"Phaeton, wenn du nicht bald zu mir ziehst wächst du aus der sicheren Lebenszeit heraus. Dann kannst du nicht mehr aufwachsen, wenn ich dich infanticorporisiere. Also tritt schon endlich zurück und laß Damian deinen Platz im Rat einnehmen!" Hörte Julius eine sehr gestrenge Frauenstimme. Wo war er hier denn schon wieder? Er stand in einem Flur, an dessen Decke gerade nicht glühende Leuchtkristallsphären hingen. An den Wänden hingen Bilder mit sich bewegenden Vollportraits in altmodischen Kleidern steckender Hexen und Zauberer. Die gemalten Personen sahen ihn nicht. Ja, und er fühlte auch keine Beine, obwohl er sich gerade durch den Flur bewegte. Er schwebte wie ein Geisterwesen. Als er jedoch vor einer massiven Eichentür ankam, auf der unzählige magische Symbole eingeritzt waren, kam er jedoch nicht weiter. Doch das brauchte er auch nicht. Er hörte einen Mann, der gut und gern siebzig oder achtzig Jahre alt war sagen:
"Callirhoe, zum einen will ich ganz sicher nicht zu dir ziehen, solange ich das noch bestimmen kann, wer meine Amme wird. Zum zweiten läuft heute Grandchapeaus kindisches Ultimatum ab. Falls er sich wirklich wagt, uns zu suchen und anzugreifen, will ich das noch mit entwickeltem Körper erleben, wie er fällt. Dann kann deine Kollegin Daphne mich nehmen, wie vereinbart."
"Ich weiß, daß du Abneigungen gegen meine Betreuungsweise hast, Phaeton. Aber glaub's mir, wer dich nimmt bestimmen wir von der Zunft der Nährmütter. Du weißt genau, daß du versagt hast und niemand im Rat dich noch wirklich achtet. Die Aktion mit den Drachen, die Entführung der Grandchapeaus und daß sie haben fliehen können wird dir als persönliches Versagen angekreidet. Hinzu kommt, daß Lucines Sohn enttarnt wurde und einem von dir wohl auferlegtem Zauber zum Opfer fiel, als sie ihn ausforschen wollten. Denkst du ehrlich, daß deine Schwester sich freut, ihren eigenen Neffen neu zur Welt bringen zu müssen? Wie auch immer sie es geschafft haben, ihn aus der Welt zu werfen, du bist da unmittelbar dran beteiligt, Phaeton. Und du kannst froh sein, daß dich überhaupt noch eine von uns Nährmüttern haben will, um den Achterrat zu bewahren. Deine einzige Chance ist die Rückverjüngung, und die muß eh vor zwei Dritteln deiner ersten Lebensspanne ausgeführt werden, weil du sonst nie wieder aufwachsen kannst. Also tritt aus dem Rat aus und komm freiwillig, bevor ich den Auftrag der anderen kriege, dich zu mir zu holen!"
"Dann will ich das vom Rat selbst hören, ob die mich wirklich verachten. Abgesehen davon wird Damian an die Stelle von Arion treten, der heute seine Rückverjüngung erfahren soll. Den kannst du dir zur Brust nehmen", erwiderte der Mann verächtlich. Dann ging die Tür auf und trieb Julius ohne ihn zu berühren einige Meter zurück. Er konnte einen schon recht alten, weißhaarigen Mann mit weißem Haar und jadegrünen Augen erkennen, der sichtlich verärgert dreinschaute. Hinter ihm schritt eine nicht wesentlich jüngere, recht füllige Frau im knielangen, smaragdgrünen Leinenrock und grasgrüner Jacke. Die Frau hatte ihre Jacke nicht geschlossen, und Julius verschwamm das Bild vor den Augen, weil er so abrupt auf ihren sehr üppig gesegneten Brustkorb starrte. Das dunkelbraune Haar der Frau war wie eine Art natürlich gewachsener Turban mehrfach um den Kopf gewickelt. Dann schien Julius einen Sprung zu machen.
Wildes Geheul wie von einer Armee Feuerwehrsirenen klang in dem Raum, in dem er jetzt war. Er hörte lautes Knattern und Prasseln, als entlüden sich mehrere Millionen Volt Stromspannung über dem Raum. Vier Frauen und vier Männer stürmten herein und besetzten die hochlehnigen Stühle um einen achteckigen Tisch, so daß jeder und jede eine der Seiten vor sich hatte. Sie alle trugen blütenweiße Roben.
"Das kann nicht sein", stieß jener Mann aus, den Julius gerade noch gesehen hatte. "Er kann unmöglich wissen, wo wir ..." Ein dumpfer, hohl nachhallender Schlag wie ein Kanonenschuß in einer Kanalröhre unterbrach ihn. Gleichzeitig flimmerte die Luft. Die Farben verblaßten zu allen Grautönen zwischen Schwarz und Weiß wie in einem uralten Stummfilm. Julius fühlte keine Bodenerschütterung. Doch am Tisch und den daran sitzenden sah er, daß sie offenbar von einem Erdstoß getroffen worden waren.
"Meister Phaeton, er bedrängt unsere Wehr!" Schnarrte ein knapp dreißig Jahre alt wirkender Mann mit fuchsrotem Haar und hellbraunen Augen.
"Die Wehr ist mehrfach gestaffelt. Sie können unmöglich ...", fauchte ein knapp fünfzig Jahre alter Mann mit pechschwarzem Haar und hellgrauen Augen. Doch ein lautes Ratschen wie ein riesiges Stück Papier, das gerade zerrissen wurde, übertönte seine Worte. Das schrille Heulen schwoll zu einem hektischen Getöse an. Eine Tür flog auf, und der schwarzhaarige Mann oder Zauberer bekam von einem Jüngling in hellblauer Kleidung eine Nachricht.
"Verflucht. Grandchapeau ist mit zweihundert Mann über Ebonesia. Irgendwie durchschlagen sie unsere ganzen Abwehrflüche. Der Standortverwirrungszauber hat schon dran glauben müssen. Jetzt durchbrechen sie den Feindeswall. Fragt mich nicht, wie sie dies anstellen können und ..." Bums! Wieder der Knall wie von einer abgefeuerten Kanone im Abwasserkanal. Diesmal verschwammen die Bilder. Julius fühlte, wie etwas ihn nach oben durch die Decke zog und an mehreren Räumen vorbei wie eine Luftblase durch klares Wasser hinausbeförderte. Er sah den Himmel über sich in einem kalten, silberweißem Feuer brennen. Durch die Flammen konnte er genau die Zauberer und Hexen sehen, denen er selbst die vier alten Zauber aus Altaxarroi beigebracht hatte. Sie bildeten ein Vieleck von mehreren Dutzend Metern Durchmesser und feuerten gerade weiße Zauberstrahlen nach unten, die zu breiten, silbernen Flammen auseinanderplatzten. Wieder klang jenes Ratschen auf. Julius sah erschrocken nach unten und meinte, das Land unter ihm würde nun selbst in Flammen aufgehen. Doch die hitzelose Lohe fiel bereits nach einer Sekunde wieder in sich zusammen und hinterließ einen unversehrten Landstrich. Da fiel Julius wieder zurück und durchdrang ohne körperliche Empfindung die Decken und Böden der Räume, bis er wieder im Raum der acht war.
"Sie reißen Löcher in unseren dunklen Feindeswall", hörte er den schwarzhaarigen gerade zetern. Dieser hatte ein klobig wirkendes Ding mit Glaskolben und Meßanzeigen vor sich stehen. "Wenn der Wall noch weiter durchlöchert wird, bricht er zusammen und gibt uns preis."
"Irgendwer hat uns verraten", stieß Phaeton aus. "Ion hat uns doch noch verraten."
"Das ist dein Werk, Phaeton", fuhr ihn der fuchsrote Zauberer an. "Du hast gedacht, die Lage ausnutzen zu können, und jetzt stürmen die Mischblüter unsere Heimat. Sie werden uns niederwerfen und verschleppen."
"Laßt die Drachen raus!" Blaffte Phaeton. Wieder meinte Julius, durch die Decken zu steigen und beobachtete, wie blaue und rote, stromlinienartige Drachen mit wirbelnden Flügeln raketengleich aus verborgenen Bodenöffnungen herausfuhren und auf die über ihnen fliegenden Besenreiter zuhielten. Julius konnte nun sehen, wie große gezackte Löcher in der silbernen Flammenkuppel klafften. Er zählte die Drachen. Es waren zwanzig. Sie durchstießen die silbernen Flammen und griffen mit langen Flammenstößen die anfliegenden Zauberer und Hexen an. Doch diese wichen sehr rasch aus, während welche außerhalb der Reichweite mit Armbrüsten auf die Drachen schossen und sie mit ihren Bolzen in die aufgerissenen Mäuler trafen. Da brüllten die Ungeheuer auf und stürzten ab, wobei sie zusammensackten, als ließe jemand Luft aus ihren Körpern ab. Julius konnte beobachten, wie sich einige den Drachen zum Feuerstrahlangriff anboten, aber um sich herum von Sphären eingehüllt waren, die Julius an den Flammengefrierzauber denken ließen. Die Besen, so konnte er jetzt sehen, waren mit einem Überzug aus Drachenhaut gegen Feuer isoliert. Taten die Drachen ihre Mäuler auf, schlugen auch schon Armbrustbolzen hinein. Dies bedeutete das Ende für die schuppigen Kreaturen. Julius mußte einsehen, daß die Angreifer optimal auf diesen Sturmangriff vorbereitet waren. Nach kurzer Zeit war von den Kampfdrachen keiner mehr in der Luft. Nur leere Schuppenhüllen wie abgeworfene Häute zeugten von ihrer früheren Existenz.
Julius stürzte wieder durch die Decken in den Raum der Acht zurück. Im Moment fragte er sich nicht, ob er das wirklich erlebte oder nur träumte. Er hörte gerade noch, wie der Mann mit dem fuchsfellfarbenem Haar sehr verängstigt erklärte, daß die Drachen mit verfluchten Geschossen erledigt worden seien, wie die, die über Frankreich vernichtet worden waren. "Wir sind ausgeliefert", zeterte er. "Phaeton und Ion haben unsere Heimat den Barbaren ausgeliefert."
"Er tötet die Drachen?" Fragte Phaeton, dessen Gesicht fast so weiß war wie sein Haar und sein Umhang.
"Es war dein Plan, das Zaubereiministerium der alten Heimat zu verwirren", stieß eine Hexe mit dunkelbraunem Haar aus. "Es war deine Idee, die Grandchapeaus zu entführen und diesen Didier an die Macht kommen zu lassen, weil mein Sohn diesen beeinflussen sollte. Doch Didier kam nicht richtig zum Zuge, und mein Sohn wurde von einer Unwürdigen ausgetrickst. Dein Plan ist gescheitert, weil der mischblütige Massenmörder meinte, seine Schlangenkreaturen schicken zu müssen und diese Anhängerin der dunklen Königin meinte, ihre geflügelten Monstren auszusenden. Dein Plan, unser althergebrachtes Recht einfordern zu können, ist gescheitert. Tritt aus dem Rat aus und geh zu Callirhoe, wenn die dich überhaupt noch will, Phaeton!"
"Ich lasse mich von dir nicht dazu anweisen, was ich zu tun habe, Lucine", bellte Phaeton. Doch seine Stimme zitterte ein wenig. "Du wirst den Rat verlassen, Lucine, damit Damian uns hilft, die Schutzzauber wieder aufzubauen, bevor sie bei uns landen können."
"Vier Frauen und vier Männer, Phaeton", stieß nun der schwarzhaarige verärgert aus. "Wenn die Feinde hier landen bricht auch der letzte Halt zusammen. Du weißt, daß unsere Insel dann versinken muß, weil wir alle und alle die gerade neu aufwachsen das Ritual des letzten Auswegs gewirkt haben. Niemals dürfen die Barbaren unser Wissen in die Hände bekommen, und das weißt du."
"Sie werden hier nicht landen", schnarrte Phaeton. "Der Feindeswall ist noch nicht gefallen."
"Aber sie reißen Löcher hinein. Irgendwann wird er fallen, Phaeton", blaffte der Fuchsrote. Phaeton nickte schwerfällig. Dann sagte er mit einer sehr gequälten Betonung:
"Dann bleibt nur noch das Opfer der Flucht. Sie dürfen niemals unser Land betreten. Ich werde dieses Opfer bringen. Wenn einer der acht durch eigenen Willen stirbt und in zwei Minuten kein Nachfolger an seine Stelle tritt, entgehen wir den Feinden. Ihr kennt alle den Ort, wo wir hingelangen können. Konzentriert euch darauf und haltet euch am Tisch der Acht fest!"
"Dann mußt du dieses Opfer bringen, Phaeton. Denn du hast unseren Feind ermutigt, anzugreifen", sagte der Mann mit dem schwarzen Haar. Phaeton nickte, erhob sich, streifte seinen Umhang ab und legte ihn auf den Tisch. "Ich erkenne meine Schuld an", seufzte er. Dann deutete er mit dem Zauberstab auf sich, während die anderen mit den Händen an der Tischplatte dahockten, als gelte es, ein schwieriges Problem zu lösen. "Väter und Mütter, nehmt mein unwürdiges Leben an! Tragt unsere ehrwürdige Heimat an den rettenden Ort, weit von der Feinde Scharen fort!" Julius erschrak, als unvermittelt eine blaue Feuersäule aus dem Boden stieß, Phaeton einhüllte und ihn wie Wachs zerschmelzen und zu gleichartigem Feuer auflodern ließ. Kein Schrei entrang sich seiner Kehle. In nur zwei Sekunden verschmolz der alte Zauberer mit der Feuersäule, die mit lautem Wuff in den Boden zurückstürzte. Ohne einen Augenblick dazwischen erglühte die Halle. Julius hörte ein dumpfes Rumpeln und sah, wie die angespannt dasitzenden weißen Roben immer undeutlicher wurden, bis mit einem vernehmlichen Brausen wie aus allen Richtungen heranbrausenden Wirbelstürmen alles in weißem Funkenregen verschwand und dann, beinahe unverzüglich alles vorbei war. Julius fand sich über einem gewaltigen Strudel, dessen Grund viele hundert Meter tief unter ihm lag. Der Strudel drehte sich immer rascher und warf gewaltige Wellen auf, die wie Wasserfälle in den Wassertrichter hinabstürzten, ihn mehr und mehr auffüllten. Über sich konnte Julius nun die Besenreiter des Ministeriums an einem sternenübersähten Nachthimmel sehen. Das Tosen des in den gigantischen Trichter stürzenden Wassers wurde ohrenbetäubend laut. Julius meinte schon, seine Ohren einzubüßen, als es von rhythmischem Rumpeln durchsetzt wurde. Beides ebbte ab, bis er nur noch das Blut in seinen Ohren rauschen und sein Herz aufgeregt bis unter die Schädeldecke hämmern hörte. Er wachte auf.
"Was war das denn für'n Traum?" Fragte er sich leise, als er sich sortiert hatte. Er lag im Gästebett der Porters. Um seinem Hals hing der rubinrote Herzanhänger, der ihn mit seiner Frau in Glorias Zimmer verband. Er nahm den Anhänger und drückte ihn an die Stirn.
"Hallo Mamille", dachte er, als er fühlte, daß der Anhänger nicht mehr langsam wie im Schlaf pulsierte.
"Hattest du einen Alptraum, Monju?" Fragte seine Frau.
"Einen ganz komischen. Mir selbst ist nichts passiert. Aber ich habe mitbekommen, wie ein ganzes Land unterging oder verschwand oder was auch immer." Dann berichtete er seine geträumten Erlebnisse und führte noch an, daß das wohl von den ganzen Erlebnissen mit den Elfenbeininseldrachen kommen mochte.
"Und die haben sich echt infanticorporisieren lassen?" Fragte Millies Gedankenstimme.
"Immer wenn sie zwei Drittel der ersten erreichten lebensspanne geschafft haben. Ich habe mich ja daran erinnert, daß der Zauber doch nicht beliebig oft benutzt werden kann", schickte Julius zurück. "In Professeur Faucons Buch stand's drin, daß er nur zweimal benutzt werden kann. Wer bei der zweiten Anwendung nicht die Rückalterung macht, kann beim dritten Mal nicht mehr aufwachsen und bleibt ein Baby. Falls das geträumte aber stimmen könnte, dann wäre es möglich, nach zwei Dritteln der ersten Lebensspanne anzufangen und immer wieder neu zu sein und den Fluch immer wieder anzuwenden. Wie gesagt, das nur, wenn dieses Zeug, von dem ich geträumt habe stimmen sollte."
"Und diese weißen Roben haben sich dann von irgendwelchen Ammenhexen neu großfüttern lassen?" Fragte Millie.
"Die ich im Traum gesehen habe sah so aus wie eine gelungene Verschmelzung zwischen Oma Line und Raphaelle Montferre. Dann könnten die Wiederverjüngten glatt in drei Jahren im Grundschulalter ankommen."
"Süß hast du das umschrieben, Monju. Aber ich hoffe, du probierst das nicht aus, was du geträumt hast."
"Mich jetzt noch mal infanticorporisieren lassen, Mamille? Neh, das bestimmt nicht. Oder wolltest du meine Amme spielen?"
"Dann wohl er sein als spielen", schickte Millie zurück. "Aber dann dürftest du gerade zehn Jahre aufwachsen, um den Zauber immer wieder zu machen. Neh, so wie du jetzt bist und noch wirst bist du mir lieber", erwiderte Millie über die Gedankenverbindung. "Abgesehen davon möchte ich lieber Kinder haben, die vorher bei mir im Unterbau gewohnt haben als die fremder Mütter zu betüddln. Du hast wohl gedacht, daß Grandchapeau einen Großangriff auf die Insel durchzieht, nachdem wir von denen so dumm beharkt wurden."
"Habe ich wohl, Mamille. Ich schlafe besser noch ein wenig. Ist ja gerade drei Uhr", erwiderte Julius mit einem Blick auf seine Weltzeituhr. Millie wünschte ihm noch eine gute Nacht.
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Am Nächsten Morgen holte er noch einmal das Buch über Flüche und Gegenflüche aus seiner Centinimus-Bibliothek und las die Passage über den Infanticorpore-fluch. Es stimmte, daß dieser nicht als unendliche Lebensverlängerung benutzt werden konnte. Also konnte das was er geträumt hatte wirklich dummes Zeug sein.
Beim Frühstück verloren Millie und er den anderen gegenüber kein Wort über Julius' Traum. Sie planten den Ausflug in die Winston-Churchill-Straße. Hierzu sollte er Millies rotblonden Haarschopf und ihre Augenfarbe erhalten. Dies besorgte Mrs. Porter mit entsprechenden Mitteln aus ihrem breiten Kosmetikangebot. Gloria hatte zwar vorgeschlagen, eine partielle Verwandlung anzuwenden. Doch ihre Mutter hatte nicht ganz unabstreitbar eingewendet, daß zum einen das silberne Armband um Julius rechtem Handgelenk verraten könnte, daß jemand an ihm herumzauberte und zum zweiten durch seine Erlebnisse und die Blutübertragung von Madame Maxime vielleicht eine höhere PTR besäße.
"Wenn meine Schwester Martine hier wäre hätte sie dich mal eben nur mit einem beliebigen Verwandlungszauber belegen müssen, um uns beide zu Geschwistern zu machen", scherzte Millie, als Julius sich nach einer viertelstündigen Sitzung bei der Gastgeberin neben sie vor dem mannshohen Spiegel im Flur aufbaute.
"Bruder und Schwester, Millie", erwiderte Julius. "Du spielst ja wohl drauf an, was mir die Montferres mal aus Versehen eingebrockt haben. Dann hättest du aber Tante zu mir sagen müssen."
"Stimmt, das wollte ich dann doch nicht", erwiderte Millie. Gloria begutachtete die beiden. Julius hatte seine Gesichtszüge von Mrs. Porter mit hauchzarten Klebestücken verändern und Millies Hauttönung ähnlich nachschminken lassen. Jetzt würde ihn niemand als früheren Julius Andrews erkennen, der mal in der Winston-Churchill-Straße gewohnt hatte.
"Also, ihr heißt Marie und Julian Latierre", sagte Mr. Porter, der indes mit Julius' früherem Reisepaß herumgezaubert hatte. Den konnte Julius eh wieder wegwerfen, weil die Körpergröße und seine Gesichtszüge durch die Blutübertragung bereits verändert waren. Millie nickte. "Warum ausgerechnet Marie?" Wollte sie noch wissen.
"Weil der Name Mildred oder Mildrid im Französischen doch nicht so häufig vorkommt", sagte Mr. Porter und machte auch für Millie einen Paß, der eine Überprüfung aushalten konnte.
"Dad, du weißt genau, daß das auch gegen unsere Gesetze ist, Erkennungsdokumente der Muggel zu fälschen", schnarrte Gloria mißgestimmt. "Die brauchen keine Pässe. England gehört wie Frankreich zur europäischen Gemeinschaft."
"Ja, aber das Schengener Abkommen zum Wegfall der Grenz- und Paßkontrollen innerhalb der Union wird in unserem Land nicht vollständig angewendet", widersprach Mr. Porter. Julius nickte. Gloria guckte ihren Vater verdutzt an. "Ja, denkst du, ich hätte mich nicht schlau gelesen, als es darum ging, Julius und Millie bei uns zu Gast zu haben und daß die beiden wohl auch die Muggelwelt hier besuchen möchten?" Fragte Plinius Porter verdrossen. "Auch wenn du Muggelkunde in der Schule hast heißt das nicht, daß ich auf deine Hinweise alleine angewiesen sein möchte, meine Tochter." Gloria grummelte nur, beließ es aber nur dabei. Julius nickte ihr zu und sagte:
"Wenn die uns nicht anhalten und fragen, wann und wie wir eingereist sind können wir die Pässe in der Tasche lassen und zu Hause dann wieder korrigieren lassen, Gloria."
"Julius, ich wollte meinen Vater nur darauf hinweisen, daß er keine Straftaten begehen muß, wenn das nicht nötig ist. Ich dachte, die ganze EU hätte keine Innengrenzen mehr. Muß ich mir das selbst noch mal durchlesen. Gut, daß ich wieder in England bin. Die Yankees haben von Schengen und den EU-Grenzen ja auch nichts gewußt."
"Kein Kommentar", erwiderte Julius, weil gerade Glorias Cousine Melanie hereinkam.
"Hoi, hat Tante Di dich ohne Zauberstab in Millies Bruder verwandeln können. Wenn die die wasserfesten Farben benutzt hat kriegst du die Augenschminke und die Haarfarbe nur mit unserem Abschminksortiment wieder ab und raus", sagte Melanie und drehte Julius so, daß sie ihn begutachten konnte. Er blickte ihr geradewegs in die Augen und grinste. Er fühlte die Aufpolsterungen in den Brübchen nicht. Und die braune Augenschminke hatte beim Auftragen nur einen Moment gebrannt.
"Okay, wo soll ich euch rauslassen?" Fragte Mr. Porter.
"Haben Sie denn ein Auto?" Fragte Julius. "ich dachte, wir gingen mit Flohpulver in die Winkelgasse und von da in die Straße richtung U-Bahn", meinte Julius.
"Dann guckt Tom aber komisch, wenn du als Millies Bruder aus dem Kamin fällst", sagte Mr. Porter. Dann meinte Mrs. Porter:
"Wir können mit dem Fahrenden Ritter in die Nähe von deinem alten Wohnviertel, Julius. Shunpike stellt keine Fragen mehr, seitdem er länger in Askaban saß und dann unter Imperius für die Todesser hat arbeiten müssen."
"Noch mal mit der Rappelkiste?" Entfuhr es Julius. "Na gut, ist wohl sicherer. Aber die Fahrt kostet elf Sickel pro Nase."
"Hier habt ihr für Hin- und Rückfahrt", sagte Mr. Porter und gab Millie und Julius je zwei Galleonen. Julius fiel auf, daß sie wohl auch Muggelgeld brauchten, falls sie die Umgebung besichtigen wollten. Mr. Porter zog acht Fünf-Pfund-Scheine aus seinem blauen Samtumhang und verteilte sie auf Millie und Julius. Julius wollte schon ansetzen, ihm zu sagen, daß er ihm das Geld zurückgeben würde als Glorias Vater sagte: "Gehört zu meinen Gastgeberaufwendungen, Julius. Komm nicht auf die Idee, aus männlichem Stolz das Geld zurückzahlen zu wollen."
"Fünf Pfund sind knapp eine Galleone", wandte Julius ein. Mr. Porter nickte und sagte: "Weiß ich." Dabei machte er ein Gesicht, daß unschwer verhieß, keine weiteren Diskussionen zu dulden.
Als Millie und Julius aus dem durch Fidelius-Zauber geschützten Haus getreten waren sagte Millie: "Wag dich ja noch mal, Ma und Pa damit zu kommen, sie hätten mehr Geld als Sand am Meer, Julius! Unser Gastgeber schwimmt ja in einem Meer aus Galleonen."
"Ich werde mich in Zukunft mit entsprechenden Bemerkungen zurückhalten", gelobte Julius und übernahm das herbeiwinken des fahrenden Ritters mit seinem Zauberstab. Er genoß es, daß ein Julius Latierre in Großbritannien keine magische Überwachung auf sich liegen hatte. Als dann der purpurne Dreideckerbus mit lautem Knall und protestierend quietschenden Bremsscheiben vor ihnen zum stehen kam dachte Julius daran, wie es wohl sein würde, wieder in seine Straße zu kommen. Wäre es wie eine Heimkehr oder doch was fremdes?
"Willkommen beim fahrenden Ritter, dem Nottransporter für gestrandete Hexen und Zauberer", leierte der Schaffner die wohl eingeschliffene Begrüßungsansage durch. Julius nickte und gab ihm seine zwei Galleonen für eine einfache Fahrt für zwei Personen. Dann sagte er: "Halten Sie bitte am Parkhaus in der Nähe der Winston-Churchill-Straße."
"Muggelgegend. Da wohnt doch keiner", sagte der Schaffner verdutzt.
"Ich zeige meiner ... Schwester das London der Muggel. Ein muggelstämmiger Bekannter hat da mal gewohnt und uns gebeten, da mal nachzusehen, ob das Haus noch steht."
"Das ist komisch", raunte der Fahrer. "Vor sechs Monaten sind da vier Häuser ... Besser ich halt's Maul. War nich' gerade was feines."
"Okay, fahren Sie uns bitte dahin", stieß Julius aus. Dann stiegen beide ein. Der Schaffner blickte ihnen beiden nach. Die junge Hexe hatte er doch erst vor einigen Tagen im Bus gesehen. Jetzt trug sie diese blauen Segeltuchhosen wie die Muggelmädchen und eines dieser leichten Überziehhemden, genau wie der Zauberer, der ihr Bruder sein sollte. Er hatte jedoch lernen müssen, daß zu viel zu fragen und zu reden ihm nicht bekommen mochte. Er war froh, seinen alten Job wiederbekommen zu haben. So flüsterte er seinem Kollegen, dem Busfahrer Ernie Prang die gewünschte Haltestelle zu.
"Genau so was habe ich insgeheim befürchtet, ... Marie", sagte Julius, wobei er mit seiner gerade als Schwester ausgegebenen Frau Französisch sprach.
"Was meinst du genau, Julian?" Wollte sie dann natürlich wissen.
"Das die Bande vielleicht unser altes Haus angegriffen hat, nachdem der Safu darum wegen der Jahresfrist zusammengefallen ist", erwiderte Julius.
"Könntest wohl recht haben, julian", erwiderte Millie mit einer Spur sonst nicht für sie typischen Verunsicherung. "Aber der Typ hat von vier Häusern geredet."
"Aber weil er, ein Zauberer, wohl keine Muggelnachrichten liest und trotzdem weiß, daß da was passiert ist, macht mir das schon Bauchschmerzen. Wenn die Bande nur unser altes Haus plattgemacht hätte hätten wir halt nur Sachschaden zu beklagen. Na ja, wir werden es ja gleich ... Rrrg!" Der Bus sprang förmlich los wie ein Grashüpfer auf der Flucht. Sie fuhren nun durch das schottische Hochland.
"Hier könnten wir auch mal hin, Nessie suchen", sagte Julius, wobei er weiter Französisch sprach. Millie wollte dann wissen, wen oder was er meinte. So erwähnte er das bei den Magielosen so berühmte, wenn auch bisher nicht wirklich gesichtete Seeungeheuer.
"Ach das. Hat Tante Barbara mir mal erzählt, daß es auch Süßwasserseeschlangen geben soll und in abgelegenen Seen welche hausen sollen. Die kriegten Muggel aber nie zu sehen."
"Echt? Dann darf Tante Babs mir mal sagen, ob die Geschichte um Loch Ness stimmt oder nicht."
"Wir haben doch schon Seeschlangen gesehen, Julian. Die in einem See ist bestimmt nicht anders. Könnte aber auch sein, daß die Leute da das schnuckelige Tier erfunden haben, um Leute anzulocken, die Papierschnipsel hier bei ihnen zu lassen", erwiderte Millie und zeigte einen der ihr gegebenen Geldscheine vor. Julius lachte. Das war ja eh klar, daß die Bewohner am Loch Ness damit richtig viel Kasse machten.
"Nächster Halt, McGonagall Castle!" Rief der Schaffner. Julius stutzte. McGonagall Castle? Wohnte hier etwa Professor McGonagall, die Hogwarts-Schulleiterin? Er blickte sich neugierig um, ob sie womöglich im Bus saß. Doch es stiegen zwei betagte Zauberer und eine sehr dünne Hexe aus. Sie alle besaßen jedoch das schwarze Haar, daß die Verwandlungslehrerin und jetzige Schulleiterin von Hogwarts ihr eigen nannte. Die Männer trugen Schottenröcke, Kappen und Taschen in den Farben, die Julius beim trimagischen Weihnachtsball bei Professor McGonagall gesehen hatte.
"Doch interessant, daß Professor McGonagall noch Verwandte hat", sagte Julius leise. Millie blickte derweil auf das finstere Mauerwerk. Der davon umfriedete Schloßbezirk besaß einen dreieckigen Grundriß, ebenso wie das Hauptgebäude. Die Türme ähnelten dunkelgrauen Zaubererhüten, die mehrere Dutzend Meter nach oben ragten und jede der drei Ecken beherrschten. Im Schnittpunkt des Gebäudes reckte sich ein weiterer Zaubererhut aus Stein in den Himmel.
"Interessant", sagte Julius und flüsterte seiner Frau zu: "Ich habe dir doch mal erzählt, daß Professor McGonagall und ich die gleichen Urahnen haben. Schon interessant, deren Stammsitz mal zu sehen."
"Ja, und eine von den Eauvives hat einen von denen geheiratet", wisperte Millie zurück, während der Bus wieder anfuhr. Julius nickte. Das mußte ja so sein, weil er bei der Öffnung der Säulen der Gründer in einer Prüfungsszene Megan Bakersfield geborene McGonagall darzustellen hatte.
Wieder übersprang der Bus eine gehörige Strecke und hielt auf einer Landstraße. Dort stiegen Ceridwen Barley und ein Begleiter ein, der sich wohl nicht ganz sicher war, ob er diesem Vehikel trauen konnte. Da Millie und Julius auf dem obersten Deck saßen dachten sie, daß die beiden sie hier wohl nicht antreffen würden.
"Wieso fährt die mit dem Bus. Die kann doch Flohpulvern oder Apparieren", wunderte sich Millie.
"Die schon, Millie. Wenn ich das betretene Gesicht von ihrem Begleiter richtig blicke könnte das ihr nichtmagischer Ehemann sein. Den darf sie nicht beim Apparieren oder Flohpulvern mitnehmen", flüsterte Julius zur ohnehin schon französischen Sprache. Millie nickte. "Der hat keine Ahnung, wie ruckelig dieses Vehikel ist", setzte er noch leicht schadenfroh hinzu. Da fuhr der Bus auch schon an, jagte die Straße entlang, wobei Laternenpfähle wie aufgescheuchte Tiere aus dem Weg sprangen und Häuser, die es wagten, etwas weiter auf den Gehsteig zu ragen, blitzartig einige Meter nach Hinten zurückschraken, als der magische Bus mit ihnen zusammenzustoßen drohte.
"Also ich mach die Zauberkunst-UTZ-Klasse auf jeden Fall, um diesen Raumverschieber zu lernen", stieß Julius begeistert aus, während die aus dem Weg gehüpften und gewichenen Pfähle und Häuser hinter dem Bus wieder auf ihren gewohnten Standplatz zurückkehrten.
"Daß die Muggel in diesen Häusern das nicht mitkriegen wundert mich", sagte Millie.
"Eben das ist ja das geniale an diesem Bahnfreiheitszauber, denke ich. Weil die ja sonst gleich den Katastrophendienst anrufen würden wegen Erdbeben", sagte Julius. Dann sah er, wie Ceridwen Barley mit ihrem Begleiter die letzten Stufen der schmalen Treppe erklomm und nach einem freien Sofa Ausschau hielt.
"Setz dich besser schnell hin, Darrin. Wenn dieser Verrückte da unten angezeigt bekommt, daß die Treppe frei ist ...", setzte Ceridwen an, als der Bus auch schon mit einem weiteren Satz einige Dutzend oder hundert Kilometer übersprang. Beide neuen Fahrgäste verloren das Gleichgewicht und schlugen auf den ausgelatschten Teppich zwischen den Sitzmöbeln hin.
"Was ist das denn, Ceridwen?!" Erschrak der Mann, der mit der Gamotshexe eingestiegen war. Diese half ihm auf und sah sich um. Dabei erblickte sie die beiden auf Geschwisterpaar machenden Besucher aus Frankreich.
"Der fahrende Ritter überspringt manche Strecke in wahllosen Abständen und Entfernungen, um den Muggeln nicht aufzufallen", sagte Ceridwen, bevor sie die beiden mit einem Wink und einem Nicken begrüßte. Dann blieb der Blick der grünblauen Augen an Julius hängen. Gerade fuhr der Bus in eine Kurve ein, so daß das Oberdeck gehörige Schlagseite bekam.
"Hallo, junger Mann", hörte Julius Ceridwens Stimme in seinem Kopf. "Ah, also doch Julius Latierre und kein Sohn Ursulines." Julius hatte offenbar mit einer Wimper gezuckt, als er die Botschaft erhalten hatte. Er begrüßte Ceridwen Barley wortlos und mentiloquierte dann: "Will meine alte Wohngegend besuchen. Trete als Millies Bruder auf, um die Mugggel, die mich sonst noch kennen könnten nicht zu blöden Fragen anzuregen."
"Du hast Mentiloquismus ausgezeichnet erlllernt. Madam Whitesand hat wahrlich nicht übertrieben. Viel Vergnügen, wenn es denn eines wird!" Erhielt er zurück. Dann befaßte sich die rothaarige Hexe, in deren Adern McFustys Blut floß mit ihrem Mann darrin. Erst als dieser sich beruhigt und in sein Schicksal ergeben hatte sprach sie Millie auf Französisch an und ließ sich von ihr bestätigen, daß sie eine Latierre sei und mit ihrem Cousin Julian einen Stadtbummel machte. Bruder und Schwester hätte ihr die gute Ceridwen wohl nicht abgekauft. Julius wechselte dann zum Englischen zurück und unterhielt sich während der nächsten zehn Minuten mit der bekannten Zaubertrankbrauerin und auch sonst begnadeten Hexe über die letzten Tage hier in England. Dann war Darrin Barley erlöst. Sie stiegen vor einem imposanten Schloß aus, das der Schaffner als "Dragonridge Castle" ansagte.
"Wir kriegen doch mit der Ruckelschleuder was geboten, Marie. Das ist der Stammsitz der McFustys, der Drachenhüter von den Hebriden."
"Dann besucht Ceridwens Muggelgatte jetzt die Schwiegereltern?" Fragte Millie.
"Deshalb war der wohl auch so betreten, als er einstieg", scherzte Julius. "Aber soweit ich weiß hat er dem Clan schon einen Sohn für die Nachfolge hinbekommen. Die McFustys sind noch echte Patriarchen."
"Ich weiß. Ich habe die Drachenhütergeschichte auch gelesen. Drachen sind nicht nur für euch Jungs interessant, wenngleich ich mir so'n Biest echt nicht in meinen Garten stellen würde", erwiderte Millie. Dann ging die Fahrt schon weiter.
"Nächster Halt, Hogwarts!" Rief der Schaffner.
"Hui, so nahe kamen wir vorgestern nicht ran", sagte Julius. Tatsächlich hielt der fahrende Ritter genau vor dem mächtigen Tor, daß eigentlich von zwei geflügelten Steinebern bewacht wurde. Doch einer von den Ebern war wohl während der Schlacht gegen die Todesser abgeschossen worden. Nur der Sockel, auf dem er gestanden hatte ... Da rumpelte es auf dem untersten Deck, und Julius sah, wie vier schrankbreite Zauberer in derben Umhängen einen Brocken aus Marmor durch die Tür bugsierten, der eindeutig ein Ersatz für den fehlenden Flügeleber war.
"Wir haben uns voll die geniale Reisezeit ausgesucht", freute sich Julius. Eigentlich war ihm danach, auch hier auszusteigen, um den Zauberern zuzusehen, wie sie die wuchtige Abbildung auf den freien Platz befördern würden. Sicher waren in dem Flügelschwein einige wichtige Zauber verankert, weil sie es ja sonst geschrumpft und per Apparition hätten transportieren können. Doch der Zauberkunstpapst Pinkenbach gebot, daß Bezauberungen von Gegenständen ihre Grenzen hatten.
"Nicht die Tür aus den Angeln brechen und ..." Knirsch! Shunpikes Warnung kam eine Sekunde zu spät. Der Motor stoppte. "Mann, müssen wir die jetzt erst wieder korrekt einbauen", knurrte der Schaffner und rief: "Ernie, wir müssen erst die Tür wieder einsetzen und die ganzen Zauber wieder einränken, bevor wir springen dürfen."
"Konnten die Trolle nich' kucken, wie sie die Marmorsau durchschieben mußten. Rein ging's doch, ey", blaffte jemand. Julius vermutete, daß es der Fahrer war.
"Liebe Fahrgäste, es tut uns leid, daß wir hier ungeplant zwischenhalten müssen. Aber die Herren Bauzauberer, die unser verehrtes Hogwarts reparieren, haben beim Raustragen eines wichtigen Bauschmuckstücks unsere Tür rausgebrochen. Damit die Sicherheit für Sie weiterhin optimal bleibt müssen mein Kollege und ich die Tür erst einmal wieder korrekt einsetzen. Bitte verbleiben Sie an Bord! Wir fahren in wenigen Minuten weiter."
"Schön, dann können wir von hier aus zugucken, wie Hogwarts ... Oha oha!" Sagte Julius. Dann erkannte er, wie renovierungsbedürftig die Mauern um das Schloß und das Schloßgebäude selbst waren. Er sah entwurzelte Bäume in den früher so gepflegten Parks. Da wo Hagrids Hütte gestanden haben mochte war der Halbriese dabei, wuchtige Baumstämme zurechtzuhauen, um sich ein neues Blockhaus zu bauen. Ganze Wandstücke mit Fenstern waren herausgebrochen. Julius erinnerte es etwas an Beauxbatons, wenngleich die Schäden dort nicht so heftig waren wie hier.
"Ui, da hat Beaux nach dem Angriff der Schlangenmenschen und Riesenvögel aber besser ausgesehen", sagte Julius. Millie betrachtete das Schloßgebäude.
"Joh, sieht schon erhaben aus, nur ein wenig dunkler als angenehm wäre. Schade, daß Martine damals nicht zu euch hindurfte."
"Der große, starke Kerl ist Rubeus Hagrid, Wildhüter und vielleicht immer noch Lehrer für Zaubertiere", stellte Julius Millie den gewaltigen Mann vor, der doppelt so hoch wie ein gewöhnlicher Mensch war. Millie bestätigte, daß sie ihn wohl an der Größe erkannt hatte. Da kam auch noch Hagrids "kleiner Bruder" Grawp und schleppte unter jedem der unförmigen Arme einen ganzen Baumstamm an.
"Holla", staunte Millie. "So einen in echt zu sehen ist schon heftig. Der war auch bei Dumbledores Beerdigung?"
"Ja, was der guten Madame Matine gewisse Verärgerung bereitet hat", sagte Julius. Da flog gerade einem der Bauzauberer, die den Ersatzsteineber mitgebracht hatte, der Hut vom Kopf und stieg nach oben. Julius schwante, wer dafür verantwortlich war. Ja, und da kam er auch schon um die Ecke gesegelt, breit grinsend, seine listigen Augen auf den enthuteten Zauberer gerichtet.
"Hoffentlich kommt der nicht vom Gelände runter", grummelte Julius. "Das ist Peeves."
"Euer schuleigener Poltergeist", knurrte Millie. Der hutlose Zauberer versuchte derweil, seine Kopfbedeckung mit einem Accio-Zauber zurückzurufen. Doch Peeves ließ den Hut immer wieder von ihm wegfliegen. "Könnte meinen, daß sei ein kleiner Junge, den irgendwer böses in einen Poltergeist verwandelt hat", meinte Millie. Julius mochte ihr da zustimmen. Es sah schon albern aus, was Peeves da anstellte. "Solche Telekinesestreiche haben Onkel Otto und Gilbert schon mit zehn Jahren hinbekommen, habe ich mir erzählen lassen."
Es rumpelte im Bus. Dann knisterte es mehrmals. Julius versuchte zu hören, ob Fahrer und Schaffner Zauberformeln sprachen. Doch er hörte nur ein leises Murmeln. Dann erzitterte der Bus einmal kurz. Es klapperte, als die Tür einmal auf- und wieder zugeschlagen wurde. Dann verkündete der Schaffner, daß die Tür wieder eingebaut und mit dem Bus korrekt verbunden sei. Laut röhrend sprang der Motor an. Der fahrende Ritter fuhr einige Meter rückwärts, um dann mit einem Ruck anzufahren. Wenige Dutzend Meter Weg später sprang der Bus von Hogwarts fort. "Nächster Halt, London Chelsea, Parkhaus Ecke Winston Churchill und König-Charles-Straße!"
"Lag wohl auf dem Weg", scherzte Julius. Als der Bus dann stillstand verließen seine Frau und er das gewöhnungsbedürftige Transportmittel. Der Dreidecker fuhr ratternd an, bog um die Ecke und verschwand mit lautem Knall.
"So, in der Straße habe ich bis zur Einschulung in Hogwarts gewohnt", flüsterte Julius. Millie nickte.
Ihrer Rolle als französisches Geschwisterpaar entsprechend gingen die beiden leise über die Stadt selbst schwatzend in die Straße hinein, deren Bewohner zur besser verdienenden, wenn auch noch nicht superreichen Schicht der Bürgerschaft gehörten. Julius erkannte, daß doch noch viele Häuser so waren, wie er sie bei seinem letzten Aufenthalt hier in Erinnerung gehabt hatte. Über drei Jahre war das jetzt her, daß Mrs. Priestley ihn aus seinem Elternhaus mitgenommen hatte, weil sein Vater seine Mitarbeit mit ihr verweigert hatte.
"Ui, da vorne", sagte Julius auf französisch, als sie in die Nähe der Stelle kamen, wo eigentlich sein Elternhaus hätte stehen müssen. Doch dort, wo es und die drei unmittelbaren Nachbarhäuser hätten stehen müssen, klaffte ein Krater im Boden, der mit behelfsmäßigen Holzbrücken überspannt wurde. Er stand da wie vom Donner gerührt. Japanische Touristen hielten mit ihren Video-, Analog- und topaktuellen Digitalkameras auf dieses nicht zu einer geordneten Stadt gehörende Bild. Bauarbeiter waren andauernd damit beschäftigt, die gähnende Grube mit Kies aufzufüllen. Andere hantierten gerade an Rohrleitungen für Wasser und Gas. Weitere prüften wie die Nervenstränge eines Riesen aussehende Stromkabel.
"Da war es mal", sagte Julius nur. Er dachte an die Nachbarn wie Mrs. Stalker, die zwar immer neugierig hinter ihm und seinen Eltern hergeglotzt hatte, die Bennetts, die sich immer was auf ihre Apfelbäume eingebildet hatten, an denen sich Julius mit den anderen Bubblegum-Banditen jeden Herbst bedient hatte und sich bis heute den fragwürdigen Ruhm anrechnen konnten, vom alten Bennett nie erwischt worden zu sein. Die Suttons vom Haus nebenan hatten Julius ein paar mal zu Gast gehabt, wenn seine Eltern in die Oper oder ins Theater gingen, um ihren gesellschaftlichen Repräsentationspflichten nachzukommen. Sollten die alle dabei draufgegangen sein, nur weil die Todesser ihre Wut an Haus Nummer dreizehn ausgelassen hatten? Für einen Moment sah Julius die unmittelbaren Nachbarn mit anklagenden Mienen vor sich aus dem Krater aufsteigen wie Gespenster, die den gewaltsamen Tod ihrer Körper beklagten. Millie kniff ihm jedoch so kräftig in den Arm, daß diese Vorstellung schlagartig im Nichts verschwand.
"Das meinte dieser Pickelträger. Die haben euer altes Haus in die Luft gesprengt, um es restlos auszuradieren. Denen war das drachenscheißegal, wen die dabei umbrachten. Auf die paar Muggel kam's denen wohl nicht an", flüsterte Millie, die natürlich mitbekommen hatte, daß Julius einen Moment einem tiefen Schuldgefühl verfallen war. Dann deutete sie auf ein Schild, um das sich welche von den anderen Touristen drängten. "Da steht vielleicht drauf, was die Muggel dazu gesagt haben", erwiderte Millie und ging los. Julius erkannte, daß sie erfaßt hatte, was ihm hier noch wichtig war. Er wollte wissen, wie das passiert war. Zumindest wollte er die Muggelweltversion dieser Katastrophe erfahren. Vielleicht bekam er von irgendwem die Zaubererweltfassung zu hören. Ceridwen Barley hatte das wohl auch gewußt, sonst hätte sie ihm nicht zugedacht, es könne auch kein Vergnügen für ihn sein, in seine alte Gegend zurückzukehren. Es fiel ihm schwer, die Rolle des Touristen durchzuhalten, der von dieser Ansicht fasziniert war und nichts interessanteres in seinem Leben zu Gesicht bekommen hatte. Schließlich standen sie vor dem Schild. Es war im wesentlichen eine Gedenkliste.
Dieser Krater öffnete sich um 01.05 Uhr am 7. März 1998 auf Grund einer Gasexplosion und riß die Häuser 11, 12, 13 und 14 ins Verderben. Dabei kamen sechzehn Personen ums Leben, drei wurden mit schweren Körperverletzungen und Schocks in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Berechnungen der Londoner Polizei und Feuerwehren ergaben, daß ein großer Vorrat unangemeldeten Wasserstoffs und Sauerstoffs im Keller des Hauses Nummer 13, das zum Zeitpunkt des Unglücks leer und zum Verkauf stand, zur Explosion gebracht wurde. Dabei wurde die Gasleitung im Heizungskeller zerstört, was wenige Sekunden darauf eine Folgeexplosion auslöste. Dabei rutschten die vier Häuser dreißig Meter in die Tiefe. Die im Ausland ansessige Eigentümerin des Hauses konnte nicht erreicht werden. Die Bezirksverwaltung Chelsea und die Stadtverwaltung Großlondons bedauert mit tiefem Beileid den Tod von ...
Julius konnte sich gerade so noch beherrschen. Da las er die Namen von Leuten, die er gekannt hatte. Die Stalkers und Suttons waren alle unter den Toten. Aber was ihn noch heftiger erschütterte als das Unglück selbst, das war der Umstand, daß seine Mutter davon irgendwann etwas hatte mitbekommen müssen. Sie und Joe Brickston hatten in Millemerveilles doch Internet. Wieso war Julius nicht darauf gekommen, seine eigenen Internetverbindungen zu prüfen, um zu erfahren, was mit dem Haus passiert war? Sollte er seiner Mutter jetzt einen Vorwurf machen, weil sie ihn nicht vorgewarnt hatte? Sie hätte ihm sagen können, daß das Haus nicht mehr stand. Das hätte vielleicht genügt. Außerdem schwang im Text auf dem Schild ein unausgesprochener Vorwurf mit. Man behauptete, daß im Kellerlabor seines Vaters noch eine Menge Wasserstoff und Sauerstoff gelagert gewesen wäre. Ganz ausschließen konnte er das nicht, weil seine Mutter das Haus nach dem Verschwinden seines Vaters vielleicht nicht mehr besucht hatte. Oder hatte sie es besucht, um sicherzustellen, daß es überhaupt verkauft werden konnte? Das mußte er schleunigst klären.
"Komm, wir müssen hier weg, bevor wem auffällt, daß mich das da tief getroffen hat", wisperte Julius seiner Frau zu. Sie verstand und zog sich mit ihm zurück, während weitere Touristen, sogar mit Reisebussen, zum ungewöhnlichen Loch in der Stadtlandschaft kamen.
"Die alle sind tot, weil wir da mal gewohnt haben", seufzte Julius, als sie einige Dutzend Meter weg waren. "Warum kam das bei dem Prozeß gegen die Umbridge nicht auf den Tisch. Wenn die da was mit zu tun hatte ..."
"Dann hätten Shacklebolt & Co. das bestimmt erwähnt", erwiderte Millie, die nachfühlte, wie sich Julius fühlen mußte.
"Sechzehn Leute", wiederholte Julius, was auf dem Schild gestanden hatte. "Sechzehn unschuldige Leute."
"An deren Tod du nicht Schuld bist, Monju", stieß Millie unerwartet streng aus. "Rede dir das bloß nicht ein oder laß dir das nach dem Abgang der Todesser noch von denen einreden. Die haben hundert oder mehr unschuldige Leute umgebracht, nur weil es denen Spaß gemacht hat."
"Ja, aber dieser Tiefschlag ohne Ansage, Mamille", erwiderte Julius darauf. "Sieh das mal so, daß sie uns, Mum und mich, damit treffen wollten, nach dem Motto: Wenn wir euch nicht kriegen bringen wir eben alle um, die mal auf zwanzig Meter an euch rangekommen sind."
"Eben, der reine Zerstörungstrieb, Monju. Die kriegten euch beide nicht zu fassen und haben dann zugeschlagen. Wahrscheinlich hat die Umbridge nix davon gewußt, weil die dir das dann ganz bestimmt um die Ohren geklatscht hätte." Julius mußte einmal mehr einsehen, daß seine Frau auch logisch denken konnte. Wenn Umbridge für das Desaster mit dem Krater verantwortlich gewesen wäre, hätten sie es ihr vorgeworfen und sie hätte es ihm andeutungsweise oder ganz offen um die Ohren gehauen, um ihn aus der Ruhe zu bringen. Da sie es nicht getan hatte, war sie dafür nicht verantwortlich gewesen. Es konnten also nur Todesser gewesen sein, die aus den Ministeriumsakten wußten, wo er mit seinen Eltern mal gewohnt hatte. Dann brauchte nur noch wer in das Haus reinzuapparieren, im alten Labor seines Vaters irgendwas aufzubauen und wieder abzuhauen. Vielleicht waren da sogar noch alte Gasvorräte, und der Typ hatte die nur freisetzen und einen verzögerten Zündzauber aufrufen müssen. Aber nein. Dann hätte der Krater anders aussehen müssen und hätte bestimmt nicht die vier Häuser alleine verschlungen. Er fragte sich jedoch, ob der Krater, den er gerade gesehen hatte, nicht vielleicht schon wesentlich kleiner war als ursprünglich. Aber dann hätte es die ganze Straße zerstören müssen. Aber es war ein sauber abgezirkeltes Loch im Boden. Um sich aus den unangebrachten Schuldgefühlen freizustrampeln rechnete er im Kopf durch, wo der Explosionsherd genau gelegen hatte und ob das wirklich eine Explosion war oder etwas, das einen Einsturz auslöste, wie er in Bergbaugegenden immer mal wieder passierte, wenn ausgediente Stollen zusammenbrachen und alles über sich nach unten rissen. Es gab Zauber, die Erde und Gestein verschieben konnten. Vielleicht hatten die Zerstörer etwas in der Richtung angewendet. Aber es war nicht die Umbridge mit ihrer Kommission gewesen. Vielleicht bekam er das noch raus, bevor er wieder nach Frankreich zurückkehrte. Denn hier, das wußte er jetzt, hatte er wirklich kein Zuhause mehr.
"Du möchtest wohl gerne mit deiner Mutter reden, Julius", sagte Millie, als sie weit genug von der Winston-Churchill-Straße weg waren. Hier meinte sie wohl, den Rollennamen nicht mehr benutzen zu müssen. Julius nickte. Er suchte eine Telefonzelle, die im Vergleich zu der vom Zaubereiministerium tadellos in Ordnung war. Dann fiel ihm auf, daß er kein Kleingeld hatte. So blieb ihm erst einmal nichts übrig, als mit seiner Frau U-Bahn-Karten zu kaufen und in Richtung Stadtzentrum zu fahren, wobei sie darauf achteten, keinem scheinbar ziellos herumlaufenden Passanten zu nahe zu kommen oder in die Nähe hibbelig wirkender Männer oder Frauen zu kommen, die mit hektischen Blicken nach einem Ausweg oder lohnender Beute suchten. Julius beschrieb seiner Frau, wo sie noch hinfahren konnten. Das Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud fand Millies Zustimmung. Julius war da auch lange nicht mehr drin gewesen. Außerdem war das legendäre Panoptikum direkt mit dem Planetarium verbunden. Der Besuch dieser Einrichtung könnte ihm von dem Krater in seiner früheren Heimatstraße ablenken. Doch zuerst ging es zu einer Telefonzelle, wo Julius ein Pfund in Münzen einwarf und die Festnetznummer seiner Mutter anwählte: Da war im Moment nur der Anrufbeantworter.
"Hi, Mum, Millie und ich sind jetzt in London und waren gerade in der Winston-Churchill-Straße. Wenn du das gewußt hast, daß da seit dem siebten März ein großer Krater ist, wo früher unser Haus war, dann wäre es schön gewesen, mir das vorher zu sagen. Da standen viele Japaner mit ihren Kameras rum und hielten drauf, als hätte ihr Godzilla da einen Haufen hingeklatscht. Ich konnte auf einem Schild lesen, daß die Stalkers, Bennets und Suttons tot und von den Cramers drei im Krankenhaus gelandet sind. Wenn du das nicht gewußt haben solltest, dann hoffe ich mal, daß du schneller damit fertig wirst als ich. Millie will mit mir jetzt zu Madame Tussauds Wachsfiguren rein und dann ins Planetarium. Mittags sind wir dann wieder bei den Porters. Tschüs!"
