchen, genau wie du", beruhigte Julius seine vierbeinige Gefährtin. Dann ging eine Tür auf, und hereintraten mehrere Leute. Sie wurden von Ursuline und Béatrice Latierre angeführt. Da war Martha Andrews, die sehr erfreut war, ihren Sohn wiederzusehen. Dann erkannte Julius Dione und Plinius Porter, die beide in Reiseumhängen steckten und kleine Taschen bei sich trugen. Er sah Marita und Keneth Hollingsworth, die sofort auf ihre Zwillingstöchter zustürzten, um sie zu begrüßen. Dann erkannte er noch Kevins Mutter, die überglücklich auf ihren Sohn zurannte. Goldschweif suchte im Meer der überschwenglichen Freude Zuflucht auf Julius' Schulter. Dann sah er noch zwei Hexen, eine hochgewachsen und fast weißhaarig. Die zweite trug einen Umhang in den Farben des McFusty-Clans, besaß feuerrote Haare und blau-grüne Augen. Sie hielten sich zwar im Hintergrund, wirkten auf Julius jedoch wie die Hauptverantwortlichen dieses wohl glücklich ausgehenden Dramas. Julius sah die rothaarige Hexe noch einmal genau an und erkannte sie. Das war Ceridwen Barley, die Urenkelin von Angus McFusty, dem Hüter der schottischen Dracheninseln. Er hatte von ihr in der Zeitschrift Verwandlung heute gelesen, als er für Professeur Faucon über mehrfache Verwandlungen in kurzer Zeit nachgelesen hatte, daß sie in dieser Disziplin die unangefochtene Expertin in Europa war. Außerdem war sie eine brillante Alchemistin, wenn sie auch in verschiedenen Zaubertrankabhandlungen erwähnt wurde. Die Weißblonde mit der goldenen Halbmondbrille war Sophia Whitesand. Kevin erkannte sie auch, als er ausstieß, daß sie doch auf Professor Dumbledores Beerdigung dabei gewesen sei. sie bejahte es. Dann begrüßte Ursuline die Gäste im Château Tournesol und bedankte sich bei Julius, Mrs. Whitesand und Mrs. Barley für die Hilfe. Danach lud sie alle zu einem kurzen Gespräch in den grünen Salon ein.

Aus dem "kurzen Gespräch" wurde dann eine anderthalbstündige Plauderei, wie Glorias, Bettys und Jennas, sowie Kevins Eltern fortgebracht worden waren. Außer Bettys Mutter, die als Reporterin dem Ministerium unterstand, war niemand sonderlich bewacht gewesen. Es stellte sich heraus, daß außer Snape wohl nur Thicknesse und Umbridge von der Anklage und dem Ultimatum gewußt hatten. Marita Hollingsworth erwähnte, daß sie wohl mit irgendwas betäubt worden sei und mit leichtem Schwindelgefühl hier wieder aufgewacht sei. Dasselbe erwähnte Keneth Hollingsworth. Dann erzählten die Jugendlichen von der Befreiung, wobei Julius den Einstieg in Hogwarts der Glücksflasche zuschrieb, obwohl die Latierres es natürlich besser wußten. Als Julius dann noch erwähnte, daß Goldschweif behauptete, Snape sei nur unangenehm, wo sie alle anderen Todesser als böse bezeichnet hatte, fragte Plinius Porter:

"Könnte es sein, daß die Instinkte eines Kniesels doch nicht immer so zutreffend funktionieren? Immerhin hat Snape Professor Dumbledore ermordet."

"Wobei wir nur Harry Potters Aussage haben", räumte Sophia Whitesand ein.

"Ja, aber Harry Potter hat Professor Dumbledore bestimmt nicht umgebracht", wandte Julius ein. "Also warum sollte Goldschweif Snape nicht so gefährlich finden wie die anderen?"

"Wahrscheinlich hat sie relativiert, wer brandgefährlich oder wer nur mit großer Vorsicht zu genießen sei", wandte Julius' Mutter ein. Goldschweif, die von Ursuline nicht in den Salon gelassen worden war, saß maunzend vor der Tür. Julius verstand nur: "Dieser Snape ist nicht ganz böse." Das gab er so weiter. Doch warum sie das so empfand wußte er nicht. Und sie konnte es auch nicht erklären.

