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Julius Andrews - Auf seinem Weg in die Zaubererwelt von Thorsten Oberbossel

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"Vorgestern hätte ich Geburtstag feiern können und heute noch mal", sagte Julius seiner Frau, als sie am Morgen des dritten Augustes erwachten.

"Wegen dieser Hallitti, Julius?" Fragte Millie. Julius bestätigte das. Drei Jahre war das nun her. Er war froh, daß seitdem so viele andere wichtige Dinge passiert waren. Sicher, Claires körperlicher Tod hätte auch nicht passieren dürfen. Doch sie hatte sich für ihn aufgeopfert und wachte nun über ihre Familie und ihn. Es gab jedoch noch zwei wache Abgrundstöchter, die in der Welt herumspukten und die vielleicht die Vernichtung ihrer Schwester rächen mochten. Was sagten die Klingonen? "Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird." Diese Wesen hattten Zeit. Doch was dachte er da? Er lag neben einer starken, auch attraktiven und keinesfalls dummen Hexe im Bett. Mancher Mann mit oder ohne Magie würde ihn um diese Frau und Hexe beneiden. Sie war der Sinn seines Lebens und würde hoffentlich im kommenden Schuljahr auch die Mutter seines ersten Kindes sein.

"Ob Gérard schon genug von Sandrine hat?" Fragte Millie.

"Du meinst, weil sie schnarchen könnte?" Fragte Julius ein wenig gemein.

"Wenn sie die beiden letzten Nächte überhaupt mal eingeschlafen sind, Monju", grinste Millie. Julius fragte zurück:

"Hmm, hat Hera den beiden die blaue Verhütungslösung mitgegeben? Kann mich nicht dran erinnern."

"Du machst Witze, Monju. Hera würde doch nicht von sich aus etwas weitergeben, was ihr neue Aufträge vermasselt. Die beiden sind verheiratet, volljährig und sicher auch schon sehr gut miteinander vertraut. Ich kann mir sogar denken, daß Sandrine es echt darauf anlegt. Aber das müssen die beiden dann klarbekommen."

"Nicht nur, Millie. Stell dir vor, Aurore und/oder Taurus sind jetzt irgendwo da drin", wobei er Millie sanft über den Bauch streichelte, "und Sandrine bekäme es im Honigmond hin, für die nächsten neun bis zehn Monde auch wen neues mitzuverköstigen, haben wir in der Pflegehelfertruppe zwei werdende Mütter und bei den Saalsprechern vier Eheleute, die dann wohl in Ehegattenzimmern schlafen dürfen. Das wäre was für die Logistik, vor allem, weil Gérard und ich aus demselben Saal kommen."

"Huch, hast du dir Blanche Faucons Oder Madame Rossignols Kopf aufgesetzt?" Fragte Millie schnippisch. "Das müssen die beiden klären, wie es dann weitergeht. Aber ob ich gleich beim ersten Wurf Zwillinge ausliefern möchte muß ich mir noch überlegen. Aber wenn du wirklich so Gründlich beim Regenbogenvogel bestellt hast, dann kriegen wir auch zwei oder drei hin. Wäre dann auch lustig für die Zeit nach Beaux und das Haus nicht so leer."

"Britt weiß nicht, ob sie bis zum Finale bleiben kann, weil der Prozeß von der Gildfork in den nächsten Tagen über die Bühne gehen soll. Dann wären nur noch Gloria und Pina bei uns."

"Falls Martha nicht noch ein paar Nächte bei uns schlafen möchte", sagte Millie. Julius sagte darauf nichts. Seine Mutter war am Mittag des zweiten Augustes wieder nach Paris zurückgekehrt. Doch es war angeklungen, daß Catherine mit ihrer Familie zum Halbfinalspiel Frankreichs und dem Finalspiel kommen wollte. Sie hatten noch zwei Gästezimmer frei, die in den nächsten Jahren als Kinderzimmer genutzt werden mochten.

"Ich glaube, wir sollten langsam mal aufstehen", sagte Millie. "Ich darf nachher wieder zu den kreischenden Brujitas aus Südamerika, um zu klären, ob G 6 mittlerweile nicht doch bei einer gelandet ist."

"Brujitas?" Fragte Julius seine Frau.

"Bruja ist Spanisch für Hexe, das Anhängsel -ito oder -ita macht wie -chen oder -lein alles klein."

"Stimmt, irgendwie hat mein Vater das mal erwähnt, daß eine Chiquita ein kleines Mädchen ist und eine Chiquitita ein klitzekleines Mädchen. Da gab's ein Lied von der schwedischen Gruppe ABBA, das so hieß. War aber nie so meine Musik. Eine Grundschulkameradin ließ die aber neben Mozart und Beethoven in ihrem CD-Regal gelten."

"Da hast du es, Julius", grinste Millie. Dann setzte sie sich auf und verließ das Bett. "Wie gesagt, muß nachher wieder die Kreischmädchenbändigerin spielen."

"Hast du nie wen so verehrt, daß du dem deine ganze Lust entgegengeschrien hast, ich meine einen Musiker, Sportler oder Zauberkünstler?" Fragte Julius.

"In dem Alter, in dem die sind war ich schon verheiratet, Monju", lachte Millie. Julius mußte auch lachen.

Während des Frühstücks trudelten die Ausgaben des Tagespropheten, des französischen Zauberspiegels und der US-amerikanischen Stimme des Westwindes so wie des Kristallheroldes ein. Im Miroir Magique fand sich ein langes Interview mit Maurice Dujardin, der beim Nächsten Spiel wieder durch Janine Dupont vertreten werden würde, sowie ein langer Artikel über die bisher vorgeführten Rennbesen. Außerdem hatte jemand den Chef der Buslinie Blauer Vogel interviewt und dessen Vorführbus besichtigt. Außer, daß der Bus einen Transitionsturbo zur Ausführung von Raumsprüngen besaß, konnte der Fahrer während der Fahrt kaputte Reifen wechseln, einen Raumachsenverkürzungszauber anwenden, um zwischen massiven Felsen oder in niedrigen Höhlen hindurchfahren zu können und verfügte über ein Wasserklosett auf jedem der drei Decks. Zudem waren zu den üblichen Muggeldesinteressierungszaubern noch Selbstreinigungszauber für Unterwegs, sowie ein Bodenhaftungsmechanismus beim Parken an Steilhängen installiert. Offenbar war Bluecastle nach Frankreich gekommen, um dem europäischen Markt solche Busse anzubieten. Also mußten die schon länger als zwanzig Jahre in den Staaten im Gebrauch sein, erkannte Julius. Allerdings gab es auf den britischen Inseln den Fahrenden Ritter und in Frankreich einen magischen Zeppelin, der Passagiere über weite Strecken befördern konnte.

"Kimmkorn wagt sich wieder ganz weit vor", stellte Gloria fest, die gerade den Tagespropheten las. "Sie will erfahren haben, daß im Schatten der Weltmeisterschaft eine Geheimkonferenz der Zaubereiminister stattgefunden haben soll, um das Problem mit einer Vampirvereinigung namens Nocturnia zu beraten und gemeinsame Aktionen abzustimmen." Julius nickte nur. Das konnte tatsächlich passiert sein. Wo so viele Minister in Millemerveilles waren konnte da leicht eine solche Konferenz stattgefunden haben. Nur war es dann ein starkes Stück, die auffliegen zu lassen. Sicher, öffentliche Konferenzen unterbanden Spekulationen. Aber manchmal sollte auch geheim bleiben, was als geheim angesetzt worden war.

"Was schreibt sie denn, wie die Konferenz abgelaufen sein soll?" Fragte Julius leicht verdrossen. Gloria gab ihm ihre Zeitung zu lesen. Er brauchte jedoch eine Minute, bis er durch das Gewimmel von klangvollen Namen den Kern des Artikels fand. Rita Kimmkorn wollte aus "gut unterrichteter Quelle" erfahren haben, daß die europäischen und einige amerikanische Zaubereiminister sich über Kleinstädte und Dörfer unterhalten haben wollten, die vom Vampirismus befallen worden waren, ohne daß entsprechende Überträger geortet werden konnten. Rita schrieb in ihrer sensationslüsternen Weise von "Aufspürgeräten, um die menschenfeindlichen Blutsauger zu orten", ließ sich aber nicht darüber aus, wie diese Geräte funktionierten. Sie erwähnte nur, daß die Anführerin von Nocturnia offenbar einen Weg gefunden hatte, diese Spürgeräte zu überlisten und damit wertlos zu machen. Am Ende stand da noch: "Somit muß wohl als gesichert angenommen werden, was vorher nur ein wildes Gerücht war, daß es trotz der von US-Zaubereiminister Cartridge beteuerten Vernichtung der Anführerin Lady Nyx noch genug Vampire gibt, die dieses Weltreich Nocturnia unbedingt errichten wollen und genug von Nyx geerbt oder erlernt haben, um dieses grauenvolle Vorhaben in die Tat zu setzen. Seien wir auf der Hut! Erinnern wir uns an die Abwehrzauber gegen Vampire und essen viel Knoblauch! Wer kann sollte sich ein Boot oder Schiff suchen, um damit in der Mitte breiter Flüsse zu wohnen."

"Super, hat die mal eben hunderttausend Wichtel aufs Dach gescheucht", knurrte Julius und reichte seiner Frau die Zeitung weiter, während Brittany gerade mit dem Westwind beschäftigt war. "Mrs. Cartridge wird am siebten August ihr Baby kriegen, also zwei Wochen nach dem vor sechs Monaten errechneten Termin", sagte sie. "Eine Kollegin Linos hat das jetzt als öffentliche Verlautbarung von Cartridges Hebamme."

"Ach, dann hat sich das Gerücht schon mal nicht bestätigt", feixte Julius. Rita Kimmkorn hatte ja auch behauptet, daß Godiva Cartridge ihre Schwangerschaft nur vorgetäuscht habe. Linus Brocklehurst antwortete darauf:

"Lino kann doch hören, ob da ein echtes oder nachgemachtes Herz schlägt." Gloria hatte derweil den Kristallherold in den Händen.

"Die haben es hier auch von einer Stadt namens Daisytown. Dort soll es wirklich zu einer Massenausbreitung von Vampirismus gekommen sein. Die haben es auch nur mitbekommen, weil einer aus der Inobskuratorentruppe von Cartridge geplaudert hat", faßte sie das gerade gelesene zusammen.

"Wie soll denn das gegangen sein, wo die bei uns diese Vampirsuchgeräte haben?" Fragte Linus erschüttert. Gloria erwähnte, daß wohl ein Gift im Umlauf sei, daß aus Menschen ohne den Biß eines Vampirs teilweise oder vollwertige Vampire machen könne.

"Ich stelle mir das gerade vor, die bringen das nach VDS oder kippen es in die Trinkwasserversorgung von New York oder Los Angeles", seufzte Linus.

"Ruf bloß keinen großen Drachen, Linus!" Erschauerte Brittany. Julius konnte ihr da nur beipflichten.

"Steht noch etwas über die Weltmeisterschaft im Miroir, Julius?" Fragte Millie und nahm zur Antwort die tagesfrische Ausgabe zur Hand.

"Das Belgien die Runde der letzten acht erreicht hat und die Schweiz sich gegen Finnland durchgesetzt hat", meinte Julius dazu. Frankreich würde am Abend gegen Brasilien spielen, um das Viertelfinale zu erreichen. England hatte am Vortag einen knappen Sieg gegen Senegal hinbekommen. Die Westafrikaner hatten den Engländern einen harten und größtenteils fairen Kampf geliefert. Julius war genauso froh gewesen wie alle anderen, daß England mit Witfields Schnatzfang zehn Punkte Vorsprung erreichen und weiterkommen konnte. Fehlten nur noch Schottland und Wales, um das Quartett der britischen Mannschaften zu vervollständigen.

"Was wollt ihr heute machen?" Fragte Julius seine Hausgäste. Gloria erwähnte, daß sie mit Pina und ihren Verwandten in die Bretagne zu den großen Megalithen wollte. Vielleicht konnten sie dort etwas von der alten Magie spüren, die von den damaligen Völkern verehrt und genutzt wurde. Brittany und Linus würden den ganzen Tag bis elf Uhr abends auf der Insel Korsika verbringen, um nach dem ganzen Trubel in Millemerveilles und Paris in urwüchsigen Gebirgs- und Waldregionen zu wandern. So konnten millie und Julius den Tag mit ihren Ferienverpflichtungen ausfüllen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Julius amüsierte sich heimlich über die total verkaterten Fans der englischen Mannschaft, die es nicht schafften, vor elf Uhr mittags aus den Betten zu finden. Madam Newport winkte Julius und stellte ihm den kleinen Alfred Jordan vor, der in der Nacht zum zweiten August zur Welt gekommen war. Lees gerade einen Tag alter Cousin hatte sich vor seiner Geburt schon genug Speck zugelegt, um als echter Wonneproppen zu gelten. Lee Jordan selbst pendelte wie Julius zwischen Arbeit und Urlaub. Julius traf ihn vor dem Zelt der britischen Abteilung für magische Spiele und Sportarten an, wo er ein Interview mit Oliver Wood machte, dem Reservehüter der Nationalmannschaft, der gestern seinen ersten WM-Auftritt absolviert hatte. Weil der Besucherbetreuer gerade so schön in Schallansaugtrichterreichweite war fragte Lee ihn, ob er etwas über seine Aufgaben und seine nicht privaten Erlebnisse mit den Besuchern sagen wolle. Julius überlegte, was er bei einem Stehgreifinterview zu beachten hatte und ging darauf ein.

"Ich habe gerade den am besten mit unserer britischen Lebensweise und Sprache vertrauten Offiziellen am Schallsauger, Monsieur Julius Latierre, der als Julius Andrews in London zur Welt kam", begann Lee Jordan und begrüßte Julius. Dieser erwiderte den Gruß und erwartete die erste Frage:

"Unsere Hörer kennen Sie ja noch vom Auftritt beim Prozeß gegen die Todessergehilfin Dolores Umbridge. Dort sagten Sie ja, daß Sie mit einer französischen Hexe verheiratet seien. Empfinden Sie sich dann eher als Engländer oder als vollkommen eingebürgerter Franzose?" Julius überlegte, ob er diese Frage beantworten wollte und erwiderte dann:

"Rechtlich bin ich voll in Frankreich eingebürgert, Mr. Jordan. Gefühlsmäßig denke ich, daß ich in England viel wichtiges gelernt und erlebt habe. Doch ich habe hier eine gute Aufnahme gefunden und jetzt auch ein festes Zuhause hier."

"Dann haben Sie es sicher besonders schwer, sich für eine bestimmte Nationalmannschaft zu begeistern, oder?"

"Nun, begeistern kann ich mich für jede Mannschaft, die technisch anspruchsvolles Quidditch spielt und über den sportlichen Weg ihre Punkte macht. Wenn Sie meinen, ich hätte Probleme damit, zu einer bestimmten Mannschaft zu halten, dann sage ich nur, daß ich es den Engländern gönne, wenn sie es schaffen sollten, bis ins Finale zu kommen. Da ich aber in Frankreich mittlerweile viele der Nationalspieler persönlich kennengelernt habe, weil sie bis vor einem Jahr noch in Beauxbatons gespielt haben, so hoffe ich sehr, daß diese Mannschaft ins Finale kommt. Ein Problem hätte ich erst dann, wenn sowohl England und Frankreich im Finale sein sollten, was ja noch nicht feststeht", erwiderte Julius.

"Nun, Sie müssen ja unparteiisch sein, weil Sie ja hier eine wichtige Aufgabe erfüllen. Worin genau erschöpft sich diese Tätigkeit?"

"Ich arbeite hier im Rahmen eines Ferienberufs als Betreuer für englischsprachige Besucher und Offizielle, um Fragen zum Ablauf der Spiele, der Freizeitangebote und örtlichen gegebenheiten zu beantworten und Besuchern zu helfen, ihre Angelegenheiten mit den hiesigen Verantwortlichen zu regeln." Julius würgte sich schnell noch ab, bevor er in Einzelheiten abschweifte. Wenn Jordan darüber mehr wissen wollte, sollte er ihn einzelne Fragen stellen. Das tat dieser auch.

"Sie tragen eine Uniform mit blau-weiß-rotem Umhang, um sich als Mitarbeiter der örtlichen Veranstalter zu kennzeichnen. Wo halten Sie sich auf, damit jemand mit Ihnen kontakt bekommt?"

"In den bisherigen Fällen war meine Aufgabe, angemeldete Besuchergruppen bei der Ankunft zu begrüßen. Durch die Einteilung von Portschlüsseln ist ja bekannt, von wo jemand um welche Uhrzeit kommt. So kann ich gleich allen Besuchern mitteilen, daß ich für sie ansprechbar bin."

"Ohne in private Einzelheiten zu fuhrwerken, Mr. Latierre, worin bestehen diese Belange hauptsächlich?"

"Das geht wie gesagt mit den örtlichen Gegebenheiten los, wo es was zu essen und zu trinken gibt, wo die Unterbringung stattfindet und wo es interessante Veranstaltungen wie Tanzabende oder Ausflüge gibt. Daneben sprechen mich Besucher an, die gerne mit hier ebenfalls untergekommenen Bekannten aus anderen Ländern zusammentreffen möchten oder die wissen möchten, wer hier für heilkundliche Angelegenheiten zuständig ist. Im wesentlichen geht es aber um die Information über Orte und Anfangszeiten der einzelnen Spiele."

"Ja, aber dafür müssen ja auch bestimmte Verhaltensregeln eingehalten werden", setzte Jordan an und wirkte leicht angespannt als er fragte: "Müssen Sie dann auch die Einhaltung dieser Regeln durchsetzen wie ein Schulsprecher oder Ministerialbeamter?"

"Nun, ich habe eine gewisse Übung im Regeln von kleineren Angelegenheiten, weil Beauxbatons mich für fähig befunden hat, als Sprecher meines Wohnsaales zu arbeiten, was einem Vertrauensschüler in Hogwarts gleichkommt. Außerdem habe ich von meiner unmittelbaren Arbeitgeberin, Madame Hippolyte Latierre, gewisse Befugnisse, die Besucher zur Einhaltung der Verhaltensregeln aufzufordern."

"Nun, es kam ja vor einigen Tagen vor, daß ein schottischer Zauberer offen Beschwerde einlegte, er sei mit körperlicher Gewalt an der Ausübung seines Rechtes als Vater gehindert worden. Haben Sie davon was mitbekommen?" Julius wollte schon fragen, ob Jordan ihn jetzt veralbern wollte. Dann fiel ihm ein, daß Jordan ihm eine Gelegenheit gab, sich die passende Antwort auszusuchen. Wenn er "nein" sagte mußte er nichts mehr zu dem Vorfall um McDougall sagen. Sagte er "Ja" kam er nicht drum herum, die Sache zu schildern, wollte er nicht mit "Kein Kommentar" antworten. Dann fiel ihm die passende Antwort ein:

"Nun, die Angelegenheit wurde zwischen Madame Latierre und dem entsprechenden Besucherbetreuer erörtert. Da genaueres das Privatleben des betreffenden Besuchers und seines Kindes betrifft, darf ich darauf nicht antworten. Bitte respektieren Sie das!"

"Ja, doch es ging doch vordringlich um die Einhaltung einer Regel, die Minderjährigen verbietet, stark alkoholische Getränke zu trinken, richtig?"

"Das stimmt, es war nötig, einige Besucher nachdrücklich daran zu erinnern, daß sie Whiskey und andere Spirituosen nicht an Kinder weitergaben", sagte Julius.

"Sie sagten was von Veranstaltungen und örtlichen Angeboten. Das schließt doch auch die in Millemerveilles bestehenden öffentlichen Einrichtungen ein. Können Sie unseren Hörern bitte kurz aufzählen, welche das sind?"

"Im wesentlichen der Musikpark, wo es viele künstlerische Auftritte und Tanzveranstaltungen gibt. Dann die magische Menagerie, die viele in Europa und anderen Erdteilen lebende Zaubertiere zeigt und die grüne Gasse, eine Gartenanlage mit interessanten Zauberpflanzen. Durch den Tierpark wie in der grünen Gasse können Führungen erbeten werden, wer sich nicht auf eigene Faust dort umsehen möchte." Julius schwante nun, was kommen würde, und er hielt sich bereit, darauf zu antworten.

"In der grünen Gasse gab es doch einen Zwischenfall mit einem Schüler aus Hogwarts, der absichtlich in ein Beet mit gefährlichen Zauberpflanzen laufen wollte. Was wissen Sie darüber?"

"Nun, da war ich persönlich anwesend, um die offizielle Führerin durch die Gasse zu unterstützen, da es mehr als zwanzig Schüler waren und die Besucherführerin gerade in anderen Umständen ist und daher keine all zu großen Anstrengungen auf sich nehmen darf. Einer der Hogwarts-Schüler wollte offenbar seinem Leben ein Ende setzen und versuchte, in ein Beet von Springschnappern einzudringen. Das sind Zauberpflanzen der höchsten Gefahrenstufe, die alles in ihrer Reichweite gelangende Tierleben in Sekundenschnelle vernichten können. Es steht ein überdeutlich warnender Hinweis in der Nähe des Beetes, so daß jeder der lesen und schreiben kann erkennt, in welche Gefahr er oder sie sich begibt, wenn er oder sie über eine magische Abgrenzung tritt. Ich mußte ein Stück Metall in das Beet werfen, um den Fang- und Zerstückelungsreflex der Springschnapper zu blockieren. Der betreffende Schüler wurde von der an der Führung teilnehmenden Madam Pomfrey zur näheren Untersuchung seines Verhaltens fortgebracht. Mehr dazu müssen Sie dann Professor McGonagall oder Madam Pomfrey fragen, sofern diese darauf antworten wollen oder dürfen!"

"Fühlen Sie sich jetzt für diesen Jungen verantwortlich, weil Sie ihn von dieser Selbstmordhandlung abgehalten haben?" Fragte Lee Jordan.

"Ich bin nicht verpflichtet worden, mich um ihn zu kümmern und denke auch, daß jemand anderes für ihn die Verantwortung trägt. Mir ging es im wesentlichen darum, daß kein Schüler aus Hogwarts in der grünen Gasse zu Schaden kam und daß die erwähnte Gruppenführerin nicht darunter leiden sollte, daß jemand unter ihrer Aufsicht sein Leben weggeworfen hat. Beide Ziele habe ich erreicht. Damit endet meine Verantwortung in dieser Angelegenheit."

"Nun, ich habe mich schon bei Professor McGonagall erkundigt. Es gibt einige Schüler, die immer noch unter den Auswirkungen des Jahres unter Voldemort leiden und eine gewisse Abneigung gegen jeden hegen, der oder die sich den Todessern entziehen konnte, ohne ihnen früh genug zu sagen, welche Gefahr aufzieht."

"Ja, das ist mir auch bekannt. Doch ich kann Ihnen und den betreffenden Leuten in Großbritannien dazu nur sagen, daß meine Mutter und ich damals keine Ahnung hatten, daß das Zaubereiministerium von Todessern übernommen werden sollte. Als wir das über Umwege erfuhren haben meine Mutter und ein paar britische Hexen und Zauberer alles menschenmögliche getan, um Muggelstämmigen zur Flucht außer Landes zu verhelfen. Was die Schüler anging, so fehlte diesen Helfern die entsprechende Liste der Familien. Abgesehen davon nahm die sogenannte Kommission für Muggelgeborene offiziell ja erst ihre Arbeit auf, als bereits geplant war, die Schülerinnen und Schüler mit nichtmagischen Eltern während der Fahrt aus dem Hogwarts-Express zu holen. Diese Untat hätte nur verhindert werden können, wenn einer der unmittelbar darüber informierten dies irgendwem erzählt hätte, der eindeutig gegen diese Maßnahme vorgehen würde. Da die Todesser und die von ihnen unter dem Imperius gehaltenen Ministeriumsmitarbeiter die einzigen waren, die davon wußten, bekam dies niemand mit, bevor es zu spät war. Ich muß, will und werde mir deshalb keine Vorwürfe gefallen lassen, die meiner Mutter und mir unterstellen, wir hätten nicht früh genug gewarnt oder seien ohne Hinweis für die anderen aus dem Land geflüchtet. Was da genau passiert ist haben die Hetzkampagnen gegen Harry Potter und Dumbledore angerichtet, die der frühere Zaubereiminister Cornelius Fudge zu verantworten hat. Denn über die anstehende Rückkehr Voldemorts gab es seit dem trimagischen Turnier im Schuljahr 1994/1995 genug Hinweise. Sie wurden nur nicht beachtet. Mehr möchte ich nicht dazu sagen."

"Nun, dann kommen wir noch mal auf die laufende Weltmeisterschaft. Haben Sie selbst einmal Quidditch gespielt?"

"Ich gehöre zur Mannschaft meines Wohnhauses in Beauxbatons", erwiderte Julius darauf.

"Wie sehen Sie dann als ein aktiver Spieler die Entwicklung von Besen und Flugtechniken?"

"Wenn es darum geht, gut aussehendes Quidditch zu spielen und gleichzeitig weniger Spieler zu verletzen oder gar zu Tode kommen zu lassen freue ich mich über den Verlauf der Weltmeisterschaft."

"Es gab einige Funktionäre, die sich offen darüber beschwerten, daß bestimmte Flugmanöver offenbar nur einzelnen Mannschaften bekannt seien, die dadurch Vorteile hätten. Was sagen Sie dazu?"

"Das jede Mannschaft mit den bestmöglichen sportlichen Mitteln spielen darf, die sie anwenden kann, egal welche Mannschaft das ist. Die bisher gezeigten Flugmanöver wurden, sofern sie nicht als klare Fouls gewertet wurden, alle im Rahmen der geltenden Regeln ausgeführt. Insofern wüßte ich jetzt nicht, worüber die von Ihnen erwähnten Funktionäre sich beschweren sollten. Dazu fragen Sie dann bitte entweder meine direkte Vorgesetzte oder die Funktionäre der britischen Quidditchliga!"

"Dann hätten Sie kein Problem damit, wenn eine Mannschaft durch die Beherrschung eines überragenden Flugmanövers die Weltmeisterschaft gewinnt?" Fragte Jordan.

"Absolut nicht, solange dieses Flugmanöver nicht Gesundheit und Leben der Gegenspieler beeinträchtigt", erwiderte Julius und bezog damit klare Position. So konnte es ihm passieren, daß er von wütenden Engländern dumm angequatscht werden mochte, wenn Australien oder Frankreich durch den Dawn'schen Doppelachser die WM gewann.

"Joh, dann bedanke ich mich für dieses Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit, Mr. Latiierre!"

"Ich hoffe, Ihnen mit wichtigen Informationen geholfen zu haben", sagte Julius zu Lee Jordan. Dieser klopfte mit dem Zauberstab auf den runden Schallsammelbehälter und verschloß den Schallauffangtrichter mit einer festen Klappe. "Okay, wir sind durch. Danke für das Interview!"

"Ich hoffe, Sie können mit meinen Antworten genug anfangen, ohne meinen oder anderer Leute Ruf zu ruinieren, Mr. Jordan", erwiderte Julius.

"Gut, daß mit der Doppelachse, die von uns, den Franzosen und Australiern benutzt wird könnte noch immer wen wütend machen. Aber es ist ja international anerkannt."

"Okay, ich muß dann mal weiter", erwiderte Julius. Jordan nickte.

Bei den Walisern traf Julius die Barleys, die mit Verwandten aus der väterlichen Linie Ceridwens sprachen. Dabei war auch Aleister Hardin, der Vater von Deardre, der ersten Sucherin der Waliser. Mrs. Barley winkte Julius heran und bat ihn, ihrem Cousin Aleister zu beschreiben, was genau im See der Farben wohnte, weil Aleister als Zauberwesenexperte in London arbeitete. Julius erwähnte die Meerleute und die Grindelohs, obwohl letztere vom Intelligenzgrad zu den Tierwesen gehörten und nur wegen ihrer Menschenähnlichkeit als Wasserdämonen bezeichnet wurden.

"Wieso betonen Sie das mit den Wasserdämonen so ironisch grinsend, junger Mann?" Fragte Hardin.

"Nun, weil mirr als offiziell als Muggelstämmig bekanntem Dämonen aus erfundenen Gruselgeschichten bekannt sind. Da geht es um sehr einfallsreiche, böswillige und trickreiche Wesen aus Reichen jenseits der wirklichen Welt, ob Sie diese Reiche jetzt Hölle, Hades oder Helheim nennen möchten. Natürlich bringen diese Geschichtendämonen auch eine Menge tierische Verhaltensweisen, um die Ungezügeltheit und Gier zu zeigen, die als Ausdruck des Bösen dargestellt werden. Über die Intelligenz und damit Unterscheidungsfähigkeit von Grindelohs wird ja seit Skamanders Einteilung der Tierwesen immer diskutiert. Forscher haben in den achtziger Jahren Versuche gemacht, um zu zeigen, daß Grindelohs nicht nur instinkthaft handeln, sondern vorausplanen oder ihnen völlig unbekannte Situationen durchschauen können. In der Muggelwelt gibt es ähnliche Versuche mit Menschenaffen und Meeressäugern, um zu ergründen, ob diese den Tieren zugerechneten Wesen von der Intelligenz her nicht mit den menschen gleichgestellt werden müßten. Ich kenne durch den Unterricht und private Erlebnisse mit magischen Tierwesen genug Lebewesen, die von der Intelligenz her schon mit kleinen Kindern mithalten könnten, was das Lösen unbekannter Situationen oder Vorausschauendes Handeln angeht. Über den Stand bei der Grindelohforschung bin ich aber nicht gut genug informiert, um zu sagen, daß das echte Dämonen sind. Da würde ich dann eher Dementoren, Vampire oder gewisse Frauenzimmer zu zählen, die nicht mit Hilfe eines Vaters auf die Welt kamen."

"Gute antwort, Mr. Latierre", erwiderte Hardin. "Nun, im Jahre 2000 soll die Skamandereinteilung der Tierwesen noch mal revidiert werden und dabei auch eine Neuzuweisung von Zauberwesen beraten werden. Bisher gilt ja die Unterscheidung, daß Zauberwesen der menschlichen Laut- und sogar Bild- oder Schriftsprache mächtig sein müssen, um als intelligente magische Geschöpfe zu gelten. Die hier bisher aufgetretenen Wesen unterschieden sich ja häufig. Außerdem weist die magische Glocke über Millemerveilles ja doch einige Zauberwesen ab, weil sie im Besitz eines Selbstbewußtseins handelnd Menschen jagen oder gar töten."

"Erzähl dem jungen Mann dann auch, daß ihr fünf Waldfrauen mitbringen wolltet, die aber an der magischen Glocke gescheitert wären, weil die meisten von denen bereits vollendete Kindermörderinnen sind!" Sagte Ceridwen Barley. Julius erschauerte. Er hatte die Sabberhexen nicht in seine Liste von dämonischen Zauberwesen eingeteilt, weil es ja doch einige Ausnahmen gab. Jetzt wurde er wieder daran erinnert, wie gefährlich und skrupellos diese flügellos fliegenden, grünhäutigen Wesen sein konnten.

"Ich habe Ihre Maskottchen noch nicht gesehen, Sir. Was haben Sie denn statt dessen mitgebracht?" Wollte Julius wissen.

"Sie kommen morgen doch auch zu dem Spiel, habe ich gehört", sagte Hardin. Julius nickte. Seine Schwiegermutter hatte für ihn und Millie Ehrenlogenplätze klarmachen können, weil noch fünf Plätze freigeblieben waren.

"Dann sehen Sie ja, was wir aufbieten", sagte Hardin und fragte dann noch nach Julius' Erfahrungen mit Zaubertieren und Zauberwesen. Julius hatte kein Problem damit, zu erwähnen, daß er eine Knieselkätzin als magische Vertraute gewonnen hatte und daß er eben schon mit Vampiren, Meerleuten, Riesen, Zwergen, Hauselfen, Kobolden, Sabberhexen und einer der neun Abgrundstöchter zu tun bekommen hatte. Ihn kümmerte es nicht, ob Rita Kimmkorn oder Linda Knowles das mitbekamen, da Lino es eh schon längst verbreitet hatte. Hardin fragte, welche Vampire er getroffen hatte. Er erwähnte, daß sie in einem Seminar intelligente Zauberwesen mal das Vampirehepaar Sangazon zu sehen und zu sprechen bekommen hatten. Hardin wußte auch schon, daß die Sangazons von französischen Ministerialzauberern getötet wurden und erwähnte, daß die Vampire in den letzten Jahren unter einer Macht standen, die sie dazu trieb, ihr eher heimliches Leben aufzugeben und für eine Errichtung eines weltweiten Vampirreiches kämpfen sollten. Ceridwen erwähnte, daß der heutige Tagesprophet ja damit herausgekommen sei, daß die Zaubereiminister angeblich eine Geheimkonferenz veranstaltet hatten, um darüber zu befinden, wie damit umzugehen war.

"Sollte der Artikel Kimmkorns echt ein bißchen Wahrheit enthalten bekommt die Dame noch großen Ärger. Denn dann hätte sie ja den Vampiren, die dieses Reich errichten wollen einen großartigen Dienst erwiesen."

"Na ja, die entsprechenden Vertreter dieser Art müssen ja davon ausgehen, daß die gesamte Welt ihrem Treiben feindlich begegnet. Insofern schüttet diese Skandal- und Sensationsjägerin nicht zu viel Spiritus ins Feuer, zumal sie offenbar nicht näher auf gefällte Beschlüsse eingegangen ist", sagte Mrs. Barley. "Womöglich müssen die Minister nur zusehen, daß ihre im Stillen ablaufenden Aktionen nun schnell ausgeführt werden und dabei ein Maximum an Erfolg zeigen."

"Na toll, was sich gegenseitig ausschließen kann", erwiderte Julius darauf nur. Dann erwähnte er, daß er sich noch bei den Schotten umsehen müsse und wünschte der mannschaft um Deardre Hardin den Erfolg, den sie sich erspielen konnte.

Bei den Schotten herrschte eine ähnliche verbreitete Müdigkeit vor wie bei den Engländern. Immerhin hatten sie ihr Spiel auch gewonnnen.

Mittags aß Julius zusammen mit seiner Frau in einem südamerikanischen Verpflegungszelt und ließ sich von Lolita und Fernando Suárez aus Peru die wichtigsten Grundformen des Salsa zeigen, um sie am Nachmittag nachzutanzen. Außerdem durfte Julius gebürtigen Brasilianern vorführen, daß er den Samba so gelernt hatte, wie er in seinem Herkunftsland entstanden war. Dabei gab es natürlich noch viele Abwandlungen. Dann durften Millie und er noch den Merengue lernen, einen sehr schnellen, körperbetonten und abwandlungstoleranten Tanz, wobei Julius einmal mit einer wilden Hexe namens Claudia Torrinha fast auf dem Boden gelandet wäre, weil sie beide sehr ungestüm tanzten. Die Brasilianerin konnte außer Brasilportugiesisch noch ein wenig englisch.

"Wolltest wohl mit mir ganz eng zusammen sein, Julio?" Fragte sie kockett grinsend. Julius deutete auf seine Frau und meinte, daß sie ihm und ihr das sicher nicht verzeihen würde. Da Claudia gerade einmal einen Meter fünfzig groß war erbleichte sie trotz ihrer kaffeebraunen Haut sichtlich. Millie kam herüber, weil sie das sah und fragte, was los war. Sie wechselte dann noch einige Sätze auf Spanisch, das Claudia Torrinha besser konnte als Englisch. Die beiden Hexen mußten dann lachen. Millie übersetzte:

"Ich habe ihr gesagt, daß du wüßtest, zu wem du kommen müßtest, um so richtig eng zu tanzen und daß ich deshalb keine Angst habe, daß du mit einer anderen was anstellst. Sie meinte dann, daß ich ja nicht immer auf dich aufpassen könnte. Da habe ich ihr gesagt, daß sie dann die zwischen uns beiden ausgemachten sieben Babys kriegen müsse. Ich fürchte nur, sie hat das eher als Zustimmung als als Abschreckung gesehen."

"Na ja, dann sage ihr bitte, daß ich nicht glaube, daß sie noch Kinder von einem Mann haben möchte, dessen Verwandte ihre Mannschaft heute abend aus dem Turnier werfen werden!" Erwiderte Julius auf Französisch. Millie tat ihm den Gefallen. Claudia wollte dann auf Englisch wissen, mit wem er denn in der Mannschaft verwandt sei. Er erwähnte Bruno Dusoleil, mit dem er ja seit seiner Hochzeit verwandt sei. Dann meinte sie noch: "Aber wahrscheinlich möchtest du mit keiner Frau ein Baby haben, deren Tochter von Tante, ähm, Cousine, Frankreich aus dem Turnier gespielt hat, Julio." Darauf befragt erwähnte sie, das sie mit Locusta Molinar, der Sucherin der brasilianischen Mannschaftverwandt sei. Julius sah sich darauf noch einmal seine Tanzpartnerin an und sagte dann, daß sie ihrer Cousine nur an den Augen und der Mundpartie ähnelte. Denn Claudias tiefschwarzes Haar paßte nicht zum rostroten Kräuselhaar der Sucherin. Da rief noch ein stämmiger aber gerade einen Meter sechzig großer Bursche nach Claudia. Die antwortete ihm und winkte ihn her. Der Brasilianer mit dem schwarzen Schnurrbart musterte Julius von unten nach oben. Offenbar schätzte er seine Chancen in einem direkten Kampf ein. Millie erfuhr dann, daß José Claudias großer Bruder sei. Julius beherrschte sich, nicht darüber zu lachen. Er kannte Familien, wo die großen Brüder ihre Schwestern schlimmer überwachten als die Eltern und keine Probleme damit hatten, scheinbar unpassenden Typen eine runterzuhauen, die sich an ihre Schwester ranmachten. Außerdem konnte der Bursche sicher gut mit dem zauberstab umgehen. Auf magische Duelle mußte sich Julius wirklich nicht einlassen. José deutete auf Millie und dann auf Julius und wechselte mit seiner Schwester ein paar Worte. Julius verstand die Sprache zwar nicht und hörte sie eher wie eine Art Gesang. Doch daß José nicht begeistert war konnte er am Tonfall und dem Gesichtsausdruck erkennen. Die Debatte wurde lauter und gestenreicher. Julius sagte deshalb schnell: "Ich möchte mich nicht in Familiensachen reinhängen, die Herrschaften. Danke für den Tanz, Ms. Torrinha." Sie unterbrach den wilden Wortwechsel mit ihrem Bruder und strahlte Julius an. "Morgen abend tanzen wir noch mal, wenn Brasilien im Viertelfinale ist."