"Ich sag's dir noch mal, mein lieber Mann, daß du die Leute nicht umgebracht hast. Die hätten das Haus nur runterbrennen können, um es loszuwerden. Aber die meinten ja, gleich mal wieder den großen Vernichtungsschlag landen zu müssen. Vielleicht war's der abgeblitzte Lord Unnennbar persönlich, der das angestellt hat. Du warst das nicht, und deine Mutter war das auch nicht", sagte Millie. Er nickte, auch wenn es ihm schwerfiel, sich nicht die Schuld daran zu geben. Sechzehn Leute waren tot, weil diese Schweinehunde keine muggelstämmigen Zauberer leiden konnten und einer von denen so stark war, daß sie den unbedingt erwischen und publikumswirksam aburteilen wollten. Aber Millie hatte recht. Sie hätten dann einfach nur das eine Haus mit dem Garten abfackeln müssen. Die drei anderen Häuser waren doch für die Jagd auf ihn völlig unwichtig.
"Das ist euer Staatspräsident", sagte Julius und deutete auf François Mitterands Nachbildung. Millie betrachtete den wächsernen Staatsmann und meinte, daß der womöglich von Didiers Machenschaften nichts mitbekommen hatte. Julius stellte ihr dann noch das britische Kabinett, die ehemalige Premierministerin Thatcher, den Namensgeber seiner Wohnstraße und die königliche Familie vor. Vor der Wachsfigur von Prinzessin Diana lagen frische Blumen.
"Oha, ist fast auch schon wieder ein Jahr her", sagte Julius zu Millie und erinnerte sie an den tragischen Unfalltod der früheren Hoffnungsträgerin des Königshauses.
"Die dürfen hier Blumen hinlegen?" Fragte Millie erstaunt. "Dabei darf man die Puppen da nicht einmal anfassen, wenn man keine Sondergenehmigung hat."
"Fans von der nutzen jede Gelegenheit, ihre Trauer zu bekunden. Blumen machen dem Wachs nichts. Brennende Kerzen wären schlimmer."
"Haben Sie die da hingelegt?" Fragte jemand von hinten auf Englisch. Julius tat so, als verstehe er zwar die Sprache, besäße jedoch einen fürchterlichen französischen Akzent.
"Non, Monsieur, isch ünd mein' Schwester nur 'aben gesäh'n les Fleurs. Das nischt von üns."
"Näh, ihr blöden Froschfresser schmeißt dann ja gleich 'nen halben Blumenladen dahin", schnaubte der Man, der eine Uniform trug, die Julius an einen Hausmeister oder Sicherheitsbeamten denken machte. Der Mann nahm die Blumen wieder weg und sah die beiden mißtrauisch an. Doch weil Millie und Julius kein schuldbewußtes Gesicht machten schob er ab.
"Hat der uns da gerade Froschfresser genannt, Monju?" Fragte Millie. Julius fragte sie scherzhaft, ob sie denn keine Froschschenkel essen würde.
"Keine Froschschenkel und keine Schnecken, Monju. Solltest du mittlerweile wissen, wo wir schon fast ein Jahr verheiratet sind."
"Laß den, wenn der jeden Tag drei Sträuße Blumen hier wegholen muß hat der genug Grund, sauer zu sein."
"Dann sollen die diese Diana-Puppe draußen hintun, damit die Leute ihr Blumen vor die Füße legen können", schnarrte Millie uneinsichtig. Da tauchten aus dem Nichts heraus neue Blumen auf, die vor den Füßen der aufrecht stehend nachgebildeten Prinzessin von Wales landeten. Julius stutzte einen Moment. Dann bedeutete er seiner Frau, besser Abstand zu nehmen, bevor wer vom Zaubereiministerium auftauchen mochte.
"Wer macht denn das?" Fragte Millie. "Wenn das jetzt Muggel gesehen hätten?"
"Tja, kann man mal sehen, daß unsere Welten doch enger zusammengerückt sind, als alle denken. Da sahen sie den Hausmeister oder Sicherheitsbeamten zwischen Königin Beatrix der Niederlande und ihrem Mann Claus hervorpreschen. Seine Hände waren leer.
"Verdammt noch mal", hörten sie ihn schnauben und zur Gruppe der royalen Familie Großbritanniens zurück hetzen. Er nahm die Blumen und lief damit keuchend zurück zur niederländischen Adelsgruppe.
"Ähm, muß ich das jetzt kapieren?" Fragte Julius auf Französisch.
"Das waren dieselben Blumen, die da aufgetaucht sind, Monju", erwiderte Millie und zog Julius in den Seitengang. "Wer immer die da hingelegt hat, hat die mit einem Locorevertus-Zauber belegt. Der macht, daß Sachen nicht geklaut oder von einem bestimmten Ort fortbewegt werden können. Wunder mich, daß du den noch nicht kannst."
"UTZ-Standard", erwiderte Julius. Doch sie hatte schon recht. Es war schon merkwürdig, daß er den Zauber noch nie in Aktion ausprobiert hatte. "Jedenfalls kann das, was damit belegt ist nie weiter als zehn Schritte vom Standort fort oder kehrt nach zwanzig Sekunden wieder dorthin zurück."
"Den schlage ich nachher mal nach, Mamille", erwiderte Julius, als sie wieder das vernehmliche Fluchen des Angestellten hörten.
"Warum kommt das Ministerium nicht dahinter?" Fragte Julius.
"Wenn der nicht die Polizei anruft und das meldet oder ein braver Zauberer oder eine sittenstrenge Hexe das dem Ministerium meldet kann der die Dinger tagelang immer wieder da wegholen", grinste Millie. Doch Julius hatte nicht vor, das anzuzeigen. Es machte ihm sogar etwas Spaß, sich diesen Trottel immer wieder hinter ihm aus der Hand fallenden und an ihren Ausgangsort zurückspringenden Blumen herjagen zu sehen. Doch dafür waren sie nicht hier.
Nach dem witzigen Gruß aus der magischen Welt empfand Millie die Besichtigung einer Inquisitionsgruppe, die gerade eine als hexe angeklagte Frau folterten als schiere Zumutung. "Wie viele Leute haben diese Brüder da umgebracht, weil Sie Angst vor der Magie haben, Monju?"
"Zu viele", erwiderte Julius. Auf Englisch sagte er dann: "Na, ihr Schweinehunde! Hat euch wohl einen nach dem anderen abgehen lassen, die Frauen da zu quälen und deren Privatsachen durchquirlen zu dürfen wie?" Da fiel ihm auf, daß einer der in dunkle Kutten gekleideten Folterknechte erheitert zurückzwinkerte, sich jedoch gar nicht bewegte, bis Julius den ersten kleinen Überraschungsmoment überstanden hatte und dem Mann mal eben an die rechte Hand ging, die warm und weich war. Da griff der Inquisitor zu und schüttelte ihm die Hand kräftig. Millie wollte schon an Zauberei denken, als der Mann grinste und sagte:
"Das hat denen bisher keiner zugerufen, junger Sir! Sie sprechen aber gut Englisch, dafür, daß Sie mit ihrer Verwandten Französisch geredet haben."
"Sie sind auch einer von den Hausmeistern hier oder Aufpasser?" Fragte Julius nun wieder Herr seiner Selbstbeherrschung.
"Aufpasser, junger Sir oder Monsieur. Ich pass auf, daß sich nicht irgendwer an den Puppen hier vergreift oder denen die Daumenschrauben wegnimmt. Es hat leider schon Fälle gegeben, wo die echten Folterinstrumenten nachgebauten Geräte gestohlen und zur echten Folter eingesetzt wurden. Spinner gibt's leider überall, vor allem solche, die meinen, den Teufel anbeten zu wollen."
"Und da haben Sie keine Angst, daß Ihnen so'n Satansjünger mal eins überbrät und sie gleich als Opfer für den Höllenfürsten mitnimmt?" Fragte Julius jungenhaft frei heraus.
"Ich kann Karate und Judo und kann sofort Kollegen herrufen, wenn einer so drauf ist", erwiderte der verkleidete Aufpasser. Julius nickte. Gegen magielose Satansanbeter war das sicher praktisch. Aber er selbst hatte auch schon echte Schwarzmagier mit dieser Kampfkunst überraschen können. Um die Rolle zu wahren übersetzte Julius es für Millie, was der Mann hier machte und daß das keine Hexerei sei. Millie gab ihm zur Übersetzung mit, daß sie sich auch nur gefürchtet hätte, wenn der Mann sich da selbst in einen Dämon mit Hörnern verwandelt hätte, um die gepeinigte Hexe in Sicherheit zu bringen. Dann verabschiedeten sie sich von dem verkleideten Angestellten und setzten ihre Besichtigungstour fort. Julius zeigte seiner Frau die Guillotine im halbdunklen Saal für Mord und Totschlag, sowie einen elektrischen Stuhl, wie er zur Jahrhundertwende in den Staaten den Galgen ersetzen sollte, weil er angeblich eine humanere Hinrichtungsmethode als das Aufhängen sein sollte.
"Na toll, was denen alles für Mordmethoden eingefallen sind", schnaubte Millie.
Als sie schließlich alle namhaften Größen aus Politik, Sport, Film, Fernsehen und Wissenschaft angesehen hatten zogen sie weiter ins Planetarium, wo sie sich einen anderthalbstündigen Vortrag über Sternenentwicklung ansahen und verkleinerte Raumfahrzeuge und das Modell eines Astronauten im Raumanzug ansahen.
"Ja, wie bei Paralax. Hat der Herr gut erklärt, was wichtig war", sagte Millie, als sie mit Julius wieder im Freien war.
"Wir könnten jetzt noch das Haus von Sherlock Holmes besuchen. Das steht hier in der Nähe", sagte er und deutete auf ein Haus im viktorianischen Baustil, das als "Das Haus von Sherlock Holmes" ausgegeben wurde. Natürlich wußte er, daß es nur eine Touristenattraktion war, weil es den britischen Meisterdetektiv ja nicht wirklich gegeben hatte. Womöglich hatten sie aber ein Museum für die Geschichte und Geschichten um diesen genialen Verbrecherjäger dort eingerichtet. Da Millie schon einiges über Holmes gehört hatte stimmte sie zu. Julius zahlte mit dem Rest seines Muggelgeldanteils für sie beide. Die hatten schon gepfefferte Preise hier, fand er. So schlängelten sie sich mit einer französischsprachigen Reisegruppe durch die Räume, die stilecht nachgebaut und eingerichtet waren und hörten sich Passagen aus den berühmtesten Geschichten an.
"... Hatte Sir Arthur Conan Doyle beschlossen, Sherlock Holmes auf der Höhe seines Triumphes sterben zu lassen und schrieb eine Geschichte, wie er seinen größten Gegner, Professor James Moriarti, beim Wasserfall von Reichenbach in der Schweiz im Zweikampf mit in die Tiefe riß. Allerdings protestierten die Fans so massiv und forderten eine Wiederauferstehung, daß Doyle seinem berühmtesten Geschichtenhelden eine Rückkehr und weitere Geschichten schreiben mußte", dozierte die junge, blondhaarige Führerin und deutete auf ein Bild, das den legendären Reichenbachfall zeigte. Julius mußte aufpassen, sich nicht anmerken zu lassen, daß diese Reichenbach-Geschichte eine ganz andere Bedeutung für ihn hatte. Auch Millie wußte darüber bescheid und mußte sich anstrengen, nicht loszulachen. Schließlich waren sie auch aus dem Nachbau von Sherlock Holmes Haus heraus und landeten in einem Souvenirladen, wo es Jagdmützen, karierte Capes, Holmes-Pfeifen und dergleichen Schnickschnack mehr gab. Millie wollte zwar noch einen dicken Wälzer mit sämtlichen Romanen und Geschichten auf Französisch kaufen, schrak aber bei dem Preis zurück, der ihr Muggelgeldvermögen um einiges überstieg.
"Das kriegst du in Paris für die Hälfte, Marie", sagte Julius laut genug, daß die Teilnehmer an der Führung es mithören konnten. "Auch so'n Gipsnapoléon da schmeißen sie dir am Invalidendom hinterher."
"Die sind da aber nicht billiger, Monsieur", fühlte sich eine ältere Dame ermutigt, zu antworten. Sie sprach den Dialekt der Provence, den Julius aus Millemerveilles bestens kannte.
"Das ist wohl so, Madame", erwiderte Julius ruhig.
"Mademoiselle", berichtigte ihn die ältere Dame reflexartig. Dann meinte sie noch, daß sie britische Literatur erforsche und einen Aufsatz über die Kriminalliteratur Großbritanniens vom 18. bis zum 20. Jahrhundert veröffentlichen wolle. Julius erwähnte, daß er mit seiner Schwester auf Besuch bei einem Bekannten in London sei und sich heute einmal die Wachsfiguren und Sherlock Holmes näher ansehen wollte. Die ältere Dame meinte dann noch, daß sie dann aber wohl gut Englisch sprechen müßten, um hier nicht zu verhungern, weil die Engländer sehr überheblich darauf ausseien, daß jeder ihre Sprache zu können habe, vor allem in London. Julius fühlte sich an Joes Eltern erinnert, die ähnliches über die Franzosen und Paris behauptet hatten. Dann verabschiedeten sie sich von der Touristin aus der Provence und zogen weiter.
"Den berühmten Tower kriegen wir vor zwölf wohl nicht mehr ganz durch", sagte Julius zu Millie. "Hoffentlich können wir in den nächsten Tagen hier noch mal hin. Ich würde dir gerne die Sternwarte von Greenwich und die Cutty Sark zeigen."
"Mich würde eher dieser Uhrenturm interessieren oder die Kirche, in der Diana geheiratet hat", sagte Millie. Das war für Julius wie eine Aufforderung, mit ihr noch zur St.-Pauls-Kathedrale zu fahren, um das imposante Gebäude von innen zu erkunden, wo alle königlichen Hochzeiten stadtzufinden pflegten. Danach ging es in eine unbelebtere Seitenstraße.
"Ich ruf jetzt diesen Ritterbus her", sagte Millie. Julius nickte ihr zustimmend zu. Da segelte eine Waldohreule von den Dächern herab und ließ einen Brifumschlag auf Julius Kopf fallen. Bevor Julius es sich recht versah flog der Eulenvogel auch schon wieder davon.
"Mitten in der Stadt? So dringend?" Fragte sich Julius und öffnete den Umschlag. Er zog einen Brief heraus in dem Stand:
Sehr geehrter Mr. Latierre,
wie uns zur Kenntnis gelangte besuchten Sie heute Morgen in Begleitung Ihrer angetrauten Gattin Madame Mildrid Ursuline Latierre den Ort Ihres früheren Elternhauses. Da Sie dort, wie zu befürchten stand, sehr unangenehme Neuigkeiten erfahren mußten, sehe ich mich wohl in der Pflicht, Sie zu einer persönlichen Unterredung zum Zweck der Aufklärung in mein Büro im Zaubereiministerium zu bitten. Sie dürfen Ihre Gattin ruhig mitbringen, wenn Sie wie vorgeschrieben den Besuchereingang benutzen. Da ich nicht weiß, wo und wann die Eule Sie anfliegen wird, da Sie angewiesen ist, Sie nur anzufliegen, wenn keine Muggel in fünfzig Schritt umkreis herumlaufen, kann ich nicht wissen, wann Sie auf meine Einladung reagieren. Sollten Sie in die Winkelgasse oder nach Hogsmeade gelangen, um eine Eule an mich zu senden, teilen Sie mir bitte mit, wann Sie mich aufzusuchen wünschen.
Mit freundlichen Grüßen
Arthur Weasley leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung
"Oha, Mr. Weasley möchte uns erzählen, was mit den Häusern passiert ist", sagte Julius und schickte noch nach, daß die werte Mrs. Barley ihn wohl bei Mr. Weasley angemeldet habe. Millie sah auf ihre Uhr.
"In einer halben Stunde sollen wir bei den Porters sein. Am besten schicken wir von da eine Eule, daß wir ihn irgendwann treffen können." Julius widersprach. Mit dem fahrenden Ritter waren sie doch in einer Minute beim Besuchereingang, wenn er diesem Schaffner ein paar Sickel drauflegte. Ihn reizte, ja trieb es förmlich, die korrekte Geschichte über den Krater in seiner alten Wohnstraße zu erfahren. Doch er wußte auch, daß der fahrende Ritter wohl auch andere dringenden Fahrgäste zu befördern hatte. So ließ er Millie nach dem Zauberbus winken und fuhr mit ihr zusammen zu den Porters, wo er Mr. und Mrs. Porter den Brief zeigte.
"Kann man mal sehen, was alles passiert, wenn man nur eine Woche außer Landes ist", schnaubte Mr. Porter, als Julius ihm erzählt hatte, was er erlebt hatte. Über die Sache mit den Ortsgebundenen Blumen mußte er jedoch grinsen. "Diana-Fans gibt es auch unter den Hexen und Zauberern. immerhin hat sie ja die Königsfamilie um zwei Prinzen erweitert, was auch immer man über ihr Verhältnis zu den Windsors sagen mag."
"Aber das ist doch illegal, Dad", wandte Gloria ein. "Ich meine, die oder der kriegt doch Ärger wegen Zauberei vor Muggeln."
"Wenn sie ihn oder sie kriegen", sagte Plinius Porter. "Dazu muß der Vorfall ja erst einmal angezeigt werden."
"Das könnt ihr dann gleich machen, wenn ihr zu Mr. Weasley geht", gab Gloria diesen Hinweis als indirekte Aufforderung an Millie und Julius weiter.
"Was sollen wir ihm sagen?" Fragte Julius keck.
"Ey, du bist Saalsprecher bei euch. Du mußt dich noch mehr als die andren an die Gesetze halten", knurrte Gloria.
"Erstens bin ich nur Stellvertretender Saalsprecher, Gloria. Zweitens gilt das für Beauxbatons. Drittens liegt das in Frankreich, womit ich hier keine Befugnisse habe und viertens wegen der Schulferien gerade auch keine Vorbildfunktion erfüllen muß. Haben die dir in den Staaten Paragraphen zum Frühstück serviert?"
"Ha-ha-ha, Julius Latierre geborener Andrews", schnaubte Gloria. "Willst du haben, daß nach den Todessern jetzt irgendwelche Clowns und Chaoten die Zauberer- und die Muggelwelt durcheinanderbringen?"
"Zum einen sind mir Clowns lieber als Massenmörder. Zum zweiten hat dieser frustrierte Hausmeister bestimmt irgendwann irgendwen angerufen oder seinen Inquisitor-Kollegen gefragt, ob unter dem Wachs nicht 'ne echte Hexe versteckt ist, die ihn ärgern will oder die Blumen gelassen wo sie waren oder die Polizei gerufen, um der das vorzuführen, wenn nicht erst seinen Vorgesetzten. insofern würde ich Mr. Weasley nur kalten Tee auftischen."
"Genau das denke ich auch, Gloria. So offenkundige Zauberei bleibt nicht lange verborgen, wenn sie sich zudem wunderbar reproduzieren läßt", sagte ihr Vater. Mrs. Porter trat von hinten an Julius heran und bat ihn, vor dem Essen die Kosmetik aus dem Gesicht zu kriegen. Sie wolle ihm dabei helfen. So hatte er einen genialen Grund, sich von der offenbar ziemlich gesetzestreuen Gloria abzuseilen.
Nach dem Mittagessen schickte Mr. Porter eine Expresseule durch den Flohnetzanschluß und kündigte an, daß Julius mit seiner Frau um drei Uhr nachmittags vorsprechen würde. Um viertel vor drei entstiegen Millie und Julius erneut dem fahrenden Ritter. Der Schaffner hatte komisch geguckt, die rotblonde Hexe diesmal in Begleitung eines blonden, breitschultrigen und hochgewachsenen Jünglings zu sehen, wo sie vor einigen Stunden mit einem ebensogroßen, jedoch eher ihr ähnelndem Burschen mitgefahren war. Julius führte Millie das kaputte Ministeriumstelefon vor. Millie meinte dann:
"Da ist der Pariser Besuchereingang weniger umständlich." Julius beantwortete die Anfrage der magischen Frauenstimme und gab als Besuchsgrund "Termin mit Mr. Weasley" an. Als sie dann ihre beiden Besuchermarken angesteckt hatten glitt die Kabine rasch nach unten.
Millie verharrte einige Sekunden im Atrium und betrachtete das Kommen und Gehen der Ministeriumsmitarbeiter und bereits registrierten Besucher. Dann ließ sie ihren Zauberstab registrieren.
"Oh, eine Charpentier-Arbeit", sagte der Zauberstabprüfer. "Kirschbaumholz mit Drachenherzfaser, acht Zoll, fünf Jahre im Gebrauch. Ist das Korrekt?"
"Stimmt alles", sagte Millie und nahm ihren Zauberstab zurück.
"Bitte einen der Fahrstühle benutzen und in das zweite Stockwerk hinauffahren!" Sagte der Zauberstabprüfer dann noch. Julius bedankte sich und führte Millie zu einem der Aufzüge. Dort liefen sie fast in Alexa Hidewoods hinein, die Tochter von Genevra Hidewoods. Millie verglich das Rotblond ihres Haares mit dem der echten Lady unter den Hexen, während Julius seine Frau vorstellte.
"Ach, Sie müssen auch zu Arthur Weasley. Hoffentlich keine Strafanzeige wegen Zauberns vor Muggeln ohne dringenden Notfall."
"Haben wir bisher nicht nötig gehabt", erwiderte Julius.
"Vielleicht auch besser so", erwiderte die Lady. "Ich muß dann wohl zuerst zu ihm rein", sagte sie dann noch.
"Wir haben Zeit", sagte Julius, obwohl er eigentlich keine zeit verlieren wollte.
Als sie auf der Etage für die magische Strafverfolgungsabteilung angekommen waren führte sie Lady Alexa zum Büro von Mr. Weasley. Davor stand ... eine Hexe, die Julius verdammt heftig an Bellatrix Lestrange erinnerte. Doch die konnte das nicht sein. Außerdem trug sie ein hellblaues Tragetuch über der Schulter, in dem ein Baby lag.
"Hallo Andromeda, müssen Sie noch zu ihm hinein?" Fragte Alexa von Hidewoods.
"Hallo, Alexa. mein werter Schwager hat versucht, Mr. Weasley vor dem Prozeß umzustimmen, daß die Anklage wegen Beihilfe zum versuchten Mord an Dumbledore fallen gelassen wird. Oh, die Eheleute Latierre."
"Woher", setzte Millie an und grummelte, weil das gerade doch jeder lesen konnte. Auch ihr war das dunkle Haar der Hexe erst so vorgekommen wie das von Bellatrix Lestrange. Doch die offene und freundliche Art und die Stimme paßten nicht zu dieser Hexe, die sie, Millie genauso unter einem Sonnenspeerzauber Molly Weasleys hatte sterben sehen können wie Julius.
"Moment, Lucius Malfoy darf frei rumlaufen?" Fragte Lady Hidewoods überrascht.
"Nein, nicht er selbst. Er hat von seinem Recht auf Antwort auf die ihm zugegangene Anklage Gebrauch gemacht. Ich wollte gerade zu Arthur hinein, als er Mr. Vane den Brief vorgelesen hat.
"Och, Rommy Vanes Vater ist hier?" Fragte Julius, der die Eltern der nicht gerade schlecht aussehenden, wenn auch etwas nervigen Gryffindor-Jahrgangskameradin gerne mal gesehen hätte.
"Der wird wohl beim Prozeß gegen die Carrows tatsächlich nicht im Gamot sitzen, weil eine der Zeugen seine Tochter ist", sagte die Hexe, die Bellatrix Lestrange ähnlich sah. Dann stellte sie sich korrekt vor: "Andromeda Tonks.
"Wie alt ist der Kleine?" Fragte Millie auf das Baby deutend.
"Muttertier", grummelte Julius auf Französisch. Millie rammte ihm dafür kurz die Fingerknöchel der rechten Hand in die Seite.
"Drei Monate wird er jetzt, junge Madame", sagte Andromeda Tonks. Dabei wirkte sie zum einen traurig und zum anderen glücklich. Julius bemerkte das wohl und fragte, ob mit dem Kind was sei.
"Dem Kind geht es wunderbar, Mr. Latierre. Ich bin nur alleine mit ihm, seit es keine Eltern mehr hat. Das ist mein Enkel Ted Remus."
"Remus? Wie Remus Lupin?" Fragte Julius unüberlegt frei heraus. Ein nicken bestätigte seine Vermutung. Dann ging die Tür auf, und ein Mann mit schwarzer Igelfrisur verließ das Büro. Er wirkte sichtlich verärgert. Als er die Gruppe vor der Tür sah und Julius erblickte stutzte er. Dann verdrängte ein Lächeln die Wut aus seinem Gesicht.
"Ach, der Wunderknabe, von dem meine Rommy mir erzählt hat. Ich hörte es, daß dir in den letzten Jahren einiges fiese passiert ist. Aber du hast wohl mehr Glück gehabt als meine Tochter und die anderen, die in Hogwarts waren. Vane, Blasius Vane." Er schüttelte Julius die Hand.
"Alexa, so leid mir das tut muß ich Sie doch jetzt hereinbitten", hörten sie Arthur Weasleys Stimme. Die junge Lady, Mutter eines bald zwölf Jahre alten Sohnes, nickte den draußen wartenden und betrat das Büro.
"Ich hörte davon, daß die Carrows ihrer Tochter ziemlich übel mitgespielt haben, Sir", sagte Julius.
"Wenn man einem Mädchen das Haar bis auf den Kopf abrasiert und dabei noch mit einem glühenden Messer hantiert ist das wirklich übel", knurrte Mr. Vane. Millie griff sich reflexartig in ihr schulterlanges Haar. Gloria hatte wohl erzählt, was manchen Mädchen in Hogwarts passiert war. Dennoch traf sie die Vorstellung davon immer wieder.
"Wann ist das Verfahren gegen diese alte Sabberhexe?" Fragte Julius.
"Wenn der Lump Lucius und seine verdorbene Sippe die gerechte Strafe erhält", sagte Mr. Vane. Andromeda Tonks blickte ihn verstört an.
"'tschuldigung, Mrs. Tonks, vergesse immer wieder, daß sie und diese hochnäsige Zicke Narzissa an der selben Mutterbrust gesaugt haben. Aber ich bleibe dabei, daß die Malfoys und der Großteil der Blacks üble Schurken sind, die endlich ihr wahres Gesicht gezeigt haben und hoffentlich dafür die gerechte Strafe erhalten."
"Was meine Schwestern taten ist verwerflich, Blasius, das kann und möchte ich nicht abstreiten", sagte Mrs. Tonks beschämt. "Aber wir alle mußten lernen, daß längst nicht jeder aus einer bestimmten Familie gleich der dunklen Seite zugetan ist. Oder möchten Sie im Ernst meinem Enkel hier unterstellen, er habe den Hang zur schwarzen magie geerbt, wo meine selige Tochter und ihr seliger Ehemann erbittert im Phönixorden gekämpft haben?"
"Ich sagte es schon, Andromeda, daß ich nicht jeden aus Ihrer Verwandtschaft, Sie eingeschlossen auf denselben Haufen werfen möchte. Aber der Großteil dieser Bande war und ist verdorben, und Ausnahmen bestätigen nun einmal die Regel."
"Ein paar Ausnahmen auf einmal, Blasius. Mein Vetter Sirius, den alle über Jahre für einen Freundesverräter und Massenmörder hielten, meine Tochter Nymphadora ... Was gibt es da bitte zu grinsen?" Millie und Julius konnten nicht anders als bei dem Namen Nymphadora zu grinsen.
"Entschuldigung, aber der Name ist eine Strafe", meinte Julius.
"Den habe ich meiner Tochter gegeben, junger Mann", fauchte Mrs. Tonks. Doch dann wandte sie sich Mr. Vane zu. "Ja, und ich bin ja wohl auch keine Verbrecherin geworden, oder. Und was meine Schwester Narzissa angeht, so muß erst die Verhandlung klären, welcher Verbrechen sie wirklich schuldig ist. Auch wenn ich ihre Zuneigung zu den Todessern zu tiefst verachte kann ich sie nicht verurteilen, solange nicht klar ist, daß sie sich wirklich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Ich fürchte, wenn Arthur Ihre Vorurteile hier draußen mitbekommt, werden Sie morgen bei der Verhandlung gegen sie und ihre Familie auch nicht im Gamot sitzen dürfen."
"Tja, dann kann die gute Genevra mal wieder für mich einspringen, um den Gamot zu komplettieren, nachdem die Umbridge fast wegen Ceridwens halber Befangenheit von der Schippe gehüpft wäre", erwiderte Mr. Vane. Dann fiel ihm ein, daß seine Frau und seine Kinder zu Hause warteten. Julius bestellte ihm einen schönen Gruß für Romilda, falls sie sich noch an ihn erinnern könne.
"Glenda hat ja immer brav weitergereicht, was dieser Fredo Gillers ihr von dir erzählt hat", sagte Mr. Vane. "Man sieht sich dann morgen, Andromeda."
"Überprüfen Sie bis dahin Ihre Ansichten über die, die Sie anklagen, Blasius!" Gab Mrs. Tonks ihm noch mit auf den Weg. Er ging jedoch ohne Erwiderung in Richtung Fahrstühle.
"Wir wollten nicht respektlos sein, Madam", setzte Julius zu einer Entschuldigung für das unangebrachte Grinsen an. "Wir bekamen erst aus dem freien Tagespropheten mit, daß Ihre Tochter wohl bei der Schlacht von Hogwarts gestorben ist."
"Ihre eigene Tante hat sie ermordet", schnarrte Mrs. Tonks. "Deshalb wundert es mich auch nicht, daß ihr beiden erst so verstört dreingeschaut habt, als ihr mich gesehen habt. Ich sehe Bellatrix zu ähnlich, um nicht im ersten Moment mit ihr verwechselt zu werden."
"Und Sie müssen den Kleinen da jetzt ganz alleine großziehen?" Fragte Julius.
"Das macht mir nichts aus, weil ich weiß, daß seine Eltern für eine bessere Welt gestorben sind, in der er jetzt aufwachsen darf. Abgesehen davon gibt es genug Hilfsmittel für Ammenhexen und alleinerziehende Großmütter. Außerdem hilft sein Pate mir mit Besorgungen und Geld aus, obwohl ich letzteres nicht nötig habe. Aber ich kann es für Ted anlegen, damit er nicht in gebrauchten Sachen nach Hogwarts gehen muß und ihm alle den armen Waisenjungen ansehen. Er ist nicht arm, weil er uns anderen noch hat."
"Schläft er gerade tief oder darf ich den mal richtig ansehen?" Fragte Millie vorsichtig. Mrs. Tonks lächelte und hob den Kleinen aus seinem Tragetuch. Er besaß hellblondes Haar und dunkelgrüne Augen, allerdings eine für ein fast neugeborenes Baby untypische lange Nase. "Och nöh, Ted, nicht doch die Nase", quängelte seine Großmutter. Millie betrachtete den kleinen Jungen, der sie anlächelte und gluckste, als sie ihn fachgerecht in die Arme nahm und ein wenig wiegte, um sein Gewicht abzuschätzen. Da bekam der Junge unvermittelt rotblondes Haar und rehbraune Augen. "Ui, jetzt ist er mein Kind", scherzte Millie. Doch sie lächelte so breit, daß Mrs. Tonks den Spaß verstand. Julius starrte nur eine Sekunde auf die plötzliche Veränderung.
"Ein Metamorphmagus?" Fragte er vorsichtig.
"Ganz meine Tochter", erwiderte Mrs. Tonks strahlend. "Die hellblonden haare hatte er wohl noch von dem Burschen, mit dem wir im Fahrstuhl waren."
"Meine Frau und ich haben letztes Jahr schon mal einen getroffen. Daher haut uns das jetzt nicht so vom Besen wie die meisten anderen", erwähnte Julius. Millie nickte. Der kleine Ted wechselte gerade die Augenfarbe und bekam die selben hellblauen Augen wie Julius.
"Kuck mal, Julius", sagte Millie erfreut. "So kann mal einer von unseren aussehen."
"Nur von wem er dann die lange Nase hat würde mich interessieren", erwiderte Julius. Da schrumpfte die lange Nase zu einer niedlichen Stupsnase zusammen. "Der versteht mich schon?" Fragte Julius.
"Er paßt sich gerne Leuten an, denen er gefällt oder die ihm gefallen", erklärte Mrs. Tonks. "Irgendwie spüren solche Kinder das wohl besser als die, die keine Metamorphmagi sind. Besser, die anderen können das nicht so sichtbar zeigen, wenn sie noch so jung sind."
"Wenn wir den jetzt so mitnähmen, Julius würde Gloria ihre Augen nicht mehr in den Kopf zurückkriegen."
"Die würde glatt denken, du hättest mit mir eine Art Klonkind hingekriegt. Aber ich denke, seine Oma möchte ihn doch lieber wieder mitnehmen." Millie nickte und reichte den Kleinen an Mrs. Tonks zurück.
"Ihr geht doch beide noch zur Schule oder?" Erkundigte sich Mrs. Tonks vorsichtig.
"Das ist richtig, Madam, wir haben gerade unsere ZAG-Prüfungen hinter uns gebracht", gab Julius bereitwillig Auskunft.
"Weil ihr beiden offenbar schon daran denkt, eigene Kinder zu haben. Das ist aber nicht gerade leicht und unbeschwert, wenn man noch nicht mit der Schule durch ist."
"Wir haben eine Schulkameradin, die uns das vorgeführt hat, wie schwierig das ist", erwiderte Millie. "Aber wenn Julius möchte und wir volljährig sind, habe ich keine Angst, mit ihm zusammen wen neues in die Welt zu bringen", gestand Millie.
"Sag ich doch, Muttertier", erwiderte Julius nun auf Englisch.
"Sei froh, daß du nicht so eine Bücherlaus wie Bernadette Lavalette abbekommen hast", knurrte Millie. "Und du wärest bestimmt nicht mit mir zusammen, wenn dir das wirklich so viel Angst machen würde, mit einem Muttertier zusammenzuleben." Julius erkannte, daß jede weitere Bemerkung mehr enthüllen würde, als hier auf einem Flur, vor einer doch fremden Hexe auszuplaudern anstand. So sagte er nur, daß er es bestimmt darauf ankommen ließe, wenn er wisse, wie seine Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten stünden. Mrs. Tonks nickte ihm zu. Der kleine Ted bekam gerade quietschgrünes Haar. Mrs. Tonks packte ihn wieder sicher in das Tragetuch und machte wiegende Bewegungen, um ihn einzulullen. Dann verließ Lady Alexa Hidewoods das Büro. Sie wirkte zwar betrübt, aber irgendwie auch erleichtert.
"Die Einladung von damals ist noch nicht erfüllt worden, Mr. Latierre. Wie lange bleiben Sie noch in England?" Fragte sie Julius.
"Ich möchte mir gerne den Prozeß gegen die Malfoys und den gegen die Carrows ansehen und hoffe, vor dem vierundzwanzigsten Juli wieder nach Frankreich zurückkehren zu können."
"Dann frage ich meine Mutter, ob der 21. Juli in Ordnung geht", mentiloquierte sie Julius und sagte laut: "Dann werde ich meine Mutter fragen, ob sie in diesem Zeitraum noch einen Termin frei hat. Bis dann."
"Andromeda, ich habe die beiden kurzfristig eingeladen, weil ich ihnen etwas erklären muß. Können Sie solange noch warten?" Fragte Mr. Weasley, der seinen feuerroten Haarkranz durch die offene Tür steckte. Mrs. Tonks nickte. Julius geleitete Millie in das Büro, das mit einem breiten Schreibtisch, mehreren Aktenschränken und vier Besucherstühlen neben dem großen, blauen Chefsessel ausgestattet war. An der Wand hingen große Bilder von ehemaligen Leitern dieser Behörde, und auf dem Tisch reihten sich Familienfotos, die mal zwei und mal sieben Kinder auf verschiedenen Altersstufen zeigten. Sie alle winkten den Gästen des neuen Strafverfolgungsleiters. Julius winkte zurück und machte das V-Zeichen für die rundliche Molly Weasley, die gerade im Vordergrund eines Fotos mit den sechs Jungen erschien. Ihm fiel auf, daß sie da wohl gerade Kind nummer Sieben trug.
"Sie kennen meine Frau?" Fragte Mr. Weasley erstaunt. Julius merkte an, daß ihr Bild im Miroir war, wweil sie die auch in Frankreich verachtete Bellatrix Lestrange besiegt habe. Mr. Weasley strahlte stolz. Julius und Millie boten ihm an, sie zu duzen. Noch seien sie nicht volljährig, und sie seien ja weder im Gerichtssaaal noch in einer Schulstunde. Mr. Weasley nickte, putzte noch einmal seine brille und setzte dann an.
"Also, ich hörte von Mrs. Barley, daß ihr beiden deine alte Wohnstraße besuchen wolltet, Julius. Ich weiß nicht, ob deine Mutter dir erzählt hat, was dort passiert ist. Ich habe ihr zwar eine Eule geschickt. Aber sie hat mir nicht geantwortet."
"War schon sehr heftig, dieses Riesenloch in der Straße zu sehen. Wundere mich echt, daß das noch keiner zugemacht hat", sagte Julius frei heraus.
"Da sind sie jetzt bei, nachdem sie die Trümmer aller hineingerissenen Häuser untersucht und alle darunter begrabenen geborgen haben. Jetzt können sie es zuschütten. Eine Firma, die Grundstücke kauft und verkauft unterhandelt mit den Hinterbliebenen und Grundstückseigentümern, wenngleich wohl kaum noch jemand dort ein Haus hinbauen möchte. Aber der wahre Grund, warum das passiert ist ist der, daß am Vortag des Unglücks ein Trupp Todesser das Grundstück deines Elternhauses gestürmt hat und das Haus nach Hinweisen oder Anhaltspunkten durchwühlt hat, um dich aus Frankreich zurückzuholen. Ich habe von meinem unseligen Vorgänger Yaxley ein lückenloses Protokoll darüber geerbt."
"Und die haben Natürlich nichts gefunden, weil wir, also meine Mutter und ich, nichts hinterlassen haben", sagte Julius.
"Sie suchten Haarproben von deiner Mutter oder dir, um einen wirksamen Fernfluch auf euch schleudern zu können. Offenbar war Ihr-wißt-schon-wer darauf aus, dich persönlich anzugreifen, weil deine Ruster-Simonowsky-Begabung ihm ein Graus und eine Bedrohung zugleich war. Yaxley meinte sogar etwas, daß er sich für einen totalen Fehlschlag rächen wollte, konnte jedoch nicht ausführen, was für ein Fehlschlag das war. Jedenfalls hat Ihr-wißt-schon-wer mit seinen Leuten nichts gefunden, was euch angreifbar gemacht hätte. Aus unbefriedigtem Rachedurst gab er dann den Befehl, dieses Haus und alle Nachbarhäuser vom Erdboden verschlingen zu lassen. Er hat deine Nachbarn gefoltert, ob sie mehr über dich wüßten. Doch weil sie außer eurer Adresse überhaupt nichts wußten hat er sie an die Wände ihrer Häuser angeheftet und mit seinen Leuten den Terradevoratus-Zauber gemacht, einen schwarzmagischen Elementarzauber, der Lebewesen oder Dinge in die Erde stürzen läßt." Julius verzog das Gesicht. Also hatte sich Voldemort doch irgendwie schlau gemacht, wem er das mit den Schlangenmenschen zu verdanken hatte. Oder war es die Sache mit den Bildern oder die Befreiung seiner Freunde. Oder hatte ein überlebender Todesser ihm gesteckt, wer die Party der Sterlings vor dem Totalzusammenbruch bewahrt hatte? Es gab genug, um sich diesen Wahnsinnigen zum Todfeind gemacht zu haben. Und alles hatte getan werden müssen, um ihn nicht zu mächtig werden zu lassen.
"Und dann hat er diesen Zauber angewendet, um die vier Häuser in der Erde verschwinden zu lassen?" Fragte Millie.
"Eigentlich hinterläßt der Zauber keine Spuren. Aber offenbar wechselwirkte die Magie mit der im Umkreis strömenden Elektrizität und großen Metallvorkommen in den Häusern und dem Boden, so daß anstatt eines simplen Verschwindens in der Erde ein Krater aufbrach, der die Häuser in sich hineinstürzen ließ", sagte Mr. Weasley. "Bei der ganzen Aktion entstand kein Erdbeben. Yaxleys Leute haben die anderen Nachbarn dann gedächtnismodifiziert und ihnen damit eingeredet, es habe eine Gasexplosion von großer Stärke gegeben. Sie mußten dann erst alles aus dem Krater umdrehen, um alle Toten zu bergen, bevor die Stadtverwaltung das Loch wieder schließen konnte. Tja, und nach dem Sturz von Ihr-wißt-schon-wem hat Minister Shacklebolt gerade noch rechtzeitig verhindert, daß alle verräterischen Unterlagen im Dämonsfeuer verglühen konnten. Er ist einer der wenigen, die sowas löschen können."
"Dämonsfeuer?" Fragte Julius, der gleich an wütendes Höllenfeuer dachte.
"Schwarzmagisches Feuer, das ein gewisses, bei größerer Ausbreitung unbeherrschbares Eigenleben entwickelt", erwähnte Mr. Weasley. "Wenn Eure Lehrerin euch beibringen kann, wie es gelöscht werden kann, habt ihr wirklich was wichtiges gelernt."
"Kennen Sie Professeur Faucon?" Fragte Millie nun, nachdem sie den rothaarigen Zauberer und Julius in Ruhe hatte reden lassen.
"Von einigen Briefen her und weil ich mit deiner Mutter Briefe ausgetauscht habe, weil immer wieder von einer ausländischen Fluchthilfe die Rede war und ich wissen wollte, wer dahintersteckt. Außerdem hat Yaxley ihren Namen immer mit Verachtung gebraucht. Er war sogar so dumm, sich damit zu brüsten, in einer Herberge namens Maison Des Étoiles mitgeholfen zu haben, Professeur Faucons Mann umzubringen, Taten eines gerade mal ausgewachsenen Zauberers, der seinem neuen Herrn und Meister imponieren wollte. Dafür sitzt er jetzt in Askaban, Verurteilt am fünfundzwanzigsten Juni."
"Das Sternenhausmassaker", erkannte Julius. "Könnte sein, daß die französische Zaubereiverwaltung eine Auslieferung beantragt."
"Genau das hat sie gemacht. Aber da sie bei euch auch nur lebenslänglich als Höchststrafe androhen waren sie damit einverstanden, ihn bei uns sicher untergebracht zu wissen."
"Dann hat dieser wahnsinnige Schweinehund aus einem mir jetzt nicht klaren Grund sechzehn unschuldige Leute umgebracht, um mich zu treffen", schnaubte Julius.
"Deine Zaubergabe war ihm ein Gräuel, Julius. Er hätte dich offenbar sehr gerne als Beispiel für Zaubereidiebstahl angeklagt und dann, weil er nicht wissen konnte, wie stark du wirklich bist, wohl nicht auf einer reinen Gefängnisstrafe bestanden, sondern dich öffentlich hinrichten lassen", vermutete Arthur Weasley. Julius nickte. Genau das hatte er sich immer vorgestellt. Dann bedankte sich Julius für diese Erläuterung. Millie nickte stumm. Julius wollte dann wissen, ob die Malfoys oder Carrows bei dieser Aktion dabei waren, wenn schon nicht Dolores Umbridge.
"Nein, diese Schurkerei hat er mit seinen treuesten unternommen, darunter neben Yaxley, Runcorn und Rowle auch Bellatrix Lestrange und ihrem Mann Rodolphus."
"Dann soll die alte Hure in der tiefsten Hölle schmoren", schnarrte Julius. Rachegelüste waren zwar nicht sein Ding. Aber dieser Wahnsinnigen wünschte er die schlimmsten Strafen, die ein Verstorbener aller Religionen zu erwarten hatte.
"Vielleicht hat in der Nachwelt wer einen fiesen Humor und läßt die als Küchenschabe auf die Welt zurückkommen", erwiderte Millie. "Dann kann man die genüßlich zertreten."
"Rede mir bloß nicht von Wiedergeburt, Millie. Nachher wird die als Kartoffelknolle wiedergeboren, und ich kann mir das Pommes-Essen abgewöhnen, weil ich nicht weiß, ob eine von den Fritten aus der gemacht wurde. Danke nein, die kann gerne ganz aus der Welt bleiben."
"Nun, ich hoffe, euch den Tag nicht doch zu sehr verdorben zu haben", sagte Mr. Weasley betroffen dreinschauend. Julius und Millie bedankten sich artig bei ihm und verließen das Büro. Mrs. Tonks trat nun ein.
"Ob Königin Blanche weiß, daß dieser Yaxley bei der Mördertruppe im Sternenhaus dabei war?" Fragte Millie ihren Mann.
"Ganz sicher weiß die das jetzt", sagte Julius. "Und er kann froh sein, daß er in Askaban verstaut ist. Wer weiß, was Professeur Faucon mit dem angestellt hätte. Da käme deine Küchenschabentheorie wohl eher zum tragen."
"Hättest dich fast verraten, weil du so zielstrebig auf die glückliche Mehrfachmaman geguckt hast, Monju", sagte Millie. Julius nickte.
Mit den Fahrstühlen ging es hinunter zum Atrium und von da aus per Kamin zum Haus der Porters zurück, wo Julius den Gastgebern erzählte, was genau mit seinem Elternhaus passiert war.
"Es erweist sich also doch als wahr, daß nach einer Schreckenszeit die schrecklichen Wahrheiten noch schlimmer auf einen einstürmen können", sagte Mrs. Porter.
Julius erwähnte die Begegnung mit Mrs. Tonks und ihrem Enkelsohn.
"Ja, wie Otto Newton", sagte Gloria. "Myrna hat's mir erzählt, daß ihr den im letzten Sommer getroffen habt." Millie und Julius nickten.
Den Abend verbrachten die Bewohner des Palastes von Plinius mit Schach und Musik. Dann ging es früh zu Bett. Denn morgen wollten Gloria, ihr Vater und Julius wieder im Gerichtstrakt des Ministeriums sein, während Millie mit den Redliefs einen Ausflug nach Greenwich machen würde. Julius ärgerte sich ein wenig, sie dabei nicht zu begleiten. Doch er hatte sich vorgenommen, bei der Verhandlung gegen die Malfoys zuzuhören und wollte davon jetzt auch nicht mehr abrücken.
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Monsieur Descartes bekam schon fast ein steifes Handgelenk vom vielen Unterzeichnen der ZAG- und UTZ-Urkunden. Doch die große Befriedigung ließ ihn die sachten Schmerzen vergessen. Diese Arbeit empfand er als sein erhabenstes Vorrecht, jetzt noch mehr, nachdem er von Didier für lange Zeit aus dem Amt verdrängt worden war. Gerade war er beim Buchstaben L angelangt. Von den ZAG-Schülern gab es dieses Jahr vier Stück. Als er Julius Latierres Prüfungsergebnisse sah, pfiff er durch die Zähne. Dann setzte er seinen Namenszug unter das Dokument, daß die Ausbildungsabteilung es für rechtskräftig erkannte. Er nahm dann die Prüfungsergebnisse von Latierre, Mildrid Ursuline zur Hand, prüfte sie auf Korrektheit und nickte. Dann unterschrieb er auch dieses. Bei dem von Lavalette, Bernadette stellte er fest, daß sie bis auf zwei Fächer ansehnliche Zauberergrade erzielt hatte, auch wenn nur wenige ohne Gleichen dabei waren. Dann verfiel er in einen neutralen Prüf- und Abzeichenautomatismus zurück, bis er den Buchstaben P abgearbeitet hatte. Da meldete ihm sein rechtes Handgelenk, daß er besser erst einmal Pause machte, um die Schreibhand auszuschütteln und sie sich erholen zu lassen. Er blickte auf seine Standuhr, die neben der Uhrzeit auch das Datum zeigte. Heute war der sechzehnte Juli. Die Prüfungskommission war früher fertig geworden als im letzten Jahr. Sogesehen konnte er die Ergebnisse schon morgen früh an die Kandidaten verschicken. Ihm fiel ein, daß die jungen Eheleute Latierre sich gerade in Julius' Geburtsland aufhielten. Da würde er wohl eine Expresseule bemühen, wenn der Minister und der auf die Knuts schauende Colbert ihm das erlaubten. Andererseits, so weit war England ja doch nicht von Paris weg, im Vergleich zu einigen Prüflingen, die in Französisch-Guyana wohnten.
Es ploppte im Kamin. Minister Grandchapeaus Kopf blickte aus den tanzenden Flammenzungen hervor. "Hallo, Cicero, sind Sie bereits mit dem Abzeichnen durch?" Fragte der rumpflos scheinende Minister.
"Habe gerade eine Pause eingelegt, nachdem ich alle P-Namen abgehandelt habe, Monsieur Leministre. Ich schätze, bis sechs Uhr heute Abend durch zu sein. Dann können wir die Ergebnisse verschicken. Wie war es in Potsdam?"
"Wishbone aus den Staaten hat versucht, den reuigen Sünder zu geben, es sich aber trotzdem mit denen aus Südamerika und Deutschland verscherzt. Wir haben ein Aktionsabkommen hinbekommen. Die Vorarbeit der Abteilungen für internationale magische Zusammenarbeit, Strafverfolgung und Finanzen war exzellent. Wishbones Ministerium muß außer dem Schadensersatz für die US-amerikanischen Händler auch wegen der unzureichenden Informationspolitik bezüglich dieser apparierfähigen Entomanthropin einiges hinnehmen. Ein international gültiger Opferentschädigungsfond soll den Hinterbliebenen und Opfern der Todesserherrschaft zu Gute kommen. Ich konnte durchsetzen, daß auch Opfer des Didierregimes von dieser Leistung profitieren, da es ja in Folge der Todesserherrschaft entstand. Fast hätten wir noch einen Tag dranhängen müssen, weil Minister Güldenberg eine Diskussion über einen globalen Zauberergerichtshof angefangen hat. Da jedoch niemand bereit war, einen bestimmten Standort zu akzeptieren, wird diese Diskussion auf eine Konferenz verschoben, die im September in Rom stattfinden soll. Natürlich ist es schwierig, die staatliche Gesetzesausübung an ein internationales Gremium abzutreten. Güldenberg argumentierte jedoch damit, daß die Vorherrschaft der Todesser und das Auftauchen einer international operierenden Hexenbande einen derartigen Gerichtshof nahelegten, ähnlich wie die Muggel es für sogenannte Kriegsverbrecher einrichten wollten. Das war natürlich das Argument für die altehrwürdigen Minister Arcadi und Torricelli, die rechtliche Souveränität ihrer Amtsbereiche als unantastbar auszurufen. Na ja, Im September sehen wir weiter", faßte der Minister die am Vortag zusammengetretene Ministerkonferenz aus Europa und Amerika zusammen. " Aber zurück zu den ZAGs", kehrte er zu Descartes Zuständigkeit zurück. "Die war offenbar schnell durch, die Kommission. Irgendwelche Ausfälle?"
"Bisher keiner, Monsieur Armand", erwiderte Descartes. "Offenbar hat Didiers Willkürherrschaft die Kandidaten alle beflügelt, jetzt erst recht bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Bei den UTZs gibt es eine, die bis auf ein E nur Os erreicht hat, und bei den ZAG-Kandidaten sind auch zwei, die mehr als fünf Os erwerben konnten."
"Hämm, darunter auch jemand, dessen Familiennamen mit L beginnt?""
"Einer, Monsieur Latierre, Julius", erwähnte der Ausbildungsleiter. "Aber ich habe gerade wegen dieser Ergebnisse eine Überprüfungsanfrage vorliegen, die ich vor dem Versandt der Unterlagen gerne noch mit Madame Maxime und den Prüfern selbst besprechen würde." Dann las er Grandchapeau die Ergebnisse vor. Denn diese würden wohl mehr als nur die Wahl der UTZ-Fächer für Julius' Zukunft bedeuten. Der Kopf des Ministers ruckte einmal vor und zurück. Dann fragte er:
"Gehen Sie wegen der erwähnten Prüfungsanfrage von einer Änderung aus, Cicero?"
"Überhaupt nicht. Die Anfrage entbehrt einer wirklich glaubhaften Begründung", erwiderte Monsieur Descartes. Der Minister lächelte zufrieden.
"Dann erwarten Sie und die anderen erwählten Teilnehmer ab morgen den Zeitpunkt der Zusammenkunft!" Sagte Grandchapeau. Descartes nickte.
Nach einer halben Stunde Pause fuhr der Ausbildungsleiter mit der Sichtung und Unterzeichnung der ZAG- und UTZ-Prüfungsergebnisse fort. Um fünf Uhr setzte er seinen Namenszug unter die UTZ-Ergebnisse von Xavier, Drusille, die im Violetten Saal gewohnt hatte. Er meldete dem Minister seinen Vollzug und erhielt die Genehmigung, die Ergebnisse zuzusenden. Er möge jedoch sicherstellen, daß die Eulen zeitgleich bei den Kandidaten einträfen. So galt es, die am weitesten entfernt wohnenden zuerst anzuschreiben und die am nächsten an Paris wohnenden zu letzt. Spätestens am achtzehnten sollten die Ergebnisse bei allen Kandidaten und Absolventen eingetroffen sein. Er versuchte, Madame Maxime per Kontaktfeuer zu erreichen. Doch der Kamin im Büro der Schulleiterin von Beauxbatons war versperrt. So wählte er den Kamin von Professeur Faucon. Erstaunt sah er, daß diese und ihre ältere Schwester gerade mit Martha Andrews Zauberübungen machte. Er grüßte die drei erheitert. Dann fragte er, ob Professeur Faucon wisse, wo sich Madame Maxime aufhalte.
"So weit sie mir mitteilte besucht sie eine zugereiste Verwandte, Cicero. Sie ermächtigte mich, alle Beauxbatons betreffenden Angelegenheiten entgegenzunehmen und/oder zu bearbeiten. Geht es um die ZAGs und UTZs?"
"Ich benötige eine Unterschrift, daß alle zu den Prüfungen angetretenen Kandidaten von der Kommission erfaßt und bewertet wurden, Blanche. Da Sie also die Ermächtigung dazu erhalten haben bitte ich Sie, mal eben in meinem Büro vorbeizuschauen und die Liste zu prüfen und abzuzeichnen. Des weiteren ist Ihnen wohl auch mitgeteilt worden, das im Zuge zweier ZAG-Prüfungen eine Untersuchungsanfrage vorliegt, über die ich in Anwesenheit von dritten nicht näheres sagen darf."
"Selbstverständlich", erwiderte Professeur Faucon. "Erwarten Sie mich in zwei Minuten!"