"Dann kommen wir zu unserer weiteren Unterbringung", wechselte Plinius Porter das Thema. So sprachen sie über die Aussicht, in den Staaten weiterzuleben. Als sie davon sprachen, wie sie dort legal einreisen könnten, wenn allle wege dicht waren, wartete Hippolyte Latierre mit einer unangenehmen Nachricht auf.

"Wie meine Tochter Martine mir am Abend mitteilte hat unser neuer Zaubereiminister die Wachen an den Flughäfen verdoppelt. Er behauptete, daß er unangemeldet einreisende Hexen und Zauberer als Eindringlinge bezeichnen würde, da bereits sehr viele Hexen und Zauberer aus dem Britischen Raum eingewandert seien. Die haben spezielle Meßgeräte, mit denen die eigene Magie zu einer Art Schwingung angeregt wird, damit sie Muggel von Zauberern unterscheiden können, ohne daß die Muggel das merken." Martha Andrews seufzte.

"Es sieht echt so aus, als wolle dein Onkel mit allen Mitteln verhindern, daß Flüchtlinge aus Großbritannien bei uns Zuflucht finden", knurrte Julius. "Was kommt demnächst, eine französische Auffangstation für erwachsene Muggelstämmige und eine Sonderunterbringung für alle muggelstämmigen Schüler in Beauxbatons?"

"Zum einen, Julius, legt dieser Zeitgenosse keinen Wert darauf, mit mir oder Maman verwandt zu sein. Also tu ich das auch nicht. Zum anderen haben es hier bereits alle Spatzen von sämtlichen Dächern gepfiffen, daß der Unnennbare gezielt gegen Muggelstämmige vorgeht. Falls der zeitweilige Minister Didier auch damit anfängt, hätten alle anständigen Hexen und Zauberer dieser Nation das Recht, ihn abzusetzen, weil er sich dann in den Verdacht bringt, dem Massenmörder zuzuarbeiten oder dessen Statthalter auf französischem Boden zu sein. Das mag dir jetzt so vorkommen, weil er die Verkehrswege immer dichter überwacht. Aber im Grunde ist er genau so ein Feigling wie sein US-amerikanischer Amtskollege."

"Womit wir wieder beim Thema wären, ob wir unsere Kinder unseren Verwandten in den Staaten anvertrauen sollen, damit sie dort zur Schule gehen", ergriff Mr. Malone das Wort. "Ich persönlich kenne meinen Verwandten nur von wenigen Familientreffen und Briefen. Ihm jetzt zu erlauben, ausdrücklich für die Erziehung meines Sohnes verantwortlich zu sein, ist eine sehr große Zumutung. Ich würde meine Vaterpflichten aufgeben und meinen Sohn einem verwitweten Zauberer überlassen, der womöglich ganz andere Vorstellungen hat als ich. Außerdem bin ich mit der Lebensart der Yankees nicht sonderlich zufrieden. Wir Iren sind doch da eher sozialer und kameradschaftlicher."

"Kann ich so nicht behaupten, daß es die eine amerikanische Lebensweise gibt", erhob Plinius Porter Einspruch. "Sie würden nämlich gerade meine verstorbene Mutter beleidigen, wenn sie ihr keine Umgänglichkeit und Kameradschaft zugestehen oder daß sie sich um andere Leute Sorgen macht. Genau dafür ist sie nämlich ins Grab gestiegen, weil sie sich nicht untätig zurückhalten wollte." Ursuline als Gastgeberin räusperte sich und sagte ganz ruhig, daß es hier nicht darum ginge, eine bestimmte Lebensweise zu vergöttern oder zu verteufeln, sondern um die Zukunft der vier befreiten Schüler. Plinius Porter war durchaus bereit, seine Mitspracherechte an seinen Schwager Marcellus und seine Schwester Geraldine abzutreten, wenn die vertraglich versicherten, Gloria nicht auf einen bestimmten Lebensweg vorzubestimmen. Außerdem wolle er zusehen, daß er dann, wenn er schon einmal außerhalb Europas leben müsse, zumindest seine Arbeit als Wertschöpfer weiterbetreiben könne. Das mit dem Garantieabkommen, daß die Kinder nur im Punkte einer anderen Schule anderen Lebensverhältnissen unterwarf, bis sie volljährig seien, fand bei allenZustimmung. Dann ging es wieder um den Weg. schließlich fragte Martha Andrews, ob es bei den amerikanischen Zauberern so liefe wie bei den Nichtmagiern, daß Fahrzeuge mit dem Sternenbanner dran wie amerikanisches Hoheitsgebiet zu sehen seien. Plinius Porter wandte ein, daß es keine solchen Fahrzeuge oder Fluggeräte gebe. Julius' Mutter schüttelte enttäuscht den Kopf. Da meinte Ceridwen Barley:

"Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Mrs. Andrews. Exterritoriales Gelände. Aber es gibt etwas anderes, was in dieser Richtung klappen könnte. Wenn ein US-Amerikanischer Zauberer auf einem nur dort hergestellten Besen oder in einem nur dort hergestelltem und zugelassenem Fahrzeug auf einer Reise ins Ausland Freunde oder Verwandte abholt und zurückbringt, können diese einen Monat lang als Gäste des amerikanischen Zauberers auf dessen Grundstück leben und sich sogar frei bewegen, solange sie nicht gegen die Gesetze verstoßen und keiner unangemeldeten Arbeit nachgehen. Wenn der Besuchsmonat vorbei ist, müssen die Gäste abreisen oder eine Aufenthaltsgebühr von eintausend Galleonen pro weiterem Monat entrichten, sofern sie nicht um Einbürgerung ersuchen, was jedoch auch geld kostet. Die nehmen es manchmal von den Lebendigen."

"Moment, wenn jemand von da drüben zu uns herkäme ...", spann Martha den Faden weiter, den Mrs. Barley ausgeworfen hatte. Doch Hippolyte schüttelte den Kopf.

"Wir haben hier ähnlich strenge regeln was die Verkehrsmittelbenutzung angeht. Denen nach darf auf unserem Gebiet nur landen, wer eine Genehmigung dafür bekommt. Und da Wishbone alle Verkehrswege abgeriegelt hat, hat Didier umgekehrt alle amerikanischen Linien verschlossen, also das Flohnetz und die Schiffsrouten. Von denen darf nichts herüberkommen und bei uns landen."

"Aber wenn sich zwei Schiffe oder Fluggeräte unterwegs begegnen, dürften die Passagiere des einen auf das andere umsteigen?" Fragte Martha. Auch bei Julius machte es klick.

"Hmm, wenn das mitten über dem Atlantik passieren würde wäre das legal, sofern das französische Fluggerät wie ein Besen von einem Führer zurückgebracht werden könnte und umgekehrt", erwähnte Hippolyte. "Das haben die nicht einkalkuliert, weil es selbst für Zauberer schwer ist, mitten im Flug umzusteigen."

"Ich habe schon einige Male das Umsteigen von einem fliegenden Besen auf einen anderen gemacht", sagte Julius. "Aber ich denke, das Problem ist, daß so viele zugleich umsteigen wollten. Da müßten wir schon etwas ganz großes mit viel Tragkraft haben, sowohl bei uns als auch bei denen."

"Lustig, dann könnten wir ja glatt die Flügelkuh nehmen, die du zum Geburtstag bekommen hast", grinste Kevin. Julius nickte ihm sehr eifrig zu. Dann brachte er den Gedanken zu Ende:

"Hat nicht jemand aus der Eauvive-Familie einen magischen Zeppelin? Dann wäre das nämlich kein Akt. Ich denke, Temmie kann noch weit genug fliegen, um hin und zurückzufliegen, während sie unterwegs den Zeppelin trifft. In der Raumfahrt der Muggel wurde das schon x-mal gemacht, daß Leute aus einem Raumfahrzeug in ein anderes umgestiegen sind, nur eben bei Schwerelosigkeit."

"Du willst also echt Temmie dazu bringen, übers Meer zu fliegen?" Fragte Ursuline. Julius nickte verhalten. Immerhin hatte Temmie ihren eigenen Kopf und könnte das ablehnen, vor allem, wenn sie wirklich trächtig oder schwanger geworden war. Dann sagte die Schloßherrin:

"Ich kläre das mit Antoinette, ob sie das mit dem Luftschiff in die Wege leitet. mit dem Umsteigen habe ich schon eine Idee."

"Die Treppe wie eine Laufbrücke auszulegen?" Fragte Julius.

"Genau das", erwiderte Ursuline Lächelnd. Dann erwähnte sie noch: "Als wenn Babs es geahnt hätte. Sie hat Temmie zu uns rübergebracht. Aber im Moment schläft sie. Du könntest sie also gleich fragen." Julius strahlte seine Schwiegergroßmutter an. Dann blickte er auf seine Uhr und stellte fest, daß er in wohl einer Stunde wieder in Beauxbatons sein sollte. So befand er, sich besser jetzt zu verabschieden. Er bedankte sich bei den beiden älteren Hexen aus England und wünschte seinen Schulfreunden und deren Angehörigen noch eine gute Restnacht. Denn das mit dem Zeppelin würde wohl nicht noch in dieser Nacht laufen.