"Nichts für ungut, aber die Fußballer aus Brasilien haben letztes Jahr auch getönt, gegen Frankreich gewinnen zu können. Tja, Frankreich wurde Weltmeister, ohne daß Brasilien ein einziges Tor geschossen hat." Claudia übersetzte das für ihren Bruder, der Julius dafür nur verdrossen anknurrte. Also kannte er das Ergebnis wohl auch. Dann verwickelte er seine Schwester wieder in die immer temperamentvollere Debatte. Millie zog sich mit Julius zurück.

"Am besten leihe ich mir Walpurgisnachtringe aus, damit die dich nicht aus Versehen in ihr Zelt hineinholt. Ich hab's gesehen und gespürt, daß die dich darauf abgeklopft hat, ob du ihr ein paar heiße Stunden schenken kannst. Ich bin nicht eifersüchtig, wenn du mit tollen Hexen tanzt oder dich gut unterhältst. Aber an einem bestimmten Punkt muß ich dann doch klarmachen, wo du hingehörst. Das siehst du hoffentlich ein, Cherie."

"Du meinst echt, die könnte sich schon vorgestellt haben, daß die sieben Kinder von mir kriegt. Neh, Millie, ich bin froh, daß dieses Konkurrenzgetue anderer Mädchen mir nun egal ist. Abgesehen davon habe ich auch keine Lust, mich mit großen Brüdern herumzuzanken, wo deine große Schwester schon aufpaßt, daß ich nichts anstelle, was dir nicht paßt."

"Nur daß große Schwestern das genau nachfühlen können, was kleine Schwestern umtreibt", meinte Millie dazu, während sie auf die Torrinhas blickten, die nun ganz offen in einen Streit verstrickt waren. Um sich nicht weiter mit ihnen befassen zu müssen tanzten sie beide noch ein paar lateinamerikanische Tänze nach und heimsten dafür Komplimente ein.

Am Abend sah Julius die Torrinhas wieder. Sie gehörten zu den Verwandten der Spieler, die in die Ehrenloge hineingelassen wurden. Jetzt konnte Julius auch die Eltern von Locusta sehen. Die Mutter war eine reinrassig afrikanischstämmige Hexe mit braunem Kräuselhaar, während Locustas Vater Claudia und ihrem großen Bruder ähnelte. Dann hatte die Sucherin der Brasilianer ihr Haar wohl gefärbt. Warum nicht? Die beiden Geschwister sahen sich immer noch verdrossen an. Claudia warf Julius immer dann kockette Blicke zu, wenn ihr Bruder sich mit anderen hochrangigen Besuchern unterhalten mußte.

Neben den französischen Feuerraben traten noch winzige grüne Pelzkugeln mit Armen und Beinen auf, die ein sphärenhaftes Singen ausstießen. Julius fragte Millie, ob sie die Zauberwesen oder Tiere kannte. Diese wandte sich an Claudia Torrinha und fragte sie auf Spanisch. Die brasilianische Hexe grinste und sah dann Julius an.

"amazonische Baumsänger, verwandt mit den Singeiern, diesen Harmonovons. Wohnen im Urwald ganz oben in den Bäumen und können mit ihren Liedern Bäume vor Blattfressern schützen", sagte Claudia, während ihr Bruder Julius sehr kritisch ansah. Millies Mann erwiderte den kritischen Blick, um zu zeigen, daß er sich das nicht gefallen ließ, ließ aber seine Armmuskeln entspannt. José versuchte ihn mit immer drohenderem Blick niederzustarren. Doch Julius hielt stand, wobei er seine Selbstbeherrschungsformel dachte, um nicht verängstigt oder wütend rüberzukommen. Das dauerte mehr als eine Minute. Dann wandte sich José ab. Er wirkte noch ein paar Zentimeter kleiner.

"Was war das denn jetzt?" Fragte Millie ihren Mann leise, während die grünen kleinen Baumsänger das ganze Stadion mit einem mehrstimmigen Lied erfüllten.

"Ich laß mich von dem nicht so anglotzen, als hätte ich dem was getan. Wundere mich selbst, daß ich den niedergestarrt habe."

"Das wundert dich, Julius. Du bist in Konzentration und Selbstbeherrschung besser drauf als der", wisperte Millie. Julius wollte das nicht kommentieren. Denn genau jetzt flogen die französischen Spieler aus ihrer Bodenluke. Janine Dupont durfte Heute wieder als Sucherin spielen. Die Abwechslung von Spiel zu Spiel hatte Frankreich bisher gut geholfen.

Als der kenianische Schiedsrichter die Partie angepfiffen hatte gingen die Brasilianer gleich mit Tempo und schnellen Stellungsspielen auf das von César behütete tor los. Doch der beleibte Hüter der Franzosen war wieder in Hochform und parierte die zwölf Würfe der ersten drei Minuten alle. Frankreich schaffte in der Zeit zwar nur drei Tore, die aber aus schnellen kontern heraus. Die Moral der brasilianischen Mannschaft geriet ins Stocken, weil die Treiberinnen Sabine und Sandra Montferre nun den Torraum mit den Klatschern abriegelten und nur ihren Leuten freie Bahn verschafften. Cesar parierte weitere Torwürfe. Michelle Dornier durfte einen Strafwurf ausführen, weil einer der brasilianischen Jäger Bruno sehr hart aus der Bahn gerempelt hatte. Frankreich führte somit mit vier zu null Toren.

"Kuck dir das an, wie die sich ärgern", feixte Millie, als die brasilianischen Jäger nun mit Brachialgewalt auf das erste Tor drängten und dabei von den Klatschern am schnellen Durchkommen gehindert wurden. Zwar bekam der vordere Jäger den Quaffel und war direkt vor César Rocher. Doch dieser machte jede Bewegung des Gegners mit. Als dieser antäuschte und statt des linken den rechten Ring angriff doppelachserte César so schnell, daß sein Besenschweif wilde Wellen schlug und kam mit dem Kopf an den Quaffel. Der scharlachrote Ball prallte davon ab und zurück ins Feld, wo Michelle ihn mit dem linken Arm aus der Luft schnappte und sofort zum Gegenstoß ansetzte. Dabei hielten ihr die Montferres die Klatscher vom Leib. Michelle flog fast selbst wie ein Klatscher in sehr spitzen Zickzackkurven und trickste den Hüter Brasiliens aus, indem sie so tat, als wolle sie von unten her abwerfen. Der Hüter warf sich nach vorne und konnte erst reagieren, als der Ball bereits über seinen Rücken hinweg unter dem oberen Rand des mittleren Ringes hindurchgezischt war.

"Die kriegen den Quaffel nicht in unser Tor rein", freute sich Millie, als nach weiteren zwei Minuten immer noch eine große, fette Null auf der Seite der Gäste angezeigt wurde. Was die Klatscher und die als gestaffelte Rückraumverteidigung improvisierenden Jäger nicht aufhielten parierte César. Mancher seiner Abschläge landete fast ohne Berührung eines anderen Jägers im gegenüberliegenden Tor. José Torrinha und seine Verwandten brüllten wütend. Das brachte jedoch nichts. Michelle trieb noch einen Quaffel durch den mittleren Ring, weil sie diesmal nach oben stieß und der Hüter den Besen zu steil emporriß, um noch früh genug zu reagieren. Noch könnte Brasilien durch Schnatzfang das Spiel gewinnen. Julius sah auf die Sucherin Molinar, die Mühe hatte, sich nicht von der Frustration ihrer Kameraden anstecken zu lassen. Janine zirkelte immer vor ihr herum und täuschte Vorbeiflüge an, um die Gegnerin zu foppen.

Erst in der dreißigsten Minute jubelten die Brasilianer über das erste Tor. Doch bei diesem blieb es dann auch. Denn kaum daß die Anhänger Brasiliens ihre Freude hinausgebrüllt hatten, stieß Janine knapp an Locusta vorbei, die versuchte, ihr mit einem ausladenden Wendemanöver zu folgen. Dabei hieben ihr die Montferres beide Klatscher um die Ohren und zwangen sie zum Ausweichen. Dann klatschte Janine in die Hände, weil der Schnatz genau auf der Linie ihres Besens vor ihr auftauchte. Sie klammerte den kleinen Ball mit den rechten Fingern fest und riß die Hand hoch. Die Franzosen jubelten und klatschten, während die Brasilianer vor Schreck und Enttäuschung keinen Laut hervorbrachten. Nicht mal die mitgereisten Sambatrommler konnten sich noch rühren. Die Französischen Fans riefen nun: "Nur ein Tor! Nur ein Tor!" Dann bedankte sich die Menge der Franzosen bei Janine Dupont.

"Mein Bruder sagt, euer Hüter hat was genommen, um so gut zu sein", rief Claudia Torrinha auf Englisch. Hippolyte Latierre hörte es und sah die junge Brasilianerin ungehalten an. Doch noch wirkte der Stimmverstärkerzauber, und sie mußte das Ergebnis noch verkünden. Der Jubel der Fans war wie eine Explosion. Als Madame Hippolyte Latierre mit "Quietus" ihre Stimme wieder normalisiert hatte sagte sie auf Englisch: "Jeder hüter und jeder Sucher muß vor dem Spiel eine Speichel- und eine Urinprobe abliefern, die von einer Heilergruppe auf unerwünschte Substanzen geprüft wird, sobald ein außergewöhnliches Ergebnis erzielt wurde, Senhorita Torrinha. Ihre Cousine hat Ihnen das sicher erzählt. Dann teilen Sie es Ihrem Bruder bitte mit, daß dieses Ergebnis gilt, sofern die Heiler keine verbotenen Trankrückstände nachweisen können."

"Und wenn doch?" Fragte Julius seine Schwiegermutter leise.

"Dann müssen wir mit der unangenehmen und peinlichen Tatsache leben, daß unsere Mannschaft wegen Verstoßes gegen die Regeln zur Einnahme Kraft- und Reaktionsfördernder Tränke disqualifiziert wird und Brasilien dadurch in die nächste Runde kommt. Allerdings konnte bisher kein derartiger Verstoß ermittelt werden, und Monsieur Rocher wäre sehr dumm, wenn er die Teilnahme an den weiteren Spielen der Weltmeisterschaft wegen eines einzigen Erfolgserlebnisses durch Trankunterstützung verspielt. Dann müßte er nämlich auch von allen anderen professionellen Wettkämpfen ausgeschlossen werden. Die Regeln sind da sehr unerbittlich, und das aus sehr gutem Grund."

"Das können Sie ja dann in einem Interview so sagen, Madame Latierre", erwiderte Julius. Seine Schwiegermutter nickte.

"Die waren schnell aus dem Stadion. Diese Hexe, die so braun und heiß ist wie frisch aufgebrühter Kaffee hat dich nicht mehr mit dem Hintern angesehen, als ihre Cousine mit den anderen ganz bedröppelt in die Umkleide geschlichen ist", ereiferte sich Millie mit unüberhörbarem Spott. Julius erwiderte darauf, daß er sie und ihren Bruder ja gewarnt hatte. Immerhin hatte die brasilianische Quidditchmannschaft ein Tor geschossen, eins mehr als die Kollegen vom Fußball im letzten Jahr.

"Das mit den Trankeinnahmekontrollen hätte dieses Rassehexlein aber auch wissen können", erwiderte Millie grinsend. Julius erinnerte sie daran, daß Claudias Bruder das behauptet hatte. "Der auch", erwiderte Millie.

"Tja, morgen abend noch Wales gegen Zypern. Dann steht die Runde der letzten Acht fest", sagte Julius.

Als Gloria und Pina zurückkehrten freuten sie sich über das Weiterkommen Frankreichs. Gloria begründete es damit, daß die Freude an der Veranstaltung wohl schlagartig verschwinden würde, wenn die Gastgeber ausscheiden mußten. Millie hielt dem entgegen, daß sich Frankreich im allgemeinen und Millemerveilles im besonderen zu sehr auf diese Weltmeisterschaft vorbereitet hatten, um sich davon beeindrucken zu lassen, ob Frankreich ins Endspiel kam oder nicht. Pina meinte dazu, daß die Franzosen jedoch fest damit rechneten, daß sie ins Endspiel kämen.

"Da sind noch zu viele Favoriten im Spiel, Pina. Peru hat Belgien heute geknackt, und Irland ist ja auch weiter. Australien wird morgen vormittags gegen die Alphornbläser aus der Schweiz spielen. Wer von denen weiterkommt kann auch als Titelanwärter gelten."

"Das wird aber dann schwierig, wenn du noch bei dem Spiel von Wales dabei sein möchtest, Julius", sagte Millie. Julius nickte. Wenn Australien gegen die Schweiz länger als zehn Stunden dauerte wurde es für ihn knapp, noch zum Spiel der Waliser ins Hauptstadion zu kommen.

 

_________

 

"Huch, heute morgen geht's aber nicht so locker wie sonst aus dem Bett", stellte Millie fest, als sie beim Aufstehen fast wieder ins Bett zurückgeplumpst wäre, weil sie irgendwie zu schnell aufgesprungen war. "Hoffentlich ist es nicht nur das Wetter", sagte sie dann noch. Julius fragte sie, was es denn sonst noch sein mochte.

"Ma hat mit Tine unter dem Umhang in den ersten vier Wochen morgens Probleme beim Aufstehen gehabt. Das bekam sie erst nach dem Frühstück klar. Aber ich will besser noch eine Woche warten, bis ich Tante Trice nachprüfen lasse. Nachher bilde ich mir nur was ein."

"Am besten warten wir mit einer Untersuchung noch zwei Wochen. Camille bekam da zumindest eine genaue Ansage, als Chloé sich bei ihr einquartiert hat", bemerkte Julius. Millie nahm ihren Herzanhänger und drückte ihn gegen die Stirn. "Stimmt, habt ihr ja erzählt, daß dieses Goldmädchen Chloé schon gespürt hat, wo Camille noch nichts von ihr gefühlt hat. Vielleicht können wir zwei nach der Weltmeisterschaft mal zu der hin, wenn die so gut ist", dachte sie ihm zu. Er dachte ihr zurück:

"Ich denke, Tante Trice reicht völlig aus, wenn wir vor der Rückkehr nach Beaux nachsehen lassen."

"Wir? Du meinst wohl, wenn ich nachsehen lasse, Monju. Wenn Aurore oder Taurus wirklich schon bei mir eingezogen ist, dann hängt die Hauptarbeit bei mir." Julius schickte ihr zurück, daß sie es ja darauf angelegt hatte und sich nicht beschweren wolle.

"Will ich auch nicht. Ich möchte eben nur klarstellen, daß ich mit dem Austragen und ausliefern die Hauptarbeit habe, nicht, daß mir das nicht gefallen würde, wenn ich im nächsten Jahr unser erstes Kind ans Licht drücke."

"Das wollte ich auch nicht abstreiten, Mamille", ging Julius auf seine Frau ein. Einen Moment mußte er wieder daran denken, auf was er sich da eingelassen hatte. Sein ganzes Leben würde sich verändern, wenn Béatrice Latierre, Hera Matine oder Madame Rossignol feststellte, daß Millie schwanger war. Wo andere Jungen erst den Geschmack der Freiheit auskosteten und in die weite Welt zogen würde er dann daran denken müssen, seinem Kind ein warmes, sicheres Nest und immer genug zu essen und zu trinken zu besorgen. War er nicht doch noch zu jung für eine derartig große Aufgabe? Millie fühlte, daß er offenbar ein wenig verunsichert war und mentiloquierte mit dem Herzanhänger:

"Falls du doch Angst kriegst, daß wir das mit dem Kind nicht hinkriegen könnten, weil zu jung oder zu unerfahren oder was auch immer, dann denke bitte an die Mondschwestern. Die haben uns das mit den drei Jahren doch sicher nicht aufgehalst, wenn die gedacht hätten, wir seien für ein Kind noch nicht reif genug. Vor allem du dürftest damit doch echt keine Probleme haben, wo sie dich vom Elternhaus und von den beiden Schulen her schon größer gezogen haben als das bei anderen Jungs in deinem Alter gemacht wird. Wir kriegen das hin, Monju. Wir bekommen unser erstes und dann noch ein paar Kinder. Das einzige, wo du aufpassen mußt ist, daß du nicht wieder in irgendwelche brandgefährlichen Abenteuer hineinrasselst."

"Im Moment liegt mir da nichts dran", schickte Julius zurück. Irgendwie war ihm, als spräche millie mit hörbarer Stimme zu ihm. Das mochte aber an der geringen entfernung und der immer stärker aufgebauten Vertrautheit zwischen ihr und ihm liegen.

Julius beeilte sich mit dem Frühstück, obwohl Millie darauf bestand, daß er ja genug aß. Denn um neun Uhr ging das Spiel Australien los. Millie hatte Portschlüsselempfangsdienst, weil doch viele Brasilianer eher Spanisch und Englisch konnten. Julius bat sie darum, sich aus möglichen Handgreiflichkeiten herauszuhalten. Er wollte es nicht laut aussprechen, daß Millie vielleicht schon sein erstes Kind trug. Aber sie verstand es auch und sagte:

"Sich Prügeln ist was für kleine und große Jungs, Julius!" Gloria blickte sie dafür verdrossen an. Brittany grinste und sagte, daß sie sich auch nicht zu schade gewesen sei, sich mit einigen rauflustigen Jungen zu balgen. Da war sie aber gerade zehn Jahre alt gewesen und hatte die Jungen davon überzeugen müssen, daß Mädchen es nicht mochten, wenn ihnen wer die Haare verknoten wollte.

Julius fühlte sich erst ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt, als er vor dem Südstadion stand. Erst um halb neun wurden die Türen geöffnet. Julius traf Edouard Delamontagne, der Kartenkontrolldienst hatte.

"Grüß mir Aurora Dawn und teile ihr mit, daß Hera ihren Verdacht bestätigt hat. Näheres nach der Weltmeisterschaft!" grummelte er. Julius wollte schon nachhaken. Doch der unerbittliche Blick von Virginies Vater hieß ihn, besser nicht weiterzufragen. Er nickte und lief die Treppen bis zur Ehrenloge hoch, die in diesem Stadion etwas kleiner ausfiel als im Hauptstadion. Von dort aus beobachtete er, wie die Zuschauer in großen Pulks vor dem Stadion Apparierten oder zu Fuß eintrafen. Aurora Dawn gehörte zu den ersten Ankömmlingen.

"Huch, Millie nicht da?" Fragte sie.

"Die muß Portschlüssel verabschieden. Viele Brasilianer wollen natürlich jetzt nach Hause. Und da die eher Spanisch und US-Englisch sprechen darf Millie die Schicht schieben", sagte Julius. Dann mentiloquierte er Aurora, daß Monsieur Delamontagne grüßen lasse und ihr Verdacht von Hera bestätigt worden sei. Aus einer daraus folgenden Eingebung heraus fragte er auf unhörbarem Weg: "Wann kriegen Virginie und Baudouin ihr Geschwisterchen denn?"

"Schlauberger", schickte Aurora zurück. "Aber wenn eure Dorfrätin ein Kind erwartet darf ich als Heilerin darüber erst was sagen, wenn sie das erlaubt. Du kennst die Regeln."

"Zumindest eine gewisse Hoffnung, daß das in den Fünfzigern noch klappt", gedankenantwortete Julius.

"Das darf ich so bestätigen", erwiderte Aurora, und Julius meinte, eine gewisse Entschlossenheit dabei mitzufühlen. Sicher mochte Aurora ihren Beruf und suchte nicht gezielt nach einem Partner, der dann noch durch die strenge Charakterkontrolle der Heilzunft mußte. Doch sie mochte sich vielleicht fragen, ob das ihr ganzes Leben sein mochte. Sollten Millie und er schon wen neues auf die Reise ins Leben geschickt haben, so wären sie beide Aurora voraus. Auch ein erhebender Gedanke.

Julius war verblüfft, als Professeur Beaufort in die Ehrenloge kam. Er trug einen blau-weiß-roten Umhang, wie alle, die bei der Weltmeisterschaft offiziell mitmischten. Er begrüßte die beiden bisher einzigen Ehrenlogenbesucher und strahlte Aurora Dawn an. "Bin erfreut, die Erfinderin des Doppelachsenmanövers mal persönlich begrüßen zu dürfen. Es ist bedauerlich, daß wir in Beauxbatons nicht darauf zurückgreifen dürfen, solange es nicht von allen Mannschaften eingeübt wird."

"Sie sind doch der Fluglehrer und Sportleiter", sagte aurora. "Sie können doch darauf hinwirken, daß jede der sechs Mannschaften dieses Manöver erlernt."

"Da sind wir bei dem Problem. Ich kann das nicht fliegen. Ich war Sucher und habe dabei wilde Wendemanöver eingeübt. Aber Ihre Doppelachse bekam ich nicht hin. Die kann wohl nur auf dem kinästhetischen Wege weitervermittelt werden."

"Stimmt, dazu muß jemand die Wahrnehmung des Lernenden per Introsensozauber verändern. Kannst du den noch nicht, Julius?"

"Introsensozauber darf nur mit Erlaubnis des Zauberkunstlehrers oder auf Verlangen des Saalvorstehers verwendet werden. Außerdem haben wir den noch nicht gelernt", sagte Julius. Aurora nickte.

"Gut, dann werde ich mich wohl bei einem Mitglied der Mannschaft bemühen müssen, das diesen Zauber kann, solange noch Schulferien sind", sagte der Fluglehrer nun etwas fröhlicher gestimmt. Dann begrüßte er Latona Rockridge und ihren Mann Prospero.

Unter Urs Rheinquell, den schweizer Zaubereiminister, hatte sich Julius einen alpenländischen Folklorezauberer vorgestellt, mit Gamsbart am Hut und in Lederhosen. Doch der schweizer Zaubereiminister trug einen himbeerfarbenen Nadelstreifenumhang und einen himmelblauen Spitzhut ohne weitere Verzirung auf dem Kopf. Seine Frau Amalia war klein und rund und in ein violettes Kleid gehüllt.

"Heute geht es um die Ehre der Alpen, nachdem die Herrschaften aus Deutschland und Österreich ja so früh heimfahren mußten", sagte Urs Rheinquell in bestem Französisch. Dann setzte er sich auf seinen Platz.

Im Stadion klangen bald die Alphörner, die von den Musikern im eingeschrumpften Zustand ins Stadion mitgebracht wurden. Millie hatte ihm ja erzählt, wie schwer es war, Instrumente beliebig zu schrumpfen und rückzuvergrößern, weil die Abstimmung darunter leiden konnte. Dann hörte er noch das berühmte Jodeln. Er fragte den schweizer zaubereiminister schalkhaft, ob sie auch etwas vom berühmten schweizer Bergecho mitgebracht hatten.

"Das konnten wir leider in keinen Koffer bringen, junger Herr", erwiderte Rheinquell ohne zu lächeln. Julius war sich aber sicher, daß der Schweizer auf seinen Spaß eingegangen war. Neben den Jodlern und Alphornbläsern kamen noch viele Kuhglockenschwinger ins Stadion. Die Australier trommelten, klackerten und brummselten mit den bei ihren Ureinwohnern bekannten Instrumenten Dagegen an. Doch so ein Didgeridoo war im Vergleich zu einem Alphorn doch etwas zu leise. Julius dachte jedoch an schallgedämpfte Vuvuzelas, als mindestens tausend Didgeridoos einen tiefen, schwirrenden Klangteppich ausbreiteten.

Professeur Beaufort begrüßte alle Zuschauer und rief die Maskottchen auf das Spielfeld. Die Wollawangas kannte Julius ja schon. Die Schweizer hatten als Maskottchen Zwerge mit roten, grünen und blauen Zipfelmützen engagiert, die auf Zugpauken, Schellentrommeln, Flöten und Blechblasinstrumenten einen flotten marsch spielten, während sie auf ihrer Seite des Spielfeldes drei Runden im Kreis gingen. Dann kamen die Mannschaften. Julius kannte die Australier nun schon gut genug. Von den Schweizern fiel ihm nur die schwarzhaarige, untersetzte kleine Sucherin Hanni Geißensterz auf, weil sie trotz ihrer Kugelgestalt sehr quirlig wirkte und sehr lange Arme und Beine besaß. Ein wenig erinnerte ihn die Sucherin an Corinne Duisenberg. Von den Namen her waren alle Hauptsprachen der Schweiz irgendwie vertreten. Der Hüter Moroni mochte aus dem italienischen Teil stammen, während die beiden Treiber Albert und Armand Lebois aus dem französischen Teil um Lausanne stammen mußten.

Das Spiel selbst gestaltete sich zunächst schwierig, weil die Schweizer zunächst nur auf Torverhinderung spielten und sich von der Geschwindigkeit der australischen Jäger nicht beeindrucken oder gar anstecken ließen. Erst als Australien den wackelpuddingartigen Abwehrblock der Schweizer durchbrach und zwei schnelle Tore machte fiel es den eidgenössischen Quidditchspielern ein, daß sie besser auch mal ein Tor machen oder zumindest den Schnatz fangen sollten. Erst da wurde die Partie wirklich spannend. Denn nun kam es zu einem offenen Schlagabtausch, bis beide Mannschaften jeweils neunzig Punkte hatten. Dann trickste Pamela Lighthouse ihre Gegenspielerin Geißensterz aus und schnappte sich den Schnatz. Damit war Julius' Befürchtung, nicht mehr zum Spiel gegen Wales hingehen zu können als völllig unbegründet verworfen. Dabei hatte Pamela keine Doppelachse benutzt. Geißensterz hatte einfach zu sehr auf den Boden gesehen, während Pamela sich auch auf den Raum zwischen den Spielern konzentriert hatte. Denn dort war der Schnatz aufgetaucht und kurz am Ohr von Albert Lebois vorbeigeschwirrt.

"Hat sie nicht gut genug aufgepaßt, oder?" Fragte Rheinquell enttäuscht, als die Sucherin der Schweiz mit gesenktem Kopf mit ihren Kameraden eine traurige Ehrenrunde flog.

"Madame Lighthouse ist eine sehr flinke Fliegerin", stellte Beaufort anerkennend fest. Julius konnte dem nur beipflichten. Dann sah er zum Block der Greifennest-Schüler hinüber. Die aus Deutschland, Österreich und Liechtenstein stammenden Schüler lachten unverhohlen, während die aus der deutschsprachigen Schweiz sichtlich geschockt dasaßen. Julius wußte von Waltraud und Bärbel, daß die Greifennestler bis zum Finale blieben, für das ihre Schulleiterin Karten besorgt hatte. Ob sie weitere Spiele sehen wollten wußte er nicht.

Weil noch so viel Zeit bis zum Spiel blieb und Julius ja frei hatte besuchte er die Greifennest-Schüler in ihrem Lager. Waltraud meinte zu ihm: "Jetzt können wir entspannt zum Finale gehen, wo Rheinquells Jodeltruppe jetzt auch raus ist. Joseph hat sich ja schon mit Peter Rheinquell ein halbes Duell geliefert, weil der meinte, daß die Schweiz die Weltmeisterschaft holt."

"Oh, ein Duell zwischen Kronprinzen? Was sagte denn die Gräfin dazu?" Fragte Julius mit unüberhörbarem Spott.

"Peter ist der Neffe vom schweizer Zaubereiminister, nicht der Sohn. Deshalb kann Joseph den immer so gut ärgern. Aber wo du gerade hierbist, Julius, wie ist das nun mit dem elften August?"

"Ich habe meine derzeitige Vorgesetzte gefragt, ob sie mir und meiner Frau ein paar Stunden freigeben kann. Sie meinte, daß es ginge, uns für acht Stunden zwischen neun Uhr morgens und fünf Uhr Nachmittags freizustellen. Näheres müßte ich dann mit Magistra Rauhfels klären, zum Beispiel die An- und Abreisezeiten", antwortete Julius.

"Das können wir gleich erledigen. Magistra Rauhfels paßt gerade da drüben auf die beiden erwähnten Burschis auf", erwiderte Waltraud mit einer entsprechenden Deutungsbewegung. Julius nickte und ließ sich von der einstigen Austauschschülerin zu Magistra Rauhfels hinüberführen.

Julius begrüßte die Lehrerin, die ihn mit einer unmißverständlichen Armbewegung darauf hinwies, ihr aus dem Blickfeld zu bleiben. Als Julius sah, warum sie das wollte nickte er. Die beiden Jungzauberer hatten schon die Hände an den in ihren Gürteln steckenden Zauberstäben. Als Magistra Rauhfels sie beide wieder genau sah, wollten sie davongehen. Doch die Lehrerin sprach etwas, daß Julius nicht verstand. Außerdem klang ihre Stimme wie durch ein Ofenrohr. Vielleicht hatte sie den Vociiectus-Zauber benutzt, der den Klang einer Stimme über eine große Reichweite trug, allerdings nicht in alle Richtungen wie bei Sonorus, sondern in die Richtung, in der der Besitzer der Stimme beim Sprechen den Mund hielt. Julius mußte sich gedulden, bis Fluglehrer Windspiel herankam und sich zwischen Magistra Rauhfels und die beiden gerade so noch im Zaum gehaltenen Streithähne postierte. Die Lehrerin machte eine schnelle Zauberstabbewegung vor Hals und Mund und ssagte dann auf Französisch: "Tut mir leid, Sie solange aufgehalten zu haben. Aber die beiden Burschen stehen davor, ihre Nationalehre mit dem Zauberstab in der Hand zu verteidigen. Da beide nicht gerade unwichtige Eltern haben wäre es höchst peinlich, wenn wir dieses Gebaren gestatten würden. Fräulein Eschenwurz hat Ihnen von meiner Initiative anläßlich der in Süddeutschland sichtbaren totalen Sonnenfinsternis berichtet?" Julius nickte. Er erwähnte, daß sie ja wußte, daß er sich für Astronomie und Kräuterkunde begeisterte und fragte, wie er eine Einladung zu dieser Veranstaltung bekommen könne. Denn seine derzeitige Vorgesetzte habe ihm und seiner Frau gestattet, bei diesem Naturschauspiel in Greifennest zu sein.

"Ich benötige bis zum neunten August eine Liste von maximal zehntausend Interessenten für die Sonnenfinsternis und maximal eintausend für die besichtigung der photosensitiven Zauberkräuter. Falls Sie und noch jemand aus Ihrem Bekannten und Verwandtenkreis daran Interesse hat, bitte ich Sie um eine schriftliche Anfrage bis spätestens zum achten August. Heute ist der vierte. Sie haben also noch vier Tage Zeit. Ich habe bereits aus Norddeutschland und den Niederlanden, Luxemburg und Dänemark Anfragen. Die franzosen werden sich wohl über Straßburg an die Saar begeben, und die Bewohner Ihres Geburtslandes werden wohl nach Cornwall pilgern. Unser Ansinnen ist es, das Zusammenspiel der Sonne mit magischen Lebewesen in einer kurzen, allgemeinverständlichen Art zu vermitteln. Falls Sie also interessiert sind ..." Julius nickte. Er wollte gerade nach einem genauen Ablaufplan fragen, als er die Gedankenstimme seiner Schwiegermutter im Kopf hörte:

"Julius, komm bitte zu mir! Anfrage von McGonagall und Wright!" Julius sah die beiden deutschen Hexen an und sagte: "Entschuldigung, die Damen, ich hätte gerne noch nach einem genauen Ablaufplan gefragt, aber ich wurde soeben in das Büro meiner Arbeitgeberin gerufen, obwohl ich gerade meine Freizeit habe."

"Außergewöhnliche Anliegen kennen keine Zeitpläne", erwiderte Magistra Rauhfels. "Sie bekommen aber einen formalen Ablaufplan zugeschickt. Pomme de la Vie heißt Ihr Haus?"

"Das ist richtig, Magistra Rauhfels. Aber sie brauchen der Eule nur zu sagen, daß sie das Apfelhaus am Farbensee anfliegen muß oder meinen Namen als Ziel sagen!"

"Dann werden Sie morgen spätestens die gewünschten Unterlagen haben. Dann können Sie auch gleich nachfragen, wer noch alles mit Ihnen mitkommen möchte. Dann auf, frohes Schaffen!"

"Weiß ich noch nicht, ob ich was arbeiten muß", sagte Julius. Dann mentiloquierte er seiner Schwiegermutter, daß er gleich bei ihr sei. Waltraud sah ihn mit konzentrierter Miene dastehen und blickte ihn mit einer Mischung aus Anerkennung und ein wenig Neid an.

"Wie lange kannst du schon mentiloquieren?" Fragte sie. Er sagte ihr, daß er das seit der Sache mit Hallitti konnte. Dann disapparierte er.

"Melde mich wie angefordert, Madame Latierre", begrüßte Julius seine Schwiegermutter und derzeitige Arbeitgeberin.

"Ich habe eine gewisse Anforderung erhalten. Die Schulleiterinnen McGonagall und Wright möchten mit ihren Schützlingen gerne am sechsten August nach Paris und dort vor allem in den Louvre und baten ausdrücklich um deine Begleitung, da du dich in der Muggelstadt und mit den Verkehrsmitteln der Muggel ja gut auskennst. Da sie mit mehr als fünfzig Schülern eingetroffen sind werden sie selbst dabei sein und die mitgereisten Heilerinnen Pomfrey und Merryweather auch. Das ergibt dann einen Betreuerstab aus fünf Personen. Ich bin gewillt, diese Anfrage positiv zu bescheiden, wenn du mir sagst, daß du keine Probleme damit hast, die nötigen Vorbereitungen zu treffen."

"Hmm, die nötigen Vorbereitungen? Das ist nicht so einfach. Ich muß für so viele Leute Eintrittskarten bestellen, Tageskarten für Metro und Bus organisieren und noch einiges. Dazu müßte ich Millemerveilles verlassen und bei meiner Mutter in Paris an das Telefon und den schnelleren Computer, wenn ich nicht persönlich bei den Leuten vom Louvre vorsprechen muß, um für diesen kurzen Vorlauf so viele Karten zu kriegen. Das geht schon bald über Zauberei hinaus, und die werde ich ganz sicher nicht benutzen dürfen, richtig?"

"Bedauerlicherweise ja, Julius. Wenn du also sagst, daß es schwierig ist, die Vorbereitungen zu treffen, werde ich die Anfrage als zu spät eingetroffen bedauern und zurückweisen."

"Catherine Brickston hat mal was erzählt, daß sie Leute im Louvre kennt. Das war wohl nötig, weil es ja vorkommen kann, daß verhexte Artefakte dort hingelangen können. Außerdem gibt's unter dem alten Kasten noch eine Menge Kellerräume, von denen keiner mehr weiß, was da mal gemacht wurde, als das Schloß königliche Residenz war", erwiderte Julius. "Darf ich sie also in die Anfrage und Vorbereitungen mit einbeziehen, falls sie das möchte?"

"Erlaubnis erteilt, wie es bei den Muggelseestreitkräften heißt, Julius. Du denkst also, du könntest es bis morgen schaffen, ohne auf das Wales-Spiel verzichten zu müssen?"

"Sagen wir es so, ich habe das noch nie gemacht und daher keine Ahnung, ob das geht und wie lange es dauert, das einzufädeln. Ich sehe das aber als interessante Herausforderung an und werde zusehen, bis heute Abend die notwendigen Vorbereitungen abzuschließen. Ähm, der Louvre interessiert sicher auch meine Hausgäste. Die waren zwar in Paris, aber nicht in den Museen, weil die Stadt und Versailles denen schon genug zu bieten hatten. Gilt die Anfrage nur im Bezug auf Hogwarts und Thorntails?"

"Ursprünglich schon. Aber andererseits könnten ein paar mehr volljährige Betreuer nicht schaden. Ihr dürft eben in der Muggelstadt nicht zaubern, sofern kein magischer Angriff oder eine unmittelbare Lebensgefahr zu bewältigen sind", wies Hippolyte ihren Schwiegersohn noch einmal auf die Beschränkungen in Muggelsiedlungen hin.

"Gut, ich frage die Eheleute Brocklehurst, Gloria und Pina, ob sie Lust auf den Louvre haben. Wie viele darf ich maximal dazubitten?"

"Nun, nicht-schulische Teilnehmer müßten die sicher anfallendem Kosten selbst tragen. Professeur McGonagall und Directrice Wright haben mir je zwei Galleonen pro Schüler zugesagt."

"Oha, daa geht es schon los, Hippolyte. Paris ist ziemlich teuer, genauso wie das London der Muggel. Da kommen die mit je zwei Galleonen nicht mal durch die Glaspyramide vor dem Louvre. Ich war mit Catherine da, da habe ich schon gekeucht, als ich hörte, wie viel die umgerechnet in Pfund für sie und mich hinblättern mußte. Sage den beiden Damen Schulleiterinnen bitte, ich müsse erst die genauen Preise ermitteln. Falls sie die zu zahlen bereit seien würde ich vorbestellen. Falls nicht, dann sollten sie es auf einen ruhigen Tag in der Provence anlegen, wenn sie aus Millemerveilles rauswollen."