"Mit größtem Vergnügen, Blanche", bestätigte der Leiter der Abteilung für magische Ausbildung und Studien und fragte dann noch, wie weit Madame Andrews mit ihrer unverhofften Begabung gedeihe. Diese sagte dazu:
"Madame Faucon hätte es wohl gerne, wenn ich mich in die Obhut ihrer Kollegen in Beauxbatons begäbe. Aber der Altersunterschied hat sie doch überzeugt, daß eine bereits im Leben stehende Dame zwischen Kindern und Jugendlichen nicht gut aufgehoben sei."
"Madame Andrews steht kurz vor der nach den Rehabilitationsgesetzen erforderlichen Grundprüfung auf Erlangung und Gebrauchsfertigkeit ihrer zugeführten Zauberkräfte, Cicero. Madame Eauvive und Madame L'eauvite haben sie sehr sorgfältig unterwiesen, wie ich zufrieden erkennen darf. Bis gleich dann, Cicero!"
"Bis gleich, Blanche", bestätigte Monsieur Descartes und zog seinen Kopf auf seinen Hals in seinem Büro zurück.
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Weil Julius diesmal nicht als Zeuge sondern Zuschauer das Ministerium betreten wollte, mußte er erneut mit der absichtlich ramponierten Telefonzelle nach unten fahren. Mittlerweile gefiel ihm der Stil dieser Besucherschleuse. Allerdings mußte er seinen Zauberstab nicht noch einmal vorzeigen, da dieser bereits registriert war.
"Weiß wer, wie viele Zeugen bei der Verhandlung gegen die Malfoys aufgerufen werden?" Fragte Julius Glorias Vater, der diese und ihn wieder begleitete.
"Nicht genau. Aber es werden wohl weniger sein als bei der Verhandlung gegen Umbridge", erwiderte Mr. Porter.
"Wegen diesem Schnösel Draco hätten die mich auch als Zeugin aufrufen können", erwiderte Gloria.
"Dann hätten die bis Weihnachten zu tun, weil ganz Hogwarts dann in den Zeugenstand geladen worden wäre, mindestens die Jahrgänge, die den Typen mitbekommen haben, also auch der von Prudence und Cho", erwiderte Julius kalt und trocken wie Trockeneis dazu. Gloria warf ihm zwar erst einen vorwurfsvollen Blick zu, nickte dann jedoch zustimmend.
"Abgesehen davon geht es vordringlich wohl um die Taten seiner Eltern", sagte Mr. Porter, als er für sich und seine Begleiter freie Plätze auf einer der Zuschauerbänke ausguckte. Julius sah Mr. Vane in der pflaumenblauen Kleidung der Gamotmitglieder, ebenso wie Mrs. Barley. Mr. Weasley trug einen dunkelblauen Umhang mit silbern abgesetztem Stehkragen und hatte sich wohl am Morgen besonders viel Mühe gegeben, seinen feuerroten Haarkranz zu ordnen, fiel nicht nur Gloria auf, die als Tochter einer Kosmetikhexe auf äußere Erscheinung aboniert war.
"Vor dem Saal sind wohl schon wieder zwanzig Leute, darunter auch Fudge und Harry Potter", kam Julius darauf, was ihm beim Betreten des großen Gerichtssaales aufgefallen war. Gloria nickte. Womöglich würde der frühere Zaubereiminister aussagen, ob der alte Malfoy ihn nun bestochen oder erpreßt hatte oder ob dieser arrogante Reinblütigkeitsfanatiker so getan hatte, als sei er ein Wohltäter der Zaubererwelt.
"Mr. Weasley wirkt sehr angespannt, als wolle er gleich gegen wen kämpfen", stellte Julius fest.
"Klar, die Malfoys haben nie einen Hehl daraus gemacht, daß sie die Weasleys verachten", erwiderte Gloria. "Wunder mich sogar, daß er diese Verhandlung mitgestalten darf."
"Er ist der Leiter der Strafverfolgungsabteilung", bemerkte Julius etwas, daß Gloria eh längst wußte. Mr. Porter deutete auf eine massive Tür, die gerade aufschwang. Durch diese wurden drei Personen hereingeführt. Julius hatte seit seinem letzten Schuljahr in Hogwarts nicht mehr direkt gesehen, wie sich Draco Malfoy entwickelt hatte. Bei Dumbledores Beerdigung war er ja nicht dabei gewesen. Doch der Jüngling, der zwischen seinen Eltern hereingeführt wurde, wirkte abgemagert und verdrossen. Keine Spur davon, daß er der Kronprinz einer ehrenwerten Reinblüterfamilie war, fand Julius. Die Malfoys trugen alle grau-blaue Sträflingskleidung wie vor ihnen auch schon die Umbridge. Mrs. Malfoy sah ihren Schwestern Bellatrix und Andromeda eigentlich gar nicht ähnlich. Sie war blondhaarig und besaß helle Augen. Mit spöttischem Blick tastete sie die Reihen der Gamotmitglieder und Zuschauer ab. Mr. Malfoy versuchte wohl, in seiner Lage noch großartig und erhaben aufzutreten. Mit erhobenem Kopf ging er zwischen den ihn flankierenden Sicherheitszauberern auf einen der drei aufgebauten Stühle zu, warf dabei verächtliche Blicke ins Publikum und wirkte so, als würde man ihm hier und heute unrecht tun. Als seine Frau, sein Sohn und er jedoch saßen und klirrend die sich selbst anlegenden Ketten aus den Armlehnen herausschnellten, schien seine aufgesetzte Erhabenheit deutlich abzubröckeln, empfand es Julius mit gewisser Genugtuung. Hatte Catherine Brickston nicht erwähnt, daß er beim Sternenhausmassaker dabei gewesen war? Warum war dann Professeur Faucon nicht vorgeladen worden?
Stille legte sich über die Anwesenden. Der Zaubereiminister ließ dieses Schweigen einige Sekunden wirken, bevor er das Wort ergriff. Julius sah wieder Percy Weasley, der neben einer Hexe im grünen Kleid auf der vordersten Bank saß.
"Der Zaubergamot Großbritanniens und Irlands ist vollständig zusammengetreten", stellte Shacklebolt fest. "Wir stellen fest, daß die Eheleute Narzissa und Lucius Malfoy, sowie ihr gemeinsamer Sohn Draco vor diesem Gericht erschienen sind. Ihnen werden folgende Dinge zur Last gelegt: Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Gruppierung dunkler Hexen und Zauberer, namentlich die Todesser, Wiederholte Bestechung von Zaubereiministerialbeamten, einschließlich Zaubereiminister außer Diensten Cornelius Fudge zum Zwecke einer Beeinflussung zu Gunsten jener kriminellen Gruppierung, die unter Führung von Tom Vorlost Riddle alias Lord Voldemort im letzten Jahr unsere magische Gemeinschaft terrorisiert und gequält hat." Immer noch schraken viele zusammen, wenn der gefürchtete Name des entmachteten Schwarzmagiers fiel. "Lucius Malfoy wurde bereits wegen erwiesenen versuchten Raubes einer aufgezeichneten Erinnerung aus der Mysteriumsabteilung für Schuldig befunden und zu einer zehnjährigen Haftstrafe in Askaban verurteilt, der er sich im Juli 1997 durch die Flucht entzog. Narzissa und Lucius Malfoy werden der Beihilfe am versuchten Mord an Professor Albus Dumbledore beschuldigt, den ihr gemeinsamer Sohn Draco auszuführen hatte. Draco Malfoy wird beschuldigt, im Auftrag des Führers der Todesser Mordanschläge auf Professor Albus Dumbledore geplant und ausgeführt zu haben, wobei in Tateinheit die Schülerin Katie Bell durch einen potentiell tödlichen Fluch schwer verletzt und der Schüler Ronald Weasley beinahe unrettbar vergiftet wurde, sowie in Tatmehrheit Rosmerta Beechroot, Besitzerin und Betreiberin der Gastwirtschaft zu den drei Besen in Hogsmeade, mit dem verbotenen Imperius-Fluch belegt zu haben, um diese zur willenlosen Erfüllungsgehilfin dieser Anschläge zu machen. Des weiteren wird den Malfoys zur Last gelegt, in Befolgung ihrer Verpflichtungen als Mitglieder der verbrecherischen Gruppierung mehrfache Erpressungen, Entführungen und Folterungen begangen zu haben, bei denen sie durch eigenes Handeln oder Zulassung verbotener Taten Angehörige der magischen und nichtmagischen Welt verletzten oder töteten. Lucius Malfoy wird beschuldigt, in seinem Landhaus Malfoy Manor schwarzmagisch bezauberte Gegenstände und gefährliche Substanzen der Stufe sieben und höher aufbewahrt zu haben. Draco Malfoy wird zudem beschuldigt, Beihilfe zur fortgesetzten Mißhandlung seiner Mitschüler im Schuljahr 1997/1998 geleistet zu haben und dabei mehrfach den unverzeihlichen Folterfluch Cruciatus zur Anwendung gebracht zu haben. Bekennen sich die Angeklagten schuldig oder nicht schuldig?"
"Abgesehen davon, daß dieser Prozeß von Leuten geführt wird, die ihre rein persönlichen Gründe haben, mich und meine Familie gesellschaftlich zu vernichten", setzte Lucius mit schleppender Stimme an, "bekennen wir uns nicht schuldig, da wir die vom Gamot vorgehaltenen Taten entweder gar nicht verübt haben oder durch ihn dazu gezwungen wurden. Dies möchte das Gericht bitte anerkennen." Raunen breitete sich im Saal aus. Julius nickte. Das war klar, daß Malfoy sich jetzt als Opfer hinstellte. Das hätte er, Julius, auch so gemacht.
"Sprechen Sie für Ihre gesamte Familie, Mr. Malfoy?" Fragte Shacklebolt. Weasley verzog nur verächtlich das Gesicht und schwieg.
"Ja, ich spreche für meine Frau und meinen Sohn", bestätigte Malfoy.
"Nun, ob es sich bei den Ihnen zur Last gelegten Verbrechen um Taten aus eigenem Antrieb oder Ihnen aufgezwungener Handlungen handelt wird die Beweisaufnahme erbringen", sagte Shacklebolt ganz ruhig. "Der Zaubergamot möchte jedoch bereits im Vorfeld die Anschuldigung des Angeklagten Lucius Malfoy zurückweisen, er sei aus rein privaten Gründen an einer Aburteilung interessiert. Dies würde nämlich unterstellen, daß jedes Mitglied des Gamot mit Ihnen verfeindet sei." Leises Kichern strich durch den Gerichtssaal. Julius mußte auch grinsen. Hatte der zaubereiminister Malfoy doch schön einen eingeschenkt. Es war sicher so, daß Leute wie Arthur Weasley was gegen ihn und seine verdorbene Sippe hatten. Doch wenn jedes Gamotmitglied so eingestellt war, dann doch nur, wenn Malfoy sich mit jedem hier angelegt hatte. Das wiederum spräche ja dann dafür, daß die ihm zur Last gelegten Taten doch begangen worden sein konnten.
"Er hat mich erpreßt", stieß Draco ungefragt aus. "Der dunkle Lord hat mir gedroht, meine Eltern umzubringen, wenn ich nicht bei ihm mitmache."
"Junger Mann, ich sehe wegen Ihrer Jugend davon ab, Sie wegen ungefragten Dazwischenredens zu bestrafen", sagte Shacklebolt mit großväterlicher Betonung. "Ich warne Sie jedoch vor weiteren unerbetenen Wortmeldungen. Ob und wie Sie in die Ereignisse der letzten beiden Jahre verwickelt waren ist ja Gegenstand dieser Verhandlung. Und auch wenn Ihr Vater uns vom Gamot gerade vorgeworfen hat, willkürlich und mit vorgefaßter Meinung vorzugehen, so kann ich Ihnen versichern, daß Sie ausreichend Gelegenheiten erhalten werden, sich zu den Sie betreffenden Anklagen zu äußern. Beginnen wir also."
"Fängt schon mal gut an", zischte Julius Gloria zu, als es darum ging, daß Lucius Malfoy Ministerialbeamte bestochen habe. Hierzu wurden drei Zeugen aus dem Ministerium verhört, die den alten Malfoy immer mit Taschen voller Gold im Ministerium angetroffen hatten. Dann trat Cornelius Fudge auf, der nach eindringlicher Belehrung aussagte, daß er Lucius Malfoy mehrfach in seinem Büro zu Gast hatte und dieser ihm bei finanziellen Engpässen des Ministeriums beratend und helfend unter die Arme gegriffen habe. Fudge, der längst nicht mehr so würdig auftrat, wie Julius ihn beim trimagischen Turnier erlebt hatte, räumte ein, daß die Zuwendungen Malfoys ihn schon zugänglich für bestimmte Ratschläge gestimmt hatten, wobei er jedoch nie auf die den Todessern eigene Diskriminierung von Muggelstämmigen eingegangen sei. Arthur Weasley konnte dazu nur mit dem Kopf schütteln, blieb jedoch weiterhin ruhig. Auf die Frage, welche Bitten Lucius Malfoy im Gegenzug denn vorgetragen hatte und welche davon erfüllt worden seien zählte Fudge Privilegien wie die Teilnahme an Handelsberatungen, Beratungen über die Schulpolitik von Hogwarts und Sondervergütungen wie Plätze in der Ehrenloge bei der Quidditchweltmeisterschaft auf. Fudge beteuerte jedoch, daß er als Minister einem großzügigen Spender für das St.-Mungo-Krankenhaus nicht so undankbar hatte begegnen dürfen, weil die Unterstützung der magischen Einrichtungen seine volle Aufmerksamkeit verlangt hätten. Julius dachte an die Geschichten von Mafia-Bossen, die das Geld aus ihren Untaten in Schulen und Krankenhäusern angelegt hatten, um sich mit blütenweißen Westen zu präsentieren. Da wegen der Bestechungsvorwürfe natürlich auch Fudge Probleme mit dem magischen Gesetz bekommen hatte, hätte er eigentlich die Wahl gehabt, alle ihn selbst belastenden Aussagen zu verweigern. Aber er sagte aus, daß Malfoy niemals von ihm verlangt habe, alle Muggelstämmigen auszugrenzen oder wie Verbrecher zu verurteilen. Somit reduzierte sich der Bestechungsvorwurf darauf, den Minister für mögliche spätere Einflußnahmen gefügig zu halten. Malfoy Senior verzog das Gesicht und funkelte Fudge kurz an. Offenbar zählte er dem innerlich alle Galleonen vor, die er ihm in die Tasche geschmuggelt hatte. Als der Angeklagte sich zu diesem Vorwurf äußern durfte gab er an, immer zum Wohl der magischen Gemeinschaft gehandelt zu haben und begründete seine hohen Zuwendungen mit einem schlechten Gewissen, daß er als wohlhabender Zauberer nicht zulassen dürfe, wie das Ministerium aus reiner Finanznot wichtige Entscheidungen aufschob oder gar verwarf. Ein Gemisch aus Grummeln und zustimmendem Nicken aus dem Publikum quittierte diese Aussage.
"Es war mir nie daran gelegen - und das sagte ich auch schon, als mir vor siebzehn Jahren unterstellt wurde, ich hätte mein Vermögen mißbraucht, um das Ministerium zu bestechen - die magische Gemeinschaft im Sinne mörderischer Absichten auszunutzen. Ich spendete die tausend Galleonen für das St.-Mungo-Krankenhaus, weil mir die Gesundheit aller magischen Menschen wichtig ist und die Heiler dort für unser aller Wohl schuften müssen. Ich legte es nicht darauf an, als inoffizieller Berater des Ministers zu gelten, durfte jedoch nicht einfach ablehnen, wenn der ehemalige Minister Fudge mir dieses oder jenes gewährte. Großzügigkeit ist doch kein Verbrechen, oder?" Viele nickten. Andere verzogen die Gesichter, weil sie Heuchelei witterten. Shacklebolt bestätigte, daß Großzügigkeit kein Verbrechen sei. Doch er wandte ein:
"Solange es kein Handeln auf Gegenseitigkeit ist, Mr. Malfoy. Wer jedoch Geldspenden vergibt, um bestimmte Vorrechte zu erwerben, ist nicht großzügig, sondern berechnend. Großzügigkeit zeichnet sich dadurch aus, daß sie keine Gegenleistung erwartet oder erhält. Also, möchten Sie wirklich darauf bestehen, die von Mr. Fudge erwähnten Summen nur aus reiner Anteilnahme und schlechten Gewissens entrichtet zu haben?"
"Genau das möchte ich", sagte Lucius Malfoy ganz entschieden, ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken.
"Gut, dann darf ich wohl den versuchten Raub von Ministeriumseigentum in Tateinheit mit Einbruch in einen gesonderten Sicherheitsbereich nicht auf Ihr schlechtes Gewissen beziehen, Mr. Malfoy", teilte Shacklebolt einen verbalen Schlag aus, der Julius imponierte.
"Sie wollen mir doch nicht zweimal vorwerfen, ich hätte freiwillig an diesem verwerflichen Angriff auf das Ministerium teilgenommen, Mr. Shacklebolt. Mr. Fudge hielt mir das schon vor, und ich sagte schon damals, daß ich von meiner Schwägerin und deren Ehemann dazu gezwungen wurde, ihm zu helfen, der nicht mit Namen genannt werden darf."
"Das hat Ihnen nichts geholfen, weil verschiedene Zeugen mitbekommen haben, daß Sie damals Harry Potter bedrohten, ihn oder seine Freunde zu töten, wenn dieser nicht die nur ihm und jenem, dessen Namen Sie sich immer noch nicht auszusprechen trauen zugängliche Aufzeichnung überließe. Sie wurden mit anderen auf frischer Tat ertappt und gestellt. Der selige Professor Dumbledore sagte aus, Sie bei den Einbrechern und Handlangern Riddles gesehen zu haben, nicht als unschuldiges Opfer, sondern aktiver Gefolgsmann", erwiderte Shacklebolt. "Daher wurden sie zur zehnjährigen Freiheitsstrafe in Askaban verurteilt. Da Sie die Strafe nicht bis zum Ende verbüßt haben, weil Sie sich mit den anderen bei Ihnen angetroffenen durch die Flucht dem Vollzug widersetzt haben, dürfen Sie schon jetzt damit rechnen, zu den noch ausstehenden neun Jahren zwei wegen aktiver Flucht hinzuzubekommen, Mr. Malfoy. Sie werden mir nicht erzählen können, daß Sie damals schon dazu gezwungen wurden."
"Er bedrohte meine Familie", entgegnete Malfoy. "Wenn Sie mir hier und jetzt das alles vorhalten, was ich entweder gar nicht tat oder nur deshalb, um das Leben meiner Frau und meines Sohnes zu schützen, gehören sämtliche Familienväter in diesem Raum und außerhalb vor Gericht gestellt."
"Ich weiß, daß Sie das jetzt gerne anführen, wenn Sie schon nicht noch mal auf Ihre Einlassung zurückgreifen wollen, damals, während der ersten Aktivitäten jenes Dunkelmagiers unter dem Imperius-Fluch gestanden zu haben", knurrte jetzt Arthur Weasley. "Nur im Gegensatz zu Ihnen weiß ich als Familienvater, daß es meinen Kindern nichts bringt, mich einem Verbrecher anzuschließen, weil dieser dann ja noch mehr Macht hat, mich und meine Angehörigen zu erpressen."
"Das Sie das jetzt sagen ist mir natürlich klar, Weasley. Sie suhlen sich in dieser machtbetrunkenheit, weil Sie als Dumbledores Wasserträger Glück hatten, als sogenannter Sieger hervorzugehen. Aber ich weise Sie auf den Fall Lovegood hin, der hier vor drei Wochen verhandelt wurde. Wenn Sie dem alten Xenophilius damals rechtgaben, daß er bereit war, seinen medialen Widerstand gegen den dunklen Lord und seine Getreuen aufzugeben, weil diese seine Tochter entführten und er deshalb bereit war, den Gesuchten Harry Potter auszuliefern, dann müssen Sie das selbe Maß auch bei mir anlegen", versetzte Malfoy verdrossen. "Ich erhielt wegen meiner Reinblütigkeit und meinen verwandtschaftlichen Beziehungen zu den ältesten Zaubererfamilien dieses Landes eindeutige Anweisungen, mich ihm zur Verfügung zu halten, sofern ich nicht wollte, daß meine Frau oder mein Sohn auf Nimmerwiedersehen verschwänden oder in einem sehr unschönen Zustand wieder auftauchten."
"Wie erging diese Anweisung an Sie?" Fragte Shacklebolt völlig gelassen klingend. Malfoy erzählte dann was von einem Besuch des dunklen Lords, der in Begleitung des bereits getöteten Werwolfs Fenrir Greyback aufgetaucht sei und ihm schöne Grüße von seiner Schwägerin Bellatrix bestellt habe. Diese wiederum habe Anstalten gemacht, Draco umzubringen, weil sie, wo er noch gerade ein Jahr alt war, scheinbar für immer in Askaban verschwand und ihre Schwester sich derweil vergnügen und eine heile Familie gründen durfte. Nur wenn er, Lucius malfoy, auf alle Anweisungen des dunklen Lords einginge, könne dieser die Unversehrtheit seiner Familie garantieren. Julius wurde wütend. Er fühlte es jetzt schon, daß dieser Mistkerl da vorne im Kettenstuhl mit dieser Nummer aus allem rauskam, höchstens ein oder zwei Jahre zu der ihm schon aufgebrummten Strafe absitzen sollte. Dabei konnte er, Julius, dieser verdorbenen Familie ein dickes Ei legen, wenn er sich hinstellte und hier und jetzt aussagte, daß Draco Slytherins Bildergalerie aus einem Versteck geholt und aufgehängt hatte. Doch zum einen konnte er das nicht mit Sicherheit sagen, daß Malfoy Junior die grauenhaften Gemälde hingehängt hatte. Zum anderen war die Galerie des Grauens vom französischen Zaubereiministerium zur Geheimsache erklärt worden, wohl auch, um ihn, Julius, vor Nachstellungen der Todesser zu schützen. So blieb ihm nur, seine Selbstbeherrschungsformel zu denken, während Narzissa Malfoy aussagte, wie sie von ihrer eigenen Schwester Bellatrix Lestrange bedroht worden sei. Ihr Mann habe das dunkle Mal annehmen müssen, um Draco zu schützen. Dieser sei damit bedroht worden, entweder als Werwolf weiterzuleben oder grausam getötet zu werden. Da das Haus der Malfoys so viele verborgene Räume besaß habe Voldemort darauf bestanden, verbotene Zaubertränke und verfluchte Gegenstände dort einzulagern, bis sie gebraucht würden, darunter auch jenes Tagebuch, mit dem 1992 die Kammer des Schreckens geöffnet worden war. Der alte Malfoy lieferte eine windige Erklärung dafür, daß dieses Tagebuch mit einem Ausführungsfluch versehen war, der seinen Besitzer dazu zwang, es möglichst bald nach Hogwarts zu schicken und er die Gelegenheit im Buchladen Flourish & Blotts deshalb genutzt habe, weil er sonst nur die Wahl gehabt hatte, es seinem Sohn Draco zu überlassen. Doch Voldemort habe ihn gewarnt, daß das Tagebuch den, der es in Besitz nähme, vieler Erinnerungen berauben könnte. Andere Todesser, darunter auch jener "böse Wolf" Greyback, hätten Malfoy überwacht, daß er zumindest die Hinterlassenschaften Voldemorts in dessen Sinne einsetze. Malfoy Junior sagte dann total verschüchtert aus, daß Voldemort ihm die Wahl gelassen habe, seinen Vater umzubringen oder Dumbledores Tod herbeizuführen. Doch er habe das nicht gekonnt. Er habe es mit einer verfluchten Halskette versucht. Doch die wäre bei Katie Bell gelandet. Dann habe er von Madame Rosmerta verlangt, Slughorn Met mit Todeszucker zuzuschicken, den er Dumbledore sicher schenken würde. Doch "der alte Fettsack" habe den Honigwein selbst trinken wollen. Wie Ron Weasley den abbekommen hatte wußte Malfoy nicht. Er berichtete, daß er seine Schularbeiten nicht mehr machen konnte und sich einmal mit Harry Potter in einem Toilettenraum duelliert habe, weil der ihn dabei erwischt habe, wie er geweint hatte. Seine einzige Hoffnung sei gewesen, daß der Verschwindeschrank, den er heimlich repariert hatte, genug Todesser nach Hogwarts brächte, um Dumbledore nicht selbst töten zu müssen. Doch sie hatten ihn zwingen wollen, und wenn Snape nicht gewesen wäre, hätte er wohl neben Dumbledore liegen dürfen, weil die Carrows ihn als Versager zur Strafe für seinen Vater hingerichtet hätten. als unerwarteter Zeuge wurde Harry Potter zu diesem Sachverhalt gerufen. Draco sah ihn komisch an, als wollte er ihn fragen, was der schon dazu zu sagen hatte.
"Sie gaben vor kurzem zu Protokoll, die Tötung von Professor Dumbledore im Schutze eines Tarnumhangs und durch einen Erstarrungszauber Dumbledores zur Handlungsunfähigkeit verurteilt beobachtet zu haben, wie Professor Dumbledore zu Tode kam", eröffnete Shacklebolt die Befragung Harry Potters.
"Das stimmt, Sir", sagte der Junge, an dem Voldemorts Macht zweimal zerbrochen war. "Ich habe mit Professor Dumbledore an diesem Abend eine Reise gemacht, um einen Gegenstand zu finden und zu zerstören, von dem er und ich sicher waren, daß Tom Riddle dadurch seine Unsterblichkeit hat. Da das keiner in Hogwarts mitkriegen sollte, mußte ich unter einem Tarnumhang bleiben", setzte Harry an und schilderte nun ohne auf die entsprechende Frage zu warten, was Dumbledore ihm beigebracht hatte und wie sie beide in einer Höhle einen mörderischen Zaubertrank unschädlich machen mußten, dessen Auswirkungen Dumbledore arg geschwächt hatte. Julius lief es immer wieder kalt den Rücken herunter, als er hörte, was Dumbledore unter den Einwirkungen von Voldemorts Höllengebräu erlitten hatte. Als sie beide dann das dunkle Mal über dem Astronomieturm sahen, seien sie auf ihren Besen hochgeflogen. Dumbledore habe ihn ohne Vorwarnung mit einem ungesagten Erstarrungszauber belegt, weil jemand die Treppen heraufgestiegen sei. Da sei Draco Malfoy dann aufgetaucht und habe Dumbledore entwaffnet.
"... Draco Malfoy unterhielt sich dann mit Professor Dumbledore, erzählte ihm, daß er Todesser nach Hogwarts reingeschmuggelt hätte und sagte ihm, daß er ihn jetzt umbringen würde, weil sonst sein Vater oder er dran glauben müßten", hörte Julius Harry sagen. "Professor Dumbledore bot ihm an, ihn und seine Eltern zu verstecken, damit die Todesser ihnen nichts mehr tun könnten. Er hat keine Anstalten gemacht, seinen Zauberstab aufzuheben. Draco Malfoy stand vor ihm und zielte erst mit seinem Stab, dem hier." Er holte den Zauberstab heraus, den er bei der Schlacht von Hogwarts gegen Voldemort geführt hatte. Draco starrte verbittert auf das Stück Weißdornholz, seinen früheren Zauberstab. "Wenn er wirklich vorhatte, Professor Dumbledore zu töten, hätte Draco lange genug Zeit gehabt. Denn die von ihm reingelassenen Todesser hatten unten Schwierigkeiten mit meinen Schulkameraden und den Lehrern. Es dauerte mindestens zwei Minuten, bis dieser Greyback und die Carrows auftauchten. Ich konnte mich wie gesagt nicht rühren, nicht mal was rufen. Dumbledore hatte mich eigentlich gebeten, Professor Snape zu holen. Ich konnte damals nicht wissen, daß der und Professor Dumbledore ausgemacht hatten, daß Dumbledore in so einer Situation getötet werden sollte. Jedenfalls sah ich, daß Draco Malfoy seinen Zauberstab runternahm. Ich bin mir ganz sicher, daß Draco es nicht getan hätte."
"Einem direkt ins Gesicht zu sehen, den man gerade umbringt soll ja auch sehr schwer zu vertragen sein", bemerkte Julius im Schutz eines allgemeinen Gemurmels. Shacklebolt befahl Ruhe und fragte noch einmal:
"Mr. Potter, Sie sind sich wirklich und absolut sicher, daß Draco Malfoy seinen Zauberstab gesenkt hat und er keine Anstalten machte, Professor Dumbledore zu töten?"
"Absolut, Herr Minister", bestätigte Harry. "Draco Malfoy war die Angst in Person, und trotzdem hat er seinen Zauberstab runtergenommen. Erst als die Carrows und dieser Werwolf aufgetaucht sind sah es so aus, als würde er Professor Dumbledore doch noch töten, weil diese Carrow ihn angeherrscht hat, er müsse das tun. Aber dann hat Professor Snape das getan."
"Wir können also davon ausgehen, daß Mr. Draco Malfoy von der Tötungsabsicht zurückgetreten ist, nachdem er nach den fehlgeschlagenen Anschlägen aus der Ferne nur die Wahl hatte, das Ziel von Riddles Mordabsicht von Angesicht zu Angesicht anzugreifen", faßte Mr. Weasley zusammen. Draco sah Harry Potter verdutzt an. Irgendwie meinte Julius, eine unangenehme Dankbarkeit in den grauen Augen des auch so schon blassen Burschen lesen zu können.
"Sie sagten, Mr. Potter, daß Professor Snape und Professor Dumbledore die Tötung Dumbledores schon lange abgesprochen hätten. Woher wissen Sie das so genau?" Wollte die Hexe im grünen Kleid wissen. Harry erzählte nun, wie er kurz vor dem Zusammentreffen mit Voldemort zur heulenden Hütte gegangen sei, wo er Voldemort und Snape belauscht habe. Voldemort habe seiner Schlange Nagini befohlen, Snape umzubringen, weil der Herr der Todesser hoffte, dadurch endgültig der anerkannte Herr über den übermächtigen Elderstab zu werden. Daß das nicht stimmte, weil Draco Dumbledore nur entwaffnen konnte, weil der Stab sich schon ihn, Malfoy als neuen Herren ausgesucht habe, konnte Voldemort da noch nicht wissen. So hätte Harry vom sterbenden Snape eine Menge ausgelagerter Erinnerungen erhalten, die ihm verraten hätten, daß Snape in Harrys Mutter Lily verliebt gewesen sei und deshalb in dem Moment die Seiten gewechselt habe, als diese auf Grund einer Prophezeiung von Voldemort bedroht worden sei. Dabei hätte er auch mitbekommen, was ihm zu tun bevorstand und daß Snape mit Dumbledore nach dem tückischen Fluch auf einem alten Ring ausgemacht habe, daß Dumbledore von Snape getötet werden sollte, wenn eine Situation eintrete, die Dumbledores Tod als einzigen Ausweg für die Schüler von Hogwarts wies. Er, Dumbledore, habe da schon längst gewußt, daß Draco den Auftrag bekommen habe, ihn umzubringen. Um diesen und seine Eltern zu schützen habe er ihn jedoch nicht davon abgehalten, auch wenn die beiden gescheiterten Anschläge fast unschuldige Mitschüler umgebracht hätten. "Professor Dumbledore waren alle Schüler gleich schützenswert, ob Slytherins oder Gryffindors", bekräftigte Harry. "Professor Snape sollte Draco die Last eines vollendeten Mordes abnehmen und Dumbledores bereits feststehenden Tod erleichtern."
"Sie hatten eine magische Gedankenverbindung mit ihm, dessen Namen hier niemand gerne hört oder nennt", schaltete sich nun Mr. Weasley ein. "Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie stark diese Verbindung war. Was bekamen Sie von ihm im Zusammenhang mit seinen Anhängern oder Untergebenen mit?" Julius schmunzelte. Weasley hatte Harry Potter einen Ball zugespielt, den dieser sofort annahm.
"Es stimmt. Durch den gegen mich geschleuderten Todesfluch bekam ich was von Riddles Persönlichkeit ab, das aber nie richtig groß wurde. Aber dadurch konnte ich die Schlangensprache und konnte, wenn er sich nicht durch Okklumentik verschlossen hat, mitbekommen, was er tat. Damit hat er mich ja einmal in eine Falle gelockt, weil er mir vorgemacht hat, er hätte meinen Paten, Sirius Black und foltere ihn. So konnte ich aber mitkriegen, wie er Draco Malfoy dazu zwang, diesen Todesser Rowle zu foltern, der es nicht geschafft hat, meine Freunde und mich gefangenzunehmen." Und dann sagte Harry noch aus, wie seine Freunde und er, weil er ganz unbedarft den Namen Voldemort ausgesprochen hatte, von Greifern des unterwanderten Ministeriums festgenommen und zu den Malfoys verschleppt worden seien, wo Draco prüfen sollte, ob sie Harry Potter in der Gewalt hätten. Draco hätte trotz der Angst vor seiner Tante Bellatrix gelogen. Wenn er ein echter Todesser gewesen wäre, hätte der ihn doch voll reinreiten können. Draco funkelte ihn verärgert an, erkannte dann aber wohl, daß Harry Potter, sein Erzfeind in Hogwarts, ihm gerade Hals und Hinterteil gerettet hatte.
"Nun, Sie gehen also davon aus, daß Mr. Draco Malfoy kein wirklicher Anhänger Riddles war, sondern vielmehr von diesem zu Untaten gezwungen wurde?" Fragte Minister Shacklebolt. Julius hätte in einer Anwaltsserie jetzt bestimmt einen Einspruch der Staatsanwaltschaft gehört. Doch nichts dergleichen passierte. Harry sagte laut und deutlich, daß Draco Malfoy bei keiner Gelegenheit, wo er ihn direkt oder durch Voldemorts Augen gesehen hatte, alles was er tun sollte freiwillig und mit Freude getan hätte. Harry wurde dann entlassen, sollte sich aber draußen für eine erneute Befragung bereithalten.
Draco erzählte nun, weil er erkannt hatte, daß eine lückenlose Aussage das beste für ihn wäre, wie er den Mordauftrag erhalten hatte, wie er von dem Schrank erfahren, die Halskette bei Borgin & Burkes gekauft hatte und wie er seine beiden Klassenkameraden Vincent Crabbe und Gregory Goyle dazu angehalten hatte, als jüngere Schulmädchen vor dem Eingang zum Raum der Wünsche aufzupassen, wo er den anderen Schrank zu reparieren hatte. Goyle, der als einziger von Malfoys Doppelschatten die Schlacht von Hogwarts überlebt hatte, bestätigte das alles. Ihm würde demnächst wohl der Prozeß gemacht, weil er im vergangenen Schuljahr mit den Carrows Mitschüler gequält hatte.
"... Echt, da kommt dieser Typ, den ich mal für'n genialen Kumpel gehalten habe her, hält mir diesen Vielsaftglibber vor's Maul und zeigt mir das Mal vom dunklen Lord auf seinem Arm. "Sauf das und pass vor der Tür auf!" Hat der gesagt. Aber das ich dann als eine von den Erstklässlergören rumzulaufen habe hätte der mir mal vorher sagen sollen. Ich fand mich echt bescheuert, und dieses Mädchenzeugs ist voll widerlich. Man kann ja nicht mal anständig pinkeln mit so'ner Glibberdose zwischen den Beinen. Und wenn die dann noch ihr Monatsding haben ist's ganz fies."
"Nun, über die körperlichen Eigenschaften einer Hexe wissen hier doch viele gut genug bescheid, Mr. Goyle", sagte die Hexe in Grün. Alle Hexen im Gamot nickten, wobei die einen höchstverlegen die Hände vor das Gesicht hielten und andere kindlich vergnügt grinsten.
"Abgesehen von dem Opfer, daß Sie für die Hilfe für Ihren Kameraden bringen mußten, Mr. Goyle, haben Sie irgendwas mitbekommen, was Mr. Malfoy vorhatte?" Fragte Mr. Shacklebolt ungerührt.
"Der wollte so'n ollen Schrank ganzmachen, damit andre Leute vom dunklen Lord an den ganzen Sicherheitssachen um Hogwarts vorbeikämen. hat aber ziemlich lange gedauert, und die blöden Gänse, deren Körper Crabbe und ich ausleihen mußten, hätten bestimmt irgendwann wem verklickert, daß wer ihnen die Haare klaut. Dann wäre das ganze Ding voll für'n Arsch gewesen."
"Offenbar hat sich die Achtung eines gerichtstauglichen Wortschatzes seit meiner Schulzeit in Hogwarts erheblich verringert", erwiderte Shacklebolt. viele im Publikum lachten oder nickten ihm zustimmend zu.
"Der soll froh sein, daß Goyle überhaupt unsere Sprache kann", feixte Julius an Glorias Adresse. Diese nickte mit hochrotem Gesicht. Offenbar waren die derben Worte Goyles für ihre Ohren sehr gewöhnungsbedürftig.
"Nun, vielleicht kann sich Mr. Goyle bis zur ihn betreffenden Verhandlung ja überlegen, wie er seine Aussage protokolltauglich formuliert", sagte die Hexe in Grün kalt wie eis.
"Also, Ihrer Kenntnis nach ging es nur um den Schrank und daß damit andere Todesser nach Hogwarts geholt werden sollten", griff Weasley Goyles Aussage noch einmal auf. Dieser nickte, soweit es sein fast in den Schultern versenkter Hals zuließ. Dann wurde der Zeuge wieder abgeführt, um auf seinen eigenen Prozeß zu warten.
"Also wenn der Gorilla in dem Stuhl da hockt verzichte ich", sagte Julius. "Neue Wörter kann der mir nicht beibringen."
"Der ist nur sauer, wweil alles, was Malfoy von dem verlangt hat für nichts und wieder nichts war", fauchte Gloria. "Als wenn das so wichtig wäre, im stehen zu urinieren."
"Sagen wir's so: Es gibt Männer, die darüber ihre Stärke bestimmen, daß sie irgendwo hinzielen können", sagte Julius leise und fügte hinzu: "Aber schwächer wird keiner davon, mal im sitzen zu pullern."
"Wasser zu lassen oder urinieren oder sich erleichtern", verbesserte Gloria ihn mit schnarrendem Ton. Mr. Porter nickte ihr zwar zu, zwinkerte Julius aber anerkennend zu.
"Nun, hoffen wir doch mal, daß Sie, Mrs. Malfoy, eine etwas gesittetere Ausdrucksweise erlernt haben", sagte Mr. Shacklebolt. "Dann berichten Sie mir bitte, wie Sie von den Mordplänen gegen Professor Dumbledore erfuhren und inwieweit Sie versucht haben, Ihren Sohn zu hindern oder vor der Vergeltung durch Riddle zu beschützen!" Erteilte Shacklebolt nun Narzissa Malfoy das Wort. Diese berichtete nun von anrührenden Verzweiflungsanfällen untermalt, wie ihre Schwester Bellatrix sich dafür eingesetzt hatte, Draco die Tat ausführen zu lassen und wie sie entgegen der strickten Anweisung Voldemorts mit Snape darüber gesprochen habe und dieser sich darauf eingelassen habe, den unbrechbaren Eid zu schwören, Dracos Auftrag auszuführen, wenn dieser es nicht schaffte. Ansonsten war ihr im Schuljahr selbst nichts anderes geblieben als zu hoffen, daß Draco den Auftrag ausführte. Sie habe nicht versucht, ihn davon abzuhalten, weil sie wußte, daß er sonst getötet würde. Dann ging es um das Jahr, wo Thicknesse unter dem Imperius-Fluch Zaubereiminister gewesen war. Lucius Malfoy erwähnte, daß Voldemort ihm klar gesagt hatte, daß das Haus der Malfoys das neue Hauptquartier zu sein habe, da er, Voldemort, befürchtete, daß jemand sie auf dem alten Friedhof bei Little Hangleton aufstöbern könne. Bellatrix habe dabei sehr ängstlich dreingeschaut. Lucius habe gedacht, es sei wegen der Bestimmung des Hauptquartieres. Mrs. Malfoy wandte jedoch ein, daß Bellatrix nie Angst vor dem dunklen Lord gehabt habe, bis dieser Vorfall um die Ostertage passiert sei. Darauf sollte sie dann später eingehen. Die Malfoys berichteten einhellig, wie Voldemort seine Feinde spurlos verschwinden ließ. Mit einer Mischung aus Grauen und ohnmächtiger Wut erfuhr Julius, daß Voldemort die Toten seiner Schlange zum Fraß vorgeworfen hatte. So sei auch die frühere Muggelkundelehrerin Charity Burbage aus der Welt geschafft worden. Draco bestätigte, daß Voldemort ihm angedroht hatte, erst seine Eltern und dann ihn dieser Schlange vorzuwerfen. Dann habe Greyback mit einigen Greifern Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley angeschleppt. Sie sah Arthur Weasley verstohlen an. Doch dieser präsentierte eine wie zu Stein erstarrte Miene unerschütterlicher Selbstbeherrschung. Sie bestätigte, daß sie versucht habe, Harry zu identifizieren und nur Hermine Granger eindeutig identifiziert worden sei. Ihre Schwester Bellatrix habe sie dann wegen Gryffindors Schwert gefoltert, weil sie Angst hatte, die drei wären in ihrem Gringotts-Verlies gewesen. Julius erfuhr, was dann passiert war. Der alte Hauself der Malfoys habe die drei und wohl auch die anderen Gefangenen der Todesser aus dem Keller der Malfoys befreit. Deshalb seien sie alle von Voldemort zu Hausarrest verurteilt worden. Dann habe die Schlacht von Hogwarts bevorgestanden, und die Eheleute Malfoy fürchteten, Draco würde dabei sterben. Draco erwähnte dann, was ihm, Crabbe und Goyle mit Harry Potter passiert sei und gab zähneknirschend zu, daß Potter ihm aus dem von Crabbe entfachten Dämonsfeuer herausgeholfen habe.
"Wie kann so'n Trollhirn mit diesem gefährlichen Zauber herummurksen", entrüstete sich Gloria leise, als wieder einmal ein halblautes Gemurmel durch den Saal brandete.
"Weil er den von trollhirnigen Lehrern gelernt hat", wußte Julius einen Kommentar abzugeben. Dann sagte Narzissa Malfoy, daß sie trotz der Gefahr, grausam bestraft zu werden den dunklen Lord belogen habe, als dieser sie aufgefordert habe, nachzuprüfen, ob Harry tot sei oder nicht. Sie habe ihn leise gefragt, ob Draco noch lebe und im Schloß sei, und Harry habe ihr gesagt, er sei noch dort. Deshalb wollte sie, daß Voldemort Harry nach Hogwarts brachte, ohne ihn noch einmal anzugreifen. Das wäre die einzige Chance gewesen, ihren Sohn zu finden und mit ihm zu flüchten. Julius erinnerte sich, daß er die beiden ohne sich in die zweite größere Schlacht eingemischt zu haben herumlaufen sehen konnte.
"Wieso ist Harry unter dem Todesfluch nicht gestorben?" Fragte Gloria.
"Weil dieser Trottel Riddle für seine Wiederverkörperung Harrys Blut benutzt hat und noch was von ihm in Harry dringesteckt hat", sagte Julius kalt. "War das ein Idiot."
"Achso, dann hat der nur das abgetötet, was er selbst in Harry zurückgelassen hat, konnte ihn aber nicht richtig töten, weil Harrys Blut ja auch in ihm wirkte?" Fragte Gloria. "Das deckt sich mit was, was Oma Jane schon vermutet hat, warum Voldemort sich eines Tages sehr dumm umgucken würde. Jetzt kapiere ich das."
"Harry stand unter einem Segen seiner Mutter, die für ihn gestorben ist. Der Segen floß im Blut. Voldemort hat davon was benutzt, um sich selbst wieder einen Körper zu bauen."
"Hat Professeur Faucon dir das erzählt?" Fragte Gloria, bevor Harry Potter erneut als Zeuge vor dem Gamot Aufstellung nahm.
"Ja, hat sie", erwiderte Julius.
Harry Potter wurde nun befragt, wie er im Jahr der Todesserherrschaft die Malfoys erlebt habe und bestätigte unabhängig von den Angeklagten deren Ausführung über seine Gefangennahme und die Situation im verbotenen Wald, wo Mrs. Malfoy ihm das Leben gerettet hatte, weil sie Voldemort vorgelogen hatte, er sei bereits tot.
"Gut, dann dürfen Sie wieder gehen, Mr. Potter", entließ Shacklebolt den berühmten Zeugen. "Wir nutzen die Gelegenheit, uns bis heute Nachmittag drei Uhr zu vertagen. Die angeklagten werden solange nach Askaban zurückgebracht." Die Malfoys ließen sich widerstandslos abführen.
"Was glaubst du, Julius? Wie lange werden die drei einsitzen?" Fragte Gloria.
"Also was Draco angeht denke ich, daß sie den mit 'ner Bewährungsstrafe durchkommen lassen. Die Nummer vom verängstigten Erpressungsopfer und dem von seinem großen Vorbild so fies enttäuschten hat der gut durchgezogen", sagte Julius leicht verbittert. Andererseits konnte er Draco nicht das Gegenteil beweisen und mußte daher den Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten gelten lassen.
"Der hat sich doch ganz gezielt an ihn herangeworfen. In den Muggelweltgeschichten, wo wer den Teufel ruft um sich mit ihm zusammenzutun passiert das doch auch freiwillig", fauchte Gloria.
"Kommt darauf an, was der Teufel von einem verlangt", erwiderte Julius. "Da haben dann doch einige das kalte Grausen abbekommen."
"Was verlangt der Teufel für gewöhnlich?" Knurrte Gloria schnippisch. "Es geht doch immer darum, daß der, der was von ihm will seine eigene Seele dafür hergibt, die dann in dieser ominösen Hölle tief unter uns landet."
"Nicht immer, Gloria. Wenn ihn eine Frau beschworen hat wollte der häufig mindestens ein Baby von der oder sie dazu einspannen, ihm andere Männer zuzuführen", erwiderte Julius kühl. Gloria sah ihn verdrossen an. So fuhr er fort: "Okay, schon richtig, Gloria, daß die, die den Höllenfürsten gerufen haben ihm ihre Seelen überlassen sollten. Aber um dem Teufel zu zeigen, daß man auch ein korrekter Vertragspartner ist mußten einige Opfer bringen, womöglich die eigenen Angehörigen foltern oder umbringen. Da wird's wohl einige gegeben haben, die dann doch lieber nicht reich oder unsterblich sein wollten."
"Achso, und auf der Schiene kommen die Malfoys jetzt durch?" Fragte Gloria verbittert.
"Sagen wir es so, ich glaube nicht, daß Draco wegen des Mordauftrags wirklich einfährt. Sicher, Katie und Ron sind übel erwischt worden. Aber das waren Kollateralschäden, die zu seinem Glück behoben werden konnten."
"Was ist denn das für ein Wort?" Schnarrte Gloria. Ihr Vater legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte dann zu Julius:
"Sagen wir es so, dem alten Lovegood haben sie es auch nachgesehen, daß er Harry Potter fast ausgeliefert hätte. Die haben sich wunderbar auf diese Verteidigungsstrategie vorbereitet, nur zugeben, was viele bezeugen können und dabei darauf hoffen, daß jeder Zeuge erkennen mußte, daß sie das nicht freiwillig getan haben und ansonsten vorbringen, mit dem Leben der jeweils anderen Angehörigen erpreßt worden zu sein. Der alte Malfoy wird sicher einige Jahre hinter Gitter wandern. Aber was den Jungen angeht gebe ich Julius recht. Der hat sich in jugendlicher Leichtgläubigkeit angebiedert und im Netz von Ihr-wißt-schon-wem verheddert."
"Und das sollen die dem durchgehen lassen?" Fragte Gloria verärgert.
"Die einzigen, die ihm das Gegenteil beweisen könnten sind Todesser, und von denen leben nicht mehr alle oder sind wohlweißlich unauffindbar", bemerkte Mr. Porter dazu.
"Stimmt, wenn Bellatrix Lestranges Geist herumspuken würde könnte man die noch fragen, ob ihre nette Schwester aus Angst oder Verehrung mitgemacht hat", nahm Julius den zugeworfenen Ball auf. Gloria knurrte nur, daß das noch fehlte, "diese Sabberhexe" als Gespenst wiederzusehen.
"Zumindest dürften wir heute schon das Urteil erwarten", stellte Mr. Porter fest, der die vor dem Saal aufgebauten Stühle durchzählte. "Kommen nicht mehr viele."
"Harrys Freunde könnten noch drankommen", vermutete Julius.
"Gehen wir erst einmal was essen", bestimmte Mr. Porter die Marschrichtung der nächsten Stunden. Gloria nickte wortlos.
Als sie wie die anderen zurück in den Gerichtssaal gingen konnte Julius einen Blick auf Andromeda Tonks erhaschen, die mit dem kleinen Ted in einer abgelegenen Ecke platznahm. Wie mochte das jetzt für sie sein, die eigene Schwester vor Gericht zu sehen?
Julius' Vermutung, Hermine und Ron kämen noch dran bestätigte sich nicht. Das wäre dann wohl auch kein Kunststück, wo die drei sich hätten absprechen können. Aber einige der Greifer traten auf. Julius fragte sich, ob diese zerlumpten Typen wirklich auch einmal in Hogwarts gewesen waren. Gloria mußte noch einige Sätze im besten Vulgärenglisch ertragen, bis klar war, daß die Malfoys erst begeistert und dann immer widerwilliger dem dunklen Lord gefolgt waren. Narzissa und Draco wurden von den Handlangern der Todesser sogar entlastet. Einer blökte verächtlich, daß der dunkle Lord die wunderbar am Fürhstrick habe halten können, weil der Junge angst um seine Mutter gehabt hätte und die Mutter Angst um ihren einzigen Sohn. Nur Lucius bekam Probleme, ob er wirklich das arme Erpressungsopfer war.
Gegen sieben Uhr abends wurde der letzte Zeuge aufgerufen, ein Ministerialbeamter, der von Lucius Malfoy dazu angestiftet worden war, ihm Unterlagen über die Mysteriumsabteilung zu beschaffen. Damit war Lucius schon geliefert, dachte Julius.
"Auch wenn normalerweise um acht Uhr der Tag beschlossen wird bitte ich den Zaubergamot darum, die vernommenen Aussagen und Reaktionen heute noch zu bewerten", sagte der Zaubereiminister. Offenbar wollte er mit den anhängigen Verfahren zu Potte kommen, dachte Julius. Die Gamotmitglieder stimmten dem zu. Die Zuschauer wurden nach draußen geschickt, und die Jury aus fünfzig Hexen und Zauberern beriet sich.
Kurz nach halb neun wurden Zuschauer, Zeugen und Angeklagte wieder hereingerufen.
"Es war eine sehr lebhafte Beratung", begann Shacklebolt. "Einige Ansichten konnten sich durchsetzen, andere eher nicht. Deshalb bleibt mir nun nur zu fragen, wie Sie vom Zaubergamot befinden. haben sich die Malfoys der Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Gruppe schuldig gemacht?" Alle stimmten mit ja. Dann wurde gefragt, ob Lucius Malfoy eigennützig oder uneigennützig Geld an das Ministerium und das Krankenhaus bezahlt hatte. Hier war eine kleine Mehrheit der Meinung, daß Malfoy Senior nicht bewiesen werden konnte, daß er auf bestimmte Gegenleistungen abgezielt habe. Das wurmte Julius schon. Auf die Frage, ob das Gericht überzeugt sei, daß die Malfoys Dumbledores Ermordung betrieben hätten sagte ein Mitglied des Gerichts, daß der Vorwurf des Mordversuches aus der Welt sei, weil Dumbledore seinen Tod willentlich in Kauf nehmen wollte und zudem gewußt habe, daß ein Mordauftrag gegen ihn vorlag, den er früh genug hätte vereiteln können und somit nicht arg- oder wehrlos gewesen sei, was auch in der magischen Rechtsprechung die wesentlichen Voraussetzungen für einen Mord seien. Für die Anschläge mit der verfluchten Halskette und dem vergifteten Met wurde Draco jedoch schuldig befunden, wobei ihm, wie Julius bereits vermutet hatte, die Absicht abgesprochen wurde. Er sei, so Mrs. Barley, von den Todessern instrumentalisiert worden, da er als Schüler die Möglichkeiten in Hogwarts besaß, um trotz aller Sicherheitsvorkehrungen Voldemorts Erzfeind zu töten. Er sei zwar nicht im Bann des Imperius-Fluches willenlos vorgegangen, jedoch durch die unbändige Angst um das Leben seiner Eltern unfähig gewesen, von der Ausführung der Straftat noch früher zurückzutreten. Daß er dies tat, als er die beste Möglichkeit besaß, Dumbledore zu töten, sei ihm als weiterer mildernder Umstand anzurechnen. Professor McGonagall warf ein, daß es Professor Dumbledore durchaus möglich gewesen wäre, Draco an der Ausführung der beiden Anschläge zu hindern und sie deshalb im Sinne, alle Schüler von Hogwarts zu schützen einsehen müsse, Draco dafür nicht langfristig einsperren zu können. Narzissa Malfoy wurde aus ähnlichen Beweggrunden von den Vorwürfen freigesprochen, absichtlich auf Dumbledores Ermordung hinzuarbeiten. Da ihr auch sonst keine von ihr verübte Straftat nachgewiesen werden konnte, sollte sie wegen der Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Gruppierung die Hälfte der ausgesetzten Strafe erhalten. Draco wurde zwar wegen der Verwendung des Imperius-Fluches gegen die Wirtin von den drei Besen mit lebenslanger Strafe bedroht, da ihm aber auch hier die Fremdbestimmung durch die Todesser günstig ausgelegt wurde, wurde er mit der Auflage freigesprochen, zwanzig Jahre lang auf alle ministeriellen Berufschancen zu verzichten und lediglich einfache Zauberhandwerksarbeit anzunehmen, um zu lernen, das das Streben nach Macht kein Lebenszweck sei. Narzissa Malfoy erhielt zwei Jahre, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt wurden, sofern sie das gesamte Vermögen ihrer verstorbenen Schwester Bellatrix offenlegte und dem Ministerium überließ. Ihre Schwester Andromeda hatte wohl im Vorfeld schon etwas entsprechendes mit der Strafverfolgung ausgehandelt, erkannte Julius.