Mit seiner Schwiegergroßmutter verließ er das imposante Schloß, während Béatrice und Hippolyte sich um die Übernachtungsgäste kümmerten. Sie gingen zu einem großen Gebäude, in dem Babs Stroh aufgeschüttet und einen großen Schlafplatz für die geflügelte Kuh freigemacht hatte. Temmie schlief. Doch als sie ihn hörte und witterte, erhob sie sich schnaufend. Er mentiloquierte mit ihr, daß er gute Freunde aus seiner Schule gerne nach Amerika hinüberbringen wollte, weil der ganz böse Zauberer, der auch die Schlangenmenschen wecken wollte, hinter ihnen her sei. Sie mentiloquierte zurück, daß sie wohl gerade vier Stunden fliegen könne. Mit ihrer besonderen Kraft wären das aber 1400 Kilometer hin und wieder zurück. Zum Strand könne sie den zeitlosen Weg gehen, wie sie das apparieren nannte. Doch das wollte Julius seinen Freunden nicht verraten. So einigten sie sich darauf, daß Babs am nächsten Morgen das Cogison zum Sonnenblumenschloß bringen würde, um per Stimmkommandos mit Temmie zu sprechen.

"Du kannst nicht mitkommen?" Gedankenfragte Temmie. Julius erwiderte, daß er lernen müsse und seine Kameraden doch nicht wissen dürften, daß er in der Nacht weggewesen wäre. "Sie sagen Wochenende dazu, wenn sie mehrere Tage nicht arbeiten. Wir kriegen davon ja nichts mit, weil meine Cousinen, Schwestern und Tante ja immer fühlen, wenn sie viel Milch haben." Julius verstand zwar, erklärte dann aber, daß er wohl auch am Wochenende nicht bei Tag aus Beauxbatons weg könne. "Ich werde deine Freunde zum Meer bringen, wenn die jüngere Barbara verspricht, mir nicht dieses Zugeisen ins Maul zu drücken." Julius versicherte seiner übergroßen, nichtmenschlichen Gefährtin, daß er ihr das klarmachen würde.

Danach kehrte Julius zunächst in das Sonnenblumenschloß zurück, wo er der Runde noch eine gute Nacht wünschte. Danach reiste er mit seiner Mutter, Goldschweif und Hippolyte in das Honigwabenhaus zurück. Julius erklärte seiner Schwiegermutter, daß das Intrakulum vielleicht nicht mehr richtig funktioniere. Das erzählte er dann auch Professeur Faucon über die Zweiwegespiegelverbindung.

 

"Dann hole ich dich per Reisesphäre zurück, Julius. Das hätte ich bei unserem Einsatzplan bedenken müssen, daß das Intrakulum nicht mehr als zehnmal im Monat aufgerufen werden sollte. Danach muß es einen vollen Monat wieder ruhen, um sich aus der umgebenden kosmischen Magie aufzuladen. Du kommst also mit der Reisesphäre. Das Flohnetz wird überwacht, denke ich. Dann bis gleich!"

Zehn Minuten später trug eine sonnenuntergangsrote Lichtkugel Julius, Goldschweif und Professeur Faucon zurück nach Beauxbatons, während seine Mutter von Albericus Latierre mit dem VW-Bus in die Rue de Liberation zurückgefahren wurde.

In ihrem Sprechzimmer wechselte Julius wieder in seinen Schulumhang und erläuterte kurz, worauf man sich geeinigt habe. Professeur Faucon verstand und sagte Julius zu, es in die Wege zu leiten, daß seine Schulfreunde sicher über den Atlantik gebracht würden. Dann schickte sie ihn zu Schwester Florence, wo er wegen der frühen Morgenstunde noch eine Dosis des Wachhaltetrankes bekam.