"Gut, ich stelle dir eine Organisationsaufforderung aus, die dich berechtigt, mit den dafür zuständigen Personen direkt zu sprechen. Dann kannst du das den beiden Damen selbst sagen", erwiderte Hippolyte. Julius unterdrückte den Ärger, den er empfand. Hatte er sich doch glatt angeboten, daß sie ihm den ganzen Verantwortungskrempel auflud. Doch er hatte vor sich und anderen beschlossen, die Konsequenzen aus seinen Worten und Handlungen zu tragen. So nickte er und stimmte dem Vorhaben zu.

Zehn Minuten später stand Julius bei seiner Mutter in der Wohnung in der Rue de Liberation 13. Sie spielte gerade Schach gegen Eleonore Delamontagne.

"Huch, du bist nach Paris gekommen, Eleonore?" Fragte Julius die Dorfrätin.

"Erzähl das bitte nicht in Millemerveilles herum. Offiziell bin ich bei meiner Mutter zu Besuch. Ich wollte unbedingt aus dem Dorf heraus, bevor einige Herrschaften zu private Fragen stellen können."

"Edouard erwähnte was, wo Hera dran beteiligt ist", sagte Julius leise.

"Im wesentlichen wohl dann mein mann. Hat er das etwa schon wem anderen erzählt?"

"Er sprach nur davon, daß ein Verdacht Aurora Dawns sich bestätigt habe. Mehr nicht."

"Die mußte mich gestern morgen ausgerechnet finden, als mich eine heftige Übelkeit überkam, als ich mit dem britischen Zaubereiminister sprechen wollte. Okay, wenn du es außer deiner Frau niemandem erzählst darfst du wissen, daß ich wohl im nächsten April wieder ein Kind erwarte." Martha Eauvive sah ihre Schachgegnerin verblüfft an. Dann gratulierte sie ihr.

"Ich erzähle es außer meiner Frau keinem und sehe zu, daß das auch keiner mithören kann. Es schwirren ja doch viele Reporter in Millemerveilles herum. April, dann könnte Linda Knowles das bald an den Herztönen hören", erwähnte Julius.

"Bis dahin wird die Weltmeisterschaft vorbei sein." Julius nickte und erwähnte dann das eigentliche Anliegen.

"Zwei Galleonen für einen Tag in Paris inklusive Louvre. Damit kommen die aber nicht aus", sagte Martha Eauvive. "Du kannst an den Rechner. Mit der DSL-Verbindung kannst du dir alle nötigen Informationen holen und ausdrucken lassen. Der ist ja doch ein wenig schneller als der Laptop mit dem Satellitenmodem." Julius nickte und ging in das Arbeitszimmer seiner Mutter, wo der PC bereits lief. Im Moment liefen keine anderen Anwendungen, so daß Julius über Internet alle nötigen Daten über den Louvre inklusive Erreichbarkeit, Eintrittspreise und Kartenverkaufstelefonnummern innerhalb weniger Minuten abgerufen und ausgedruckt hatte. Er dachte daran, wie schnell das jetzt ging. Er drückte die linke Maustaste, und schon war die Internetseite auf dem Bildschirm. Er fragte seine Mutter noch, ob er telefonieren dürfe. Sie meinte scherzhaft, daß er seine Frau in Millemerveilles anrufen könne, daß er später zum Essen käme. Er erwähnte jedoch nur, daß er nach Tarifen für Schülergruppen fragen wollte, weil dazu nur unzureichende Angaben gemacht worden seien. Außerdem müsse er dann wohl Tageskarten für Metro und Busse ordern. Dann erst fiel ihm ein, daß er ja erst nachfragen mußte, ob McGonagall und Wright darauf eingingen und verabschiedete sich bis später. Durch den Kamin kehrte er in das provisorische Sprechzimmer seiner Schwiegermutter zurück. Er gab ihr einen der Ausdrucke zu lesen und verließ das Rathaus, um zu Professor McGonagall zu apparieren. Als er ihr die den Auftrag zur Durchführung der Organisation und die von ihm bereits eingeholten Informationen vorlegte und die in Franc angegebenen Preise in Galleonen umrechnete bekam die Hogwarts-Schulleiterin große Augen.

"Nun, hätte ich das gewußt, wie kostspielig dieser Ausflug wird hätte ich Prinzipalin Wrights Ansinnen sicher abgelehnt. Ich weiß nicht, ob ich diese Ausgaben über den Etat für unterrichtsbezogene Ausflüge und hauseigene Lehrmittel verbuchen kann. Will sagen, rein bürokratisch könnte ich dies. Aber dann stünde uns womöglich nicht mehr genug Gold für wichtigere Anschaffungen zur Verfügung."

"Hmm, haben die Eltern der Schüler Ihnen nicht was für das Mitnehmen bezahlt?" Fragte Julius.

"sie belieben zu scherzen, Mr. And..., hämm-ämm, Latierre. Die meisten mir anvertrauten Schüler sind Muggelstämmige, deren Eltern nur zugestimmt haben, wenn ihnen dabei keine Mehrkosten entstünden. Somit konnte ich nur auf den ministeriellen Zuschuß zur Weiterbildung von Schülern und eine Besucherförderung der britischen Abteilung für magische Spiele und Sportarten zurückgreifen, um herzukommen."

"Haben Sie Ihre Schüler schon gefragt, wer alles mitkommen möchte. Museen können für Kinder totlangweilig werden, vor allem, wenn da nichts blinkendes und piependes drin passiert. Auch wenn da keiner zaubern darf könnte das Probleme mit der Disziplin geben, wenn Sie über hundert Leute ohne rechte Lust und ohne Sinn für die Sachen mitschleppen möchten. Ich meine, Sie sind Lehrerin. Sie empfinden es als wichtiger, Leuten was beizubringen als zu fragen, ob sie was lernen wollen. Aber wenn Sie wirklich möchten, daß ich und eventuell Ms. Porter, Ms. Watermelon und die Eheleute Brocklehurst mitkommen, die das aus eigener Tasche bezahlen würden, dann bedenken Sie bitte, daß wir keine Lehrer sind!"

"Ich habe gerade ernsthaft gedacht, Sie wagten es, mich zu maßregeln, Mr. Latierre", erwiderte Professor McGonagall ungehalten. "Aber ich muß erkennen, daß es durchaus geboten ist, die Zahl der Schüler auf die zu begrenzen, die wahrhaftig interessiert sind. Denn desinteressierte Schüler würden den Informationsfluß durch Zwischenreden und aus Langeweile erwachsendem Unfug stören. Damit würde die aufgewandte Zeit wie die aufgewandte Goldmenge sinnlos vergeudet. Nun, ich selbst habe das Museum vor zwanzig Jahren zusammen mit Ihrer ehrenwerten Schulleiterin Madame Faucon besucht. Dabei wurden wir auch Zeuginnen von Schülergruppen aus anderen Ländern, die sich durch die von Ihnen erwähnte Ungehörigkeit und Desinteressiertheit unangenehm hervortaten. Da unsere Schulen nicht zum Thema öffentlicher Erwähnung in den Muggelnachrichten werden dürfen muß ich Ihren Einwand als vollkommen gerechtfertigt anerkennen und die Zahl der Interessierten Schüler herausfinden. Wenn ich diese kenne sende ich Ihnen eine Eule in Ihr Wohnhaus. Oder halten Sie sich zur Zeit andernorts in Millemerveilles auf?"

"Ich lote noch aus, wer sich an dem Ausflug beteiligt, da es wohl nicht unpraktisch ist, bei so vielen Schülern ein paar Erwachsene dabei zu haben, eben auch um das von Ihnen befürchtete Gerede in den Muggelmedien zu vermeiden. Ich bin aber heute Mittag gegen halb zwei in meinem Wohnhaus", erwiderte Julius. Professor McGonagall nickte. Dann fiel ihr ein, daß sie auch per Kontaktfeuer mit ihm sprechen könne. Er hätte fast gesagt, sie könne ihn auch anmentiloquieren. Aber er nickte nur.

Julius verabschiedete sich von seiner früheren Verwandlungslehrerin und apparierte zu jemen Zeltlager, wo die Delegation aus den Staaten gewohnt hatte. Nach dem Ausscheiden der US-Mannschaft wohnten dort nur noch wenige Leute, darunter Venus Partridge. Brittany hatte ihm mal erzählt, daß Venus gerne den Ort besuchen wollte, wo ihre marmorne Namensvetterin ausgestellt sei, sie aber nicht wüßte, wo das in Paris sei und wie sie dort ohne unübersehbare Magiebenutzung hinkommen könnte. Venus saß vor einem klein wirkenden Zelt auf einer Bank und las in einem Buch über Millemerveilles. Sie begrüßte Julius mit den Worten:

"Huijuijui, da haben Millie und du euch aber einen ziemlich geschichtsträchtigen Wohnort gesucht. Hast du gerade Freizeit?" Julius sagte, daß er eigentlich frei hatte, aber für Wright und McGonagall einen Kulturausflug nach Paris organisieren wolle und ihm eingefallen sei, daß sie ihre steinerne Kollegin ohne Arme ja noch besuchen wolle und die nun einmal im Louvre stehe.

"Das weiß ich mittlerweile. Aber außer Britt hat bei uns aus VDS keiner es bisher gewagt, in eine Muggelsiedlung mit den ganzen Autowagen und Untergrundeisenbahnen zu gehen, und Britt ja auch nur, weil sie Muggelgroßeltern hat." Julius legte ihr die ausgedruckten Daten vor, die er in weiser Voraussicht von englischen Ausgaben der offiziellen Seiten hatte ziehen können.

"Wohl dem, der an dieses Internet drankommt", sagte Venus und las die Angaben. Julius rechnete ihr den Preis in Galleonen aus und war froh, nicht erst in Dollar umrechnen zu müssen. Venus pfiff durch die Zähne und sagte, daß es zwar ein teurer Spaß sei, aber im Vergleich zu den Karten für die US-Spiele noch verträglich sei. Sie bedankte sich bei Julius und sagte zu, mitzukommen, sofern Prinzipalin Wright die Teilnahme außerschulischer Mitreisender erlaubte. Julius erwähnte, daß das eine Bedingung war, unter der er überhaupt zugesagt hatte, das ganze anzukurbeln.

Mittags sprach er mit Millie und den Hausgästen darüber. Millie prüfte ihren Dienstplan nach. Sie hatte am sechsten August nichts zu tun. Abends würde zwar das Spiel Peru gegen Bulgarien steigen, aber bis fünf Uhr Nachmittags habe sie Zeit. Julius räumte ein, daß sie wohl bis abends um sieben oder acht fortbleiben müßten, wenn sie wirklich was vom Louvre und Paris sehen wollten, ohne apparieren zu können.

"Meine Mutter findet es offenbar spannend, dich für derartiges zeug einzuspannen, Julius. Organisieren, mit Leuten verhandeln und am Ende noch als Aushilfsbändiger für Kleingemüse aus Hogwarts und Thorntails einspringen. Sieht ihr ähnlich. Daran merke ich mal wieder, daß Ma und Tante Babs doch Schwestern sind, die hat sowas nämlich auch drauf, Leute mal eben und ganz unvorbereitet auf sowas anzusetzen."

"Oh, dann könnte es sein, daß deine Mutter möchte, daß ich mich für einen Posten bei deiner Tante Barbara qualifiziere. Packe ich das hier, hat sie keine Probleme, ihr mich zu empfehlen. Verhaue ich es, wird sie mir wohl raten, nicht ausgerechnet bei Tante Babs anzuklopfen", erwiderte Julius mit gewissem Unmut. Da hätte er doch echt selbst drauf kommen können, daß es seiner Schwiegermutter ganz gelegen kam, jemanden zu brauchen, der in der Muggelwelt bescheid wußte. "Okay, Julius, ich bleibe dann doch besser hier, zumal unsere derzeitige Chefin nicht ausdrücklich empfohlen hat, mich auch noch einzubeziehen."

"Du kannst Englisch und Französisch. Wäre also kein Akt, ihr deine Teilnahme auch noch unterzujubeln", erwiderte Julius. Millie schüttelte den Kopf und sagte: "Neh, Julius, lass mal! Die Brujitas aus Peru haben nur Respekt vor großen Hexen und starken Zauberern. Ich bin von Ma schon als Daueransprechpartnerin von den Quidditchleuten da festgenagelt worden. Da kann ich wohl nicht mal eben raus. Vor allem jetzt, wo die so gespannt drauf sind, ob ihr Liebling denen vielleicht den Pokal gewinnt."

"Die müssen gegen Bulgarien ran, richtig", sagte Gloria. Julius nickte. "Dann müssen die auf jeden Fall sechzehn Tore mehr machen als Bulgarien, weil Krum den Schnatz eh wieder fängt."

"Dann geht das große Jammern und Wehklagen los", bemerkte Brittany. Julius nickte nur. Millie bestätigte noch einmal, daß sie am sechsten nicht mit nach Paris käme. Dann ging es noch um Brittanys und Linus' Teilnahme. Gloria und Pina wollten auch mit, wobei Gloria klar einräumte, da nicht das Vertrauensschülerabzeichen anzustecken, Pina ebensowenig.

Am Nachmittag apparierte Professor McGonagall vor dem Apfelhaus und übergab Julius eine Liste mit Teilnehmern aus Hogwarts und Thorntails.

"Bitte regeln Sie die muggelweltlichen Formalitäten, Mr. Latierre und teilen Sie uns mit, wer noch bei diesem Ausflug dabei sein wird und wie wir von hier nach Paris reisen können." Julius konnte ihr diese Frage bereits beantworten. Außer den Brocklehursts, Gloria und Pina würde noch Venus Partridge aus Viento del Sol dabei sein. Er erwähnte noch, daß er Catherine Brickston fragen wollte, ob sie Zeit und Lust habe, vor der Reise zum Halbfinale an diesem Ausflug teilzunehmen. Dann verabschiedete er sich von der Schulleiterin von Hogwarts.

Catherine Brickston sagte sofort zu, als Julius ihr am späten Nachmittag noch die Frage stellte, ob sie ihre Kontakte in den Louvre bemühen wollte, um einer größeren Schülergruppe einen Tagesausflug zu spendieren. Catherine wies Julius darauf hin, daß sie alle mit mindestens zwei lizenzierten Museumsführern gehen müßten, denn selbst wenn Julius oder sie genug über den Louvre zusammenlesen konnten, um die Gruppen hindurchzuführen, durften sie dies nicht, solange sie keine staatliche Lizenz hatten. Julius schlug sich fast vor den Kopf, daß er das bei allem Organisationsrausch nicht bedacht hatte. Catherine lächelte und sagte ihm: "Ich wäre da auch nicht draufgekommen, obwohl ich Babettes ganzes Leben mit der Bürokratie aus beiden Welten zu leben habe, Julius. Mein Kontaktmann im Louvre hat mich nur gefragt, wie viele von seinen englischsprachigen Führern er für die Gruppe abstellen müsse, da ja nie mehr als dreißig Leute pro Gruppe geführt würden und die Betreuung einer Gruppe nur von einem Angestellten des Luvre mit örtlicher Fremdenführungslizenz geleitet werden dürfe." Julius sah es ein und gab Catherine noch einmal die Zahl der Teilnehmer an. Er würde sich dann Gedanken über die Betreuung der Gruppen machen. Vielleicht kam er dabei sogar darum herum, mit jenen Muggelstämmigen in einer Gruppe zu laufen, die ihm das übelgenommen hatten, daß er nicht aus Solidarität mit ihnen in Askaban gelandet war. Jacks Beinahetod im Springschnapperfeld hatte ihnen zumindest gezeigt, daß sie dem offenbar verstörten Jungen nicht alles nachplappern durften. Julius bedankte sich bei Catherine für ihre Hilfe und die nützlichen Hinweise. Es war doch gut, wenn wer einen Draht zu echten Menschen hatte. Internetrecherchen alleine brachten es nicht immer. Er flohpulverte sich wieder zurück nach Millemerveilles. Dann wurde es auch schon höchste Zeit für das Spiel von Wales.

Julius traf die Hardins und Barley in der Ehrenloge an. Kingsley Shacklebolt durfte wieder einmal mehr einer britischen Mannschaft zusehen. Die Waliser hatten statt der Waldfrauen eine Gruppe Meerleute mitgebracht, die in vier großen Wasserbecken hereingetragen wurden. Julius erkannte, daß es sich um jenen Stamm handelte, der auch im schwarzen See von Hogwarts wohnte. Das Spiel selbst war eine zähe Angelegenheit, weil beide auf Torverhinderung spielten und nur alle zehn Minuten ein Tor fiel. Nach drei Stunden schaffte es Deardre Hardin, den Schnatz zu fangen. Die Waliser waren hochzufrieden. Julius war müde und wußte, daß er morgen noch eine Menge zu regeln hatte. Sicher, Catherine hatte ihm das Anrufen der Leute im Louvre abgenommen. Aber den Rest des Ausflugs mußte er durchplanen. Darauf hatten sie und er sich verständigt. Er hatte ihr von Millies Vermutung erzählt, daß ihre Mutter ihn testen wolle, ob er zu sowas wie der Organisation eines Ausflugs fähig sei. Er wollte diesen Test unbedingt bestehen, wenn es einer war. Falls es keiner war, wollte er zumindest wissen, was er sich nach Beauxbatons zutrauen konnte und wo er vielleicht noch was neues dazulernen mußte.

 

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Den nächsten Tag verbrachte er damit, die Tagestickets für die ganze Reisegruppe zu buchen, bei Gringotts Paris mehr als tausend Galleonen in Bargeld umzutauschen, einen Teil davon für Catherine abzuzweigen, die die Tickets über ihre Kreditkarte laufen ließ und auch genug Handgeld für die Schüler zu haben, wenn diese Hunger und Durst bekamen. Des weiteren hatte er damit zu tun, eine Gruppeneinteilung festzulegen. Er wollte nicht nur Jungen oder nur Mädchen in einer Gruppe haben. Insgesamt würden es mit allen Thorntails-Schülern zusammen neunzig Leute sein. Also mußten drei lizenzierte Louvre-Angestellte die Gruppen führen. In jeder Gruppe konnte ein männlicher Begleiter mitgehen, denn außer ihm und Linus würde noch Ares Bullhorn von der Thorntails-Akademie mitgehen. Die beiden Schulleiterinnen ließen es sich ebensowenig entgehen. Nicht alle aus Hogwarts und Thorntails wollten mit. So blieben die beiden Schulkrankenschwestern Pomfrey und Merryweather als Aufsicht oder Kontakt zwischen Schülern und dem Rest der Zaubererwelt in Millemerveilles. Hippolyte Latierre erhielt am Abend einen detaillierten Bericht, den Julius vorsorglich mit der Hand geschrieben hatte. Eigentlich hätte er ihn auch mit seinem Laptop erstellen können. doch noch rechtzeitig fiel ihm ein, wie befremdlich Zauberer gedruckte Sachen fanden.

"Ich habe das hier alles in Tabellen zusammengefaßt und hier die Zusammenstellung der Gruppen angegeben. Mr. und Mrs. Brocklehurst so wie Ms. Partridge bezahlen ihren Anteil selbst. Madame Brickston hat über einen Verbindungsmann zum Louvre einen Rabbat für große Gruppen ausgehandelt und nimmt als direkte Ansprechpartnerin zur Museumsleitung an der Führung teil. Sie wird zusammen mit dieser Schülergruppe, Professor McGonagall und Mr. Brocklehurst gehen", referierte Julius und deutete mit dem Finger auf die Liste der Schüler, die er in eine Gruppe eingeteilt hatte. Hippolyte las die Namen und fragte, ob das alles Muggelstämmige seien. Julius nickte. Dann deutete er auf die zweite Gruppe und erwähnte, daß diese von Professor Bullhorn, Brittany Brocklehurst und Ms. Partridge begleitet würde. Die letzte würden er und Prinzipalin Wright begleiten. Die Schüler von da waren fast alle Zaubererweltgeborene oder Halbmuggelstämmige.

Dich wurmt es immer noch, daß diese Ignoranten meinen, du hättest dich mit deiner Mutter von dieser Umbridge einfangen und malträtieren lassen sollen, wie?" fragte Hippolyte, als sie alle Gruppen geprüft und abgenickt hatte. Julius erwiderte darauf:

"Wer mit mir nichts zu schaffen haben will und total widersinnige Gründe dafür anführt, muß mich nicht aushalten und auch nicht darauf bestehen, daß ich in dessen Nähe bin. Das Ding mit diesem Jack Bradley hat mich schon heftig runtergezogen, vor allem, weil Jeanne dabei fast ihre beiden Kinder verloren hätte."

"von den Damen, die du mit zu dem Ausflug nimmst erwartet aber keine ein Kind, oder?" Fragte Hippolyte hintersinnig. Julius verneinte es. Dann ritt ihn der Teufel und er sagte im Schutz des Klangkerker-Büros: "Natürlich kann ich nur von Brittany, Venus, Gloria und Pina sicher sein, daß sie gerade keine Kinder erwarten. Was Professor McGonagall oder Prinzipalin Wright angeht kann ich da nicht so sicher sein."

"Laß die beiden das nicht hören, Julius! Abgesehen davon, daß du deine Integrität bei denen verspielen könntest würde sich Prinzipalin Wright womöglich so sehr über deine Unterstellung amüsieren, daß sie keine Luft mehr bekommt und tot umfällt. Millie hat dir ja gesagt, daß sie morgen die Peruaner beaufsichtigt. Das wird sowieso ein Spiel, wo ich mal wieder nicht weiß, was danach passiert. Bulgarien will unbedingt wieder ins Finale, und Peru ist im Moment berauscht vom bisherigen Verbleib im Turnier."

"Die Fans von Irland könnten auch Probleme kriegen, wenn sie nicht ins Finale kommen", sagte Julius. "Habe mich schon gewundert, daß die Brasilianer so friedlich geblieben sind."

"Millie hat mir das von ihrer angeblichen Konkurrentin erzählt. Aber ich denke, du hast an meiner Tochter sicher mehr Freude, zumal die Dame aus Ipanema nicht zu dir nach Frankreich umgezogen wäre."

"Ich hatte auch keine Lust, mich mit deren großem Bruder zu zanken", erwiderte Julius. Dann sagte er: "Deine Tochter Mildrid hat mir mehrmals geholfen, aus verdammt schwierigen Sachen rauszukommen. Ich wäre ein Drecksack, wenn ich die wegen einer temperamentvollen Hexe aus Südamerika sitzen ließe, vielleicht dann noch mit einem Kind von mir. Das würde ich dann ja nie im Leben zu sehen kriegen."

"Das ist schön, daß du das sagst, Julius. Aber zeige es Millie nicht so offen wie mir. Sie sollte immer davon ausgehen, daß du genauso deinen Kopf hast wie sie ihren. Wenn ihr euch ergänzt sehr schön. Aber daß sich der eine der anderen unterwerfen muß wollte ich nicht und wollen die Damen von der Mondburg auch nicht", erwiderte Hippolyte. Dann blickte sie auf ihre Wanduhr und sagte laut: "Okay, wir sind dann mit unserem Termin durch. Draußen warten sicher schon die vier nächsten Verabredungen." Sie tippte mit dem Zauberstab an ihren Schreibtisch. Julius wußte, daß sie damit das Türschild umschreiben konnte. Er verließ das Büro und sah Mrs. Finnigan von der irischen Quidditchsektion vor sich. Er grüßte höflich. Dann verließ er das Rathaus.

Abends erlebte Julius dann das Spiel der Iren gegen Luxemburg mit. Außer, daß die Luxemburger alles von den Leprechans abgeregnete Scheingold zusammengerafft hatten und daß die Waldzwerge der Luxemburger mit ihren grünen Mänteln und Mützen wie verkleinerte Jagdgesellen aussahen behielt Julius nur in Erinnerung, daß Irland bereits nach einer halben Stunde mit dreißig zu fünf Toren und dem Schnatzfang die Partie entschied und damit bereits zu den letzten, den großen vieren aufschloß. Julius war schon ein wenig betrübt, daß er das Spiel Schottland gegen die Ukraine nicht mitbekommen würde. Auch das Spiel Peru gegen Bulgarien hätte ihn interessiert. Doch er sah es ein, daß er mit der Aufgabe der Besucherbetreuung gewisse Sonderaufgaben übernommen hatte.

 

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Der Morgen begann für Julius bereits um halb sechs. Er wollte sich leise und so bewegungsarm wie er konnte aus dem Ehebett davonstehlen. Doch Millie war auch schon wach und hielt ihn zurück. "Hallo, du wirst der Mutter deiner Kinder doch wenigstens einen guten Morgen wünschen, bevor du ins Bad gehst, oder?" Fragte sie. Julius entschuldigte sich, falls er sie geweckt hatte und begrüßte seine Frau mit einem Kuß, wie er es sehr häufig am Morgen tat. Erst dann bekam er die Erlaubnis, das Badezimmer aufzusuchen.

Gefrühstückt wurde um sechs Uhr. Brittany und Linus hatten sich muggelwelttauglich gekleidet. Julius hatte ebenfalls nur Hemd und Hose seiner Dienstuniform angezogen und den auffälligen Umhang fortgelassen. Sein zauberstab steckte im Gürtelfutteral, das er in seinem rechten Hosenbein hatte versenken können, um nicht aufzufallen.

Um möglichst viel vom Tag zu haben hatten die Schulleiterinnen von Hogwarts und Thorntails darauf bestanden, um spätestens acht Uhr morgens aufzubrechen. Um nach Paris zu kommen würden sie zwei Reisesphären aufrufen. Um die Schüler alle zum Ausgangskreis zu bringen mußte Julius bereits um sieben Uhr am ersten Zeltlager eintrudeln, wo die Thorntails-Schüler wohnten. Brittany und Linus kannten den Platz ja schon und würden mit Pina, Gloria und Venus dort warten. Madame Faucon würde eine der Reisesphären aufrufen. Catherine die zweite.

Als Julius bei Prinzipalin Wright und Professor Bullhorn vorsprach erlebte er eine Überraschung. Mr. Bluecastle, der Chef der Buslinie Blauer Vogel, stand vor der weißhaarigen Schulleiterin und machte ausladende Gesten, wobei er sehr ungehalten klang.

"Ich ging davon aus, wir würden hier unsere Errungenschaften vorstellen, Madam Wright. Und jetzt höre ich, daß Sie nicht eine Sekunde daran gedacht haben, den von mir hier zur Präsentation abgestellten Vorführbus zu nutzen, um nach Paris zu reisen, obwohl in diesen mindestens hundertfünfzig Personen hineinpassen. Das finde ich höchst unsolidarisch."

"Wie können Sie es wagen, sich in Ihrer ganzen Feistigkeit vor mich hinzupflanzen und mir unterstellen, ich Hätte auf Ihren Prunkbus zurückzugreifen, wenn ich mit den mir anvertrauten Schülern einen Ausflug machen möchte?" Fauchte Prinzipalin Wright. "Daß Sie Ihre Busse nach dem Ende der Ausfuhrfrist gerne in Europa und vor allem Asien vermarkten möchten ist Ihr gutes Recht. Es ist aber nicht Ihr Recht, mir vorzuschreiben, wie ich mit den mir anvertrauten Schülerinnen und Schülern verreise. Abgesehen davon hat Ihnen der Vorfall nach der Ankunft hier doch sicher gezeigt, daß Ihr Fahrzeug nicht sonderlich gut gelitten ist, wenn es fährt. Die Bürger und Gäste in Millemerveilles halten nicht viel von muggelartigen Maschinen. Das sollten Sie genauso respektieren wie ich und ... Moment, Mr. Latierre!" Sie bedeutete Julius, noch zu warten und gab Mr. Bluecastle damit Gelegenheit, auf ihre Vorhaltungen zu antworten:

"Dieser italienische Vandale, der den Hinterreifen zerflucht hat hat schon eine Klage wegen mutwilliger Sachbeschädigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung am Hals. Der darf mir demnächst so viel Silber rüberreichen, wie er Kilogramm wiegt. Was die Leute hier angeht, so hat mich dieser Gent da schon drauf angequatscht, daß die hier alle wegen ihrer schwarzmagischen Käseglocke meinen, hinter Sonne und Mond leben zu müssen." Er deutete auf Julius und sprach dann weiter. "Das gilt aber dann wohl nicht für die ganzen Besucher der Weltmeisterschaft. Irgendeinen Nutzen müssen wir Amerikaner doch daraus ziehen, wenn wir schon so eine Truppe aus Erntedanktruthähnen am Start hatten, über die jetzt die halbe Zaubererweltgemeinschaft lacht. Deshalb bestehe ich in meiner Eigenschaft als viertgrößter Hauptsponsor von Thorntails darauf, mit mir zusammenzuarbeiten. Widrigenfalls kann ich die großen acht zusammentrommeln und mit denen aushandeln, daß Ihre Schule von uns keinen Knut mehr an Unterstützung bekommt."

"Sie sind echt dreist, mich vor Zeugen erpressen zu wollen", grummelte Prinzipalin Wright. Julius ritt ein Frechheitsteufel. Er trat vor und fragte unbekümmert klingend:

"Seit wann ist Ihr blitzeblauer Bus denn in Frankreich zugelassen, Sir. Wer auf französischen Straßen und vor allem den gebührenpflichtigen Autobahnen herumfährt muß ein hier angemeldetes oder anderswo zugelassenes Auto fahren. Sonst gibt es Ärger mit der Polizei, und der könnte dann das Zaubereiministerium hier auf den Plan rufen, Sir. Das wäre keine tolle Reklame für Ihr Unternehmen, das nur aus der Warte eines zeitweilig im Zaubereiministerium in untergeordneter Stellung tätigen Mitarbeiters."

"Häh?! Was fällt dir halbem Hemd ein, dich da reinzuhängen, wenn ich mit dieser Lady wichtige Geschäftsverhandlungen habe, ey?" Blaffte Bluecastle Julius an. Prinzipalin Wright grinste hinter seinem Rücken und zwinkerte Julius undamenhaft verwegen zu.

"Das halbe Hemd nehme ich mal als Ausdruck Ihrer Hilflosigkeit und Eingeständnis, daß Sie meine Frage nicht beantworten können, Sir. Also ist Ihr himmelblaues Spielmobil hier in Frankreich nicht registriert, weder bei der Abteilung für magischen Personenverkehr, noch beim Kraftfahrzeugzulassungsamt in einer französischen Stadt. Unterwegs mag der Bus zwar durch den Muggeldesinteressierschutzzauber unsichtbar sein. Aber der hält nur dann vor, wenn den Bus niemand anfaßt. Tut ein Muggel das doch, verwischt die inverse Illusion und der Muggel kann den Bus sehen. Vor allem wenn etwas auf einem öffentlichen Busparkplatz abgestellt ist, was keiner sieht und dann mit einem anderen Bus oder Auto dagegenfährt dürfte ziemlichen Wirbel machen. Dauernd verkleinern können Sie Ihren Bus nicht, weil das auf Dauer die anderen Zauber auslöscht, die Ihr Fahrzeug so komfortabel machen, Sir. Aber wenn Sie echt wollen, daß jemand Ihnen Beulen in den Bus fährt und dann die Polizei spitzkriegt, daß da jemand einen unsichtbaren Bus hat, der noch nicht mal ein gültiges Nummernschild hat, dürften Ihre Bemühungen um eine erfolgreiche Vermarktung dieses Fahrzeugtyps endgültig scheitern, Sir. Falls Sie darauf ausgehen, dann vergessen Sie meine Einwände." Bluecastle hielt Julius die rechte Faust vor die Nase. Doch der Jungzauberer stand aufrecht und unerschütterlich da. Vier Sekunden lang hielt der Boss der Blauer-Vogel-Buslinie seine Faust drohend erhoben. Dann senkte er den Arm. Julius konnte ihm ansehen, daß seine letzten Einwände doch nicht gegen einen Betonschädel gekracht waren.

"Woher kennst du die Funktion des Muggeldesinteressierungszaubers so gut?" Fragte er Julius. Dieser zuckte die Schultern und fragte zurück, ob Bluecastle das ernst meine. Dann sagte er ihm, daß er selbst Muggelstämmiger sei und daher schon mit Zaubern bescheid wußte, die halfen, das Zaubergegenstände nicht in Muggelhände gelangten oder von diesen bemerkt wurden. Bluecastle wandte sich sichtlich verdattert an die Thorntails-Direktorin und sagte mit etwas leiserer Stimme:

"Ich muß wohl einsehen, daß eine ablehnende Stimmung gegen meine Busse hier in Europa nichts einbringt. Daher muß ich wohl zulassen, daß Sie die hiesigen Reisemittel ausnutzen. Ich bleibe aber dabei, daß Sie durch die Spenden, die Sie von mir erhalten, ein gewisses Entgegenkommen zeigen müssen."

"In drei Sekunden sind Sie von hier fort, Mister", sagte Prinzipalin Wright. Ihre Stimme klang sehr entschlossen und drohend. Bluecastle nickte und disapparierte mit einem lauten Knall.

"Ich hätte mit Ihnen ein wenig früher über derartige Dinge sprechen sollen, das hätte mir zehn Minuten mit diesem selbstherrlichen Gentleman erspart, Mr. Latierre", sagte die Schulleiterin.

"Wie kam der Gentleman denn darauf, Sie deshalb anzusprechen?" Fragte Julius.

"Zwei seiner Neffen gehören zu den von mir hierhergeführten Schülern. Die haben dem gestern erzählt, wir wollten heute nach Paris. Er hat dann Morgenluft gewittert und gehofft, seinen Prunkbus Blauer Vogel Nummer eins als Werbeträger für seine Busse in Frankreich herumfahren zu lassen, auch um die seit dreißig Jahren existierenden Busse des fahrenden Ritters ausstechen zu können. Ich machte pädagogische Gründe geltend, daß es meiner Amtskollegin Professor McGonagall und mir darum gehe, den uns anvertrauten Jugendlichen die Gegebenheiten außerhalb der magischen Welt zu zeigen und bei der Gelegenheit die weltberühmten Kunstschätze im Palais de Louvre kennenzulernen. Davon wollte der nichts wissen. Er war nur darauf erpicht, seinen Reisebus präsentieren zu können, nachdem ihm der Dorfrat von Millemerveilles untersagt hat, damit im Dorf herumzufahren. Aber wir vertrödeln weitere kostbare Minuten. Sie sind sicher gekommen, um mich und die freiwillig an diesem Ausflug teilnehmenden abzuholen und zu jener interessanten Abreisestelle zu geleiten. Da wir wohl die Besen nicht mit nach Paris bringen dürfen müssen wir wohl zu Fuß gehen oder apparieren."

"Ich habe die Pendelkutschen für uns vorgebucht. in jede passen bis zu vierzig Leute rein. Drei reichen, um kein Gedränge zu veranstalten. Die erste dürfte in zehn Minuten landen. Die können Sie dann mit ihren Schülern besteigen. Der Kutscher weiß ja, wo der Ausgangskreis ist. In der Zeit spreche ich mit Professor McGonagall und Madame Faucon."

"Dann tun Sie das, junger Mann", sagte Prinzipalin Wright. Julius verbeugte sich andeutungsweise, bevor er disapparierte.

Professor McGonagall begrüßte ihren früheren Verwandlungsschüler mit einer gewissen Kälte. Julius wußte nicht, womit er das verdient hatte. Er vermutete, es lag an der Verspätung und wollte schon ansetzen, über Bluecastles Auftritt und die daraus entstandene Verspätung zu sprechen, als sie sagte:

"Ich habe die von Ihnen vorgeschlagene Gruppeneinteilung studiert und bin nicht damit einverstanden. Sie hätten diese Einteilung zuvor mit mir besprechen sollen, statt mich vor vollendete Tatsachen zu stellen."

"Professor McGonagall, ich legte Madame Latierre die von mir für problemlos angesehene Einteilung vor. Sie erhob keinen Einwand", erwiderte Julius, dem es nicht paßte, sich verteidigen zu müssen.

"Madame Latierre ging wohl davon aus, daß die meisten Schüler von hier muggelstämmig seien und daher keinen männlichen Begleiter benötigten, der sich mit der Muggelwelt zurechtfindet. Oder wie darf ich es verstehen, daß Mr. Brocklehurst, den von meinen Schülern niemand kennt, als männlicher Begleiter einer Gruppe vorgeschlagen wurde?"

"Damit, Professor, daß Madame Brickston als beide Welten kennende Begleiterin mit Ihnen zusammen die erste Gruppe beaufsichtigt. Da wir drei Gruppen haben muß in jede Gruppe einer mitgehen, der oder die sich mit der Muggelwelt auskennt. In einer ist es Mrs. Brocklehurst, in der anderen bin ich es. Außerdem habe ich gerade erwähnt, daß ich diese Einteilung für unproblematisch halte, weil Sie und ich wohl kein Interesse daran haben, daß jene Ihrer Schüler, die mich nach wie vor nicht leiden können, wegen meiner Teilnahme unempfänglich für wichtige Anweisungen sein könnten. Ich bin kein geborener Führertyp und halte auch nichts davon, Leute zu etwas zu zwingen, was nicht nötig ist. Wir waren uns ja darüber einig, daß die Teilnehmer ganz freiwillig und daher bereitwillig an diesem Ausflug teilnehmen. Daher teilte ich die Gruppen so ein, daß es keine unnötigen Unstimmigkeiten gibt."