"Sie, Mr. Lucius Malfoy, haben sich lediglich der vollendeten Bestechung von Ministerialbeamten schuldig gemacht, weil der Zaubergamot erkannt hat, daß Sie tatsächlich von Tom Riddle alias Lord Voldemort erpreßt wurden. Die für die unter diesem zwang begangenen Taten können mit der bereits ausgesprochenen Strafe gegen Sie verbunden werden, wodurch eine gesamte Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren angemessen ist." Viele nickten. Auch wenn sie Malfoy eigentlich lebenslänglich einbunkern wollten erschien vielen zwanzig Jahre Haft doch schon lange. Dann kam jedoch der Hammer. "Gestern fand in Potsdam, Deutschland ein Treffen der amerikanischen und europäischen Zaubereiminister statt, bei dem erörtert wurde, wie die magische Weltordnung nach den Erfahrungen mit den Todessern sicherer und menschenfreundlicher gestaltet werden könne. Ein Punkt, über den es mehr als eine Stunde große Unstimmigkeit gab, war die Entschädigung der Opfer", sagte Shacklebolt und klang nicht gerade zufrieden. "Es wurde der einhellige Beschluß gefaßt, daß zu verhängende Haftstrafen gegen das Gesamtvermögen der Verurteilten abzuwägen seien, um die für die Witwen und Waisen angefallenen Kosten notwendigen Mittel einzutreiben. Um einen international gleichwertigen Ausgleich zu erzielen einigte sich die Ministerkonferenz darauf, überführten Straftätern einen Teil der Haft zu erlassen, sofern pro Jahr Haftverkürzung eine Entschädigungssumme von zwanzigtausend Galleonen entrichtet würde. Bei Taten, die keine Tötungsdelikte oder Auftragstötungsdelikte seien könne damit auch das gesamte Strafmaß umgewandelt werden, da materielle Hilfe für die Hinterbliebenen wichtiger sei als die Gewißheit, die Täter lebenslänglich einzusperren. Daher ergeht an Sie, Mr. Malfoy, der Befehl, Ihr komplettes Vermögen darzulegen, auf daß wir vom Zaubergamot befinden können, um wie viele Jahre Gefängnis ihre Haftzeit verkürzt werden kann. Des weiteren wird Ihnen lebenslängliches Besuchs- und Arbeitsverbot im Zaubereiministerium auferlegt, sowie die Anweisung erteilt, Ihnen keine öffentlichen Ämter mehr zuzuerkennen und Sie aus allen öffentlichen Ämtern zu verabschieden, inklusive einer Mitgliedschaft im Schulrat von Hogwarts oder dem Finanzausschuß zur Verteilung der Fördergelder für die Quidditchliga. Allerdings können Sie das alles ablehnen und lieber die Haftstrafe antreten."
Malfoy schien zu überlegen. Dann umspielte für einen winzigen Moment ein triumphales Lächeln seine bleichen Mundwinkel. Julius hörte innere Alarmglocken leuten. Da sagte er auch schon:
"Ich erkenne die Entscheidung des Gerichtes an und werde binnen Tagesfrist eine detaillierte Aufstellung meiner Vermögenswerte in das Ministerium schicken."
"Das ist nicht nötig. Sie verbleiben die nächsten zweiundsiebzig Stunden mit ihrer Familie in der Obhut der neuen Vollzugsbeamten von Askaban, während die Mitarbeiter des Ministeriums Ihr Haus und ihre Gringotts-Guthaben prüfen", sagte Shacklebolt und präsentierte ein Drachenhautschlüsselbund mit vier Schlüsseln. "Wissen wir, wie groß die Vermögenswerte in Ihren Verliesen und Ihrem Haus sind, können wir unbeeinflußt von Ihnen bemessen, um wie viele Jahre die gegen Sie verhängte Freiheitsstrafe verkürzt werden kann. Sie werden dann bei Ihrer Entlassung aus Askaban erfahren, ob Sie weiterhin in Ihrem Haus wohnen bleiben dürfen oder nicht." Lucius Malfoy sah Shacklebolt nur so an, als könne es ihm nicht schnell genug gehen. Dann sagte der Minister noch mit einer Spur Verachtung in der Stimme:
"Es wurde gestern auch vereinbart, daß pro Nachkommen ein Teil bis zur Volljährigkeit des Kindes gepfändeten Vermögens zurückgelegt werden muß. Da sie nur den einen Sohn haben müssen wir ein Viertel des gesamtvermögens für diesen Zweck ausklammern. Womöglich müssen Sie dann immer noch für mindestens ein Jahr in Haft, Mr. Malfoy." Doch Lucius zwinkerte nur, als wolle er dem dunkelhäutigen Minister sagen, "Red du nur!" Julius atmete tief durch. Wenn das Schlüsselbund wirklich alle Gringotts-Schlüssel der Malfoys enthielt, hatte diese Bande vier Räume. Wenn für jedes Jahr Haft zwanzigtausend Galleonen abzudrücken waren, und dieser Kerl hatte über eine Million, kam der übermorgen schon wieder raus, wenn die Finanzprüfer des Ministeriums ihren Job erledigt hatten. Julius ärgerte sich. Warum hatte man Malfoy keinen vollendeten mord anhängen können. Weil Dumbledores Tod kein Mord im üblichen Sinne war, waren die drei Vorzeigereinblüter da einer echten Strafe von der Schippe gesprungen. Die Umbridge war wegen verschiedener Tötungsdelikte und weil sie alles freiwillig getan hatte weggeschlossen worden. Lucius Malfoy und seine Bagage könnten bald schon wieder unter freiem Himmel herumstolzieren. Gloria stupste ihn an.
"Der sieht so aus, als könnte der hundert Jahre Haft aus der linken Umhangtasche umwandeln", bemerkte sie. "Meine Eltern könnten dem seine Haftzeit locker abbezahlen, und die stehen nicht im Ruf, so im Gold zu schwimmen wie die Malfoys, die über Jahrhunderte hinweg das Gold zusammengeschaufelt haben."
"Welche Pannemänner und -frauen haben diesen Mumpitz verzapft", knurrte Julius. "Wieder mal die alte Leier. Die Kleinen hängt man auf, und die großen kaufen sich frei. Was hat das noch mit Gerechtigkeit zu tun?" Entrüstete er sich und war damit wohl nicht allein im Saal.
"Leute!" Rief Shacklebolt. "Überlegt doch mal. Wenn wir alle lebenslang einsperren, die unter dem Zwang von Riddle Leute bestohlen oder ausspioniert haben müßten wir eine ganze Stadt zum Gefängnis umbauen. Außerdem bringt das den Hinterbliebenen weltweit nichts ein, wenn die Täter zwar eingesperrt sind, sie aber bettelarm und traumatisiert dahinvegetieren müssen. Haben Sie die ganzen entrechteten Hexen und Zauberer gesehen, die durch die Winkelgasse gezogen sind? Die brauchen alle neue Kleidung, Häuser, Zauberstäbe und Heiler, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Das ministerium muß Personal aufstocken, um die Schäden der Todesserherrschaft zu reparieren. Das alles kostet Geld. Und jetzt frage ich mal in die Runde, woher wir das Geld dafür kriegen sollen."
"Ja, aber nicht, indem so stinkende Aale wie Lucius malfoy sich freikaufen können", blaffte ein alter Zauberer, der nicht zum Gamot gehörte. "Ich habe den alten Abraxas schon gekannt. Der hätte sich 'n ganzes Haus aus Gold bauen lassen können. Wenn der seinem feinen Sohn, dem Kronprinzen, all das Gold vererbt hat, zahlt der euch das Auslösegeld aus der linken Umhangtasche und hat dann immer noch genug, um sich und seiner verdorbenen Sippschaft ein nettes Leben zu gönnen. vierhunderttausend Galleonen! Die schmeißt der Kerl da euch morgen vor die Tür und grinst."
"Meine Herrschaften", sagte Shacklebolt, während Arthur dem entrüsteten zauberer heftig zunickte: "Denken Sie denn alle, mir gefiele das? Mir war das schon klar, daß es einige gibt, die mal eben eine große Truhe holen und damit um fünf, zehn oder zwanzig Jahre Haft herumkommen können. Doch im Endeffekt fehlen diesen Leuten zwanzigtausend Galleonen pro Jahr. Verdient einer von Ihnen so viel?" Einige Heiler im Publikum zeigten auf. Julius konnte es Shacklebolt ansehen, wie wütend der war, und wie sehr er sich darum bemühte, diese Wut zu unterdrücken, den entschlossenen, zu seinen Worten stehenden Minister darzustellen. Er sah sich selbst in Shacklebolts ebenholzfarbenem Gesicht wieder. Auch er hatte einiges schlucken müssen, was ihm nicht gefallen hatte. Auch er hatte lernen müssen, seine Wut zu beherrschen, um seinem Verstand Raum zu lassen.
"Warten wir erst einmal ab, was meine Beamten herausbekommen", sagte der Zaubereiminister mit seiner Soulsängerstimme. "Dann wissen wir mehr. Und jetzt darf ich Sie alle bitten, den Gerichtssaal zu verlassen. Übermorgen findet die Verhandlung gegen die Geschwister Amycus und Alecto Carrow statt."
"Die haben kein Geld zum Freikaufen", schnarrte Blasius Vane, dem der Ausgang dieser Verhandlung auch nicht schmeckte. "Die werden hoffentlich bis zum letzten Atemzug sitzen."
Julius verließ mit gesenktem Kopf den Trakt mit den Gerichtssälen und folgte Gloria, die ebenso verbittert dreinschaute.
"Was sagte mein Onkel Claude einmal: Recht und Gerechtigkeit sind zwei verschiedene Paar Schuhe."
"Dieser Kerl sah so aus, als könne er die vierhunderttausend Goldstücke locker verschmerzen", sagte Gloria.
"Das denke ich nicht, Kind", sagte Mr. Porter. "Wenn Lucius Malfoy im Gefängnis gelandet wäre, dann wäre er für die noch untergetauchten Todesser ein Märtyrer geworden. Außerdem dürften ihm für seinen Lebensstil vierhunderttausend Galleonen weniger sehr schmerzlich vorkommen, wenn der alte Woodbridge recht hat und die Malfoys immer schon im Gold gebadet haben. Ich denke sogar, diese Art Strafe trifft den aalglatten Kerl schlimmer als zwanzig Jahre Haft in Askaban, jetzt, wo da keine Dementoren mehr wachen. Aber vor allem dürfte ihn das lebenslange Ministeriumsverbot und die Verbannung aus allen öffentlichen Ämtern schmerzen. Er darf dann noch nicht einmal Besenputzer bei den Canons sein."
"Oder Ausmister im Drachenreservat der McFustys", entschlüpfte es Julius, der über diesen Vergleich unvermittelt grinsen mußte. "Und sein sauberes Papasöhnchen darf in den nächsten Jahren auch nix anfangen, was Kohle bringt, wenn ich das richtig verstehe."
"Der kann Quidditchprofi werden", fauchte Gloria. "Da kann der auch an die zwanzigtausend und mehr Galleonen pro Jahr abschleppen. Das ist doch wirklich ein Witz, diese Geldstrafe."
"Dann lach doch", erwiderte Mr. Porter verhalten grinsend.
"Wenn ich das Millie auftische lacht die wirklich", bemerkte Julius. "Dann hätte sich Didier auch freikaufen können."
"Die Strafe wird nur bei solchen Leuten angewandt, die niemanden umgebracht haben", erinnerte Mr. Porter sie noch mal.
"Ja, nur ohne geölte Rädchen läuft keine Maschine, auch keine Mordmaschine", erwiderte Julius. "Und dieser Malfoy war ein gut geöltes Rädchen. Wenn der keinen umgebracht hat, hat er doch zumindest sein Haus für Beratungen hergegeben, bei denen Leute umgebracht wurden, wie die bedauernswerte Professor Burbage."
"Ich kenne Shacklebolt nicht so gut", raunte Mr. Porter, während sie sich den Aufzugtüren näherten. "Aber wenn ich den gerade richtig beobachtet habe war der wie ein Kessel kurz vor dem Zerbersten. In dem hat's gebrodelt, weil er Malfoy dieses Angebot machen mußte, um an sein Geld zu kommen."
"Warum sacken die einfach nicht auch so das ganze Geld von erwiesenen Todessern ein?" Fragte Julius. "Die hätten dann, wenn sie echt jemals wieder ungesiebte Luft zum Atmen kriegten nichts als das bloße Hemd über dem Hintern und müßten ganz neu durchstarten."
"Weil, wie du ja auch hören durftest, lieber Ex-Schulkamerad, die unbescholtenen Kinder dieser Leute nicht darunter leiden dürfen", feixte Gloria. "Also, wenn das Duo Brutale übermorgen auch so davonkommt, wandere ich aus, Dad. Dann kann Julius bei seiner australischen Freundin mal anfragen, ob die in Redrock noch ein Bett frei haben."
"Ihr wollt das beide nicht wahrhaben, nicht wahr", sagte Mr. Porter. "Liegt wohl daran, daß ihr bisher nicht darauf angewiesen wart, jede Galleone durch eigene Arbeit zu verdienen", setzte Mr. Porter an. Julius schüttelte den Kopf und fuhr ihm ins Wort.
"Bei allem Respekt des Gastes vor dem Gastgeber: Ihrer Tochter mögen Sie gerne predigen, daß sie erst mal eigenes Geld verdienen mag, um zu blicken, wie wertvoll das ist. Aber zum einen wissen Sie sicher, daß ich damals eine Zauberlaterne erfunden und gebaut habe, die mir patentiert wurde und die mir jetzt schon etwas Geld einbringt. Also habe ich schon einige Galleonen durch eigene Arbeit verdient. Zum anderen frage ich Sie jetzt mal, was dieser Lump Lucius Malfoy in seinem Leben gearbeitet hat, um so überlegen zu gucken, daß er nicht für länger hinter Gitter wandern muß? Also, was hat der Typ für'n Beruf?"
"Hmm, ich hörte mal, daß er Fluchbrecher für Gringotts gewesen sein soll, bevor er diese hochnäsige Dame aus der Black-Sippe geheiratet hat. Nun, aber natürlich haben seine Vorfahren auch einiges an Vermögen zusammengebracht."
"Aha, der lebt also im wesentlichen vom Zaster seiner werten Vorfahren. Und ob die das Gold alle ehrlich verdient haben wissen wir wohl alle nicht", hakte Julius ein. "Ich weiß zumindest von der Familie meiner Frau, daß die ihr ganzes Vermögen durch magische Dienstleistungen und Anerkennungen erworben haben, als das mit den Hexenverfolgungen noch nicht angefangen hat und sich Könige wie einfache Leute Hexen und Zauberer suchten, die sie berieten. meine Schwiegertante Béatrice ist Heilerin, was für mich ein ziemlich stressiger Job ist. Andere aus meiner angeheirateten Verwandtschaft sind im Ministerium beschäftigt, und ich guck mich auch schon um, was ich nach der Schule machen kann. Wenn das Gold, was Lucius Lumpenhund für seine Freiheit abdrücken muß bereits von seinem Vater und dessen Vater zusammengeworfen wurde, nimmt der das wohl ganz locker hin."
"Falls sie ihm seine Auslösesumme in Gold abnehmen", sagte Plinius Porter verhalten. "Ich hörte sowas, daß die Malfoys protzige Kunstwerke und exotische Schmuckstücke angehäuft haben. Sollte herauskommen, daß Sachen in seinem Besitz durch Raubmord beschafft wurden, könnte er als Nutznießer einer Tötungshandlung doch noch im Gefängnis landen und trotzdem einen Großteil seines Vermögens einbüßen."
"Mit anderen Worten, lieber Vater, dich wurmt das genauso wie Julius und mich, daß dieser Drecksack mal eben mit ein paar kisten Gold aus Askaban rauskommt. Du willst das nur nicht zugeben", knurrte Gloria.
"Wie gesagt, wartet das mal ab, ob das Geld überhaupt reicht, was der hat. Ein Viertel davon muß ja sein Kronprinz zur Verfügung haben, der ja schon volljährig ist."
"Dem hätte man den Infanticorpore überbraten sollen und den bei anständigen Zauberereltern noch mal neu groß werden lassen sollen", schnaubte Julius. Er dachte daran, was Aurora ihm über Draco Malfoy erzählt hatte. Wenn die heute im Gerichtssaal gewesen wäre ... die hätte das bestimmt interessiert.
"So, jetzt ist gut, die Herrschaften! Wenn wir uns bis nach Hause gegenseitig anknurren wie Hunde, denen man den Knochen weggenommen hat, machen wir die Sache auch nicht besser", sprach Mr. Porter ein Machtwort.
"Also, die Carrows kriegen Knast. Wenn das nicht passiert, weiß ich echt nicht, ob ich noch an sowas wie Menschlichkeit und Vernunft glauben darf", mußte Julius noch einwerfen. Dann betraten sie den Fahrstuhl nach oben. Vom Atrium aus flohpulverten sie ins Haus der Porters zurück, wo Millie sich von Julius erklären ließ, was ihn so wütend machte.
"Das haben wir in Frankreich doch schon immer gefordert, daß die Schnösel unter den Drecksäcken ihr Vermögen rauszurücken haben, Julius. Lass den Kerl ruhig vierhunderttausend Goldstücke rausgeben, wenn er meint, dann glücklicher zu sein!" Sagte Millie. Julius fragte sie, ob ihre Oma Line damit Probleme hätte. "Sagen wir es so, Julius, ohne das Latierre-Vermögen könnte sie schon leben. Aber wenn ihr wer sagte, sie dürfe ihre Kinder und Enkelkinder nicht mehr um sich haben würde sie in einer Woche tot umfallen", raunte Millie. "Abgesehen davon, daß sie froh ist, uns, und damit auch dir, im Zweifelsfall aushelfen zu können, sollten wir sie höflich um Hilfe bitten. Wenn stimmt, was Gloria und du erzählen und diese Malfoys sich was auf ihren reinblütigen Stammbaum einbilden, könnten dem Enkel oder dem Urenkel dieses Lucius Malfoy vierhunderttausend Galleonen fehlen, um das alte Erbe würdig hochhalten zu können."
"Wie eeben bei den Muggeln. Dieser O. J. Simpson ist auch freigesprochen worden, weil der mit seinem Starsportlervermögen die besten Anwälte der Welt beschäftigen konnte. Warum soll was bei den Muggeln normal ist nicht auch bei den Zauberern normal sein. Nur weil wir all das können, was sonst nur in Märchenbüchern erwähnt wird heißt das ja nicht, daß unser Leben wie ein Märchen verläuft, wo die Guten immer gewinnen und die Bösen grausam für ihre Bosheit bestraft werden", seufzte Julius.
"Moment, Julius. Wenn ich das von Gloria und dir gerade ganz begriffen habe, dann hat dieser Schnösel ab heute Berufsverbot für alles, was Ansehen bringt. Ins Ministerium darf er nicht mal mehr einen Ärmel seines Umhangs reinhalten. Wenn dieser kerl gewöhnt war, immer gut angeschrieben zu sein und mit den höchsten Leuten der Zaubererwelt am gleichen Weinkelch nippen zu dürfen wird dem das ziemlich übel aufstoßen. Er ist jetzt zeit Lebens zum Handwerker abgewertet, dem sein protziges Haus oder wo der wohnt nichts bringt, weil alle wissen, daß er dem falschen Freund nachgelaufen ist."
"Warten wir's ab, Millie", sagte Julius. Doch er verstand nun, daß er selbst da nichts gegen machen konnte. Dumbledore hatte allen, die auf Malfoys Einfahrt gehofft hatten einen Bärendienst erwiesen, als er mit Snape ausgemacht hatte, lieber in einer die Schule bedrohenden Situation getötet zu werden als zuzulassen, daß Malfoy das erledigte.
"Wie hat denn Königin Blanches Brieffreundin McGonagall geguckt, als der Zaubereiminister das Urteil verkündet hat?" Fragte Millie Gloria und Julius. Die beiden mußten zugeben, das nicht mitbekommen zu haben. Da umspielte Millie ein amüsiertes Lächeln. "Dann kann ich mir vorstellen, daß Draco Malfoy im nächsten Jahr nix in Hogwarts zu lachen hat. Der war doch Saalsprecher, ähm, Vertrauensschüler vom Schlangenhaus, oder?"
"Ey, stimmt", erwiderte Gloria. "McGonagall könnte ihm die Brosche aberkennen, die Dumbledore ihm gegönnt hat, weil er sein Amt mißbraucht hat. Immerhin hat er die Todesser nach Hogwarts reingelassen und im letzten Jahr mitgeholfen, die Mitschüler zu tyrannisieren. Ich hab's doch mitgekriegt, wie der sich aufgespielt hat", erwiderte Gloria. "Könnte sehr interessant werden."
"Der ist volljährig. Der braucht nicht mehr nach Hogwarts", sagte Julius. "Jetzt, wo der eh nicht mehr beim Ministerium anzuklopfen braucht hat der auch keine UTZs nötig."
"Auch wieder wahr", schnaubte Gloria, die sich um einen gelungenen Spaß betrogen fühlte. "Der wird nicht so blöd sein, sich Professor McGonagalls Regeln zu unterwerfen."
"Und wenn sie seine ZAGs aberkennen?" Fragte Millie. "Ich hörte mal davon, daß das einem Blauen passiert war, der nach den Prüfungen nur noch Unsinn angestellt hat. Das war damals, wo Madame Maxime noch keine Schulleiterin war", erwähnte Millie und berief sich auf ihre Großmutter Line, die das in der ersten Klasse mitbekommen hatte. Julius grinste. Auch Gloria grinste. Das wäre wirklich noch ausgleichende Gerechtigkeit.
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"Das mit dem Haus hätte ich dir vielleicht sagen sollen, Julius", hörte Julius die Stimme seiner Mutter aus Mr. Porters Mobiltelefon. "Dieser Mr. Weasley hat es mir im Mai geschrieben, kurz vor deinen ZAG-Prüfungen. Da konnte ich nicht wissen, daß du in den Ferien nach London fahren würdest und wollte das dir dann erzählen, wenn wir beide weniger Stress um die Ohren hätten. Ich hätte aus dem letzten Mal besser lernen sollen."
"Na ja, du hast Mrs. Stalker und die Suttons nicht auf dem Gewissen, Mum. Aber es hat mich schon tief getroffen. Und wenn Millie nicht dabei gewesen wäre wäre ich wohl hingelaufen und hätte denen gesagt, daß das wegen mir passiert ist."
"Der hätte die auch umgebracht, wenn er uns beide erwischt hätte, Julius. Dieser Mensch oder was er am Ende auch war war doch geisteskrank. Allein schon, daß er es nicht dabei belassen wollte, ein leeres Haus abzubrennen. Nein, er mußte mehrere Leute töten und eine gewaltige Zerstörung anrichten. Sicher, wir wohnten da mal. Aber der hätte bestimmt auch anderswo so gewütet, wo niemand irgendwas mit der magischen Welt zu tun hatte. Der hat die Brockdale-Brücke einstürzen lassen und im Südwesten Englands einen künstlichen Wirbelsturm wüten lassen. Wer dabei starb hatte ganz sicher keine Ahnung, daß es eine magische Welt gibt, Julius", erwiderte seine Mutter leise.
"Ist nicht so leicht, das wegzupacken, daß um einen herum alles zusammenkracht, was mal wichtig war, Mum. Aber wem erzähle ich das?"
"Wir sind da nicht schuld dran. Dieser Psychopath hätte uns beide neben die Stalkers, Bennetts und Suttons an die Wand gebunden und dann den Erdlochzauber wüten lassen. Der definierte sich nur über die Macht, Menschen zu quälen und zu töten. Wir sind an diesem Wahnsinn unschuldig. Wo immer er aufgewachsen ist und welche Erziehung oder was man so nennen darf er erfahren hat, uns gab es da noch nicht. Laß dich nicht dazu verleiten, dich noch nach seinem Ende in Angst und Trauer stürzen zu lassen! Damit täten wir allen unrecht, die uns geholfen haben und noch immer helfen.""
"Sehe ich ein, Mum", erwiderte Julius, der gerade seine Frau und Gloria sah, die an seinen Lippen hingen. "Ich sag dann mal bis zum zwanzigsten, Mum. Wann ich genau nach Frankreich zurückkomme weiß ich noch nicht. Aber ich habe den anderen geschrieben, sie bekämen früh genug bescheid."
"Dann bis zum zwanzigsten", sagte Martha Andrews und legte auf. Julius gab Mr. Porter sein Mobiltelefon wieder und kehrte mit den Porters und Millie in das Haus seiner Gastgeber zurück.
"Wenn eure ZAGs fällig sind, Millie und Julius, schicken die die euch auch hierhin?" Fragte Gloria, während Millie, sie und Julius ohne Zauberkraft den Tisch deckten.
"Ich hörte, daß die das machen", erwiderte Julius. "Hat Prinzipalin Wright was gesagt, ihr müßtet euch die abholen?"
"Neh, wir kriegen die wohl auch zugeschickt. Das hat sie zumindest bei Minister Wishbone durchgekriegt", erwiderte Gloria.
"Man lebt doch echt hinter'm Mond", grummelte Melanie, die gerade mit einer Zeitung hereinkam. "Britt hat uns die drei letzten Ausgaben vom Westwind zugeschickt. Diese apparierfähige Entomanthropin wurde von der Hexe erledigt, die dir bei dieser Abgrundstochter und dem Selbstvermehrer geholfen hat, Julius. Lino ist in der Honestus-Powell-Klinik, weil die wohl mitgehört hat, wie die ganzen Larven von dieser Brutmutter krepiert sind, und Wishbone war in Potsdam und bekam da wohl 'ne Menge Stress mit den anderen Zaubereiministern. Die Pabblenut zetert gegen diese Leda Greensporn, die am neunten ein Kind von einem nicht erwähnten Muggel bekommen hat. Sie meinte, die Heilerregeln würden das verbieten. Deshalb mußte diese späte Momma sich auch einer Kommission stellen. Dabei kam raus, daß sie wohl mit Eileithyia Greensporn die These getestet hat, ob es wirklich möglich war, aufbewahrten Männersamen nach Monaten noch benutzen zu können, wie es die Muggel angeblich könnten. Deshalb wurde ihr dieses Kind als nicht gegen die Heilerregeln verstoßend anerkannt. und zum guten Schluß: Die Ravens kriegen ein größeres Stadion."
"Klar, damit noch mehr Leute denen ihr mühsam erspartes Geld geben können", erwiderte Myrna, während Julius die Titelseiten überflog. Er las einen Bericht von einer Ireen Barnickle, deren Foto neben dem Text abgedruckt war. Sie behandelte Linda Knowles wegen eines traumatischen Erlebnisses und schilderte das, was Linda ihr mitzuteilen freigegeben hatte.
"Diesen Stein, mit dem die diese Biester kontrollieren konnte habe ich bei ihr gesehen", sagte Julius. "Den hat sie verbrennen lassen und damit alle anderen Monster auch vernichtet. Hoffentlich hat die damit auch alle erledigt. Ich habe genug von diesen Biestern mitbekommen."
"Die hat es sogar gewagt, einen Brief an die Zeitungen und das Ministerium zu schreiben, in dem sie sich für die unbeherrschte Brutkönigin entschuldigt und das erklärt, daß sie die Entomanthropen nur gezüchtet habe, um die Schlangenmenschen zu bekämpfen, die euer Unnennbarer Bösewicht erschaffen oder aufgeweckt hat", sagte Melanie. Julius nickte. So konnte die sich echt herausreden. Immerhin hatten die Insektenmonster ja wirklich viele Schlangenwesen erledigt.
"Was hat diese Sabberhexe Pabblenut über eine andre abzulästern, nur weil die mit über sechzig noch ein Kind kriegt?" Fragte Millie und nahm die entsprechende Ausgabe, wo Julius eine von der überstandenen Schwangerschaft gerundete Hexe sah, die er zunächst für diese Daianira Hemlock hielt. Doch er erfuhr, daß es die Cousine von der war, eine niedergelassene Heilerin und Hebamme.
"Die wollte es wohl selbst mal nachempfinden, wie das ist", vermutete Julius und betrachtete das Bild des in den Armen seiner Mutter liegenden Babys, das einen leicht verknirschten Gesichtsausdruck bot. "Sieht nicht gerade fröhlich aus, die Kleine", meinte er.
"Überleg mal, vor zehn Tagen war sie noch warm und mollig verpackt, und jetzt glotzen sie alle an, weil ihre Mutter schon über sechzig ist", erwiderte Millie. "War auch schon viel Trubel, als Oma Line mit Felicité und Esperance schwanger war. Mayette war da auch nicht so von begeistert."
"Wie dem auch sei, die kleine da auf dem Foto wirkt auf mich so, als wolle sie der ganzen Welt vorwerfen, überhaupt geboren worden zu sein", sagte Julius. Millie nahm die Ausgabe noch einmal und betrachtete das Bild.
"Ich kann mir nicht helfen, Julius, aber trotz Babybäckchen erinnert mich dieses zerknirschte Gesicht an diese Daianira, der die glückliche Mutter ähnlich sieht", bemerkte Millie.
"Liegt am Erbgut, Millie. Jedenfalls sieht die Mutter recht glücklich aus."
"Was machen wir heute eigentlich?" Fragte Julius seine Frau und seine Gastgeber.
"Du hast was von diesem Seeungeheuer in diesem Loch Ness erzählt, Julius. Gibt's da in der Nähe ein Zaubererdorf, wo wir rauskommen können?"
"Ach, das mit dieser uralten Seeschlange, die da hausen soll", fragte Melanie. "Da müßten wir wohl Dianthuskraut nehmen oder Kopfblasen machen, um wirklich was zu sehen."
"Hecate Leviata ist heute abend in der Nähe von St. Ottery's and Catchpole", sagte Myrna. Onkel Plinius, kriegen wir da noch Karten für?"
"Nur noch auf dem Schwarzmarkt, fürchte ich, Myrna, ab hundert Galleonen aufwärts."
"Mist", grummelte Myrna.
"Na, diesen Ausdruck verwendet aber keine anständige Hexe", warf Plinius Porter ein. Da betraten Geraldine und ihr Mann Marcellus Redlief das Esszimmer der Porters.
"Nein, diese Wirbelhexe bezahle ich ganz sicher nicht von meinem Gehalt", verkündete Mr. Redlief kategorisch. "Sie tritt zwar sehr anständig auf, verleitet aber die Zuschauer zu teilweise unanständigen Tänzen und Aktionen."
"Sie ist nicht Mora Vingate", knurrte Myrna. Julius mußte grinsen. Das war in diesem Sommer bestimmt auch wieder passiert.
"Ich für meinen Teil würde gerne wissen, wo dieser Muggel gewohnt hat, der das Stück von Prospero und Ariel geschrieben hat", sagte Marcellus Redlief. "Meine Mutter hat an diesen Stücken einen Narren gefressen."
"Stratford-upon-Avon", kam es aus Julius' Mund wie aus der Pistole geschossen. "War ich mal mit meinen Großeltern. Ist aber schon zehn Jahre her. So recht aufnahmefähig war ich da nicht für den ollen Willy Shakespeare."
"Ist das weit von hier?" Fragte Mr. Redlief.
"Im Vergleich zu den Staaten nicht. Aber Mittelengland, in der Gegend von Birmingham und Worcester, wenn ich das richtig behalten habe. "Die purpurrote Rappelkiste fährt da bestimmt auch hin."
"Danke, dann lieber auf einem soliden Besen oder den Sprung durch die Apparierpresse", sagte Mr. Redlief. "Der Fahrer von diesem roten Bus rast mir zu sehr."
"Nicht heftiger als die vom blauen Vogel, Dad", widersprach Melanie.
Es klopfte an die Fensterscheiben. Mr. Porter nahm seinen Zauberstab und ließ den rechten der beiden gewaltigen Fensterflügel aufklappen. Drei Eulen schwirrten herein und steuerten Millie und Julius an. Zwei Eulen sahen hochoffiziell aus.
"Ups, das sind doch nicht schon unsere ZAGs", wunderte sich Julius, als er den Ring am rechten Bein der ihm zugeflogenen Eule sah. Millie hatte ihre Post auch schon entgegengenommen.
"Expresseule aus der Rue de Camouflage, Julius", sagte sie. "Das sind unsere ZAGs."
"Dann waren die aber flott", stellte Julius erstaunt fest und entfaltete seinen Brief, während die Eule, die ihn gebracht hatte schon wieder zum Fenster hinausflog. Nur die eine Eule, die hinter den beiden ministeriellen Eulen hergeflogen war, hockte bei Julius vor dem Teller und hielt ihm ihr rechtes Bein hin. Julius vertröstete sie, gleich ihren Brief zu nehmen. Aber die ZAGs, die es tatsächlich waren, interessierten ihn nun am meisten. Ein wenig aufgeregt öffnete er den Umschlag und fand sich gleich von Gloria und ihren Cousinen beobachtet.
"Ich glaube, ich geh mal mit dem Brief raus, wo keiner zuguckt", grummelte er. Doch dann gab er sich einen Ruck und las erst für sich.
ERGEBNIS DER ZAUBERERGRAD-PRÜFUNGEN
Bestanden mit den Noten: Nicht bestanden mit den Noten:
Ohnegleichen (O) Mies (M)
Erwartungen übertroffen (E) Schrecklich (S)
Annehmbar (A) Troll (T)
Alte Runen: E
Arithmantik: E
Astronomie: O
Geschichte der Zauberei: E
Herbologie O
Magische Alchemie: O
Praktische Magizoologie: O
Protektion gegen die destruktiven Formen der Magie: O
Transfiguration: O
Zauberkunst: O
Hoi, wußte nicht, daß die auch unterstrichene Noten rausgeben", sagte Julius leise. Da reichte ihm Millie wortlos ihren Bogen, um ihm seinen mal eben aus der Hand zu pflücken. Er las:
ERGEBNIS DER ZAUBERERGRAD-PRÜFUNGEN
Bestanden mit den Noten: Nicht bestanden mit den Noten:
Ohnegleichen (O) Mies (M)
Erwartungen übertroffen (E) Schrecklich (S)
Annehmbar (A) Troll (T)
Arithmantik: A
Astronomie: A
Geschichte der Zauberei: A
Herbologie E
Magische Alchemie: E
Praktische Magizoologie O
Protektion gegen die destruktiven Formen der Magie: E
Studium der nichtmagischen Welt: O
Transfiguration: O
Zauberkunst: O
"Wir haben sie beide alle gepackt", sagte Julius und gratulierte seiner Frau, die erst auf die vielen Os auf Julius' Bogen gestarrt hatte, sich dann aber freute, weil sie keine Prüfung verfehlt hatte.
"Wenn Bernie das hier liest kriegt die eine Krise", sagte Millie anerkennend und reichte Julius seinen Bogen zurück. Gloria sah Julius fragend an. Er nickte und gab ihr seinen Bogen.
"Ich denke, eure Saalsprecherin bekommt ähnliche Noten, vielleicht sogar auf alle Fächer dieselbe ab. Angestrengt hat sie sich ja wohl genug.
"Keiner unter "Erwartungen übertroffen und fünf unterstrichene Os", posaunte Gloria Julius' Noten hinaus, als sie den Bogen gelesen hatte. Geraldine Redlief sah ihn an wie ein Weltwunder.
"Hoffentlich wichtige Fächer und nicht sowas wie Muggelkunde oder Astronomie", grummelte Mrs. Redlief.
"Das darfst du Kevin erst zeigen, wenn der seine auch hat", wisperte Gloria. Millie gab ihr auch ihren Bogen. Sie mußte sich nicht für ihre Noten schämen.
"Dann ruf besser mal deine Mutter an und sage ihr das!" Empfahl Mr. Porter und gab Julius das Mobiltelefon.
"Nach dem Frühstück, Mr. Porter", erwiderte Julius und reichte Glorias Vater sein Handy zurück. Doch da war noch eine Eule. Er nahm dieser den Brief ab und las:
Hallo Millie und Julius,
Tante Genevra hat mir erlaubt, euch zu fragen, ob ihr, wo ja heute keine Gerichtsverhandlung ist, schon zu uns nach Hidewoods kommen möchtet. Falls ja, schicke diesen Brief mit eurer Antwort mit der Eule zurück, die ihn gebracht hat. Falls nein, dann bitte auch! Wenn ihr beide wollt und könnt holen Tante Genevra und Mum euch um halb zwölf beim tropfenden Kessel ab. Ansonsten meint Tante Genevra, daß der einundzwanzigste wohl auch geht.
Bis dann
Pina Watermelon
"Wir wurden eingeladen", sagte Julius zu Millie und zeigte ihr den Brief.
"Gloria wurde nicht erwähnt", stellte Millie fest. Doch diese sprach bereits mit ihrem Onkel Marcellus über die ausstehenden ZAG-Ergebnisse. Julius erwähnte die Einladung, die wohl noch seit dem trimagischen Turnier gültig war. Gloria meinte:
"Und Pina hat mich nicht eingeladen? Sieht ihr ähnlich."
"War wohl auch eher die Patentante ihrer Mutter, die das zu bestimmen hatte. Ich denke, die will sehen, was aus mir geworden ist und sehen, mit wem ich da jetzt schon verheiratet bin", sagte Julius. Die Porters und Redliefs nickten. So schrieb Julius zurück, daß sie zur angegebenen Zeit im tropfenden Kessel sein würden. Dann wurde gefrühstückt. Anschließend apparierte Mr. Porter mit Julius noch einmal in eine Gegend, wo keine Magie die Mobilfunkverbindung störte. Julius erzählte seiner Mutter, daß er bis auf alte Runen, Arithmantik und Geschichte der Zauberei alles Os hatte und sich damit die Fächer aussuchen könne, die er für die UTZs belegen wollte.
"Das mit den Runen wolltest du doch weitermachen, oder?" Fragte seine Mutter ihn. Julius bejahte es. "Dann wird die Schwester meiner selbsternannten Nachhilfelehrerin wohl sehr traurig, falls du nicht eines ihrer beiden Hauptfächer nimmst, und wenn ich diese Fixus noch recht in Erinnerung habe will sie dich in ihrem Fach auch bis zu den UTZs unterrichten."
"Professeur Fixus, Martha. Auch für erwachsene gilt die korrekte Anrede von Lehrern", hörte Julius Professeur Faucon im Hintergrund.
"Ist die bei dir oder bist du bei ihr?" Fragte er.
"Ich bin bei Catherine, weil ihre Mutter Sie, Hipp und mich zu einer Besprechung gebeten hat. Babette ist bei Mayette im Sonnenblumenschloß und Joe hat sich von Catherine und seiner Familie Urlaub erbeten und dürfte gerade in Birmingham landen, um seine Eltern zu besuchen."
"Oh, da wollen die Redliefs hin, nach Stratford, wo der olle Shakespeare aufgewachsen ist."
"Wohnt da wer in der Gegend?" Fragte Martha Andrews.
"Die werden da wohl mit dem Überlandbus fahren, mit dem ich in den letzten Tagen häufiger gefahren bin, Mum", erwiderte Julius.
"Verstehe", erwiderte seine Mutter. Dann gratulierte sie Millie und ihm und wünschte ihnen beiden einen schönen Tag. Julius erwähnte, daß Millie und er bei Pinas Verwandten eingeladen seien. Dann verabschiedete er sich und legte auf.
Ohne Millies Hinweis abzuwarten zog Julius seinen weinroten Festumhang an. Sie selbst zog ein meergrünes Satinkleid an und bändigte ihr Haar mit einer Silberspange.
Per Flohnetz reisten Millie und Julius kurz vor der von Pina angegebenen Zeit in den tropfenden Kessel, wo sie auf die Hexe trafen, die gestern grün gekleidet bei Minister Shacklebolt und Arthur Weasley gesessen hatte. Diesmal trug sie ein veilchenblaues Kleid. Sie erkannte Julius vom Prozeß gegen Dolores Umbridge her und begrüßte ihn:
"Thelma Dewdrop, Untersekretärin des Zaubereiministers."
"Sie sind kein Gamotmitglied", erwiderte Julius, nachdem er seine Frau und sich vorgestellt hatte.
"Bin Anwärterin", erwiderte Ms. Dewdrop. "Ich sprang für Mr. Weasley Junior ein, um nicht den Ruch der Befangenheit zu wecken, weil Mr. Weasley Senior und Mr. Malfoy nicht gut aufeinander zu sprechen waren."
"Auf Mr. Malfoy sind jetzt wohl viele nicht gut zu sprechen", schnarrte Julius. "Der sah mir so aus, als könne der sich sogar Lebenslänglich ersparen."
"Der Minister ist auch nicht besonders gut gelaunt, weil er dem sauberen Herren keinen vollendeten Mord nachweisen konnte. Hätten sie bei ihm sowas wie einen mit Decompositus verfluchten Gegenstand oder auch nur einen Tropfen von Tanatos' Tränen sichergestellt, wäre der feine Herr sicher ohne Ersatzgeldstrafe in Askaban eingezogen. Aber die Ministerkonferenz hat es diesen Lumpen ja ermöglicht, zur Erholung der Zaubererwelt beitragen zu dürfen."
"Ich habe es Julius gestern schon gesagt, Ms. Dewdrop, daß dieser Kerl sich auch schon genug ärgert, weil von seinem Geld Muggelstämmige entschädigt werden könnten", wandte Millie ein, als die Tür aufging und eine elegant gekleidete Hexe mit rotblondem Haar eintrat, die Julius freundlich durch zwei sechseckige Brillengläser anblickte. Julius winkte der Hexe.
"Ich wünsche einen wunderschönen guten Morgen allerseits", begrüßte sie die Anwesenden. Millie verglich wohl wieder den Farbton der Haare mit dem ihrer eigenen. Julius meinte, die hereingetretene Hexe tat dasselbe, weil sie Millie mit ihren smaragdgrünen Augen genau musterte.
"Bonjour Messieurs Latierre. Je suis enchantée", grüßte sie Millie und Julius. Millie bedankte sich in ihrer Muttersprache und ging dann zum Englischen über.
Nun traten noch die strohblonde Pina Watermelon, ihre Mutter und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Olivia ein.
"Oh, Mylady Hidewoods", grüßte der alte Tom, der gerade aus mit frei vor ihm schwebenden Getränkekästen aus dem Vorratsraum kam. "Sie haben mein bescheidenes gastronomisches Etablisement aber lange nicht mehr mit Ihrem Besuch geehrt."
"Ich werde demnächst wieder für einen längeren Schwatz bei Ihnen einkehren, Tom", erwiderte die rotblonde Hexe freundlich. "Doch meine Verpflichtungen beanspruchen einen Großteil meiner Zeit. Meine Patentochter trug den Wunsch an mich heran, Bekannte ihrer Tochter zu uns einzuladen." Dann winkte sie Millie und Julius, ihr zu folgen. Sie verabschiedeten sich von Ms. Dewdrop und dem alten Tom und verließen den Pub durch die Muggelwelttür.
"Wau, ein Silver Shadow", staunte Julius, als sie vor einem schwarzen Rolls Royce mit goldenen Schutzblechen standen, der auf der Höhe des Musikladens geparkt war.
"Sieht aber ziemlich wertvoll aus, dieses Autofahrzeug", stellte Millie fest. Julius erwähnte, daß die Firma Rolls Royce die berühmteste und teuerste Autofabrik Großbritanniens, ja womöglich der ganzen Welt sei. Ein Mann, vielleicht ein Zauberer, der eine rubinrote Chauffeursuniform trug, trat dienstbeflissen an die sechs wartenden heran und öffnete die mit vergoldeten Riegeln geschmückten Türen. "Das sind eurer Ladyschaft Gäste?" Fragte der Chauffeur. Lady Genevra Hidewoods nickte. "Dann darf ich die Herrschaften bitten, im Inneren des Automobils Platz zu nehmen", sagte der rotuniformierte. Dem Motto "Die Damen zuerst" gehorchend wartete Julius, bis die fünf Hexen, die er begleitete auf der Rückbank Platz nahmen und schlüpfte ohne Verränkungen neben seine Frau auf die mit rubinrotem Leder bezogene Sitzbank. Der Fahrer klappte die Tür zu, die fast geräuschlos ins Schloß fiel, umschritt die wuchtige Motorhaube der noblen Limousine und nahm seinen Platz hinter dem großen Lenkrad ein. Julius war nur einmal mit einem derartigen Wagen gereist, als seine Eltern und er zur Beförderung seines Vaters von dessen Chef abgeholt worden waren. So konnte er Millie erklären, daß die Glasscheibe zwischen Fahrersitz und Fond die Privatsphäre der Reisenden sicherstellte. Normalerweise müßte eine Gegensprechanlage in der Scheibe eingebaut sein. Doch in diesem Fall behalfen sie sich wohl damit, das trennende Glas absenken zu können.
"Bringen Sie uns bitte nach Hause, Perkins!" Wies die Gastgeberin den Fahrer an, als dieser nach dem Fahrziel gefragt hatte. Dieser bestätigte es und ließ die Trennscheibe nach oben zugleiten. Julius hörte dabei kein Geräusch. Also funktionierte die Sache mit Magie anstatt mit Strom. Vom nun anspringenden und laufenden Motor hörten sie nur ein leises, wie in großer Ferne klingendes schnurren.
"Ich dachte, wir würden flohpulvern", sprach Julius leise.
"Das hätte unsere Garderobe durcheinandergebracht", meinte Lady Hidewoods. "Abgesehen davon genieße ich es, unser erhabenes Land auf dem Erdboden zu durchqueren, wenn nicht gerade Eile geboten ist. Und heute ist es das nicht. Wir werden um ein Uhr zum Mittagessen erwartet. Da können wir uns den Komfort einer längeren Überlandfahrt gönnen."
"Ich habe auch sehr gestaunt, als Lady Hidewoods uns sagte, wir holten euch mit einem ihrer Autos ab", sagte Pina. "Mit so einem Wagen konnte nicht mal Onkel Ryan angeben."
"Du meinst aufwarten, Pina", berichtigte die Patin ihrer Mutter Pinas Bemerkung.
"Bei meinem Vater war auch schon beim Bentley Schluß", wandte Julius ein. "Aber wenn der den nicht verkauft hat ist der jetzt im Krater der Winston-Churchill-Straße versunken."
"Ach, da habt ihr gewohnt?" Fragte Pina. Ihre Mutter nickte. "Jetzt weiß ich auch, warum Onkel Ryan so erschrocken geguckt hat, als er sich die ganzen Zeitungen der letzten vier Monate in diesem Internetcafé angesehen hat." Julius erwähnte, was Mr. Weasley ihm über den Krater erzählt hatte. Mrs. Watermelon nickte nur und sagte dann, daß sie wohl alle eine Menge Glück gehabt hatten. Dann sprachen sie noch über die Prozesse gegen Umbridge und Malfoy.
"Ich gebe Ihrer Gattin recht, daß die Schmach, die ihm verhaßten Muggelstämmigen damit entschädigen zu müssen genauso schwer wiegt wie eine langjährige Haftstrafe", griff Lady Hidewoods Millies Bemerkung auf, daß Malfoy gerade die bezahlte, die er nicht leiden konnte. "Andererseits hätte ihn eine Inhaftierung davon abgehalten, neue Kontakte außerhalb des Zaubereiministeriums zu suchen, jetzt wo ihm Minister Shacklebolt Hausverbot erteilt hat." Julius nickte.
"Draco Malfoy muß also jetzt ziemlich aufpassen, wie der mit uns umspringt", knurrte Pina.
"Falls dieser das Schuljahr auch wiederholt", wandte ihre Mutter ein. Olivia erwähnte dann noch, wie gehässig der immer zu ihr gewesen war und sie ziemliche Angst vor seinen zwei Freunden gehabt hatte.
"Von denen einer sich selbst mit diesem Dämonsfeuer aus der Welt gebrutzelt hat", warf Julius verächtlich ein. "Abgesehen davon mußten die beiden Halbgorillas im letzten Jahr von Professor Dumbledore nette kleine Mädchen spielen, um ihrem Herrn und Vordenker den Rücken freizuhalten."
"Wobei Weiblichkeit ja nicht als Strafe gelten darf", wandte Lady Hidewoods ein. Julius stimmte ihr zu.
"Und bei dem Prozeß gegen Umbridge wurde nicht erläutert, ob sie wem den Auftrag erteilt hatte, die Häuser von Muggelstämmigen anzuzünden?" Fragte Mrs. Watermelon. Julius schüttelte den Kopf. "Wäre auch zu schön gewesen, die Lumpenhunde zu kriegen, die unser Haus niedergebrannt haben."
"Ein Akt der Frustration, weil sie deiner nicht habhaft werden konnten, Hortensia", bemerkte Lady Hidewoods dazu. Dann deutete sie hinaus, wo sie gerade durch das Stadtzentrum Londons glitten. "Es ist bedauerlich, diesen Menschen dort draußen nicht verraten zu dürfen, was im vergangenen Jahr genauso um sie wie um uns geschah. Aber unsere erhabene Hauptstadt pulsiert weiter und eint Tradition und Fortschritt."
"Tja, von hier aus wurde einmal die halbe Welt beherrscht", stellte Julius fest. Millie meinte dazu, daß die andere Hälfte von Paris aus beherrscht wurde.
"War Gloria nicht sauer, weil ich vergessen habe, sie mit einzuladen?" Fragte Pina.
"Sie hat sich nur gewundert", sagte Julius.
"Wir werden die Porters gesondert einladen", sagte Lady Hidewoods. "Zunächst werden sie wohl ihre Wiedereingliederung in die britische Zaubererwelt vollziehen." Pina nickte.
Sie sprachen während der Fahrt aus London und den angrenzenden Ortschaften heraus über das verstrichene, dunkle Jahr, die Wirren im britischen und französischen Zaubereiministerium, daß Julius' Mutter im Muggelkontaktbüro in Paris weiterarbeiten konnte und wie wichtig ihre Mithilfe bei der Aufrechterhaltung der freien Zaubererwelt gewesen sei. Sie sprachen über die ZAGs. Julius und Millie erwähnten, daß sie ihre Ergebnisse schon erhalten hatten, wobei Julius wegen Pina darauf verzichtete, die fünf Os der zehn Fächer zu erwähnen. Millie hatte damit aber kein Problem. Pina glotzte Julius fragend an und wollte wissen, ob Millie recht hatte. Er gab es zu.
"Für fünf unterstrichene Ohne-Gleichen-ZAGs muß sich niemand schämen", sagte Lady Hidewoods. "Es räumt sogar die Aufwertung der Gesamtzahl ein. So kannst du mit elf oder zwölf ZAGs rechnen, wenn die Bonuswertungen in Frankreich sich nicht geändert haben."
"Mit den zehn erreichten ZAGs bin ich auch schon zufrieden. Die, die mir alle gesagt haben, ich wäre in ihren Fächern ziemlich gut sind nicht enttäuscht, denke ich", wandte Julius ein.
"Das ganze Jahr wiederholen, weil diese Bande uns dazu getrieben hat, uns zu verstecken", schnarrte Pina. "Aber besser als sich von denen umbringen zu lassen."
"Das denke ich auch", pflichtete ihre Mutter ihr bei.
Die Zeit verflog durch die vielfältigen Gesprächsthemen. Sie merkten nur zwei Sprünge, die der Wagen vollführte, um mehrere Kilometer Strecke abzukürzen. Als sie dann durch ein von Sperrdornhecken verhülltes Tor in einen lichten Wald hineinfuhren und der Rolls Royce über eine breite Sandstraße dahinglitt, ging es schon auf ein Uhr zu. Dann erreichten sie eine Lichtung, die mindestens zehn Fußballfelder groß war und in deren Mitte ein großes Landhaus stand, auf dessen rotem Ziegeldach zwei Flaggen wehten, die britische Flagge und eine, die eine goldene Rosenblüte auf blattgrünem Feld zeigte. "Das ist unser Landsitz Sonnenlichtung", stellte Lady Genevra von Hidewoods das in sicht gekommene Ziel vor.
Perkins parkte den geräumigen Wagen auf einem mit Kopfsteinen gepflasterten Hof vor einer zweiflügeligen Eingangspforte, die unter einem von zwei Säulen gestütztem Vordach lag. Gastgeberin und Gäste verließen die noble Limousine und schritten zur grasgrünen Pforte hin, die die Lady mit drei eleganten Zauberstabbewegungen dazu brachte, sich aufzutun. Julius überblickte vor dem Hineingehen noch einmal die mit Rasenstücken und Blumenbeeten verzierte Lichtung mitten im weiten Wald. Dann folgte er der Gastgeberin in das Landhaus, wo sie von ihrer Tochter Alexa, deren Mann und dem gemeinsamen Sohn Gilbert begrüßt wurden. Gilbert von Hidewoods hielt sich zwar mit Überschwang zurück, als Julius ihm die Hand zum Gruß reichte. Doch von der früheren Hochnäsigkeit war wohl nicht viel übrig geblieben. Sicher hatten seine Eltern und seine Großmutter ihm eingeschärft, daß sie Julius Latierre zu Dank verpflichtet waren.
In einem kreisrunden Speisesaal, der so hoch war wie ein zweistöckiges Haus und meterhohe und breite Fenster besaß, durften alle an einem runden Tisch mit weißer Brokattischdecke Platznehmen, als Millie und die anderen die Gästebadezimmer besucht hatten. Nach dem ganzen Prunk hatte Julius eigentlich goldene Gabeln und goldene Teller erwartet. Doch das dreigängige Mittagessen, das wie in Hogwarts und Beauxbatons aus dem Nichts auf dem Tisch erschien, wurde auf edlem Porzellan angerichtet. Zum essen benutzten sie silbernes Besteck. Nur die für Wein oder Kürbissaft bereitgestellten Kelche waren aus hauchdünnem Gold. Aus einer unsichtbaren Quelle strich sanfte Tafelmusik zu ihnen hin.
"Und mit der bist du jetzt schon verheiratet?" Fragte Gilbert Hidewoods Julius, als sie gegessen und sich dabei über die Ereignisse des vergangenen Jahres, die Watermelons und die Whitesands unterhalten hatten. Julius bejahte es freundlich lächelnd. "Die wollten mich nicht nach Hogwarts lassen, wegen ihm, dessen Name nicht genannt werden darf", sagte Gilbert. "Jetzt muß ich wohl mit dem ganzen Kleingemüse da hin, von dem wohl einige noch Probleme haben, weil sie das ganze Jahr in Askaban gesessen haben."
"Das wird bestimmt ein volles Hauss", erwiderte Julius darauf. Er vermied es, Gilbert vorzuhalten, daß er doch von Glück reden konnte, daß seine Eltern nicht umgebracht worden waren. Das wußte dieser Bursche eh schon. Lady Alexa fragte Julius, nachdem sie von seinen ZAGs erfahren hatte, in welcher Richtung er sich nach Beauxbatons betätigen wolle. Er zählte auf, daß er entweder in die Katastrophenumkehrabteilung, zu Madame Dusoleil in die Grüne Gasse oder in die Tierwesenbehörde gehen wolle.
"Mit exzellenten Verwandlungsergebnissen könntest du auch in die Abteilung für experimentelle Zauberei eintreten", sagte Alexa Hidewoods. Ihre Mutter räumte ein, daß diese Anstellung sehr gut bezahlt würde, jedoch auch ihre Tücken hätte, da ihr Ehemann, Alexas Vater, bei einem unausgegohrenen Experiment unauffindbar verschwunden sei.