"Heute abend legst du dich zur selben Zeit wie deine Klassenkameraden schlafen, Julius! Der Trank hält dich zwar jetzt gut wach, aber abends fordert der Geist seine Erholung. Und halte dich von unnötigen Anstrengungen fern! Unser Gespräch findet zu einem noch zu klärenden Zeitpunkt statt. Und jetzt ab mit dir!" Julius verabschiedete sich und wandschlüpfte in seinen Saal zurück. Kurz vor fünf Uhr erreichte er den Schlafsaal für ZAG-Schülerund öffnete die Tür. Er hielt den Atem an und wartete mehrere Sekunden, dann betrat er den Schlafsaal und zog sich im immer noch geräuschlosen Raum um. Erst im Schlafanzug hob er die alle Geräusche schluckende Magie auf und kroch ins Bett. Das war ein aufregender Ausflug gewesen. Er hatte vier verschiedene Transportmittel benutzt: Das Intrakulum, die Flasche, den Verschwindeschrank und die Reisesphäre. Er hatte seine Freunde und ihre Eltern aus Snapes Gewalt herausgeholt. Dabei erschien ihm Goldschweifs Hinweis, daß Snape "nur" unangenehm sei, immer noch merkwürdig. Vielleicht lag es daran, daß für Goldschweif das Töten keine Untat war. Aber dann hätte sie bei Bellatrix und den anderen nicht so wild Alarmschlagen dürfen. Hatten sie sich vielleicht doch geirrt, und Snape hatte Dumbledore nicht getötet? Dann hätte Harry Potter doch falsch ausgesagt, auch wenn Julius davon überzeugt war, daß Harry Dumbledore nicht getötet hatte. Das war schon merkwürdig. Mit diesen etwas verwirrenden Gedanken blieb er erst einmal alleine, bis fröhliches Trompeten und Gefidel erklang. Die Mexikaner zogen wider ihre Runden. Ein neuer Tag fing an. Ein neuer Schultag, eine neue Woche, und für Gloria, Betty, Jenna und Kevin ein neues Leben, das hoffentlich wesentlich friedlicher verlaufen würde als das bisherige.

 

__________

 

"Ich würde an Ihrer Stelle die Anklage fallen lassen, Madam Umbridge. Irgendwer hatte was dagegen, daß Sie die vier vorladen. Lesen Sie hier diesen Zettel", sagte Snape und übergab Dolores Umbridge einen der Zettel, die er beim Kampf gegen die Wetterzauber aufgesammelt hatte. "lesen Sie ihn, und lassen ihn und die zweite Anklageschrift verschwinden. Ich werde dem Minister mitteilen, daß der Bursche Julius Andrews mir einen Brief geschickt hat, indem er sich weigert zurück zu kommen."

"Das ist nicht wahr! Das konnte nicht gehen! Die Dementoren?"

"Haben nichts bemerkt. Die Fremden sind wohl von oben rein, haben das Chaos angerichtet und die vier dann wohl in verkleinertem oder verwandeltem Zustand mitgenommen. Dann haben sie den Rückzug mit Wetterzaubern gesichert und sind weg. Ich habe natürlich neue Meldezauber auf den Türmen eingerichtet."

"Wenn der Minister das erfährt ..."

"Würde er sie und mich in einem großen Netz über dem Monument im Atrium aufhängen und uns von allen, die Lust haben den Cruciatus-Fluch aufhalsen lassen. Also sollte er es besser nicht erfahren. Finden Sie nicht auch?"

"Dieses verdammte Schlammblut hat offenbar mächtige Freunde gefunden. Das können wir dem Minister doch nicht verschweigen."

"Warum nicht, Madam Umbridge? "Wie Sie lesen konnten wollten die nur sicherstellen, daß keine Dementoren mehr nach Hogwarts hineinkommen. Wenn die Schüler erfahren, daß die vier auf nimmer Wiedersehen verschwunden sind geht das auch."

"Sie werden das dann zu büßen haben, wenn das unsere Pläne beeinträchtigt."

"Ich habe ein reines Gewissen. Als diese Bande kam, hat sie mich im Verhältnis vier zu eins überrumpelt. Können Sie sich mit so vielen gut ausgebildeten Gegnern zugleich duellieren?" Sie schüttelte beschämt den Kopf. "Dachte ich es mir doch", erwiderte Snape. Dann verabschiedete er sich höflich und kehrte per Kamin, Toilettenhaus und Apparieren nach Hogwarts zurück. In seinem Turmzimmer grinste er überlegen. Er hatte dieser opportunistischen Hexe den Tag verdorben. Vor allem konnte er sie jetzt erpressen, wenn sie sich mehr anmaßte. Dem dunklen Lord würde er natürlich nur die Geschichte von der gescheiterten Flucht erzählen. Das würde ihn amüsieren. Ob Julius Andrews nun außerhalb Großbritanniens blieb oder nicht, sollte dem eigentlich egal sein. Zumindest hoffte Snape das.

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