"Wie kommen Sie darauf, daß diese Unstimmigkeiten, sofern sie wirklich aufkommen, unnötig sind, junger Mann?" Fragte Professor McGonagall. Julius mußte diese Frage erst einmal genau durchdenken. Dafür brauchte er zwei Sekunden. Dann antwortete er so gefaßt er konnte:

"Falls Sie damit andeuten möchten, daß es Ihnen recht wäre, wenn diese Schüler dazu gezwungen seien, mit mir einen ganzen Tag auszukommen und die dabei aufkommenden Unstimmigkeiten dazu dienen sollen, das Verhältnis zwischen ihnen, mir und Ihnen zu klären, so weise ich noch einmal darauf hin, daß dieser Ausflug auf Freiwilligkeit basiert. Ich kann Madame Latierre immer noch ansprechen, daß meine Teilnahme nicht im Rahmen der Weltmeisterschaftsbesucherbetreuung verläuft und sie nur deshalb stattfindet, weil ich mich aus freien Stücken dazu bereiterklärt habe. Ich selbst sehe keinen Grund und auch keinen Sinn darin, mich als Störfaktor oder Antipathieperson anzubieten. Dafür ist meine Zeit mir zu kostbar und Ihre ebenfalls." Professor McGonagall blickte ihn verdutzt durch ihre quadratischen Brillengläser an. Derartige Unerschütterlichkeit und ansatzweise Aufsässigkeit war sie von ihm nicht gewohnt, wie überhaupt von niemandem. Sie blickte ihn nun strenger an und sagte mit einer schon an das bedrohliche Fauchen einer Katze gemahnenden Betonung:

"Sie haben sich bereiterklärt, uns zu begleiten, um den Schülern und mir einen lehrreichen Tag zu verschaffen. Lehrreich heißt nicht nur, irgendwelche geschichtlichen Angaben oder Betrachtungen von Kunstwerken zu vermitteln, sondern auch die Konfrontation von Schülern mit Ihren Charaktereigenschaften und Fehlinterpretationen. Falls Sie meinen, sich dieser wichtigen Aufgabe entziehen zu wollen, würden sie mir und auch sich selbst jede Gelegenheit verweigern, das ungerechtfertigte Mißverhältnis zwischen Ihnen und jenen Muggelstämmigen, die Sie aus Mangel an echten Schuldigen verachten zu müssen auszuräumen. Und falls es Ihnen egal sein sollte, daß diese bedauernswerten Jungen und Mädchen Ihnen unrichtigerweise vorhalten, sie nicht rechtzeitig genug gewarnt oder ihnen Hilfe angeboten zu haben, so denken Sie gütigst daran, daß Ihre ehemaligen Mitschüler Ms. Porter, Ms. Watermelon, Ms. Betty und Jenna Hollingsworth und Mr. Malone unter diesen ungerechtfertigten Anfeindungen indirekt gelitten haben und dieses unnötige Mißverhältnis andauern wird, wenn Sie sich der einzig existierenden Möglichkeit verweigern, daran etwas zu ändern."

"Ich habe Mr. Bradley davor bewahrt, sich selbst hungrigen Springschnappern zum Fraß vorzuwerfen. Wenn das nicht ausgereicht hat, diesen eher nur Jungen zu zeigen, daß ich nicht der bitterböse Onkel bin, der sie nach Askaban verschleppt hat, wüßte ich bei allem Respekt vor Ihnen und der von Ihnen erwähnten Freundschaft mit den aufgezählten Schülern nicht, was ich da noch machen soll. Ich werde mich ganz sicher nicht hinstellen, und mich für Taten entschuldigen, die ich nicht begangen habe. Und ich werde auch nichts anstellen, um diese Taten zu sühnen, nur weil meine Mutter auf Madame Brickston und Ihre Kollegin Faucon gehört hat und mit mir das Land gewechselt hat, bevor dort Lord Massenmords Marionetten an die Macht kamen. Sich für etwas schuldig zu bekennen, was man nicht getan hat macht die Opfer nicht wieder lebendig und bringt die echten Schuldigen nur zum schadenfrohen Grinsen. Dem Argument, daß es in jeder Gruppe einen geben soll, der oder die sich mit Muggelweltsachen auskennt, habe ich durch die Gruppeneinteilung Rechnung getragen. Falls sie darauf bestehen, an der Gruppeneinteilung etwas zu ändern und es gezielt darauf anlegen, daß es zu Unstimmigkeiten kommt, dann frage ich mich ernsthaft, was der Ausflug bringen soll. Genau die Frage dürften Ihnen dann auch die Schulräte stellen, die die Ausgaben dafür hinterfragen könnten. Da gibt es sicher noch einige, die sich fragen, ob die Wiedereingliederung von Muggelstämmigen wirklich nötig war und ob dafür ausgegebenes Gold gut angelegt ist." Professor McGonagall straffte sich. Ihre Augen rückten zusammen. Julius hatte sich ihr nicht gefügt. Mehr noch, er hatte es gewagt, ihre Begründung als unrichtig auszulegen und noch schlimmer, die Frage aufgeworfen, ob die Schulräte diesen Ausflug im Nachhinein billigen würden, wenn dabei nichts herumkam außer einer offenen Auseinandersetzung zwischen Julius und jenen Muggelstämmigen, die in Askaban gelandet waren und womöglich noch ihre Eltern verloren hatten. Julius fühlte eine ähnliche Spannung aufkommen, wie er sie damals empfunden hatte, als Madame Faucon Millie vorzuhalten wagte, sie hätte die Veränderung von Bernadette früh genug erkennen müssen. Er dachte sofort seine selbstbeherrschungsformel. Denn hier würde ihm keine Madame Rossignol Einhalt gebieten können, wenn er seiner Wut freien Lauf ließ. Professor McGonagall funkelte ihn an, straffte sich so sehr sie konnte. Dennoch reichte sie nicht an Julius Größe heran. Doch er fühlte ihren wachsenden Unmut. Sie strahlte trotz ihrer verhältnismäßig geringen Körpergröße eine unmißverständliche Überlegenheit aus. Er hatte es gewagt, ihr fortwährend zu widersprechen. Was würde sie nun sagen oder tun?

"Ich bestehe darauf, daß Mr. Brocklehurst und Madame Brickston in der zweiten Gruppe mitmarschieren und Mrs. Brocklehurst sich zur von Prinzipalin Wright und ihrem Mitarbeiter Professor Bullhorn beaufsichtigten Gruppe hinzufügt, Mr. Latierre. Daraus resultiert, daß Sie in der von mir beaufsichtigten ersten Gruppe dabei sein werden. Das ist mein letztes Wort. Ansonsten werde ich sowohl Ihre unmittelbare Ferienvorgesetzte Madame Latierre sowie Ihre derzeitige Schulleiterin Madame Faucon darüber in Kenntnis setzen müssen, daß Sie die Hauptverantwortung dafür tragen, einen lehrreichen Tagesausflug, der zur Steigerung außerschulischer Erfahrungswerte beitragen sollte zu vereiteln. Haben Sie das verstanden?"

"Natürlich habe ich das verstanden", sagte Julius sehr gefaßt. "Dann müssen Sie sich aber vor Ihren Schülern den Vorwurf gefallen lassen, sich bei Hogwarts betreffenden Angelegenheiten hinter anderen Personen verstecken zu müssen, um Ihre Ziele durchsetzen zu können und den Schulräten gegenüber rechtfertigen, daß das von Ihnen verwaltete Schulgeld dazu ausgegeben wurde, um unnötige Konflikte weiterzuschüren, deren Sinn den Zaubererweltgeborenen nicht einleuchtet und die dann noch mehr davon überzeugt sein könnten, daß Muggelstämmige in Hogwarts nur Ballast sind. Wenn Sie das echt wollen, dann bestehen Sie darauf, die Gruppeneinteilung zu ändern oder versuchen Sie Madame Latierre und Madame Faucon gegen mich aufzubringen! Was erste angeht, so hat diese meinen Vorschlag zur Gruppeneinteilung abgesegnet und stimmt mir zu, daß es nicht nötig ist, mich mit Leuten auseinanderzusetzen, die mit mir nichts zu tun haben wollen, solange ich nicht gezwungen bin, mit diesen zusammenzuarbeiten. Was Madame Faucon angeht, so wird diese Ihnen bestätigen, daß ich mich nicht mehr so leicht einschüchtern lasse und sie daher froh ist, wenn wir auf vernunftgemäßer Ebene miteinander klarkommen und unnötige Streitigkeiten vermeiden. Ich bin gerade siebzehn Jahre alt und muß sicher noch eine Menge dazulernen. Aber ich habe auch schon genug erlebt um zu wissen, was für mich wirklich wichtig und richtig ist. Und es ist nicht vernünftig, sich freiwillig darauf einzulassen, unnötige Streitigkeiten anzufachen. Abgesehen davon landet in fünf Minuten die Pendelkutsche, die Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler zum Ausgangskreis bringen soll. Falls Sie meinen, meine Organisation als für Sie unhaltbar abzulehnen, brauchen Sie mit Ihren Schülern nicht einzusteigen. Dann können Sie gerne die für Sie und die Schüler bereits ausgelegte Summe zurückfordern, was einen gewissen Aufwand nach sich zieht. Dann reise ich eben mit der Thorntailsabordnung alleine nach Paris."

Professor McGonagall blickte Julius sehr verärgert an. Doch Julius hielt sich weiterhin aufrecht. Wenn das wirklich ein Test war, um seine Unerschütterlichkeit zu beweisen, dann wollte er ihn bestehen. Sicher gab es irgendwann genug Situationen, wo er besser klein beigeben sollte. Aber diese Situation gehörte für ihn nicht dazu. Er hatte ihr die Auswahlmöglichkeiten aufgezählt, wie sie ihm mögliche Auswirkungen aufgezählt hatte. Sie merkte auch, daß er hier und jetzt nicht unter ihrer direkten Kontrolle stand. Außerdem hatte Madame Faucon ihr schon längst mitgeteilt, daß Julius Latierre nicht mehr so leicht einzuschüchtern war wie ein Erstklässler oder einer, der erst einmal zusehen mußte, wer was zu sagen hatte. Er hatte die Organisation freiwillig übernommen, um ihr und den Schülern einen erfolgreichen Tagesausflug zu ermöglichen. Er hätte nur sagen müssen, daß er dafür nicht zuständig war und/oder nicht in so kurzer Zeit alles nötige umsetzen konnte. Das hatte er nicht getan. Aber sie durfte ihm gegenüber auch nicht die Autorität verlieren. Das würde er Kevin oder Gloria direkt oder indirekt mitteilen. Ihm zu drohen, ihn bei seiner Schwiegermutter als unzuverlässig oder renitent anzuprangern war verpufft. Sie fühlte, daß Julius sich stark konzentrierte, um nicht in offene Verärgerung zu verfallen. Er fühlte, daß sie in einem inneren Streit lag, wie sie die Situation lösen konnte, ohne, wie es bei den Asiaten hieß, das Gesicht zu verlieren. Denn genau das war hier und jetzt der Punkt: Wer jetzt nachgab erlitt eine Niederlage. Doch sie mußte nicht auf ihre Umverteilung beharren, um sich als starke Führerin bei ihren Schülern zu erhalten. Julius hingegen hatte keine negativen Auswirkungen zu fürchten, zumindest war er sich dessen so sicher, daß er keinen Moment eingeschüchtert dreinschaute. Sekundenlang starrten sich beide an. Julius erinnerte sich an José Torrinha. Den hatte er auch niederstarren können. Doch bei McGonagall war es anders. Er verband mit ihr zwei sehr wichtige Jahre und gute Erinnerungen, auf die er nicht verzichten wollte.

"Es ist doch völlig unnötig, uns jetzt über unsere Kompetenzen zu streiten, Professor McGonagall. Keiner der Schüler weiß von der von mir vorgeschlagenen Gruppeneinteilung. wie die zu mir stehen ist unlogisch. Es wäre aber genauso unlogisch, diese Verachtung bis zur Entladung anzuheizen oder so zu tun, als müßte ich für die ganzen Todesserverbrechen büßen. Wollen Sie mich als vernunftgemäßen ehemaligen Schüler bei Ihren Schülern in Erinnerung halten oder als Sündenbock, der wegen seiner frühen Ausreise jede auch ihm drohende Aktion der Todesser abgewehrt hat? Das wird Ihnen auch nicht mehr Führungsanspruch einbringen. Genießen wir alle diesen Ausflug und holen dabei heraus, was für uns wichtig genug ist, um uns daran zu erinnern!" Sagte Julius mit einer ihn selbst überraschenden Ruhe. Professor McGonagall gab es auf, ihn streng anzublicken. Sie erkannte, daß irgendwas in dem Jungen verändert worden war, daß ein strenger Blick nicht mehr ausreichte, ihn auf einen bestimmten Weg zu zwingen. Sie wußte, daß er dreimal in tödlicher Gefahr geschwebt war, in den Staaten bei dieser Abgrundstochter, in Rußland in der Burg Bokanowskis und in Beauxbatons beim Angriff von Voldemorts Schlangenmenschen. Er hatte Hilfe erhalten, aber auch die Gewißheit gewonnen, daß alles andere als der Schutz des eigenen Lebens und ein friedliches Miteinander untergeordnet war. Dabei wußte sie nicht, daß er Slytherins Galerie des Grauens vernichtet hatte, wie er in Khalakatan gegen Elementarmonster gekämpft hatte und daß er Ailanorars Stimme zuerst hatte erbeuten müssen und dann noch einmal in der Himmelsburg danach hatte suchen müssen. Was sie jedoch wußte war, wie er sich gegenüber Dolores Umbridge gehalten hatte und daß er über Monate hinweg durch Madame Maximes Blut überschwenglichen Gefühlen ausgeliefert war. Wer diese überstand und womöglich zu beherrschen lernte war nicht mehr einzuschüchtern. So sagte sie nach weiteren zwanzig Sekunden stummen Starrens:

"Ich erkenne an, daß mir die Handhabe fehlt, Sie von meinen guten Absichten überzeugen zu können, Mr. Latierre. Daher ziehe ich den Einwand gegen die von Ihnen vorgelegte Einteilung der Gruppen zurück. Ich bitte Sie jedoch inständig zu bedenken, daß Ihr Verhalten heute Auswirkungen auf die Zukunft Ihrer ehemaligen Mitschüler hat, nicht durch mich oder die Kollegen vom Lehrkörper, sondern durch die nicht von sich aus umzustimmenden Schülerinnen und Schüler, die in Ihnen einen Verräter oder Feigling sehen. Ich fürchte, deren Einstellung zu Ihnen wird durch Ihr Verhalten indirekt gerechtfertigt, daß Sie nämlich die offene Auseinandersetzung mit unrichtigen Anschuldigungen scheuen, um diese auszuräumen."

"Netter Versuch, Professor McGonagall", grinste Julius. "Mir indirekt Feigheit zu unterstellen, weil ich Nicht auf Ihre Korrekturvorschläge eingehen möchte. Doch ich habe in den sechs Jahren, die ich jetzt schon in der Zaubererwelt klarkommen darf oder muß gelernt, daß echter Mut nicht darin besteht, sich mit Dummköpfen unnötige Auseinandersetzungen zu liefern, wenn dadurch nichts wirklich wichtiges erreicht wird. Ja, Sie hören richtig, es ist mir nicht mehr wichtig, ob diese Dummköpfe denken, ich hätte denen irgendwie helfen können und müssen. Das hat mich am Anfang erschüttert. Aber jetzt weiß ich, daß ich denen nicht helfen kann und ich nur meine Zeit damit vertun würde. Entweder lernen die das von selbst, daß sie unrecht haben oder leben damit, daß da jemand ist, dem sie unterstellen, er hätte sie ausgeliefert, ohne einen echten Beweis dafür zu haben. Ich gebe nicht den Sündenbock für die Verbrechen ab, die an diesen Schülerinnen und Schülern begangen wurden. Das wäre genauso als wenn Sie einer nach Amerika oder sonstwo hin ausgewanderten jüdischen Familie in den 1930er Jahren vorwerfen, daß die Nazis ihre Glaubensbrüder in Massen umgebracht haben. Oder fühlen Sie sich etwa schuldig am Terror der Carrows?" Professor McGonagall zuckte zusammen. Julius hatte genau gewußt, wo er sie treffen konnte. Sie hatte sich im dunklen Jahr immer und immer wieder gefragt, ob sie nicht mehr hätte tun können, um das unsägliche Leid von den Hogwarts-Schülern abzuwenden. Doch sie konnte nur bis zu einer bestimmten Grenze helfen. Darüber hinaus wäre sie entlassen worden und hätte dann überhaupt nichts mehr für die ihr anvertrauten Schülerinnen und Schüler tun können. Der indirekte Vorwurf, Julius könne doch als Feigling angesehen werden, war zu einem Bumerang geworden, der sie schmerzlich in ihrer Seele traf. So sagte sie nun:

"Ich verzichte auf eine Abänderung der Gruppeneinteilung. Wo landet diese Pendelkutsche?" Julius sagte ihr den genauen Landeplatz ohne Genugtuung oder Triumph in Haltung oder Stimme zu verraten. Er fühlte sich auch nicht als großer Sieger, sondern war nur froh, diese zeitraubende Debatte überstanden zu haben. Hätte sie im Namen ihrer Autorität darauf beharrt, ihn in ihrer Gruppe mit den ganzen Muggelstämmigen zu halten, hätte er nur noch die Teilnahme ablehnen können. Ob ihm das so gut bekommen wäre wußte er nicht wirklich.

Beide ließen sich nicht anmerken, wie heftig sie eben noch aneinandergeraten waren. Julius fühlte sich nur bestätigt, als Professor McGonagall die Gruppeneinteilung bekannt gab und dabei betonte, daß Julius die Amerikaner begleiten würde, da die sich in Frankreich noch weniger auskannten als sie selbst. Denn die, die er vorsorglich eingeteilt hatte, blickten ihn abfällig an, nicht so wie einen, der sich nichts traute, sondern wie einen, den sie nicht länger als nötig um sich herumlaufen haben wollten. Madame Faucon bekam es auch mit. Denn sie wollte ja mit der Gruppe zum Ausgangskreis. Sie sah Julius an und mentiloquierte:

"Du bist nicht auf Professor McGonagalls Vorschlag eingegangen. Vielleicht auch besser so." Julius nahm diesen für alle anderen unhörbaren Zuspruch als Bestätigung, daß er nicht für irgendwelche pädagogischen Experimente herhalten mußte, wenn nichts wirklich wichtiges dabei herumkam.

Mit der Pendelkutsche ging es zum Ausgangskreis. Hier durfte Professor MCGonagall ihre ganze Autorität ausspielen, um die Schülerinnen und Schüler in eine geordnete Aufstellung zu bekommen. Catherine Brickston stand schon am Ausgangskreis. Als dann noch die Pendelkutsche mit den Schülern und Schülerinnen aus Thorntails landete, die an diesem Ausflug teilnehmen wollten, gruppierte sich Julius gleich zu Prinzipalin Wright, während Venus Partridge und Brittany Brocklehurst sich noch abstimmten. Julius sah, wie Venus zu seiner Gruppe herüberkam. Sie sagte nur: "Britt bleibt mit Professor Bullhorn in der Gruppe." Einige Schüler grummelten, weil da noch Leute mitkamen, die nicht mehr zur Schule gingen. Gloria und Pina waren bei den Schülern aus Hogwarts und sahen sich immer wieder um, wo Julius war. Doch keine der Beiden sagte was dazu. Dann rief Catherine die erste der beiden Reisesphären auf und beförderte sich zusammen mit der ersten und einem Teil der zweiten Gruppe nach Paris. Madame Faucon trieb die restlichen Schüler wie ein geübter Schäferhund im blauen Ausgangskreis von Millemerveilles zusammen. Sie erteilte noch einige Anweisungen:

"Während der Reise werden wir alle völliger Schwerelosigkeit unterliegen. Bewegen Sie sich nicht überhastig! Sehen Sie zu, sich nicht in den Kopfstand zu drehen! Verhalten Sie sich ruhig!" Dann beschwor sie die sonnenuntergangsrote Reisesphäre nach Paris.

"Oh, als wenn ich vom fliegenden Besen runterfalle", seufzte Venus, die sich in Julius' Nähe hielt. "Soll das nicht auch im Weltraum so sein?"

"Richtig, Venus. Wir befinden uns im freien Fall, obwohl wir irgendwie außerhalb des gewohnten Raum-Zeit-Gefüges entlanggleiten", erwiderte Julius. Da packte die irdische Schwerkraft auch schon wieder zu und zog alle auf den Boden. Die Reisesphäre klaffte oben auseinander und verschwand in der grünen Kreisfläche in der Rue de Camouflage.

"Wie vereinbarrt erwarte ich Sie alle hier um zwanzig Uhr, also acht Uhr abends. Ich wünsche Ihnen einen interessanten und schönen Tag! Bitte benehmen Sie sich den Orten, die Sie besichtigen angemessen!" Professor MCGonagall blickte ihre französische Amtskollegin verwundert an, nickte dann aber ihren eigenen Schülern zu, daß diese Ermahnung von ihr mitgetragen wurde.

"Das wird ein ding, so viele von uns in die U-Bahn rein", feixte ein irischen Akzent sprechender Hogwarts-Schüler, während die für die drei Gruppen eingeteilten Erwachsenen bereits jetzt schon den Überblick einübten, um die ihnen zugeteilten Schüler zusammenzuhalten.

"War doch gut, daß die alle Muggelweltsachen mitgenommen haben", sagte Venus, als sie die Schar aus Schülerinnen und Schülern sah. Die Mädchen hatten alle Röcke und Blusen an, während die Jungen teilweise schon zu kurze und zu enge Hosen und T-Shirts trugen. Die Lehrerinnen trugen altmodisch wirkende Kleider. Bullhorn hatte einen Anzug mit schwarzer Fliege aufgetrieben, vielleicht von einem muggelstämmigen Besucher. Linus und Brittany waren wie junge Leute aus amerikanischen Städten gekleidet.

Vom Zaubereigeschichtsmuseum aus betraten sie alle das Paris der Muggel. Einer der Schüler fragte, ob sie auch auf den Eiffelturm konnten. Catherine erklärte dazu, daß sie am Nachmittag wohl noch Zeit hatten, auf dieses Stahlmonstrum zu steigen.

"Meine Güte, wenn das hier schon so verqualmt ist, wie ist das erst in New York oder Frisco?" Fragte Venus Partridge Julius.

"Das kriegst du mit, wenn du von weiter draußen auf die Stadt zufährst oder fliegst", erwiderte Julius. "Ich kenne es von allen Städten, wo ich schon hingeflogen bin, daß die von einer Dunstglocke umhüllt sind."

"Dann muß ich das demnächst mal ausprobieren", sagte Venus. Julius sah einen Mann in unauffälliger Kleidung, der sich anschickte, in die große Schülergruppe hineinzuschleichen. Er lief vor und blickte den Fremden sehr bedrohlich an. Dieser zog sich daraufhin zurück. "Paßt auf eure Sachen auf, in den vollen Straßen lauern Taschendiebe!" Warnte er alle laut genug. Er sah noch einen im Hintergrund lauernden Mann, wohl den Abnehmer des ersten, der sofort den Rückzug antrat, als Professor McGonagall ihn sehr unmißverständlich anblickte.

"Meine Tasche können die nicht klauen. Die ist mit Schutzzauber versehen", flüsterte Venus. "Britt hat mich schon gewarnt, daß es zwielichtiges Volk in den großen Städten gibt."

"Wie ist das mit den U-Bahn-Karten, ey?" Fragte einer aus der ersten Gruppe Julius.

"Wir haben Tageskarten, Leute, was soviel heißt wie, daß wir damit mit allen Bussen und Metrolinien fahren können, solange es der sechste August ist", erwiderte Julius. Catherine nickte.

Vor der nahen Metrostation teilte sie die vorgebuchten Tageskarten aus. Dann ging es hinab auf den Bahnsteig. Julius übernahm auf Catherines Wink hin die Führung. Er hatte schließlich die Reiseleitung übernommen. Die rein Zaubererweltgeborenen staunten über die brummenden Treppen, die von selbst liefen und alle hinuntertrugen und die grell leuchtenden Glasröhren unter der ansonsten trostlos grauen Decke. Eine Gruppe in Ponchos spielte auf einer Art Gitarre und einer Gruppe Panflöten Lieder aus den Anden. Das kannten die Amerikaner. Einer fragte, ob die hier keine Franzosenmusik hätten.

"Bei einer anderen Station sicher", erwiderte Julius.

Die Fahrt mit der Metro war noch ein Abenteuer für die Zaubererweltgeborenen. Die aus London oder New York stammenden Muggelstämmigen konnten über diese schon kindliche Verwunderung nur müde lächeln. "Muß ich mir merken, wenn ich mal in 'ner anderen Großstadt bin, daß ich da nur mit der Untergrund fahren muß", sagte Bill Rogers, ein muggelstämmiger ZAG-Schüler aus New York, der in Julius' Gruppe mitgehen würde.

"Stimmt, die riechen überall gleich und haben ähnlich viele unterschiedliche Fahrgäste", stimmte Julius dem halbafroamerikanischen Jungen zu.

"Fahren die Dinger mit Dampf oder Elektrostrom?" Fragte Lisa Goodfellow, eine gerade in die vierte Klasse gehende Zaubererweltgeborene aus Kalifornien.

"Hmm, im Grunde mit Dampf. Der wird in einem fernen Kraftwerk benötigt, um den elektrischen Strom zu erzeugen, mit dem die Metro angetrieben wird", erwiderte Julius lächelnd. Das verursachte bei den Jungen ein überlegenes grinsen. Prinzipalin Wright fragte, was es da zu grinsen gäbe. Das wischte den belustigten Jungen das spöttische Grinsen aus den Gesichtern.

Die über Lautsprecher kommenden Stationsansagen wurden durch elektronische Anzeigetafeln ergänzt, so daß Julius auch ohne verstehen zu müssen sah, wo sie gerade hielten. Er zog den Wegeplan mit dem Namen der richtigen Haltestelle aus seinem Hemd und prüfte, wie weit sie noch vom Ziel entfernt waren. Als die Ansage kam, daß sie zum Louvre in eine andere Linie umsteigen mußten winkte er Catherine. Sie rief zurück, daß sie es auch gehört habe.

Erneut mußten die Begleiter der Schüler wie Schäferhunde ihre Gruppen zusammentreiben, wobei sich die Schulleiterinnen als klare Alpha-Tiere hervortaten.

"Scheiß Yankees!" fluchte ein Fahrgast, als ihm fünf der Thorntails-Schüler den Weg zu einem freien Sitzplatz verlegten. Julius tat so, als habe er ihn nicht verstanden. Doch Prinzipalin Wright hatte es sehr wohl gehört und erwiderte:

"Junger Mann, falls Sie wirklich möchten, daß wir Ihre Heimatsprache als erhaben anerkennen unterlassen Sie bitte diese Kraftausdrücke!" Der Fahrgast wunderte sich, daß die weißhaarige Gouvernante so gut Französisch konnte. Denn die hatte doch gerade noch bestes Amerika-Englisch gequakt. Er errötete sogar, als ihn die ältere Dame genau ansah.

"War der Typ nicht wert, die zehn Sekunden", meinte Julius zu Professor Wright.

"Mir schon", erwiderte diese kalt und mußte einige ältere Jungen zurechtweisen, die gerade erst elfjährige Mädchen von den Sitzen aufscheuchen wollten, um sich selbst draufzusetzen. "Sie halten sich bitte fest und bleiben stehen!" Schnarrte sie. Julius ging mit gutem Beispiel voran. Professor Wright verzichtete auf einen ihr angebotenen Sitzplatz. Sie wollte ihre Schäfchen und Zwergwölfe im Auge behalten. Professor McGonagall hatte sich weiter vorne auf eine seitliche Bank gesetzt, deren Kunststoffbezug von einigen Brandlöchern verunziert war. Doch die ältere Hexe nahm es offenbar gelassen hin. Vielleicht war sie in London auch schon einmal U-Bahn gefahren.

Unterwegs stieg ein Akordeonspieler zu, der zwischen drei Stationen aufspielte und dann mit seiner Mütze über den Gang schritt. Julius gab dem Musiker einen 20-Franc-Schein und deutete von den Jungen und Mädchen aus seinr Gruppe auf sich.

"Ist das viel, was Sie dem armen Kerl gegeben haben?" Fragte Prinzipalin Wright. Julius rechnete ihr den Betrag über englische Pfund in Galleonen um und teilte das Ergebnis durch die Zahl der Gruppenmitglieder. "Damit wird wohl niemand wirklich reich", bemerkte sie dazu.

"Nicht, wenn einen nicht irgendwer von der Musikindustrie entdeckt und mit dem CDs aufnimmt. Aber daran verdienen die Chefs der Musikfirmen immer noch mehr als die Künstler selbst."

"Eigentlich unzumutbar", erwiderte Ernestine Wright. Dann sah sie, wie einer der Hogwarts-Schüler versuchte, eine der gerade zwölfjährigen Thorntails-Schülerinnen anzusprechen und konzentrierte sich darauf, sofort eingreifen zu müssen, wenn der Junge sich unangemessen betrug. Das Mädchen grinste den älteren Jungen, der zu der Julius nicht so zugetanen Gruppe Muggelstämmiger gehörte an, fragte sie wohl was und sagte dann was, daß dem Mädchen nicht gefiel. Sie sprang auf und setzte mit einer Ohrfeige an. Doch Prinzipalin Wright rief nur: "Ms. Lopez, keine Handgreiflichkeiten!" Dann ging sie nach vorne und fragte, was los war. Venus, die den von Julius angebotenen Platz besetzt hatte meinte:

"Der ist genauso früh unterwegs wie du, nur mit weniger Talent." Julius nahm das Kompliment lächelnd hin, ohne darauf zu antworten. Prinzipalin Wright kehrte nach einer Minute wieder zurück. Der Hogwarts-Schüler war verdrossen dreinschauend zu seinen Kumpels zurückgekehrt.

"Da hat jemand sich zu weit vorgewagt", meinte die Schulleiterin von Thorntails. "Ich dachte eigentlich, Ihre Landsleute seien zur Höflichkeit den Damen gegenüber angehalten."

"Hat der Junge Ihre Schülerin dumm angequatscht?" Fragte Julius überflüssigerweise.

"Er hat erst gefragt, wo sie herkommt und dann wie sie heißt. Als sie ihm ihren vollen Namen sagte hat er eine höchst unanständige Bemerkung über ihr Gesäß gemacht. Das konnte ich nicht durchgehen lassen."

"Huch, wieso das. Sie sitzt doch drauf", sagte Julius.

"Nun, offenbar kennt dieser ungezogene Bursche eine öffentlich auftretende Person, die ebenfalls Jennifer Lopez heißt, wie unsere Schülerin. Mit der hat er sie verglichen."

"Womit wir wieder bei der Musikvermarktung sind", erwiderte Julius. Natürlich hatte er von der aufstrebenden Sängerin Jennifer Lopez gelesen und Internetfotos gesehen. Zusammen mit den Teenagerstars Britney Spears und Christina Aguilera mischte sie nun die aktuellen Verkaufslisten auf. Die Spice Girls hatten offenbar wirklich ausgedient. Er erwähnte das und sagte auch, daß sich Männer in ihren Kommentaren noch abschätziger ausgelassen hätten. "Das ist kein Grund, sich einer jungen Dame gegenüber so zu vergessen", erwiderte Ernestine Wright.

"Wir müssen gleich raus. Die Station nach der hier ist es", sagte Julius nur und wies auf die Anzeigetafel.

Schnell und geordnet verließen die Ausflügler den Metrozug und stellten sich auf den Bahnsteig zum raschen Zählappell. Dann übernahm Julius mit Catherine Brickston wieder die Führung, während Professor McGonagall zusammen mit Professor Wright den Abschluß bildete.

"Folgen Sie dem blauen Regenschirm", scherzte Julius, weil er sowas aus dem Urlaub kannte.

"Gute Idee", sagte Catherine und griff in ihre Handtasche. Als sie einen himmelblauen Regenschirm daraus hervorzog meinte Julius, daß das hoffentlich keiner mitbekam, daß der Schirm länger ausfiel als die Tasche breit war. Sie drückte ihm statt einer Antwort den Schirm in die Hand. Er spannte ihn auf, obwohl draußen die Sonne schien. "Jetzt verbrenne ich mir wenigstens nicht den Kopf", scherzte er. Die anderen hinter ihm lachten. Doch dann kapierten sie, daß ein aufgespannter Regenschirm schon ein weithin sichtbares Kennzeichen war.

Julius hatte die gläserne Pyramide, die vor nun zehn Jahren feierlich eröffnet worden war, schon einige Male gesehen und war schon einmal durch sie hindurch in das frühere Königsschloß eingetreten. Doch er wußte immer noch nicht, ob er dieses Bauwerk als besonderes Kunstwerk oder architektonischen Fehlschlag ansehen sollte. Er blickte sich um und sah, daß auch die anderen sich versammelten. Catherine tippte ihn an, noch einmal was zu sagen. Da er nicht den Sonorus-Zauber benutzen durfte klappte er den Schirm zu und hielt die Hände zum Trichter geformt vor den Mund:

"Bitte noch einmal alle herhören!" Das mußte er dreimal wiederholen, weil es doch einige gab, die meinten, das jetzt auszureizen, wie durchsetzungsstark er sein konnte. Als er jeden unruhigen Geist durch konzentrierten Blick beruhigt hatte trat er näher an die versammelte Ausflugsgruppe heran und sagte: "Ihr habt ja alle mitbekommen, was Madame Faucon gesagt hat, daß ihr euch bitte angemessen benehmt. Der Louvre, wo wir gleich reingehen, war früher mal das Residenzschloß der französischen Könige und ist heute ein weltberühmtes Kunstmuseum. In einem Museum gelten die gleichen Lautstärkebeschränkungsregeln wie in einer Bibliothek. Leute, die dort hingehen möchten sich gerne auf die Bilder oder Kunstgegenstände konzentrieren, sie mit den Augen lesen, wenn ihr das so versteht. Daher bitte nicht unnötig rumbrüllen oder laut über den Boden trampeln! Das ist so einfach einzuhalten, daß jeder, der das nicht hinkriegt glatt als Idiot bezeichnet werden kann. Und das will ja wohl keiner von euch, oder?"

"Selbst Idiot, Arschloch!" Blaffte einer der Hogwarts-Schüler. Julius steckte diese Beschimpfung jedoch unbeeindruckt weg und lächelte den Burschen an.

"du möchtest offenbar schon zu Mum und Dad nach Hause fahren und denen erklären, daß du es nicht gebacken bekommen hast, eine Stunde lang mal nicht den großen Maxen zu markieren, richtig?" Der angesprochene verzog das Gesicht. "Ich weiß nämlich nicht, ob deine Eltern dann das Geld wiederkriegen, was sie für dich ausgegeben haben, damit du zur Schule gehen kannst."

"Die wären fast gekillt worden, wenn die nicht von diesem Abrahams gewarnt worden wären, Mann! Dad macht mich alle, wenn ich dem sage, daß das alles für'n Arsch war."

"Schaffen Sie es nie, sich anständiger Worte zu bedienen, Walters?" Peitschte McGonagalls Stimme von weiter hinten durch die Reihen. "Mr. Latierre hat es Ihnen angeboten: Benehmen Sie sich daneben und erwarten Sie eine sofortige Heimreise ohne die Notwendigkeit, uns im nächsten Schuljahr wieder zu beehren oder werden Sie endlich erwachsen und erweisen Ihren Eltern und sich die Ehre, als verantwortungsvoll zu gelten!" Der Junge zog sich zurück, um nicht zu nahe bei Julius zu stehen. Dabei stellte er sich neben den, der vorhin in der Metro das Hexenmädchen Jennifer Lopez dumm angesprochen hatte.

"Also, Leute, die Ansage steht, wer im Luvre unnötig Krach macht verschenkt die bisherige Ausbildung und verspielt den Rest einer höchst interessanten Ausbildung", sagte Julius lässig. Jetzt fühlte er sich doch irgendwie überlegen. Denn die meisten schienen unter seinen Worten einen Zentimeter zu schrumpfen.

Catherine sprach beim Einlaß vor und deutete auf die große Schar, die sich hinter ihr bereithielt. Sie erwähnte die richtigen Namen und Absprachen. Dann bekam sie einen Riesenpacken zusammenhängender Karten ausgehändigt. Zusammen mit Julius trennte sie vorsichtig die einzelnen Karten und verteilte sie. Als alle eine Hatten ging es in die gläserne Pyramide hinein.

"Hui, wie'n Treibhaus", meinte einer aus der Hogwarts-Gruppe. Einer von Thorntails bemerkte dazu, daß die Pyramide wie das Haus Redhawk aussehe, halt nur mit mehr Glas.

Drei in eine auffällige Uniform gekleidete Personen kamen aus dem Eingang zum Hauptgebäude heraus, zwei mann und eine Frau. Catherine stupste Julius an und bedeutete ihm, die drei Gruppen mit den Führern zusammenzubringen. Er stellte sich vor. Niemand sah in ihm einen gerade siebzehn Jahre alten Jungen. Catherine hatte ihn als jungen Lehramtsstudenten avisiert. Er hoffte nur, daß sie damit nicht eine ungewollte Prophezeiung ausgesprochen hatte. Er sprach mit den drei hauseigenen Führern und ließ sich von ihnen noch einmal Verhaltensregeln nennen, die er weitergab. Seine Worte hallten in der an der Basis 35 Meter breiten und 21 Meter hohen Innenseite des Glasbaus wider. Diesmal muckte niemand auf. Denn Bullhorn, McGonagall und Wright postierten sich gleich so, daß jeder dumme Spruch dem Sprecher zugeordnet und geahndet werden konnte. Als alle die Verhaltensregeln gehört hatten teilten sich die Gruppen. Da Professor McGonagall und Catherine Brickston neben Englisch auch Französisch konnten würde es keine Verständigungsprobleme geben.