"Das stimmt schon, Mutter. Aber das heißt nicht, daß das jedem da passiert. Ich wäre da auch gerne eingetreten", wandte Alexa ein.
"Nun, diese Möglichkeit dürftest du dir jetzt verleidet haben", wandte Genevra von Hidewoods etwas ungehalten ein. Alexa nickte unterwürfig.
"Dieser Hausmeister hätte die Blumen einfach nur dort liegen lassen müssen. Sie wären am Tagesende verschwunden", sagte Alexa. Millie und Julius grinsten unangebracht. Jetzt kapierte Julius auch, warum die jüngere Lady so betreten aus Mr. Weasleys Büro gekommen war. So fragte er behutsam:
"Oh, ist es verboten, magisch behandelte Blumen abzulegen?"
"Na ja, ihr wart ja wohl da, erfuhr ich", erwiderte Alexa Hidewoods. "Ich habe zu Ehren von Lady Diana, deren zu frühen Tod wir ja doch alle irgendwie beklagen mußten, frische Blumen dorthin gelegt, wo sie wohnte oder verehrt wird, darunter auch vor der ihr gelungen nachempfundenen Wachsfigur bei Madame Tussaud. Da ich nicht wollte, daß übereifrige Raumpfleger sie vor Tagesende fortschafften, habe ich sie mit einem Ortsverharrungszauber und einem Desinteressierungszauber belegt. Leider gelang mir der letztere wohl nicht so gut, weil es auffiel, daß sie immer an den Ort zurückkehrten, an dem ich sie ablegte. Fazit, ich muß fünfhundert Galleonen Wegen Bezauberung ursprünglich unmagischer Lebewesen, unnötiger Gefährdung der Geheimhaltung so wie Einsatz von Vergissmichs entrichten."
"Lebewesen?" Fragte Gilbert. "Die Blumen waren doch schon abgeschnitten, als du die da hingelegt hast, Mum."
"Das tut nichts zur Sache, hat Mr. Weasley gesagt. Denn sonst dürfe ja auch jeder Zauber an einem toten Menschen als Bezauberung von toten Gegenständen hingenommen werden, was nach den Ereignissen mit Du-weißt-schon-wem zum Straftatbestand erhoben wurde. Ich kann im Grund froh sein, daß man mir nicht die Tötung magieloser Lebewesen zum Zweck böswilliger Bezauberung unterstellt hat. Dann dürfte ich mit einer mindestens dreijährigen Haftstrafe rechnen."
"Ich habe es dir schon früh genug gesagt, meine Tochter, daß du derlei nicht tun darfst und wir die Verstorbene auch ohne Magie ehren können", wandte ihre Mutter noch ein. Dann kehrten sie zu fröhlicheren Gesprächsthemen zurück. Pina erwähnte, was sie alles erlernt hatte und zeigte Millie und Julius das Gästezimmer, in dem sie schlief. Es lag in Westrichtung, so daß sie jeden Abend die Sonne untergehen sehen konnte. Julius durfte sich die vier verschiedenen Autos ansehen, die die Hidewoods besaßen. Alexas Mann fuhr sogar einen schnittigen, königsblauen Jaguar, während es zur Ausfahrt neben dem schwarzen Rolls auch einen seegrünen Ford und einen saphirblauen Rover gab.
"Diese Gefährte sind schon praktisch, wenn man in der Muggelwelt herumkommt", sagte Lady Genevra. "Allerdings reise ich häufig per Apparition oder Besen. Ich traue den Kaminen nicht mehr so weit, wenn es nicht nur darum geht, Kontaktfeuergespräche zu führen", fügte sie noch hinzu.
"Und wenn Sie Überseereisen machen, Mylady?" Fragte Julius.
"Nehme ich den fliegenden Holländer, sofern er fährt", erwiderte die Herrin des Landhauses. Dann führte sie Julius in ein kleines Zimmer mit einem Tisch und drei Stühlen und schloß die Tür. Julius setzte sich.
"Dieser Raum ist ein dauerhafter Klangkerker", sagte die Hausherrin. "Ich wollte dich nämlich ungestört und unabhörbar fragen, wie viel du von den Aktivitäten einer gewissen Ms. Lea Drake mitbekommen hast. Ich erfuhr nämlich von einer uns beiden recht bekannten, daß diese unsichtbar in Hogwarts operierte, um ihrer Mutter darüber Auskunft zu geben, was sich dort tat." Julius verstand, daß sie nicht damit herausrücken wollte, daß Lea für die schweigsamen Schwestern spioniert hatte. Dann meinte sie noch: "Ich erfuhr von besagter Bekannten auch, daß du nicht ganz unbeteiligt an der Befreiung deiner vier bedrohten Schulkameraden warst, wie du es wohl im Schutze gewisser Geheimhaltungsmaßnahmen dem Gamot gegenüber verheimlicht hast."
"Ich hatte gewisse Bedingungen einzuhalten", erwiderte Julius. "Eine war, keinem auf die Nase zu binden, wie ich die Erpressung von Umbridge vereiteln könnte. Was Lea anging, so wurde mir ein Zweiwegespiegel zugespielt, über den ich sie erreichen konnte." Er berichtete von seinen Kontakten zu Lea in Hogwarts und erwähnte auch, daß Madame Maxime ihn aufgefordert habe, mit Lea in Verbindung zu treten, als die Schlacht von Hogwarts unmittelbar bevorstand.
"Es ist sehr klug, dieses Wissen nicht für sensationslüsterne Schreibfedern auszubreiten", bemerkte Lady Genevra nach dieser kurzen Erläuterung. "Der junge Mr. Potter wird sein ganzes Leben daran zu tragen haben, daß er der Auserwählte war und letzthin die Macht des wahnhaften Dunkelmagiers brach, der uns alle unterjochen und terrorisieren wollte. Ruhm ist ein sehr wechselhafter Freund. Insofern tust du gut daran, deine Erlebnisse, einschließlich der Unterweisungen dieser alten Zauber, die du erlernt hast, nur deinen wirklich vertrauten zu berichten. Ich stehe jedoch weiterhin in deiner Schuld, weil du mich und die anderen aus dieser mörderischen Haßglocke herausgebracht hast, unter der uns die Todesser aufeinander einschlagen lassen wollten. Das gleiche dürften alle die empfinden, denen du geholfen hast."
"Das war ich nicht alleine, Mylady. Meine Frau hat mir aus der Ferne geholfen", bestand Julius darauf, nicht ganz alleine die Flucht aus dem Haus der Sterlings ermöglicht zu haben.
"Inwieweit ist sie in deine Erlebnisse eingeweiht?" Fragte die Lady. Julius zögerte nicht lange und antwortete: "In Alle, Mylady."
"Nun, über die Verbindung der halben Herzen vermag sie dir wohl auch weiterhin helfen zu können. So stehe ich auch in ihrer Schuld."
"Wenn sie dies so sieht, Mylady", erwiderte Julius. "Aber dazu müßten Sie sie selbst fragen."
"Das hätte ich gerne gemacht, wenn Pina nicht darauf bestanden hätte, mit deiner Frau einige ruhige Minuten sprechen zu können, zumal ich erfuhr, daß sie wohl demnächst wieder zu deiner Geburtstagsfeier eingeladen ist." Julius unterdrückte die leichte Verärgerung. Pina wollte sich wohl mit Millie über ihn unterhalten, von Frau zu Frau sozusagen, um klarzukriegen, welche Möglichkeiten sie da noch hatte. Doch er sah es ein, daß die beiden sich besser ohne ihn über ihn unterhalten konnten, wenn Pina da wirklich drauf bestanden hatte. So sprach er mit Lady Hidewoods noch über die Lage in Millemerveilles, wo ja viele Hexen und Zauberer vor Didiers Verfolgung untergetaucht waren, die Friedenslager, von denen er ja nur mitbekommen hatte, daß seine Mutter darüber was erfahren hatte und daß die meisten davon vor dem Großangriff der Schlangenwesen befreit werden konnten. Sie sprachen auch über die Wiederkehrerin. Dabei erwähnte Lady Hidewoods etwas, daß Julius etwas erschütterte.
"Ich erfuhr über nur mir vertraute Wege, daß diese Hexe, die offensichtlich die ihren Tod überlistende Anthelia ist, mehrere Monate an der Ausübung ihrer Macht und Verfolgung ihrer Pläne gehindert wurde. Dennoch schaffte sie es, um das Wohl der gesamten Zaubererwelt besorgte Hexen dazu zu treiben, einen bestimmten, nur für Hexen betretbaren Ort aufzusuchen und dort jene mit diesem Zauber zu treffen, der dir half, uns alle in Sicherheit zu bringen. Dadurch jedoch gelangte die Wiedergekehrte zur alten Macht zurück und kann seitdem wieder ihren Zielen nachjagen. Falls sie ergründet, wem sie ihre wiedererlangte Freiheit verdanken darf, könnte sie der Auffassung nachhängen, sich zu bedanken oder eine nach ihrer Ansicht gute Tat an dem oder denen zu vollbringen, die ihr die Freiheit ermöglicht haben."
"Moment mal, dann war diese Wiederkehrerin gefesselt oder eingesperrt oder sowas, und der umkehrzauber hat sie befreit?" Fragte Julius, der ja schon gehört hatte, daß Tourrecandide wohl mit den alten Zaubern hantiert und damit unbeabsichtigt etwas angerichtet hatte.
"Eingesperrt trifft es sehr gut, Julius. Ich weiß nicht, ob Professeur Faucon dir die Begebenheit genauer schildern möchte oder dich in Ungewißheit belassen möchte. Aber die Wiederkehrerin legte es darauf an, ihrer Einkerkerung durch den Tod zu entgehen. Hätte jene, die auf der Insel eintraf nicht befunden, diesen Fluchumkehrzauber zu wirken, wären wir dieses Problem wohl auch losgeworden. Allerdings ... das muß ich nach neuesten Meldungen aus den Staaten doch einräumen, hätten sie es dort wohl noch immer mit dieser unbeherrschbaren Entomanthropenkönigin zu tun. Wer weiß, wie viele Menschenleben dieses Ungeheuer gefordert hätte. Aber wir wissen nicht, wie viele unschuldige Menschenleben die wiedererstarkte Erbin Sardonias fordern mag, wenn sie ihre Ziele nicht durch Intrigen und Manipulationen erreichen kann."
"Und Sie fürchten, diese Hexe könnte noch mal was von mir wollen, wenn sie weiß, von wem ihre Befreierin den Zauber gelernt hat, durch den sie befreit wurde?"
"Ganz sicher", erwiderte Lady Hidewoods. Julius nickte. Sowas in der Richtung hatte er ja schon vermutet. Er fragte sich jetzt allerdings, wie und wodurch diese Wiederkehrerin überhaupt niedergehalten worden war, daß der Fluchumkehrer Ianshiras sie wieder freilassen konnte. Was hatte Professeur Faucon ihm erzählt? Professeur Tourrecandide habe einen erheblichen Anteil Lebenszeit zurückbekommen. Dann konnte es doch eigentlich nur Infanticorpore gewesen sein, was Anthelia handlungsunfähig gemacht hatte. Aber dann wäre die ganz sicher nicht in der Lage gewesen, irgendwo hinzureisen und da gegen wen zu kämpfen. Doch was mochte es sonst gewesen sein? Dann erkannte er, was Lady Hidewoods ihm sagen wollte.
"Dann sollte ich besser außer denen, die das wissen keinem mehr erzählen, wie diese alten Zauber gehen, damit die Wiederkehrerin das nicht rauskriegt."
"Und vor allem nicht auf die Idee kommen, sie oder ihre sich offenbarenden Mitschwestern damit zu bekämpfen, wenn du dir nicht wirklich anders zu helfen weißt", sagte die Herrin des Landhauses. Julius nickte. Dann sagte er, daß er die Zauber wohl für's erste auch nicht mehr anwenden müsse, jetzt wo in Europa alles wieder friedlich sei und er sich auf die letzten zwei Jahre seiner Ausbildung konzentrieren könne.
"Nun, wer immer dich auserwählt hat, sein oder ihr Erbe in diesen alten Zaubern zu sein mag dich damit für eine konkrete Situation gewappnet haben, wie es die Schlacht zwischen den Schlangenwesen und den Wolkenhütern war", bemerkte Lady Hidewoods. Julius entging der Unterton nicht, daß sie wohl auch darüber mehr wußte, als sie ihm gegenüber rausließ. "Doch es mag sein, daß diese Schlacht nur der Auftakt zu etwas war, das jetzt noch nicht genau beschrieben und auch nicht im vollen Ausmaß überblickt werden kann. Ich wünsche dir und deiner Frau die friedliche Zeit, zu der du uns allen verholfen hast. Ich hoffe für dich, daß du das Wissen, daß dir vermittelt wurde, so schnell nicht wieder wirst anwenden müssen und falls doch, dann keine unangenehmen Folgen für dich dabei herumkommen." Julius bedankte sich für diesen Wunsch. Dann verließen die beiden den Klangkerker wieder.
Noch einige Stunden blieben die Latierres im Haus Sonnenlichtung und erfreuten sich an den magischen und nichtmagischen Kunstgegenständen und Bildern. Julius erhielt die Gelegenheit, mit Pina alleine zu sprechen. Sie verriet ihm, daß sie tatsächlich starke Gefühle für ihn empfinde, aber doch jetzt sehr beruhigt sei, weil er, Julius, bei Millie so gut aufgehoben war.
"Millie hat mir das mit der Brücke und dem Wunsch ihrer Mutter erzählt, dieses Ding zwischen Belisama und ihr zu klären. Sie sagte auch sowas, daß ihr beiden wohl spätestens im übernächsten Schuljahr ein Baby haben müßtet, weil diese Mondschwestern das von euch verlangen würden. Stimmt das?" Julius bejahte es.
"Sie ist ja voll drauf, schon eins von dir zu kriegen. Ich hätte da wohl probleme, so früh Mutter zu werden, auch nachdem, was Gloria und du über Célines Schwester erzählt habt. Aber wenn ihr zwei echt schon nächstes oder übernächstes Jahr ein Baby habt, denke ich, daß du da schon die UTZs klar hast. Ihr könnt es ja nach mir benennen, wenn's ein Mädchen wird." Pina lächelte sehr warm. Julius meinte dazu, daß sie sich über den ersten Mädchennamen wohl schon einig seien, aber in der Zaubererwelt viele Vornamen üblich seien. Pina meinte dann:
"Stimmt, das neue Baby von Madame Dusoleil hat ja auch mehrere Vornamen. Das kriege ich dann ja wohl auch zu sehen, wenn wir bei euch drüben feiern. Mußt du dir echt noch die Carrow-Verhandlung antun?"
"Gloria ist vorgeladen worden, und ich will nach der Sauerei mit den Malfoys jetzt wissen, ob die zwei zumindest für länger einfahren", knurrte Julius.
"Das kann aber noch 'ne Woche laufen, dieses Verfahren. Millie meinte sowas, daß du dann Krach mit denen in Millemerveilles kriegtest, weil die dich da zum Schachspielen und zum Sommerball haben wollen."
"Ja, könnte der neuen Ratssprecherin Delamontagne einfallen, mir ein Greifkommando auf den Hals zu hetzen, wenn ich am vierundzwanzigsten nicht um acht vor dem Rathaus stehe", erwiderte Julius.
"Da machst du echt Witze drüber", schnarrte Pina. "Wenn ich darüber nachdenke, daß der Unnennbare so Typen hinter Muggelstämmigen wie meiner Mum hergejagt hat."
"Das war auch die Kröte Umbridge. Und die ist jetzt lebenslänglich eingefahren."
"Auf jeden Fall bin ich froh, daß du nicht umgebracht wurdest und daß Gloria, Betty, Jenna und Kevin auch noch da sind. Da kann ich dann beruhigter in Hogwarts antreten, um das ZAG-Jahr zu machen."
"Das ist genau das, was ich euch fünfen gönne", sagte Julius. "Das beruhigt mich auch sehr, daß ihr alle diesen Wahnsinn überlebt habt."
"Grüß Gloria von mir! Lady Genevra wird die dann wohl für die ersten Augusttage oder so einladen, weil sie von der wohl noch hören will, was bei denen in Thorntails so abging."
"Ich sag's ihr gerne weiter", erwiderte Julius. Pina umarmte ihn. Er mußte sich bücken, um die in Frankreich üblichen Wangenküsse mit ihr auszutauschen. Dabei drückte Pina ihn so eng an sich, daß er spürte, daß sie kein kleines Mädchen mehr war. Für einen Moment zogen Bilder durch seinen Kopf, wie er sie mit seinem Kind im Schoß gesehen hatte, als er auf Claires Blumenwiese gestanden hatte. Für Gloria hatte er nie so tiefgehende Zuneigung empfunden, stellte er fest. Gloria war eine gute Freundin, Helferin und Beraterin, fast eine große Schwester. Aber das, was er für Pina heimlich, für Claire harmonisch und für Millie leidenschaftlich zu fühlen erlernt hatte, konnte er nicht auf Gloria Porter beziehen.
"Lady Genevra läßt euch zwei wohl gleich von Perkins nach London zurückfahren. Kommt ihr von da aus alleine zu den Porters zurück?"
"Durch den Kamin. Aber dazu können wir auch von hier aus abreisen", sagte Julius.
"Ich denke, Lady Genevra will euch so wieder nach Hause bringen wie sie euch abgeholt hat", sagte Pina. Dann ging sie mit Julius in den geräumigen Salon zurück, in dem die Hidewoods sich mit Pinas Verwandten und Millie unterhielten.
Gegen sieben sollte Julius versuchen, Gloria anzumentiloquieren, um zu fragen ob Millie und er um acht Uhr wieder zurückkehren dürften. Es gelang ihm, diese Frage weiterzugeben. So verabschiedeten sich die Latierres von den Watermelons und Hidewoods, um im schwarzen Rolls Royce nach London zurückzufahren.
Wieder bei den Porters schilderten die Latierres, was sie bei den Hidewoods gesehen und worüber sie gesprochen hatten, wobei Millie und Julius ihre Privatunterredungen mit Lady Genevra oder Pina ausließen. Die Redliefs hatten einen schönen Tag in Mittelengland verbracht und neben Shakespeares Geburtsstadt auch die Universitätsstadt Oxford besichtigt, wo es eine geheime Fakultät für studierende Hexen und Zauberer gab.
Abends, als Julius in seinem Bett lag, mentiloquierte er mit Millie über die verschwiegenen Unterhaltungen. Millie gedankensprach zu ihm:
"Also, Gloria ist da noch nicht so weit, dich mir ganz zu überlassen, und Pina freut sich, weil du bei mir wohl gut aufgehoben bist. Sie meinte nur, ich könnte unserer ersten Tochter ja ihren Namen mitgeben. Da meinte ich zu ihr, daß das dann aber komisch rüberkäme, wenn ich dir oder sonst wem sagte, daß Pina gerade ziemlich unruhig in mir herumstrampeln würde. Sie meinte dann, daß ja jeder wissen müsse, daß nicht sie gemeint sei, worauf ich ihr was vom Iterapartiozauber erzählte. Da meinte sie doch glatt, daß sie kein Problem damit hätte, unsere gemeinsame Tochter zu werden, aber das ganz sicher nicht ihrer Mum erzählen dürfe."
"Na ja, ich denke auch eher, daß sie froh ist, daß ich mir nach dem Weggang von Claire nicht was angetan habe oder jetzt für Mädels wie euch nix mehr empfunden hätte", erwiderte Julius für andere unhörbar. Dann wünschte er seiner Frau noch eine gute Nacht.
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Hippolyte Latierre deutete auf die beiden Pergamente, die eine Eule im Laufe des siebzehnten Juli gebracht hatte. "Tja, Martha", sagte sie leise. "Jetzt liegt es an uns, ob wir dem zustimmen oder nicht."
"Einerseits ist mir die ganze Sache noch nicht so recht klar, Hippolyte", sagte Martha Andrews. "Wenn wir dem zustimmen, könnte das bedeuten, daß Julius und wohl auch Millie vorzeitig für mündig erklärt werden. Tun wir ihnen damit einen Gefallen, sie so früh in volle Eigenverantwortlichkeit übergehen zu lassen?"
"Sagen wir es so, schulisch würde sich für die beiden nichts ändern, falls Blanche deinen Sohn nicht dann schon im nächsten Jahr durch die UTZ-Prüfungen bringen will. Ich weiß das auch nicht so recht, ob ich Millie schon für so groß ansehen kann. Aber wenn ich an sie denke fühle ich ihre Füße gegen meine Bauchdecke treten oder ihren Mund an meinen Brustwarzen. Deshalb bin ich wohl die letzte, die das sicher sagen kann, wann meine Tochter erwachsen ist. Könntest du das von deinem Sohn so genau sagen?"
"Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, was ich fühle, wenn ich an meinen Sohn denke, Hippolyte. Aber in gewisser Weise bin ich mir auch nicht so sicher, ob ich das von einer Altersangabe abhängig machen kann, wann ich Julius für groß genug halten möchte. Mein Verstand sagt, daß er jetzt schon mehr Verantwortung getragen hat als mancher altersmäßig ausgewachsene Mann und daß ich eh nicht ewig um ihn herumlaufen kann, um auf ihn aufzupassen, wo mir das in eurer Welt eh so gut wie unmöglich war. Logisch betrachtet haben mein Mann Richard und ich ja selbst dafür gesorgt, daß Julius schneller aufwuchs als Jungen, denen nicht so viel auf einmal abverlangt wurde und ich deshalb mit den darauf folgenden Konsequenzen umzugehen habe. Rein gefühlsmäßig bin ich natürlich besorgt, wie er ganz ohne mich in der Welt zurechtkommen soll und möchte zu gerne die Zeit anhalten, um das nicht passieren zu lassen, daß er nur auf sich alleingestellt sein darf. Doch das wäre sehr egoistisch und gegen die Natur. Meine Eltern haben in mir immer ein kleines Mädchen gesehen, egal wie weit ich war. Das haben sie mich auch immer spüren lassen, wenn sie bei mir zu Besuch waren. Auch haben Richards Eltern mich nie so recht für voll genommen, weil ich ihm angeblich nicht das bieten konnte, was ihr Prinzchen von ihnen bekommen konnte. Und ob das jetzt noch ein Jahr dauert, bis Julius von euch aus der Zaubererwelt für Volljährig bezeichnet wird, zwei Jahre wie bei den magielosen Menschen oder bereits in diesem Sommer entschieden wird ist für mich als seine Mutter völlig unerheblich, weil das im Grunde so oder so viel zu früh kommt. Insofern möchte ich meinem Sohn nicht im Weg stehen, wenn jemand ihm sagt, er könne seinen eigenen Weg gehen."
"Albericus ist nicht sonderlich begeistert, Millie schon so früh ziehen zu lassen. Andererseits hat er nach der Reise zu den Mondtöchtern erkannt, daß er nicht mehr der einzig wichtige Mann im Leben unserer Tochter ist. Er fürchtet nur, daß wenn Julius und Millie so früh für volljährig erklärt werden, daß Millie dann auf Besen spute dich ein Baby haben will, auch wenn sie den dazu nötigen Vorlauf ja schon häufig genug geprobt haben mag. Vielleicht liegt's an mir, weil ich Millie unbedingt den Vornamen meiner Mutter mitgeben mußte. Da sind wohl Mutters Erbanlagen in ihr erwacht, die bei Martine noch geschlummert haben." Hippolyte verzog kurz das Gesicht, weil sie offenbar an was dachte, das ihr nicht gefiel. Dann sagte sie jedoch laut und entschieden: "Und sei es, daß ich die jüngste Großmutter in unserer Familiengeschichte werde und Martine durch diesen Feigling Edmond erst einmal davon abgekommen ist, eigene Kinder zu haben, so soll dieser Zwölferrat das klären. Falls sie sagen, daß es doch noch zu früh sei, müssen die beiden das ja auch nicht wissen, daß jemand darüber beraten hat, und sie können so weiterleben wie geplant. Aber was machen wir beide und Albericus, wenn dieser Rat zustimmt und Julius am zwanzigsten schon für Volljährig erklärt wird, von meiner Millie mal abgesehen? Müssen wir dann nicht zulassen, daß sie fern von uns beiden wegwohnen? Oder sollen wir uns darum streiten, ob sie weiterhin nur bei dir wohnen sollen, auch wenn die Schule vorbei ist? Wie wirst du damit umgehen, in unserer Welt zu leben, wenn du nicht mehr nur daran denken mußt, was für Julius das beste ist?"
"'tschuldigung, ich vergesse das immer wieder, daß ich mich nicht an mein früheres Leben klammern darf", erwiderte Martha Andrews abbittend. "Sicher, ich habe eine Anstellung. Ich kann hier weiterwohnen. Keiner hat gesagt, daß ich nach Großbritannien zurückreisen muß, wenn Julius mit Beauxbatons fertig ist. Die Frage ist nur, ob er damit zurechtkommt, nun das meiste ganz alleine entscheiden zu müssen. Daß ich längst nicht zu allem gefragt werde bin ich ja schon gewöhnt, dank deiner Mutter und ihrer früheren Schulfeindin Blanche Faucon. Jetzt liegen da diese ZAGs auf dem Tisch, und ich kann lesen, daß er in fünf von zehn Fächern überragende Ergebnisse erzielt hat, was die ihm wohl noch mit zwei zusatzpunkten honorieren werden. Aber das heißt doch auch, daß er bei Erreichen seiner vollen Eigenverantwortlichkeit unter hohem Druck steht, die erbrachten Leistungen zu halten und sich nach der Schule entsprechend auszurichten. Deine Schwestern Barbara und Béatrice stehen doch schon parat, ihm irgendwo reinzuhelfen, wenn er sie bittet."
"Das möchtest du Babs und Trice doch nicht zum Vorwurf machen", erwiderte Hippolyte. "Abgesehen davon können Gilbert, Otto und ich deinem Sohn auch helfen, irgendwo reinzukommen, wenn die Voraussetzungen stimmen." Martha Andrews nickte und entschuldigte sich, falls ihre Bemerkung mißbilligend herübergekommen sein mochte. Hippolyte lächelte freundlich und beteuerte, daß ihr Julius' Wohl genauso wichtig sei wie das ihrer Tochter Mildrid, und sie ja überhaupt mitgewirkt hatte, daß beide jetzt zusammen waren.
"Ich habe dir und Albericus auch zugestimmt, als ich erfuhr, daß die werte Professeur Faucon Julius zu haarsträubenden Sachen verleitet hat, auch wenn es alles gut gemeint war. Die Frage ist jetzt nur, ob wir Professeur Faucon damit nicht noch ein Mittel in die Hand geben, Julius zu solchen Husarenritten zu treiben wie das mit den Bildern oder die verlassene Stadt oder die Himmelsburg."
"Sagen wir es so, er hätte dann ein Recht, das zu verweigern, wenn er sich sicher ist, das nicht machen zu wollen. Er dürfte sogar, um sich ihrer Autorität zu entwinden, die Ausbildung in Beauxbatons abbrechen, ohne von dir oder mir dazu gezwungen zu werden, dort zu bleiben. Allerdings ist dein Sohn zu vernünftig, um diesen drastischen Schritt zu tun. Tine hat das auch in keinem Moment angedacht, als sie volljährig wurde."
"Du meinst also, wir sollten wie im letzten Jahr zustimmen, daß Julius und dann vielleicht auch Millie früher als ihre Altersgenossen bestimmte Entscheidungen selbst treffen sollten?"
"Außer Beri, dir, Catherine und mir wissen es wohl nur die zwölf, die sich dazu zusammensetzen. Ich habe es sonst keinem erzählt und du wohl auch nicht. Insofern würde sich wie erwähnt nichts für die beiden ändern, wenn dieser Zwölferrat nicht zustimmt."
"Du hast recht. Vielleicht müssen wir Julius diesen Dienst erweisen, daß er mit dem, was ihm jetzt schon aufgeladen bekam, eigenverantwortlich umgehen darf, und sei es, daß er dafür anderswo hinziehen möchte."
"Die da im Zwölferrat sitzen sollen kennen Julius alle gut genug, Martha. Die werden bestimmt nicht auf frühe Mündigkeit erkennen, wenn sie sich nicht sicher sind, daß ihm dadurch kein Schaden entsteht. Ähnliches hoffe ich für Millie. Ich habe nur das Problem, daß der Rat unterschiedlich entscheiden kann. Deshalb habe ich meine Zustimmung als magische Fürsorgerin für deinen Sohn davon abhängig gemacht, daß dann beide gleich bewertet werden. Und sollte es an Millie hängen, daß ihm nicht vorzeitig die Volljährigkeit zuerkannt wird, können die beiden trotzdem ruhig weiterleben und müssen davon nichts erfahren. Zumindest hat mir Minister Grandchapeau zugesichert, daß nur im Falle einer vorzeitigen Mündigkeitsfeststellung die beiden erfahren, daß dieser Rat überhaupt einberufen wurde."
"Nun, ich konnte deine Tochter ja jetzt doch ein wenig besser kennenlernen, als wenn Julius sie nur ab und an zum Teetrinken mitgebracht hätte, Hippolyte. Ich denke, an ihr wird das nicht scheitern, wenn es genug Gründe gibt, ihr und Julius die vorzeitige Volljährigkeit zuzuerkennen. Deshalb stimme ich der Beratung zu, nachdem die ZAGs bekannt sind und wohl beide keine Nachholprüfung machen müssen."
"Ich hätte mir für Millies Verteidigungsprüfung auch lieber ein O gewünscht als ein E. Aber ich selbst kam damals auch nur mit diesem Wert raus. Daß sie eine bessere Zauberkünstlerin ist hat sie von Albericus und mir, da war Tine auch überragend drin, und das O in Verwandlung hat sie wohl von ihrem Großvater mütterlicherseits, der da auch ein unterstrichenes O erzielt hat."
"Gut, dann schicken wir die Eule mit der Zustimmung los", sagte Martha Andrews. Hippolyte holte die Unterlagen hervor und unterschrieb die entsprechende Vollmachten für Julius und für Millie. Martha unterschrieb dort, wo sie als Erziehungsberechtigte gefragt war. Fehlte nur noch die Unterschrift von Albericus Latierre. Doch diese erfolgte eine Stunde später, so daß die Eule schon zwei Stunden danach im Zaubereiministerium eintraf. Minister Grandchapeau meldete sich dann noch einmal bei Martha Andrews und teilte ihr mit, daß die Beratungen dann am achtzehnten Juli beginnen würden,
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Julius hatte nur mit vielen Schülerinnen und Schülern gerechnet, die vor dem Gerichtssaal zu warten hatten. Doch es waren auch viele Erwachsene da, Eltern und Verwandte von Schülern, auch Cynthia Flowers, die vom Vorwurf der Beihilfe zur Entführung und Freiheitsberaubung Minderjähriger freigesprochen worden war, nachdem ihre Schwester Petronella ausgesagt hatte, wie sie von Todessern gefangengehalten worden war und durch den Prozeß gegen Dolores Umbridge geklärt wurde, daß es auch ohne Cynthias Hilfe passiert wäre, weil sie ja einfach aus ihrem Job hätte entlassen werden können, aber mit dem Leben ihrer Schwester ein teuflisch geniales Erpressungsmittel vorhanden war. Allerdings, so hatte der Tagesprophet vom achtzehnten Juli berichtet, würde Cynthia Flowers ihre frühere Anstellung nicht behalten und habe aus eigenem Entschluß darauf verzichtet. Nachfolgerin Cynthias würde eine gewisse Vivian Preston, die mit einem Heiler namens Timothy Preston verheiratet war. Da diese zum einen Muggelstämmig und zum zweiten zum Zeitpunkt der Gräueltaten selbst auf der Flucht vor den Todessern war, galt sie den Schulräten als unbelastet. Und jetzt war Cynthia Flowers hier vor dem Gerichtssaal. Wollte sie hören, was den Muggelstämmigen geblüht hätte, wenn diese nicht auf offener Strecke aus dem Hogwarts-Express gezerrt und nach Askaban verschleppt worden wären? Julius wußte, wie sich Schuld anfühlte und daß es nötig sein konnte, irgendwas zu finden, um sie sich auszureden oder zu empfinden, daß das, was einen Schuldig fühlen ließ bitter nötig gewesen war.
"Gloria, du bleibst bei Kevin und den Zwillingen draußen. Ich gehe mit Julius rein. Wenn du ausgesagt hast kommst du zu uns!" Legte Mr. Porter fest. Gloria nickte und ging hinüber zu Kevin und den Hollingsworth-Schwestern.
"Ah, Monsier Latähr", sprach Julius eine hohe Frauenstimme von hinten an. "Möchten Sie wissen, was Ihnen erspart blieb und ihren guten Freunden passiert ist?" Julius blickte die ihm gerade noch bis Unterkante Brustkorb reichende Hexe mit der juwelenumkrusteten Brille an, die ihre dolchartig langen roten Fingernägel um eine Krokodilledertasche gelegt hatte.
"Mir wurde untersagt, außerhalb eines Gerichtssaals Stellung zu meinen persönlichen Beweggründen und Eindrücken zu nehmen, Ms. Kimmkorn", sagte Julius, bevor Mr. Porter die Reporterhexe zurückscheuchen konnte.
"Von wem?" Hakte die lästige Zeitungsschreiberin nach.
"Von meiner Mutter und von allen, die für meine Ausbildung zuständig sind", erwiderte Julius. "Das mußte sogar Ihre Kollegin Ms. Knowles in den Staaten zur Kenntnis nehmen. Also tun Sie dies bitte auch!"
"Nun, aus irgendeinem Grund bist du doch hier oder?"
"Stimt, aus irgendeinem Grund bin ich hier", erwiderte Julius und verschloß seinen Geist, damit diese Schmierhexe da nicht auf unfeine Tricks zugreifen konnte.
"Mr. Porter, Sie verdanken denen, mit denen Mr. Latähr bekannt ist das Leben Ihrer Tochter. Wie empfinden Sie es, die Peiniger Ihrer Tochter hier und jetzt vor Gericht zu sehen?" Hängte sich die Reporterin nun an Mr. Porter, der sie erst verärgert anfunkelte und dann antwortete:
"Nun, da ich kein Gamotsmitglied bin möchte ich meine Meinung tunlichst für mich behalten, um der von Ihnen betriebenen Vorverurteilung nicht weiteren Vorschub zu bieten", sagte Mr. Porter. "Insofern möchte ich jetzt mit meinem Gast dem Prozeß folgen und es den kompetenten Mitgliedern des Zaubergamots überlassen, wie sie die beiden Angeklagten bewerten."
"Dann trifft es nicht zu, daß Sie bereits auf Schadensersatz geklagt haben, weil Sie und ihre Familie gezwungen waren, das Land zu verlassen?" Fragte Rita Kimmkorn.
"Es trifft zu, daß im Falle einer Verurteilung der beiden Geschwister Carrow die rechtliche Möglichkeit besteht, meine ungewollte Abreise aus Großbritannien im Zusammenhang mit dem erzwungenen Lohnverzicht als persönlichen Schaden geltend zu machen und ich diese Möglichkeit bereits ausgelotet habe, Ms. Kimmkorn. Und bevor Mr. Stoker da vorne seine Tabu-Uhr hervorholt und in Betrieb setzt, um verbotene Vorgespräche über die Verhandlung zu ahnden werde ich jetzt mit meinem Gast in den Saal gehen. Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Tag!"
"Moment, Sie können nicht einfach abstreiten, daß Sie nicht schon konkrete Schritte eingeleitet haben, nachdem Sie aus den Staaten zurückkehrten", klammerte sich Rita Kimmkorn an Mr. Porter.
"Habe ich das? Achso, ich habe erwähnt, daß ich die Möglichkeiten geprüft habe, materiellen und menschlichen Schaden geltend zu machen. Das dürfen Sie schreiben", erwiderte Mr. Porter nun sichtlich genervt. Wieso waren sie auch schon so früh hier angekommen.
"Mr. Latähr, oder darf ich noch Julius sagen? Ich recherchiere gerade für eine umfassende Biographie über Severus Snape. Daa Sie ihn in Hogwarts als Lehrer erlebt haben wäre es bestimmt erhellend, Ihre Sicht darüber zu kennen."
"Ich habe Snape nichts beibringen können, insofern war ich nicht sein Lehrer. Da haben Sie was falsch aufgeschnappt oder von ihrer Schmierfeder falsch abmalen lassen", erwiderte Julius schlagfertig. "Und jetzt lassen Sie uns bitte in Ruhe und freuen sich, daß Mr. Porter und ich Ehrfurcht vor so lästigen Insekten wie Sie eines sind haben. Vielen Dank!" Rita Kimmkorn starrte ihn an, als habe er ihr gerade eine runtergehauen oder gegen ein Schienbein getreten. Mr. Porter nickte Julius zu und zog ihn mit sich. Rita Kimmkorn blieb zurück, zumal jetzt prominentere Beute für ihre flotte Feder eintrudelte. Denn gerade erschinen sämtliche Lehrer von Hogwarts vor dem Gerichtssaal.
"Interessante Reaktion", stellte Mr. Porter mit einem überlegenen Lächeln fest, als er mit Julius in einer der Zuschauerreihen nach freien Plätzen suchte, die von den Angeklagten her nicht so leicht zu sehen waren. "Ich weiß, daß Gloria und du es davon hattet, diese aufdringliche Person könne eine unregistrierte Animaga sein, wodurch sie ihre haarsträubenden Geschichtchen über Harry Potter und Hagrid ausgekundschaftet hat. Deine Bemerkung eben dürfte ihr wahrlich heftig aufgestoßen haben. Du mußt nur davon ausgehen, daß sie wissen will, woher du das hast."
"Das kann ich der liefern, von Draco Malfoys Ex-Schatten Crabbe. Den kann die nicht mehr fragen. Was die überreichen Typen gedreht haben kann ich schon lange", entgegnete Julius.
"Wenn das Buch über Snape genauso ein Schmutzkübel wird wie das über Dumbledore werden sie es ihr aus den Händen reißen", schnarrte Mr. Porter.
Julius blickte sich um, wen er von den Zuschauern noch kannte. Tatsächlich nahm gerade Patience Moonriver Platz. Bei den Gamotmitgliedern fehlte Blasius Vane, dessen Tochter Romilda als Zeugin gehört werden sollte. Auch Professor McGonagall würde wohl nicht im Gamot sitzen. Dafür konnte er Madam Sophia Whitesand erkennen, die ihr weißblondes Haar zu einem Knoten hochgebunden hatte. Offenbar fühlte die Cousine Dumbledores, daß sie beobachtet wurde und wandte ihren Kopf. Einen winzigen Moment lang trafen sich ihr Blick und der von Julius Latierre. Dann wandte sie sich wieder nach vorne. Julius war sich sicher, daß sie ihm etwas zumentiloquiert hätte, wenn das hier gegangen wäre. Dann erkannte er noch den kleinen, weißhaarigen Zauberer, der Dumbledores Beerdigungsfeier abgehalten hatte. Auch er trug den pflaumenblauen Umhang des Gamots. War er schon bei den Verhandlungen gegen Umbridge und den Malfoys dabei gewesen? Julius konnte sich nicht erinnern.
Als es viertel nach acht war, wurden die Angeklagten in grau-blau-längsgestreifter Gefängniskleidung hereingeführt und auf zwei Stühlen angekettet. Die dicke Hexe Alecto Carrow stieß wüste Beschimpfungen gegen das Publikum aus, suchte mit ihrem hektisch umherhuschenden Blick nach Schuldigen für ihre Lage, während ihr Bruder wie ein gereizter Gorilla die Muskeln spielen ließ und seinen Unterkiefer hin- und herbewegte. Dann erhob sich Shacklebolt, der wie die beiden letzten Verhandlungen auch diesen Prozeß leitete. Diesmal schrieb Percy Weasley wieder mit. Die Carrow starrte den bebrillten Sohn der Weasleyfamilie wütend an, als sei der Schuld an ihrem Los. Julius erhaschte ebenfalls einen zornigen Blick der Geschwister. Ob die wußten, wer er war? Doch von da unten aus war er nicht so einfach anzusehen. Die Ketten klirrten, als die beiden Angeklagten versuchten, sich aus ihren Sünderstühlen zu erheben.
"Ruhe im Saal!" Rief ein Zauberer in grauem Umhang, wohl ein Gerichtsdiener. Dann sprach Shacklebolt:
"Hiermit eröffne ich in meiner Eigenschaft als amtierender Zaubereiminister Großbritanniens und Irlands sowie Kanadas am achtzehnten Juli neunzehnhundertachtundneunzig um siebzehn Minuten nach acht Uhr Vormittags diese vor dem Zaubergamot großbritanniens und Irlands stattfindende Verhandlung. Ich frage die von den Sicherheitstruppen der magischen Strafverfolgungspersonen vorgeführten nun nach ihrer Identität. Die Dame zuerst: Sind sie die am sechsten November neunzehnhundertdreiunddreißig in York geborene Alecto Hecate Medusa Carrow?"
"Weißt du genau, Schlammblutfreund", stieß die Angeklagte aus. Shacklebolt blieb ruhig, während viele Zuschauer bei Erwähnung des Schimpfwortes entrüstet zusammenfuhren und mißbilligend mit der Zunge schnalzten. "Und Sie der Herr, sind sie Amycus Acheron Anteros Carrow, geboren am vierten November des Jahres neunzehnhundertzweiunddreißig?"
"Häh-hä, wer soll ich denn sonst sein, Niggerkopp", spie der Angeklagte dem Zaubereiminister entgegen.
"Dagegen war Goyle ja recht vornehm", feixte Julius, weil viele im Publikum entrüstet schnaubten, die ebenfalls afrikanische Vorfahren besaßen, darunter die Familie von Angelina Johnson, die Julius auch bei der Schlacht von Hogwarts hatte sehen können.
"Nun, unabhängig davon, wie wir außen angepinselt sind, Mr. Carrow, interessiert uns wohl eher, wie es in Ihrem Inneren aussieht", tat der Zaubereiminister die Beleidigung wie einen albernen Ausspruch eines kleinen Jungen ab. "Ihnen beiden werden folgende Dinge zur Last gelegt ..."
"Warum hat der dunkle Lord dich Wicht am Leben gelassen?" Schnaubte Amycus Carrow, während seine Schwester schrill und scheinbar irrsinnig darüber lachte. Dafür bekamen sie beide von Mr. Weasley persönlich den Schweigezauber Silencio aufgehalst. So konnte der Minister die Anklagepunkte verlesen:
"Freiwillige Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Gruppe von Hexen und Zauberern, namentlich als Todesser bekannt, mutwillige Beschädigung von Verkehrswegen der magielosen Welt in Tateinheit mit zwanzigfachem vollendetem Mord, zweihundertfachem versuchtem Mord und zweihundertfacher Körperverletzung, Erpressung, Nötigung und Freiheitsberaubung in fünfhundert Fällen, Mißhandlung von Minderjährigen Hexen und Zauberern in gleich vielen Fällen, Anstiftung zum Gebrauch bösartiger Zauber gegen Mitmenschen, vollendete Ausführung des verbotenen Cruciatus-Fluches in zweihundert Fällen, Anstiftung zur Benutzung des verbotenen Cruciatus-Fluches in einhundertzwanzig Fällen, Körperverletzung unter Zuhilfenahme bezauberter Schneidwerkzeuge in neunzig Fällen, sowie die Weitergabe eindeutig schädlicher Zauberkenntnisse an Minderjährige, abwertende Äußerungen gegenüber nichtmagischen Menschen zum Zwecke der Anstiftung zur Gewalt gegen diese Menschen und ihre Abkömmlinge sowie die vollendeten Morde an den magielosen Eheleuten Pinkerton, Graves und Handerson. Bekennen Sie sich schuldig?" Weasley hob den Schweigezauber auf. Beide spien in den Raum, daß sie nur die Welt vom "Unrat der Muggel und Schlammblüter" befreien und im erhabenen Einvernehmen mit dem dunklen Lord handeln wollten. Jeder hier hörte daraus ein offenes Schuldeingeständnis. Julius dachte für sich, daß man so das ganze Verfahren auf zwei Stunden zusammenkürzen konnte und die beiden dann einfach auf Nimmerwiedersehen in einen Betonbunker von Askaban verbuddeln mochte. Niemand hier würde denen eine Träne nachweinen. Offenbar spekulierten die beiden darauf, so schnell es ging wieder aus dem Saal zu verschwinden. Doch Shacklebolt sagte nur, daß er diese Geständnisse als Schuldanerkenntnisse werten müsse. Doch im Sinne eines rechtlich einwandfreien Verfahrens müsse eine Beweisaufnahme stattfinden, um ein mögliches Schuldeingeständnis ohne Schuld auszuschließen. Wäre nicht das erste mal, daß jemand die Schuld für eine Tat auf sich nähme, um den wahrhaft Schuldigen zu entlasten." Julius verstand es so, daß Shacklebolt diese beiden da von A bis Z mit den Auswirkungen ihrer Taten konfrontieren wollte, ob die sich schuldig bekannten oder nicht. Dann teilte der Zaubereiminister noch einen genialen Schlag aus. "Vor allem möchte ich die Angeklagten darauf hinweisen, daß der, dem sie gerade so lautstark Treue und Ergebenheit gelobt haben, keinen Vorteil mehr daraus zieht, da er am zweiten Mai diesen Jahres auf den Ländereien von Hogwarts durch einen auf ihn selbst zurückprallenden Todesfluch umkam." Julius grinste, weil die Carrows sich gegenseitig anstarrten, als habe Shacklebolt ihnen gerade ein Lieblingsspielzeug weggenommen.
""Das ist nicht wahr. Er ist nicht tot. Er hat euch alle genarrt. Er kann nicht sterben", schnarrte Amycus Carrow. Julius erkannte, daß die beiden da vorne offenbar Probleme mit der Wirklichkeit hatten. Denn er und so viele andere auch hatten Voldemorts Tod mit ansehen müssen oder dürfen. Er wußte aber auch, daß die Carrows zu diesem Zeitpunkt handlungsunfähig in einem Netz in Ravenclaw gehangen hatten. Wenn ihr Herr und Meister immer damit angegeben hatte, daß ihn keiner umbringen konnte, war das natürlich schwer zu verdauen. Aber die beiden hockten doch schon lange genug hinter Gittern um zu begreifen, daß ihre Terrorherrschaft erledigt war.
"Nun, die beiden Angeklagten, es gibt genug Zeugen, die den selbstverschuldeten Tod jenes Dunkelmagiers, der sich überheblich als dunkler Lord oder Voldemort bezeichnet hat, mit eigenen Augen angesehen haben. Außerdem hinterließ er einen unbestreitbar toten Körper, der nach der üblichen Zeit alle natürlichen Phasen der Totenstarre und einsetzender Verwesung äußerte. Wir haben es hier also weder mit einer geschickten Verstellung zu tun noch mit einem täuschend echten Doppelgänger. Nur dies zu Ihrer Information, falls Sie wahrlich nicht erkennen wollten, daß Ihr Herr und Gebieter seiner eigenen Überheblichkeit und der Entschlossenheit eines jungen Zauberers zum Opfer fiel. Kommen wir also zu dem, was Sie beide im Sinne dieses macht- und zerstörungssüchtigen Zauberers geplant, ausgeführt oder zur Ausführung weitergegeben haben", fuhr der Minister fort.
"Er ist unsterblich. Er kann nicht tot sein, du Angeber", schnarrte Amycus Carrow. "Er wird wiederkommen und uns befreien und euch anderen alle im Dämonsfeuer seiner Rache hinwegbrennen."
"Falls Sie sich auf schuldunfähig auf Grund verlorenen Realitätssinnes herausreden wollen, Mr. Carrow, so hätten Sie bei Ihrer Namensnennung vorgeben müssen, Ihre eigene Schwester zu sein", erwiderte Shacklebolt und erntete damit ein erheitertes Lachen aus dem Publikum. Julius grinste. Mit diesem Zaubereiminister hatte Großbritannien echt einen, der ab und an auch mal einen Clown frühstücken mochte. Doch offenbar war die Bemerkung Shacklebolts nicht als Witz gedacht. Denn die Carrows glubschten ihn verbittert an und Shacklebolt sagte noch: "Abgesehen davon habe ich keine Probleme damit, Ihnen den Leichnam Ihres Anführers zu präsentieren und werde im Verlauf der Verhandlung genug Zeugen aufrufen, die bestätigen können, daß jener Schwarzmagier, der in Wirklichkeit Tom Vorlost Riddle hieß, den Tod durch eigenen Zauber gefunden hat. Kommen wir nun also zu den Sie persönlich betreffenden Vorwürfen." Da die Carrows nun weiterzeterten, ihr Herr und Meister würde schon bald wiederkehren bekamen sie erneut den Schweigezauber ab. Nun wurden verhaftete Todesser als Zeugen gehört, die bestätigten, daß die Carrows bei der Zerstörung der Brockdale-Brücke mitgeholfen hatten. Es handelte sich wohl um Mitläufer, die aus Angst um ihre Familien in die Bande eingetreten waren. Auch solche, so wußte es Julius, gab es in jeder Diktatur der Menschheitsgeschichte. Dann kamen die Schüler, die im letzten Jahr in Hogwarts gewesen waren. Um kurz vor zehn durfte Gloria Porter aussagen. Sie schilderte, wie bereits auf der Zugfahrt versucht wurde, die Schüler einzuschüchtern und daß sie die Carrows hatte lästern hören können, als einige Schüler versucht hatten, die Dementoren abzuwehren, die die Muggelstämmigen verschleppten. Julius hörte, wie sie um Fassung ringend beschrieb, was in den Schulstunden bei diesen Leuten passierte und erwähnte auch, wie Alecto Carrow mit einem dauerhaft glühend gezaubertem Messer vor allem Mädchen die Haare abgeschnitten hatte. Da Alecto gerade unter Schweigezauber stand konnte Julius nur an ihrem Gesicht ablesen, wie gerne sie Gloria die blonde Lockenpracht abrasiert hätte. Gloria sagte auch prompt, daß sie wohl Glück hatte, weil ihre Eltern ihr eingeschärft hatten, sich nicht provozieren zu lassen. Shacklebolt fragte sie dann, ob sie eine Möglichkeit gesehen hätte, ihren Mitschülern zu helfen. Gloria führte dann aus, daß die Vertrauensschülerin der Gryffindors, die für die scheinbar für immer verschwundene Hermine Granger nachgerückt sei, das versucht habe und dafür von Alecto Carrow nicht nur um ihr Kopfhaar gebracht worden sei, sondern auch mit der Spitze des Messers im Gesicht verletzt worden sei, um ihr die Worte Aufbegehren Schmerzt einzubrennen. Ihr, Gloria sei nur übriggeblieben, ihre Mitschüler vorzuwarnen, wenn die Carrows und die von ihnen angestifteten Spitzel aus Slytherin in der Nähe waren. Dann habe Professor Snape ihr, den Hollingsworths und Kevin eine drohende Anklage von Umbridge vorgelesen, was in letzter Konsequenz dazu geführt hatte, daß sie von einer Gruppe Zauberer, die sie nicht kannte, aus Hogwarts herausgeholt wurde, weshalb sie die Carrows nur bis Ende Oktober hatte erdulden müssen. Zu deren Unterricht befragt zitierte sie Auszüge aus Alectos Tiraden gegen Muggel und Amycus' Vorlieben für bösartige Zauber und wie er ältere Schüler dazu anstiftete, zur Strafarbeit verurteilte Schüler mit dem Cruciatus-Fluch zu foltern. Dann wurde sie entlassen. Romilda Vane wurde aufgerufen, während Gloria zu ihrem Vater ging. Alecto sah ihr bösartig funkelnd nach. Dabei entging ihr nicht, daß neben Mr. Porter ein hochgewachsener, blonder Jüngling mit hellblauen Augen saß. Julius konnte an ihrem Gesicht die Frage ablesen, wer das war. Denn sie war ja beim Prozeß gegen Umbridge nicht dabei gewesen.
Romilda schilderte unabhängig von Glorias Aussage, wie ihr gleich in der ersten Stunde Muggelkunde die Haare abgeschnitten worden waren und diese erst sehr langsam hatten nachwachsen können. Den Rest ihrer Haarpracht habe sie erst im Mai wiederherstellen können, als sie sich für eine Hautheilungs- und Haarerneuerungskur in das St.-Mungo-Krankenhaus begeben hatte. Sie konnte schildern, daß vor allem die Mädchen bei Alecto Carrow drangsaliert wurden und ihr Bruder, der dunkle Zauber unterrichtet hatte, immer wieder lüstern auf sie und andere junge Hexen gestarrt hatte. Dazu befragt, wie sie das Verhältnis der Carrows zu den anderen Lehrern und die Zusammenarbeit mit dem verstorbenen Professor Snape mitbekommen hatte sagte sie, daß Snape viele hohe Strafen in Putzdienste umgewandelt habe und die Lehrer, die eigentlich dazu aufgefordert waren, jeden straffälligen Schüler an die brutalen Geschwister auszuliefern, viele früher zu ahndenden Missetaten verschwiegen hatten. Romilda erwähnte auch Dumbledores Armee, die den Carrows eingeheizt habe, bis es schließlich zur Schlacht von Hogwarts gekommen sei.
Nach Romilda trat Luna Lovegood in einem sonnengelben Rüschenkleid vor dem Gamot auf und erzählte mit ihrer beinahe weltentrückten Stimme, was ihr so passiert war. Die beiden hätten ihr gedroht, sie ihrem Vater in Scheibchen zerschnitten zurückzuschicken, wenn dieser nicht seine offene Sympathie für Harry Potter aufgeben würde. Sie erwähnte, daß die Carrows sicher von Seelendrückern befallen seien, kleinen Insekten, die ihre Eier in die Ohren von magischen Menschen legten, damit die Larven deren Gehirne umwickelten, weshalb die meisten dumm und böse zugleich würden. Sophia Whitesand mischte sich da ein und fragte, ob die Carrows von Heilern untersucht worden seien. Einer der Heiler, die nach der Schlacht von Hogwarts die Überlebenden und Gefangenen untersucht hatte bestätigte, daß die Carrows von keinem Parasiten befallen seien und er auch von keinen Seelendrückern gehört habe. Julius wollte schon fragen, ob Luna vielleicht Willenswickler oder diese Seesterne Bokanowskis meinte. Doch das hätte ihn zu heftig ins grelle Licht öffentlichen Interesses gerückt. Ceridwen Barley wandte dann noch ein, daß Luna keine heilkundlich vorgebildete Hexe sei und wohl nur vermutete, daß kein gesunder Mensch so böse sein könne, wie sie die Carrows erlebt habe.