Zunächst erzählte die Frau, die von der Stimme her am lautesten sprechen konnte, wie der Louvre entstanden war, daß er ursprünglich im 12. Jahrhundert als Trutzburg am rechten Seineufer gedient hatte und erst im 16. Jahrhundert als königliche Residenz eingerichtet worden sei. Ludwig XIV. habe dann 1682 sein Prunkschloß in Versailles bezogen. Der Louvre sei bis zur französischen Revolution vernachlässigt worden. Die Nationalversammlung hatte 1791 verfügt, daß hier bedeutende Werke aus Wissenschaft und Kunst ausgestellt werden sollten. Das Museum war im August 1793 eröffnet worden. Napoléon habe das Schloß dann als seine Residenz gewählt und dort viele Kunstschätze aus den von seinen Truppen eroberten Gebieten eingelagert. Nach der Niederlage Napoléons bei Waterloo seien die meisten erbeuteten Kunstwerke in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt. So ging es dann weiter, daß das einstige Königsschloß ab dem Ende des zweiten französischen Kaiserreiches 1870 endgültig zum Museum geworden sei. Die Pyramide sei auf Betreiben des französischen Präsidenten Mitterand entworfen und im Rahmen einer Innenraumrenovierungskampagne vor den Haupteingang gesetzt worden. Als die Schüler diese ganzen Daten und Personennamen endlich verdaut hatten ging es in das weitläufige und in mehrere Abteilungen gegliederte Museum. Die lizenzierten Fremdenführer hatten sich vorher schon abgestimmt, wer mit seiner oder ihrer Gruppe zuerst wohin gehen wollte.

"Hier kann man sich echt tagelang aufhalten", stellte Venus Partridge fest, als sie in der Abteilung für Kunst aus der griechisch-römischen Antike eintrafen. Das Mädchen Jennifer Lopez kam einmal zu Julius hingelaufen und fragte ihn, ob er ihr was über die ausgestellten Götterstatuen erzählen konnte. Ein draufgängerischer Junge schickte sich derweilen an, der armlosen Venusskulptur an die steinharten Brüste zu langen, was vom Fremdenführer sehr energisch gerügt wurde. Prinzipalin Wright übernahm es, dem Jungen klarzumachen, daß er hier nicht zum fragwürdigen Vergnügen war. Abgesehen davon gehörte es zu den Verhaltensregeln, keine Ausstellungsgegenstände anzufassen.

"Wie kam man darauf, daß es bei der Statue um die alte Liebesgöttin Venus geht?" Fragte die Junghexe Jennifer Lopez den Fremdenführer.

"Na ja, so genau weiß das keiner. Es wird nur angenommen, daß diese Statue die Göttin der Liebe und Schönheit darstellt, weil sie den geltenden Schönheitsidealen entspricht, vor allem der goldenen Mitte." Er teilte die Statue mit einer Handdeutung in zwei Abschnitte. Julius kannte die Geschichte vom Goldschnitt oder der goldenen Mitte und wußte, daß sie bis heute als eines der Schönheitsideale angesehen wurde. Das faszinierte sicher auch Gloria Porter. Doch die war mit der Hogwarts-Gruppe gerade in der Bilderabteilung aus der Renaissance und durfte sich mit der lächelnden Mona Lisa vergleichen, wenn sie wollte.

In der ägyptischen Abteilung bestaunten sie die alten Grabbeigaben. Einige Jungen aus Thorntails versuchten, den Mädchen Angst zu machen, in dem sie ihnen erzählten, daß die Mumien nachts aus ihren Glassärgen kletterten und jeden erwürgten, der sich hier herumtrieb, weil sie es nicht leiden konnten, aus ihren Gräbern geholt worden zu sein. Der Fremdenführer griff dieses Thema jedoch auf und hielt allen einen Vortrag über den Totenkult der Ägypter und warum diese ihre Toten überhaupt einbalsamiert und in Binden gewickelt hatten. "In der Tat haben viele geglaubt, daß die Toten nach der Prüfung durch den schakalköpfigen Gott Anubis mit all ihrer Habe, die im Grab enthalten war, in das Totenreich eingingen. Hier ist ein klassisches Totenbuch, das zeigt, wie die Ägypter sich die Reise ihrer Verstorbenen in die Nachwelt vorstellten", sagte er und zeigte auf ein hinter Glas liegendes Exemplar einer Bilderrolle, die die Vorgänge im Totenreich darstellte. Der Junge, der vorher der Venus von Milo unsittlich nahetreten wollte fragte herausfordernd, was denn dann an den Flüchen der Pharaonen dran sei. Natürlich erwähnte der Fremdenführer, daß es reiner Aberglaube sei. Allerdings sei in manchen Gräbern ein gefährlicher Schimmelpilz nachgewiesen worden, dessen giftige Sporen zum Tode führen konnten. "Davon ausgehend, daß die alten Ägypter schon sehr genau mit Pflanzen, Pilzen und Giften bescheid wußten dürfte der Fluch der Pharaonen also ein rein wissenschaftlich nachweisbarer Vorgang sein."

"Bis mal einer aus so 'nem ollen Pharograb rauskommt, den ein echter Fluch erwischt hat", sagte Bill Rogers aus New York. "So mit sich windenden Tentakeln im Gesicht oder zwei Köpfen oder aus dem Bauch kriechenden grünen Würmern."

"Das reicht jetzt, Mr. Rogers", herrschte Prinzipalin Wright den Jungen an. Julius fühlte aber auch ein gewisses erschauern. Mit grünen Würmern hatte er auch schon sehr unangenehme Erfahrungen gemacht.

"Heißt es nicht auch, daß die alten Ägypter die Erben von Atlantis seien?" Fragte Collin Denvers, ein Drittklässler mit merklichem Stimmbruch.

"Nun, junger Monsieur, mit Atlantis setzen viele selbsternannte Experten alles in Verbindung, was scheinbar Gemeinsamkeiten hat. Ob es diesen Kontinent wirklich gegeben hat ist bei allen Geschichts- und Altertumsforschern wild umstritten. Es wird jedoch vermutet, daß die Ägypter es schon geschafft haben, den Atlantik zu überqueren und bis Amerika vorzustoßen. Der Experimentalarchäologe Thor Heyerdahl hat mit nachgebauten Papyrusbooten schon gezeigt, daß es möglich war, von hier nach Amerika zu fahren, aber auch sehr gefährlich", erwähnte der Fremdenführer.

"Damit könnten sich auch Pyramiden in Mittelamerika erklären lassen", wandte Ernestine Wright ein. Julius mußte sich sehr beherrschen, nicht zu grinsen. Was wußten die alle hier denn schon?

"Und hier ist unser weiteres Prunkstück, die bildhafte Darstellung einer sehr zufriedenen Dame, deren Namen der Maler wohl mit ins Grab nahm und die wir heute als Mona Lisa bezeichnen", sagte der Fremdenführer, als sie in der Gemäldeabteilung der italienischen Renaissance waren. Alle blickten auf das berühmte Bild. Julius wußte, daß er hier keinen Vortrag halten durfte. So verkleidete er seinen Beitrag als Frage: "Ist es nicht auch so, daß Leonardo da Vinci auch Maschinen gebaut hat, die heutigen Flugzeugen ähnlich sind?"

"Das stimmt, Leonardo da Vinci war das, was heute als Universalgenie bezeichnet wird. Damit wird jemand bezeichnet, der in sehr vielen verschiedenen Sachen überragend gut ist", setzte der Fremdenführer mit einer Kurzvorlesung über das Leben Leonardo da Vincis an und erwähnte auch, wieso die Mona Lisa in Frankreich lächelte und nicht in Italien, wo der Flughafen Roms zu Ehren dieses Künstlers benannt wurde.

"Aber mit Magie und übernatürlichem hat der nichts angestellt?" Fragte Denvers ganz bewußt herausfordernd.

"Nun, junger Mann, wenn Sie sich das Bild ansehen erkennen Sie sicher die Magie, die hinter diesem Lächeln steckt", griff der Fremdenführer die Bemerkung auf. Alle lachten verhalten. "Na ja, und die Vorläufer heutiger Hubschrauber hätten schon mit Zauberkraft angetrieben werden müssen, wo noch keine kraftvollen Verbrennungsmotoren bekannt waren. Da Vinci hat schon die richtigen Ideen gehabt, wie ein echtes Fluggerät beschaffen sein muß. Aber ihm fehlte der letzte Durchbruch, um ein solches Flugzeug fliegen zu lassen. Einige Verschwörungstheoretiker behaupten jedoch, er habe mit Geheimwissenschaften herumexperimentiert, womöglich Alchemie, diesem Unfug von der Goldmacherei. Deshalb könnte er durchaus auch was über die sogenannte schwarze und weiße Magie gewußt haben. Aber als Zauberer mit Stab und Zaubermantel ist er eben nicht bekannt geworden."

"Was nicht heißt, daß er keiner war", warf Bill Rogers herausfordernd ein. Julius hätte fast gesagt, daß die Geheimhaltungsvereinbarung damals noch nicht galt. Ernestine Wright deutete auf die Mona Lisa und ein anderes da-Vinci-Gemälde und wiederholte, daß ein meisterhaftes Gemälde auch eine Art von Magie ausstrahle, die sich aber nur dem dafür empfänglichen offenbare. Damit schaffte sie es, daß die Jungen das verächtliche Grinsen einstellten und die Mädchen die Bilder noch intensiver anblickten, um diesen geheimen Zauber vielleicht doch aufzufangen.

Wo die Zeit abgebieben war wußte Julius nicht wirklich. Jedenfalls war es bereits drei Uhr nachmittags, als sich die drei Gruppen außerhalb des Luvre wieder trafen. Um noch etwas von Paris zu haben ging es per Metro zum Eiffelturm, wo sie alle mit dem Aufzug bis zur obersten Aussichtsplattform fuhren.

"Madame Faucon sagt, von hier aus sei Paris am schönsten, weil nirgendwo der Eiffelturm im Bild stehe", sagte Julius zu Venus Partridge und Ernestine Wright.

"Dafür hängt mir zu viel von dem Qualm in der Luft", sagte Venus. Dennoch genoß sie die Aussicht auf die pulsierende Stadt, in der die Autos scheinbar komplett chaotisch herumfuhren.

Um fünf Uhr kehrten sie in zugleich drei Straßencafes ein. Julius hatte Brittany und Pina genug Franc mitgegeben, damit sie für ihre Mitreisenden bezahlen konnten. Dort blieben sie bis halb sieben. Dann trafen sie sich wieder bei der Metrostation, über die es in die Nähe des Geschichtsmuseums ging.

Bis acht Uhr nutzten sie noch ein wenig Zeit, um über die Rue de Camouflage zu bummeln, die ihnen nach dem lauten und überfüllten Paris der Muggel wie eine Oase der Ruhe und Übersicht vorkam, obwohl hier auch eine Menge Leute herumliefen. Venus ging noch in den Laden von Madame Esmeralda, während die Schülergruppen sich schon für den Rückflug per Reisesphäre bereitmachten. Julius wäre gerne mit ihr hineingegangen, um für Millie noch was schönes auszusuchen. Doch die von ihm eingegangene Verpflichtung hielt ihn bei den anderen.

Um acht Uhr erschien Madame Faucon aus einer Reisesphäre heraus und sammelte die erste Gruppe ein, die nach Millemerveilles zurückkehrte. Professor McGonagall wirkte etwas angespannt, als sie mit ihrer Gruppe zuerst in das Zaubererdorf in Südfrankreich zurückkehrte. Als Catherine den Rest der Ausflugsgesellschaft in Millemerveilles abgeladen hatte sagte Professor Wright: "Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir uns alle bei Monsieur Latierre und Madame Brickston für die hochinteressante und informative Reise bedanken möchten. Wir dürfen nicht vergessen, daß ohne ortskundige Planung und Anleitung dieser Ausflug gar nicht erst hätte stattfinden können. Deshalb gehört es sich, daß wir alle, die wir daran teilnehmen durften, uns für die Arbeit und die Einsatzbereitschaft bedanken, die Monsieur Latierre und Madame Brickston für uns aufgewendet haben. Vielen Dank für Ihre großartige Hilfe und Betreuung!" Die meisten Schüler klatschten Beifall. Die Muggelstämmigen aus Hogwarts, denen Julius doch gut aus dem Weg hatte bleiben können, verzogen etwas ihre Gesichter und nickten nur. Professor McGonagall sah es und sagte deshalb:

"Es versteht sich, daß jemand, der eine solche Mühe auf sich nimmt, ohne dazu verpflichtet worden zu sein, unser aller Respekt verdient und nicht als Idiot oder Schwächling abgestempelt werden darf. Das nur für die wenigen Damen und Herren, die der Meinung huldigen, Stärke äußere sich nur in der Fähigkeit, seine Mitmenschen im Kampf besiegen zu können. Deshalb darf und muß ich mich meiner US-amerikanischen Amtskollegin mit ganzem Herzen anschließen und bedanke mich im Namen aller an dieser Tagesreise beteiligten Schülerinnen und Schüler von Hogwarts." Julius nahm den Dank mit einem Lächeln hin. Catherine ebenfalls. Dann deutete Madame Faucon, die sich nach der Reisesphärenbeschwörung bewußt abseitsgehalten hatte, auf die beiden wartenden Pendelkutschen. Julius fragte, ob er die beiden Gruppen noch zurückbegleiten sollte. Die beiden Schulleiterinnen schüttelten bedächtig die Köpfe. Sie trieben ihre Leute zusammen. Die Mädchen Gloria und Pina verabschiedeten sich von ihren Schulkameraden und disapparierten, um zu ihren Verwandten überzuwechseln. Die Brocklehursts, sowie Madame Faucon und Catherine blieben bei Julius, der den beiden Kutschen nachwinkte, die rasch in die Lüfte stiegen und davonbrausten.

"Hui, Löwenbändiger muß dagegen ja wie Stricken sein", meinte Julius, als er sicher sein konnte, daß ihn von den Schülern keiner mehr hörte. Madame Faucon wandte sich ihm zu und sagte:

"Du weißt, daß ich keine Wetten gutheiße. Aber ich hätte mit der werten Kollegin McGonagall fast eine Wette darauf abgeschlossen, ob sie sich dir gegenüber durchsetzen kann, daß du dich freiwillig mit diesen Ignoranten in einer Gruppe aufhältst. Nicht daß ich das Verhalten dieser Schüler nicht auch verabscheue, Julius. Es hilft nur nichts, einen im Endergebnis unwichtigen Konflikt künstlich anzuheizen. Das habe ich ihr schon gesagt. Sie aber war der Ansicht, daß nur die unmittelbare Konfrontation zwischen diesen Jungen und dir ein für allemal klären kann, daß sie im Unrecht sind. Na ja, wir sind uns in vielen pädagogischen Fragen einig, da darf es auch einmal eine Meinungsabweichung geben."

"Sie deutete an, sich mit dir drüber auseinanderzusetzen, ob mein Verhalten angemessen sei", erwähnte Julius der Schulleiterin gegenüber, die er im Rahmen nachbarschaftlicher Verhältnisse duzen und beim Vornamen nennen durfte.

"Und das hat dich nicht erschüttert, daß ich womöglich deinen Saalsprecherstatus hinterfragen oder deine hier genossenen Privilegien überdenken müßte?" Fragte Madame Faucon.

"Sie sprach von Vernunft, und ich verstehe darunter, daß nur solche Sachen offen ausdiskutiert oder ausgefochten werden sollen, die der einen oder der anderen Seite auch was einbringen. Sicher denkt sie, sie käme mit den Leuten aus ihrer Schule besser klar, wenn die kapieren, welchen Mumpitz sie da denken. Aber mich deshalb wie eine Art armen Sünder hinzustellen, der Buße tun muß, sah ich nicht ein. Dann meinte sie noch, mich an meiner Ehre zu packen und behauptete, wenn ich nicht mit diesen Dummschwätzern zusammen herumlaufen wolle bekämen die ja indirekt recht, daß ich ja doch ein Feigling sei. Mein Gegenargument, daß sie ja auch nicht Schuld am Terror der Carrows habe kam wohl bei ihr an."

"Oh, das war aber ein sehr bewußt und gezielt ausgeführter seelischer Schlag, junger Mann. Daß Sie dir das nicht als Angriff auf Ihre Ehre ausgelegt hat erstaunt mich jetzt aber", erwiderte Blanche Faucon. Catherine kam Julius mit einer Antwort zuvor.

"Das war aber wohl eher Notwehr, Maman. Denn ein Junge oder ein erwachsener Mann läßt sich nicht als Feigling beschimpfen, selbst wenn er einer ist. Und Julius ist keiner. Allein schon, daß er sich einem Straßenkriminellen in den Weg gestellt hat, der durchaus auch ein Messer oder eine Pistole hätte ziehen können zeigt, daß er kein Feigling ist."

"Na gut, ein Taschendieb guckt immer zu, daß er so heimlich verschwinden kann wie er zulangt. Wenn einer ihn genau anguckt und ihm zeigt, daß er besser vorsichtig ist, hält der sich wohl eher zurück. Bei einem Straßenräuber wäre das wohl eine andere Sache gewesen", antwortete Julius.

"Wie dem auch sei, meine werte Kolegin dürfte sich in den nächsten Tagen noch einmal an mich wenden und nachhaken, ob ich sie vielleicht im unklaren gelassen habe, was deine geistig-seelische Entwicklung anginge", sagte Madame Faucon. Dann schlug sie vor, daß ihre Tochter und Julius zu ihr mitkommen und dort was anständiges zum Abendessen bekommen könnten, wo sie unterwegs sicher nur Baguettes oder "Unerträgliche Entgleisungen der Kochkunst" zu essen bekommen hätten. Catherine wies darauf hin, daß sie Babette und Claudine aus dem Sonnenblumenschloß abholen müsse, weil es für Claudine nun Bettzeit sei und sie besser hinterherkam, daß die werte Ursuline Latierre sie nicht mit ihren jüngsten Töchtern in ein Zimmer legte. Julius wußte, daß seine Frau gerade im Hauptstadion war, um Peru gegen Bulgarien zu verfolgen. Madame Faucon erwähnte, daß Madame Rossignol die Beauxbatons-Gruppe dort beaufsichtige. Julius hatte schon Hunger. Doch er mußte an die Brocklehursts denken. Madame Faucon lud die Gäste der Latierres ebenfalls ein und bekräftigte, daß sie auch schnell eine vollvegetarische Mahlzeit ohne Milch- und Eierprodukte hinbekommen konnte. Brittany überlegte kurz und fragte dann Linus.

"Nach dem ganzen Kindergarten heute bin ich wirklich sehr hungrig. Ich hoffe, ich esse der werten Madame Faucon nicht alle Vorräte weg."

"Da müßten Sie sich sehr ranhalten, junger Mann", sagte Blanche Faucon erheitert. "Ich habe zwar viel tagesfrische Lebensmittel, lagere aber auch vieles in einem Conservatempus-Schrank ein. So verabschiedeten sie sich von Catherine Brickston. Venus Partridge wollte sich auf einer der Leinwände das Spiel von Peru ansehen und bedankte sich bei Julius für die Führung.

Beim Abendessen durfte Julius berichten, wie der Tag verlaufen war, wobei er die Episode mit Bluecastle erwähnte. Brittany hatten vor allem die Gemälde gefallen, während Linus sich eher für die antiken Kunstwerke begeistern konnte. Julius erwähnte auch, daß einige der Jungen provokant gefragt hatten, ob Leonardo da Vinci nicht auch mit Zauberei herumgewerkelt hätte.

"Manche haben ihm das tatsächlich unterstellt", sagte Blanche Faucon. "Eine nur den Archiven der magischen Welt anvertraute Beschreibung erwähnt, daß er zumindest mit einem Magier zusammengetroffen sein muß, der ihm vorgeführt hat, wie Dinge zum Schweben gebracht wurden. Das war aber erst nach den Experimenten mit den flugunfähigen Apparaten. Wie erwähnt ist dazu in der Muggelwelt nichts bekannt geworden."

"Ich habe das mit diesen Muggelstämmigen mitbekommen, die Julius immer so schräg angesehen haben. Wie lange kann sowas vorhalten, daß jemand denkt, jemand anderes hätte für Sachen zu büßen oder zu bereuen, die er nicht getan hat?" Fragte Brittany.

"Dazu müßte ich mehr vom heilmagischen Zweig der Seelenformkunde Psychomorphologie verstehen, als meine Erfahrung als Lehrerin hergibt, Mrs. Brocklehurst. "ich weiß aus der Zeit Sardonias, daß selbst die Enkel von nachweislichen Mittäterinnen noch für die von ihren Großmüttern verübten Verbrechen beschuldigt wurden und kenne leider auch Familien, die sich rühmen, in dieser Zeit zu Ruhm und Macht gekommen zu sein. Also liegt es nicht nur daran, ob jemand Schuld ist, sondern auch, ob jemand, der von der Schuld seiner Vorfahren profitiert, diese Schuld weiterträgt oder nicht. Ich weiß, daß Julius' Mutter sich ausgiebig mit diktatorischen Staaten befaßt hat, um uns zu helfen, die Vorgänge in England vor zwei Jahren nachzuvollziehen und angemessen darauf zu reagieren. Soweit ich weiß gibt es in Deutschland immer noch das Problem, die Ein-Parteien-Diktatur im östlichen Teilstaat Deutschlands aufzuarbeiten, und viele Nachkommen ehemaliger Opfer der Verfolgung und Massenvernichtung im zweiten Weltkrieg werden nicht müde, den Nachfahren der Täter eine Schuld an diesen Taten in Erinnerung zu halten, obwohl die nachgeborenen Generationen diese Untaten nicht verübt haben. Das wirklich wichtige und unbedingt erforderliche ist, die Fehler vergangener Generationen zu erkennen, in Erinnerung zu behalten und darauf zu achten, sie nicht zu wiederholen. Nur wer das versäumt, macht sich wieder schuldig. Hier in Frankreich ist außer Sardonias dunklem Hexenreich auch noch viel Unrecht verübt worden, von der nicht immer ruhmreichen Vergangenheit Ihrer Heimat möchte ich besser nicht erst anfangen, Mr. und Mrs. Brocklehurst. Ich stelle nur fest, daß es nichts einbringt, jemandem die Schuld an etwas zu unterstellen, vor dem er oder sie selbst fliehen mußte. Denn das ist ja wohl das Problem, daß die von Ihnen beobachteten Schüler gerade haben." Brittany und Linus nickten. Julius fragte dann, ob Professor McGonagall vielleicht ein Protokoll über den Ausflug haben wollte, um damit die Ausgaben zu rechtfertigen.

"Das klärst du besser mit deiner Schwiegermutter und derzeitigen Arbeitgeberin, Julius", sagte Blanche Faucon.

Gegen zehn Uhr läutete es an der Tür. Monsieur Castello stand vor dem Haus. "Bulgarien ist raus, Blanche. Krum hat zwar den Schnatz gefangen, aber Peru hat die mit fünfzig zu zwanzig Toren niedergerungen. Na ja, darf Krum den Schnatz mit in seine Heimat nehmen."

"Und, alles friedlich geblieben?"

"Außer daß gleich dreißig kreischende Mädchen Anstalten machten, diesen Bocafuego-Burschen bei lebendigem Leib aufzufressen nichts wirklich erschütterndes", warrf Castello ein. Blanche zischte ihn an, er solle keine unpassenden Scherze machen.

"Na ja, sah zumindest so aus. Aber einige haben schon ziemlich dreist gehandelt. Die standen auf einmal in reine Luft gehüllt vor den. Da war was los. Deine Mitarbeiterin Rossignol hat gleich ein paar hundert Pfund Nebel um sich und deine Schüler gesprüht, und die vom Ministerium haben das Manöver übernommen und die zeigefreudigen Damen in rabenschwarze Dampfwolken eingehüllt."

"Ist doch nicht zu fassen. Du hast dieses Spiel kommentiert, Antoine?"

"Oja, und trotz Sonorus am Ende nicht mehr die rechte Stimme gehabt, nachdem diese Biester sich da so pur und unverfälscht preisgegeben haben. Oh, du hast Besucher", stellte Castello jetzt erst fest, weil aus der Wohnküche ein zuckender Schatten fiel, als Julius im Türrahmen auftauchte.

"Meine Tochter war mit ihm und einer Truppe meiner Kolleginnen Wright und McGonagall im Louvre und auf diesem stählernen Verbrechen am Pariser Stadtbild. Seine Gäste Brittany und Linus Brocklehurst sitzen bei mir zum Abendessen."

"Ui, dann hätte ich wohl etwas weniger derb sprechen sollen."

"Das sage ich dir ohnehin schon immer wieder, aber du bist trotz körperlicher Reife immer noch ein kleiner Junge, Antoine", tadelte Blanche Faucon den zopfbärtigen Zauberer. Julius begrüßte den zeitweiligen Stadionsprecher höflich und fragte, ob er seine Frau Mildrid gesehen habe.

"Die saß züchtig verhüllt bei deiner Schwiegertante Béatrice und den Eheleuten Montferre, konnte ich sehen. Aber dann mußte ich mich auf das Spiel konzentrieren."

"Das war bestimmt nicht leicht, wo die Bulgaren und Peruaner so schnell fliegen können", sagte Julius.

"Das ging noch wunderbar. Erst als mehr als vier Bälle im Spiel waren wurde es für mich anstrengend", erwiderte Antoine mit verwegenem Lächeln.

"Antoine, du bringst mich noch dazu, herauszufinden, welche junge unbeherrschte Hexe du zuerst so gesehen hast. Dann ist deine Zeit der Freiheit aber vorbei, werter Nachbar."

"Nein danke, diese überdrehten Temperamentsschnepfen, Blanche! Das kannst du mir nicht antun", erschauerte Castello.

"Dann schweige besser über das, was dich so unschicklich angeregt hat!" Fauchte Madame Faucon. Dann wandte sie sich an Julius. "Ich gehe zwar davon aus, daß Madame Rossignol rasch und umfangreich reagiert hat, muß aber sicherstellen, daß die mir anvertrauten Schülerinnen und Schüler nicht total verwirrt wurden. Julius, kannst du deinen Gästen bitte sagen, daß ich noch einmal fort muß, weil sich was ergeben hat, daß meine direkte Anwesenheit fordert?" Julius nickte. Mit dem Essen waren sie ja trotz sieben Gängen und Unterhaltung fertig. Er sprach kurz mit Britt und Linus, erwähnte aber nicht den pikanten Zwischenfall vom Spiel. Die beiden hatten Verständnis für die Pflichten der Schulleiterin und bedankten sich bei ihr für das sehr leckere und sättigende Abendessen. Sie verließen mit Julius das Haus durch die Tür und disapparierten knapp zwanzig Meter davon entfernt.

"Ui, da habe ich ja doch was verpaßt", meinte Linus im Apfelhaus, als Julius ihm und Brittany den Grund für die abrupte Beendigung des gemütlichen Abends berichtet hatte. Brittany meinte dazu, daß er schon eine hätte, die ihm das zeigte, was diese dreißig oder mehr jungen Hexen ihrem Idol vor allen Augen gezeigt hatten.

Im Badezimmer mentiloquierte Julius mit Millie.

"Bin mit Tante Trice, Raphaelle und Michel bei den Rochers. Césars Oma hat uns zum Abendessen eingeladen. Wie das Spiel ausging weißt du?"

"Das Quidditchspiel oder das Ding mit Bocafuegos Groupies?" Wollte Julius wissen.

"Wenn Groupies schreiende Mädchen sind, die sich für ihren Helden komplett nackig machen dann lautet das Ergebnis, daß alle die das gemacht haben auf der Stelle ins südamerikanische Klima nach bonita Lima zurückgeportschlüsselt wurden. Die werte Eleonore Delamontagne ist ja fast explodiert, als das abging."

"Linus meinte, er habe da ja doch was verpaßt. Britt sagt, er habe schon eine, die ihn nichts verpassen lasse."

"Du auch, Süßer. Die sind jetzt bei uns im Apfel?" Julius bejahte es.

"Okay, dann komme ich rüber. Bin sowieso ziemlich müde. Tante Trice will noch eine Woche warten, bevor sie genau nachguckt, ob oder ob nicht."

"Dann bis gleich und Grüße an Raphaelle, die hätte diesen peruanischen Señoritas noch die Schau stehlen können."

"Gebe ich so weiter, Cariño."

Fünf Minuten später apparierte Millie erschöpft aber sehr fröhlich in der Empfangshalle des Apfelhauses. Brittany und Linus waren noch einmal ausgegangen und wollten um Mitternacht wieder da sein. "Die wollen noch ein wenig Salsa tanzen, wo Peru jetzt die große Fete feiert", sagte Julius.

"Dann hätten wir uns da auch treffen können", erwiderte Millie. "Na ja, aber ist schon komisch. Heute Morgen hatte ich wieder leichte Probleme, gut auf die Beine zu kommen und jetzt bin ich total müde. Den Tag über ging es mir besser als sonst. Tante Trice meinte, es könnte echt wer neues bei mir mitwohnen. Aber ich würde mich zu sehr darauf einstimmen, daß der Körper das auch vorgaukeln könne. Sie muß da noch einige Tage drüber vergehen lassen, um sicher zu sein, daß das nicht nur ein Placebo ist, wie sie es nannte."

"Huch, das Wort kennen die Heiler auch?" Fragte Julius und erwähnte, daß so auch bei den Muggeln unwirksame Arzneien genannt wurden, an deren Wirkung jedoch so stark geglaubt wurde, daß der Körper eines davon nehmenden so ansprach, als wirke das Mittel tatsächlich. "So hat mir Tante Trice das auch erklärt und daß das wohl von Antoinette Eauvive eingeführt worden sei, um Testreihen mit neuen Heiltränken abzusichern", erwiderte Millie. Dann ließ sie sich von Julius berichten, was er erlebt hatte. Er nutzte die Gelegenheit, um die Flotte-Schreibefeder mitnotieren zu lassen, damit er gleich einen schriftlichen Bericht hatte. Erst als er den sachlichen Teil mit einer Abschlußbewertung diktiert hatte sprach er mit Millie über die Gefühle, die er während der Reise empfunden hatte. Sie hatte die ja sicher auch mitbekommen.

"Toll, eine Lehrerin, die Schüler mit einem einzelnen Typen in einen Raum stecken will und denen sagt, "Seht zu, wie ihr mit dem klarkommt!" Offenbar wollte sie mit diesem Ausflug rauskriegen, wer da wie gestrickt ist. Aber du hast komplett recht, daß du dich für derartige Spielchen nicht hergeben mußt. Wenn Ma von der 'ne Beschwerde bekommen hätte hätte die der auch gesagt, daß du nicht dazu da seist, um von den Todessern durch den Wind gewalkte Muggelstämmige zu beschäftigen."

 

"Wenn es um was ginge, beispielsweise gute Zusammenarbeit, hätte ich es ja versucht, mit denen ins Reine zu kommen, Millie. Aber denen und mir bringt es doch nichts. Die einzige, die davon was gehabt hätte ist Professor McGonagall, die dann mal auf ihre Durchsetzungskraft stolz gewesen wäre."

"Die hat gedacht, dich mit ein bißchen streng anglotzen rumzukriegen. Aber dazu muß eine Frau was anderes mit dir machen, um dich rumzukriegen", schnurrte sie und kuschelte sich an Julius' Körper, wobei sie jedoch über ein bißchen Schmusen und Küßchen nicht hinausging. Er genoß ihre Wärme und zärtlichen Berührungen und erwiderte diese.

Pina kam um halb elf zurück und fragte, ob sie noch baden dürfe. Sie durfte. Gloria kehrte mit den Brocklehursts zurück und fragte Julius, ob er das mit den peruanischen Hexen mitbekommen habe.

"Die sind wohl schon in ihrer alten Heimat", sagte Julius. "Pech, daß die ihrem Helden jetzt nicht weiter nachsteigen können."

"Da wo die herkamen gibt es noch welche, Julius", grummelte Gloria. "Aber das Krum aus dem Turnier raus ist dürfte einige Damen aus Osteuropa und Hogwarts sehr sehr traurig machen, vielleicht auch die junge Ms. B.Elfe.R.."

"Da sage ich mal besser nichts zu, solange da draußen eine Linda Knowles und eine Rita Kimmkorn auf der Lauer liegen", erwiderte Julius. Da kam Gloria mit etwas heraus, was Julius fast zur Weißglut brachte:

"Ich will nichts sagen, Julius. Aber ich fürchte, dieses Biest ist echt mit uns mitgekommen. Ich habe genau drauf geachtet, was uns unterwegs für Insekten umflogen haben. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ich mal einen Käfer in den Locken hängen hatte und die dame, die uns herumgeführt hat hatte ein ähnlich aussehendes Krabbeltier an ihren grauen Haaren hängen."

"Huch, wir hatten so einen Krabbelkäfer nicht bei uns", erwiderte Julius.

"Könnte auch paranoid von mir sein, weil wir ja schon darüber geredet haben, daß die vielleicht sowas macht. Aber falls sie es war, dann ging es der nicht um dich. Ich hoffe mal, du kriegst das nicht in den falschen Hals."

"Was, daß ich für die Kimmkorn nicht mehr wichtig bin? Das wäre für mich die gute Nachricht des Tages, Gloria", erwiderte Julius. Er verabscheute den Medienrummel, und Gloria wußte das.

"Um wen sollte es dann gehen?" Fragte Julius. Gloria überlegte.

"Catherine Brickston vielleicht", vermutete Gloria. "Oder einen von den Jungs, die mit diesem Wirrkopf Jack Bradley zusammenhingen. Vielleicht will die noch was aufschnappen, was mit dem los ist."

"Soll sie", grummelte Julius.

Als die Brocklehursts und Gloria sich zur Nacht verabschiedeten konnte Julius endlich auch zu Bett gehen. Er betrachtete seine schon schlafende Frau. Sie atmete ruhig und gleichmäßig. Ihr Gesicht war ganz entspannt. Er dachte sich, daß in ihrem Leib gerade sein erstes Kind entstanden sein mochte. Es würde erst viel später erfahren, was für eine starke, temperamentvolle, aber auch einfühlsame Mutter es bekommen würde. Behutsam legte er sich neben Mildrid und deckte sich zu. Er fühlte die Wärme, die von ihrem Kopf ausging und sog behutsam den Duft ihrer Haut und ihrer Haare in die Nase. Sie war ein Teil seines Lebens, sein Anker in dieser turbulenten, nicht immer hellen Welt, der Grund, warum er überhaupt weiterleben wollte. Wenn das die Bedeutung von Liebe war, war er froh, sie endlich kennen zu dürfen. Um seine Frau nicht zu wecken bewegte er sich sehr vorsichtig. Als er in seiner bevorzugten Einschlafhaltung lag dachte er noch einmal an die Ereignisse des Tages zurück. Er war sich sicher, richtig gehandelt zu haben. Wenn die Jungen aus Hogwarts meinten, ihm das immer noch nachzusehen, daß er sich mit seiner Mutter abgesetzt hatte, sollten die damit weiter rumlaufen.

 

__________

 

Das Nachspiel der Partie Peru gegen Bulgarien schlug hohe Wellen in den Zaubererzeitungen. Linda Knowles zitierte die Anstandsregeln der französischen Zaubererwelt und spekulierte, welche der dreißig zeigefreudigen Junghexen demnächst würde heiraten müssen, wenn klargestellt würde, wer sie zuerst unverhüllt gesehen habe. Der Miroir Magique machte mit einer ähnlich frivolen Schlagzeile auf, wie Antoine Castello sie gestern angedeutet hatte: "Mehr als nur vier Bälle im Spiel", lautete sie. Es wurde ein Zitat von Eleonore Delamontagne gebracht, die sich darüber ausließ, wie nachlässig in Südamerika die jungen Hexen erzogen würden, daß die sich derartig hätten gehen lassen. Julius kannte Eleonore Delamontagne mittlerweile gut genug. wo sie mit Baudouin schwanger war hatte sie sich offen mit seiner Mutter angelegt, weil die Laurentine über ihr Mobiltelefon mit ihren Eltern hatte sprechen lassen. Laurentine wohnte immer noch bei den Lagranges und teilte sich mit Belisama ein Zimmer. Der Tagesprophet machte damit auf, daß Krum den Schnatz gefangen hatte, Perus Superjäger Bocafuego jedoch Bulgariens Aus herbeigeführt hatte. Der Sportberichterstatter machte sich dann noch über die Verehrerinnen Bocafuegos lustig und zählte die ältesten von ihm gesichteten Zuschauer auf, die Jungesellen oder Witwer waren und setzte darunter den Spruch: "Die können demnächst von Glück reden, weil eine besondere Sittlichkeitsregel in Frankreich verlangt, daß ein unverheirateter Zauberer über fünf Lebensjahren die unverheiratete Hexe über fünf Lebensjahren heiraten muß, die er zuerst komplett nackt gesehen hat, sofern sie nicht mit ihm verwandt oder verschwägert ist."

"Die sollen nicht so tun, als wäre das eine rein französische Beschränkung", sagte Gloria. "In den Staaten gibt es auch ein Verbot der öffentlichen Entblößung oder der Zurschaustellung intimer Handlungen in der Öffentlichkeit. Da wären die Chiquititas peruanas sicher auch heftig belangt worden."

"Ich weiß nicht, wie das in Peru läuft", sagte Julius. "Nachher müssen die sogar noch Angst vor Gefängnisstrafen haben."

"Dann hätten die gerade höllisch aufpassen müssen", warf Pina schnippisch ein. Julius fand dann noch einen Artikel, der das bestätigte, was Gloria gestern angedeutet hatte und las ihn laut vor:

"Zwischen Muggelqualm und alten Schätzen, Hogwarts erkundet Paris. Am gestrigen Tag reiste eine Gruppe aus fünfundvierzig Hogwarts-Schülern unter Führung der Schulleiterin Professor McGonagall mit einer Gruppe der Thorntails-Akademie für nordamerikanische Hexen und Zauberer in das Paris der Muggel, um das kulturelle Erbe aus mehreren Jahrhunderten zu erkunden. Dabei war auch der junge James Kortney, dem der Tagesprophet nach dem Ende dessen, dessen Name auch heute noch nicht jeder nennen will bei seinem Weg in ein neues, geordnetes Leben beobachtet, seit feststeht, daß er bei den altehrwürdigen Eheleuten Zebulon und Hagar Woodbridge unterkam. Wie unsere Leserinnen und Leser sicher wissn gehörten James' Eltern genauso zu den Todesopfern der Regentschaft der Todesser. Kortney, der den Tod seiner Eltern bis heute nicht verwinden kann, saß wie die meisten muggelgeborenen Hogwarts-Schüler fast ein ganzes Jahr in Askaban und hatte im letzten Jahr enorme Schwierigkeiten, sich in Hogwarts einzuleben. Er sieht die Schule als Auslöser für seine schwere Familientragödie an und arbeitet dort nur an seinen Hausaufgaben, weil er nicht will, daß er wie sein Leidensgenosse Fred Stephens zu einem hilflosen Säugling ohne Erinnerung an sein bisheriges Leben zurückverwandelt wird. Da mittlerweile bekannt ist, daß der vor wenigen Tagen beinahe in einem Springschnapperbeet zu Tode gekommene Jack Bradley dieses Schicksal erfahren hat, was von den Heilern als Genesungsverjüngung umschrieben wird, wird James Kortney sicherlich noch mehr darauf drängen, als möglichst gefestigt und arbeitssam aufzufallen. Doch das Verhältnis zu seinen zauberergeborenen Mitschülern entwickelte sich bis heute nicht sonderlich zufriedenstellend. Da Professor McGonagall jedes direkte Interview mit ihren Schülern untersagt hat, kann der Tagesprophet nur auf Aussagen dritter und Beobachtungen seiner Reporter zurückgreifen. Vorgestern wurde dem Tagespropheten bekannt, daß Professor McGonagall einen Ausflug nach Paris unternehmen wollte. James Kortney meldete sich freiwillig, um an einem Besuch des Kunstmuseums teilzunehmen. Wie aus einer gut unterrichteten Quelle verlautbarte versuchte Professor McGonagall, die Muggelstämmigen in einer Gruppe mit dem vor der Machtübernahme der Todesser aus England ausgewanderten Julius Latierre geborenen Andrews zusammenzubringen. Sie hoffte wohl darauf, daß er mit seiner überwiegend guten Erfahrung in der Zaubererwelt eine Stütze für die von den Ereignissen gebeutelten Hogwarts-Schüler sei, ja ging davon aus, zwischen ihnen und ihm bestehende Mißverständnisse bei diesem Ausflug auszuräumen. Allerdings, so erfuhr der Tagesprophet im Verlauf des Tages, sei dieses Unterfangen mißlungen, da es dem in der Französischen Schule Boxbatongs lernenden UTZ-Schüler egal sei, wie andere Muggelstämmige mit ihrer schweren Bürde leben müssen. Er hielt sich lieber an die US-amerikanische Gruppe um Professor write und bekundete damit eindeutig, daß ihm an den Schicksalen anderer Muggelstämmiger nichts liege, obwohl seine eigene Mutter im dunklen Jahr ihr Leben und ihre Freiheit riskiert haben soll, um Muggelstämmigen zur Flucht von den britischen Inseln zu verhelfen. Andererseits, dies zur Fairness, legen es viele der jetzt in Hogwarts lernenden Schüler aus Muggelfamilien auch nicht darauf an, sich von ihm berichten zu lassen, wie viel mehr Glück er hatte, daß er in den französischen Hexen Katherin Brickton und Professor Blaanch Fawken sehr engagierte Unterstützerinnen fand, um ihn weit vor der Machtübernahme durch die Todesser einen sicheren Unterschlupf in Boxbatongs zu verschaffen. Daher zeigten sie sich nach anfänglicher Gehässigkeit hochzufrieden, daß er nicht in ihrer Nähe blieb. Als Kortney erfuhr, daß Katherin Brickton seine Gruppe mitbetreute, hätte er wohl am liebsten das Weite gesucht und sich unter eines dieser vielen ungeordnet herumlärmenden Autowagen geworfen. Nur der Umstand, daß im Gefolge ein junges Mädchen aus Thorntails mitreiste, dessen Bekanntschaft er machen wollte und sich dabei wohl etwas im Ton vergriff hielten ihn davon ab, wie Jack Bradley auf ein vorzeitiges Lebensende auszugehen. Beobachter im Luvre konnten ihn dabei beobachten, wie er abfällig zu Katherin Brickton hinübersah, sich aber nicht traute, sie anzusprechen, obwohl sie sehr gut Englisch kann. Auch mißfiel ihm wohl die Teilnahme von Pina Watermelon, die ähnlich wie Julius Latierre Muggelverwandtschaft besitzt. Leider war es bisher nicht möglich, sie zu einer Stellungnahme über ihr rechtzeitiges Untertauchen vor Schuljahresbeginn 1997 zu befragen. James Kortney jedenfalls dürfte den Tag in Paris nicht sonderlich genossen haben. Denn am Abend konnte er dabei beobachtet werden, wie er sich mit seinen zaubererweltgeborenen Mitschülern eine wilde Prügelei lieferte. Warum er sich derartig hat hinreißen lassen kann zu dieser Stunde nicht geklärt werden, da Professor McGonagall ja jede direkte Befragung untersagt hat. Ebenso verwährt der glücklicherweise weit vor dem dunklen Jahr nach Frankreich ausgewanderte Jungzauberer Julius Latierre ein ausführliches Interview über seine Erlebnisse und die daraus gewonnenen Erkenntnisse, sofern er sie nicht vor dem Zaubergamot im Prozeß gegen Dolores Jane Umbridge ausgesagt hat. Der Tagesprophet bleibt an dieser tragischen Geschichte dran, um Sie darüber zu informieren, ob es gelingt, daß ein von Mord und Terror verwirrter junger Zauberer doch noch seinen sicheren Halt in unserer magischen Gesellschaft findet."

"Das ist doch wohl nicht wahr", protestierte Pina. Julius konnte nach der nüchternen Verlesung dieser Ladung Unverschämtheiten und falschgeschriebener Namen erst einmal nichts sagen. "Wer hat das geschrieben?" Fragte sie noch. Julius sah sie verdrossen an und fragte, ob sie das wirklich nicht wisse und warf ihr die Zeitung zu, daß eine Wolke Druckerschwärze über dem Tisch herabregnete und fast im offenen Honigtopf landete. Millie wedelte schnell mit ihrem Zauberstab, ließ die herausgeschleuderte Druckerfarbe zu einem klebrigen Kügelchen werden und verschwinden. Pina las die Artikelunterschrift. Gloria schnaubte, daß sie also doch recht gehabt hatte. Dann erwähnte sie, was sie mitbekommen hatte.

"Moment mal, dann hat uns dieses Biest wahrhaftig ausspioniert?" fragte Linus Brocklehurst. Julius nickte.

"Die war hinter Jimmy Kortney her?" Fragte Pina. "Da haben wir nichts von mitbekommen."

"Die hat sich auf Bradley eingeschossen, Pina. Als der dann wegen der Springschnappergeschichte nach Hause geschickt wurde und jetzt wohl komplett neu aufwachsen darf hat sie sich das nächste Opfer gesucht", stellte Gloria fest. Julius sah sehr verärgert auf die bei Pina gelandete Zeitung. Dann sagte er: "Entschuldigt mich mal für ein paar Minuten. Ich lasse das nicht so stehen. Die kriegt jetzt meinen ganzen herrlich hochgekochten Ärger auf die Ohren." Er stand auf und ging in sein Arbeitszimmer. Als wäre es gestern erst gewesen sah er Madame Maxime vor sich, wie sie einen Antwortheuler auf Umbridges vorletzten Heuler ihres freien Hexenlebens verfaßte. So machte er es auch. Erst beschriftete er einen leeren Umschlag mit "Rita Kimmkorn, Reporterin des Tagespropheten". Dann verfaßte er mit derselben roten Tinte einen Brief:

Rita Kimmkorn, ich habe mir Ihr Geschmiere jetzt mehr als lange genug gefallen lassen. Sie behaupten doch echt, mir sei es egal, wie es anderen Muggelstämmigen geht. Das ist schon mal eine dreiste Lüge. Dann erfrechen Sie sich noch, meiner Mutter zu unterstellen, sie habe nur angeblich und nicht wirklich vielen Muggelstämmigen zur Flucht verholfen. Die größte Dreistigkeit ist jedoch, daß Sie nun darauf aus sind, wegen einer zurecht ausgesprochenen Ablehnung, Ihnen ein Interview zu geben, alle Muggelstämmigen aus Hogwarts gegen mich und meine Freunde und Verwandten aufhetzen zu wollen. Offenbar wollten sie sogar Zeugin sein, wie sich der in Ihrem neuesten Machwerk erwähnte Schüler James Kortney das Leben nimmt, um daraus noch einen rührseligen Schrott auf die Öffentlichkeit loszulassen. also ist es eher Ihnen totalegal, wie Muggelstämmige sich fühlen. Ihr Abschlußsatz des Artikels, den ich nur mit der Bemerkung bedenken kann, daß benutztes Toilettenpapier dagegen blitzsauber rüberkommt, ist eine offene Drohung gegen mich und alle Muggelstämmigen, die zusehen müssen, wie sie die Schreckenszeit des Todesser-Jahres überwinden. Die einzige Genugtuung, die ich dabei empfinde ist, daß dieser Brief nicht das schlimmste sein wird, was Ihnen in nächster Zeit bevorsteht. Fröhliches Ohrenklingeln und einen schönen Gruß an die Sonne! Ob die noch mal ungefiltert über Ihnen scheint ist jetzt sehr sehr ungewiß.

Julius steckte den Brief in den bereits adressierten Umschlag und verschloß diesen. Dann tippte er alle vier Ecken mit dem Zauberstab an, wobei er seine Wut richtig hochkochen ließ und jedesmal "Vox Irae!" hervorstieß. , Dabei merkte er, daß es nicht nur seine Wut war, die in den entstehenden Heuler floß. Millie schien seinen Ärger zu teilen und potenzierte diesen wie damals bei Bernadettes fluchtartigem Abgang. Er zog zwei diagonale Linien über den beschrifteten Umschlag und rief bei jeder von ihnen wütend: "Vox Irae ex Scripto!" Die Linien wurden zu einem feurig glühenden X. Dann führte er seinen Zauberstab in einer immer engeren Spirale gegen die Uhrzeigerrichtung über dem Umschlag, bis er den Schnittpunkt der glühenden Linien erreichte. Er stieß den Zauberstab auf diesen Punkt und rief: "Vox Irae ex Scripto fortissima clamato!!" Es krachte wie ein Donnerschlag, als über dem Schreibtisch ein knallroter Feuerball entstand. Julius fürchtete einen Moment, sein Zimmer würde abbrennen oder der Feuerlöschzauber würde in Kraft treten. Doch da fiel der Feuerball schon wieder in sich zusammen und enthüllte einen scharlachroten Briefumschlag ohne Beschriftung. Julius hatte den ersten Heuler seines Lebens hinbekommen. Da konnte sich die Kimmkorn noch was drauf einbilden, dachte er, als er den erzeugten Wutbrief in die Kammer trug, wo seine Schleiereule Francis gerade den Tag verschlafen wollte. "Tut mir leid, dir gerade sowas ans bein zu hängen, Francis. Aber bring das hier so schnell du kannst zu Rita Kimmkorn. Die ist hier irgendwo in Millemerveilles. Such und finde sie und wirf ihr den Umschlag auf den Kopf!" Er gab Francis den Briefumschlag. Das Eulenmännchen ruckelte mißbilligend mit dem Kopf. Doch dann spannte es die Flügel aus und flog zum kleinen offenen Fenster hinaus in den Morgen, Julius geballten Zorn wie eine Bombe ans Ziel tragend.

"Die Sabberhexe hat noch was verbrochen, Julius", begrüßte Millie ihn wieder in der Wohnküche. Sie erwähnte, daß die Latierres darum bangten, ob ein superguter Zauberer auch ein fruchtbarer Deckhengst sei, weil alle Latierres darauf hofften, daß Mildrid Ursuline Latierre endlich ein Kind von einem überragend guten Zauberer empfing. Das mochte die Wut erklären, die Julius beim Verfassen des Heulers noch zugeflossen war. Rita sollte sich besser schon mal nach neuen Ohren umhören, bevor sie gar nichts mehr hörte, dachte er. Dann sagte Millie noch: "Und dann hat sie sich noch mal über Gilbert und Lino ausgelassen, daß Lino ein Exklusivinterview von dir durch gewisse Zuwendungen erkauft haben soll wie eine Straßendirne. Das Wort hat sie echt so hingetextet. Wahrscheinlich kriegt die gleich noch zwanzig Heuler mehr, wenn McGonagall dieses Geschmiere auch noch zu lesen hat."

"Möchtest du der wegen ihrer Gehässigkeiten über meine und deine Fruchtbarkeit auch noch einen schicken, Millie?" Fragte Julius.

"Stimmt, du wolltest mir mal zeigen, wie einer geht, weil Martine das mir bis heute nicht beibringen wollte."

"Ein Heuler ist doch simpel", sagte Brittany und beschrieb Millie genau das, was Julius gerade eben getan hatte. Gloria meinte dazu nur, daß die Kimmkorn den Heuler von Millie dann wohl schon nicht mehr hören können mochte, wenn Julius' Ruster-Simonowsky-Kraft einen Heuler drei- bis viermal lauter machte. "Nachher sprengt der die Behausung in tausend Stücke, in der die hier in Millemerveilles lebt", sagte sie noch voller Gehässigkeit.

"Dann kriege ich noch Ärger, weil ich Rita statt eines Heulers eine Ladung Erumpentflüssigkeit geschickt habe, wie?" Fragte Julius. Pina meinte dazu:

"Hoffentlich ist die Kimmkorn nicht genau da, wo hunderttausend andere sind. Dann könnten die auch Ohrenprobleme kriegen."

"Oha", erwiderte Julius. Das hatte er jetzt nicht bedacht. Dann hätte er Francis aufgetragen, den Brief nur dann über ihr abzuwerfen, wenn sie für sich alleine war. Doch seine Eule war schon unterwegs. Mochte sein, daß er auf der Eulenfarm, auf der er gezüchtet worden war, gelernt hatte, bestimmte Briefumschläge nicht in eine große Menschenmenge hineinzutragen. Natürlich war er darauf abgerichtet, den Adressaten eines Briefes überall zu finden. Womöglich war ihm dabei auch beigebracht worden, nicht aufzufallen oder keine auffälligen Sendungen in einer großen Menschenmenge auszuliefern. Er konnte nur hoffen, daß seine in einen Umschlag gestopfte Wut nicht am Ende den Falschen traf.

"Hoffentlich sitzt die nicht draußen vor eurem Grundstück und hofft darauf, daß wer rausrennt und seine Wut in die Gegend brüllt", meinte Pina. Julius schüttelte den Kopf. "Dann hätten wir hier drinnen schon hören können, was ich gerade losgeschickt habe. Aber Lino sollte ihre Ohren auf halbe Empfindlichkeit runterfahren, wenn sie mitkriegt, wieviele Leute gerade wegen ihrer Kollegin in Fahrt sind", warf er ein.

"Mich interessiert eher, wie Frankreich gegen Schottland spielt, Julius", sagte Millie. "England muß ja gegen Australien ran." Julius bejahte das. Millie und er hatten für beide Spiele Ehrenlogenkarten, zumal das Commonwealth-Duell England gegen Australien von weniger Gästen in der Ehrenloge gesehen werden würde.

"Sagt Madame Hippolyte Latierre bitte noch mal, daß wir uns für die Vorzugskarten bedanken!" Gab Linus Millie und Julius noch mit.

"Machen wir, sagte Millie. Dann ließ sie sich von Julius noch einmal die Zauberstabbewegungen für einen Heuler zeigen und verfaßte ihrerseits für Rita Kimmkorn einen überaus wutträchtigen Brief. Die Brocklehursts, Gloria und Pina verließen das Apfelhaus eine halbe Stunde vor Spielbeginn. Da Julius und Millie gerade keinen Betreuungsdienst hatten, konnten sie auch fünf Minuten vor Toresschluß zum Hauptstadion apparieren. England gegen Australien würde im Südstadion stattfinden, weil ja keiner wußte, ob Frankreich vor Beginn der Commonwealth-Partie fertig war. Jedenfalls würde eine Mannschaft aus Großbritannien heute das letzte Spiel dieser Weltmeisterschaft erleben.

"Wenn das echt stimmt, daß sie eine Animaga ist, die nicht gemeldet ist ist das was für Tante Babs", mentiloquierte Millie mit dem Herzanhänger. Julius erwiderte, daß Rita Kimmkorn spätestens jetzt gewarnt sein sollte, sich nicht mehr heimlich an irgendwen ranzuschleichen und am nächsten Tag einen solchen Dreck in die Zeitung zu schmieren.

Die magische Türglocke erklang. Es fehlten noch zwanzig Minuten bis zum Aufbruch. Julius wurde von Millie gefragt, ob sie noch zu Hause waren. Er ging statt einer Antwort in das freie Zimmer, von dem aus er den Bereich vor der Haustür einsehen konnte. Dort stand seine Schwiegertante Barbara. Was wollte die denn kurz vor dem Spiel? Diese Frage ließ sich nur auf eine Weise beantworten. Er apparierte in der großen empfangshalle und ließ die Haustür aufschwingen.

"Monsieur Latierre, mir ist bekannt, daß Sie und Ihre Gattin in den nächsten zwanzig Minuten im Hauptstadion von Millemerveilles eintreffen müssen, um das Spiel Frankreichs gegen Schottland verfolgen zu können. Meine Mitarbeiter haben gerade miterleben müssen, wie fünf magisch erzeugte Briefe mit aus großer Verärgerung verfaßtem Inhalt ihre lautstarke Wirkung entfalteten, als sie in Befolgung eines dienstlichen Anrufes den derzeitigen Aufenthaltsort der britischen Bürgerin Ceridwen Barley aufsuchten, um dort selbst die Richtigkeit eines der französischen Behörde für magische Tierwesen angezeigten Sachverhaltes zu prüfen. Einer der als Heuler bekannten magischen Verärgerungsbriefe setzte einen mit Ihrer Stimme geäußerten Inhalt frei, dessen Schallwirkung unbehandeltes Glas zum vibrieren brachte und den Einsatz von Ohrentrosttropfen erforderlich machte. Da der von Ihnen und auch von Ihrer Frau abgesendete Heuler dort zugestellt wurde, wo sich der diesen Briefen eingeprägte Empfänger aufhielt, konnten meine Mitarbeiter bereits davon ausgehen, die von Mrs. Barley erstattete Anzeige fuße auf einer wahrhaftigen Grundlage. Ich selbst durfte den von Ihrer frau herrührenden Heuler mit eigenen Ohren vernehmen und entnahm diesem, sowie den Berichten meiner Mitarbeiter, daß Sie beide davon ausgingen, daß die Empfängerin dieser Briefe sich womöglich für irgendwas verantworten müsse. Daher erachte ich es für geboten, Sie und falls sie noch in diesem Haus anzutreffen ist, Ihre Frau aufzufordern, sich für eine genaue Befragung in den Diensträumen der Behörde für magische Tierwesen einzufinden."

"Noch heute oder schon gestern", erwiderte Julius auf die im Beamtenstil vorgetragene Aufforderung.

"Vorgestern", knurrte Barbara Latierre. "Aber sofort reicht in diesem Falle auch", fügte sie noch hinzu. Julius seufzte und erwähnte, daß sie dann mit ihrer großen Schwester über die Rückzahlung verhandeln müsse.

"Da es sich um Eintrittskarten für die Ehrenloge handelt, die dem Ministerium ohne Bezahlung zur Verfügung standen geht es wohl eher um eine Aufwandsentschädigung und Ausfallsentschädigung. Da kann und werde ich mit meiner Kollegin und Verwandten sicher zu einer beiden Seiten genehmen Übereinkunft gelangen", knurrte Barbara Latierre. "Da meine Mitarbeiter mit der britischen Staatsbürgerin Barley, sowie der Empfängerin der von Ihnen und Ihrer Frau versandten Heuler bereits in die Amtsräume der Tierwesenbehörde übergewechselt sind bitte ich Sie darum, mir über die in Ihrem haus bestehende Flohnetzverbindung dorthin zu folgen!"

"Millie, wir wurden gerade amtlich ersucht, Madame Barbara Latierre zu einer Befragung in ihre Amtsräume zu folgen!" Rief Julius.

"Hups, ist was mit Stardust?" Fragte Millie und kam die Treppe herunter. Doch sie grinste, als sie ihre Tante sah.

"Guten Morgen, Madame Latierre. Es geht um die von Ihnen und Ihrem Mann versandten Verärgerungsbekundungen, im Zauberervolksmund Heuler genannt, und daß diese Passagen offenbart haben, die darauf deuten, daß Sie gegenüber einer bestimmten Person einen bestimmten Verdacht hegten, über den ich im Rahmen meiner ministeriellen Obliegenheiten näheres ergründen muß. Ich habe es Ihrem Mann schon mitgeteilt, daß die dadurch erzwungene Abwesenheit vom Quidditch-Weltmeisterschaftsspiel Frankreich gegen Schottland von meiner Behörde mit der von Madame Latierre erörtert und geklärt wird. Ihre derzeitige Arbeitgeberin erhielt bereits auf dem Eulenpostwege Kenntnis."

"toll, ausgerechnet das Spiel", knurrte Millie. Julius überlegte auch, ob die Befragung wegen Rita Kimmkorn nicht auf später vertagt werden konnte. Doch Babs Latierre blickte ihn und ihre Nichte so unerbittlich an, daß er erkannte, daß er sich besser nicht heute mit ihr anlegen sollte, um nicht gegen seinen Willen vorgeführt werden zu müssen. So schloß er die Haustür, als Barbara Latierre im Haus stand und winkte ihr zu dem Kamin. Millie blickte ihre Tante und dann Julius verdrossen an.

"War vielleicht doch keine gute Idee mit den Heulern."

"Unfug, die war schon richtig. Wenn ich das richtig mitbekommen habe ist die werte Ms. Kimmkorn erwischt worden und ..." Ein sehr unmißverständliches Räuspern seiner Schwiegertante würgte weitere Erläuterungen ab.

Millie mußte zuerst in die smaragdgrüne Feuerwand treten. "Voyer des zaubereiministeriums!" Rief sie. Zwanzig Sekunden später schickte Barbara Latierre Julius hinter seiner Frau her. Als er neben seiner Frau im Voyer ankam mußten sie nur eine Viertelminute warten, bis auch Barbara Latierre einem der öffentlichen Kamine entschlüpfte. Wortlos dirigierte sie die beiden hinter sich her zu einem der Fahrstühle.

Als sie auf der Etage der Abteilung für die Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe ankamen blickte sich Julius interessiert um. Hier war er bisher nicht ausgestiegen. Er kannte das Büro des Ministers und die Abteilung für magischen Personenverkehr. Auch wenn die amtliche Sprechweise seiner Schwiegertante eine kühle, karge und rein zweckmäßige Ausstattung dieser Abteilung befürchten ließ war dem nicht so. Julius konnte Bilder an den Wänden der Korridore sehen, die vom Gnom bis zum großen, blauen Drachen alle möglichen Tier- und Zauberwesen zeigten. Die Tierwesenbehörde hatte mehrere Unterabteilungen, wie das Werwolffangkommando, das Drachenkontrollamt und die Verwaltungsbehörde für magische Haus- und Nutztiere, sowie das Büro für die Bekämpfung magischen Ungeziefers, bei dem Julius eine Doxy und den schweineförmigen Körper eines Nogschwanzes erkennen konnte. Das Zentralbüro, in dem Barbara Latierre ihren Dienst versah lag am Ende eines langen, mit dicken Teppichen ausgelegten Korridors, von dem aus die anderen Unterbehörden zu erreichen waren.

Auf dem Korridor warteten schon andere, die Julius kannte. Da waren Ceridwen Barley mit der Familie Abrahams, Professor McGonagall und Prinzipalin Wright. Mrs. Barley trug einen kleinen Korb an ihrem arm, in dem nur ein einziger Gegenstand lag, ein großes Einmachglas mit siebartig löcherigem Deckel. Ein Ministerialbeamter stand neben ihr und beäugte das Glas im Korb sehr wachsam. Barbara Latierre sah ihren Mitarbeiter fragend an. Dieser deutete auf das Glas und nickte mit verdrossener Mine. "Keine Fremdverwandlung, Madame Latierre", sagte er.

"Gut, dann darf ich Sie, Mrs. Barley, bitten, mit meinem Mitarbeiter Lamarck in mein Büro zu kommen und mir zu berichten, wie Sie an den Inhalt Ihres Korbes gelangt sind. Alle anderen bitte ich, hier zu warten und jede Unterhaltung zu unterlassen, bis Sie alle befragt wurden. Das Gedankensprechen ist durch einen örtlich begrenzten Eindämmungszauber ausgeschlossen. Mrs. Barley?" Sie winkte der rothaarigen Hexe, die sichtlich verärgert auf ihren Korb blickte. Julius vermutete, daß es nicht nur mit dem Inhalt des Glases, sondern auch mit dem erzwungenen Verzicht auf das Spiel Frankreich gegen Schottland zu tun hatte. Er setzte sich mit seiner Frau zu den Abrahams, die den kleinen Garwin in einem Babytragekorb mitgenommen hatten. Julius sah noch, wie Mrs. Barley durch die Tür mit dem Schild: "Hauptverwaltung magische Tierwesen, Mme. Barbara Latierre" verschwand.

Julius trug immer eine Centinimusbibliothek bei sich. So konnte er zum Erstaunen von Tim Abrahams zwei dicke Bücher hervorholen, von denen er Millie eines gab, das sich mit fortgeschrittenen Fluchabwehrzaubern befaßte. Er selbst hatte sich den dritten Band von Wege zur Verwandlung genommen, um noch einmal die Animagus-Gesetze nachzulesen. Tim zog ein Notizbuch mit daran hängendem Kugelschreiber hervor und schrieb etwas auf eine freie Seite, die er vorsichtig aus dem Block trennte. Er gab sie Julius zusammen mit dem muggelmäßigen Schreibgerät in die Hand.

Habe deinen Heuler gehört und fast gedacht, der bläst mir das Hirn raus. Die Kimmkorn ist von Mum Ceridwen in einem Fangzauber für unerwünschte Personen geraten. Da konnten wir alle sehen, daß sie ein kleiner Käfer ist. Wenn ich über das Nachschwingen meiner Schädelknochen noch richtig gehört habe haben Mildrid und du das offenbar schon geahnt, richtig?

Julius setzte den Kugelschreiber unter den Text an, zog einen waagerechten Trennstrich und setzte darunter:

Ja, vermutet, weil sie damals schon beim trimagischen Turnier an Sachen kam, die sie selbst mit Tarnmantel nicht hätte rauskriegen können. Aber beweisen konnte ihr keiner was. Ich habe auch einen Zauber gegen namentlich bekannte unerwünschte Leute aufgespannt.

Tim nahm den Zettel zurück, ahmte Julius' Methode mit dem Trennstrich nach und schrieb was, das Julius nach erneuter Übergabe des Zettels las.

Mum Ceridwen ist eine registrierte Animaga. Die hat sich in ihrer Tiergestalt kurz vor der in diesem flirrenden Zaubernetz zappelnden Käferfrau hingehockt und sie so angesehen, als wolle sie sie gleich verputzen. Dann hat sich dieses Luder fast widerstandslos in ein unzerbrechbar gezaubertes Gurkenglas setzen lassen. Die Leute von deiner Schwiegertante haben erst geguckt, ob sie durch Fremdverwandlung zum Käfer wurde. Da gibt's Zauber, die klar anzeigen, ob jemand sich selbst vorübergehend verwandelt hat oder von außen wer eine Verwandlung aufgezwungen hat. Bin gespannt, was dieser Schlammschleuder jetzt blüht.

Julius zog wieder einen Trennstrich und schrieb auf die letzten freien Zeilen der obenliegenden Seite:

Habe gerade die Gesetze gelesen. Wenn sie unregistriert ist kann ihr blühen, daß sie mit einem Unrückwandelzauber belegt wird, der sie zwingt, in der Gestalt zu bleiben, die sie gerade besitzt. Dann kann sie von Glück sprechen, wenn sie bis zu ihrem natürlichen Todestag in einem Käferkäfig gefüttert wird. Ist schon passiert, daß ein Mäuse-Animagus dazu gezwungen wurde, das natürliche Leben einer Maus bis zum Tode zu führen und dabei zu riskieren, von Raubvögeln, Katzen oder anderen Mäusefressern verputzt zu werden. Was für eine Animaga ist Ihre Schwiegermutter?

Tim las Julius' Notiz und schrieb auf die letzte noch freie Zeile, daß er sie schon häufiger als schwarze, große Henne gesehen hatte. Julius mußte grinsen. Dann wirkte diese Drohung auf die Kimmkorn, weil der Fangzauber sie nicht dazu hatte kommen lassen, sich zurückzuverwandeln.

Galatea Abrahams klaubte ihrem Mann Zettel und Kugelschreiber aus der Hand und notierte nun etwas auf der anderen Seite des Zettels. Diesen gab sie ihrem Mann. Der las es und reichte den Zettel an Julius weiter.

Meine Mutter hätte dieses hinterlistige Weib nicht gefressen. Dann hätte sie mindestens eine Woche warten müssen, um sicherzusein, daß nichts mehr von dieser Person in ihrem Körper zurückgeblieben ist, bevor sie als Menschenfrau noch etwas von dieser Person in sich behalten hätte und es bei der Rückverwandlung zu menschlichen Fragmenten oder gar neuem Leben geworden wäre. McGonagall hat's auch schon vermutet. Deshalb ist sie hier.

Julius sah sich um. Professor McGonagall und Prinzipalin Wright hatten Bücher vor ihren Gesichtern und lasen. Millie las auch. Julius gab den Zettel wieder zurück. Er grinste. Kimmkorn war erledigt. Wenn jetzt rauskam, daß sie eine unregistrierte Animaga war würde sie so schnell keine sensationellen Skandalgeschichten mehr unter das Volk werfen. Ihr Buch über Snape startete gerade in England durch, hatte er von Gloria erfahren. Von dem Erfolg würde sie nicht mehr viel haben, sollte sie von der Animagus-Registrierungskommission dazu verurteilt werden, ihr restliches Leben ein kleiner Krabbelkäfer zu bleiben und zu hoffen, nicht doch von einem Huhn, einer Eidechse oder einem Ameisenvolk getötet zu werden.

Es dauerte gut und gerne eine halbe Stunde, bis Ceridwen Barley ohne den Korb aus dem Büro kam und ihre Familie ansteuerte. "Wir sind soweit durch", sagte sie." Sie winkte den Latierres, Professor McGonagall und Professor Wright zum Abschied zu und deutete dann auf das zu den Aufzügen führende Ende des Korridors. Professor McGonagall wurde nun ins Büro von Barbara Latierre gebeten. Julius fragte sich, ob er in der Zeit, die er hier jetzt absaß nicht doch Frankreich gegen Schottland hätte sehen können. Er holte ein anderes Buch aus seinem verkleinerten Bücherschrank hervor und las sich noch etwas über die Zauber schlau, die die natürlichen Gegebenheiten erfaßten. Den Altitudinem-Revelius-Zauber, der die Höhe eines Standortes über dem Meeresspiegel ausloten konnte, kannte er ja schon von seiner Reise über die alten Straßen. Ihm ähnlich war der Distaquafundus-Zauber, der wie das Echo eines Sonargerätes in die Tiefe wirkte und erst bei Berührung mit dem Grund erlosch, was der Zauberkundige an der Laufzeit und einem Ruckeln des Zauberstabs verspürte. Den konnte er im Rahmen der Hausarbeit für Zauberkunst im Farbensee ausprobieren, um die tiefste Stelle zu bestimmen.

Zwischendurch wurde Professor McGonagall in das Büro gerufen. Julius las sich über weitere magische Meßmethoden schlau. So verging die Zeit, bis Professor McGonagall wieder aus dem Büro kam und ihre Kollegin Wright hineingebeten wurde. Julius tauschte das gerade gelesene Buch gegen das Buch "Weltatlas der zauberwesen" aus und las über die bisher beobachteten Quidditchmaskottchen nach. Dabei sah er die schottischen Selkies wieder vor sich, ebenso wie die spanischen Meigas. Zu denen stand in seinem Buch, daß sie wahrhaftig für geleistete Hilfe Fleisch und Blut des geholfenen einfordern konnten. Wenn eine Hexe ihre Hilfe erhalten hatte, mußte sie das erste nach der Leistung geborene Kind an die Helferin ausliefern, wenn sie nicht wollte, daß das Kind sein Leben lang Unglück und ein abstoßendes Äußeres zu erleiden hatte. Zauberer waren gehalten, einer Meiga zu einem Kind zu verhelfen, was der Magier Manolo Rubio als "himmlisches Vergnügen" empfunden haben wollte, da er mit der Meiga dabei im freien Flug gewesen sein wollte. Über die beim Eröffnungsspiel vorgestellten Wüstenteufel stand noch drin, daß sie die Feinde von Feuerdschinnen waren und daher auch gerne von wohlhabenden arabischen Zauberern als Hauswächter gehalten wurden, um jene aus belebtem Feuer bestehenden Geisterwesen zurückzuschlagen, in dem sie ihnen die belebte Glut absaugten, bis die Dschinnen nur noch ihr Heil in der Flucht finden konnten.

"Huhu, hörst du mich?" Hörte er Millies Gedankenstimme in seinem Kopf. Er grinste und sah Millie mit dem Herzanhänger an der Stirn. Er legte seine Hälfte des Zuneigungsherzens an seine Stirn und dachte ihr zurück: "Hier geht das also wie in Beauxbatons."

"Tante Babs hätte uns echt das Spiel sehen lassen sollen. Wir hängen hier schon über anderthalb Stunden rum, für nichts und wieder nichts."

"War vielleicht doch keine dolle Idee mit den Heulern", gedankenseufzte Julius. Dann ließ er den Herzanhänger schnell wieder unter der Kleidung verschwinden. Denn er sah gerade noch, wie das Türschild über Babs' Latierres Bürotür sich veränderte, was hieß, daß Prinzipalin Wright fertig war. Auch Millie verbarg ihren Herzanhänger wieder. Da verließ die Schulleiterin von Thorntails das Büro.

"Madame und Monsieur Latierre bitte eintreten!" rief Barbara Latierre durch die geöffnete Tür. Die beiden Einbestellten betraten das Büro.

Fotos des Latierre-Hofes, des Sonnenblumenschlosses und diverser großer Zaubertiere wie einem Roch, einem Greif und einem bretonischen Blauen verzierten die Wände. Auf dem Schreibtisch standen mehrere Tintenfässer, Behälter für Pergamentrollen und ein Federhalter mit fünf verschiedenen Schreibfedern. Das ganze wurde von silberngerahmten Fotos von Barbaras eigener Familie aus der reinen Funktion selbst herausgelöst. Auf dem Boden lag ein blütenweißer Wollteppich mit Blumenmustern, der sicher aus der Wolle von Latierre-Kühen gewebt war. Millie und Julius bekamen zwei der drei Besucherstühle angewiesen. Barbara Latierre setzte sich ihnen gegenüber und winkte der in ihrer Blickrichtung liegenden Tür mit dem Zauberstab. Sie fiel leise zu. Julius sah den Tierwesenbeamten Lamarck mit Ceridwens Gurkenglas in einer Ecke sitzen.

"Es geht in dieser Befragung darum, welche Anzeichen Sie davon mitbekommen haben, daß Mrs. Kimmkorn eine Animaga sein könnte, Madame und Monsieur Latierre", begann Barbara Latierre die Befragung.

Julius hörte bei seinen Antworten das leise Klicken eines Insektes, das gegen Glas stieß und vermeinte sogar eine winzige Stimme hohl nachhallen zu hören. Lamarck hielt seinen zauberstab bereit, um vielleicht etwas zu unternehmen. Julius erwähnte seinen Ursprungsverdacht, den er beim trimagischen Turnier in Hogwarts gewonnen hatte, aber nichts konkretes beweisen konnte. Er erwähnte, daß seine Kameradin Gloria Porter diesen Verdacht zumindest nicht ausschloß und sie die Liste der registrierten Animagi geprüft hätten, um zu sehen, ob Rita Kimmkorn darauf stand. sie aber eben keine konkreten Hinweise hatten. Er sprach davon, wie er beim Prozeß gegen Dolores Umbridge und hier in Millemerveilles Rita Kimmkorn damit auf Abstand hatte halten können, daß sie sicher auch ihre Geheimnisse habe, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Richtig konkret habe er sich vorgestellt, daß Rita Kimmkorn ein Käfer sein mochte, weil Millie einmal einen Käfer aus ihrem Haar schütteln mußte und nach dem Ausflug in den Louvre Gloria was von einem Käfer erzählt hatte, der der Reiseführerin im Haar gehangen habe. Dann sei ja heute der Artikel über James Kortney erschienen, der Julius selbst ziemlich negativ dargestellt hatte. Deshalb habe er einen Heuler abgeschickt. Millie bestätigte das alles und ergänzte es noch damit, daß sie ja nicht wußten, als was Rita Kimmkorn unterwegs sein konnte.