"Luna und ihre Phantasietiere", schnarrte Gloria. "Die macht sich noch unglaubwürdig."
"Na ja, es gibt Parasiten, die Menschen rammdösig machen können, Gloria. Aber die Carrows waren sicher nicht befallen."
Luna berichtete dann noch von ihrer Entführung, Gefangenschaft bei den Malfoys und der Befreiung durch Harry Potter und seine Freunde, sowie ihre Rückkehr nach Hogwarts, wo sie gesehen hatte, wie Voldemort vom eigenen Todesfluch getroffen umgefallen war. Da Romilda das auch schon erwähnt hatte, sollten die beiden Angeklagten das doch irgendwann mal glauben.
Nach Luna trat Kevin Malone auf, der bestätigte, wie er von den Carrows drangsaliert worden war, bis er aus Hogwarts befreit und in die Staaten hinübergebracht worden war. Danach wurden die Hollingsworths aufgerufen, die im wesentlichen nichts anderes sagten als Kevin und Gloria. Ihnen folgten Mandy Brocklehurst aus Ravenclaw, die ebenfalls Alectos Frisörkünsten zum Opfer gefallen war. Einige Slytherins sagten aus, daß sie mitgemacht hatten, weil sie Angst vor Snape und dem dunklen Lord gehabt hätten. Immerhin sei Draco ja einer der Todesser gewesen, und seine Freunde Crabbe und Goyle hätten schon dafür gesorgt, daß keiner von ihnen zweifelte, endlich die Oberhand zu haben. Allerdings gab es auch Slytherins, die die Sache des dunklen Lords verabscheuten, weil ihnen klargeworden war, daß Voldemort die gesamte Zaubererwelt zerstören wollte und es ihnen auch nicht danach war, einem zu folgen, dessen Namen und Stammbaum sie nicht kannten. Der kleine Zauberkunstlehrer Professor Flitwick sagte aus, er habe von Snape die Anweisung erhalten, bei mehr als zehn Punkten Abzug für ein Haus auf Strafarbeit zu erkennen, vor allem wenn er Zeuge von aufrührerischen Reden würde. Professor McGonagall berichtete mit sicht- und hörbarer Entrüstung, wie Alecto Carrow von ihr verlangt habe, aufsässige Schüler in Insekten oder andre Kleintiere zu verwandeln, um sie den Carrows zu überlassen, sie jedoch die alten Schulregeln anführte, denen nach keine Verwandlung in was auch immer als Strafe in Hogwarts zulässig sei und von Snape recht bekommen habe, da dieser sonst ihre Entlassung hätte anordnen müssen, wodurch der Unterricht in Verwandlung ausgefallen wäre. Da jedoch die ministerielle Anweisung erteilt worden sei, Lehrer nur bei gewaltsamem Aufbegehren zu entlassen, habe er das nicht getan. Wie sie mit Strafarbeiten umgegangen sei, wurde sie noch gefragt. "Nun, ich habe über vieles hinweggesehen, was ich früher konsequent geahndet hätte", sagte sie. "Doch mir war klar, daß ich mich durch Auslieferung der Missetäter zur Erfüllungsgehilfin dessen, dessen Name nicht genannt werden sollte machte. Und diese Demütigung wollte ich mir nicht antun." Die Carrows funkelten sie höchstverärgert an.
"Welche Strafen außer der magischen Folter wurden noch angewendet?" Fragte Arthur Weasley. Professor McGonagall straffte sich und sagte:
"Neben den mir zu Ohren gekommenen Bestrafungsformen der beiden Angeklagten haben sie auch die Kerker- und Prügelstrafen von vor vierzig Jahren wieder eingeführt, ja das Strafmaß sogar erhöht. Hausmeister Filch war dazu genötigt worden, diese Strafen zu vollstrecken."
"Genötigt?" Fragte Julius in das aufkommende Raunen hinein. Kevin hatte vorhin berichtet, daß Filch ihm einmal zwei Dutzend Peitschenhiebe vor allen Ravenclaws übergebraten hatte, und die Carrow habe dabei zugesehen. Filch habe da nicht den Eindruck gemacht, unter Zwang oder Abscheu zu handeln.
"Nun, Mr. Filch werden wir wohl heute auch noch zu diesem Punkt vernehmen", sagte der Zaubereiminister. "Schildern Sie uns bitte noch die Eskalation, die in der Schlacht von Hogwarts gipfelte!" Professor McGonagall erwähnte die Gerüchte, jemand habe Harry Potter in Hogwarts gesehen, wie sie Amycus Carrow wütend vor dem Ravenclaw-Gemeinschaftsraum hatte toben hören können, wie dieser drohte, alle Ravenclaws zu foltern, weil irgendwer seine Schwester niedergestreckt hatte und wie er ihr ins Gesicht gespuckt habe, weil sie ihn einen Feigling genannt hatte, worauf Harry Potter sich enttarnt und Carrow seinerseits niedergeflucht habe. Sie verschwieg dabei, daß Harry den verbotenen Cruciatus-Fluch benutzt hatte. Offenbar hatten Harry und sie das schön heimlich als nicht passiert abgehandelt, weil außer Luna ja auch keiner mitbekommen hatte, was losgewesen war. Julius dachte daran, daß die alle ihre Aussagen aufeinander abgestimmt hatten, bevor die Prozeßlawine ins Rollen gekommen war. Wenn Amycus jetzt doch verriet, was ihn da getroffen hatte, stand seine Aussage gegen hundert andere. Sie berichtete noch von Snapes Flucht, der Animierung der Statuen und Rüstungen und der Schlacht, bei der sie zum Schluß neben dem Zaubereiminister und Horace Slughorn gegen den Unnennbaren persönlich gefochten habe, bis dieser, vom Tod seiner fanatischen Gefolgshexe Bellatrix Lestrange in Wut versetzt seine Gegner mit einem telekinetischen Zauber davongeschleudert hatte und dann zum letzten Duell vor Harry Potter gestanden habe. Als sie das berichtet hatte durfte sie gehen.
Nun wurde Neville Longbottom in den Saal gerufen. Rhythmisches Klatschen von den zuschauenden Schülern begrüßte den Gryffindor. Er beschrieb, wie er mit einigen anderen zusammen Dumbledores Armee wiederbelebt hatte, welche Aktionen sie ausgeführt hatten und wie knapp es immer war, den Carrows zu entgehen. Er zeigte die Narben seiner Verletzungen, die ihm der alte Carrow zugefügt hatte, um aus ihm herauszuholen, was er über Dumbledores Armee oder den Aufenthaltsort von Harry Potter wußte. Zum Schluß warf er sich in die Brust und sagte lautstark:
"Ihr beiden da vorne habt uns heftig drangsaliert. Aber unterkriegen konntet ihr uns nicht. Euer Anführer ist erledigt, und ihr verschwindet im Loch, bis die Sonne ausgeht. Es lebe Dumbledores Armee! Lang lebe Harry Potter!""
"Das mit dem langen Leben nehmen wir mal als Gesinnungsbekundung zur Kenntnis", sagte der Zaubereiminister. "Ansonsten haben wir von Ihnen nur Tatsachen wissen wollen, Mr. Longbottom. Keine weiteren Fragen."
Unter begeisterten Jubelrufen verließ Neville den Gerichtssaal. Einige weitere Mitglieder von Dumbledores Armee traten auf, sagten aus und wurden wieder verabschiedet. Dann erschien auch Adrian Moonriver, der mit stolzgeschwellter Brust vor dem Gamot aufmarschierte und im Stil eines Meldung machenden Soldaten zusammenfaßte, wie er das Jahr in Hogwarts erlebt hatte. Dabei erwähnte er auch, daß die Carrows versucht hatten, ihn durch Flüche und magische Messer zu verletzen. Doch er erwähnte, daß er von seiner Amme und seinen Lehrern gute Abwehrzauber erlernt habe. "Als Vollwaise muß man sowas draufhaben, herr Zaubereiminister", sagte Moonriver. Dann sah er Amycus Carrow überlegen an und fragte: "Na, tut der linke Arm immer noch weh, Amy? War schon ziemlich fies, wie dein Sklavenstempel gebrannt hat, als du mir mit diesem rostigen Schneideging an die Gurgel wolltest, wie?" Der Angeklagte verzog das Gesicht. Sein linker Arm zuckte wie unter einem Stromschlag. Julius stellte sich vor, wie der Todesser Adrian Moonriver zu packen versucht hatte und dabei mit seinem schwarzmagischen Brandmal voll in die Wirkungsaura eines gerade nicht sichtbaren, aber sicher vorhandenen Schmuckstückes geraten war, das Adrian Moonriver immer bei sich trug.
"Sie haben Mr. Carrow am linken Arm verletzt?" Fragte Mr. Weasley. Der körperlich wie dreizehn oder vierzehn aussehende Bursche lächelte überlegen und sagte, daß er einen wirksamen Zauber speziell gegen markierte Todesser zur Verfügung hatte. Alecto Carrow starrte mit sichtlichem Unbehagen auf Adrians Brust. Offenbar hatte sie als dunkle Hexe die volle Wirkung von Adrians Glücksbringer zu spüren bekommen. Doch Adrian verriet nicht im Detail, was er mit ihr und Amycus angestellt hatte. Doch jeder hier konnte sehen, daß ihnen dieser blonde Bursche mit den grünen Augen unheimlich war. Adrian nutzte das Ende der Befragung, um wieder hinauszugehen. Zwar sah ihm Patience Moonriver nach, machte aber keine Anstalten, ihn zurückzurufen.
Vor der Mittagspause durften noch einige Slytherins aussagen, die die Carrows als zwar strenge aber fachkundige Lehrer beschrieben. Allerdings waren auch einige von denen nicht um körperliche Züchtigungen herumgekommen, wenn sie die in sie gesetzten Leistungsansprüche nicht erfüllt hatten. Julius konnte nicht anders, als mitfühlend nicken. Auch von ihm, dem Direktorensohn, hatten sie in der Schule mehr erwartet, als er zeigen wollte und einige Schikanen bereitet. Er dachte mit gewissem Grimm an Pöbeleien von Mitschülern zurück, von denen er trotz aller Entwicklung immer noch dachte, daß die Kameraden mit stiller Billigung der Lehrer gehandelt hatten, er es aber nie hatte beweisen können. Gloria merkte es, daß ihr früherer Schulkamerad wohl abschweifte und stupste ihn sacht an, um ihn geistig in das laufende Geschehen zurückzuholen.
"In welcher Hinsicht hat Ihnen Mr. Carrow zugesetzt, Mr. Zabini?" Fragte Minister Shacklebolt Draco Malfoys Jahrgangskameraden.
"Na ja, die kennen meine Großeltern ziemlich gut, Herr Zeitweiliger Zaubereiminister", erwiderte Blaise mit einer gewissen Verachtung in der Stimme. "Wahrscheinlich haben die Professor Carrow drum gebeten, mir mehr abzuverlangen, weil die Luschen, die vorher das mit den dunklen Künsten unterrichtet haben mir eh nix gescheites beigebracht hätten."
"Zu diesen "Luschen", wie Sie sie nennen gehörte doch auch Professor Severus Snape", griff Mr. Weasley Zabinis verächtliche Bemerkung auf. "Aber als Hauslehrer und Schulleiter haben Sie ihn doch sehr hoch eingeschätzt, oder nicht?"
"Ich kapiere es, daß Sie jetzt ganz oben auf sind, Mr. Blutsverräter", knurrte Blaise verdrossen. "Aber ich hatte bis zu diesem Ding mit Potter und Sie-wissen-schon-wem den Eindruck, Professor Snape habe nur nicht machen können, was er machen wollte, weil ihn Dumbledore und das Ministerium am kurzen Führstrick gehalten haben. Daß der in echt dem Unnennbaren in den Besenschweif gekracht ist und den voll verladen hat hat Potter ja behauptet, bevor der Unnennbare irgendwie den eigenen Todesfluch abbekommen hat. Ich habe Professor Snape für einen sehr fähigen Lehrer gehalten. Wenn der aber echt immer gegen seine Leute geschafft hat wunder ich mich nicht, daß der die beiden Lehrer Carrow immer zurückgepfiffen hat. Einigen Blutsverräterbälgern hätte es nix geschadet, die für das restliche Leben kräftig fertig zu machen." Er sah dabei provozierend zu Mr. Weasley hinüber, der jedoch sehr gefaßt reagierte und ohne Anflug irgendeiner Gefühlsregung sagte:
"Also haben Sie entgegen Ihrer gerade gemachten Aussage doch zu den Todessern gehalten und deren Machtausübung befürwortet. Ich bitte den Gamot, das bei der Beratung zur anstehenden Verurteilung zu berücksichtigen." Julius grinste innerlich. Damit hatte Weasley Zabini ganz ruhig und leise eine mögliche Anklage wegen eventueller Beihilfe angedroht.
"Die Todesser haben uns wieder stark gemacht. Klar, die haben ziemlich ruppige Sachen gemacht. Aber wenn die Hexen und Zauberer nicht so heftig gegen die neue Ordnung angegangen wären hätten wir heute eine friedliche Zaubererwelt", stellte Blaise Zabini mit bedingungsloser Überzeugung in der Stimme fest. Ein Raunen klang im Publikum auf. Julius grinste Gloria an und sagte verächtlich:
"Pax Voldemortis oder was. Der Frieden der bedingungslosen Unterwerfung unter den Willen dieses komplett wahnsinnigen Mistkerls."
"Was erwartest du von einem, der heimlich zu den Malfoys aufgesehen hat, Julius?" Fragte Gloria halblaut und betrübt klingend.
"Sagen Sie das jetzt, weil Ihr Großonkel Garwin von den Todessern magisch verunstaltet wurde und an den Folgen dieser Verunstaltung starb?" Wollte der zaubereiminister wissen. Julius wunderte sich wohl wie die meisten hier. Damit bot er Blaise einen rettenden Strohhalm, an dem der sich aus dem Sumpf rausziehen konnte, in den sein Gerede von eben ihn reingetrieben hatte.
"Mein Großonkel hielt es mit Grindelwald. Der war da gerade zwanzig, als Grindelwald von Dumbledore besiegt wurde. Offenbar sah der in ihm, dessen Name keiner zu nennen wagt einen billigen Emporkömmling. Jetzt weiß der das wohl besser", entgegnete Blaise. Julius dachte an die französische Revolution, die keine Rücksicht auf die eigenen Vorkämpfer genommen hatte.
"Das Eigenschaftswort billig kann auch schlecht für einen offenkundig geisteskranken Charakter benutzt werden", entgegnete Arthur Weasley. Dann fragte er den Minister und den Gamot, ob es noch weitere Fragen zu den Begebenheiten in Hogwarts gebe. Die Antwort war ein klares nein. Blaise Zabini durfte gehen.
Nach der nun schon fünfzehnten Aussage zu den Folterungen in Hogwarts vertagte sich das Gericht bis drei Uhr nachmittags. Mr. Porter stellte klar, daß sie in seinem Haus zu Mittag essen würden und geleitete seine Tochter und den Gast aus Paris zum Atrium.
"Habe ich das noch richtig in Erinnerung, daß Filch heute noch aussagen muß?" Fragte Gloria nach der Ankunft in ihrem Elternhaus. Ihr Vater und Julius nickten.
"Und es sind nicht alle von den Slytherins für die Todesser gewesen?" Wollte Millie wissen.
"Bei einigen kam das so rüber, daß die Angst um ihre eigenen Verwandten und vor den Carrows hatten", erwähnte Julius. "Duckmäuser und Mitläufer haben alle Diktaturen der Welt am laufen gehalten. Du hast das doch auch mitgekriegt, wie groß die schweigende Mehrheit war, als Didier und Pétain am Ruder waren."
"Ganz klar", knurrte Millie, die an entsprechende Meldungen in den Zeitungen dachte.
"Ob ich Blaise Zabini im Wiederholungsjahr zu sehen kriege?" Fragte Gloria mit gewisser Verachtung.
"Nur, wenn Professor Wright euch wieder nach Hogwarts läßt", sagte Mrs. Porter dazu. "Die Gerichtsverhandlungen machen die Verhandlungen zwischen Professor Wright und Professor McGonagall zur langwierigen Angelegenheit.
"Ich dachte, dieser Wishbone hätte uns bereits aus den Staaten rausgeworfen", erwiderte Gloria schnippisch. Julius nickte. Dann warf Mr. Porter etwas ein, womit seine Tochter wohl nicht gerechnet hatte:
"Willst du wirklich das ganze Jahr wiederholen, Gloria? Soweit ich mitbekommen habe ist geplant, bei Anerkennung eurer ZAGs eine reibungslose Weiterführung mit Klassenstufe sechs zu bewilligen."
"Will sagen, Dad, wenn Wishbone die Ergebnisse nicht für ungültig erklären läßt können Betty, Jenna, Kevin und ich gleich mit Klasse sechs weitermachen?" Wollte Gloria wissen.
"Nun, es gibt internationale Vereinbarungen, denen nach die regulären Zauberergradprüfungsabschlüsse in jeder andren Zaubererschule anerkannt werden", erinnerte ihr Vater sie alle an die gesetzlichen Bestimmungen. Gloria nickte und meinte dann, ob Kevin dann nicht lieber das Jahr wiederholen wolle, wenn seine ZAGs nicht so ausfielen, wie er sie hätte haben wollen.
"Das müßte er dann mit prinzipalin Wright oder Professor McGonagall klären, beziehungsweise von seinen Eltern klären lassen, die ja seine Ausbildung bezahlen", räumte Mr. Porter ein.
"Bei dir hoffe ich doch mal, daß du die nötigen ZAGs für deine spätere Berufswahl geschafft hast", schaltete sich Mrs. Porter ein. Gloria nickte ihr zu. Dann sah sie Julius an und meinte:
"Na ja, ob ich so viele überragende ZAGs hinbekommen habe weiß ich zwar nicht, weil gerade die Umstellung auf die Verwandlungstechniken von Maya Unittamo die drei anderen und mich doch etwas runtergezogen hat. Und die Käbbeleien zwischen Kevin, der Purplecloud und Bullhorn könnten dem die eigentlich gewollten ZAGs verdorben haben. Na ja, aber wir haben die ja noch nicht", stellte Gloria fest.
"Kalifornien ist ja auch drei Ecken weiter weg als Paris", erwiderte Melanie Redlief, die der bisherigen Unterhaltung teils aufmerksam, teils uninteressiert zugehört hatte.
"Wenn Madam Wright einen dieser Verschickungskoffer hätte könnte die sich die ZAG-Ergebnisse von euch wie durch diese Verschwindeschränke zuschicken lassen, durch die damals die Todesser in Hogwarts reingekommen sind", wandte Julius ein und erwähnte die Prazap-Verschickungskoffer.
"Ich habe so ein Gepäckstück nicht bei ihr sehen können", wandte Gloria ein.
"Stimmt, so ein Ding habe ich auch nicht bei ihr gesehen", erwiderte Julius.
"Dann gibt's immer noch die Expresseulen, Gloria", erinnerte Millie sie daran, daß sie und Julius ja auch so früh ihre ZAGs bekommen hatten. Gloria nickte verhalten, weil sie nicht wußte, ob Thorntails oder gar das amerikanische Zaubereiministerium so viel Geld ausgeben würde, um Posteulen durch das internationale Flohnetz zu schicken, um die übliche lange Flugzeit erheblich abzukürzen.
"Sagen wir es einmal so, Gloria", setzte Mr. Porter zu einer dieses Thema beschließenden Bemerkung an. "Wenn du bis zum ersten August keine ZAGs zugeschickt bekommst, haben die in den Staaten sie nicht anerkannt. Dann müßt ihr wohl das Jahr in Hogwarts wiederholen."
"Toll, Dad. Du hast das angefangen, ob die drei anderen und ich gleich mit den UTZ-Klassen weitermachen, obwohl du genausowenig wie ich weißt, ob dieser Wishbone unsere Prüfungsergebnisse zuläßt oder nicht", grummelte Gloria. "Aber recht hast du ja doch", stellte sie beschwichtigend fest.
"Wishbone wird wohl nicht mehr lange Minister sein", sagte Mel. "Der Kristallherold hängt es ja raus, daß der die Kiste mit dieser apparierfähigen Entomanthropenkönigin nicht alleine bewältigt hat und unterstellt dem, dieser Leda Greensporn zu ihrem späten Töchterchen verholfen zu haben. Wenn der sich noch was leistet fliegt der ohne Besen."
"Das ist echt nicht lustig, Mel", schnarrte Gloria. "Diese selbsternannte Erbin Sardonias tanzt dem auf der Nase herum und hat uns Hexen alle in Verdacht gebracht, am Ministerium und der bisherigen Zaubererweltordnung zu sägen."
"Mel meint damit auch nur, daß der Typ voll versagt hat und besser freiwillig den Hut nimmt als aus dem Amt rausgekegelt zu werden", verteidigte Julius Glorias ältere Cousine. Gloria funkelte ihn graugrün an und fauchte:
"Mel ist erwachsen und braucht keinen mehr, der für sie redet, Julius. Und an deiner Stelle würde ich was diese Erbin Sardonias angeht auch nicht so schadenfroh sein, weil die jederzeit auch wieder in Europa tätig werden kann."
"Werden?" Fragte Julius trotzig. "Die ist schon tätig, nicht nur in Europa und Amerika. Die hat bestimmt überall Helferinnen am Start, die ihr Informationen rüberreichen und Aufträge für sie ausführen. Da du in der Hinsicht genausowenig weißt wie ich, was in der Richtung schon angeschoben wurde sollten wir da besser nicht zu wild drüber reden. Für mich steht nur fest, daß die in den Staaten echt keinen guten Riecher für führungsstarke und intelligente Zaubereiminister haben. Cartridge hat geschmissen, wohl weil er sich mit der ganzen Sache zu überfordert fühlte und wohl genug Zeit für seine Familie haben wollte. Davenport wurde von Bokanowskis Klonen umgebracht, bevor der wirklich was wichtiges hätte anschieben können, und Pole war ein feiges Aas, das nicht zugeben wollte, daß er gegen Hallitti und meinen von der versklavten Vater nix aber auch gar nix machen konnte. Ja, und Mel ist erwachsen, Gloria. Aber dann hätte die mir auch sagen können, daß sie mich nicht braucht, um ihre Meinung zu erklären." Mel nickte ihm zu. Glorias Blick huschte verstört von ihr zu ihm. Offenbar fragte sie sich, ob das zwischen ihr und ihm vielleicht doch was geworden wäre, wenn Millie ihn nicht so ungestüm eingefordert hätte. Doch weil Julius zum einen nicht auch noch dieses Thema aufmachen wollte und zum anderen nicht wußte, ob Gloria echt an sowas dachte, schwieg er.
"Vielleicht steht das im Westwind oder dem Herold, ob die eure ZAGs verwerfen oder anerkennen", wandte Mr. Redlief noch an die Adresse seiner Nichte ein. Diese nickte. Damit war das Thema und damit auch die Diskussion über Wishbone erledigt.
Kurz vor der Weiterführung der Verhandlung nahmen Plinius und Gloria Porter mit Julius in den Zuschauerrängen Platz und warteten auf die kommenden Zeugen.
Zuerst durfte das Heldentrio, wie die Zeitung Harry Potter, Ron Weasley und Hermine Granger getauft hatte, nacheinander aussagen, was es von den Carrows mitbekommen hatte. Harry bestätigte dabei Professor McGonagalls und Luna Lovegoods Aussage, wie er die beiden brutalen Geschwister außer Gefecht gesetzt hatte. Dann wurde der Hausmeister von Hogwarts, Argus Filch persönlich, in den Zeugenstand gerufen. Harry und seine Freunde nahmen freigebliebene Plätze ein, weil sie hören wollten, was Filch zu sagen hatte.
"Wie erfuhren Sie von den neuen Regeln, die in Hogwarts gültig waren?" Fragte Mr. Weasley, nachdem Filch bestätigt hatte, daß er es wirklich war.
"Nun, ich bekam einen Brief vom Zaubereiministerium und den Schulräten, daß Professor Snape der neue Schulleiter sein würde, weil Professor McGonagall als Verwandlungslehrerin zu viel zu tun haben würde", sagte der auch jetzt ziemlich mürrisch wirkende Schulbedienstete mit dem knautschig wirkenden Gesicht. "Professor Snape erwähnte in seinem Schreiben, daß die früheren Strafen wieder gültig waren. Wurde auch Zeit, nachdem die Bagage anfing, uns allen auf der Nase herumzutanzen. Schon schlimm genug, daß dieser Chaot Peeves bei uns rumwuselt wie die Laus im Kopfhaar."
"Welche Regeln waren das genau?" Fragte Minister Shacklebolt. Filch zählte völlig spontan und ohne Denkpausen die Regeln auf, nach denen straffällig gewordene oder aufsässige Schülerinnen und Schüler neben den Filch zu lasch erscheinenden Abschreibübungen und Sortieraktionen für den Zaubertranklehrer mehrere Stunden oder Tage in Kerkerzellen abzusitzen hatten oder zur Wiederherstellung der eigenen Disziplin und Untermauerung des allgemeinen Gehorsams öffentlich oder zumindest vor den Angehörigen des bewohnten Schulhauses angekettet und/oder ausgepeitscht wurden.
"Auspeitschen?" Fragte Mr. Weasley bedrückt, obwohl er doch schon von den anderen wußte, daß diese Strafe in Hogwarts angewandt worden war. Filch lächelte überlegen und nickte. Dann sagte er noch:
"Das war bei einigen längst nötig, daß sie lernten, daß sie in Hogwarts zu spuren hatten. Denen hat es am nötigen Respekt vor uns gefehlt. Und wenn die Bälger nicht hören wollten, mußten sie halt fühlen. Bei manchen Jungs geht es nur mit zwei Dutzend auf den blanken Buckel."
"Das meinen Sie ehrlich, Mr. Filch?" Fragte Mr. Weasley und fügte hinzu: "Bezieht das von ihnen gebrauchte Wort Jungen und Mädchen ein?"
"Die Jungs können nur so lernen, wer das Sagen hat. Die dummen Mädchen, die meinten, den Lehrern und mir gegenüber aufmucken zu müssen, kriegten eine Sonderbehandlung von Professor Carrow. Die hat schon gewußt, wie sie die eingebildeten Gänse rupfen konnte."
Julius hatte mit einer gewissen Sympathie Filchs vor harten Strafen gerechnet. Aber eine derart offene und unbeschwerte Billigung der Gewaltmaßnahmen in Hogwarts war für ihn genauso überraschend wie für die meisten anderen Zuschauer. Wieder hob ein angeregtes Getuschel an, das Shacklebolt zehn Sekunden lang erduldete. Dann ersuchte der Minister wieder um absolute Ruhe und fragte Filch ohne Anflug von Erregung:
"Sie benutzten das Wort Rupfen im zusammenhang mit Bestrafungen der Mädchen. Dann ist Ihnen also geläufig, auf welche Weise die Schülerinnen von der Angeklagten Carrow mißhandelt wurden?" Die Angeklagte grinste Filch an, der jedoch mit dem Gesicht zum Gamot gewandt stand und sie daher nicht beachtete. Er sagte:
"Ich konnte das wohl nicht übersehen, daß einige von diesen frechen Gören lange mit ganz kurzen Haaren rumlaufen mußten oder ausgefranste Ohren hatten, weil die meinten, mit Glitzerklunkern daran im Unterricht hocken zu dürfen, was gegen die allgemeimen Erscheinungsbildregeln verstieß. Hat denen nicht geschadet, weil sie danach ganz lieb und folgsam wurden."
"Abgesehen davon, daß es für eine junge Hexe erniedrigend ist, kahlgeschoren herumlaufen zu müssen und sicherlich auch weh getan hat", warf Mr. Weasley ein. Doch der Minister bedeutete ihm, ruhig zu bleiben.
"Wer hat die von Ihnen erwähnten Prügelstrafen vollstreckt?" Fragte Minister Shacklebolt beharrlich.
"Das habe ich gemacht, Mr. Shacklebolt", erwiderte Filch mit sichtlicher Begeisterung. Offenbar war dem Squib nicht klar, daß diese Art von Bestrafung von der Mehrheit der Anwesenden mißbilligt wurde. "Ich habe ihnen den nötigen Respekt und Anstand eingebläut. Die sind danach nie wieder durch die Korridore gerannt oder haben den Dreck von draußen reingeschleppt."
"Haben Sie auch Schülerinnen ausgepeitscht?" Fragte Shacklebolt.
"Nur die, die meinten, trotz der von Professor Carrow durchgezogenen Bestrafung noch aufbegehren zu müssen. Waren meistens Gryffindors oder Hufflepuffs. Die Ravenclaw-Schnepfen haben sich ja schön zurückgehalten, weil in deren Köpfen wohl klar war, daß der alte Filch, den sie alle so abfällig anglotzen, sie mit eindeutiger Erlaubnis von den Carrows rannehmen konnte", sagte Filch immer noch begeistert. Viele Hexen im Publikum funkelten Filch verärgert an. Dieser glotzte verstockt zurück und fügte hinzu: "Ja, glauben Sie denn, Mädels ließen sich durch reine Putzarbeiten einränken? Zwar hat Professor Snape mir geraten, die neunschwänzige Katze nur gegen die Jungs zu schwingen, weil deren Rücken mehr aushielten als die von den Mädchen. Aber das hat mich nicht dran gehindert, die aufmüpfigen Gören mit einer Vorhangschnur zu bearbeiten. Leider hat Professor Snape häufig gesagt, daß die Banditen besser Putzarbeiten machen sollten und dazu ihre gesunden Rücken und Hände bräuchten."
"Leider?" Fragte Mr. Shacklebolt nach.
"Was glauben Sie denn, warum diese hinterhältige Gaunerbande, die sich Dumbledores Armee nannte und andauernd die Wände mit ihren aufsässigen Parolen vollgeschmiert hat so lange durchgehalten hat? Wenn es nach den Carrows und mir gegangen wäre, hätten wir die Burschen, von denen wir sicher waren, daß die da mit drinhingen mit den Daumen an der Decke aufgehangen und nach drei Dutzend mit der neunschwänzigen Katze einen Tag abhängen lassen. Dann hätten die schon rausgerückt, wer bei denen so mitgemacht hat und selbst die Finger von diesem Unsinn gelassen."
Nun wurde das Raunen richtig laut. Julius schnarrte voller Sarkasmus und Verachtung: "So ein Pech nur, daß Hogwarts kein altes Segelschiff der englischen Marine war. Dann hätte der neben der Katze auch gleich noch Kielholen und an der höchsten Rahe aufhängen mit ins Programm nehmen können."
"Aufhängen? Das war doch die Strafe für Meuterei, oder?"
"Yep", stieß Julius auf Glorias sehr verbitterte Gegenfrage aus.
"Ruhe!!" Bellte Shacklebolt. "Ruhe im Gerichtssaal!" Doch das erregte Gemurmel empörter Zuschauer wollte nicht enden. "Ruhe! Oder ich lasse den Saal räumen, zum Donnerwetter!" Brüllte der Zaubereiminister mit seiner Baßstimme durch den weitläufigen, fensterlosen Gerichtssaal. Das wirkte. Das entrüstete Geraune und Getuschel erstarb.
"Mit anderen Worten, Mr. Filch, Sie haben die körperliche Züchtigung unter Billigung leichter bis schwerer Verletzungen als für den Schulfrieden nötige Maßnahme verstanden und die Durchführung dieser Maßnahmen eigenhändig ausgeführt. Taten Sie dies ausschließlich im Rahmen Ihnen erteilter Anweisungen?" Fragte der Minister. Julius bewunderte diesen Zauberer. Er mußte wohl selbst wütend wie ein angeschossener Puma sein und bot einem Zeugen oder Angeklagten doch noch eine Möglichkeit, die Folgen eigener Untaten abzumildern.
"Wenn ich das gemacht hätte wäre diese Gaunerbande noch dreister geworden. Weil die beiden Lehrer, die Sie heute wegen angeblicher Straftaten gegen die ihnen anvertrauten Schüler auf die Kettenstühle gesetzt haben immer gewußt hätten, wer genau was angezettelt hat, hätten die das dann wohl selbst erledigt. Aber die wußten das nicht. Ich sah das so, daß ich ihnen dabei helfen müßte, die Randalierer zu finden und habe ganz im Sinne meiner neuen, längst überfälligen Sonderrechte Schüler gefragt. Wenn ich patzige Antworten kriegte, hat es eben ein oder zwei Dutzend gesetzt. Aber entweder haben diese Banditen ihre Anhänger bedroht, verflucht oder sonst wie abgesichert, daß die ihre Rädelsführer verrieten, oder diese Bagage hat ganz heimlich gewütet und die Schulordnung begraben. Wenn ich da immer auf direkte Anweisungen gewartet hätte ... Und es hat mir eine große Befriedigung bereitet, diese Wichte endlich mal kuschen zu sehen."
"Befriedigung?" wiederholte Shacklebolt Filches Bemerkung als Frage. Der Zeuge nickte. "Das heißt, Sie haben es genossen, Jungen und Mädchen zu schlagen oder in Kerkerzellen anzuketten, um ihren Willen zu brechen", folgerte der Zaubereiminister und blickte warnend ins Publikum, wo gerade neues Gemurmel ansetzte. "Könnte es sein, daß Sie auf Grund mangelnder Zauberkräfte immer der meinung waren, den Schülerinnen und Schülern unterlegen zu sein und Ihre Anstellung ausnutzten, um sich durch körperliche Gewalt einen scheinbaren Respekt zu verschaffen, Mr. Filch?"
"Kommen Sie mir jetzt damit, daß ich nie die ZAGs und UTZs hinbekommen habe?" Schnarrte Filch nun verärgert, wo er vorhin noch begeistert dreingeschaut hatte.
"Nun, Sie wären nicht der erste, der einen Mangel an Fähigkeiten durch leidenschaftlich ausgelebte Gewalthandlungen auszugleichen trachtet", stieß Shacklebolt aus. "Ist es nicht so, daß Sie bereits unter der provisorischen Leitung von Dolores Umbridge um eine Verschärfung der Strafmaßnahmen ersucht haben, Mr. Filch?"
"Ich war und bin der Meinung, daß das Zaubereiministerium damals von Rotzbengeln wie den Weasley-Zwillingen und der Clique um Harry Potter mißachtet wurde. Großinquisitorin Umbridge sah das ein, daß Prügel die aufmüpfige Bande endlich zähmen würde. Ihre nette Schreibstrafe brachte ja alleine nix ein." Kevin, der einige Plätze weiter weg saß, sowie Harry Potter fuhren von ihren Plätzen auf. Julius war sicher, daß die beiden gleich was in den Saal rufen würden. Doch Hermine Granger zog Harry auf seinen Platz zurück, und Kevin wurde von seinem Vater auf die harte Holzbank zurückgestoßen und obendrein mit der Hand vor dem Mund am Sprechen gehindert.
"Oh, haben wir uns alle geirrt, und Hogwarts war keine Schule, sondern ein großer Käfig voller wilder Bestien", warf Shacklebolt mit einem sehr bissigen Sarkasmus ein. "Bestien, die nicht begriffen, wie gut sie es hatten und die zum Schutz der restlichen Welt zum Gehorsam geprügelt werden mußten?"
"Bestien hätte ich nicht gesagt. Aber trotzdem stimmt's, daß echter Anstand und nötiger Gehorsam nicht durch nette Worte und einfaches Abschreiben von Sätzen hinbekommen wird", erwiderte Filch. "Klar, daß mich Ihr Sitznachbar so schräg anglotzt, weil seine mißratenen Zwillinge uns jahrelang mit ihren gefährlichen und widerwärtigen Streichen auf der Nase herumgetanzt sind und selbst nach ihrer Flucht vor der ihnen endlich zustehenden Bestrafung noch meinten, die Schüler mit miesen Machenschaften gegen uns ausstatten zu müssen. Ich habe eine Liste mit einer ernsten Drohung rausgehängt, deren Schund nicht zu kaufen und/oder zu uns nach Hogwarts reinzubringen. Aber die ungeratenen Bengel und Gören haben die Liste als Anleitung gesehen, gerade dieses Zeugs bei uns zu benutzen. Dumbledore hat diesen Unfug aber wohl gemocht, weil der es bei diesen lächerlichen Strafarbeiten belassen hat. Ich hätte aus diesen Drecksblagen schon rausgeprügelt, woher die diesen Unrat hatten und wer von denen noch damit rummurkst. Mein Vorgänger war daa noch gründlicher. Wen der ertappt hat kriegte von ihm die fällige Abreibung, ob das wegen Rumschleichens nach der befohlenen Bettzeit war oder wegen Sachen wie die von den Weasleys."
"Mir sind diese Maßnahmen sehr vertraut", schnarrte Mr. Weasley höchst ungehalten. "Und ich war sehr froh, als die Schulräte Mr. Pringle nahelegen konnten, besser den Ruhestand anzutreten als wegen grober Mißhandlungen fünf Jahre seines Lebensabends in Askaban abzusitzen."
"Ha!" Stieß Filch aus. "Hat der alte Apollion mir erzählt, wie er sie liebestollen Nachtschwärmer in die Mangel genommen hat", schnarrte Filch. "War die Göre das wert, wegen der Sie damals die verordnete Saalzeit mißachtet haben?"
"Die blauen Flecken sind verschwunden, Mr. Filch, und meine Kinder, von denen Sie hier einige, von denen einer mittlerweile für unser aller Freiheit gestorben ist so rüde abwertend bezeichneten, zeigen mir jeden Tag, daß mir das diese brutale Behandlung wert war", stieß Arthur Weasley trotzig aus, bevor Shacklebolt ihn wieder um Ruhe bat, um die Vernehmung fortzusetzen. Die Carrows in ihren Kettenstühlen warfen sich derweil verwegene Blicke zu. Mentiloquieren konnten sie hier ja nicht.
"Ich wiederhole meine Frage von eben, Zeuge Argus Filch: Haben Sie sich zu übertriebenen Körperstrafen hinreißen lassen, um ihren Mangel an magischer Begabung auszugleichen?"
"Wollen Sie mir jetzt einreden, ich sei krank oder was?" Schnarrte Filch. "Neh, ich sehe das nur so wie es ist. Nur eins hinten drauf oder ein paar Stunden oder Tage in Ketten kriegt das in diese aufmüpfigen Bälger rein, wie sie zu spuren haben." Julius sah Shacklebolt an. Natürlich wollte der die offenbar sadistischen Neigungen Filches als Überspielung eines tiefen Minderwertigkeitskomplexes hinstellen. Dann könnte Filch sich behandeln lassen. Doch Filch nahm diesen ihm zugespielten Ball nicht nur nicht an, sondern lieferte eine Steilvorlage für ein neues Verfahren, bei dem er der Ehrengast im Kettenstuhl des Zaubergamots sein würde. Als habe Julius Shacklebolts Gedanken geformt oder gelesen hörte er den Minister sagen:
"Dann bitte ich den Zaubergamot darum, den Zeugen Filch wegen offenbarter, freiwilliger Mithilfe bei der Mißhandlung von Schülerinnen und Schülern in Hogwarts in Gewahrsam zu nehmen und Anklage gegen ihn zu erheben." Alle Gamotmitglieder nickten sehr eifrig. Das war für die Sicherheitszauberer, die die Angeklagten hereingebracht hatten das Zeichen, den unvermittelt seiner neuen Lage bewußt werdenden Filch von beiden Seiten zu flankieren und festzunehmen. Er schrie noch wütend, daß sie alle verweichlichte und überhebliche Zauberstabschwinger seien, bevor er durch die Tür, die Julius insgeheim als Sündertür bezeichnete, aus dem Gerichtssaal abgeführt wurde.
"Si tacuisses, Filch", murmelte Julius in Anlehnung an einen von vielen lateinischen sprüchen, die weltberühmt geworden waren und immer mal wieder gerne verwendet wurden.
"Komm, Julius, übertreib nicht. Der wäre auch kein Philosoph gewesen, wenn er geschwiegen hätte", erwiderte Mr. Porter, der die Fortsetzung des Ausspruches wohl kannte. Julius nickte verdrossen, während Gloria wissen wollte, ob das ein Spruch von Professeur Faucon war. Er verneinte es und übersetzte ihr: "Hättest du geschwiegen, wärest du ein Philosoph, ein großer Denker, geblieben."
"Dad hat recht. Filch hat offenbar seine Anstellung mißbraucht, um den tiefsitzenden Schmerz, ein Squib zu sein, abreagieren zu können. Weil wir Schüler den aber nicht so echt für voll genommen haben ging das nicht."
"Er hätte sagen sollen, daß ihn das krank gemacht hat, daß wir ihm immer gezeigt haben, daß wir vieles mit Zauberstäben machen können. Dann hätten ihn die Heiler von St. Mungo jetzt bei sich aufnehmen können", feixte Julius.
"Ja, oder er hätte sich ganz genau wie Umbridge oder Lucius Malfoy darauf berufen können, nur Befehle ausgeführt zu haben", wandte Mr. Porter ein. "Ich fürchte, Hogwarts wird nach erfolgter Renovierung in wichtigen Schlüsselstellen neues Personal einstellen müssen."
"Stimmt, die Stelle für den Hausmeister darf auch neu ausgeschrieben werden", deutete Julius Mr. Porters Bemerkung.
"Muggelkunde, Verteidigung gegen dunkle Künste, und wenn Professor McGonagall die offizielle Schulleiterin wird auch noch Verwandlung", faßte Gloria die bereits nötigen Fachkräfte zusammen.
Nach Hausmeister Filch trat Madam Pomfrey, die Schulkrankenschwester von Hogwarts, in den Zeugenstand und schilderte die Monate unter dem Terrorregime der Carrows und Snape, wobei sie Snape immer wieder entlastete, auch wenn dieser ja nicht mehr angeklagt werden konnte. Sie erwähnte, daß Alecto Carrow ihr persönlich gedroht hatte, sie durch einen willfährigen Kollegen auszutauschen, der noch intensivere Bestrafungsformen anwenden würde, wenn sie die von ihr vollstreckten Strafen zu früh kurierte, was die Heilerin nicht nur in einen massiven Gewissens- sondern auch Amtskonflikt getrieben hatte. Somit gehörte sie zu jenen Heilern, die fast untätig und unter Abwägung des größeren oder kleineren Übels auf ihren Posten gewesen waren. Ihr sei dann nur verblieben, die Schmerzen der brutalen Strafen zu behandeln und den Schülerinnen und Schülern zu raten, sich möglichst unauffällig zu verhalten, ohne das eigene Gewissen mit Missetaten zu belasten. Sie erwähnte auch das Verschwinden Gloria Porters, der Hollingsworths und Kevin Malones und deutete an, daß ihrer Einschätzung nach Gloria wohl eine der nächsten Schülerinnen mit kahlgeschorenem und verbranntem Kopf geworden wäre. Sie verhehlte nicht, daß sie sehr begeistert gewesen war, als sie erfuhr, daß die vier befreit wurden und nicht von Dementoren entseelt, wie die in Hogwarts waltenden Todesser es den Schülern aufgebunden hatten. Sie blickte sich um und entdeckte Kevin, Gloria und Julius im Publikum, sagte jedoch nichts dazu. Allerdings erhaschte Julius ein nur einen Sekundenbruchteil dauerndes Lächeln von ihr. Wußte sie vielleicht, daß er ...?
"Die britische Heilerzunft hat Sie von allen Anschuldigungen freigesprochen, die Mißhandlungen in Hogwarts willentlich zugelassen zu haben", stellte der Zaubereiminister für den Gamot klar. "Welche Maßnahmen wurden Ihnen von Professor Snape und den Angeklagten überhaupt zugebilligt, um Ihrer Verpflichtung als residente Heilerin von Hogwarts nachzukommen?"
"Eigentlich das übliche, was anfällt, wenn junge Hexen und Zauberer mit den von ihnen gelernten Sprüchen herumexperimentieren, Infektionsabwehr und die Behandlung von Besenflugunfällen, solange noch Quidditch gespielt und trainiert wurde."
"Auch wenn Ihre Zunft Sie von willentlicher oder zwangsläufiger Mittäterschaft freigesprochen hat, empfinden Sie die Machtlosigkeit gegenüber den brutalen Strafmaßnahmen in Hogwarts als persönliche Schuld?" Fragte der Minister behutsam.
"Nun, wer den Amtseid der Heiler leistet verpflichtet sich, magisch begabte Menschen vor jedem Schaden zu bewahren oder jeden bereits entstandenen magischen oder nichtmagischen Schaden zu beheben, immer und ungeachtet der Person, die ihn hinnahm, Herr Minister. Insofern habe ich diesem Eid nicht so entsprechen können, wie ich es zu meiner Lebensaufgabe gemacht habe und zum Teil schon sehr stark darunter gelitten, wenn wieder einmal eine Schülerin mit beinahe abgeschälter Kopfhaut zu mir kam, um zumindest schmerzlindernde Tonika zu erhalten. Ich hätte ihr gerne Kopfhauterneuerungssalben und Schnellhaarwuchstränke oder -zauber angedeihen lassen. Aber das hätte diesen bedauernswerten Mädchen nur eine sehr kurze Ruhepause gegönnt, weil diese Furie dort", wobei sie auf die gefesselte Alecto Carrow deutete, "ihnen sofort und dann wohl mit noch größerer Grausamkeit die neue Haarpracht vom Kopf geschabt hätte. So blieb mir nur, die Auswirkungen zu mildern und zu hoffen, daß diese Verbrecher nicht einen von ihnen kontrollierten Kollegen nach Hogwarts riefen, der mit seinem Wissen womöglich noch grausamere Bestrafungsarten möglich gemacht hätte. Insofern wurde ich meinem Eid, überall Hilfe leisten zu können, doch noch gerecht und empfinde eher Beruhigung, zumindest das schlimmste verhindert zu haben", sagte Madam Pomfrey aus.
"Gut, dann möchten wir uns bei Ihnen bedanken, daß Sie das alles noch einmal in Ihr Bewußtsein gerufen und uns allen hier geschildert haben", entließ Minister Shacklebolt die Heilerin mit sanfter Stimme. "ich hoffe doch sehr, daß Sie Hogwarts als amtliche Schulkrankenschwester erhalten bleiben."
"Diese Hoffnung ist berechtigt, Herr Minister", erwiderte Madam Pomfrey und nickte dem Gamot zu. Die übliche Konfrontation mit den Angeklagten unterbanden Shacklebolt und Weasley durch einen zeitgleich aufgerufenen Schweigezauber.
"Die Carrow sah so aus, als hätte sie Madam Pomfrey zur getreuen Helferin erklären wollen", flüsterte Julius Gloria zu. Diese nickte. Auch ihr war der lauernde Blick der Angeklagten aufgefallen, als Madam Pomfrey ihre Aussage machte.
Nun trat noch Madam Pince, die Schulbibliothekarin auf und erwähnte, daß sie jeden, der über die Zeit hinaus Bücher ausgeliehen oder verschandelt habe an Amycus Carrow auszuliefern hatte, aber in stiller Übereinkunft mit den Lehrern vielen Schülern diese Verfehlungen nachgesehen habe. Sie gab zu Protokoll, welche Bücher der sonst für Minderjährige verbotenen Abteilung sie in die allgemein zugänglichen Sektionen hatte stellen müssen und daß sie angewiesen worden sei, fragwürdige Bücher von Borgin & Burkes entgegenzunehmen, die sich mit der dunklen Manipulation mit menschlichen Körpern und Seelen befaßten. Sie sah sich immer wieder um, wer von den Jugendlichen im Gerichtssaal saß. Mißmutig erkannte sie, das halb Hogwarts diesem Prozeß beiwohnte.
"Mußte Hogwarts für die Anschaffung dieser Schrifterzeugnisse bezahlen?" Fragte der Minister. Seine Betonung verriet Julius, daß er die Antwort schon kannte und davon alles andere als begeistert war.
"Nein, die Sachen, die ich nicht als Bücher bezeichnen möchte, weil es der niederste Schund war, wurden vom Ministerium bezahlt", bestätigte Madam Pince.
"Was können Sie über die Benutzung dieser von Ihnen erwähnten Schrifterzeugnisse sagen, Madam Pince?" Wollte Arthur Weasley wissen.
"Schüler kamen mit unterschriebenen Anweisungen von Prof... ähm, diesem Amycus Carrow, diese neuerwerbungen auszuleihen. Besonders die handschriftlichen Zusammenfassungen eines Acerinus Redwood wurden häufig ausgeliehen, der sich mit allen Anwendungen von menschlichen Körperflüssigkeiten befaßt hat. Ich habe, weil ich als Bibliothekarin ja den Inhalt der von mir gehüteten Bücher und Handschriften kennen muß, einiges daraus gelesen. Es ist schlicht grauenhaft, wozu der Geist eines magischen Menschen im Stande ist."
"Ich hörte von dieser Schrift", knurrte Shacklebolt. "Wie viele Schüler erhielten Einblick darin und wer im besonderen?"
"Es waren vor allem Jungen aus den Klassen sechs und sieben, insbesondere Slytherins", erwähnte Madam Pince. Ein gewisses Raunen ging durch den Saal. Julius dachte daran, daß Crabbe und Goyle, Draco Malfoy und Blaise Zabini dieses von Madam Pince mit Ekel und Verachtung umschriebene "Schrifterzeugnis" gelesen haben mochten. Er selber wußte, was an harmloseren Sachen mit Körperflüssigkeiten wie Blut, Schweiß und Tränen angestellt werden konnte. Auch kannte er genug echte und auch erfundene Sachen, wo mit Blut Menschen zu mordenden Monstern oder willfährigen Handlangern gemacht wurden. Im schwarzmagischen Zweig des Voodoo waren derartige Rituale und Opferungen schließlich auch bekannt. Er selbst hatte mit seinem Blut seinen Vater durch Hallitis Ortungsschutz hindurch erreicht und wäre von ihr dabei fast in ihren Bann gezogen worden. Was mochte Spatzenhirnen wie dem noch lebenden Goyle einfallen, wenn sie mit solchen Anleitungen gefüttert wurden? Er begriff den Sinn dieser Befragung. Shacklebolt wollte wissen, welchen geistigen Schaden die Carrows angerichtet hatten und wovor sich die nun wieder freie Zaubererwelt besser noch in Acht zu nehmen hatte. Wissen war schließlich Macht, wußten nicht nur die magischen Menschen.
"Wurden auch junge Mädchen zum Ausleihen dieser Anschaffungen angewiesen?" Fragte der Zaubereiminister.
"Nicht mit dieser Anleitung", erwiderte Madam Pince. "Aber sie sollten sich aus der Potentia Matrium, einem Sammelband für Hexenmütter, gewisse Zauber herausschreiben. Dieses Erzeugnis hatte jedoch in der Bibliothek zu verbleiben. Ich mußte es mit einem Ortsanbindungszauber sichern. Obendrein enthielt es einen Fluch, der Zauberer, die es lesen wollten, um ihren Verstand brachte. ich habe selber keine Kinder zur Welt gebracht. Aber ich bedauere jedes Kind, dessen Hexenmutter die Vorgaben und Anregungen aus diesem Buch benutzt", fügte die Bibliothekarin noch hinzu.
"Nun, der Kessel ist eindeutig bereits ausgelaufen und was auslief verdunstet oder versickert", umschrieb der Minister, daß die entsprechenden Schüler wohl kaum noch um dieses Wissen gebracht werden konnten, wollte man nicht einen umfangreichen Gedächtniszauber an sämtlichen Schülern vornehmen. "So bleibt mir nur zu fragen, was mit den von den Angeklagten angeforderten Schrifterzeugnissen geschah, als die Führung von Hogwarts wechselte."
"Nun, auch wenn ich eine sehr große Abscheu gegen die niedergeschriebenen Sachen daraus hege, konnte ich sie nicht verbrennen oder anderweitig beseitigen. Immerhin hege ich die Hoffnung, daß es gegen die Rituale, Zauber und Beschwörungen irgendwelche zu findenen Mittel geben könnte und habe im Einvernehmen mit Professor McGonagall alle Texte, die nicht in gebundenen Ausgaben vorlagen, deem Aurorenkorps übereignet. Sie selbst, Herr Zaubereiminister, kamen mit einer Eskorte, um besagte Schriften abzuholen. Die Bücher wurden wie alle vorher bereits als nur für volljährige Schüler klassifizierten in die entsprechende Abteilung einsortiert. Besser sie sind in Hogwarts, als das bis dahin arg- und schuldlose Hexen und Zauberer sie auf dem freien Markt erwerben und sich von ihnen verführen lassen können."
"Interessant. Meine Mutter argumentierte mal, daß Mönche in den mittelalterlichen Klöstern genau so den Ankauf angeblicher Dämonenbeschwörungsformeln begründet haben", raunte Julius über das zustimmend klingende Gemurmel der Zuschauer hinweg.
"Nützt nur bei Potentia Matrium nicht viel, weil es genug finstere Hexenclubs gibt, die eine Ausgabe davon haben", fauchte Gloria zurück. "Zumindest hat Oma Jane dieses Buch mal erwähnt, in dem drinstehen soll, wie Hexen ihre ungeborenen Kinder für das ganze Leben gefügig machen, ihre eigene Milch verhexen können, so daß sie jeden, der sie trinkt für ihre Wünsche empfänglich macht und wie sie über die Kinder deren Lebensgefährten verfluchen können, wenn diese nicht so wollen wie die Mutter."
"Holla, woher weißt du, was da drinsteht, Gloria?" Wunderte sich Julius und stellte sich die Nachtfraktionsschwestern vor, wie sie ihre Kinder auf diese Weise bei der Stange hielten.
"Das was ich dir jetzt erzählt habe ist auch alles, was Oma Jane mir erzählt hat. Sie meinte, sie würde mich in eine Kröte verwandeln, sollte sie mich mal mit diesem Machwerk erwischen. Na ja, das kann sie wohl nicht mehr", erwiderte Gloria, und ein Hauch von Trauer überzog ihr sorgfältig gepflegtes Gesicht. Julius mußte schlucken. Er konnte jetzt nicht einfach "Ja, leider" sagen, aber auch nicht, daß sie das doch noch konnte. Mr. Porter räusperte sich und sah Julius an:
"Ich setze jetzt ganz entschieden voraus, daß du nicht auf die Idee kommst, die erwähnten Texte zu suchen und nur der Neugier wegen auszuprobieren, was geht. Madam Pince hat viel schwarzmagische Literatur bei sich. Aber wenn selbst sie über die erwähnten Sachen so angewidert und entrüstet spricht, sind das absolut keine lustigen Sachen und ganz sicher nichts, wo nicht mindestens ein Menschenleben für geopfert werden muß. Ich vertraue der von deinen Lehrern angeführten Intelligenz und Vernunft, dich nicht zu derartigen Experimenten treiben zu lassen."