"Und Ihnen kam nie der Gedanke, offizielle Anzeige zu erstatten?" Fragte Barbara Latierre.

"Ich habe einen Zauber gegen namentlich bekannte unerwünschte Eindringlinge aufgebaut. Hätte ich Ms. Kimmkorn damit festsetzen können, wo sie in ihrer Animagus-Gestalt unterwegs gewesen wäre, hätte ich sofort anzeige erstattet. So blieb bei mir nur der Verdacht, der sich leider nicht beweisen ließ. Ich kenne die Zaubereigesetze und weiß, daß auf falsche Verdächtigungen des Mißbrauchs der Magie oder schwarzmagischer Handlungen an Mitmenschen hohe Geld- oder Gefängnisstrafen stehen. Da ich noch Schüler bin und gerne mein Leben in Freiheit und so gut es geht finanzieller Sorglosigkeit verbringen möchte, konnte und durfte ich diesen Verdacht nicht öffentlich aussprechen oder gar eine offizielle Ermittlung beantragen."

"Du willst doch jetzt nicht ...", setzte Millie an und wurde durch ein sehr ungehaltenes Räuspern ihrer Tante darauf hingewiesen, nicht im trauten Familienkreis zu sitzen. So setzte sie neu an: "Sie möchten meinem Mann und mir doch nicht etwa Begünstigung magischer Straftaten durch Untätigkeit vorwerfen, Madame Latierre."

"Erstens kann von einem möchten keine Rede sein, Madame Latierre, und zweitens dient diese Befragung ja eben auch dem Ziel, alle direkten oder indirekten Verdachtsmomente für eine derartige Begünstigung auszuräumen. Zu Ihrer Beruhigung, Ihnen kann ich ein Versäumnis offizieller Anzeigepflichten nicht zur Last legen, Mrs. Barley reagierte unverzüglich, als sich Ms. Kimmkorn in ihrem derzeitigen Wohnbereich aufhielt und dabei in Tiergestalt auftrat. Ich kenne die Zauberkenntnisse Ihres Gatten und gehe daher davon aus, daß sein Eindringlingsabfangzauber die Missetäterin festgesetzt hätte und er dann konkrete Beweise für eine Strafbare Handlung gemäß der Verwandlungsgesetze in Händen gehabt hätte." Wütendes Brummen und Ticken von Chitin auf Glas waren die Reaktion. Julius hörte Rita Kimmkorns Stimme wie aus einem winzigen Lautsprecher und vom Gurkenglas verstärkt klingen:

"Gut, Sie haben mich erwischt. Aber jetzt lassen Sie mich auch meine Geschichte erzählen!"

"Kein Problem, Ms. Kimmkorn. Ich bin mit der Befragung der geladenen Zeugen durch. Baudouin, Stellen Sie das Glas bitte vor mich hin!"

 

"Geben Sie mir bitte die Möglichkeit, richtig mit Ihnen zu sprechen!" lamentierte die gefangene Animaga. "Sie haben mich erwischt und wissen ja, daß ich das bin. Also möchte ich mich so zeigen, wie ich wirklich bin."

"Tun Sie dies nicht gerade?" Fragte Monsieur Lamarck und nahm Julius damit die Worte gerade noch so von der Zungenspitze, bevor er sie hatte aussprechen können.

"Madame und Monsieur Latierre, sie dürfen nun gehen." Sie winkte der Tür mit dem Zauberstab. Millie und Julius verabschiedeten sich und verließen das Büro.

"Ob das so gut war, daß ich das mit Gloria gesagt habe?" Fragte Julius seine Frau.

"Du meinst, die könnte Gloria noch vorladen?" Fragte Millie. Julius nickte. Mehr wagte er im Moment nicht zu sagen.

Im Fahrstuhl zum Voyer trafen sie Louisette Richelieu, die im Appariertestzentrum arbeitete und in dieser Woche wohl viele zu prüfen hatte, die erst nach dem Schuljahresende Geburtstag gefeiert hatten.

"Oh, sind Sie nicht in Millemerveilles?" Fragte die braunhaarige Hexe Julius und Millie. Julius sagte nur, daß sie einen kurzfristigen Termin im Ministerium gehabt hätten, aber jetzt nach Millemerveilles zurückreisen würden.

"Es ist bedauerlich, daß ich mir die Spiele nicht ansehen kann. Aber aus Ihrem Jahrgang sind ja noch zehn Kandidaten übrig, die den Augusttermin wahrnehmen müssen", sagte die Ministeriumsbeamte. Dann hielt der Aufzug auch schon beim Voyer. Julius und Millie verabschiedeten sich von Mademoiselle Richelieu und gingen auf einen freien Kamin zu. Jeder zahlte fünf Knuts für eine Prise Flohpulver und wandelte damit das brennende Feuer in eine smaragdgrüne Flammenwand um. Erst flohpulverte Millie und dann Julius zurück in ihr Zuhause "Pomme de la Vie".

"Ich hätte Tante Babs auch sagen können, daß Hermine Granger nachgeforscht hat. Aber wenn die echt hinter Kimmkorns Geheimnis gekommen ist und das ausgenutzt hat, hängt die am Ende noch wegen Erpressung am Haken", mentiloquierte Julius seiner Frau über die Herzanhängerverbindung. "Wenn die Kimmkorn Tante Babs auftischt, daß Hermine sie an der langen Leine hatte, und Hermine kann sich da nicht rausreden, dann habe ich zumindest nicht dran gedreht", fügte er hinzu.

"Du meinst, Ms. B.Elfe.R. hat die Kimmkorn erpreßt und deshalb dieses Interview über Harry Potters unfreiwilligen Ausflug zu den Todessern gemacht?" Fragte Millie über die magische Verbindung.

"Es gibt Leute, die auf Recht und Ordnung pfeifen, wenn sie jemanden zu ihren Gunsten umstimmen können, ohne gleich gewalttätig werden zu müssen", gedankenraunte Julius. Millie konnte dem nur zustimmen.

"Glaubst du, Frankreich ist schon durch?" Fragte Millie. Julius schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf Jeanne, die sicher im Publikum saß. Er gedankenfragte sie, ob das Spiel noch laufe:

"Das wird verdammt eng, Julius. Frankreich fünfhundertzehn, Schottland Vierhundertneunzig, und die Partie läuft noch. Janine hat den Schnatz noch nicht gesehen. Wo seid ihr denn?"

"Mußten ins Ministerium, eine Aussage machen. Mehr darf ich wohl im Moment nicht rauslassen."

"Dann geht zu einer Leinwand und guckt euch den Rest an!" Mentiloquierte Jeanne. Julius bestätigte das und gab den Vorschlag an Millie weiter.

Anders als die Stadien waren die großen Bildverpflanzungsleinwände auch während der laufenden Partien zugänglich. So stellten sich die beiden vor die ihnen nächste Leinwand am Farbensee, wo sie auch auf Ceridwen Barley und ihre Familie trafen.

"Wird eure Verwandte einige hundert Galleonen kosten, falls die diese Schnüfflerin nicht dazu verdonnert, unsere Eintrittskarten zurückzuzahlen", knurrte Mrs. Barley. "Aber wenn ich die länger festgehalten hätte, ohne sie anzuzeigen hätte die mich glatt wegen magischer Freiheitsberaubung drangekriegt. Aber ihr zwei könnt schon richtig durchschlagende Heuler machen. Gut daß ich Alraunenohrenschützer und Ohrentrosttropfen im Reisegepäck mitführe."

"Ich ärgere mich auch, daß dieses blöde Weib mich drum gebracht hat, mir das Spiel anzusehen. Ich hätte den Heuler besser nicht geschickt. Konnte ja nicht wissen, daß Sie die schon längst sicher hatten."

"Linda Knowles hat's auch längst mitbekommen und strickt wohl schon an der großen Revanche wegen der ihr angedichteten Geschichte", mentiloquierte Ceridwen, bevor sie laut aufbrauste, weil alle drei schottischen Jäger zugleich von beiden Klatschern aus der Flugbahn gedrängt wurden und Michelle Dornier ungehindert den Quaffel zum fünfundfünfzigsten Tor vorantreiben konnte.

"Also, wenn Schottland das hier aus der Hand gibt bleibt nur noch Wales, mit denen ich was verbinde", sagte die vielseitig herausragende Hexe.

"Interessant, daß Sie mir das jetzt sagen, wo die gerade gegen Peru spielen", erwiderte Julius laut genug, um über die Anfeuerungsrufe hinweg verstanden zu werden. "Insofern bin ich froh, daß ich eine Ablenkung hatte und die Zwischenergebnisse mitkriegen kann", sagte er noch und deutete auf eine Anzeigetafel rechts der Leinwand, wo die Zwischenergebnisse der parallel laufenden Partien in den anderen Stadien aufgeführt waren. Ceridwen Barley blickte auf die Ergebnisleiste peru gegen Wales und verzog das Gesicht. Peru führte bereits mit siebzehn Toren Vorsprung. Da würde Deardre Hardins Schnatzfang nicht viel nützen.

"mir wäre es bedeutend lieber gewesen, wenn Wales gegen England gespielt hätte", sagte Ceridwen. Dann deutete sie auf die Leinwand, wo Janine Dupont gerade an Annie McFusty vorbeizischte und gerade so um den Spieler McGrath herumzirkelte, um dabei unter dessen Besenschweif hindurch den goldenen Schnatz zu greifen. Die vor der Leinwand versammelten Anhänger der Schotten stöhnten enttäuscht auf, während die nicht ins Stadion hineingelangten Frankreich-Anhänger lautstark jubelten und "Der Pokal bleibt bei uns!" riefen.

"Ihr habt noch frei, richtig?" Fragte Ceridwen Barley.

"Offiziell ja, wieso?"

"Weil jetzt für die Leute aus Schottland großes Kummertrinken ansteht", sagte Mrs. Barley. Julius wartete, bis Hippolyte Latierre ihren Platz in der Ehrenloge verließ, damit er sie anmentiloquieren konnte: "Haben gerade an der Leinwand zugesehen. Frankreich ist weiter."

"Virginie kümmert sich um die Leute aus Schottland", erhielt er zur Antwort. "Ich bin in zwanzig Minuten bei euch im Apfelhaus um mir anzuhören, warum meine Schwester euch für sich beansprucht hat." Julius bestätigte das.

Julius trennte sich nur schweren Herzens von der Anzeigetafel, die die Punkte für Wales und Peru verkündete. Doch als es knapp eine Minute vor dem angekündigten Treffen mit seiner Schwiegermutter war mußte er doch zusehen, ins Apfelhaus zurückzuapparieren.

Hippolyte hörte sich in einem kleinen Zimmer an, was passiert war und nickte.

"Das kann eben passieren, wenn man einen schlafenden Drachen zu lange kitzelt", sagte Julius' Schwiegermutter. "Hast du dich schon mit Professor McGonagall unterhalten, wie diese Geschichte auf Ihre Schüler wirkt?"

"Vor dem Büro durften wir nicht sprechen", sagte Julius. "Ich denke mal, die ist jetzt auch damit beschäftigt, ihre Leute zusammenzuhalten."

"Sie wollte dich offenbar deshalb in ihrer Gruppe dabei haben, damit du mit diesem Kortney sprechen kannst, falls er wirklich derartig erschüttert ist."

"wie erwähnt fange ich jetzt nicht an, mich für etwas schuldig zu bekennen, was ich nicht getan habe", sagte Julius. "Ich werde jedoch zusehen, daß ich diese Lüge, ich hätte nichts für die anderen Muggelstämmigen empfunden, aus der Welt schaffe. Millie und ich haben nachher noch ein Treffen mit Gilbert, der unsere aussagen an den Tagespropheten und den Westwind weiterverscherbeln darf. Wenn Professor McGonagall noch mal was von mir wollen könnte, dann soll sie mich bitte anschreiben!"

"Ich verstehe dich vollkommen. Für etwas Mitschuld empfinden, was man nicht getan hat bringt es nicht. Du kannst nicht dazu gezwungen werden, dein eigenes Selbstwertgefühl zu zerstören, nur um das von anderen zu reparieren", sagte Hippolyte. "Doch du kannst sicher zusehen, daß die, die gerade unter den Auswirkungen des Todesser-Regimes leiden, irgendwie in ihr Leben zurückfinden können und nicht meinen, sie dürften nur für die Rache an denen leben, die ihnen das angetan haben."

"So ähnlich wie Nelson Mandela das in Südafrika hinbekommen hat? Dann hätte ich aber selbst im Gefängnis landen und drangsaliert werden müssen, Hippolyte. Die kaufen mir das doch nicht ab, daß ich was für die empfunden habe, weil ich doch gar nicht mehr mitbekommen habe, was denen genau passiert ist, obwohl ich das bei dem Umbridge-Prozeß mitbekommen habe", erwiderte Julius. Hippolyte nickte. Sie meinte dann nur noch, daß Julius eben nichts anderes tun konnte, als ein Interview zu geben, in dem er seine Ansichten klarstellte.

Gilbert Latierre erschien eine Stunde nach dem Mittagessen. Er hatte die Kapitänin der siegreichen Mannschaft und Janine Dupont interviewt. Janine hoffte darauf, auch im Endspiel auftrumpfen zu können. Julius zitierte bei mitschreibender Flotte-Schreibe-Feder den Artikel aus dem Tagespropheten und erwähnte dann, daß Rita Kimmkorn seiner Meinung nach gezielt darauf ausgegangen sei, ihn bei anderen Muggelstämmigen schlechtzumachen. Er beteuerte, daß er in Beauxbatons immer darauf hingewiesen habe, den Muggelstämmigen in England beizustehen. Daß er in der Sub-Rosa-Gruppe war durfte er ja nicht erwähnen. Aber daß er über seine Mutter auf den Gegenminister Delamontagne eingewirkt hatte, daß der die Fluchthilfeorganisation unterstützte, wolle er sich als kleinen Erfolg anrechnen. Er erwähnte noch einmal, daß nichts und niemand ihn vor der Verschleppung der Schüler aus dem Hogwarts-Express gewarnt habe und es bei den Gerichtsprozessen in England klar herausgekommen sei, daß außer den Todessern und den von ihnen durch Imperius oder Erpressung unterworfenen Hexen und Zauberern niemand gewußt hatte, auch Professor McGonagall nicht. So stellte er die provokante Frage:

"Darf dann Professor McGonagall beschuldigt werden, sich nicht gut genug für die Muggelstämmigen eingesetzt zu haben? Dürfen Harry Potter, Hermine Granger und Ron Weasley, die es vorzogen, nicht zur Schule zurückzufahren und lieber nach den verstreuten Sachen Voldemorts zu suchen für schuldig erklärt werden, die muggelstämmigen Mitschüler verraten und im Stich gelassen zu haben? Ich persönlich kann das nur mit einem klaren Nein beantworten. Jeder konnte nur in bestimmten Grenzen handeln. Und alle zusammen haben sie am Ende Erfolg gehabt, was auch für die eingesperrten Schülerinnen und Schüler gut ausging. Wer mir jetzt immer noch unterstellen will, ich hätte meine Mitschüler verraten, nur weil meine Mutter und ich vernünftig genug waren, früh genug das Land zu wechseln, der muß auch alle anklagen, die in England geblieben sind und es trotzdem nicht verhindert haben, daß über hundert Schüler auf offener Strecke aus einem Zug entführt und weggesperrt wurden. Ja, es ist unentschuldbar, daß unschuldige Menschen eingesperrt, gefoltert oder getötet wurden. Es ist auch unverzeihlich, daß eine Idee, daß muggelstämmige Hexen und Zauberer ihre Kräfte nicht durch Geburt sondern Raub und Diebstahl erworben hatten, auf einer so breiten Zustimmungsgrundlage aufgeblüht sind. Wer also meint, mich zum Sündenbock für diese unentschuldbare Politik machen zu können sollte sich an einen Text aus der Bibel der Christen erinnern, wo es darum geht, daß jemand den Splitter im Auge seines Bruders sieht, aber den Balken im eigenen Auge nicht. Ich bitte Sie und Ihre Leserinnen und Leser darum, anstatt über die Frage einer stillen Mitschuld nachzudenken, die erwiesenen oder noch zu überführenden Täter zu bestrafen und sich darüber hinaus zu einigen, daß die Verbrechen der Todesserherrschaft Fehler sind, die auf keinen Fall wiederholt werden dürfen. Rache an Leuten, die einem bestimmten Bild entsprechen, ist eine solche Wiederholung. Ich weiß genau, daß es Bemühungen von freigekommenen Muggelstämmigen gibt, Zaubererfamilien dazu zu zwingen, ihre Nachkommen mit magielosen Menschen zu verheiraten, um die Diskriminierende Anmaßung, sogenannte Reinblüter seien was besseres, ja das einzig Wahre überhaupt, durch gezielte Durchmischung aus der Welt zu schaffen. So geht es wohl nicht. Das wäre genauso, als wenn sie einem weißen Bewohner der US-Südstaaten dazu zwingen würden, mit der Nachfahrin ehemaliger Sklaven Kinder zu haben, um die immer noch geltende Anfeindung zwischen den Euro- und Afroamerikanern auszurotten. Diese Kinder würden nicht geliebt, und deren Eltern würden sich gegenseitig das erzwungene Leben zur Hölle auf Erden machen. Die Familien, aus denen Todesser stammen komplett auszurotten ist genauso brutal wie das Todesser-Regime mit den Muggelstämmigen umging. Wenn das meine Pflicht ist, die ich durch mein Überleben und besseres Leben auferlegt bekommen habe, dann ist es die, dazu aufzurufen, daß wir alle, die wir überlebt haben, nur in einem friedlichen Miteinander alles überwinden können, was uns angetan wurde. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!"

Gilbert wartete, bis die Feder auch den letzten druckreifen Satz von Julius mit dem passenden Satzzeichen vollendete. Dann pfiff er durch die Zähne und pflückte die Feder vom Pergament. "In dir bündeln sich offenbar die drei Zaubereiminister von der Latierre- und die sieben von der Eauvive-Linie. Das ist jetzt auch für die Amerikaner und Engländer, richtig?" Julius nickte.

"Ich mußte mir diese Stellungnahme selbst ein paarmal vorsprechen, bis ich die so hatte, wie ich die dir in die flotte Feder diktieren konnte, ohne sie ablesen zu müssen", sagte Julius. "Das Interview darfst du wenn du es möchtest an Lino und Ritas Nachfolger vom Tagespropheten verkaufen."

"Gute Idee. Zehn Galleonen für jedes Wort könnte ich locker dafür abgreifen", grinste Gilbert. "Was ist denn jetzt wirklich mit Rita Kimmkorn passiert. Die Kollegin Knowles hat mich schon gefragt, was sie dir getan hat und warum sie sich seit nun acht Stunden nicht mehr im Dorf hat hören lassen?"

"Da fragst du besser deine Cousine Barbara. Die hat den Fall unter sich", erwiderte Julius. Damit lieferte er Gilbert auch schon alles, was der brauchte.

"Also doch eine unregistrierte Animaga. Ich war mir da nie ganz sicher, ob die kleine Sensationsjägerin nicht vielleicht doch mit heimlichen Informanten arbeitet. Aber wenn Babs das jetzt mit ihr bearbeiten muß und nicht wer von der Strafverfolgung ... Das kommt dann ja als nächste Instanz dran. Werde ich mich mal an meine Cousine dranhängen, bis ich das weiß, was da ausgebrütet wurde. Auf jeden Fall vielen Dank für das ausführliche und fast in dieser Form abdruckbare Interview!" Sagte Gilbert Latierre. "Achso, wo ich schon mal hier bin, ein Tipp für das Spiel heute Abend?"

"Hmm, Das Spiel wird durch Schnatzfang entschieden. Beide Mannschaften sind sehr gut in Form. Ich vermute jedoch, daß die australische Sucherin besser trainiert ist. Wenn das Spiel also durch Schnatzfang entschieden wird kommt Australien, so leid mir das als gebürtigem Engländer tut, in die Runde der letzten vier", sagte Julius.

"Das nehme ich mal als persönliche Aussage für die Abendausgabe. Im Moment bin ich ja nur noch am interviewen und Drucken. Ich denke, ich muß weiteres Personal einstellen. Interessiert?"

"Frag mich das in einem Jahr bitte noch mal!" Sagte Julius dazu. Gilbert kannte diese Antwort schon. Julius wollte sich nicht vor den UTZs auf irgendwas festlegen.

Gilbert Latierre bedankte sich noch einmal für das Interview und verließ das Apfelhaus durch den Kamin.

Nur noch Irland oder auch England im Halbfinale? Das war die große Frage, nachdem Perus Superstürmer Bocafuego zum Alptraum der Waliser geworden und diesen fast im Alleingang dreißig Tore aufgeladen hatte. Selbst Deardre Hardins Schnatzfang hatte ihrer Mannschaft nichts eingebracht, außer daß Deardre sich den Schnatz jetzt buchstäblich an den Hut oder ins Haar stecken konnte. Peru war im Halbfinale. Wenn heute noch England ausschied, war es ein Wettkampf dreier Kontinente, wobei Irland und Frankreich die Inselstaaten und Festlandstaaten Europas vertreten durften.

Hippolyte Latierre war wie am Vormittag auch schon die Stadionsprecherin. Eigentlich konnte sie die Partie komplett auf Englisch kommentieren. Doch ihr Nationalstolz und die Hausregeln hielten sie davon ab. Nur die Begrüßung und die Ansage für die Maskottchen vollzog sie in den beiden Weltsprachen Französisch und Englisch. Die englischen Feen und die australischen Wollawangas versuchten sich im wilden durch die Luft wirbeln zu überbieten. Die australischen Wüstenschwirrer bauten aus mehreren Tonnen Flugsand riesenhafte Monster nach, die die grün, rot und golden blitzenden Feen zu fressen vortäuschten. Die Feen formierten leuchtende Buchstaben, die "England holt den Pokal!" und Britannia beherrscht die Luft!" verkündeten. Dann ging es auch schon los.

Rhoda Redstone holte gleich in der ersten Viertelminute zehn Punkte für Australien. Der Gegenstoß erfolgte über die Jägerinnen Stoneball und Weasley und führte zum Ausgleich. Beide Mannschaften spielten auf offenen Schlagabtausch. Australien verzichtete auf die Verwendung der Dawn'schen Doppelachse. Es ging auch so. Englands Sucher Witfield schwirrte vor der australischen Sucherin Pamela Lighthouse hin und her. in der Ehrenloge war jeder für eine der beiden Mannschaften. Harry Potter und seine Freunde hielten zu Ginny Weasleys Mannschaft, während die Lighthouse-Familie natürlich zu Pamelas Mannschaft vom Land unten drunter hielt. Nach nur fünf Minuten hatten beide Mannschaften bereits sechzig Punkte erspielt. Erst jetzt besannen sich die Spieler um Petra Stoneball darauf, nicht nur nach vorne zu spielen, sondern auch hinten zu sichern. Doch das brachte nicht viel ein. Die Thornapples fanden in den australischen Treibern ihre Meister und konnten nur zusehen, den eigenen Torraum zu sichern. Denn Rhoda und ihre beiden Jägerkameraden griffen sofort wieder an. Julius bestaunte das schnelle Umgruppieren der Jäger und verfolgte mit seinem Omniglas verschiedene schnelle Spielzüge mit der Zeitdehnungsfunktion, um für eigene Quidditchspiele Anregungen zu erhalten. Dadurch verpaßte er jedoch immer wieder Torwürfe und mußte immer wieder auf die Anzeigetafel sehen, um zu erkennen, daß England oder Australien weitere zehn Punkte erzielt hatte.

Beide Mannschaften hielten sich sehr gut und flogen schnelle Manöver aus. Witfield bedrängte Pamela Lighthouse immer wieder, verlegte ihr die Sicht und schaffte es dabei, selbst noch klar umherzublicken. Wenn er ihr dabei nie näher als eine Besenlänge kam galt das nicht als Sucherfoul, wußte Julius. Doch Pamela drehte irgendwann den Spieß um und doppelachserte blitzschnell an Witfield vorbei, um sich knapp zwei Besenlängen vor ihm in seinem Gesichtsfeld festzusetzen. Aurora Dawn, die neben Julius saß meinte dazu:

"Alte Heilerweisheit, der eigene Trank schmeckt anderen nicht so bitter wie einem selbst."

"Die soll da aus dem Weg gehen, verdammt noch mal!" Brüllte Ron Weasley, der schon sah, wie England wegen dieser Aussichtsverstellung den Schnatz verpaßte. Harry Potter, der ebenfalls in der Ehrenloge saß überlegte, wann das als Sucherfoul durchgehen mußte. Doch Pamela schaffte es immer wieder, mit Witfields Manövern mitzuziehen und sich vor ihm zu halten. Es wirkte so, als ziehe sie ihn an einer unsichtbaren Kette über das Spielfeld, bis er resignierend die Hände vor das Gesicht schlug und den Besen durchsacken ließ. Er ließ sich zurückfallen und hielt sich von Pamela Lighthouse fern, die nun unbedrängt den Schnatz suchen konnte.

"Psychologische Kriegsführung", schnarrte Hermine Granger. "Diese Sucherin hat solange vor Witfield getanzt, bis dieser sich freiwillig von ihr abgesetzt hat. Damit verspielt er die Chance, ihr nachzusetzen, wenn sie den Schnatz früher sieht. Und durch die Dawn'sche Doppelachse erhöht sich die Erfolgswahrscheinlichkeit, den Schnatz zu fangen für Australien."

"Mist verdammt, dann müssen wir eben siebzehn Tore Vorsprung rausholen", schimpfte Ron Weasley. Doch der australische Hüter parierte exzellent. Sein direkter Gegenspieler im englischen Torraum war zwar auch ein guter Hüter. Doch es zeichnete sich ab, daß erst der Schnatzfang das Spiel klar und deutlich entscheiden würde.

Der Himmel färbte sich bereits rotgolden, als es so aussah, als würde Pamela Lighthouse den Schnatz sehen. Doch es war nur ein Bluff, um den ihr wieder zu nahe rückenden Witfield auszutricksen. Dieser rasselte dabei in einen von den Thornapples gedroschenen Klatscher hinein. Stoneball forderte eine Auszeit.

"Was für einen Mumpitz spielen die denn da zusammen, den eigenen Sucher abzuklatschern!" Schimpfte Ron Weasley.

"Australien gegen Frankreich heißt das Finale", wagte Millie eine provokante Prophezeiung, um zu sehen, wie Ron darauf reagierte.

"Klar ist Frankreich im Finale. mußt du ja sagen, Mildrid. Aber England wird gegen eure mannschaft den Pokal erkämpfen", ging Ron auf die Herausforderung ein.

"Na, wenn die Iren da nicht mal was mitzureden haben", sagte Julius dazu.

"Du meinst, daß Irland gegen Australien im Finale spielt, Julius?" Fragte Millie.

"Das Finale könnte auch Irland gegen Peru heißen. Dann hätten die dreißig Freikörperanhängerinnen Bocafuegos sich zumindest nicht umsonst eine Strafe eingehandelt."

"Das glaubst du doch echt nicht, daß Frankreich sich im eigenen Land vor dem Finale besiegen läßt", erwiderte Millie. Julius zählte ihr auf, wie viele Gastgebermannschaften vor Erreichen des Halbfinales aus dem Turnier geflogen waren. Und bei der letzten Quidditch-Weltmeisterschaft war England der Gastgeber gewesen. Das stieß Ron und Kingsley Shacklebolt ziemlich sauer auf.

"Das war eine andere Mannschaft, komplette Idioten. Die haben Charlie nicht genug geboten, um drin zu bleiben. Sonst hätten die gegen Irland spielen dürfen und nicht Bulgarien", zeterte Ron. Der Zaubereiminister sagte verdrossen:

"England hätte sein Spiel gewinnen müssen, weil der Sucher den Schnatz fast bekommen hätte. Er wurde von zwei Klatschern gleichzeitig getroffen. Der Schiedsrichter hat nicht früh genug zur Auszeit gepfiffen, so daß der andere Sucher den Schnatz erwischen konnte. England ist jetzt besser dran."

"Kingsley, Sie vergessen, daß die Australier in verschiedenen Turnieren mitspielen", sagte Latona Rockridge. Dann deutete sie wieder auf das Spielfeld. "Aber die dort unten werden uns ja zeigen, welche mannschaft ins Halbfinale einziehen wird", sagte sie dann noch. Dann ging die Partie weiter.

Der Himmel färbte sich blutrot. Die Sonne reckte nur noch vereinzelte Strahlen über den Horizont. Gleich würde die Amplumina-Flächenbeleuchtung anspringen, um das schwindende Licht auszugleichen. Doch das war nicht mehr nötig. Denn gerade raste Witfield auf einen im letzten Licht der Sonne orangegold blitzenden Punkt zu und versuchte, ihn mit einem gewagten sprung nach vorne zu erreichen, als ein Klatscher seinen Besen traf, der eigentlich für Petra Stoneball gedacht war, die gerade an die australischen Torringe fliegen wollte. Witfield verlor den Besen unter dem Körper und hing einen Moment mit gespreizten Armen und Beinen in leerer Luft. In dem Moment stieß Pamela addlergleich vor ihm in die Tiefe. Der Schiedsrichter pfiff. Doch da hielt Pamela den Schnatz bereits triumphierend in den leicht grünlichen Strahl der soeben unter den Horizont sackenden Sonne. Das Spiel war aus. Wieder hatte der Schiedsrichter eine Sekunde zu spät gepfiffen. Der Schnatzfang war also gültig. England hatte den Einzug in die Runde der letzten vier verpaßt. Ron schrie vor Wut los, Harry Potter schlug die Hände vor sein Gesicht, und Hermine Granger stierte auf das Spielfeld. Die Heiler hatten Witfield mit einer Art heraufbeschworenem Sprungtuch aufgefangen und untersuchten ihn bereits. Doch außer dem Besen, der in zwei nicht ganz sauber zerlegte Einzelteile auseinandergeflogen war, hatte der Klatscher keinen Schaden verursacht, vom K.O.-Schlag für England natürlich ganz zu schweigen.

"Ich muß es wohl immer wieder sehen, wie gefährlich es ist, Sucher zu sein", seufzte Harry Potter. Alle hier wußten, daß er diese Position in einer Quidditchmannschaft exzellent beherrschte. Doch wie gefährlich diese Position war zeigte sich bei Spielen wie diesem, wo Witfield einmal die Klatscher abbekommen hatte und den entscheidenden Anflug auf den Schnatz wegen eines Klatschertreffers unvollendet und unwiederholbar beenden mußte.

Damit steht das Halbfinale fest, Messieursdames, Ladies and Gentlemen", setzte Hippolyte Latierre an. "Morgen früh um neun Uhr morgens beginnt im Südstadion die Partie Irland gegen Australien. Zehn Stunden später beginnt in diesem Stadion die Partie Frankreich gegen Peru. Der Technische Dienst wird bis dahin sicherstellen, daß das Spiel im Südstadion ebenfalls auf den öffentlichen Leinwänden zu sehen sein wird, bis das Spiel Frankreich gegen Peru beginnt. Ich bedanke mich bei Ihnen allen für Ihre aufmerksamkeit und Teilnahme!" Die Sätze wiederholte sie auch noch auf Englisch. Die Engländer selbst waren bereits unterwegs zum Ausgang. Julius hatte jetzt Dienst. Er sollte zu den Englandfans und dafür sorgen, daß sie keinen Krawall machten. Zur Sicherheit wurde er noch einmal daran erinnert, daß er sofort Ministeriumstruppen herbeirufen sollte, wenn sich die Enttäuschung in lodernde Wut verwandelte. Kingsley Schacklebolt erinnerte Hippolyte Latierre noch daran, daß seine angeforderten Sicherheitsleute im Einvernehmen mit dem französischen Zaubereiministerium ebenfalls bereitstanden, um unliebsame Zwischenfälle zu unterbinden.

Arthur Weasley, der oberste Strafverfolgungszauberer Großbritanniens, begleitete Julius auf seinem Rundgang, obwohl dieser ihn nicht darum gebeten hatte. Dennoch war Julius froh, den hageren Zauberer mit dem roten Haarkranz und der Brille in Rufweite zu haben. Damit kühlten aufkommende Frustrationsreaktionen sofort wieder ab. Julius sprach mit den teilweise weinenden, teilweise apathisch herumstierenden, teilweise ihren Kummer in Unmengen Alkohol ersäufenden Fans und drückte Ihnen sein Mitgefühl aus, daß er es lieber gesehen hätte, wenn England gegen Frankreich ins Endspiel gekommen wäre.

Er sah die Heilerin Newport, die wie damals bei den Schotten jetzt bei den Engländern dafür sorgte, daß sie keine stark alkoholischen Getränke an Kinder weitergaben. Mr. Weasley sprach mit einigen altehrwürdigen Zauberern, die schon drauf und dran waren, gegen das Fanlager der Australier zu ziehen und die Herausgabe des Treibers zu verlangen, der ihren Sucher Witfield so knapp vor dem Ziel gestopptt hatte. Julius unterhielt sich mit Gloria und Pina, die sich das Spiel auch angesehen hatten. "tja, jetzt kriegst du doch Australien im Halbfinale", sagte Gloria. "Wenn die so gut spielen wie heute gegen England können Kevins Leute die Titelverteidigung getrost vergessen."

"Das ist nicht gesagt, Gloria. Irland hat gute Jäger. Selbst wenn Pamela Lighthouse den Schnatz fängt muß das nicht heißen, daß Australien ins Finale kommt", erwiderte Julius. "Das ist ja auch gerade das schöne an Sportarten wie Quidditch und Fußball, daß Einzelkönner nicht das ganze Spiel bestimmen müssen."

"na ja, Mum und Dad wollen jetzt auf jeden Fall sehen, wer den Pokal gewinnt", sagte Gloria. Pina deutete über die Köpfe der anderen zwischen totaler Trübsal und Verbissenheit steckenden Zuschauer und machte Julius auf einen rotblonden Haarschopf aufmerksam. Erst dachte er, eine Hexe aus der verschwägerten Verwandtschaft vor sich zu haben. Doch als er genauer hinsah erkannte er die adelige Hexe Lady Genevra von Hidewoods. Er hatte gar nicht mitbekommen, daß sie auch in Millemerveilles war. Pina stupste ihn in die Richtung, wo die Hexe stand, wegen der er vor nun zwei Jahren und fünf Tagen auf die Party der Sterlings gegangen war. Wenn er daran dachte erschauerte er noch heute, obwohl gerade er dieser Schreckensparty eine Wendung zum guten versetzt hatte.

"Mylady Hidewoods", grüßte Pina die Patentante ihrer Mutter und winkte Julius näher zu ihr hin. "Wir wußten nicht, daß Sie auch nach Millemerveilles kommen würden."

"Wichtige Angelegenheiten haben es erst jetzt möglich gemacht, herzukommen, Ms. Watermelon. Ah, Monsieur Latierre. Ich erfuhr, daß Sie bei dieser Weltmeisterschaft eine große Verantwortung übernommen haben und dies ganz freiwillig", sagte Lady Hidewoods. Julius deutete eine Verbeugung an und erwiderte:

"Nun, womöglich wissen Sie, daß mir die Bürger Millemerveilles ein beachtliches Grundstück mit fertigem Haus darauf geschenkt haben. Ich sehe es daher als eine Art Respektsbekundung, ihnen bei der Betreuung der vielen Gäste hier zu helfen, wo ich helfen kann, Mylady. Wie geht es Ihrer Familie?"

"Danke der Nachfrage, gut", sagte Lady Hidewoods. "Sie wollte nach dem Ausgang des Spiels wieder zurück zu unserer Reisekutsche, mit der wir hier angereist sind, um bis zum Finale zu bleiben."

"Eine Reisekutsche?" Fragte Julius, der unvermittelt eine puderblaue Riesenkutsche vor dem inneren Auge stehen hatte.

"die ist nicht so imposant wie jene, die Sie aus Beauxbatons kennen, junger Mann. Aber sie kann meine Familie und unsere beiden Dienstboten beherbergen, meine Zofe und unseren Butler."

"Dann sind Sie ja unabhängig von den Zeltplätzen hier", sagte Julius.

"Na ja, die Standplatzmiete und die Verpflegungspauschale für die vier Abraxaner-Pferde muß schon bedacht und entrichtet werden", schränkte Genevra von Hidewoods ein. dann fragte sie Julius, ob er immer noch gut mit Mildrid zurechtkam. Er vermied es, ihr zu sagen, daß sie beide gerade darauf hofften, das erste Kind gezeugt zu haben. Aber daß er mit ihr sehr gut zusammenlebte konnte er ihr ruhig sagen. Pina nutzte die Gelegenheit und streute ein: "Mildrid will wohl zusehen, Julius ein Kind zu gebären. Zumindest kommt mir das so vor." Julius wollte schon einwerfen, daß das für einen Hausgast von ihm schon sehr unverschämt war. Doch das nahm ihm die Lady ab:

"Selbst wenn es sich derartig verhalten sollte, woran ich durchaus keinen Zweifel hege, so schickt sich das aber nicht, derartiges von seinen Gastgebern zu behaupten, wo so viele Leute zuhören können, junge Dame. Mir wäre nicht bewußt, daß Hogwarts die gute Erziehung verdirbt, die ich Ihnen habe angedeihen lassen." Pina verzog das Gesicht. Doch die Schamröte verriet, daß die Lady sie doch heftig beeindruckt hatte. Julius sagte deshalb:

"Gut, meine Frau sieht in mindestens einem gemeinsamen Kind eine Art fleischgewordenen Beweis dafür, daß die zwischen uns bestehende Beziehung weder falsch noch übereilt ist. Da sie das fast jedem, der sich dafür interessiert direkt oder indirekt erzählt hat sich Ms. Watermelon nicht zu heftig im Ton vergriffen." Pina glotzte ihn an, wagte aber keinen Widerspruch.

"Gut, die Latierres legen im Umgang der Hexen mit ihrer Umwelt andere maßstäbe an. Doch die junge Miss an Ihrer Seite durfte in jenem Jahr, in dem wir alle auf der Hut sein mußten, bei und von mir lernen, daß gebildete Hexen vor allem über ihre Diskretion und Selbstbeherrschung bewertet werden. Doch ich möchte sie nicht zu sehr tadeln, wo ich weiß, daß sie Sie nicht zu mir hingeführt hat, um sich von mir eine Maßregelung anzuhören."

"Ich hatte schon gedacht, Sie würden früher herkommen und ich hätte Sie verpaßt", sagte Julius. "Bedauerlich, daß England nun aus dem Turnier ausgeschieden ist."

"Das ist zwar traurig, aber im Sinne des Sportsgeistes nicht zu verurteilen. Australien hatte eben das entsprechende Quantum Glück. Das hindert mich jedoch nicht daran, mir die Halbfinalspiele und das Finale anzusehen", erwiderte die Lady. Dann sprach sie mit Julius über den Artikel des Tagespropheten. Julius erwähnte darüber nur, daß er in einer französischen Zeitung ein für andere Reporter freizugebendes Interview gegeben und eine Stellungnahme zu dem Artikel des heutigen Tages abgegeben habe. Daß Rita Kimmkorn bereits im Gewahrsam des französischen Zaubereiministeriums war ließ er aus, da er nicht wußte, in welche Richtung Linda Knowles gerade lauschen mochte.

"Womöglich sollten Sie aber mit Professor McGonagall noch einmal sprechen, ob der gegen Sie abzielende Artikel zu einer feindseligen Stimmung Ihrer ehemaligen Mitschüler führt und ..." Mit lautem Plopp apparierte kevin links von Julius. Sein Grinsen war so breit wie der Kühlergrill eines großen Lastwagens. "Tja, hängt jetzt doch an uns Iren, Britannias Ehre hochzuhalten, Pina und Julius", sagte er. Dann erkannte er, wer noch vor Julius stand.

"Junger Mann, Sie legen immer noch ein sehr ungestümes forsches Verhalten an den Tag", erwiderte die Lady mit einer Mischung aus Mißbilligung und Erheiterung. "Ist Mr. Latierre es von Ihnen gewohnt, daß sie unangekündigt neben ihm auftauchen und sie ihn direkt mit einer so provokanten Bemerkung bedrängen?"

"sie sind das, die Lady die damals ... mit dieser Madame Delamontagne zusammen gewesen war", stellte Kevin fest.

"Ja, die bin ich. Meine Kammerzofe hegt Ihnen gegenüber immer noch ein gewisses Maß an Verärgerung, weil Sie eines meiner guten Kleider ruiniert haben. Seien Sie froh, daß ich als Großmutter eines jungen Zauberers mehr Humor und Nachsicht übe als die Damen und Herren hier. Aber lernen sie bitte, Ihre Auftritte weniger konfrontativ zu gestalten!"

"Oh, Drachenmist, hätte ich sehen sollen, daß das nicht eine von deinen Verwandten ist, wo ich die doch jetzt bald alle mal gesehen habe", knurrte Kevin. Lady Hidewoods räusperte sich über den Kraftausdruck, den Kevin gebraucht hatte, schwieg aber sonst. Julius fragte Lady Hidewoods, ob diese noch einen Wunsch habe, den er im Rahmen seiner Betreuungsverpflichtungen erfüllen könne. Die adelige Hexe lächelte und verneinte es. Als Julius sich darauf mit Kevin zurückzog wollte Pina ihnen folgen. Doch Lady Hidewoods hielt sie mit einer Handbewegung zurück.

"Hui, mit der wolte ich echt keinen Krach kriegen. Das Ding mit dem Sumpf hat die nicht vergessen."

"Ihre Kammerzofe hat das nicht vergessen, Kevin", berichtigte Julius. "Wir sollten auch zusehen, daß wir uns hier nicht über Irlands Chancen unterhalten", sagte Julius. Er mentiloquierte seine Schwiegermutter an, daß er die Engländer jetzt wohl in Ruhe lassen könne, da genug englische Sicherheitszauberer und Heiler aufpaßten, daß es keinen Krawall gebe. Er wolle noch einmal zu den Iren, um dort die Stimmung auszuloten. Das wurde ihm erlaubt.

Im Zelt der Malones sprach Kevin mit Julius über das Spiel und daß Irland Australien im Halbfinale vom Feld putzen würde. Julius räumte jedoch ein, daß die Australier sofort die Dawn'sche Doppelachse benutzen würden, wenn sie sich zu sehr in die Enge gedrängt fühlten. Das trieb Kevin die Überlegenheit ein wenig aus. Er fragte jedoch, ob es nicht mittlerweile verboten war, dieses Manöver in einem internationalen Quidditchturnier zu benutzen. Gwyneth, die Julius eine Tasse Tee serviert hatte, mußte nur lachen. Julius erwiderte, daß das Thema schon längst begraben war. Wer die Doppelachse konnte, durfte sie anwenden. Darauf meinte Mr. Clayton Malone:

"Kevin, das Thema hatten wir aber auch schon. Diesesmal wird die Titelverteidigung sehr schwierig, weil fünf Mannschaften dabei sind, die beim letzten Mal nicht dabei waren und Peru, Australien und Frankreich erhebliche Fortschritte gemacht haben. Peru hat Bulgarien aus dem Turnier geschossen."

"Ja, und wir haben Luxemburg rausgeworfen", sagte Kevin darauf. "Dann knacken wir auch Australien und spielen entweder gegen Julius' neues Heimatland oder gegen den Junghexenmagneten Bockafogo oder wie der heißt."

"Boca-Fu-ego", korrigierte Kevins Mutter ihren Sohn und bekam dabei einen merkwürdigen Glanz in den Augen, der eigentlich nicht zu einer langjährig verheirateten Hexe gehörte.

"So wie du gerade guckst wundert es mich, daß du dich so gut zurückgehalten hast und nicht wie die dreißig überdrehten Biester alle Klamotten abgeworfen hast", erwiderte Kevin ziemlich respektlos. Julius witterte einen drohenden Tadel und schaltete sich sofort ein:

"Weil deine Mutter sicher besseres zu tun hat, als ihr halbes Leben dafür zu schuften, eine Strafsumme für ein Zaubereiministerium rauszuarbeiten oder von ihrem Leben mehr hält, als eine Gefängnisstrafe für unzüchtiges Benehmen zu riskieren." Mrs. Malone verzog zwar das Gesicht, mußte dann aber nicken. Gwyneth meinte:

"Also, übermorgen Australien und am zehnten das Finale. Das ist die marschroute. Sind wir uns darüber einig?"

"Fragt besser mal bei den Australiern, wohin deren Reise geht", erwiderte Julius. Dann erinnerte er daran, daß er hier noch nach dem rechten sehen wollte und patrouillierte durch das Zeltlager der Iren. Anschließend suchte er noch einmal das Lager der Waliser auf, die bereits in Aufbruchsstimmung waren. Lediglich fünfzig von ihnen wollten nach dem Ausscheiden ihrer Mannschaft sehen, ob Wales nur gegen den kommenden Weltmeister verloren hatte.

Um Mitternacht kehrte Julius ins Apfelhaus zurück. Pina war auch schon wieder da und sagte zu Julius: "Ich muß dir und der Lady ja sehr danken, daß meine Mum und ich überhaupt leben. Aber manchmal meint sie, sie hätte mich als die Enkeltochter adoptiert, die ihr Lady Alexa bisher nicht geboren hat. Olivia ist da nicht so leinenführig. Die sagt, was ihr gerade durch den Kopf geht. Die will jetzt sehen, ob sie schon Frau genug ist, um sich einen Typen zu angeln. Mehr sage ich dazu nicht."

"Sei es drum, Pina. du bist jetzt erwachsen und mußt deinen Weg finden. Das gleiche gilt ja für Kevin, Gloria, Millie und mich", erwiderte Julius. Gloria, die zugehört hatte, nickte bestätigend.

Gegen ein Uhr lagen sie alle in ihren Betten. Millie flüsterte noch zu Julius: "Ich hoffe, deine Antwort auf diesen Kimmkorn-Drachenmist renkt die Idioten wieder ein, die immer noch meinen, dir dumm kommen zu müssen. Ich merk das doch, wie dich das runterzieht, wenn jemand behauptet, du hättest da wen im Stich gelassen."

"Ja, aber meine Antwort gilt auch. Ich werde nicht hingehen und denen was erzählen, daß ich mich schuldig fühle. Das sollen gefälligst nur die echten Todesser tun, und die wissen ja gar nicht mal, wie sich das anfühlt, ein Gewissen zu haben." Millie zog Julius behutsam an sich.

"Für mich ist wichtig, was du wirklich getan hast und noch tust, Monju. Du fühlst mich und ich dich. Wir zwei sind zusammen und haben in den beiden letzten Jahren eine Menge wichtiges Zeug hinbekommen. Da werden wir zwei auch mit diesem Mistkäfer im Glas fertig werden." Julius genoß die Wärme, das langsame Pulsieren, wenn seine Frau atmete. Er fragte sich, ob sie ihn jetzt wieder wollte. Doch so nebeneinanderzuliegen tat ihm auch irgendwie gut. Vielleicht hatten sie ihr Ferienziel erreicht. Falls nicht, war es jetzt auch zu spät. Denn wenn er Millies körperlichen Rhythmus richtig von ihr mitbekommen hatte, würde sie erst in knapp einem Monat wieder empfängnisbereit sein. Falls es nicht geklappt hatte, Aurore oder Taurus auf die Reise in die Welt zu schicken, mußten sie wohl zusehen, in den Weihnachtsferien nach Hause zu reisen, egal ob das trimagische Turnier neu aufgelegt wurde oder nicht. Doch jetzt genoß er Millies Wärme, ohne sie ganz zu nehmen. Sie fühlte, daß er ihr auch so zugetan war, ohne mit ihr körperlich so nahe zu kommen, wie sich Liebende je kommen konnten. So glitten sie beide von der Wärme und dem Atemrhythmus ihrer Körper geborgen in den wohltuenden Schlaf hinüber.

 

__________

 

Es war gegen halb sechs, als eine Julius' bekannte Fanfare erklang. Sie stammte nicht von den gemalten Musikzwergen, die er einmal von Claire geschenkt bekommen hatte, sondern von seinem Pappostillon, jenem gemalten Schmetterling, der als schneller Nachrichtenübermittler zwischen Mitgliedern der Latierre-Familie fungierte. Julius wunderte sich nicht schlecht, als er die mit der Fanfare angekündigte Mitteilung las.

An: Julius Latierre
Betreff: Der Fall Rita Kimmkorn (streng Vertraulich)
Hallo Julius!
Wundere dich nicht, wenn über Rita Kimmkorn nichts in den Zeitungen erwähnt werden wird. 
Das hat seinen ganz triftigen Grund.
Als bekannt wurde, wie Rita Kimmkorn sich unerkannt in die Nähe von Zauberern schleichen konnte, sahen die darüber informierten Ministerien eine Chance.
Du hast sicher den Beitrag gelesen, daß die Minister eine heimliche Konferenz wegen dieses Vampirreiches Nocturnia abhielten.
Rita Kimmkorn bekam das einmalige Angebot des britischen und französischen Zaubereiministeriums, für diese dieses Nocturnia auszukundschaften.
Damit könne sie ihre Straftaten sühnen und gleichzeitig der Menschheit einen wertvollen Dienst erweisen, so die Minister.
Ich war und bin nicht so besonders davon begeistert, daß eine überführte Straftäterin derartig billig davonkommt.
Die einzige Beruhigung und Genugtuung ist, daß dieser Auftrag ziemlich gefährlich ist.
Ein Käfer-Animagus lebt ohnedies wesentlich gefährlicher als ein Säugetier oder Vogel-Animagus.
Minister Grandchapeau und Britanniens Zaubereiminister Shacklebolt haben die Akte Kimmkorn zur geheimen Verschlußsache erklärt.
Offiziell hat sie nach der niederträchtigen Enthüllung erkannt, erst einmal in Deckung zu gehen.
Alle beteiligten erhalten nach der Weltmeisterschaft noch schriftliche Einbestellungen in ihre Ministerien.
Wir sehen uns demzufolge am dreizehnten August bei Monsieur Grandchapeau.
Da wir davon ausgehen müssen, daß eure Hausgäste informiert wurden, werden diese gesondert informiert.
Mach also bitte kein weiteres Aufheben darum!
Diesen Rat habe ich auch meinem Vetter Gilbert gegeben.
Ich wünsche euch trotzdem einen schönen Tag! Barbara Latierre

Die Gilbert Latierre gegenüber geäußerte Darstellung fand ihren Weg in die englischsprachigen Zaubererweltzeitungen. Ob sie von denen, die Julius damit angesprochen hatte gewürdigt wurde wußte er nicht.

Während des Frühstücks traf ein Brief von Magistra Rauhfels ein. Darin standen die Einzelheiten zur Reise nach Greifennest. Außerdem erhielt Julius noch einen Brief Professor McGonagalls, die ihn darum bat, am Tag zwischen Halbfinale und Finalspiel noch einmal mit ihren Schülern zu sprechen, wie und warum er mit seiner Mutter ausgewandert war und welche Anzeichen das gefordert hatten. Millie hatte dazu gemeint, daß sie ihn auf jeden Fall begleiten würde, wenn Martha oder Catherine das schon nicht konnten.

Die letzten vier, Irland, Australien, Peru und Frankreich. Julius wußte nicht, wo die Tage geblieben waren. Vor einem Jahr hatte er noch überlegt, was er bei dieser Weltmeisterschaft alles erleben würde, und nun stand diese kurz vor dem krönenden Abschluß. Millie hatte am Morgen wieder ein ganz leichtes Schwindelgefühl verspürt. Doch ob das wirklich eine Umstellung ihres Körpers ankündigte wollten sie beide noch nicht behaupten. Millie hatte sich aber schon für den Tag nach der Sonnenfinsternis einen Termin bei ihrer Tante Béatrice geben lassen. Würde sie da noch nichts konkretes feststellen, wollte sie noch mal einen Tag vor der Rückkehr nach Beauxbatons hin. Ansonsten würde dann Madame Rossignol klar erkennen, ob Millies bisher größter Wunsch endlich in Erfüllung gehen würde.

Die Fans der Iren riefen "Holt euch den Pokal! Holt ihn euch noch mal!" Die Australier sangen die Namen ihrer großen Spieler und trommelten oder bliesen in hunderte von Didgeridoos, daß es ein unheimliches, aber auch sphärenhaftes Brummen gab, das ganze Stadion durchflutete. Julius saß mit Aurora Dawn, Millie und den Zaubereiministern Australiens und Großbritanniens wieder in der Ehrenloge. Harry Potter war zusammen mit den Weasleys nach paris gereist, weil Hermine und Ginny nach dem vorzeitigen Ausscheiden Englands die Muggelstadt mit ihren Läden und Boulevards erforschen wollten. Ron und Harry hatten wohl oder übel zugestimmt, zumal sie mit Rons Vater ja auch den Eiffelturm besichtigen und die Metro ausprobieren konnten. Julius hatte schon gefragt, ob sie jemanden bräuchten, der die Sprache könne. Doch Mr. Weasley hatte einen Kollegen aus dem Ministerium getroffen, der die Landessprache konnte.

Begrüßen wir alle die Maskottchen der irischen Nationalmannschaft!" Rief Monsieur Castello, der für dieses Halbfinalspiel den Stadionsprecher machte. Die Leprechans wuselten grün-rot flirrend über das Spielfeld und die Zuschauertribüne. Julius gönnte sich das Vergnügen, einige der Goldstücke einzusammeln, die die fliegenden Kobolde von der grünen Insel in die Zuschauermenge regnen ließen. Vielleicht konnte er zwischen dem Halbfinale jetzt und dem am Abend einige Experimente damit anstellen, ob es auf nichtmagische Untersuchungsmethoden genauso reagierte wie natürliches, dauerhaftes Gold.

Die Wollawangas freuten sich sichtlich, daß ihre Truppe weitergekommen war und bliesen den Leprechans telekinetisch eine Menge roten Sand entgegen, worauf die grün-rot gekleideten Kerlchen aus Irland verstimmt schnatternd mit ihrem Scheingold in die Menge der Wüstenschwirrer warfen. Das wirkte. Die Metall verabscheuenden Wollawangas stoben auseinander. Der von ihnen beeinflußte Sand rauschte auf Spielfeld und Tribünen herunter, so daß viele meinten, gerade aus einem Wüstensandsturm herausgekommen zu sein. Julius vollführte an sich und Monsieur Castello einen Trockenreinigungszauber, um den Sand zu beseitigen. Doch das Scheingoldbombardement hatte die Leprechans nicht zu Herren über die Luft gemacht. Denn nun stimmten die Wollawangas einen Gesang an, den jedoch wohl nur Fledermäuse und Leute mit Transfrequenzaurikularen hören konnten. Julius hatte diese zu seinem Geburtstag bekommenen Hilfsmittel mitgenommen, um endlich mal hören zu können, wie die australischen Maskottchen sich untereinander verständigten. Daher hörte er auch das schwirrende, in der Tonhöhe leicht schwankende Lied in einer ihm unbekannten Sprache. Auf ihn wirkte es wie durch ein elektronisches Verzerrungsgerät gesungener Text. Auf die Leprechans wirkte es wie dicke Strahlen eiskalten Wassers. Sie zitterten, schüttelten sich und bibberten. Am Ende kauerten sie am Boden. Die Wollawangas stellten ihren Ultraschallangriff auf die Leprechans erst ein, als Monsieur Castello die irische Mannschaft aufs Feld rief. Julius stellte die Transfrequenzaurikulare wieder auf normalen Frequenzgang um. Es war ihm unheimlich, das tiefe, dröhnende Gebrüll wie von mehreren hundert Latierre-Kühen länger als nötig anhören zu müssen. Dabei waren das nur die höchsten Töne, die Menschen erzeugen konnten.

Als die Australier auf dem Platz waren stellte Julius noch einmal an den Transfrequenzaurikularen herum, diesmal, um im Infraschallbereich zu lauschen. Damit wurden die Didgeridoos auf einmal zu beinahe unerträglich hoch klingenden, rauh angeblasenen Flöten. Doch Julius konnte auch Töne wie wellenartig anbrandenden Glockenklang ohne typisches Anschlaggeräusch hören. Die australischen Musikinstrumente konnten also tatsächlich Infraschallwellen erzeugen, für Menschen beinahe unspürbar und doch geeignet, in große Entfernungen zu reichen. Das Jubeln der Zuschauer klang für Julius wie das Quieken von Ratten oder Meerschweinchen. Dabei waren es nur die untersten hörbaren Töne, die Menschen wahrnehmen konnten. Als dann Monsieur Castello mit einer für Julius wie Vogelgezwitscher klingenden Stimme den Schiedsrichter begrüßte, hörte Julius mit dem Experimentieren auf und setzte die beiden magischen Hörhilfen ab.

"Schon unheimlich", sagte er zu Millie. "Wenn ich mir vorstelle, daß Lino vielleicht die ganze Bandbreite von dem hören kann, was unterhalb und oberhalb der von Menschen hörbaren Töne klingt, hört die eine ganz andere Welt als wir. Dann auszufiltern, was für ein Gespräch mit Menschen an wichtigen Tönen zu hören sein muß ist bestimmt nicht einfach."

"Mit den Grillen und den morgens singenden Vögeln ist schon unheimlich. Aber du wolltest damit ja auch mal zu den Latierre-Kühen hin", flüsterte Millie.

Julius antwortete nur mit einem Nicken, weil genau jetzt das Spiel losging. Irland hatte es nun in der Hand, ins Endspiel zu kommen, um den Titel vielleicht doch noch zu verteidigen. Doch Australien hielt sofort dagegen und machte klar, daß dieses Vorhaben nicht im Spaziergang gelingen würde.

Wie bei ähnlichen Spielen, die Julius schon mitverfolgt hatte, setzten beide Mannschaften auf ihre Offensivkräfte. Eine Rückraumverteidigung schien beiden nicht wirklich zu liegen. Jedenfalls fielen die Tore hüben wie drüben. Australien verzichtete bis auf weiteres auf die Doppelachsentechnik. Erst als Irland dranging, einen Vorsprung von vier Toren zu erreichen, zogen die Australier ein Rückraumverteidigungsspiel auf, an dem weitere Angriffe der Iren verpufften. Australien schaltete schnell auf Konterangriffe um und knabberte Tor für Tor den kleinen Vorsprung wieder weg, bis beide punktgleich waren. Dann kippte das Torverhältnis in die andere Richtung. Australien rang Irland drei Tore mehr ab, als die Iren schossen. Julius sah es schon so, daß auch hier der Schnatzfang entscheiden würde, wer in das ersehnte Finale kam. Australien wurde von den Anfeuerungsrufen seiner Fans getragen. Irlands Fans spielten auf ihren traditionellen Instrumenten. Die Leprechans warfen immer mal wieder ihr falsches Gold über das Spielfeld. Dafür stießen die Wollawangas immer wieder für Menschenohren unhörbare Protestschreie aus oder ließen eine Walze aus Sand über das Spielfeld rollen, um die gerade landenden Leprechans damit einzudecken. Doch diese waren schnell und wendig. So tobte zwischen den Maskottchen ein ähnlicher Wettstreit wie zwischen den Spielern auf den Besen. Einmal mußte Hauke Wetterspitz, der deutsche Schiedsrichter, eine Auszeit pfeifen und die Gruppen der Maskottchen zu mehr Rücksicht auf die Spiler auffordern. Als das Spiel dann weiterging beschränkten sich die Leprechans wie Woallawangas auf Formationsflüge, die Buchstaben oder abfällige Gesten gegen die jeweils andere Gruppe darstellten.

Nach drei Stunden Spielzeit hatte Australien mühevoll einen Punktevorsprung herausgespielt, der den Iren selbst beim Schnatzfang das Weiterkommen vereitelte. Doch Irlands Truppe kämpfte. Der Vorsprung Australiens schmolz wieder. Dann schaffte es Rhoda Redstone, zwei Tore in direkter Folge zu erzielen. Irland stürmte nun mit Mann und Maus. Nur der Sucher Lynch blieb über dem Feld auf seinem Posten. Pamela Lighthouse konzentrierte sich eher darauf, den Schnatz zu sehen. Irlands Sturmtaktik ging zunächst auf. Der komfortable Vorsprung Australiens schmolz dahin wie Eis in der Sonne. Doch dann schafften es die Spieler vom fünften Kontinent, wieder eine Serie aus vier Toren zu erzielen. Julius wwollte gerade schon anmerken, daß das Spiel wohl noch tagelang so weitergehen mochte, als er sah, wie Aidan Lynch sich in die Tiefe stürzte. Er hatte sicher den Schnatz gesehen. Pamela Lighthouse verblieb jedoch auf ihrer Position. Glaubte sie an einen Bluff? Julius suchte schnell die Flugbahn des irischen Suchers ab und erkannte ein kleines, goldenes Objekt, daß auf der Mitte des Spielfeldes keine drei Meter über dem Boden in der Luft stand. Jetzt fehlten nur noch drei Längen. Da schoß Pamela herunter. Lynch war jedoch zu nahe dran. Er würde den Schnatz ergreifen. Da fiel für Australien noch ein Tor. Sie führten nun mit genau sechzehn Toren Vorsprung. Daher fiel der Jubel der Iren auch sehr verhalten aus, als Lynch den Schnatz triumphierend in die Höhe reckte. Australien hatte das Finale erreicht. Pamela war darüber jedoch nicht so glücklich. Sie hatte zum ersten Mal in diesem Turnier den Schnatzfang verpaßt. Darüber war sie traurig. Nur die gute Leistung ihrer Mitspieler hatte Australien geholfen, ins Finale zu kommen. Für Irland war trotz Lynches Schnatzfang der Traum von der Titelverteidigung gerade mit lautem Knall geplatzt. Zehn Punkte hatten gefehlt, um durch Gleichstand und Schnatzfangbonus ins Finale zu kommen. Stille machte sich bei den Iren breit, während viele Australier die Namen Redstone und Lighthouse sangen. Die Fans spürten, daß Pamela Lighthouse nun ihre volle Zustimmung und Aufmunterung brauchte. Sicher hätten die Besucher vom fünften Kontinent es sehr gerne gehabt, wenn Pamela den Schnatz gefangen hätte. doch das Ziel war doch schon mehr als erreicht. Australien war weitergekommen als viele gedacht hatten. Die Mannschaft Rhoda Redstones würde am zehnten August im Hauptstadion von Millemerveilles um den großen Weltmeisterpokal spielen. Das war das erste Weltmeisterschaftsfinale überhaupt, in dem Australien mitspielen durfte. Vielleicht konnte Pamela da den Schnatz fangen und den australischen Triumph in bisher ungeahnte Höhen treiben.

"Sie hat zu lange gewartet", murrte Laurin Lighthouse. "Aber wir sind doch weitergekommen."

In der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Halbfinale mußte Julius mit Mildrid zusammen zu den Iren, die sichtlich geschockt waren, daß sie gerade einmal um den dritten Platz spielen durften. Denn immerhin gab es noch die Chance, das kleine Finale zu gewinnen. Die meisten jedoch haderten mit dem zerbrochenen Traum von der titelverteidigung. kevin sprach Millie und Julius gegenüber etwas aus, was viele wohl dachten.

"Wer immer gegen Australien ran muß soll den Titel holen. Das ist quatsch, nur gegen den Weltmeister zu verlieren. Die haben uns so heftig beharkt, dann können Frankreich oder Peru die richtig zerlegen. Lynch kann sich den Schnatz als Andenken mitnehmen, als krönenden Abschluß seiner Profi-Karriere."

"Vielleicht kommt der in einem oder zwei Jahren als Trainer oder Vereinsfunktionär wieder", vermutete Julius.

"Neh, der geht zu den Leuten von Nimbus, wird da Besentester oder sowas", sagte Kevin. "Die wollen ja demnächst mit dem Nimbus 2500 auf den Markt. Wenn Aidan Lynch diesen neuen Flitzer testet macht das schon Eindruck bei den Fans."

"Der Beruf schwebte mir auch mal vor, Kevin. Besenzureiter bei Ganymed oder Bronco oder Cyrano", erwähnte Julius. "Aber im Moment sehe ich mich doch irgendwo bei Zaubertieren oder Zauberwesen oder magische Kräuterkunde oder Thaumaturgie, also die Herstellung von Zaubergegenständen."

"Wenn deine Schwiegertante und Aurora Dawn und dieses Gluckenweib Newport dich nicht gleich nach den UTZs beim Kragen packen und solange in einem dunklen Keller bei Wasser und Brot halten, bis du einen Vertrag unterschreibst, daß du bei denen anfängst", meinte Kevin. Julius lachte jedoch darüber.

"Das sind nicht deren Methoden", sagte er. Kevin fragte dann, welche Methoden die denn hätten.

"Das werde ich dir dann erst sagen können, wenn die UTZs durch sind", sagte Julius. "Ich weiß nur, daß Einsperren und gefangenhalten nicht zu deren Anwerbemethoden gehört. Die Leute sollen ja motiviert sein, nicht angenervt." Kevin grinste.

"Aber diese Camille Dusoleil könnte finden, du könntest bei ihr anfangen, wo diese Jeanne, die dich beim letzten trimagischen so begluckt hat, jetzt mit zwei künftigen Hosenscheißern unter ihrem Umhang herumgondelt." Mr. Malone räusperte sich ungehalten über Kevins letzten Satz. Julius erwiderte:

"Kevin, aus dir spricht die blanke Eifersucht, weil du noch keine Frau hast, die sich sowas wie zwei Babys auf einen Wurf für dich antun würde." Kevin verzog das Gesicht, während Mr. Malone verhalten grinste. Julius hatte eine Art drauf, Leute mit Worten tiefer zu treffen als mit Strenge und Gewalt. Kevin verzichtete auch auf eine Erwiderung. Würde er behaupten, er sei nicht eifersüchtig, konnte ihm Julius vorhalten, er hasse Frauen und wolle bloß nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Gab er zu, daß ihn die Vorstellung schon fasziniere, daß eine Frau und Hexe von ihm ein Kind trug und sich alles da dranhängende an Schmerz und komischen Gefühlen antat, würde Julius vielleicht drangehen, ihm wen für gewisse Stunden zu besorgen. Das wollte er dann doch nicht.

Der Nachmittag verlief ansonsten für Julius ereignislos.

Abends tobte im Hauptstadion der Bär. Frankreich war drauf und dran, den Pokal im eigenen Land zu gewinnen. Peru war dabei, den fünften Meistertitel in seiner Quidditchgeschichte zu erspielen. Außerdem waren Gabriel Bocafuego und seine Leute immer noch die Idole einer ganzen Region, nicht nur Perus.

Das Spiel verlief wie das am Morgen zunächst mit offenem Schlagabtausch. Als Peru jedoch durch seinen Paradejäger die Überhand zu gewinnen ansetzte, griffen Michelle Dornier, Bruno Dusoleil und Polonius Lagrange zur Dawn'schen Doppelachse. Jetzt drehten auch die Montferres richtig auf und beharkten vor allem Bocafuego derartig mit Klatschern, daß der Starspieler der Peruaner massiv aus dem Spiel genommen wurde. Julius stellte eine Parallele zur Fußball-Weltmeisterschaft 1990 fest, wo es Deutschland im Endspiel gelungen war, den argentinischen Ausnahmespieler Maradona so heftig zu blockieren, daß Deutschland immer nur auf das argentinische Tor gespielt hatte. Nur treffen konnten sie es nicht, bis ein argentinischer Spieler den Deutschen den Gefallen tat, einen der ihren im Strafraum zu foulen und damit den entscheidenden Elfmeter heraufbeschwor, den Andreas Breme verwandelte und Deutschland damit zum Weltmeistertitel schoß. Also ging es auch im Quidditch, überragende Einzelspieler aus dem Spiel herauszunehmen. Wenn die restliche Mannschaft von den Ideen und Fähigkeiten des überragenden Spielers abhing, war sie lahmgelegt. Genau das passierte jetzt auch hier. Weil die Montferres zum rotwirbelnden Alptraum des Frauenschwarms Bocafuego wurden und ihm die Klatscher so um die Ohren hieben, bauten ihre Mitspieler eine höchstberuhigende Torüberlegenheit auf. César Rocher fand auch zu seiner bereits gezeigten Form zurück und ließ nichts mehr durch seine Ringe fliegen, was scharlachrot und kugelförmig war.

Die Anhängerinnen Perus schrillten wütend und beschimpften die Montferres als "Zorras sucias", bis Madame Latierre, die genau wie Millie Spanisch konnte den Schiedsrichter um eine Auszeit bat und sehr streng und ungehalten eine Ansprache auf Spanisch hielt und dann auf Französisch sagte: "Mißbilligung überlegener Gegner gehört zum Sport. Aber eindeutige Beleidigungen gehören bestraft. Die Damen, die da gerade jeden Anspruch auf Anerkennung ihrer Erziehung vertan haben werden ersucht, das Stadion zu verlassen. Wir dulden keine verbalen Erniedrigungen und Angriffe auf Spielerinnen und Spieler, egal für welche Mannschaft sie spielen. Meine Sprachkenntnisse reichen wunderbar aus, um weitere Ungehörigkeiten dieser oder anderer Art zu verstehen. Kriege ich das noch einmal mit, findet der Rest der Partie unter Ausschluß der Zuschauer statt. Bedenken Sie bitte, wie wenig Sie Ihren Spielern damit helfen würden, wenn Sie derlei Strafmaßnahmen provozieren." Unmut kam bei den französischen Fans auf, die nicht mitbestraft werden wollten. So erwähnte Madame Latierre: "Das wird auch nur nötig sein, wenn nicht klar zu hören ist, wer unzulässige Ausdrücke oder Beschimpfungen verwendet. In einer Minute geht das Spiel weiter."

Hippolyte beobachtete und lauschte, wie ihre Ansprache wirkte. Peruanische Ministeriumszauberer waren in die Blöcke ihrer Landsleute gegangen und sprachen gestenreich auf die vor allem weiblichen Anhänger Perus ein. Als das Spiel dann weiterging gönnten die Franzosen Peru zwei Tore. Doch dann wurden Bocafuego & Compañeros wieder derartig niedergespielt, daß die beiden Tore schon wie ein Almosen wirkten. Die Mädchen im Publikum beließen es nun bei Pfiffen und Buhrufen, wenn ihr paradejäger Bocafuego trotz seiner fliegerischen Fähigkeiten nicht aus der Klatscherklammer weit genug herauskam, um seinen Leuten die wichtigen Pässe zuzuspielen. Als Maurice Dujardin dann auch noch den Schnatz mit einer Kombination aus Salto und Rolle zu fassen bekam, hielt es die Peruaner nicht mehr auf ihren Plätzen. Einige stürmten in Richtung Spielfeld. Doch da baute sich sofort eine silbern leuchtende Absperrmauer auf. Andere jagten den Ausgängen zu, die rasch geöffnet wurden, um keinen Stau und daraus wachsende Wut und/oder Panik zu erzeugen.

"Die werden sich an den Iren abreagieren", vermutete Millie, als sie später mit ihrem Mann und den Hausgästen in einem der Verpflegungszelte saß. Kevin stieß auf Grund von Julius' Einladung mit seiner Cousine und seinen Eltern hinzu. Sie diskutierten über das Spiel. Kevin wollte wissen, was Hippolyte Latierre so zum Brodeln gebracht hatte. Millie übersetzte es erst wörtlich und dann sinngemäß.

"Oh, können die rothaarigen Klatscherklopferinnen auch Peruanisch?" Fragte Kevin.

"Peruanisch wohl nicht. Aber europäisches Spanisch reicht auch", meinte Martine dazu. "Aber die nehmen diese blöden Gänse eh nicht für voll, sehen sich da sicher sogar als die eigentlichen Siegerinnen, wenn diese Schnepfen denen nichts als wüste Schimpfwörter entgegenschleudern können."

"Ja, aber die sollten schon aufpassen, daß denen die aufgebrachten und um den Ruhm ihres Helden betrogenen Damen keine unangenehmen Zauber auf den Hals jagen", sagte Gloria. "Sind die gut in Fluchabwehr? Ich meine, wer hier was gegen Menschen macht fliegt doch irgendwann raus."

"Wenn es mit der richtigen Bosheit passiert und als dauerhafter Schaden beabsichtigt ist", sagte Julius darauf. "Und die Montferres haben Ahnung von Abwehrzaubern und noch mehr von Verwandlung. Vielleicht sollten die hormonübersteuerten Groupies von Bocafuego sich besser nicht wünschen, mit Sabine und Sandra Krach zu kriegen. Nachher landen die noch als praktische Utensilien für junge Hexen im Hausrat der Montferres."

"Na, lass das Bine und San nicht hören. Das könnten sie dir übler nehmen als das - wie nanntest du das, Julius? - hormonübersteuerte Geplärre dieser einfältigen Hühner", erwiderte Martine an Julius' Adresse. Dieser nickte und zog seine Bemerkung zurück. Mit Bine und San wollte er sich sicher nicht anlegen. Im Unterbewußtsein klang immer noch Claires Vermutung durch, er hätte mit einer von den beiden auch ein schönes Leben führen können. Und Goldschweif hatte ihn ein paarmal offen mit Bine oder San verkuppeln wollen.

"Also wenn dieser Boco-loco oder wie der Typ sich ausspricht jetzt den Vollfrust schiebt, daß er von zwei Hexen, die nicht auf den abfliegen so kleingehalten wurde, dann kriegen wir im Klohausfinale noch eine Menge Spaß. Obwohl, unsere Treiber wissen jetzt, wie sie die Bande kleinhalten können. Wir können zwar nicht diesen Doppelachser, den dir deine Freundin Aurora Dawn beigebracht hat, Julius. Aber wir haben trotzdem geniale Jäger, auch wenn das Spiel gegen die Aussis das nicht so rübergebracht hat", sagte Kevin.

"Jedenfalls wird das übermorgen ein spannendes Finale, wenn zwei Mannschaften mit Doppelachsenkönnern aufeinandertreffen", prophezeite Julius. Keiner wagte ihm da zu widersprechen.

Nach Mitternacht kehrten die in Millemerveilles eingebürgerten Latierres mit ihren Hausgästen ins Apfelhaus zurück. Brittany meinte noch:

"Ich habe mit Venus beschlossen, daß sich das doch mal lohnt, dieses Spiel Quidditch genauer zu lernen. Habt ihr in den Weihnachtsferien schon was vor?"

"Das hängt davon ab, was Madame Faucon uns am Schuljahresanfang erzählt", sagte Julius. Millie verwies darauf, daß sie sich in der Angelegenheit erst einmal zurückhalten würde, zumal sie Julius zustimme, daß es schon interessant sei, ob das nächste Schuljahr etwas besonderes würde oder nicht.

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