"Ich habe in den letzten drei Jahren genug mitbekommen, was schwarze Magie anrichtet, Mr. Porter. Ich habe die Entomanthropen über Beauxbatons gesehen, die Schlangenmonster Voldemorts und die Klone Bokanowskis. Sie können beruhigt sein, daß ich nicht als einsamer aber von allen gefürchteter Irrer leben will, wie Lord Unnennbar einer wurde", versicherte Julius sehr entschieden.
"Abgesehen davon, daß du als Bettpfanne dann wohl nicht mehr dazu kämst, deine Macht auszukosten", schnarrte Gloria. Julius schluckte. Ja, das wäre durchaus der Grund, weshalb die über allen Pflegehelfern schwebende Höchststrafe für Mißbrauch der Privilegien ihn treffen mochte ... solange er Pflegehelfer war. Mr. Porter fragte sie und ihn, was Gloria meinte, weil Julius so blaß geworden war. Julius erwähnte unter Bezeichnung seines Armbandes, was denen blühte, die ganz massiv gegen die ihnen auferlegten Gebote verstießen.
"Haben sie diese uralte Strafe nicht abgeschafft", stöhnte Mr. Porter. "Geri erzählte das, weil eine ihrer Mitschülerinnen damals auch in dieser erlauchten Hilfsheilertruppe drin war. Ein Jahr vorher muß einer daraus einen Mitschüler lebendig seziert haben. Das flog auf und er wurde wohl von der da noch nicht so lange beschäftigten Madame Rossignol verwandelt. Da Langzeitexperimente mit fremdverwandelten Vivo-ad-Invivo-Ergebnissen verboten sind weiß niemand, ob und wenn ja wielange eine derartig verwandelte Person empfindungsfähig ist. Außerdem stellte sich heraus, daß personen, die länger als eine Woche in der aufgezwungenen Verwandlung blieben, nicht oder wesentlich schwerer zurückverwandelt werden konnten. Bei einem Fall weiß ich, daß der betroffene Mensch zeit Lebens darauf ausging, wieder in den toten Gegenstand verwandelt zu werden, warum auch immer."
"Dad, das hat Tante Geri mir nicht erzählt, als ich nach Beauxbatons ging", erwiderte Gloria.
"Ähm,bevor der nächste Zeuge auftritt noch die Frage, was dieser Mensch unfreiwillig dargestellt hat", wandte Julius ein.
"Soweit ich weiß war es ein Zauberer, der von seiner Tante in eine schwarzwälder Kuckucksuhr verwandelt wurde und eine Woche lang so blieb, bis sein Vater ihn zurückverwandelte. Der arme Mensch hat dann mehrere Tage lang nur Ticktack sagen und Kuckuck-kuckuck rufen können und versucht, sich selbst an einem Nagel an der Wand aufzuhängen."
"Oha, dann könnte wer, der oder die als Bettpfanne herhält finden, daß das das beste von der Welt ist?" Fragte Julius.
"Wenn das mit besagtem Zauberer kein Einzelfall ist wohl möglich", erwiderte Mr. Porter. Gloria sah Julius sehr prüfend an und meinte dann:
"Das spricht wohl dafür, daß zumindest magische Menschen in der Verwandlung noch was empfinden können, auch wenn sie von außen aufgezwungen wurde."
"Ja, das tut es", erwiderte Julius und überspielte so die eigentliche Erkenntnis, die er Gloria voraushatte. "Es ist dann also ähnlich wie die Epimorphose der Empfindungen und Bedürfnisse, die bei Mensch-zu-Tier-Verwandlungen auftritt. Da kann der Geist sich dem tierischen Körper gemäß einer Formel Willensstärke minus Grad der Abweichung von der Ausgangsgestalt mit der Zeit malgenommen anpassen, was auch einer der Gründe für die zeitlich anwachsende Erschwernis von Rückverwandlungen ist."
"Ich dachte, du hättest erst die ZAGs gemacht", knurrte Gloria. Aber natürlich wußte sie, daß Julius schon mit UTZ-Sachen traktiert wurde.
"Richtig, Julius. Je näher das Ausgangswesen mit dem Zielwesen verwandt ist, desto schneller erfolgt die geistig-seelische Anpassung, die Epimorphose", legte Mr. Porter nach. Gloria sah von ihrem Vater zu Julius und zurück.
"Ich glaube, ich lasse Verwandlung aus meinen UTZ-Fächern raus", grummelte sie.
"Solange keiner von dir erwartet, eine Woche lang eine Kröte zu sein", griff Julius den Ausgangspunkt dieser verwandlungstheoretischen Kurzdiskussion wieder auf.
"Dann will ich aber, daß du eine Fliege wirst", knurrte Gloria kratzbürstig. Ihr Vater räusperte sich sehr entschieden und meinte nur:
"Da Tante Geri meine ältere Schwester ist hat sie wohl von Oma Jane geerbt, dich in eine Kröte zu verwandeln, wenn du dieses Buch dunkler Hexenmütter in die Finger nehmen solltest, mein Kind. Ansonsten könnte ich das auch mit meinem Verwandlungs-UTZ ohne Gleichen."
"Abgesehen davon gibt es schönere Arten, wie ein Junge mit einem Mädchen innig zusammenkommt als als Kröte und Fliege", mußte Julius noch einen Machospruch anbringen, mit dem er Gloria ganz kalt erwischte, weil sie derartiges nicht von ihm gewohnt war. Tatsächlich blieb ihr das Gesicht stehen. Sie brauchte drei Sekunden, bis sie Julius zur Antwort die Faust in die Seite rammte. Ihr Vater sah den Gast aus Paris zwar vorwurfsvoll an, konnte sich aber eines gewissen, jungenhaften Grinsens nicht erwehren. So sagte er:
"Gib meiner Tochter gegenüber nicht mit Sachen an, die sie noch nicht wissen möchte, Julius!" Gloria funkelte ihren Vater dafür zornig an, beließ es aber nur bei dieser Äußerung. Denn gerade betrat ein Koloß mit wildem Haar und Vollbart den Gerichtssaal. Er trug einen zeltgleich wirkenden Umhang aus Maulwurfsfell und eine leicht zerzaust wirkende Krawatte aus rot-blauem Stoff. Der Mann war doppelt so hoch und fast fünfmal so breit wie ein durchschnittlicher Zuschauer hier und durchmaß den Weg von der Eingangstür zum Zeugenstand mit nur sechs großen Schritten.
"Der ist einen Monat nach mir aus Hogwarts raus", zischte Gloria beim Anblick des überlebensgroßen Mannes, der von vielen für einen reinrassigen Riesen gehalten werden mochte, und doch nur ein halber war.
"Ah, schön, daß Sie es einrichten Konnten, Mr. Hagrid", begrüßte der Zaubereiminister den gewaltigen Zeugen, der sich hinkniete, um nicht von zu weit oben sprechen zu müssen. Die Angeklagten funkelten ihn sehr zornig an.
"Mußte noch wen gut unterbringen, Minister Shacklebolt, Sir", brummte der frühere Lehrer für Zaubertierkunde und Wildhüter von Hogwarts.
"Verstehe ich, Mr. Hagrid. Sie wissen, warum wir Sie hergebeten haben?" Wollte Shacklebolt wissen.
"Klar, wegen dieser elenden Brut da", schnaubte Hagrid und ließ seine Mülleimerdeckelgroße Rechte wie einen Windmühlenflügel über die Carrows hinwegschwingen. Der Schweigezauber hielt wohl noch, den die beiden in den letzten beiden Vernehmungen auf sich liegen hatten. Hagrid wurde belehrt, daß er hier vor Gericht keine abfälligen Bemerkungen über Personen jeder Art machen dürfe, auch nicht über die Angeklagten. Dann schilderte er auf Befragen von Shacklebolt und Weasley, wie er Snape und die Carrows erlebt hatte und erzählte, wie er im November letzten Jahres dabei erwischt wurde, wie er mit einigen Schülern Durchhaltepartys für Harry Potter gefeiert habe. Nur mit Hilfe seines jüngeren Halbbruders, der weder genug Englisch konnte, um hier auszusagen, noch in diesen an der Tür gerade sieben Meter hohen Saal hineingepaßt hätte, aus Hogwarts flüchten konnte. Da viele Sachen, die ihm Schüler erzählt hatten als Hörensagen bezeichnet wurden und die meisten Partygäste eh schon ausgesagt hatten, beließ man es bei seinen Eindrücken von Snape. Er schilderte noch die Schlacht von Hogwarts, geriet in Tränen, als er schilderte, wie er geglaubt hatte, Harry Potter sei von Voldemort ermordet worden. Er unterließ es immer noch, den vernichteten Schwarzmagier bei seinem Kampfnamen zu nennen. Um so glücklicher und triumphaler schilderte er, wie Harry von den Toten auferstanden war und sich mit dem Unnennbaren das letzte Duell geliefert habe. Dann durfte er wieder gehen.
Es folgten noch erwachsene Hexen und Zauberer, die die Carrows außerhalb von Hogwarts als eindeutige Todesser erlebt hatten. Darüber verging die Zeit, bis es knapp sieben Uhr abends war.
"Morgen werden wir noch Zeugen hören, die vor der Einberufung der Angeklagten nach Hogwarts mit diesen zu tun hatten", sagte Minister Shacklebolt. Übermorgen werden wir hoffentlich zu einem Beschluß kommen."
"Toll, das wird ein nettes Geburtstagsgeschenk, die beiden inzüchtigen Höllengeschwister da vorne für ihr restliches Leben einfahren zu sehen", knurrte Julius, als die Zuschauer schon Anstalten machten, den Saal zu verlassen.
"Willst du dann gleich nach Millemerveilles, wenn der Zaubergamot die beiden da nach Askaban geschickt hat?" Fragte Gloria.
"Nicht an dem Tag, weil ich ja den Leuten noch schreiben muß, wann die Party ist. Abgesehen davon, nach den ganzen Grausamkeiten, muß ich mindestens einen Tag dazwischenliegen lassen, um fröhlich feiern zu können", erwiderte Julius. Gloria nickte ihm zu.
Als die Porters mit Julius im Atrium waren, trafen sie Kevin und seine Eltern.
"Dieser Filch", begann Kevin zu schimpfen, "gehört auch für das restliche Leben eingebuchtet. Habt ihr das gesehen, wie vergnügt der ausgesehen hat, als der das erzählt hat, wie der mich und die anderen ausgepeitscht hat?"
"Ist uns nicht entgangen", erwiderte Gloria. "Auch deshalb ja ein Grund, warum du dich besser freuen solltest, daß wir nicht das ganze Jahr bei diesem armseligen Typen waren."
"Hatten wir andauernd schon, Gloria. Es langweilt. Man könnte meinen, du wärest eine sprechende Puppe, die wie eine Spieldose immer das gleiche von sich gibt", knurrte Kevin zurück. "Abgesehen davon haben die es in Yankeeland wohl immer noch nicht raus, ob die ganze Büffelei uns was gebracht hat."
"Myrna sagt, Mirella will immer noch ein Baby von dir", erwiderte Gloria nun unerwartet dreist und grinste sehr breit. Kevin erstarrte.
"Bin ich ein Würstchen, das ein Senfdöschen sucht, Gloria? Ich bin froh, daß die mir keinen Liebestrank oder sonst was unterjubeln kann."
"Myrna hat ja auch so fein auf dich aufgepaßt. Sie meint, du solltest dich demnächst mal dafür bedanken", entgegnete Gloria, während ihr Vater sie tadelnd ansah. Doch sie war wohl gerade im Rebellisches-Mädchen-Modus, eine Lebensäußerung, die man an und von ihr gar nicht kannte.
"jetzt sind wir raus aus Thorny, Gloria. Deine Cousine hat echt gut auf mich aufgepaßt, weil die jedem anderen Gör verklickert hat, daß du mich ihr vorgestellt hast und wir deshalb was laufen hätten. Aber die weiß doch, daß das nur war, um diese Bettwanze Mirella von mir abzuhalten."
"Du brauchtest eine Leibwächterin um deine Groupies auf Abstand zu halten, Kevin?" Fragte nun Julius, der Glorias Einwand von eben wohl so verstand, daß Kevin sich noch bei ihm bedanken sollte.
"Meine was?" Fragte Kevin nun verärgert. "Sprich gefälligst Zaubererenglisch!"
"Wie heißt das, Mr. Malone?" Fragten Julius und Mr. Porter zeitgleich und grinsten über diesen Stereoeffekt.
"Kapiere es. Okay, Monsieur Latierre, würden Sie die große Güte haben, einem ehemaligen Schulkameraden bitte zu erklären, was das sein soll, ein Groupie?"
"Kreischende Mädchen, Fans von einem Musiker, Künstler oder Schriftsteller, die den anhimmeln und echt alles machen, um den zu beeindrucken oder mit dem zusammenzusein", erwiderte Julius.
"Er meint damit, daß Mirella deinen Jigg und deine Darbietung von "Whiskey im Kruge" so süß fand", feixte Gloria.
"Dann doch lieber Myrna", grummelte kevin. Oder Cyrills Schwester Kylie. Die sieht deiner Angetrauten ziemlich ähnlich, Julius, nur etwas kleiner und zierlicher. Aber die hat rotblonde Locken. Würde eher zu mir passen als diese läufige Sabberhexe Mirella."
"Nur, daß Kylie von dir nichts wollte", feixte Gloria. "Und was Myrna angeht, so solltest du das noch mal genau überlegen, ob sie finden soll, daß du es nicht ernst gemeint hast. Sie steht wie wir zwei auf Julius' Einladungsliste."
"Och nöh, Julius", seufzte Kevin. "Hättest mir das echt sagen müssen."
"mel und Myrna waren letztes Jahr mit dabei, und wo sie schon mal in Europa sind, wollte ich sie noch einmal einladen. Britt kommt ja auch, hoffentlich."
"Ach, Brittany Forester? Weiß deine Millie das auch schon oder hast du nur die angestrichen, die sie dir vorgeschlagen hat?"
"Du meinst, ich würde mir von meiner Frau sagen lassen müssen, wen ich an meinem Geburtstag einlade. Dann ständest du bestimmt nicht auf der Liste", konterte Julius. "Von undankbaren Typen hält sie nämlich nix." Rums! Jetzt saß es endlich bei Kevin, konnten Gloria und Julius mit innerer Genugtuung sehen.
"Okay, Julius, verstehe. Ja, es war doch besser, zu den Yankees nach Thorny zu gehen als sich von Filchs neunschwänziger Katze streicheln zu lassen. Da war mir seine einschwänzige wesentlich sympathischer."
"Das darfst du bei meiner Party wiederholen, wenn Betty, Jenna, Gloria, Mel, Myrna, Brittany, Pina, Millie und meine anderen eingeladenen Kameraden aus Beauxbatons dabei sind", legte Julius fest. Gloria nickte.
"Mein Sohn weiß, wie sehr er dir verbunden ist, Julius, auch den Latierres, daß sie dir und uns geholfen haben. Aber wenn er sich jetzt offen bedankt, würde er damit eingestehen, wie hilflos er sich in Hogwarts gefühlt hat und das das in Thorntails nicht so ganz das war, was er erhofft hat. Ich hoffe, du siehst es ihm nach", sprang Mr. Malone für seinen Sohn ein. Doch dieser mochte es wohl nicht, daß sein Vater ihn rechtfertigte und funkelte ihn sehr verärgert an. "Kuck mich bloß nicht so kritisch an, Kevin! Das ist die nackte Wahrheit. Nachdem sie Tante Siobhan gefunden haben können wir echt nur von Glück reden, das wir nicht als Einzelstücke in einem Pappkarton zusammengesteckt wurden", schnarrte Kevins Vater. "Am besten reisen wir gleich nach Hause zurück. Ms. Porter, bitte richten Sie ihrer jüngeren Cousine aus, daß sie wohl demnächst von meinem Sohn Post erhält, wenn wir wissen, ob die ZAGs für gültig erklärt wurden!" Gloria nickte und verabschiedete sich von Kevin. Julius sagte dem irischen Hogwarts-Kameraden, den er trotz seiner Verstocktheit noch als Freund ansah, daß er sich freute, wenn er am einundzwanzigsten oder zweiundzwanzigsten nach Millemerveilles käme und daß Madame Dusoleil ihm wegen der Sumpfsache von damals nichts mehr nachtrage.
"Dann sorg bitte dafür, daß die dicke Ratstante nicht mitkriegt, daß ich bei euch reinschaue!" Grummelte Kevin. Dann schob er mit seinen Eltern ab.
"Myrna hat's nur andeutungsweise erwähnt, daß sie mit Kevin gut klarkam. War da mehr?" Fragte Julius.
"Das möchte dir Myrna bitte sagen, wenn sie es dir sagen will", schnaubte Gloria leicht verärgert. Dann ging es zu einem der vielen Kamine, die mit dem britisch-irischen Flohnetz verbunden waren.
Die Sache mit der Verwandlung in einen Gegenstand wie ein Weidenkorb, eine Kuckucksuhr oder eine Bettpfanne ging Julius nicht aus dem Kopf. Deshalb unterhielt er sich am Abend mit Glorias Tante Geraldine, wobei er damit anfing, daß sie eine Pflegehelferin in der Jahrgangsstufe gehabt hatte.
"Die war die Cousine eines ein Jahr älteren Jungen, der auch bei dieser Truppe dabei war. Der war jedoch sehr skrupellos und hat es nicht dabei belassen, seine Mitschüler zu pflegen. Er hat irgendwoher einen Zauber, wie man menschliche Organe entnimmt, ohne den Menschen gleich zu töten und hat mit seinen Mitschülern experimentiert. Meine Kameradin mußte mit den andren zusehen, wie dieser Junge von der Heilerin bestraft wurde. Dir ist ja wohl bekannt, daß bei euch eine sehr drastische Höchststrafe für Pflegehelfer vollstreckt wird. Allerdings, das muß ich sagen, hat Madame Rossignol erst von ihm hören wollen, warum er das machte. Dann hat sie Madame Maxime gefragt, ob sie wirklich diese Strafe anwenden soll. Diese meinte, daß das seit dem Vorfall zehn Jahre nach Schulgründung der zweitschwerste Vorfall sei und schon welche für weniger Verfehlung bestraft wurden. Da ist es dann passiert, und dieser Bursche landete als neunte Bettpfanne im Strafregal der Heilerinnen von Beauxbatons. Ich habe erst gedacht, daß mir meine damalige Schulkameradin was vom rosaroten Einhorn erzählt hat. Aber sie konnte mir das Regal zeigen und mit dem Ausgangsformenanzeigezauber nachweisen, daß da wirklich neun ehemalige Jungen und Mädchen zusammenstanden. Ich fragte Madame Rossignol bei einer mädchenbedingten Kontrolluntersuchung, ob das echt so sein müsse und ob das nicht eine fiese Bestrafung sei, weil sich ja keiner mehr bewegen könne. Sie sagte dann, daß der Vorfall schon ein schwerwiegender Fall sei und der betreffende Schüler die Androhung kannte. Auch als Ausgestoßener hätte er ohne Skrupel zum Schaden anderer gearbeitet. Sie meinte dann noch, daß sich wie bei der Mensch-zu-Tier-Heterotransfiguration ein gewisser Persönlichkeitswandel einstellen würde. Das heißt, irgendwann würden sich die Abgestraften nicht nur damit abfinden, sondern es als natürliche, ihnen genehme Sache empfinden. Zumindest hätten das Ergebnisse aus dem zwölften bis achtzehnten Jahrhundert gezeigt. Plinius kann dir vielleicht die Sache mit dem von seiner Tante für mehr als einer Woche zur Kuckucksuhr verwandelten erzählen."
"Das betrifft mich auch", schaltete sich Millie in die Unterhaltung nach dem Abendessen ein. "Soll das heißen, daß jemand, der oder die zur Bettpfanne wird, nach einigen Tagen nichts anderes mehr sein will und das sogar toll findet?"
"Das ist eben die Frage, Millie, weil dazu ja einer von denen wieder zurückverwandelt werden müßte. Sollte es echt eine Empfindung geben und eine geistige Anpassung an den Zustand, dann könnten die betreffenden das vielleicht als Belohnung empfinden, nicht mehr lernen zu müssen und rumzustehen", erwiderte Julius. "Aber eben das weiß keiner so genau." Er faßte dann noch zusammen, was Glorias Vater ihm über die Kiste mit dem verzauberten Zauberer erzählt hatte.
"Maya Unittamo behauptet in ihrem Buch "Was willst du sein? Identifikation und Autotransfiguration zu bevorzugten Gegenständen", daß es wie eine innere Tiergestalt auch eine innere Beziehung zu toten Gegenständen geben soll, die bei einer Selbstverwandlung am leichtesten nachzubilden sind. Sie selber meinte, sie hätte eine seelische Hingabe zu altchinesischen Vasen, was wohl dafür spräche, daß sie bei ihren Selbstverwandlungen ohne große Mühe eine Vase aus der Ming-Dynastie werden könne", sagte Melanie. "Sie hat mir das mal erzählt, als Myrna und ich bei ihr zu Gast waren."
"Da spielen so viele Faktoren mit hinein, unter anderem Erscheinungsart, Größe, Unterschied zur Ausgangsgestalt und Dauer der Verwandlung", sagte Mrs. Redlief. "Feststeht, daß es immer schwieriger wird, einen Menschen zurückzuverwandeln, je schwieriger die Hinverwandlung war und je länger sie vorhält. Die einzigen Ausnahmen sind Mensch-zu-Pflanze-Verwandlungen, weil hier ein verlangsamtes Zeitempfinden erzeugt wird."
"Du wolltest nicht Professor Turners Nachfolgerin werden, Mom?" Fragte Myrna. Ihre Mutter schüttelte den Kopf.
"Ich wollte lediglich die Neugier von Glos früherem Schulkameraden befriedigen, bevor er meint, alles durch Versuch und Irrtum herausfinden zu müssen."
"Innerer Gegenstand", ging es Millie über die Lippen, was vorher in ihre Ohren gedrungen war. "Klingt so wie dieses Fragespiel, was würden Sie sein, wenn sie ein Tier wären?" "Welche Pflanze wären sie?" Und so weiter", erwiderte Millie.
"Du meinst, das müßte man wie bei der inneren Tiergestalt durch einen immer gleichen Zauber rausfinden können?" Fragte Julius seine Frau. "Nachher findest du raus, daß du ein Flugbesen oder eine Wiege sein möchtest und ich ein Teleskop oder ein Laptop-Computer."
"Dann wohl eher eine Babywaage, Julius", erwiderte Millie. "Tja, und du meinst immer noch, nur für die Rechensachen zu leben. Stell dir vor, deine innere Gegenstandsform wäre ein Schnuller oder ein Tragekorb für süße Hexenbabys", erwiderte Millie. Julius mußte sich arg anstrengen, seine Selbstbeherrschung zu behaupten und nicht zusammenzufahren. Millie mochte es merken, daß sie in ihm was angezupft hatte, was mehr als zehn Saiten zugleich erklingen ließ. Doch sie beherrschte sich auch gut. Er sagte dann schnell:
"Vielleicht würde ich aber auch eher ein Bauer bei den Schachmenschen."
"Ähm, ich hoffe inständig, ihr meint nicht, rumexperimentieren zu müssen, bis ihr das raushabt", sagte Mrs. Redlief leicht beunruhigt. "Denn für alle Selbstverwandlungen gilt, daß ihr immer genug Magie für die gedanklich ausgelöste Rückverwandlung einlagern müßt."
"Hat uns Professor McGonagall mal gezeigt", sagte Julius, der sich an die verunglückte Zaubertrankstunde bei Snape erinnerte, wonach seine Klasse sehr wenige unversehrte Schüler hatte.
"Ihr könnt euch vor den UTZs ja selbst in Bettpfannen verwandeln um zu sehen, ob euch das gefällt", erwiderte Myrna nicht so ernst gemeint.
"Ja, und dann kommt Madame Rossignol und haut uns den Rückverwandlungsblockierzauber drüber", knurrte Millie. Julius nickte. Sowas hatte Professeur Faucon mal mit Sabine und Sandra angestellt, um sie daran zu hindern, vorzeitig ihre Ausgangsgestalten anzunehmen.
"Wie dem auch sei. Diese Bettpfannenkiste ist wohl die heftigste aller Strafen, die an einer Schule durchgezogen werden können", erwiderte Melanie Redlief.
"Wäre vielleicht auch was für die Carrows", knurrte Gloria, die die Diskussion bis dahin stumm verfolgt hatte. Julius nickte ihr zu.
Als er abends in seinem Bett lag hörte er Millies Gedankenstimme in seinem Kopf fragen, warum er vorhin so erschüttert oder aufgeregt reagiert hatte, als sie das mit dem Babytragekorb gemeint hatte. Er beschloß, ihr seine erste kurze Erfahrung als Gegenstand zu schildern.
"Kuck mal da, womöglich hat dich die ständig unterrichtende Professeur Faucon ohne dich drüber zu informieren in den Gegenstand verwandelt, der deiner Auffassung vom richtigen Dasein am nächsten kommt. Wahrscheinlich hat sie deshalb auch das Wiegenlied vorgesungen. Das war es also. Aber mir bist du lieber, wenn du unsere Babys in mir wachsen läßt, als sie in dir herumtragen zu lassen. Da bin ich doch eigen, monju."
"Ich mag dich auch lieber so, daß du mir nicht mein aktuelles Gewicht anzeigst, wenn ich mit dir zusammen bin", gab Julius zurück.
"Nächstes Jahr, Monju! Nächstes Jahr möchte ich Aurore oder Taurus fühlen, Monju", erwiderte Millie. Julius hatte sich nach diversen Vornamen, die irgendwie zu den Latierres passen sollten für Taurus, den Stier, entschieden. Paßte irgendwie auch zu Orion, von dem Millie in einer langen Ahnenreihe abstammte wie er von Viviane Eauvive.
"Ich hab da den einfacheren Teil bei", erwiderte Julius mentiloquistisch.
"Pass mal lieber auf, daß du nicht eifersüchtig auf mich wirst", schickte Millie zurück. Dann wünschte sie Julius noch eine gute nacht.
__________
Am Vortag von Julius' sechzehntem Geburtstag trudelten zwei Posteulen ein, eine für Myrna und eine für Gloria. Julius erkannte auf den Briefumschlägen ein winziges Sternenbanner mit zwei goldenen Zauberstäben, die ein X über die blau-weiß-rote Fahne spannten.
"Kannst du mal sehen, Lieblingscousine, daß wir Yankees das wissen, wo die ZAG-Leute gerade Urlaub machen", sagte Myrna und öffnete ihre Post. Gloria drehte den Umschlag ein wenig hin und her, klappte ihn mal so und mal so herum. Dann öffnete auch sie ihren Brief.
"Jetzt wird's spannend", kommentierte Melanie, die sich gerade links von Julius hinsetzte, um ihrer Schwester und ihrer Base bei der Zurkenntnisnahme der Zauberergrade zuzusehen. Millie saß wie bisher üblich rechts von Julius am großen Esstisch der Porters.
"Mmhmm", machte Gloria, während sie ihre Prüfungsergebnisse las. Dann betrachtete sie die Liste noch einmal und sah dann Julius an. "Du hast mir deine gezeigt, dann darfst du auch meine wissen", sagte Gloria. "Steht nichts von Vorbehalt oder außerhalb von Thorntails ungültig oder so."
Julius nahm mit einer Dankesgeste den Brief entgegen. Millie legte ihr Kinn auf seine rechte Schulter, um mitlesen zu können. Gloria sah sie zwar erst etwas verdrossen an, nickte dann aber. Was sollte es.
ERGEBNIS DER ZAUBERERGRAD-PRÜFUNGEN
Bestanden mit den Noten: Nicht bestanden mit den Noten:
Ohnegleichen (O) Mies (M)
Erwartungen übertroffen (E) Schrecklich (S)
Annehmbar (A) Troll (T)
Arithmantik: O
Astronomie: E
Geschichte der Zauberei: O
Kräuterkunde: O
Pflege magischer Geschöpfe: O
Studium der nichtmagischen Welt: E
Verteidigung gegen die dunklen Künste: O
Verwandlung: O
Zauberkunst: O
Zaubertränke: E
"Jau, auch sieben Os", gratulierte Julius seiner früheren Schulkameradin. Myrna wiegte derweil ihren Kopf. Dann meinte sie: "Ein O in Wahrsagen brauche ich eigentlich nicht. Das mit Kräuterkunde kann ich wohl vergessen, wennn Babybauch Verdant nur Leute ab einem E in ihren UTZ-Klassen haben will. Zauberkunst und Verteidigung E, kann ich mit weitermachen bei Bullhorn, Zaubertränke A, muß ich mir die Gewitterhexe Purplecloud auch nicht weiter antun, Verwandlung ein unterstrichener Kringel - Kann man mal sehen, aus wessen Bauch ich rausgerutscht bin. Astronomie mit einem E und Zaubereigeschichte auch so. Pflege magischer Geschöpfe ein E, dann kann mich Britts Mom auch wieder in ihrem Fach begrüßen. Das einzige, was ich verhauen habe ist dieses Rumgerechne bei Arithmantik mit einem M wie "Myrna, lass das weg". Darf ich dann auch deine lesen, wo das Ehepaar Latierre die schon kennt, Glo?"
"Jau, darfst du", meinte Gloria. Julius schnippte Myrna Glorias Prüfungsergebnisse hinüber. Dabei sah er einen Uhu, der durch das für Post noch geöffnete Fenster hereinsegelte. Dieser Vogel trug einen dicken Umschlag am rechten Bein. Julius fiel sofort das Wappen von Beauxbatons auf, die geradlinig gekreuzten Zauberstäbe, aus deren Spitzen je drei goldene Funken sprühten. Julius ahnte schon, was das zu bedeuten hatte. Millie kuschelte sich verwegen an ihn und wisperte in sein rechtes Ohr: "Da kommt dein neues Schulabzeichen, Süßer."
"Das muß ein Traum sein", grummelte Julius. Da fühlte er Millies kräftige Finger im Oberarmmuskel schmerzen. Er zuckte zusammen und wußte, daß er nicht mehr träumte. Doch da segelte der Uhu schon zu ihm hin und hielt ihm den sorgfältig festgebundenen Umschlag entgegen. "Wuhu", ließ der majestätische Eulenvogel einen fordernden Laut erklingen.
"Ja, du großer Bursche, ich nehm es ja an, verdammt, soll es so sein", maulte Julius und nahm den verdächtig schweren Umschlag entgegen. Die sechzig Zentimeter große Posteule trippelte einige Schritte zurück und spannte dann die weiten Flügel aus. Lautlos glitt der prächtige Postvogel zum Fenster hinaus und stieg mit kraftvollen Flügelschlägen hinauf in den wolkenverhangenen Himmel.
"Saalsprecherabzeichen, Julius?" Fragte Gloria mädchenhaft grinsend. Julius nickte ansatzweise und betastete den Umschlag. Ja, der runde, unnachgiebige Widerstand war unverkennbar. Sowas ähnliches hatte er im letzten Sommer schon mal zugeschickt bekommen.
"Bruno und Tine stimmen dich schon richtig drauf ein, wenn das letzte Jahr nicht gereicht hat", tröstete ihn Millie. Da segelte noch ein Uhu durch das Fenster herein und steuerte Millie an. Diese blickte den sie anfliegenden Eulenvogel neugierig an und ließ sich auch von diesem begrüßen.
"Madame Maxime und Königin Blanche haben je einen von der Sorte. Du hattest wohl den von deiner Saalvorsteherin", sagte Millie kategorisch und band den Brief ab. Julius erinnerte sich, diesen Uhu tatsächlich im Eulenarsenal Madame Maximes einmal gesehen zu haben. Sie hatte ihn meistens mit wirklich wichtigen Sachen losgeschickt. Diese großen Vögel konnten einzeln schon große Lasten tragen. Für riesige Pakete konnte dann locker eine Staffel Uhus geordert werden. Millie sah ihrem Postüberbringer nach, wie er auch zum Fenster hinaussegelte. Dann beklopfte sie ihren Umschlag.
"Wenn sie Bernie jetzt ganz aus der Saalsprechergruppe rausgenommen haben ist für mich heute Weihnachten", grinste Millie und öffnete den Umschlag, dem ein golden glitzerndes Ding entfiel.
"Öhm, ich gönn dir diesen Mühlstein gerne, Millie. Aber warum gleich die goldene?" Fragte Julius seine Frau.
"Zeige mir erst mal, ob du auch vergoldet wurdest, Mon Cher", bestand Millie auf Gleichstand der Informationen. Julius öffnete den Umschlag und fand wahrhaftig die goldene Saalsprecherbrosche und zwei Begleitschreiben. Eines war wohl die Aufgabenliste, die ihm nun, wo er hauptverantwortlicher war, die erweiterten Vollmachten zugestand. Das zweite Schreiben besagte:
Sehr geehrter Monsieur Latierre,
Wenn Sie den sicherlich mit dem Erhalt der goldenen Saalsprecherbrosche einhergehenden Gefühlsansturm überstanden haben und die Ihnen mit dieser hohen Anerkennung und Wertschätzung verbundenen Aufgaben zur Kenntnis genommen haben, möchte ich Sie in meiner Eigenschaft als amtierende Schulleiterin von Beauxbatons noch dahingehend informieren, daß der an Ihre Stelle nachrückende Träger der silbernen Saalsprecherbrosche Monsieur Gérard Laplace ist, der mit Ihnen erfolgreich die Zauberergrade erwarb und somit die kommenden beiden Schuljahre auf den ultimativen Test Zauberfertigkeiten (UTZ) hinarbeiten wird. Falls es in Ihrem Interesse liegt, sich vor Beginn des kommenden Schuljahres, das wie üblich am letzten Sonntag des Augustes beginnt, abzustimmen, steht es Ihnen frei, ihn postschriftlich zu benachrichtigen, in Kontaktfeuerverbindung mit ihm zu treten oder ihn nach Einverständnis seiner Eltern in vollständiger Person aufzusuchen.
Seine Postanschrift lautet:
Gérard François Laplace
Maison Trois Arbres
zweite Etage
Vilage D'Or
AvignonTrois Arbres ist der Name des Flohnetzanschlusses
In der berechtigten Hoffnung und der Sicherheit, bereits gutartiger Erfahrungen mit Ihnen als Träger der Saalsprecherwürde wünsche ich Ihnen für Ihren weiteren Weg in Beauxbatons allen Erfolg, den Sie durch Ihre disziplinierte, vorbildliche Arbeit erlangen können und verbleibe
mit hochachtungsvollen Grüßen
Mme. Olympe Laure Geneviève Maxime amtierende Schulleiterin von Beauxbatons
"Ha!" Stieß Millie in dem Moment aus, als Julius über seinen zukünftigen Stellvertreter informiert war. "Bernie hat die silberne Brosche an Leonie abtreten müssen, weil sie sich kurz nach Schuljahresende über ihre ZAG-Prüfer beschwert hat, die ihr nicht alles abverlangt hätten. Darüber hinaus hat die es echt gewagt, deine Prüfungsdurchführung als Unfair und für dich wohl zu einfach zu kritisieren. Das kommt dann davon. Leo gönne ich die Silberbrosche auch eher."
"Die hat was?" Fragte Julius verdutzt. Millie legte ihm zur Antwort Madame Maximes Schreiben hin, dem er alles smaragdgrün auf gelbem Pergament entnahm, was seine Frau gerade überglücklich verkündet hatte.
"Müssen wir von der Lehrerkonferenz womöglich noch einmal beraten, inwieweit die infantile Rivalität seitens Mademoiselle Lavalettes und ihre böswillig anmutende Unterstellung an die Prüfungskommission, einen Schüler gesondert und ohne echte Anforderung zu prüfen dem geistigen Reifegrad einer UTZ-Kandidatin gerecht wird. Doch dies nur, um Sie, Mademoiselle Latierre, nicht in eine schadenfreudige Vergeltungsstimmung zu versetzen, sondern nur, um Sie in ihrer von uns zuerkannten Funktion der Sprecherin der Schülerinnen des von Ihnen bewohnten Saales vollständig zu informieren. Was in der erwähnten Angelegenheit entschieden wird übermittle ich oder meine bisherige Stellvertreterin, Professeur Faucon Ihnen dann, wenn eine endgültige Entscheidung gefällt wurde ..." las Julius halblaut, auch wenn eh alle zuhörten.
"Okay, werte Gastgeber, das berührt eindeutig innere Sachen von Beauxbatons. Bitte verbreiten Sie und verbreitet ihr das nicht anderswo!" Sagte Julius.
"Sitzt schon hübsch gut, der angeblich zu große Umhang", raunte Millie verwegen. Julius räusperte sich und reichte ihr den Umschlag zurück.
"Bernadette ist doch die, die dich und mich so dumm angeredet hat, weil sie meinte, wir wollten ihr den Rang ablaufen", meinte Gloria. Julius nickte. "Und die dir bei Claires Beerdigung mal eben zugesteckt hat, daß du doch jetzt wieder mehr Zeit zum lernen hättest", fügte sie hinzu. Julius nickte noch mal. "Kann die nur ganz oben auf alle runtergucken oder was? Ich hatte kein Problem damit, nicht die Jahrgangsbeste in Beauxbatons oder Thorntails zu sein", bekräftigte Gloria. Myrna grinste ihre jahrgangsgleiche Cousine an.
"Hast aber mindestens die zweitbesten ZAGs von uns abgeräumt. Könnten nur noch welche von Durecore mehr Os gekriegt haben als du."
"Das kann mir jetzt so egal sein wie ein Sack Reis, der in China umfällt", schnaubte Gloria. Dann gratulierte sie erst Julius und wünschte ihm das Durchhaltevermögen und die Ruhe, um diesen Job zu machen. Dann beglückwünschte sie Millie, von der sie ja wußte, daß ihre Schwester das goldene Zeichen ja auch schon getragen hatte. Sie lächelte Gloria dankbar an und grinste dann ihren Mann an.
"Tine und Edmond wurden auch in der sechsten Goldbroschenträger. Wir erhalten eine Tradition."
"Oh, dann grinst du so? Meinst du, ich müßte dann wie Mogel-Eddie nach der Walpurgisnacht in der siebten das Weite suchen?" Konterte Julius.
"Abgesehen davon, daß du es nicht eher findest als ich dich, mußt du nicht alles nachmachen, was euer Mogel-Eddie angestellt hat." Die jungen Hexen im Raum lachten über das Wortspiel. Dann meinte Mr. Porter:
"Ob Gloria wieder V-Trägerin von Ravenclaw wird muß wohl der neue Schulrat entscheiden. Immerhin ist sie ja unerlaubter Weise von Hogwarts ausgerissen."
"ich habe auf diesem Tisch keinen Wichtel gesehen, den du gefrühstückt haben könntest, Dad. Oder wäre dir 'ne seelenlose Puppe mit blau-bronzenem V-Abzeichen lieber gewesen?"
"Soso, Zauberer frühstücken Wichtel", stellte Julius leise fest und ergänzte, "Da wo Muggel Clowns zum Frühstück einwerfen, wenn sie besonders komisch sein wollen. Alle anderen lachten.
"Vielleicht sollten wir ein paar Wichtel aus Cornwall rüberholen, damit du auch wieder lockerer wirst, Gloria", wandte Mrs. Redlief verhalten grinsend ein.
"Neh, danke, kein Bedarf", schnaubte Gloria Porter.
"Wer trägt bei euch dein Silberscheibchen, Julius?" Fragte Millie neugierig.
"Gérard. Sandrine hat gemeint, ihr könne dieses Jahr auch was goldenes zufliegen, und Céline geht schon davon aus, daß sie auch mit Gold auf dem Podest geehrt wird. Dabei sind die Spiele von Nagano schon rum und die von Sydney fangen erst in zwei Jahren an."
"Guck mal, Glo, hier fliegen lauter unsichtbare Wichtel rum", feixte Melanie. "Dein Ex-Hauskamerad hat wohl auch einen vernascht."
"Oder es ist 'ne Krankheit", knurrte Gloria. "Und ich bin als einzige dagegen immun."
"Ich glaube, diese Todesserprozesse ziehen dich tierisch runter, Glo", schaltete sich Melanie Redlief ein. "Besser ist das, wenn wir vier Mädels heute den Besenknecht leerkaufen."
"Ich will wissen, was die beiden Auswürfe einer verlausten Sabberhexe noch alles angerichtet haben, Määäählanie!" Stieß Gloria aus.
"Du weißt, was dir beim letzten Mal passiert ist, als du mich so genannt hast, Gloria?"
"Na, das war einmalig und daher nicht zur Wiederholung bestimmt", stieß Mr. Redlief dazwischen. "Eure Oma Pat hat schon überlegt, ob sie die Wolle nicht verstricken soll."
"Der Name bietet sich auch echt zum Langziehen an", flüsterte Julius Melanie zu.
"Pass mal auf, daß ich dir nicht gleich was langziehe", grummelte Melanie, während Gloria ihren Onkel ansah.
"Wenn ich mir aussuchen darf was kein Problem", konterte Julius, den mal wieder das Frechheitsteufelchen ritt.
"Das könnte dir und deiner rotblonden Herzenshexe so passen", schnurrte Melanie. Millie hatte es wohl gehört und flüsterte Julius zu:
"Das hast du nicht mehr nötig, nachdem du Maman Maximes Blutsbruder geworden bist, weil ein Quidditchtor nur zählt, wenn der Quaffel nicht über die Ringe wegfliegt." Julius verstand was sie meinte und grinste lausbübisch. Mr. Redlief erkannte wohl, daß da drei noch nicht ausgewachsene Scherzbolde in frivolen Andeutungen schwelgten.
"Was wird das, ihr drei?" Fragte er sehr ungehalten. Da erinnerte ihn Mr. Porter daran, daß er hier Hausrecht besaß und für Ordnung zu sorgen hatte.
"mel, zu dir", setzte er an, "Der Scherz mit Gloria war schon hart an der Grenze zur Anzeige. Du kannst froh sein, das deine Oma Pat nicht meinte, Käse aus selbstgemolkener Schafsmilch machen zu wollen. Das mit dem Langziehen habe ich auch gehört, Mel, Millie und Julius. Offenbar bekommt dir eine auf fleischliche Genüsse schwörende Hexe zumindest was die Widerworte angeht sehr gut, Julius. Aber wenn ich das eben mitbekommen habe setzt Madame Maxime mit der Zuteilung der Saalsprecherbroschen sehr viel Vertrauen in euch und euren entwickelten Verstand. Benehmt euch also wenn es geht so erwachsen es geht! Aber die Frage von eben, ob das wirklich so gut ist, noch einen Tag die Gräueltaten der Carrows mitzuverfolgen, ist schon berechtigt. Es war ja gestern schon viel für junge Seelen. Mom hätte euch da wohl nicht mitgenommen, wenn Gloria nicht hätte aussagen müssen."
"Dad, das ist jetzt sehr fies von dir, mir zu unterstellen, ich könne das nicht durchhalten, was die alle auspacken", widersprach Gloria sehr energisch. "Ich war mehr als einen Monat mit diesen Monstern zusammen in Hogwarts. Ich habe das gesehen, wie die Kumpels von denen die Muggelstämmigen von Dementoren aus dem Zug haben zerren lassen. Da werde ich das jetzt auch durchstehen, was die anderen erzählen. Die beiden landen eh in Askaban. Was soll mir da noch Angst machen?"
"Irgendwas ist heute wohl in der Luft oder war im Tee", schnarrte Mr. Porter. "Ihr benehmt euch alle so wie Jarveys", schaltete sich nun Mrs. Porter ein. Dann sagte sie: "Plinius, Gloria hat recht. Wenn sie das alles wirklich überstehen will, was ihr im letzten Jahr passiert ist, dann muß sie Gewißheit haben, daß diese beiden Todesser ihre gerechte Strafe erhalten. Ich gehe mit Mel, Millie und Myrna nach Hogsmeade. Marcellus und Geri wollten ja nach Glastonbury."
"Was, Glastonbury", horchte Julius auf. "Da wo König Arthus begraben sein soll. Da war ich auch noch nicht."
"Hmm, kannst ja mitkommen", sagte Mr. Redlief aufmunternd. "Oder könnte es sein, daß sie dich als Zeugen vernehmen wollen?" Julius schüttelte den Kopf. Vielleicht war es doch besser, nicht jeden schönen Tag im Gerichtssaal abzuhängen. Gloria hatte recht, weil die beiden Todessergeschwister sowieso fällig waren. Da reichte es schon, wenn er morgen zum krönenden Abschluß hinkam. So nahm er Mr. Redliefs lockere Einladung an, während Mrs. Porter mit den drei verbleibenden Junghexen wieder auf Tour durch die Hexenparadiese der britischen Zaubererwelt gehen wollte und Mr. Porter seine Tochter ins Ministerium zum Gericht begleiten würde.
Millie empfand nichts für ein offenbar erfundenes Grab des legendären Königs, der mit dem berühmten Zauberer Merlin zusammengewirkt haben sollte und der Halbbruder der nicht ganz so böse wie von den Muggeln erzählten Hexe Morgana gewesen sein sollte. Julius reizte auch eher die kleine Stadt mit der verlassenen Abtei.
Als die Redliefs mit Julius zusammen vor dem Haus der Porters standen, winkte marcellus den fahrenden Ritter herbei. Julius hatte die Aufgabe, alle in Muggelwährung anfallenden Bezahlungen vorzunehmen.
Als sie knapp einen Kilometer vor dem Stadtzentrum ausstiegen fühlte Julius, wie gut ihm die Sonne tat. Das würde der letzte Tag vor dem Ende seines sechzehnten Lebensjahres sein. Außerdem konnte er von hier aus seine Mutter anrufen und ihr bestellen, daß Millie und er die Goldbroschen bekommen hatten und er wohl am einundzwanzigsten Juli feiern würde. Dann mischten sie sich in den Strom der magielosen Touristen aus aller Welt. Sie verzichteten jedoch auf eine begleitete Führung. Julius packte auf dem gemütlichen Rundgang so aus, was die Muggel sich über die Tafelrunde, Arthus und Merlin zu erzählen wußten und gab auch die leicht gruselige Episode von Gawain und dem grünen Ritter zum besten, wo es darum ging, daß einer der tapferen Arthusritter es nicht schaffe, dem Grünen Ritter mit einem Streich den Kopf abzuschlagen, und falls doch, im nächsten Jahr den Gegenschlag entgegennehmen solle.
Ein frühmittelalterlicher Markt war für die Touristen aufgemacht worden, auf dem kostümierte Männer und Frauen zu altmodisch klingender Drehleier- und Trötenmusik flanierten. Auch ein Schmied hatte seinen tragbaren Ofen und einen wuchtigen Amboß aufgebaut und führte vor, wie damals Hufe und Schwertklingen geschmiedet wurden.
"Na, Bursche, kannst du den Hammer mit einer Hand halten?" Fragte der von seinem Beruf mit muskulösen Armen gesegnete Handwerker und drückte Julius den Schmiedehammer in die rechte hand. Julius hob das Werkzeug spielerisch hoch und schwang es kurz über seinem Kopf und ließ es in die linke Hand rutschen.
"Hui, der junge Mann ist wohl Athlet", staunte der Schmied. Julius empfand den Hammer, nur weil er so groß war, nicht als so schwer. Nur der Hammerkopf zog nach vorne unten.
"Ich übe mich in mannigfachen Leibesdingen, Meister", erwiderte Julius, den hier hinpassenden Sprachstil nachempfindend. Der Schmied lachte herzhaft und nahm sein Handwerkszeug wieder zurück. Er deutete dann auf mehrere posierende Rittersleut in Rüstung und Bewaffnung.
"Wie muß man ein Schwert halten, um es beim ersten Schlag nicht gleich aus der Hand gehauen zu kriegen?" Fragte Julius einen der Darsteller, einen echten Stuntman, der in Ritterfilmen Reit- und Fechtszenen ausführte.
"Also, das Schwert ist schwer und zieht deshalb schon gut runter. Daher darf es nicht so wie ein Paradedegen geführt werden", sagte der Ritterkampfexperte und zeigte Julius, wie er die extra stumpf gehaltene Fechtwaffe ausbalancierte.
"Wir führen gleich einen Zweikampf vor", erwähnte der Kollege des Stuntman. "Der schwarze Ritter gegen mich, Sir Lancelot vom See." Julius besah sich die strahlendweiße Rüstung des Sprechers und nickte. für je ein Pfund pro Nase Eintritt konnten die drei Besucher sich ansehen, wie magielose Menschen im Ritterzeitalter ihre gewaltsamen Streitigkeiten ausgefochten hatten, sofern sie zu Fuß waren. Als krönender Abschluß einer Viertelstunde Fechten ritten die beiden Darsteller auf breit gebauten Schlachtrössern mit eingelegten Lanzen gegeneinander an. Julius wußte mittlerweile, daß die Rüstungen inseitig mit dicken Luftkissen ausgepolstert waren und an allen lebenswichtigen Gelenken verstärkte Schutzvorrichtungen trugen. Anders als die echten Ritter, die nicht in Titan-, sondern Stahlrüstungen gegeneinander antraten, würde sich hier keiner das Genick brechen, wenn er vom Pferd gestoßen wurde.
"Wir vermissen Merlin, Morgana und Morgause", wandte Mrs. Redlief ein, als die Kampfvorführung beendet war.
"Merlin sitzt hinten mit seiner Glaskugel und weißsagt. Morgane Lefay bewacht Excalibur, damit keiner meint, es aus dem Stein rausrupfen zu müssen", sagte der schwarze Ritter von der Vorführung. Julius grinste. Dann ging es zum Freiluftaudienzzimmer des Zauberers Merlin. Er wunderte sich, daß außer einem auf alt mit weißem, wallendem Bart getrimmten Schausteller im mitternachtsblauen Umhang ein echter Zauberer anwesend war, Tim Abrahams, der mit seiner Frau Galatea ebenfalls die Schau um den legendären König und seinen Hofstaat genoß.
"Heute nicht im Gruselkeller, Julius? Meine Schwiegermutter meinte, du hättest dir auch die Peinlichkeit mit Lucius Lurch angetan."
"Heute sollen Leute was erzählen, die nicht in der Schule mit dabei waren", erwiderte Julius, wohl darauf achtend, verfängliche Begriffe aus der Zaubererwelt zu vermeiden.
"Dein Klassenkamerad ist wohl auch da", sagte Tim Abrahams. Julius nickte.
"Sie haben die Haare wie Mrs. Ceridwen Barley", stellte Mrs. Redlief fest.
"Stimmt", erwiderte Galatea. "Ich trage immerhin ihr Enkelkind aus." Sie strich sich stolz über den gerundeten Unterleib.
"Da wird sie sich wohl freuen", sagte Mrs. Redlief, während Mr. Redlief den Schaubudenzauberer testete, ob der nicht doch echte Magie benutzte. Julius sprach mit Tim über das Weltmeisterschaftsergebnis und daß er übermorgen wohl wieder nach Paris zurückkehren würde.
"Schade, daß Schwiegermum Ceridwen wegen dieser leidigen Sachen keine Zeit hat. Sie hat sich erkundigt, daß du in ihren Spezialfächern sehr gut sein sollst. Kamen bei euch schon die Zwischenprüfungen an oder mußt du dafür erst zu dir nach Hause?"
"Neh, die haben Geld ausgegeben und uns die Ergebnisse über den Kanal geschickt", erwiderte Julius. Leise fügte er hinzu: "Ihrer Schwiegermutter dürfen Sie bitte ausrichten, daß ich in ihren Spezialfächern wohl auch die Endprüfungen machen werde, so wie die Zwischenprüfungen ausgefallen sind."
"Das wird sie bestimmt freuen. Sie möchte schon gerne wissen, wer so alles nachwächst. Wie gesagt, schade, daß sie im Moment total verplant ist."
"Und Ihr Vater, macht die Meere weiter unsicher?"
"So spricht nur eine Landratte", erwiderte Tim mit gespielter Verärgerung. "Meine Eltern waren nach der Sache im Mai kurz bei Gally und mir. Mum ist nicht so begeistert. Dad freut sich über das Enkelkind. Natürlich wird der Kleine mit einem Matrosenhut zur Welt kommen."
"Oder die Kleine hat ein wunderschönes rosa Ballettkleid an. Üben Tut das Kleine zumindest schon fleißig", flötete Mrs. Abrahams.
"Also weißt du schon, was es wird?" Fragte Tim.
"Ist, Tim. Aber ich sage es dir nicht, bis du ihn oder sie zu sehen kriegst."
"Ich kriege das aus Brigid raus, Gally", erwiderte Tim belustigt.
"Da hast du nicht aufgepaßt, Tim. Das Baby muß aus mir raus, nicht aus meiner Schwester." Julius grinste, während Mrs. Redlief verhalten die Nase rümpfte, während Mr. Redlief dem verkleideten Merlin auf den Zahn fühlte, was er alles noch aus der großen alten Zeit wußte. Nach zehn Minuten angenehm aufgelockerter Unterhaltung verabschiedeten sich die Abrahams von den Redliefs und Julius.
"Ihr fahrt mit dem Ritter?" Hörte er Galatea Abrahams' Gedankenstimme. Er schickte zurück:
"Wir machen eine Tour durch das mittelalterliche England. Meine Frau ist mit den Töchtern meiner Begleiter auf Einkaufstour. Falls wir uns nicht mehr sehen viel Glück für Sie und das Baby!"
"Wegen des Babys können wir im Moment nicht mit dem Bus fahren. Mein Vater holt uns nachher mit seinem Auto ab. Er freut sich, damit wieder frei herumfahren zu können. Danke für die Glückwünsche! Wie gut bist du jetzt in Zaubertränken und Verwandlung?"
"Zwei Kringel", schickte Julius zurück.
"Dann pass auf, daß die Heiler sich mit den Zaubertrankbrauern nicht um dich reißen. Tschüs!" Julius erwiderte den stummen Abschiedsgruß und sah den beiden, die bald zu dritt waren nach.
Nach dem Mittagessen, daß sie in London zu sich nahmen, ließen sie sich vom fahrenden Ritter zu einer Burg fahren, die noch nicht von japanischen Touristen in Grund und boden geknipst worden war. Hier nahm Mr. Redlief Julius bei Seite und fragte ihn:
"Du und Millie wollt auch bald ein Baby? Mel sagt es nicht laut, aber ich merke, daß nach dieser Sauerei mit dieser Hallitti was zwischen dir und ihr ginge. Gloria weiß das auch. Aber Myrna sagt, du hättest auch was mit Mels Freundin Britt anfangen können. Wie sicher ist das jetzt mit dir und Millie?"
"Ich trage einen Ring, sie den anderen", erwiderte Julius. "Wieso, hat es irgendwie Krach zwischen Mel und Gloria gegeben?"
"Eher zwischen Mel und meiner Mutter. Du hast sie ja kennengelernt, sehr auf Anstand bedacht. Sie möchte nicht, daß ihre Enkel sich in irgendwas verrennen."
"Also, auch wenn das, was Sie wissen wollen eigentlich sehr privat ist, Mr. Redlief, Mildrid und ich haben ganz klar ausgemacht, solange zusammenzuleben wie es geht. Ihre Familie paßt auch auf, daß ihr nicht was ähnliches passiert wie einer Verwandten", erwiderte Julius. "Meine Mutter war zwar am Anfang nicht so begeistert, hat aber schon von rotblonden Enkeln auf den Schenkeln geträumt."
"Gut, als Mels Vater mußte ich das jetzt klären, bevor Mel noch meint, nach Beauxbatons auf dich warten zu müssen und ich das erst mitkriege, wenn der Regenbogenvogel schon bei ihr anklopft."
"Womöglich komme ich im August noch mal nach VDS rüber, falls Millie will sie dann auch. Ich habe mit Mel drüber gesprochen, daß das über die Entfernung wohl nichts geworden wäre und ich weiterhin ein guter Freund von Gloria sein möchte. Was war das eigentlich heute morgen. Hat Mel Gloria echt in ein Schaf verwandelt?"
"Quid pro quo, Julius. Du hast mir dein Privatleben in den für mich nötigen Details erklärt. Ja, Mel wurde mal von Gloria so angequatscht, weil Myrna das mit ihr schon mal so gemacht hat und Brittany auch. Da ist Mel der Zauberstab ausgerutscht. Die hat ein unterstrichenes O in Verwandlung abgeräumt. Das mußte sie Gloria unbedingt demonstrieren. So lief einen halben Tag lang ein Schaf mit hellblond gelockter Wolle bei uns herum. Da Mel ihr noch ein Halsband mit Melosperre umgelegt hat, konnte sie keinen rufen. Meine Mutter hat Mel zwar ausgeschimpft, aber irgendwie echt daran gedacht, sich bei der Gelegenheit von der überschüssigen Wolle was zu sichern. Da habe ich Gloria wieder zurückverwandelt. Jetzt weiß sie, daß sie Mel nicht mehr so reizen sollte."
"Was macht ihre Nachbarin?" Fragte Julius. So erfuhr er, daß Aubartia Hercules Moulin mittlerweile alle Sachen beigebracht hatte, die sie konnte, bis auf das Kinderfangen oder Kinderkriegen, wie Aubartia grinsend behauptet hatte.
"Wahrscheinlich bleibt der bei uns, weil Madame Maxime Prinzipalin Wright empfohlen hat, ihn besser in Thorntails einzuschulen, wenn er die Prüfung bei den Heilern besteht, daß er seine neuen Kräfte beherrschen kann. Er wollte sich dann wohl auch bei einigen Leuten entschuldigen, hat er meiner Mutter verraten."
"Sagen Sie Ihrer Mutter bitte, daß die Leute, bei denen er sich entschuldigen möchte auf seine Briefe warten werden!" Gab Julius Mr. Redlief noch mit.
Nachdem sie so noch einen angenehmen Nachmittag bei klarem Himmel verlebt hatten kehrten die Redliefs und Julius zum Haus der Porters zurück.
Mr. Porter und Gloria waren noch fort. So unterhielten sich die Latierres und die Redlief-Schwestern über den verbrachten Tag. Doch alles wollten sie offenbar nicht verraten. Julius ahnte zwar, daß das mit dem morgigen Tag zu tun haben mochte, wollte aber nicht mit der Tür ins Haus fallen. So ließ er die weniger interessanten Einkaufserlebnisse über sich ergehen und führte mit Millie und Glorias Cousinen eine angeregte Unterhaltung über die Aufgaben der Vertrauensschüler in Beauxbatons, Thorntails und Hogwarts.
"Irgendwie werde ich aus Madame Maximes Bemerkung nicht schlau, daß Professeur Faucon ihre bisherige Stellvertreterin ist", brachte Millie etwas auf den Punkt, das Julius heute Morgen schon aufgefallen war. "Das liest sich so für mich, als wolle Königin Blanche sich aus Beauxbatons verabschieden, Julius."
"Oder jemand anderes wird Stellvertreter. Kann ja sein, daß die Saalvorsteher alle fünf bis sieben Jahre mal durchwechseln."
"Fixie als Madame Maximes Stellvertreterin. Oha, wundert mich dann nicht, daß Bernie derartig heftig mit dem Besen vor die Wand geknallt ist. Aber denkst du echt, die lassen sie das ZAG-Jahr noch mal durchlaufen?"
"Hmm, du traust mir hoffentlich nicht zu, daß ich Madame Maximes Gedanken mitbekommen kann, Millie. Aber wenn die schreiben, daß es geklärt werden muß, ob ihr Verhalten einer UTZ-Schülerin gerecht wird, heißt das was ähnliches wie damals bei Gaston Perignon. Für Bernadette sehe ich im Moment ein tiefrotes Warnlicht blinken. Vielleicht laden sie sie noch mal vor und fragen sie, was sie sich da gedacht hat. Wundert mich nur, daß sie nicht schon bei den Prüfungen Terz gemacht hat."
"Vielleicht fragst du deine große Blutsschwester mal, ob deine ZAGs so stehenbleiben", erwiderte Millie. Melanie, die die Beauxbatons-Interna nicht kommentieren wollte griff die Bezeichnung Blutsschwester auf und fragte Julius, ob das unangenehm war, drei Monate in Madame Maximes Nähe zu leben. Er ließ raus, daß die durch die Blutübertragung entfachten Gefühlswallungen ihn schon ziemlich aus der Bahn gewirbelt hatten, daß er fast jedes Mädchen, das vor ihm den Rock angehoben hätte, besprungen hätte. Myrna feixte, daß Mel da wohl ihre letzte Chance verpaßt hätte.
"Ich habe Julius schon gut behütet, weil sonst hätte er wohl die genommen, die keine drei Meter von ihm weg war", erwähnte Millie. Das saß.
"Hat Kevin noch was gesagt, ob er wieder zu uns kommt, wenn er seine ZAGs hat?" Fragte nun Myrna.
"Ich denke, der will zurück nach Hogwarts. Irgendwie kam der wohl bei euch nicht richtig rein."
"Wie meinst du das bitte?" Wollte Myrna wissen. Julius hörte aus der Frage, daß sie irgendwas in den falschen Hals bekommen haben mochte und sagte ruhig:
"Er hat nicht groß was über seine zeit da erzählt, nix, worüber er sich gefreut hat. Und manchmal guckt er mich so an, als hätte ich ihn irgendwo hingeschickt, wo sie ihm andauernd eins draufgaben."
"Bullhorn hat ihn als Großmaul bezeichnet und ziemlich fies vorgeführt, erst mit dem Zauberstab und dann im körperlichen Kampf. Die Purplecloud hat den jeden Trank kosten lassen und dann konnte er von Glück reden, wenn die Buchstaben ST nur mit den Buchstaben TZ vertauscht wurden", sagte Melanie. Myrna knurrte ihre Schwester wie eine gereizte Katze an.
""Also, bevor er meint, seine von Bullhorn niedergewalzten Machomanieren wiederzufinden und dir einen erzählt, ich hätte ihm angeboten, mit ihm das zu tun, was große Jungs und Mädchen so tun können: Ich finde ihn auf seine Art interessant und süß, wenn er nicht andauernd so drauf wäre wie ein Drache vor dem Feuerspeien. Ich hab's hingekriegt, ihn von Mirella fernzuhalten. Die hätte den nämlich aus purer Berechnung ... ähm, .... rangelassen heißt das wohl", Myrna errötete merklich. Millie und Julius nickten. "Mirella wird von den meisten Jungs als Grippe bezeichnet, von jedem leicht zu kriegen und angeblich von jedem schon mal gehabt. Dabei vergessen diese Typen gerne, daß sie ganz berechnend abklopft, mit wem die sich auf was einläßt. Die hätte Kevin vielleicht seine Jungenträume wahr werden lassen, aber nicht mehr für ihn gefühlt. Tja, und weil Kevin das zumindest kapiert hat und ich fand, ihm helfen zu müssen kamen wir zumindest auf der Ebene Händchenhalten und zusammen rausgehen zusammen. Du bist erwachsen, Julius, du machst dich nicht so leicht über Beziehungen lustig, weiß ich von Gloria, Auch wenn das mit Mel und dir heute morgen wieder so klang, als hätte Kevin die Idee gehabt. Deshalb so viel: Sollte Kevin finden, ich hätte nur was wegen Mirella angefangen, dann soll der Typ gerne in Hogwarts bleiben und sich da eine suchen, die ihn aushält. Ich hätte es versucht. Das kannst du ihm so bestellen, auch wenn Mel jetzt so blöd grinst." mel grinste wirklich sehr albern. Millie hingegen fragte Myrna, warum sie das einem Jungen, der noch als Kevins Freund galt, so offen eingestand, wo sie ihr am Morgen gesagt hatte, daß sie nicht wisse, ob Julius sie deshalb auslachen würde.
"Genau weil du mir gesagt hast, daß Julius durch seine erste Freundin Claire und dich weiß, daß wir Mädchen und Frauen keine Spielzeugpüppchen sind und er kevin selbst für manche Sache bedauere."
"Na ja, Myrna, im Grunde habe ich zwei körperliche Jahre übersprungen und habe drei Monate lang lernen müssen, die wildesten Träume und Gefühle zu beherrschen, ohne gleich zum Vulkanier werden zu müssen, einem Außerirdischen, der nur Logik gelten läßt. Falls du echt noch was für Kevin empfindest und Gloria das nicht für dich klären kann oder möchte, versuche ich ihm vorsichtig klarzumachen, daß so eine Beziehung nicht nur Spaß ist. Millie hier redet andauernd was von unserem ersten Baby. Ich weiß aber, daß sie weiß, wie anstrengend das gerade für eine Mutter ist und nicht so, daß ein Mädchen seine eigene Lieblingspuppe machen kann. So schlage ich dir vor, dich selbst zu fragen, ob du mit oder von Kevin ein Kind haben wolltest. Ich weiß, klingt von einem Jungen ziemlich bekloppt, weil er von Sachen redet, die er nicht nachfühlen kann. Deshalb klär das ohne mich für dich und versuch dann, mit deiner Antwort das anzufangen, was die beste Lösung ist! mehr kann und will ich darüber nicht erzählen."
"Wie erwähnt, sage diesem Maulhelden bitte, daß er sich klar werden muß, was er in Thorntails erlebt hat und ob das was echtes und wichtiges für ihn war oder nur billige Ablenkung! Was er dir dann auch immer so erzählt mußt du dann einfach überhören."
"Kein Problem, Myrna", erwiderte Julius. Millie fischte nach seiner rechten Hand und drückte sie.
"Julius hat recht, daß er durch die Kiste damals mit seinem Vater zwei Jahre übersprungen hat und deshalb um den Krempel herumkam, der Kevin wohl gerade umtreibt. Aber, Julius, du weißt, daß wir zwei bald wen kleines haben werden. Ich halte dich nicht für so einen Feigling, der nur Spaß haben will und dann abhaut, wenn es anstrengend wird. Was Kevin angeht, so kenne ich den nicht gut genug. Ich hatte erst gedacht, er sei der richtige für Julius, um ihm zu zeigen, auch mal locker draufzusein. Aber so wie ich das von euch jetzt mitkriege, ist es das einzige, was ihn interessiert. Und das wird dann wieder langweilig."
"Ich kann dir nur vorschlagen, daß wir übermorgen in Millemerveilles eine Gelegenheit schaffen, wo du mit Kevin alleine oder mit Mel als Anstandshexe im Hintergrund reden kannst", sagte Julius. Damit war Myrna einverstanden.
Es dauerte Mrs. Porter zu lange. So nahm sie Julius auf eine Reise nach Hogsmeade mit, daß er vor dem Abendessen schon einmal die Termine für seine Feier bekanntgeben konnte. Da sie das Mobiltelefon ihres Mannes bei sich hatte konnte er auch bei seiner Mutter anrufen und fragen, ob das bei Camille und Florymont so in Ordnung ginge. Er erhielt ein Okay zurück und bezahlte einen Schwarm Eulen, die in verschiedene Richtungen flogen.
Als Mrs. Porter mit Julius wieder in ihrem Haus war, waren auch Gloria und ihr Vater wieder da. Beide wirkten müde und abgekämpft. Gloria bat darum, sich nur drei Sandwiches mit auf ihr Zimmer zu nehmen und ließ die Gäste mit ihren Eltern im Esszimmer.
"Ich habe Gloria gewarnt", seufzte Mr. Porter. "Wir haben heute sehr schlimme Sachen gehört, was die Carrows vor dem Wiederaufstieg dieses Wahnsinnigen angestellt haben. Ich möchte euch und uns nicht den Appetit verderben. Daher nur so viel, daß wir, also die Hollingsworths und wir Porters, dir Julius und deiner Familie Millie, zu tiefst dankbar sind, daß ihr uns da rausgeholt habt. jetzt erschließt sich Snapes Doppelspiel sogar als zutreffend. Er hat die beiden Monster an der Leine gehalten und ihnen nur so viel durchgehen lassen, um nicht unnötig aufzufallen. Die beiden gehören in einen Käfig und nicht in ein Gefängnis oder meinetwegen in ein Regal für Abfallbeseitigungswerkzeuge", schnaubte Glorias Vater. "Gloria hat sich gut gehalten. Aber mit dem Unterrock wird sie das nicht abstreifen können. Ich hätte mit ihr zwischendurch rausgehen sollen."
"Oha, und Kevin?" Fragte Julius.
"Die Malones hatten wohl heute einen Termin bei Professor McGonagall in Hogwarts. Morgen sind die Hollingsworths dran. wir werden mit Gloria am vierundzwanzigsten hingehen. Gloria hat ja schon gesagt, daß sie in Hogwarts weiterlernt. Nur so viel, die ZAGs sind und bleiben gültig, sofern bestanden, so daß Gloria gleich mit dem sechsten Schuljahr weitermachen kann. Ob sie Vertrauensschülerin bleibt wird wohl die Akte über den Umbridge-Prozeß ergeben. So viel zu heute, die Damen und Herren. Essen wir was und erwarten wir die unumstößliche Aburteilung dieser beiden Schwerverbrecher!"
Mr. Porter hatte sich wie ein Wachhund auf dem Weg zwischen Julius' Zimmer und dem von Gloria und Millie postiert. So blieb ihm nur übrig, Millie einen Gruß für Gloria mitzugeben, sofern sie das drehen konnte, daß sie nicht wußte, wozu die Herzanhänger taugten.
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Julius erwachte in einem Meer aus leuchtenden Blüten und umspielt von fröhlicher Musik. Sein Bett schaukelte wie eine Wiege. Dann riefen alle Hausbewohner und Gäste vor seiner Tür: "Alles gute, Julius Latierre zum sechzehnten Geburtstag!"
"Danke!" Rief Julius und öffnete die Tür. Alle standen in goldenen Gewändern vor der Tür. Gloria, die gestern noch total abgekämpft aussah, hatte ihr Lockenhaar mit Glitzergel behandelt und umarmte Julius als erste. "Millie hat mir das geraten, dich so richtig zu knuddeln", sagte sie und drückte ihn fest an ihren nun doch gut ausgeformten Brustkorb. "Ich bin froh, daß es dich gibt, Julius Latierre geborener Andrews", sagte sie ihm. Dann kam Millie dran, die Julius unbefangen auf den Mund küßte und die zärtliche Annäherung zehn Sekunden aufrechthielt.
"Was Gloria dir gesagt hat sage ich dir auch. Deine Eltern seien gesegnet, daß sie uns dich geschenkt haben, egal wo dein Vater jetzt ist und ob deine Mutter noch schläft oder nicht. Auf das wir beide das kommende Jahr fröhlicher gestalten als das letzte uns vergönnt war."
"Alles gute zum Hochzeitstag, meine Angetraute", sagte Julius unvermittelt und überreichte Millie ein schweres Paket.
"Hoi, was ist das denn?" Fragte Millie überrascht, strahlte ihren jungen Ehemann aber an. "Hoffentlich was, wo wir auch zu dritt oder viert was von haben." Julius nickte bedeutungsvoll.
"So haben wir uns gegenseitig überrascht", lachte Melanie. "Als du mit Tante Di noch mal los bist, konnten wir deine Aufweckzeremonie einrichten. Und du hast noch was für Millie besorgt?"
"Joh, fiel mir kurz vor Postamtsschluß noch ein", sagte Julius.
Millie durfte nach einem Geburtstagsständchen das an sie überreichte Paket auspacken. Es enthielt jene magische Waage von Eileithyia Greensporn, die besonders für junge Eltern so praktisch war. Dabei hatte er noch ein selbsttätiges Maßband für Länge und Kopfumfang und einen Satz Fläschchen und Rasseln deponiert.
"Könnte man meinen, das sei eine Aufforderung", feixte Melanie. Millie strahlte sie an und sagte nur:
"Nein, das ist eine Zustimmung, Melanie."
Der Morgen wurde abgerundet, weil Nifty ein sehr umfangreiches Frühstück auffuhr und einen kleinen Geburstagskuchen mit sechzehn Kerzen präsentierte. "Also, wenn ihr mir von dem was übriglaßt dürft er den aufessen, während wir im Gericht sind", sagte Julius feierlich. Doch die Winztorte war bereits beim Frühstück bezwungen. Ein Brief aus Paris traf ein. Catherines Familie, Martha Andrews und Madeleine L'eauvite gratulierten.
Doch irgendwann war die feierliche, fröhliche Geburtstagsmorgenstimmung vorbei, und Plinius Porter nahm Gloria und ihn mit ins Ministerium, diesmal direkt durch die Kaminverbindung.
Der Saal war gerammelt voll. Dennoch kamen alle irgendwie zum sitzen. Rauminhaltsvergrößerungszauber auf den Bänken ließen immer noch Plätze frei. Gegen neun Uhr wurden die Angeklagten hereingeführt. Sie sahen verächtlich auf das Publikum, grinsten höhnisch und schnitten Grimassen. Julius empfand Verachtung, aber auch Bedauern für diese armseligen Kreaturen, die gemeint hatten, die Welt mit einem größenwahnsinnigen Massenmörder an der Spitze umstoßen und nach ihren Vorstellungen neu bauen zu können. Die Beratung dauerte eine Stunde. Danach war es dann so weit. Jeder einzelne Anklagepunkt kam zur Abstimmung. Bei jedem Punkt erkannte der Zaubergamot mit einstimmiger Mehrheit auf Schuldig im Sinne der Anklage. So zog sich die Befragung über dreißig Minuten. Dann waren alle Punkte abgehandelt. Minister Shacklebolt sagte abschließend mit unüberhörbarer Verachtung:
"Alecto und Amycus Carrow, Sie beide wurden vom hier am zwanzigsten Juli neunzehnhundertachtundneunzig zusammengetretenen Zaubergamot Großbritanniens und Irlands in allen Ihnen zur Last gelegten Punkten für schuldig befunden. Alleine eine Tat reichte schon aus, Sie für den Rest ihres Lebens zu inhaftieren. Doch die Ihnen zur Last gelegten, und durch Zeugenaussagen bestätigten Taten sind alle zusammen so schwerwiegend, daß wir schon fast versucht sind, die vor achtundfünfzig Jahren abgeschaffte Todesstrafe wieder einzuführen. Doch Sie haben bereits so viel wertvolles Menschenblut vergossen, daß Ihr Tod dies niemals mehr aufwiegen wird. So bleibt uns nur die lebenslängliche Unterbringung in Askaban ohne Kontakte und ohne Möglichkeit der vorzeitigen Begnadigung. Von hier aus werden sie nun in das von uns wiedereröffnete Gefängnis überstellt, wo sie bis zum natürlichen Ende ihres Lebens verbleiben werden. Der einzige Trost, den Sie wohl noch empfinden mögen ist, daß Sie wohl nicht die letzten sein werden, die dieses Schicksal erfahren werden." Die Sicherheitszauberer führten die beiden nun wild zeternden und Verwünschungen ausstoßenden fort. "Er wird wiederkehren. Der dunkle Lord kommt bald schon wieder", keifte Alecto. Amycus polterte:
"Ihr werdet es bereuen, uns nicht umgebracht zu haben, ihr Schlammblutfreunde!"
"Ich sollte Madame Rossignol fragen, ob das Bettpfannenregal auch für Todesser geeignet ist", dachte Julius. Dann wälzte sich der Strom der Zuschauer und Zeugen aus dem Gerichtssaal. Außerhalb der Mentiloquismussperre empfing er Ceridwen Barleys Gedankenstimme: "Alles gute zum Geburts- und zum Hochzeitstag, Julius Latierre. Fange ein besseres Leben an, als diese armen, inzestuösen Tröpfe!"
"Das werde ich", schickte Julius zurück. Dann erreichten sie auch das Atrium und flohpulverten zurück zum Palast von Plinius, wo sie den Nachmittag noch im Freien verbrachten. Julius telefonierte noch einmal mit seiner Mutter, die gerade Besuch von seinen Schwiegereltern und seiner Schwägerin Martine hatte. Sie gratulierten ihm alle und gaben ihrer Hoffnung ausdruck, daß sie morgen alle zusammenkommen würden.
"wir bleiben morgen in Millemerveilles, Julius. Aurora Dawn ist auch da.Sie hat schon mit mir kontaktgefeuert", sagte Julius' Mutter. "Bis morgen dann!"
"Bis morgen dann, Mum!" Millie bedankte sich noch mal bei Julius' Mutter für die Geburt ihres Sohnes. Gloria schloß sich dem an.
Es war gegen abend, als drei große Eulen ein Paket für Julius ablieferten, auf dem stand: "Zum Dank für dein Dasein." Julius fragte sich, von wem dieses große Paket stammte. Wer bedankte sich da so eindeutig für sein Dasein? Millie und Gloria meinten, er solle es mit nach Millemerveilles nehmen und erst mit den anderen Geschenken auspacken. Doch Julius fiel ein, daß jemand, der oder die sich für sein Dasein bedanken mochte, ihm sein oder ihr Leben verdankte, und das waren konkret die Whitesands. Mußte er dieses Paket dann wirklich aufmachen, wo viele andere dabei waren, von denen die allermeisten nicht wußten, was die Whitesands und er im letzten Sommer erlebt hatten? Das sagte er auch den beiden jungen Hexen. Gloria, die auch einmal in Whitesand Valley gewesen war, nickte. Millie, die den Kampf gegen die Todesser aus der Ferne mitverfolgt und ihrem Mann über die Herzanhänger beigestanden hatte nickte nun auch. So öffnete Julius das Paket behutsam. Eine große Truhe kam zum Vorschein, die mit sieben Schlössern versperrt war. Die passenden Schlüssel lagen in einem ledersäckchen bei.
"Wau, so eine Truhe hatte Oma Jane", sagte Gloria. Millie meinte, daß das wie die Aussteuertruhe ihrer Uroma Barbara war.
"Ach, das ist eine von diesen Truhen, die nicht eine schwarze Leere enthalten, sondern für jedes Schloß, daß geöffnet wird einen Stauraum", sagte Julius.
"Und zwar so, daß du immer gleich viel Platz drin hast. Abgesehen davon stehen hier Runen", erwiderte Gloria und deutete auf die im tiefschwarzen Holz eingeschnittenen Zeichen. Julius las und erkannte die Zeichen für Vielfalt, Schutz und Bewegung.
"Hups, hat das Möbel einen Fortbewegungszauber eingebaut?"
"Steht das da?" Fragte Millie, die ja keine Runenkunde hatte. Julius nickte.
"Du mußt erst alle Schlösser aufschließen, um den Deckel anzuheben, Julius", wies ihn Gloria hin. "Danach kannst du das dir wichtigste in den verfügbaren Stauraum legen." Julius sah Millie an, die erst verdutzt und dann herausfordernd zurückblickte.
"Das glaubst du aber, daß ich mich freiwillig von dir wegschließen lasse, Süßer", sagte sie und knuddelte ihren Mann. Gloria errötete an den Ohren.
"Ich meinte natürlich den wichtigsten Gegenstand, Julius."
"Also erst einmal alle Schlösser aufmachen", sagte Julius und schloß die sieben Schlösser mit den unterschiedlichen Schlüsseln auf. Eisen, Zinn, Kupfer, Bronze, Messing, Silber und Gold waren in den sieben Schlössern und Schlüsseln verarbeitet worden. Als er dann alle Schlösser geöffnet hatte, klappte der Deckel von sich aus auf. In der Truhe lag schon etwas. Er sah mehrere Kessel unterschiedlicher Größe, sogar einen von der Größe einer halben Badewanne bis zu einem winzigen Kessel, der gerade so über einer Kerzenflamme halt finden mochte, dazu einen Satz bruchsicher verpackter Phiolen, Pulverfässchen, Flaschen mit Tinkturen und eine Waage für Zutaten inklusive Abmeßhilfen wie Löffel und Becher. Dazu lagen fünf dicke Bücher bei, die alle was mit Zaubertränken und Heilelixieren zu tun hatten. In der rechten Ecke lag eine Pergamentrolle in einem golden schimmernden Haltering, der mit "Für ein langes und gesundes Leben" beschriftet war.
"Wau, ein komplettes Zaubertranklabor. Da ist sogar ein verstellbares Haltegestell und eine Feuerschale für die kleineren Kessel", freute sich Julius. Er nahm eines der Bücher und erkannte, daß es sich um "Essenzen der Energie" handelte und all die Tränke und Elixiere behandelte, die die Ausdauer, Körperkraft und Wachheit behandelten. Daneben gab es noch eines für die gängigen Gefühlstränke, dann das Manual der mirakulösen Mixturen, welches die Rezepturen für Tränke für übermenschliche Fähigkeiten wie zehnfache Stärke, Geschwindigkeit, Feuer- und Wasserwiderstandskraft, den Glückstrank Felix Felicis und sogar den Unsichtbarkeitstrank enthielt, den Lea Drake in Hogwarts benutzt hatte. Dann gab es noch ein Buch über Schutz- und Heiltränke, eines über kosmetische Tinkturen, Cremes und Pulver, wo alle nicht patentierten Haar-, Haut- und Nagelpflegerezepte enthalten waren. Gloria wollte das gerne ihrer Mutter zeigen, ob nicht doch was patentrechtlich geschütztes darin enthalten war. Julius gönnte es ihr und sah sich noch das fünfte Buch an, das alle Wahrnehmungs- und Geistesveränderungstränke enthielt. So war der Wechselzungentrank ebenso als eine Rezeptur aufgeführt wie Bicranius Beaumonts Mixtur der mannigfachen Merkfähigkeit und andere Gedächtnis- oder Gedankenbeweglichkeitstränke. Allerdings gab es auch ein Kapitel über Liebestränke. Ihm fiel auf, daß sämtliche Bücher auf Französisch verfaßt waren.
"Die dir das geschenkt haben trauen dir aber eine Menge Selbstbeherrschung zu", meinte Gloria. "Mit dem Buch über die ganzen Mental- und Wahrnehmungstränke könntest du Beauxbatons auf den Kopf stellen."
"Stimmt, Professeur Fixus und Madame Rossignol könnten dir verbieten, diese Bücher zu haben", erwiderte Millie darauf. "Die Hinweise auf den Deckeln sagen schon, daß nur Schülern über der ZAG-Reife und bereits bewanderten Brauern diese Bücher in die Hände gegeben werden dürfen."
"Damit hast du das UTZ-O wohl schon sicher", bemerkte Gloria mit einer gewissen Unzufriedenheit, weil sie nicht so ein ausgiebiges und dazu nach Fachgebieten sortiertes Nachschlagewerk für Zaubertränke hatte. Doch ihr kam die rettende Idee. "Darf ich mir die französischen Titel abschreiben, Julius? Womöglich gibt es die alle auch auf Englisch." Julius nickte und zückte seine Flotte-Schreibe-Feder. Er diktierte die französischen Titel, die säuberlich auf einer kurzen Liste untereinander notiert wurden. Dann meinte Millie, daß die Titel bestimmt auch auf der Rolle standen. Julius nahm diese, zog den Haltering ab und entrollte sie. Es war tatsächlich eine vollständige Inventarliste aller in diesem Staufach der Truhe enthaltenen Bücher und Hilfsmittel. Bei den Buchtiteln standen sowohl die französischen wie auch englischen und anderssprachigen Titel.
"Noch besser, dann kann ich mir die englischen gleich richtig abschreiben", sagte Gloria. Doch Julius nahm ihr die Arbeit ab, indem er seine Selbstschreibefeder noch einmal auf einen Pergamentzettel setzte und die englischen Buchtitel untereinandersetzen ließ.
"Das darfst du Pina und den Zwillingen, natürlich auch Kevin mitteilen", sagte Julius. "Wenn Slughorn weiter Zaubertränke gibt wird der euch womöglich dafür lieben."
"Neh, danke, der ist mir zu alt und zu dick", knurrte Gloria. Millie fragte sie, was sie gegen gewichtige Menschen habe. "Die sind zu breit und zu schwer für anständige Bewegungen."
"Lass das bloß nicht meine Oma Line hören. Die würde dich auslachen, Gloria", erwiderte Millie. Julius fügte hinzu, daß Madame Delamontagne sicher auch was anderes erzählen würde, wo er wußte, daß sie trotz ihrer unübersehbaren Leibesfülle noch Ballettübungen und eine Hexenabwandlung von Erobic betrieb. Zumindest hatte Virginie ihm das mal erzählt.
"Mag ja alles sein, Leute, aber mir steht eher was nach schlanken, nicht zu dünnen Leuten, vor allem bei Männern und Jungen", bestand Gloria auf ihrer Meinung. Julius deutete auf das Buch mit den Heiltränken, wo auch die beiden Abspecktränke aufgeführt waren. Millie überflog derweil die auf englisch und Französisch nebeneinander abgefaßte Liste.
"Du hast einen Satz Kessel der Normgrößen eins bis sieben bekommen. Wer immer meinte, dein eh schon großes Interesse an Zaubertränken bedienen zu müssen wollte dir die volle Ladung geben", sagte Millie. Julius prüfte die Kessel, bei denen auch die Größe der in Beauxbatons benutzten Kessel enthalten war. Ihm viel auf, daß die Kessel von Norm zu Norm um ein Drittel weniger Fassungsvermögen hatten. Ihm dämmerte, daß er sich mit den Normgrößen nie so recht beschäftigt hatte, da die Schulbücher immer von Normgröße zwei ausgingen. Millie rollte die mindestens einen Meter lange und dreißig Zentimeter breite Rolle wieder zusammen und steckte sie in den goldenen Haltering zurück.
"Ich würde gerne wissen, wer sich da alles dran beteiligt hat", wisperte Julius, während Gloria das Buch "Gebräue der Schönheit", wie der englische Titel lautete, zu ihrer Mutter brachte, um sie auf unrechtmäßig darin verwendete Patente ihrer oder anderern Kosmetikbetriebe zu prüfen. Da Julius die Bücher sowieso in der fast immer mitgeführten Centinimus-Bibliothek unterbrachte, konnte er die Truhe schließen. Er drehte den goldenen Schlüssel um und rüttelte am Deckel. Dieser klappte auf und offenbarte einen neuen Innenraum, in dem was lag.
"Holla", machte Millie, als sie die diversen kleinen und großen Utensilien sah. Julius staunte auch nicht schlecht. Einige davon kannte er aus Melanies Laden, Sektion Masculinus, wo alle für Männer praktischen Pflegeprodukte angeboten wurden. Millie zeigte auf einige Gegenstände und meinte:
"Spielzeug für große Mädchen und Jungs, die gerne mal neue Sachen ausprobieren wollen." Da kam Gloria wieder und bekam große Augen. Millie deutete auf den gerade bereitliegenden Inhalt und stellte ihr grinsend die einzelnen Sachen vor, zu denen auch zwanzig kleine blaue Flaschen gehörten. Dabei waren noch drei Bücher: "Ein Haus voller Leben" von Ursuline Latierre, "Miracula Matrimoniae", für das gleich drei Verfasserinnen und zwei Verfasser verantwortlich waren und "De Amore Callidissimo". Gloria rutschte die Kinnlade immer weiter nach unten.
"Für ein erfülltes, abwechslungsreiches und in der seelischen wie körperlichen Hinsicht fruchtbares Eheglück für mindestens hundert Jahre", las Julius den Klappentext des Bandes über die Wunder der Ehe. Das andere Buch kannte erschon, vielleicht zu gut. Andererseits hatte er damals mit einer hinterhältig verhexten Ausgabe zu tun gehabt. Doch der Verfasser war und blieb Orion Lesauvage, einer der Gründungsväter von Beauxbatons und erster Leiter des roten Saales, damals für den Unterricht Magizoologie zuständig, wie Julius wußte. Dann fand er eine weitere Pergamentrolle, die in einem korallenroten Haltering stecte und in Rubinroter Tinte verhieß: "Für ein Leben voller Lust und Liebe".
"Kann das echt sein, daß dir die würdige alte Dame, die du im letzten Sommer getroffen hast, sowas schenkt?" Fragte Gloria etwas verbittert. "Deiner Schwiegeroma Ursuline würde ich sowas eher zutrauen."
"Die würde Babyspielsachen und Säuglingspflegesachen verschenken, Gloria", erwiderte Millie darauf schmunzelnd. Julius fiel unter den kleinen Schachteln und Kästchen mit dem Zubehör für abwechslungsreiche Zweierspiele auch eine flache Schachtel auf, die so gekennzeichnet war, wie das von seiner Schwiegertante Béatrice ausgeliehene Hilfsmittel für magisch bewirkte Liebesspiele über größere Entfernungen hinweg. Da Gloria so verdrossen auf die Ansammlung der Sachen blickte, verzichtete er darauf, ihr zu verraten, was seiner Meinung nach in dieser flachen Schachtel sein mochte.
"mach diesen Raum schnell wieder zu, bevor Mum oder Dad das sehen", zischte Gloria. "Meine Eltern sind nicht so freizügig wie deine, Millie."
"Ob meine Mum das sehen muß weiß ich auch nicht", erwiderte Julius, stellte nur die drei Bücher in seinen gerade aufgeblasenen Bücherschrank ein und klappte den Truhendeckel zu. Er schloß das silberne Schloß ab und rüttelte wieder am Deckel, der eine Sekunde später aufklappte und einen sortierten Büchervorrat preisgab. Die in einem saphirblauen Ring steckende Inventarrolle verkündete: "Für das Wissen und die Phantasie". Julius fand Zaubererweltromane für Jungen und Mädchen ebenso, wie weiterführende Fachbücher über Zauberkunst, Zaubereigeschichte, Tierwesenkunde, Zauberwesenkunde und das von Melanie erwähnte Buch über die Diskussion, ob ein magischer Mensch neben einer ihm genehmen Tiergestalt auch eine Art gegenständlichen Charakter besaß, der ihn zur einfachereren Selbstverwandlung in einen toten Gegenstand befähigte.
"Drei Schleiereulen haben diese ganze Ladung tragen können", staunte Julius noch einmal. Doch ihm war klar, daß durch die Magie, die verschiedene Stauräume erzeugte, auch die Schwere und die Massenträgheit manipuliert worden waren. Er drehte den Messingschlüssel wieder um, als er kurz überflogen hatte, was er noch alles an Büchern hatte. Millie sah Gloria und Julius an und meinte:
"Die auch immer dir das alles zusammengepackt haben haben sich in Unkosten gestürzt."
"Arm sind die erwähnten Damen und Herren wohl auch nicht", erwiderte Gloria. "Aber warum alles auf Französisch?"
"Vielleicht, weil ich wohl nach den UTZ-Prüfungen irgendwo da in der Gegend leben könnte", vermutete Julius. Millie nickte. Dann öffnete er die Truhe wieder und fand mehrere Flöten, kleine Trommeln und ein Xylophon über drei Oktaven mit zwei harten und zwei weichen Schlegeln. "Für ein klingendes Leben", las Julius die aus einem weißen Holzring gezogene Rolle.
"Das haben die also auch nicht vergessen, wie wir damals Musik gemacht haben. Pina könnte denen das auch noch mal erzählt haben", sagte Julius, während Millie das Xylophon ausprobierte.
"Bei diesem Ding hätte ich mich nicht gewundert, wenn die dir sogar ein Klavier da reingesetzt hätten", sagte Gloria. Julius begutachtete derweil die kleine Kiste in der linken hinteren Ecke des Musikfaches. Als er diese öffnete, fand er neben vier Notenbüchern klassischer und populärer Stücke einen erweiterten Melodigraphen, der einmal als fehlerfrei empfundene Tonfolgen als Noten abschreiben konnte und ... ein Winzkästchen, das tatsächlich ein Klavier, Cembalo oder Spinett für eine gerade einen Zentimeter große Puppe sein konnte, bis er die beiden Zeichen C und = entdeckte.
"Wußte nicht, daß man schon Musikinstrumente mit der Centinimus-Technik einschrumpfen kann", sagte er und holte das Mikroklavier oder was es war hervor.
"Ach du Riesending", meinte Millie. "Das ist das Transportpatent von Opa Roland. Der hat damals Oma Lines weißen Flügel mit diversen Zaubern belegt, damit er immer richtig gestimmt bleibt, Wetter und Feuer aushält und sich auf Zuruf einschrumpfen oder auf Spielgröße aufquellen läßt. Stell das kleine Ding mal da in die Ecke, wo noch genug Platz ist, Julius!" Julius tat es. Dann rief Millie "Sonabilis!" Unvermittelt blähte sich das erst winzige Instrument auf und wuchs innerhalb von nur zwei Sekunden auf die Größe eines Klavieres an. Dann erzitterte das ebenholzschwarze Instrument und klappte sich selbst auf.
"Das ist was für Mum", sagte Julius. "Da kann die ihre Klavierstunden wieder in Erinnerung holen." Es klopfte an die Tür, als Julius versuchsweise drei Tasten anschlug. Mrs. Porter kam nicht durch, weil das auf Verwendungsgröße gewachsene Musikinstrument die Tür blockierte. Julius drückte noch einmal zwei Tasten und ließ die Töne verhallen. Millie trat an das magische Klavier heran und schlug drei Akorde an. "Klingt schön, sagte sie. Ich kann darauf spielen. Oma Line hat es tine und mir beigebracht."
"Hallo, warum ist die Tür blockiert, und wo habt ihr so unvermittelt ein schön klingendes Piano Forte her?" Fragte Mrs. Porter durch die geschlossene Tür.
"Das können Sie sich gleich angucken, Mrs. Porter. Das war in dem Paket der drei Eulen drin", erwiderte Julius. Dann nickte er Millie zu, wobei er auf das Klavier deutete und dabei eine Abwärtsbewegung machte, womit er andeuten wollte, es wieder zusammenzuschrumpfen.
"Transportabilis!" Rief Millie. Das Instrument reagierte auf diesen Zuruf, in dem es erst lautlos den Deckel schloß und dann in zwei Sekunden auf seine Winzlingsgröße schrumpfte. Nun ging die Tür mühelos auf. Mrs. Porter sah die noch offene Truhe und konnte sich das von Julius nun ganz leicht in der Hand gehaltene Klavier ansehen. Millie erklärte, daß ihr verstorbener Großvater Roland vor zwanzig Jahren ein Patent auf den Transport großer Musikinstrumente bekommen hatte, weil dabei ja nicht nur die Größe zu bedenken war, sondern die Haltbarkeit und die Spielbarkeit nach der Rückvergrößerung. Denn Saiteninstrumente ließen sich nicht ohne Verstimmung zusammenschrumpfen und wiedervergrößern. Erst als Roland Latierre geborener Didier einen mit dem Größenpendelzauber zusammenwirkenden Stimmzauber gefunden hatte, ließ sich ein ganzes Symphonieorchester in einer Handtasche unterbringen. Ventillose Blasinstrumente konnten auch so zusammengeschrumpft werden, während Trompeten und ähnliche Blechinstrumente mit einer Abwandlung des Stimmzaubers belegt werden mußten, um auf Winzgröße zusammengestaucht zu werden.
"Wer hat dir ein ganzes Klavier in diese Truhe da reingepackt?" Fragte Mrs. Porter und schloß die Tür. "Achso, dein neues Buch hier. Ich habe die Rezepturen geprüft. Keine von mir dabei, nur die Standardpflegesachen wie Haardichte, Nagelfestigung und hauterholung. Kannst du alles auch bei mir kriegen", sagte Glorias Mutter und gab Julius das Buch, das er in dem Bücherschrank unterbrachte. Dann legte er das verkleinerte Klavier in die kleine Kiste zurück und schloß den Deckel der Truhe. Dann drehte er den Bronzeschlüssel um und wartete.
"Das ist der perfekte Umzugskarton", sagte Julius. "Jeder Möbelpacker bekäme Schreikrämpfe, wenn sowas in der magielosen Welt angeboten würde, weil der dann nämlich seinen Job los wäre."
"Das sind diese Lastenträger im Bezug zu uns auch so schon", meinte Mrs. Porter und betrachtete die klobig wirkende Truhe. Julius öffnete den Deckel und legte damit ein umfangreiches Geschirr- und Besteckangebot frei, dessen Inventarrolle "Für Speis und Trank" verhieß. Allerdings gab es nur zwei silberne Tafelmesser. Alles andere war aus glänzendem Chromstahl. Die Teller waren Porzellan, wenn auch nicht übermäßig edel.
"Wäre wohl auch eine Spur dekadent gewesen, wenn die euch goldene Löffel und Edelporzellan eingepackt hätte", meinte Gloria. "Aber die Kristallkelche sehen hübsch aus."
"Wer hat dir oder euch beiden sowas geschickt, Julius?" Fragte Mrs. Porter. "Alleine eine Vielraumtruhe mit sieben gleichgroßen Stauräumen ist nicht unter fünfhundert Galleonen zu kriegen. Wenn die dann noch einen Besitzerfolgezauber enthält mindestens nicht unter siebenhundert."
"Ich kann Ihnen wegen wirkendem Fidelius-Zauber nicht verraten, wer das genau ist, Mrs. Porter. Ich kann nur sagen, daß die Person und deren Familienangehörigen und Freunde wohl locker so viel zusammenkriegen konnten und Millie und mir dieses Wundermöbel zugeschickt haben, weil sie uns dafür danken und ehren wollen, weil Millie und ich ihnen im letzten Sommer gegen ein Überfallkommando Todesser geholfen haben." Gloria nickte und ergänzte, daß sie ihrer Mutter doch von dem Ausflug zu Pinas Versteck und dem, was diese ihr erzählt hatte berichtet habe. Mrs. Porter nickte.
"Die solltest du aber nicht mit nach Beauxbatons nehmen, Julius. Nichts zerstört Freundschaften so leicht wie Neid", seufzte Mrs. Porter. Julius nickte. Millie nickte auch.
"Die kommt solange bei meiner Mutter in die Wohnung", bemerkte Julius und klappte den Truhendeckel wieder zu, um mit dem Kupferschlüssel abzuschließen. Ab da kam nur noch ein leeres Fach vor dem letzten, bis im letzten durch einen Schlüssel zu schließenden fach ein Brief lag, der auf Englisch verfaßt war. Er las laut vor: "Hallo Mildrid und Julius, zu deinem sechzehnten Geburtstag, Julius, der zugleich ja auch euer erstmals wiederkehrender Hochzeitstag ist, Mildrid und Julius, überreichen wir, die durch eure Hilfe den feigen Angriff der Todesser überlebenden vom ersten August 1997, diese Vielraumtruhe, die ihr mit allem Hausrat und Reisezubehör füllen mögt, das ihr in den Ferien oder bei einem Umzug mitzuführen wünscht. Fünf Fächer haben wir bereits mit dem angefüllt, was euch Hilfe und Freude im Leben sein mag. Wenn ihr alle Schlüssel umdreht wird sich das Fach mit den wichtigsten Dingen, denen für Gesundheit und Lebenskraft alleine öffnen. Ansonsten kann bei jedem gedrehten Schlüssel ein anderes Fach mit eigener Hand geöffnet werden. Sind alle Schlösser verschlossen, verriegelt sich der Deckel siebenfach und ist weder durch körperliche Gewalt noch Zauberkraft zu öffnen. Die Truhe ist mit dem Durolignumelixier imprägniert, welches ihr Holz zwölfmal so stabil macht wie sonst und erhielt eine Feuerschutz und Wasserabstoßungslackierung. Wollt ihr sie transportieren, so stimme einer von euch sich mit Handauflegen auf den Mittelpunkt des von den Runen für Bewegung gebildeten Kreises und berühre die Truhe mit dem Zauberstab. Eine Viertelminute wird ein leichtes Zittern und eine merkliche Erwärmung durch die Truhe gehen. Das ist die korrekte Reaktion. Danach wird die Truhe auf Zuruf dessen hinterherfliegen, welcher oder welche die Abstimmung vornahm. Wir, die Überlebenden der Todesser und deren durch Euch ermöglichte Nachkommenschaft, grüßen und beglückwünschen euch und legen alle Hoffnungen für ein langes, gesundes, erfülltes Leben mit diesem Brief in dieses Möbelstück."
"Ähm, weiß Grandchapeau das mit dieser Party bei Pinas Onkel Ryan?" Fragte Gloria. Julius schüttelte den Kopf. "Dann solltet ihr behauptten, daß mehrere Leute, die von eurer Hochzeit gehört haben und entsprechend Geld besitzen, sich zusammengetan haben, um euch einen kleinen Hausstand zu schenken." Ihre Mutter nickte. Julius überlegte und nickte auch. Millie deutete dann auf die erwähnten Runen. Julius sollte sich also mit der Truhe "anfreunden". Er nahm seinen Zauberstab, den er in den Ferien eigentlich nicht benutzen durfte, legte seine linke Hand in den Kreis und berührte die Truhe an der Rune für Verbindung. Deshalb also hatte Millie ihn vorgeschickt, weil er die Runen klar erkennen konnte. Tatsächlich erbebte die Vielraumtruhe, so das ein leises Brummen wie von einem mittelgroßen Transformator zu hören war. Julius hielt die Hand an das Holz gepreßt. Als dann das Vibrieren und Brummen so schlagartig erstarb, wie es erklungen war, nahm er die Hand wieder weg.
"Kann die auch hinter einem Rennbesen herfliegen?" Fragte Julius.
"Meine selige Schwiegermutter hatte so ein Möbel auch. Sie hat es Plinius vererbt. Er sagt, wenn sie einmal zum Verfolgen aufgerufen wurde, folgt sie einem in zehn Schritt abstand und kann sogar einem durchschnittlichen Besen folgen. Allerdings saugt der Bewegungszauber Kraft aus anderen magischen Fluggeräten, wodurch die Etappenlänge erheblich verkürzt würde. Aber damit habt ihr jetzt ein Problem. Die Truhe ist bereits so mit Magie erfüllt, daß sie sich nicht mehr einschrumpfen läßt. Die könnt ihr damit nicht durch das Flohnetz tragen. Abgesehen davon dürftet ihr egal was drin ist mal eben zwanzig Galleonen Zoll bezahlen, falls die Grenzer nicht auf die Idee kommen, den kompletten Inhalt zu prüfen und eine vollständige Endsumme zu bestimmen, die nach Inhalt sogar wesentlich höher ist. Die Flohnetzgrenzer kennen die Vielraumtruhen."
"Fährt der fahrende Ritter nicht auch bis Frankreich?" Fragte Julius.
"Nur bis zu den Küstenstädten. Die Abkommen für magisches Transportwesen verbieten, daß öffentliche Überlandtransporte im Landesinneren anderer Länder herumkreuzen", sagte Mrs. Porter. Da kamen noch die Redlief-Schwestern.
"Mom und Dad sind noch mal los, weil sie ein Konzert in der Royal Albert Hall hören möchten, Tante Di. Hui, habt ihr jetzt auch so'ne Wundertruhe wie Oma Jane eine hatte?" Erkundigte sich Melanie.
"Wir haben offenbar heimliche und begüterte Verehrer", meinte Julius dazu nur. Melanie wollte dann wissen, ob die Truhe ganz leer war oder ob diese Verehrer bereits was hineingepackt hatten. Julius zählte auf, daß ein paar Musikinstrumente, Bücher, Besteck und Geschirr bereits vorhanden waren. Von den Liebesspielsachen sagte er besser nichts.
"Dann tue ich euch noch ein wenig Sachen für ihn und sie einpacken", sagte Mrs. Porter großzügig.
"Wie sieht das eigentlich mit Edelmetallen wie Gold und Silber aus?" Fragte Julius Melanie.
"Kein Thema. Die Zauber sind so miteinander verflochten, daß Edelmetalle nichts ausmachen. Die Truhe ist groß genug, um die Stabilität in der Materie für mehr als fünfzig Jahre zu sichern. Der magieabfluß durch Edelmetalle findet nicht statt. Oma Jane hat ein halbes Gringottsverlies Galleonen im letzten Fach gehabt", ergänzte sie noch.
"Habt ihr da auch ein Klavier drin?" Fragte Myrna. "Ich habe doch vorhin sowas gehört."
"Eins mit patentierter Transportbezauberung", stellte Millie klar und warf sich in die Brust. "Mein Großvater Roland hat das rausgefunden, wie man kompliziertere Musikinstrumente verkleinern kann, ohne ihre Abstimmung zu verderben."
"Kann einer von euch zweien Klavier?" Fragte Melanie. Millie nickte bejahend.
"Am besten rufst du deine Mutter noch mal über dieses Handtelefon an und fragst sie, ob euch wer mit einem Transportfahrzeug oder Fluggerät von Calais aus abholen kann!" Regte Mrs. Porter an. Millie grinste und holte ihren Pappostillon heraus, jenes kleine Bild eines bunten Schmetterlings, der mit gleichartigen Bildern innerhalb der weiten Latierrefamilie in Verbindung stand. Julius nickte ihr zu. Sie diktierte:
"An Albericus Latierre! Betreff: Kannst du uns morgen abholen? Text: Hallo Pa! Julius und ich haben eine große Vielraumtruhe zum Hochzeitstag bekommen. Sie ist ein Geschenk der Leute, die Julius letztes Jahr vor der Mörderbande gerettet hat. Ihr erinnert euch ja noch an diese Party, zu der Königin Blanche ihn hinschickte. Deshalb können wir nicht über das Flohnetz reinkommen. Die Engländer würden wegen der Truhe mindestens dreißig Galleonen von uns haben wollen. Kannst du uns alle, die mit nach Millemerveilles wollen, morgen in Calais abholen? Schicke mir bitte heute noch die Antwort, ob das geht und wann! Danke! Nachricht ende!"
Mit einem fröhlichen Fanfarenklang flog der Nachrichtenschmetterling nach links hinten aus dem liegenden Bild. Julius stellte rasch fest, daß dort Südosten war.
"So, jetzt müssen wir warten. Ist wie bei E-Mails. Ankommen tun die zwar in einer Sekunde. Aber wann der Empfänger sie aufmacht und liest ist nicht sicher", sagte Julius. Die Redliefs und Porters starrten nun auf das weiße Stück leere Leinwand.
"Da habt ihr echt was geniales. Wie weit reicht die Verbindung?" Wollte Melanie wissen. Gloria guckte sie bedauernd an und fragte, wie weit die Bilderverbindung zweier motivgleicher Gemälde reichte. Melanie grummelte: "Verstehe!" Julius erwähnte noch, daß er in Beauxbatons ein magisches Gemälde von Aurora Dawn habe, das mit einem Gegenstück in Sydney verbunden sei. Das imponierte Melanie. Gloria lächelte tiefgründig. Sie wußte natürlich, daß dieses Gemälde nicht nur mit Sydney verbunden war. Ihr Leben verdankte sie nicht zu letzt dieser Bilderverbindung.
""Dann könnt ihr eure Reisetaschen eigentlich auch in die Truhe packen, Millie und Julius", erwähnte Mrs. Porter. Die beiden jungen Eheleute nickten heftig. Darauf waren sie nicht gekommen. So legten sie nur die Sachen bereit, die sie morgen anziehen wollten, ein himmelblaues Seidenkleid und Julius' himmelblauer Festumhang mit sonnengelbem Kragen und Ärmelsäumen.
Mrs. Porter wollte gerade Millie auffordern, nun in Glorias Zimmer zurückzukehren, da sie zeitig zu Bett gehen wollten, da trötete der Pappostillon und brachte eine Nachricht. Aus dem sich entrollenden Schmetterlingsrüssel quoll der für alle lesbare Text:
An Mildrid
Betrifft: Antwort auf "Kannst du uns morgen abholen"Hallo Millie und Julius!
Schön, daß ihr auch so darauf kommt, daß ich euch abholen kommen kann.
Martha hat deiner Ma und mir erzählt, daß Belisama auch eingeladen wurde.
Das trifft sich gut, weil ich sie dann gleich mit abholen kann.
Kommt morgen gegen elf alle zum Hafen von Calais!
Ich nehme Ma und Tine mit.
Julius möchte eine von den beiden anmentiloquieren wenn ihr da seid.
Ich wünsche euch noch eine gute Nacht!Albericus Latierre
"Okay, Gloria, Mel und Myrna können dann mit euch mit. Plinius und ich spendieren die Flohnetzpassage für die Rückkehr", legte Mrs. Porter fest. Gloria schlug vor, die Hollingsworths und Kevin noch anzuschreiben, daß sie vielleicht mitfahren konnten. Ihre Mutter erlaubte ihr, die beiden entsprechenden Briefe zu verschicken. Dann bereiteten sich alle Bewohner des Hauses der Porters auf die Nacht vor. Morgen begann hoffentlich eine schönere Zeit, nachdem zwei gefährliche Todesser ihre Strafe erhalten hatten.
In seinem Bett liegend drückte Julius seine Hälfte des Herzanhängers an die Stirn und dachte an Millie. Diese reagierte. In diesem Haus galt keine Mentiloquismusblockade, so daß Millie selbst ihre Hälfte des Partnerschmucks nicht an die Stirn drücken mußte.
"Die Truhe bleibt besser in Paris. Du nimmst nur die Schlüssel und die Bücher mit", dachte Millie ihm zu, als Julius sie noch mal fragte, was sie mit dem ganzen Zeug anfangen sollten. Er erwähnte dann noch, daß er jene hilfreiche Unterkleidung für entfernungsunabhängige Zweisamkeit vermutete.
"Bringt nur leider nix, weil Madame Rossignol unsere Gefühle und Körperzustände mitkriegt", schickte Millie zurück. Julius mußte bestätigen, daß das wohl stimmte. So sollten die Sachen dann von den Büchern abgesehen in Paris bleiben.
"Dann bis morgen früh!" Wünschte Julius seiner Frau.
"Dann bis morgen früh!" Wünschte Millie ihm über die Entfernung zwischen ihrem und seinem Bett zurück. Danach legte sich Julius zum schlafen zurecht.